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Wolff’ schen Bureau ein Vertrag - aus alter Zeit exijtire. Er bôre von sehr gut unterrihteter Seite, daß ein jolcher Ver- trag nicht exiftire. Selbstverständlih mefse er der amtlicen Auskunft größeren Glauben bei; indeffen wäre es doch nüß- lid, wenn in einem solden Zweifelsfalle eine authentische Aus- kunft gegeben würde, am Besten in der Weise, daß der Vertrag zur Kenntniß des Reichstages gebraht würde. Dann möhte er noch einige Lokalshmerzen zum Ausdruck bringen, welche wiederum bewiesen, daß die Gentralverwaitung der Post noch nicht auf der Höhe ftebe, wie es der Abg. Dr. Hartmann in feinem schwungvollen Sélußwort gemeint babe. Es sei z. B. kein Fortschritt, daz Breslau mit über 1/z Million Einwohnern in Bezug auf die Briefbeftellung \{leckter gestellt sei als fleinere Städte. Die Geschäftsleute, welhe um 9 Uhr Morgens in ihre Geschäfte gingen, hätten no) nit ihre Brief- schaften von den Zügen, die Morgens zwischn 6 und 7 Uhr in Breslau eînträfen. Das beziehe sich_ zwar bauptsählich auf die Vorstädte, aber dort wohnten die meisten Leute, und die Vororte \vielten im Verbältniß zur Stadt dieselbe Rolle wie hier Berlin NW. zu Berlin C. Etwas befser sei zwar die Sade ge- worden, nachdem er diesen Uebelstand einmal in einem Kommunalverein zur Sprache gebracht habe. Ein Beamter der Centralftelle sollte diese Verhältnisse in Breslau einmal studiren. Eine andere Frage sei die der freien Tage. Er lege keinen besonderen Werth darauf, daf dieser freie Tag immer auf einen Sonntag falle, mancher Beamte ziehe cinen solchen in der Woche vielleiht vor. In Breslau sci jetzt an Stelle des früheren alle zehn Tage eintretenden ganzen sreten Tages der Unterbeamten wöchentlich ein halber freier Tag getreten. Er bitte den Staatssekretär, auch diesem Umstand seine Aufmerk- samkeit zuzuwenden. Den Beamten werde es auf jede Weise er- \chwert, eine Besserung ihrer Verhältnisse berbeizuführen. Es werde ibnen verdabt, wenn ße sich an die Volksvertretung wendeten oder wenn sie Vereine bildeten, um über ihre Lage zu beratzen. Es werde natürlid gesagt werden, das widersprehe der Disziplin, und zwei der Herren, welhe an der Gründung des Postassistenten- Bereins betbeiligt gewesen seien, seien in dienstlibem Intere})e ver]eyt wocden. Im Allgemeinen könne man in der Wirksamkeit des Staatssekretärs Dr von Stephan zwei Phasen unterscheiden: die eine, die weit zurüdlicge, sei die Phase des Aufshwungs, wo der Staatésekretär Dr. von Stephan mit Reformen vorangegangen Jet, für die ibm au die liberale Presse nur dankbar gewe)en lel. Sie habe die Woblthaten, die sie in Folge der Reformen des Staats- \ekretärs Dr. von Stevban empfangen habe, reihlich vergolten, habe den nationalen und internationalen Ruf, die ganze Popularität des Staatssefretärs mitmaden belfen. Wenn man also von Wohlthaten sprechen wolle, so stehe hier eine Woblthat gegen die andere. Heute, glaube er (Redner), sei im Volke ni@t mehr die Meinung verbreitet, daß der Staatésekretär Dr. von Stephan fiskalis@e Interessen zurück- stelle. Au er (Redner) bedaure, daß der Staatssekreiär niht mehr derselbe sei, der er gewesen, ebe er seinen 60. Geburtstag gefeiert habe. Er (Redner) möchte den Wunsch ausfpreck{en, daß in Zukunft dies: fiékalishen Rüdksihten shwänden, daß die höhere Rücksiht, daß die Post ein Verkehrsinstitut sei, welhes Kulturinterefsen zu fördern und nit in erster Linie Ueberschüsse für den Reichéhaushalt zu liefern habe, wieder die herrshende werde. (Beifall links) Abg. Ritter: Nachdem die - gestrigen Angriffe des Siaats- sekretärs bereits die entsprehende Würdigung gefunden hätten, möbte er (Redner) die Diskussion auf einen praftishen Punkt kon- zentriren: den Vertrag zwishen dem Wolff’ schen Telegraphenbureau und der Telegraphenverwalturg. Der Staatssekretär habe die Güte aechabt, gestern die Angelegenheit des Stempelerlafses für den Frei- herrn von Lucius in Verbindung zu bringen mit der Petition der 234 Zeitungen. Was die Zeitungen verlangten, bestehe nur in dem Verhältniß von Leistung und Gegenleistung. chei jenem Erlasse habe es sich um ein Privilegium gehandelt, und um ein solches Verbältniß handle es ih bei dem Wolff'shen Bureau. Er empfehle diesen letzten Punkt besonders der Aufmerksamkeit der Konservativen, welche oft in Fällen, wo es ganz ungerechtfertigt sei, die Börse angriffen. Hier hätten die Konservativen Gelegenheit, sich_ mit den Freisinnigen gegen eine Sache zu wenden, welhe in der That nur gewissen Kreisen, gewissen Firmen der Börse zu Gute komme; daß cin solbes Privilegium vorhanden sei, habe die Verwaltung zugegeben. Alle Depeschen des Wolff’shen Bureaus erlangten eine \{nellere Beförderung als Privatdepeschen, für die derselbe Preis bezahlt werde. Es würden aiso Telegramme des Wolff 'schen Bureaus vor einem gewöhnlihen Telegramme fo befördert, als wenn ne dringende wären. Dieses habe formell und inbaltlih dec Staatssekretäc
vertheidigen gesucht, formell durch den Vertrag, der mit
Wolff*\hen Bureau bestehen solle, und inhaltlich, indem er
habe, die Regierung habe ein Interesse an einem _ Bureau und deshalb liege hier ein öffentlihes Interesse vor. Nun könnte man glauben, daß das Wolff'[he Bureau eine Regierungs- einrichtung wäre. Das sei nur theilweise der Fall; es gehöre einer Afktiengesell\chaft, einer Erwerbsgesellshaft, sei zunächst und hauptsäch- lid eine Einri&tung, um Dividenden zu erzielen Die Aktien befänden si im Besiß von Privatpersonen, gewissen großen Börsen- firmen in Berlin. Von der Regierung selbst habe er (Redner) noch nicht gehört, daß sie Aktien habe, es müßten sonît auch die Ein- nabmen davon an irgend einer Stelle des Etats zum Vorschein kommen. Das Intere))se jener Erwerbsgesell/haft werde nun dur das Privilegium wesentlih gefördert, indem sich der Ueberschuß da- durch erhöhe. Das Privilegium erschwere aber auch jede ander Konkurrenz des Wolff’s{hen Bureaus, und dieses sei demzufolge in der Lage, ganz exorbitante Preise für seine Telegramme und v seinen Abonnenten zu fordern. Daß das Bureau in jeder We darauf ausgehe, die Konkurrenz fernzuhalten, dafür folgenden praktis: Fall. Eine große auf die Wolff’shen Telegramme abornirte Zeitun habe versucht auch andere Telegramme zu beziehen, und ftundenwei! einen Telegrapbendraht gemiethet, um auf diesem sowobl die Wolff' schen Depeschen als auch andere von Privatpersonen telegrapbiren zu lassen. Das Wolff’she Bureau weigere sich nun, jeine Telegramme mit denjenigen von anderen gleih- zeitig telegrapbiren zu lassen. Es habe seine Tele- gramme nicht in derselben Stunde übergeben wollen, für wele jene Zeitung den Draht gemiethet batte. Cs werde also in chifanöser Weise jede andere Einrichtung neben dem Wolff'|hen Bureau zu ver- hindern gesucht, und dies wäre nicht möglich, wenn das Bureau nit jenes Privilegium hâtte. Dieses Privilegium habe für gewisse Börsenfirmen nitt bloß die Bedeutung, die Dividenden zu erhöhen, sondern au eine andere. Der Leiter dieses Bureaus unterstehe in ge- wifser Beziehung dem Einfluß der Regierung, sei aber zuglei ab- hängig von Börsenfirmen. Nun möge man bedenken, was es bedeute, wenn ein solcher Leiter des Bureaus, dem vielleicht ein Telegramm zwei Stunden früher zugehe als irgend einem Anderen, sein Telegramm einzelnen Börsenfirmen früher zustelle. Diese könnten ihre Spekulationen darauf stüßen, zum Schaden anderer Bör]en- firmen. Die Abhängigkeit von den Börsenfirmen könne sich au darin äußern, daß die Telegramme entsprehend gefärbt würden im Interesse jener Firmen. Denn éine gewisse Redaktion sei auch bei Telegrammen nothwendig. Nun möge man einmal denken, es fomme eine Krifis in Argentinien, und verschiedene Häuser seien mit großen Summen interessirt. Das Wolff'ihe Bureau habe es nun in der Hand, diese Kabeltelegramme entsprehend dem Börsenintere}sse zu färben, und bevor irgend ein Konkurrenztelegramm ankommen könne, könnten Hunderttausende und Millionen an der Börse verdient fein oder verloren gehen. Solche Zustände würden ebeu dur das Privilegium mögli. Die Verquickung von Börcsen- und Re- gierungéintezeFen sei in keiner Weisc zu billigen. Das Telegraphen- bureau habe früber ganz im Interesse des Preßbureaus des Fürsten Biëmarck seine Nachrichten behandelt. Jede Agitation, jede Kund- geoung 1m Sinne der Regierung sei aufgebausht und jede Kundgebung im anderen Sinne unterdrückt worden. Es sei ein altes Wort: Gelogen wie gedruckt, Wenn es jeut heiße: Gelogen ie telegraphirt, so sei das dem Wolff sLen Bureau zu danten Er (Redner) erkenne an, daß der gegenwärtige Reis- aus ganz außerordentli
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eingeschränkt babe, Heute werde dur dasselbe faum 1 °/6 Telegramme verbreitet, an denen die Regierung ein Interesse habe. Die Regierung babe aber überhaupt kein Interesse an einem folchen Bureau. Wenn es aber im Interesse der Regierung aufrecht erhalten werden solle, fo müsse es auch als ein Regierungsorgan vor der Oeffentlichkeit dastehen und nicht als ein mit allerlei Privratinterefsen verquicktes Bureau. Wie weit die Regierung ein Interesse an einem solchen Bureau habe, werde er (Redner) vielleiht an einer anderen Stelle no erörtern. Der Staatssekretär Dr. von Stephan habe gesaat: au vom Standpunkt seines Ressorts bestehe ein Interesje, ein solches Institut zu haben; wenn er eine wihtige Natrict habe, shicke er sie an das Wolf’she Bureau. Er (Redner) wifse nicht, ob bei der Post- und Telegraphenverwaltung Natrichten vorkämen, die so eilig seien, daß sie mit Vorzug verbreitet werden müßten. Wenn das Verhältniß wirklich von der preußis@en Verwaltung überfommen sei in der Form, wie sie jeßt die Reihsverwaltung anerkenne, so dürfte die Reichsverwaltung jeßt auch feine anderen Rechte baben, als früher Preußen. Es gebe nun aber fein Priviieg, das niht dur Gese abgeschafft werden könnte. Jedenfalls aber habe der Reichstag das Recht, ein fo exorbitantes Privileg kennen zu lernen und zu prüfen. Er (Redner) stelle deshalb den Ant ag:
„Den “ Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstag zur
Kenntnißnahme den Vertrag mitzutheilen, dur welchen der Aktien- gesellshaft des Wolff’shen Bureaus ein Vorrecht eingeräumt wird für die Beförderung von Telegrammen.“_ E
Er verlange nur Kenntnißnahme; auf Grund derselben werde man sehen, in welcher Weise ein solches Privileg angezeigt sei. Man möge seinen Antrag annehmen; werde demselben nit genügt, fo müsse er sagen: entweder bestehe ein solhe# Vertragsverbältniß niht oder es sei so, daß es das Licht der Oeffentlichkeit zu {euen habe. (Beifall links.)
Staatssekretär Dr, von Stephan: S
Meine Herren! Ih will nur kurz drei Punkte berühren, aber drei wichtige, die diese Angelegenheit betreffen. Einen Hat der Herr Abgeordnete, der eben sprach, bereits selber erwähnt, das ift der, daß diese Angelegenheit überhaupt gar nit beim Post-Etat zur Be- rathung kommen muß und hier überbaupt gar niht hingehört. #5 A Wenn Sie in das Verhältniß mit dem Wolff'schen Bureau ein- dringen wollen, in seire bistoris@e En1widlung, in feine materielle Bedeuturg und seine Wichtigkeit für die Regierung, dann bringen Sie doch die Sache beim Etat des Reichskanzlers oder beim Etat des Reichsamts des Innern, oder beim Etat des Auswärtigen Amts zur Sprache. I kin gar nit in der Lage, Ibnen über diese Seite der Angelegenheit Auskunft zu geben; ih kann Ihnen wobl Auskunft geben über die Art, wie telegraphirt wird, aber niht, was für andere Verhbältnifse existiren und welche Nothwendigkeiten vorliegen. Sie baben ja das übrigens selbst gesagt (Widersvruch links), ja, Sie haben gesagt, Sie würden bei einer anderen Gelegenheit diese Sache zur Sprache bringen. Jedenfalls ist in Preußen diese Angelegenheit früher auch zur Verhandlung gekommen, wenn iv nit irre im preußischen Landtage beim Etat des Ministeriums des Innern oder des Staats-Ministeriums. S
Zweitens ift es ein Irrthum, der von großer Bedeutung für die ganze Sade ist, und mit dem derjenige Theil der Auéführungen des Hrn. Abg. Richter, mit dem er geglaubt hat, den meisten Eindruck bier im Hause und im Lande hervorzurufen, binfällig wird, nämli, daß alle Börsentelegramme , die Sie in dem Wolfen Telegramm gedruckt finden, mit Vorzugszeit befördert würden, fondern bloß auf die A.-C.-Telegramme erstreckt \ich dieje Priorität, alle Cours- und Börsentelegramme werden wie die übrigen befördert.
Er dlich drittens, das Beispiel, das Sie angeführt haben, z. B. ein Telegramm, das aus Argentinien kommt und irgend cine wictige Nachricht bringt, die für Handels: und Geldspekulation von Wichtigkeit ift, fann auch ohne das Wolff {e Bureau befördert werden. Nehmen Sie an, irgend ein großes Handlung8haus läßt aus Argentinien ein soles Telegramm kommen. Das können wir niet verhindern, mit welchem Draht dasselbe befördert wird. Dies Han: lur shaus hat
Telegramm erhalten — und das wird der gewößnliße Vorgang sein — es theilt dies sofort an seine übrigen Geshäftsfreunde, an die Mitbetheiligten beim Konsortium u. #. w. mit. Das können Sie durhaus nit verhindern. In folchen Fällen ist das Wolff'\{e Bureau völlig bedeutungëlos und ebenso bei der Verbreitung von Na(rilten von hier aus.
Wenn ib von meinem Reffort gesprochen habe — und ich bitte den stenogravhis{hen Bericht na§zulesen — so hakte ih mit keiner Silbe gesagt, daß ich für mein Ressort ein besonderes Interesse daran hätte, das Wolff’ she Bureau zu benußen. Ich habe gesagt: Wenn ic einmal ¿ine witige Nachricht habe, deren eilige Verbreitung wir wünschen, ie z. B. Postdampfschiffe-Nachrihten, so gebe ih diese Nachricht an as Wolff'she Telegrapbhenbureau. Weiter habe ic Nichts gesagt. îon einem Interesse, was die Postverwaltung an diesem Bureau nehme, babe i mit feiner Silbe gesprochen. Das sind die drei Punkte, die ih besonders erwähnen wollte,
Abg. Hammacher: Ob die Behauptungen des Abg. Richter der Wirklichkeit entspräßen, darüber stehe ihm (dem Redner), da er die Verabredungen zwishen der Reichs-Postverwaltung und dem Bureau nit kenne, ein Urtheil nit zu Was der ber f und was von dem Staatssekretär Dr. gewiffen Grade zugestanden worden sei,
¿s Abg. Richter, daf dem Reichstage von dem
gegeben werde. Es sei dabei von unter-
Anregung bei dem Post-Etat oder einem
. (Sehr richtig!) Der Reichstag habe
Stats nicht mit einem Ressort, sondern
ung zu thun. Er (Redner) würde es auf
i2 Reichs-Poftverwaltung einem Ver-
wie sie der Abg. Richter geschildert
e, seine Zustimmung gegeben habe.
__ verlangten Mittheilungen eine Be-
2, Richter finden sollte, so würde es für jedes lide Pflicht sein, dabin zu roirken, daß sobald als mögli6 aufgeräumt werde. ¿war allgemein, daß die Bureaus, welche Regierungen in Frankrei, England, Italien
dur eine große Wahrbeitsliebe aus-
z : t ihm das fast in der Natur der- artiger mit staatlihen und politishen Interessen ver- bundenen Bureaus ¿u liegen. Wenn der Abg, Vollrath die Verwaltung des Staatéësetretärs Dr. von Stephans dadur glaube carakterisiren zu können, daß er sage, das Glänzende liege in der Vergangenheit, die Gegenwart zeihne sib dur Stillstand aus, so widersvrä&en dem die Thatsachen. Er (Redner) verweise dafür auf die Aufbesserung
der Beamtengehälter, die bei keiner Betriebëverwaltung in so bhobern Maße wie bei der Post eingetreten sei, auf die Initiativvorschläge des Staatssekretärs Dr von Stephan in dem internationalen vostali- \ck{en Verkehr, auf die VerstaatliGunz des Fernsprechwvesens u. A. Es sei offenbar, daß man mit dem Widerspruch gegen die Herabseßung der Télegrammgebühren für Zeitungen in ein Wespennest stete. Aber niht Abneigung gegen das Zeitungswesen bestimme feine Partei dazu, sondern weil fie nit cin Privilegium für den Depeschenverkehr 1haffen wolle. Wie bei der
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Aufhebung des Zeitungsftempels in Preußen würden auch kier in erster Linie die Zeitungsverleger einen erbetliten Vortheil haben, wenn au ein großer Theil der Zeitungen besser und intensiver dadur arbeiten würde. Gerade bei den wirthshaftlich stärkeren Zeitungen werde das nicht der Fall fein; sie bôten ja {hon jeßt den Lesern alles Mögliche. Aehnlich liege die Sade bei der Forderung der Herabsezung dec Gebühren für die Fernsprehanlagen. Einen Ausfall von 3 Millionen könne man bei der jeßigen Finanz- lage nicht verantworten. Die Schwäte der Statistik der Reichs- Postverwaltung habe auch seine Partei erkannt. Die Summe sei ganz erbeblih höher; aber je böôher sie sei, um so bebutsamer sollte der Reichstag sein, die Postverwaltung zur Gebührenermäßigung zu drängen. Wolle man eine Herabseßung der Telegramme auf 3 4 pro Wort, die nit einmal die Selbstkosten deckten, in einem Augen- blicke, wo man nüßlihe und nothwendige Ausgaben streihen müsse, weil die Finanzverhältnifse sie nicht gestatteten? Er empfehle, über die Petition zur Tagesordnung überzugehen. :
Abg. Singer: Seine Partei werde für den Richter'schen An- trag bezüglich des Wolff's{hen Bureaus stimmen. Es sei durhaus wünschenswerth, dicses Verhältniß kennen zu lernen. Die Ermäßi. ung der Telephon- und Telegraphengebühren {heine ihm im Uebrigen nicht entfernt so wichtig, wie die Frage der „Beamten auf Widerruf“ in der Postverwaltung, die er gestern ¿ur Sprae gebracht habe. Der Direktor Fischer. habe gestern die Thatsache, daß am 1. Januar die Postverwaltung eine große Anzabl von Arbeitern, die in einem Ar- beiterverhältniß zu ihr gestanden habe, dieser Eigenschaft entfkleidet und in Beamte auf Widerruf umgewandelt habe, als eine große Woblthat und Bevorzugurg für die Betroffenen hbingeitelt. Der Direktor Fischer habe immer nuc davon gesprochen, wie nüßlich es sei, wenn die Stellung der Leute gehoben werde, sie zu Beamten befördert würden. Es sei aber ein ganz gewaltiger Unterschied, ov Femand in die Stellung eines Beamten erhoben oder zum Beamten auf Widerruf gemacht werde. Der Legztere habe feine Pensionsberechtigung, könne tägli entlaffen werden und sei genau ebenso der Gnade und Ungnade des Vorgeseßten ausge!eßt, wie der Arbeiter. Wenn nun damit Hand in Hand gehe der Auê- \chluß aus der Versiherungspfliht für Alter und Invalidität, fo er- weise man den Arbeitern mit der Umwandlung in Beamte auf Wider- ruf keine Bevorzugung, sondern einen s{lechten Dierst. Ob das Seitens der Po'iverwaltung beabsichtigt sei oder niht, sei ihm gleih- gültig ; thatsäblih habe die Postverwaltung durch dieses Verfahren fic den Beiträgen zur Invaliditätsversiherung entzogen. Für die Beiträge der Post zur Alters- und Invaliditätsversiherung sei in den Etat nur eine Summe von 45 000 Æ eingestellt, deren Niedrigkeit um so mebr. ins Auge falle, wenn man béerücksitige, daß 36 000 solcher Leute, wie er (Redner) fie hier im Sinne habe, in der Postverwaltung beichâftigt würden. Man könne daraus den Schluß ziehen, wie sehr der Kreis der Versiherungspflichtigen durch die Umwandlung vieler Arbeiter in Beamte auf Widerruf verkleinert worden sei, Um diese Thatsae komme man nicht berum, au die Antwort des Direktors Fischer ändere nichts daran, Wenn sene Partei seiner Zeit gegen das Invaliditätegeset gestimmt habe, weil es den Arbeitern ein wahres Bettelgeld biete, jo sei damit nicht gesagt, daß sie nun, nachdem das Gescß in Wirksamkeit getreten sei, es von einer Reichéverwaltung für ritig balte, daß he ihrerseits Einrihtungen treffe, die einer großen Anzahl ron Leuten den Vortheil des Gesetzes entzögen. Ueber andere Verwaltungen seien übrigens ähnli®e Kiagen laut geworden und ibm zugekommen, Einer der einflußreihsten Männer dcr Reichs- verwaltung habe heute ihm (dem Redner) gegenüber seine Auffafsung über dieses Verfahren bestätigt und sich gleih mißbilligend ausge- spro®ven. (Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Direktor im Reichs-Postamt Fischer: Der Vorredner scheine anzunehmen, daß die früheren Arbeiter und jeßt widerruflich, d. b. niht lebenslängli% angestellten Beamten bei der Poft keinen An- spru@ bâtten, Das lei ein ganz vollkommenes Mißverständniß. Nab dem Reichs - Beamtengeses sei das Recht auf Pension ganz unabhängig von der lebenslängliwen Anstellung. Die betreffenden Beamten ständen jeßt auch in Bezug auf Alter und Invalidität besser, als sie unter dem Alters- und Invaliditätsgesez stehen würden, Alle diese Leute ständen nämlih im Falle der Invalidität jet unter dem sog. Beamtenfürsorgegeseß, und seien sie im Betriebe niht mehr brauhbar, dann sei ihnen der Weg ofen, in Stellungen zu gelangen, in welen fe Anspru auf Pension bekämen, was früber nit der Fall gewesen sei. Die ReihêEverwaltung übernehme damit so s{chwer- wiegende Lasten, daß dagegen die Beiträge füc die Alters- und Invaliditätsversiherung gar nicht in Frage kommen könnten, Der Abg. Singer kônne sich also vollständig beruhigen.
Abg. Zimmermann: Seine Partei werde für den Antrag RiHter stimmen. Es freue sie außerordentlih, einmal mit dem Aba. Richter zusammen Stellung nehmen zu können gegen die Börse. (Heiterkeit) Wenn von anderer Seite gesagt worden lei, daß das Wolf’¡che Bureau die Börsentelegramme nicht mit Vorrang be- fördere, fo bandle es sich in diesem Falle um anderweitige politische Nawrichten, welche maßgebend seien für die GBeschehnisse an der Börse. Wären allerdings die \harfea Ausführungen von anderer Seite als von dem Abg. Richter gema@t worden, so würde die freisinnige Presse von einer Hete reden. Er (Redner) möchte nun den Staats- sekretär auf die Lage der Postbeamten hinweisen. Die Postbeamten strebten seit langer Zeit ein Aufrücken na festen Alteréftufen an. Nachdem nun kürzli der preußisbe Finanz-Minister dieses System als das angemessene hingestellt habe, werde von der „Deutschen Verkebr8zeitung“, wilche der Pofstverwaliung sehr nahe fsteh-z, daë- selbe als unzweckmäßig bezeihnet und als dem überwiegenden Theile der Beamtenschaft pekuniär nachtheilig. Die Beamten urthbeilten darüber anders; sie wünschten zu erfahren, in welcher Zeit sie das DurhsvVnitts- und Meifstgehalt bekommen würden. Augenblicklih erreiten sie das Meistgehalt erst mit #2—53 Jahren, die Militär- anwärtec mit 57 Jahren. Die Verdienste des Staatssekretärs um das Postwesen würden nit verkannt, und cs sei mit der Anerkennung auh beute nit gekargt worden. Es verdiene aber Beachtung, daß in Württemberg die sogenannten Unterbediensteten {on nah 22 Jahren das Hötstgehalt bezögen. Ferner liefere die württem- bergishe Postverwaltung den Unterbeamten die Dienftkleider unent- geltlib und wolle vom nästen Etatsjahre den zur Tragung von Dienstkleidern verpflihteten Beamten einmalige und fortlaufende Unterstüßungen gewähren. Bei der Reichs: Post- und Telegraphen- verwaltung erhielten die Beamten nur jährlich 39 Æ und müßten sich die Dienstkleider allein b¿shaffen. An den Sonn- und Festtagen könnte der Post- und Telegrapbenbetrieb eine erhebliwe Einschrän- kung erfahren Sie beziehe sh namentlich auf den Shalter- dienit von 5—7 Uhr Nahmittags, wo der Stalter in der Hauptsa&e nur von den Jud:n freguentirt werde. Die Postbeamten hâäiten neuerdings eine Arbeitszeit von 66 Stunden in der Woche. Das betrage nach der Meinung der Postverwaltung tägli 94 Stunden, weil nämlich die Post- verwaltung die Wodhe zu flcben Arbeitstagen zu rechnen schcine z alle übrige Welt aber rehne seit dem Anfang alles Beft j Wo@e nur zu seck{8s Arbeitstagen, sodaß thatsählid auf beamten 11 Arbei1sstunden kämen. Es foliten von 5—7 Uk nur dringende Telegramme mit doppelter Gebühr damit die Beamten sch mehr ihrer Familie widmen könnten. müsse er (Redner) si beklagen über die Behandlung, welche der Ver- band deutscher Postassistenten Seitens der Postcerwaltung erfahre. Man habe es reulich für gut befunden, zwei biesige Postassistenten, Vorsitzenden resp. Schriftführer des Verbandes, na Westp:eußen bezw. Mecklenburg zu verseßen. Ein anderer Assistent fei nah Braunschweig verseßt worden. Er erlaube D die Frage an den Staatssekretär, welche dierstlihen Gründe in diesen Fällen maß- gebend gewesen seien. Der Verband verfolge ledigli praktiscche, auf Selbfthülfe abzielende Zwede, die ein folches Einschreiten nicht reht- fertigten. Auch aus politischen Gründen feien Beamte verseßt worden. Bor einigen- Iahren sei ein Postassistent na® Wefipreußen verseßt worden. Derielbe sei unvorsibtig genug gewefen, ih offen als Aati- semiten zu bekennen. Neuerdings habe man dasselbe erlebt bei einem Postbeamten, der in ciner Versammlung der Sozialdemokratie gegen
dieselbe aufgetreten sei und auf die Verbindung zwischen Sozial- demokraten und Iudenthum hingewiesen habe. Dieser leßtere Punkt habe sofort die jüdische Preffe in Aufregung gebradt, Ver- leumdungen seien auf Verleumdungen gehäuft und {ließli die Sade der Poft angezeigt wordea. Die Beschuldigungen, welche in dem dortigen Blatte erhoven worden seien, hätten si ais durchaus falsch erwiesen. Troßdem sei der Beamte von der Pofiverwoltung darüber garnicht vernommen, sondern eins, zwei, drei, auf die Denunziation hin verseßt worden. Wo bleibe da die Gleich- berechtigung? Er meine, daß au diejenigen Parteien, welche sonst soviel von der Freiheit der Person redeten, dagegen Front maten müßten. Der Staatssekretär habe gestern fort und fort betont das Wort „deutsch“, „deutshe Art“, „deutshes Wesen“ u. st w. Das habe ibn fehr gefreut. Der Staatssekretär habe gemeint, man folle dafür sorgen, daß. die Schlachten im Teutoburger Walde und bei Sedan nit vergebens gewesen seien. Nun meine er (Redner), es sollte nicht so weit kommen im neuen Deutshen Reich, daß irgend eine Verwaltung sib nach jüdischen Wirken zu rihten babe. (Zustimmung bei den Antisemiten.) : x 7
_Abg. Funck: Man werde von ihm nit erwarten, daß er auf diese Ausführungen eingehe; er mêhte auf die gestrige Debatte zurückgreifen. Er glaube, daß eine Reduktion der Telegrapdengebüßren sehr wobl mögli sei, wenn das Anlagekapital fich immer noch mit 12% verzinse. Wenn der Staatssekretär wenigstens eine Er- mäßigung von 30 #4 bewilligte, so würden die Interefsentenkreise das als eine Abschlagszahlung sehr gern acceptiren. Er (Redner) betone, daß hinter ihm sämmilide deuishe Handelskammern und der deutsche Handelstag ständen. Mit Unrecht spre@e der Staatssekretär von den oberen Zehntausend, zu deren Vortheil die Steuer- zahler mit drei Millionen belastet werden follten. Diese Ein- richtung solle ja den weitesten Kreisen zugänglich gemat werden. Sei es etwa nur „volksthümlih“, wenn Großindustrielle und Arbeiter sich an die Hülfe des Staates wendeten? Sollte der Handelsstand gar nit petitioniren dürfen? Wenn der Staat das Fernsprechwesen als Monopol für sib in Anspruch nehmen wolle, fo babe er au die Pfliht, berechtigten Wünschen so weit wie möglich entgegenzukommen. S : S
Abg. Heine: Maa werde ihm erlauben, au die Wünsche der kleinen Leute vorzutragen. Es sei davon die Rede gewesen, daß die Nachnabmegebühren ermäßigt wordcn, aber nur die höheren bei Be- trägen über 15 Æ, und zwar auf Kosten derjenigen von 5—109 Die kleinen Handetisleute, welche sich Waaren per Nachnahme s{icken ließen, verdienten aber gerade eine besondere Berücksichtigung. Auch die geringen Zeitungszushläge, von denen gestern der Staats- sekretär gesprochen bab-, kämen den größeren Zeitungen zu Gate; die kleinen wöchentlich nur ein paarmal erscheinenden Zeitungen be- zablten verhältnißmäßig bobe Gebüßren. |
__ Abg. Dechelhäuser: Er möÿte an den Staatssekretär eine Anfrage hinsi@tlich des Poftsparkafs-#gesezes ribten. Bekannt- [ih sei 1885 von dem Staatssekretär eine Gesegesvorlage, betreffend die Postsparkafsen eingebracht worden. Diese Vorlage sei vom Reihs- tage verworfen worden, und es seien die verbündeten Regierungen aufgefordert, e:n:n Gesetzentwurf auf der Grundlage vorzulegen, daß die Postsparkafsen nicht als ein centralisirtes, selbftändiges Finanz- institut erribtet würden, sondern nur die Vermittelung der Sparer mit den bestehenden Sparkassen zu übernehmen hät:en. Der Staatsfekretär habe Namens der verbündeten Regierunzen eine zu- sagende Antwort nit ertheilen können. Dagegen habe er die Frage offen gelassen, ob nicht ein Geseßentwurf nah der Richtung bin angenommen werden könnte, daß die Poft die Vermittelung zwischen den Sparenden und denjenigen Sparkassen übernehme, welche staat- lich fontrollirt würden. Im Jahre 1886 sei von den Herren Struck- mann und von Bennigsen die Frage wieder angeregt worden. Auch damals sei feine bestimmie Zusage ertheilt worden. Heute seien die Verhältnisse dieselben, namentlich in Ost- und Westpreußen, wo die Sparer durchs{chnittlich 105 km bis zur nähsten Sparkasse gehen müßten. Er (Redner) frage somit den - Staatssekretär, ob die Wiedereinbringung einer Vorlage auf dieser oder anderer Grundlage zu erwarten ftehe.
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Staatssekretär Dr. von Stephan:
Die verbündeten Regieruncen haben bis jeßt nicht Anlaß: gehabt, sich mit der Wiederberathung eines Geseßentwufs über die Postspar- kafsen zu beschâftigen; ih bin daher au4Z7nicht in der Lage, Namens der verbündeten Regierungen hier eine Erklärung über diesen Gegen- stand abzugeben. Dagegen kann ih erklären, daß der Herr Reichs- kanzler ni&t abgeneigt ist, diese Einrichtung wie alle Maßregeln, die dazu dieren, die offentlihe Woblfahrt zu fördern, namentlich das Woblbefinden der ärmeren Klassen, in wohiwollende und selbstver- ständliG gründliche Erwägung zu nehmen. Der Aufs{ub rührt diesmal von der Postverwaltung her, sehr gegen ihre Natur und ibren Wur, Es find der Postverwaltung, wie Sie wissen, in Folge der neuen sozialen Gesetzgebung so große Lasten auf ihre Schultern gelegt worden, ohne daß sie vorber gefragt worden ist, daß sie sich jest in der Lage befindet, erst fden Versuch maden zu müssen, ob sie auch den Aufgaben, die vom 1. Januar von Neuem und mit der eigentlihen Schwerlast der Sache an sie heran- getreten sind, in vollem Maße und soweit wie es zur Dur {führung dieser Geseßze nothwendig ist, gewachfen sein wird, ob niht die Ordnung und Sicherkeit im Kafsenbetrieb der 20 099 Postanstalten und die Leichtigkeit im Verkehr mit dem Publikum beim Betriebe behindert werden durch diese neuen Lasten. Darüber wollen wir ersi mal eine Probe anstellen, ehe wir der Postverwaltung zu- mutben können, eine neue und ebenfalls fehr große Last der etwa in Zukunft durchzuführenden Postsparkafsen zu übernehmen. Das wird also zunächst abzuwarten seix, und die Zwischenzeit kann ja sehr zweck- mäßig dahin angewandt werden, daß die ösffentlihe Meinung, die Presse und welche Organe sonst die Ansiht des Volks vertreten, in dieser Frage ihren, wie wahrscheinlih anzunehmen ift, immer noŸ entgegengeseßten Standpunkt äußern, um auf diese Weise zur Drientirung der verbündeten Regierungen beizutragen.
Abg. Joest: Die Vertheilung der Postanstalten in der Stadt Mainz fei eine so ungünstige, daß gerade der Stadttheil, in dem sich der Hauptrerkebr konzentrire, jeßt feine Postanstalt habe, während in den anderen Stadttheilen 4 Postanstalten sich befänden. Bewohner der Stadt bâtten sich fortwährend bemüht, eine Aenderung herbeizu- führen, aber bis jeßt ohne Erfolg, obglei mit verbä!tnißmäßig geringen Kosten für die Postverwaltung Abhülfe geschafffen werden könnte. Au was die pensionsberehtigte Anstellung vieler Post- beamten in Mainz betreffe, seien biéher lebhafte Klagen geführt wor- den. Es gebe Beamte, die bereits in den 60er Jahren eingetreten seien und noch heute keine vensionsberechtigte Anstellung gefunden hätten. Er bitte um Auskunft, ob dies Verbältniß der vensionsberech- tigten und nicht pensionsbecrecktigten Beamten sich in jüngster Zei geändert habe.
Direktor im Reichs-Postamt Fischer: Auf Grund einer Ein- gabe vón Mainzer Bürgern seien die Verbältaifse der Vertheilung der verschiedenen Postanstalten in Mainz sorgfältig und eingehend geprüft worden. Es habe si herausgestellt, daß die von der Ober- Postdireftion getcoffene Entscheidung vollständig sabgemäß gewesen sei. Was die Frage der Pensionsfähigkeit der betreffenden Beamten antange, so habe sich in jüngster Zeit gegen früher nichts geändert.
Î Abg. Richter: Er möête die Regierung ersuchen, ter Anregung des Abg. Oechelhäuser in Betreff der Postsparkafsen keine Folge zu geben. Innerhalb der Partei des Abg. Oewelhäujer babe der Plan immer Zustimmung erhalten, außerhalb derselben sei die Stimmung in diesem Hause eine wesentlih andere gewesen. Man habe au nicht
bloß an der durch Einfübrung der Postanstalten notéwenckigen Centrali- sation des Seld:s Anstoß genommen — und ohne eine solLe sei ja überhaupt das Institut der Postspartafsen unmöglih —, der Wider- spruh gegen den früher vorgelegten Entwurf habe fi vielmehr au darauf gegründet, daß man fein Bedürfniß und keine Nei- gung anerkannt babe, den Kommunalspaufafsen von Seiten des Reichs Konkurrenz zu magen. Wenn die Stimmung heute fich wirkfli® geändert babe, so müßte man doch bedenken, daß dur die neuen fozialpolitishen Geseze Aufgaben auf das Reih gepackt seien, die es wabrscheinlich nicht einmal werde erfüllen können. Die Regierung würde sfich au jeßt eine entschiedene Niederlage mit dem Entwurf eines Sparkafsengesectes zuziehen. Ver Staatssekretär Dr. von Stephan meine, daß die Börsenkurse in dem Privilegium des Wolff’s{en Bureaus nit einbegriffen seien. Nicht bloß die Kurs- berihte hâtten Wichtigkeit für die Börse und die Spekulation, sondern jede Nachricht von irgend einer volitishen Bedeutung. Aus den volitishen Telegrammen entnehme der Kundize erft die Würdigung der Kurételegramme, und nah den politishen Na- rihten bemesse sich die ganze Stimmung in Handel und Wandel. Das Unberechtigte des Vertrages se: damit durhaus nit widerlegt. Der Staatssekretär Dr. von Stephan meine, der Antrag gehöre nicht zu seinem Etat, und er (Redner) hätte das selbst zugestanden. Er (Redner) habe vorher nur gejagt, daß die Würdigung der Notb- wendigkeit eines folchen Vertrages besser an einem anderen Orte erörtert würde. Hierber gehöre aber sein Ersuben um Mittheilung des Vertrages; denn es sei hier gesagt, daß ein solcher von der preußishen Regierung überfommen sei, und daß die Reihs-Post- verwaltung darnach ihre Rechte und Pflichten bemesse. Im Uebrigen rihte sich der Antrag ja an den Reichskanzler, und dieser werde demnächst darüber zu entscheiden kaber.
Abg. Oechelhäuser: Die Aufnahme des früheren Poft’pvar- kafsengescß-Entwurfs sei eine ganz ander2z gewesen, als der Abg. Richter angedeutet habe. Ec (Redner) habe doH nicht in seiner furzen Anregung fämmtlihe Gründe für und wider den Entwurf er- ôörtern können. Heute würde überhaupt die Stimmung für den Ent- wurf eine andere fein, als früher, und der Reichstag müßte sh ckoch erst im Plenum darüber aus\prechen, ob er ein folches Sesey wolle oder nicht. Früher fönne man die Aussichten eines solch:n GVesetzes nit kennen. Es würde si fragen, ob die Regierung nicht geneigt wäre, einen Entwurf auf einer anderen Basis vorzulegen, sodaß die Post nur die Vermittelung für die bereits bestehenden Sparkassen übernehme. Daß der Abg. Ritter gegen ein Sparkassengesetß sei, glaube er (Redner); der Abg. Richter und seine volitisch:n Freunde teien ja bisber gegen alle fjozialpolitischen Gesetze gewesen.
Abg. Ackermann: Wenn die Ueberlastung der Posfiverwaltung mit anderen Geschäften die Ursache sei, daß dem Reichstage ein Postsparkafsenentwurf nicht zugebe, so müsse er jene Ueberlastung für einen Gewinn ansehen, wenn sie vor dem Postsparkafsengeset be- wahre. Besonders in seiner Heimath Sachsen seien die Sparkassen- verbâltnifse so, daß man eine Postsparkafse nit nöthig babe. würde es dort als eine große Schädigung der bestehenden Spa ansehen müssen, wenn das Reih thnen Konkurcenz maten An den früheren Auffassungen seiner Partei habe fch also nicht ändert. Wenn es kein anderes Mittel gebe, um den Reichsta dem Projekt zu bewahren, wünsche er, daß die Reihs-Postverw auH fernerhin mit Geschäften überlastet bleibe.
Abg. Richter: Seine Partei sei nicht von vornherein gegen alle fozialpolitischen Geseße. Sie würdige jedes Gese naŸ seinen inneren Gründen. Zur Ablehnung des Unfallversicherung2geseßes sei
sie aus denselben Gründen gekommen, welhen der Abg. Dechel- häuser seiner Zeit einen so beredten Ausdruck gegeben habe. Der Abg. ODetelbäujer aber habe sich später gedreht und gerade das Gegen- theil von dem ausgeführt, was er früher gesagt habe. Das aber sei niht die Schuld feiner (des Redners) Partei. Die sei stehen geblieben.
Abg. von Vollmar: Wenn der Abg. Singer fi geftecn geaen die Petition der Zeitungen und gegen eine Ermäßigung der Tele- vbongebühren gewendet habe, so babe er selbs hinzugefügt, daß seine Arsiht eine persönliche gewesen sei. Auch seine (des Redners) Stellung sei eine persönlihe, wenn er erkläre, daß er der Ansicht des Abg. Singer nicht beitrete. Für ihn sei die allgemeine Erleichterung des Verkehrs aus\ch{laggebend. Der Staatssekretär habe gestern darauf hingewiesen — bier befinde er sich einmal mit den Sojiial- demokraten im Einvernehmen —, daß jede Erleichterung auf diesem Gebiete von den Steuerzablern im Allgemeinen getragen werden müsse. Sollte eine Verbilligung der Gebühren einen Ausfall an Einnahmen herbeiführen, so würde er (Redner) die Verantwortung auf sh nehmen können, vorübergehend den Steuer- zahlern eine gewisse Erhöhung anzusinnen. Von dem Standpunkt, daß die Lasten der Steuerzahler niht erhöht werden dürften, müßten alle Mehrausgaben abgelehnt werden, besonders die für Universitäten, die dazu nur den höheren Gesellshaftsflassen zu Gute kämen. Wie er für alie Forderungen eingetreten sei, so werde er auch für jede Er- leihterung des Verkehrs eintreten, auch soweit das die Z:itungen betreffe. Es handele fich hierbei nit um den Geldbeutel der Ver- leger, sondern die Petenten sagten selbst, daß eine Ermäßigung der Telegraphengebübhren besonders den mittleren und fkleineren Blättern zu Gute fommen würde. Gerade jeßt genöfsen die weten Blätter eine Vorzugsftellung, indem se Ach einen raht pachteten, was die fkleineren nit könnten. Trete eine Ermäßigung der Gebühren ein, so könnten auch die fleineren Blätter si des Telegraphen ausgiebig bedienen. Er sei also für eine allgemeine Verbilligung der Telegraphengebühren, und soweit diese nicht zu erreihen sei, weniaftens eine solche für die Zeitungen. Er möchte diese vor dem Vorwurf bewahren, daß sie mit dem Privi- legium anderer Gesellschaftsflassen irgendwie in eine Linie zu stellen sei-n. Auch im Telephonwesen könnte eine durbgreifende Verbilligung der Gebühren eintreten. Heute sei für das Volk in seiner großen Mehrheit die Einrihtung noch nicht in Gebrau, da die hohen Kosten dies verbôten, Es würden dem Reih2tage immer Länder verzeführt O Die Se bober falen, mot aber [olde, wo fle billiger seiren. In Stockholm finde man die ausgedehnteste Ves- nußung des Telephons, es sei dort in jedem Laden; allerdings betrügen diz Gebühren für eine furze Unterredung nur elf Pfennige. Wenn der Direktor Fischer sage, daß in keinem Resort für die Beamtengebälter so viel wie bei der Post geschehen sei, so vergesse er dabei, daß der Reichstag die Postverwaltung dazu ge- drängt habe. :
Abg. Sraf von Ballestrem: Er erkläre Namens seiner politishen Freunde, daß in Bezug auf die Postsparkafssen f ibre Stellung gegen früher durhaus nicht geändert habe. Ihr Stand- punkt sei nach wie vor ein ablehnender.
Abg. Dr. Hartmann: Auch der Standpunkt feiner politischen Freunde sei großentheils derselbe geblieben, und er bedaure, daß er dem Staatssekcetär nicht beistimmen Fönne, der eine gewisse Vor- liebe für die Poftiparkafsen nach wie vor kundgebe. Sein Bemühen, die öffentliche Meinunz für die Postsparkafsen anzuregen, möchte er (Redner) gern crseßt wissen dur das Bemühen, die Kreis- und Kommunal- sparkafsen auszubauen. Hier könnte f die Reih8s-Postverwaltung dur ein Entgegenkonmen ein großes Verdienst erwerben. Auch seine Partei wünsche ernfstlih, daß die Verhältnisse, die dem Antrag Richter z: Grunde lägen, aufgeklärt würden, aber er glaube, daß bei dec 2 sprehung des Vertra:es mit dem Wolff'shen Bureau Einzelheiten zur Sprache kommen könnten, wehe zweckmäßiger in einer Kom- mission erörtert würden. Er beartrage, den Antrag der Budget- fommission zu überweisen, der ja auch der bg. Richter angehöre. Der Antrag Richter berühre ja nit allein die Reichs-Poftverwaltung, | sondern au andere Ressorts und vor allen den Reichskanzler selbît, | deren Aeußerungen sehr erwünscht wären. Eine Sefahr für den Antrag | Rictex liege in einer Verweisung an die Kommission nit; er könne ! dort Éeinesfalls begraben werden. Jedenfalls aer erfahre man in | der Kommission mehr als im Plenum, : |
Aba. Ritter: Er verstehe nit, was der Antrag auf Kom- j
; G der Vertrag mit |
missionéberathung bedeute. Er wolle nur, daß der | enntnißnahme unter- |
dem Wolffschen Bureau dem Reichstage zur
breitet werde. Wenn der Reichskanzler das thue, sei de Sade zu-
nächst erledigt. Was dann weiter zu geschehen
dabe, welche
Konsequenzen seine Partei aus dem Inkalt des Vertrages ziehe, werde si finden. Sehr wohl könne man tann die weiteren S{ritte in
einer Kommission erörtern. Seinen Antraz jetzt {on stand einer Kommissionsberatbung zu machen, bedeute
als eine Sacbe, die vielleivt Einigen unbequem sein möge,
zum Gegen- weiter nihts,
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\{leppen, und gegen eine Vershleppung seines Antrages verwahre er
h shon jest. Abg. Dr. Hartmann: Eine Vers&leppung d
aus nit beabsivtigt und bei der gegenwärtigen Reichîtages könne auch daran nit azdacht werden, da noch fehr lange versammelt sein werde. Es gebe aber zúge für cine Kommissionéberathun; Regierungen könnten dort Dinge zur Sprache bringen, vorgebraht werden Éönnten.
i Abg. Richter: Gerade bei der ge deute Kommissionsberathung eine Ver?
sei mit ihren Arbeiten noch weit zurück, un \cheinlih ganz ars Ende. Di :
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Budgetkommission wird abgelehnt, der Antrag Richter an-
gèenommen.
Das Kapitel „Central-Verwaltung“ wird in seinen
übrigen Titeln unverändert bewilligt, nachd
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erstatter Scipio auch die Mehrforderung von 15000 A als
Gebühren für die
die Lehrer an der Post- und Telegraphenschule zur
empfohlen hat. | Shluß 51/, Uhr.
Wahrnehmung von Prüfungsgeschäften für
Bewilligung
Statiftik und Volkswirthschaft.
Die Ergebnisse der utschen Versiherungs
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