1891 / 37 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 11 Feb 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Kontingentirung und Subrepartition auf die Bemeinden oder im Wege der Individualrepartition aufbringen solle. Es ist damals das Prinzip der Individualrepartition hauptsählich aus dem Grunde an- genommen worden, weil in den Oftprovinzen es an geseßlihen Be- stimmungen über die Aufbringung von Geweindeabgaben in den Landgemeinden, weil es an einer Landgemeindeordnung fehlte. Es ist demnähst diese Bestimmung ohne jede Diskussion gleich- mäßig übertragen worden auf die Provinz Hannover und, ebenfalls ohne jede Diskussion, auf die Provinz Hessen-Nassau. Als man die Kreisordnung für Westfalen berieth, ist eine cingehende Erörterung über diese Frage von Neuem in Folge der Frage der Besteuerung der verstaatlihten Eisenbahnen erfolgt. Man versuchte erst eine Spezial- bestimmung in die Kreisordnung hineinzubringen, um die verstaat- lihten Eisenbahnen zur Besteuerung heranzichen zu können. Weil aber die Königlihe Staatsregierung hiergegen Widerspru erhob, wurde demnächst eine Bestimmung aufgerommen, daß nicht bloß den Städten, sondern au den Landgemeinden die Art der AAfbringung der Kreisfteuer überlassen werden sollte; es sollte ihrer Beschlußfassung vorbehalten bleiben, die Kreissteuer in gleiher Weise wie alle übrigen Kommunalabgaben aufzubringen.

Diese Bestimmung der Kreisordnung von Westfalen ift demnächst aufgenommen worden in die Kreisordnungen für die Rheinprovinz und für Schleswig-Holstein. Bei der Kreisordnung für Scbleswig- Holstein kam diese Frage nochmals zur Erörterung, weil in Schleswig- Holstein auch eine Landgemeindeordnung fehlte; die Vorschrift der westfälishen Kreisordnung wurde aber \chlicßlich auh hier aufge- genommen und jet haben wir zwei verschiedene Fassungen. Drei Kreisordnungen scen die Individualrepartition der Kreiëabsgaben für die Landgemeinden fest, drei Kreisordnungen geben \ämmtlihen Gemeinden, auch den Landgemeinden, die Befugniß, fie als Gemeindeabgaben und mit den leßteren aufzubringen oder anders zu vertheilen.

Nun ift es allerdings ein Bedürfniß, bier eine Gleichmäßigkeit zu schaffen, aber nit allein sür die Provinz Hessen-Nafsau, fondern für sämmtliche Provinzen, und diese Vorschriften au so zu fafsen, wie sie in den drei Kreisordnungen für die Rkbeirpravinz, Westfalen und S{hleswig-Holstein gefaßt find. Meine Herren, in der Form, wie dieser Antrag hier gefaßt worden, ist er meines Eratens unan- nehmbar. Ich balte es aber auc für unzweckEmäßig, die Frage, die gleihmäßig geregelt werden muß für alle Provinzen, allein für Hessen-Nafsau zu regeln ; sie kann aber für die östlichen Provinzen nur geregelt werden erst nach dem Zustantekommen der Landgemeinde- ordnung.

Ih kann mich also zwar mit der Tendenz des Antrages ein- verstarden erklären, den Antrag selbst aber bitte ih abzulehnen. Ich würde niht in der Lage sein, die Annahme des Antrages in der Form, wie er gestcUt ist, Allerböchsten Ortes zu befürworten.

Der Antragsteller zieht nah dieser Erklärung seinen

Antrag zurü. Schluß 31/4 Vhr.

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines Geseges, betreffend die Erweiterung, Ver- vollständigung und bessere Ausrüstung des Staats- eisenbahnnegßes, zugegangen, welcher bestimmt:

8& 1, Die Staatsregierung wird ermähtigt:

I. Zur Herstellung von Eisenbahnen und der durh dieselbe bedingten Vermehrung des Fuhrparks der Staats- bahnen, und zwar: :

a. zum Bau einer Eisenbahn:

1) von Fordon nah Schönsee 12 347 000 M,

2) von Lifsa i. P. nah Wollstein 3 240 000 A, : l

3) von Meseriß nach Landsberg a. W. oder einem in der Nähe belegenen Punkte der Bahnlinie Küstrin—Kreuz 4 300 000 #,

4) von Sorau nach Christianstadt 1640 000 Æ,

5) von Lauban nach Marklifsa 920 000 #,

6) von Walsrode rach Soltau 2 400 000 #,

7) von Kassel oder einem in der Nähe belegenen Punkte der Linie Kafsel—Warburg nah Volkmarfen 5 920 000

b. zur Beshaffung von Betriebsmitteln:

die Summe von 5 241 000 #, zusammen 36 008 000 4

II. Zur Anlage des zweiten bezw, dritten Geleises auf den nacwstebend bezeichneten Strecken und zu den dadurch bedingten Ergänzungen und Geleisveränderungen auf den Bahnhöfen: l

1) Beuthen O.-S. bezw. Laband—Peiskretscham—Groshowiß 4 000 000 S6,

2) Jarotshin—Ostrowo und Kempen—Kreuzburg 3 80) 000 ,

3) Lifsa—Posen 1 148 000 #,

4) Ruhnow—Neustettin—Konitz 1 534 000 M,

5) Neunkirhen Schleifmühle Saardamm Es 2 600 000

3) Königszelt—Liegnihz è i A

0 SaniaLoufterüeise Abs nebst Erhöhung der Leistungs- fähigkeit der Strecke Kottbus—Görliß durch Erweiterung mehrerer Stationen 3 600 000 #,

8) Berlin—Zoffen 1 300 000 #,

9) Baalberge—Bernburg—Waldbau 608 000 #,

10) Neudietendorf—Gräfenroda 2 260 000 M,

11) Friedberg—Heldenbergen—Windecken 930 000 ,

12) Rbeine—Salzbergen 296 500 4,

13) Hagen (B. M.)— Hagen (Rh.) 290 000 A,

14) Lennep—Born 164 000 A,

15) Lennep—Remsch{eid 225 090 ,

16) Langendreer (Rh,)—Wattensheid (Rh.) 550 000 4,

17) Bochum (B. M.)—Wanne 750 000 #,

18) Steele (B. M.)—Dahlhbausen 520 000 ,

19) Dablbausen— Hattingen 390 000 4, zusammen 26 305 500 A

ITII. Zu natbstehenden Bauausführungen: /

1) für die Erweiterung des Bahnhofs Hohethor in Danzig 5 000 000 , Es :

2) zur Deckung der Mehrkosten für den Bau der Eisenbahn von Ottmachau bis zur Landesgrenze in der Richtung auf Lindewiese, sowie der Kosten für die in Folge der Bahnanlage erforderlihe Regulirung der Neisse und des Krebsbaches bei Ottmachau 800 000 #,

3) für die Vermehrung der Freiladegeleise auf dem Stettiner Bahnhof in Berlin 1 160 000 #, :

4) zur Deckung der Mehrkosten für den Bau der Eisenbahn von Könnern nach Kalbe a. S. 550 090 A,

5) für die selbständige Einführung der Strecke Quedlinburg— Ballenstedt in den Bahnhof Quedlinburg 256 000 4,

6) zur Peung der Mehrkosten für den Bau der Eisenbahn von Hildesheim nah Braunschweig 85 000 4,

7) zur Deckung der Mehrkosten für die erweiterte Umgestaltung der Bahnhofsanlagen in Harburg 1 500 000 #6,

8) für die Erbauung eines Dienstgebäudes für die Königliche

Gisenbahn- Direktion zu Altona 1 500 000 4, 9) zur Deckung der Mehrkosten für den Bau der Eisenbahn von Fulda nach Tann 400 000 , 4

(Forba)

10) zur Deckung der Mehrkosten für die Erweiterung des Bahn- j lösung der Versammlung erfolgte, als sie einen stürmischen Charakter

hofs Kichweyhe 97000 K, : E.

11) für die Herstellung einer Verbindungsbahn zwischen den Stationen Vohwinkel und Sonnborn (Rb.) 1500 600 #, :

12) zur Deckung der Mehrkosten für den Umbau und die Er- weiterung des Babnhofs Deuzerfeld 250 000 ,

13) für den Umbau und die Erweiterung der Bahnhofsanlagen in Neuß 1 000000 #,

14) für den Autbau verschiedener Strecken zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit derselben 326 000 A, :

15) für die Vermehrung, Erweiterung und bessere Ausrüstung der Werkstätten, Lokomotiv- und Wagenschuppen 15 000 000 #, zu- fammen 29 424 000 e j

IV. Zur Beschaffung von Betriebsmitteln für die bereits bestehenden Staatsbahnen: die Sunime ron 53 800 000 , insacsammt 145537500 Æ zu verwenden. :

Mit der Ausführung der vorstehend unter Nr. 1 Litt. a 2 bis 7 aufgeführten Bahnen ist erst dann vorzugehen, wenn nahstehende Be- dingungen erfüllt sind:

A, Der gesammte zum Bau der Bahnen und deren Nebenanlagen anch Maßgabe der ron dem Minister der öffentlichen Arbeiten oder im Enteignungsverfahren festzustellenden Entwürfe erforderlihe Grund und Boden ist der Staatésregiecung in dein Umfange, in welchem der- selbe nah den geseßlihen Bestimmungen der Enteignung unterworfen it, unertgeltlich und lastenfrei der dauernd erforderli&e zum Eigenthum, der vorübergehend erforderlihe zur Benußung für die Zeit des Bedürfnisses zu überweisen, oder die Erstattung der sämmtlichen flaatsseitig für dessen Beschaffung im Wege der freien Vereinbarung oder Enteignung aufzuwendenden Kosten, einschließli aller Nebenentschädigungen für Wirthschaftsershwernisse und sonstige Nachtheile, in rechtsgültiger Form zu übernehmen und sicher zu stellen.

Vorstehende Veipflichtung erstreckt sich insbesondere auh auf die unentgeltlihe und lastenfreie Hergabe des füc die Ausführung der- jenigen Anlagen erforderli&en Grund und Bodens, deren Herstellung dem Eisenbahnunternehmer im öffentli®wea Interesse oder im Interesse des bena&barten Grundeigenthums auf Grund geseßliher Bestim- mungen obliegt oder auferlegt wird. i i

B. Die Mitbenußung der Chausseen und öffentliGen Wege ist, soweit dies die Aufsichtsbehörde für zulässig erahtet, Seitens der daran betbeiligten Interessenten unentgeltlih und ohne besondere Ent- schäâdigung für die Dauer des Bestehens und Betriebes der Bahnen zu gestatten.

e 2, Die Staatsregierung wird ermächtigt: i

1) zur Deckung der zu den im S. 1 unter Nr. I bis IV vor- gésebenen Bauausführungen und Beschaffungen erforderlihen Mittel von 145 537 500 4 den Restbestand des Baufonds der ehemaligen Unterelbeshen Eisenbahn-Gesellschaft im Betrage von 45 998 4. 23 F zu verroenden,

2) zur Deckung des alsdann noch verbleibenden Resibetrages von bôdftens 145 491501 A 77 4 Staats\schuldverschrei- bungen auszugeben. / ;

S. 3. Wann, durch welche Stelle und in welchen Beträgen, zu welchem Ziasfuße, zu welchen Bedingungen der Kündigung und zu welchen Coursen die Schuldverschreibungen verausgabt werden follen (8. 2), bestimmt der Finanz-Minister.

Im Uebrigen kommen wegen Verwaltung und Tilgung der An- leihe und wegen Verjährung der Zinsen die Vorschriften des Gesetzes vom 19, Dezember 1869 (Seseßz-Samml. S, 1197) zur Anwendung.

8. 4. Jede Verfügung der Staatsregierung über die im §. 1 unter Nr. 1, 11 und 111 bezeichneten Eisenbahnen bezichungêweise Eisenbahntheile durch Veräußerung bedarf zu ihrer Rehsgültigkeit der Zustimmung beider Häuser des Landtages. :

Diese Bestimmung bezieht si nicht auf die beweglihen Bestand- theile und Zubehörungen dieser Eisenbahnen beziehungsweise Eisen- bahntheile und auf die unbeweglichen insoweit nicht, als dieselben nah der Erklärung des Ministers der öffentli%en Arbeiten für den Betrieb der betreffenden Eifenbahn entbehrlih sind. i

8, 5. Dieses Gesetz tritt am Tage seiner Verkündigung in Kraft.

Statiftik und Volkswirthschaft.

Fleischpreise.

Aus Spandau wird der „Frkf. Ztg." geschrieben: Ein in- teressanter Konflikt ist zwischen den Shlächtermeistern und der etwa 10 000 Köpfe zählenden Arbeiterbevölkerung hiesiger Stadt wegen der Höhe der Fleischpreise ausgebrochen. Troß der Erleihterung der Vieheinfuhr sind die Fleishpreise hier die alten geblieben und um 20 9/0 höher als in dem benachbarten Berlin. Eine in dieser Aagelegen- heit einberufene Volksversammlung wählte eine Kommission, die mit den Schlächtermeistern in Verbindung treten sollte. Diese lehnten aber jede Unterhandlung mit den Arbeitern und jede Herabseßung der Fleishpreise ab; in Folge dessen bes{lossen die Arbeiter in einer neuen, von 1500 Personen besuchten Versammlung ihren Bedarf theils bei einem von auswärts hergekommenen Schlächtermeister, der an allen Enden der Stadt Verkaufshallen errihten will, theils dur gemeins{aftlihe Einkäufe größerer Posten Fleisch in Berlin zu deen, Auch wurde cmpfohlen, den Fleishkonsum vorderhand möglichst ein- zushränken.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Vertrauensmänner der fiskalishen Königin Luisegrube bei Zabrze hatten, wie die „Schl. Ztg.“ mittheilt, den Reichs- und Landtagsabgeordneten Let o cha ersucht, dem Minister für Handel und Gewerbe die Würnshe der oberschlesishen Berg- arbeiter zu unterbreiten. Diese Wünsche rihten sich, abgesehen von der achtstündigen Schicht auf folgende Punkte: 1) bessere Re- gelung desSchihtlohns nach der Richtung hin, daß die Arbeiter an sogenannten chwahen Orten und auf harten Flögen ebensoviel verdienen wie auf guten Nummezrn und auf weihen Flôßen, und daß darnah für {wache Orte, harte und weiche Flöße, für Pfeilerabbau und Streckenbetrieb dementsprehende besondere Gedingsäße festgestellt werden mögen; 2) Erhöhung des Schichtlohns für Schichten bei dem gefährlichen Rauben und für sogenannte berrshaftlize Schichten beim Verbauen auf mindestens 5 MÆ, 3) Beseitigung der Unbilligkeiten beim Nullen der Förder- wagen und der ungerechten Füllkohlen-Abzüge, 4) Revision der Arbeitsordnungen, 5) Ermäßigung der Höhe der Ordnungs- strafen und das Verbot der mißbräuchlihen Festseßung von Ord- nungsstrafen für Kleinigkeiten und für von den Arbeitern nicht ver- \huldete Umstände. i

In Dortmund endete am leßten Sonnabend, wie die „Frkf. Ztg.“ mittheilt, eine Bergarbeiter - Versammlung mit poli- zeiliher Auflösung. Am vorherigen Sonntag war in einer Ver- fammlung Hr. Bunte als Delegirter für den internationalen Berg- arbeiter-Kongreß in Paris gewählt worden, wogegen Protest er- hoben war. Die Protestler waren in der Sonnabend-Versammlung in der Minderheit ; in Folge dessen kam es zu tumultuarishen Auftritten. Den Führern (Bunte, Schröder und Siegel), die anwesend waren, erwachsen im hiesigen Bezirk Konkurrenten, die aber keine Truppen hinter sich haben, weil die Bergleute in Dortmund selbs äußerst urückhaltend sind. Die Versammlungen sind stets \{chwach be- sué@t. Es ift eigenthümlich, daß die Führer hier so wenig An- hang haben, Es mag wohl zum größten Theile daran liegen, daß sie aus dem ergarbeiterstande ausgeshieden sind. Die Bergleute, welche \sich s{chwer plagen müssen, glauben nun, die Ausgeschiedenen, die Geschäfte haben und für ihre Agitationsreisen auch vom Verbande bezahlt werden, führten auf Kosten ihrer che- maligen Kameraden ein gutes Leben. Auch in der Sonnabend - Ver- sammlung rieth man den Führern, sib zurüdzuziehen, damit man sehe, ob es andere nit befser machten. Siegel erklärte iedoh Namens seiner Genossen, sie würden das Spiel niht eher aus der Hand geben, als bis fie durch tühtigere Leute ersezt seien. Die Auf-

annahm. In Hinsiht auf diesen Vorgang schreibt auch die „Voss. Ztg“: In der Bergarbeiterbewegung im rheinisch-westfälischen Kohlengebiet, die wieder zu neuen Leben erwacht, ist der Abfall der Masse der Bergarbeiter von den alten Führern Schröder, Bunte und Siegel ein bemerkenswerther Zug. Der küczlich mit- getheilte Aufruf der Bergarbeiter is von keinem dieser Drei unter- zeichnet, allerdings ist Bunte in einer Bergarbeiter-Versammlung zum Delegirten für den internationalen Bergarbeiter Kongreß in Paris gewählt worden, jedoch wurde gegen diese Wahl Einspruch erboben. In Magdeburg wurde am Montag in einer von mehreren Hundert Personen besuhten Volksversammlung die Gründung eines sozialdemokratishen Arbeitervereins vorgenommen; nach dem Bericht der „Mgdb. Ztg.“ zeichneten sih zahlreiche Personen in die Mitgliederlisten ein. : Aus Erfurt berihtet der „Vorwärts“: Die Erfurter Schhuhmacher-Aussperrung bat ihr Ende erreiht, Nah mehr- monatlihem Widerstande waren die Ausgesperrten gezwungen, fic den Bedingungen der Fabrikanten zu fügen. Fünfzig Arbeiter sind nicht wieder eingestellt worden. Sie gehen mit dem Plane um, eine Pro- duktivgenofsenshaft ins Leben zu rufen. _ A j In Glauchau sollte am lezten Sonnabend eine ö ffentliche Volksversammlung stattfinden; auf der Tagesordnung stand u. A. die Gründ ung cines sozialdemokratischen Volks- vereins. Die Polizeibehörde verbot, wie das „Chemn. Tgbl. mittbeilt, die Versammlung auf Grund des sächsishen Vereinsgeseßes. Zu dem Strike in Thalheim (vgl. Nr. 34 d. Bl.) wird dem „Vorwärts* geschrieben: Seit dem 2, Februar befandea fich im hiesigen Ort die Wirker, Wirkerinnen und Näherinnen im Strike. Trotz aller Bemühungen der Arbeiter, in Folge der angekündigten Lohnreduktion eine Verständigung mit den Unternehmern zu erzielen, wenigstens irsofern, als daß Angesichts der \{chlechien Geschäftsperiode die Arbeitszeit verkürzt würde, ohne daß eine Lohnreduktion eintreten follte, find dieselben erfolglos geblieben. Jn dcr Erwägung, daß es Fabrikanten giebt, welche eine Lohnreduktiona niht haben eintreten lafsen und ferner, daß bei den erhöhten Lebensmittelpreisen und dem hierorts hohen Micths- zins eine Lohnreduktion von 15—20 ‘/9 einen Lohnausfall von 5 bis 7 Æ in 14 Tagen ausmacht, sahen die Arbeiter (410, darunter 180 Familienväter mit 270 Kindern undZUnverheirathete 230) si gezwungen, die Arbeit in elf Betrieben einzustellen. In einer am Donnerîtag, den 5. Februar. abgehaltenen öff ent- lichen Arbeiterversamivlung, zu welcher auch die Fabrikanten geladen, aber niht erschienen waren, wurde von den Strikenden folgende Re- solution einstimmig angenommen: Die Arbeiterversammlurg beschließt an dec Forderung der Verkürzung der Arbeitszeit ohne jede Lohn- reduktion festzuhalten und, da die Unternehmer jede Verständigung zu- rückweisen, den Strike unter allen Umständen fortzuführen. Wie ein Wolff’shes Telegramm aus London meldet, haben in Folge. eines Beschlusses der Delegirten-Versammlung gestern sämmtliche Fractstauer der Royal Albert-Docks die Arbeit eingestellt. R Swiffe welche auslaufen sollten, mußten ihre rt aufshieben. 7 4 : 0e N meldet „W. T. B.“, daß ungefähr 1500 Arbeiter der dortigen größten Gasfabriken einen Strike ankündigen, falls ihnen die geforderte Lohnerhöhung nicht binnen 14 Tagen be- willigt werde. z : Aus New-York wird telcgraphisch mitgetheilt, daß der Strike im Distrikt Connelsville (Pensyl»ania) allgemein geworden ift; alle Fabriken sind geschlossen; 16 000 Arbeiter feiern

Vorläufiges Ergebniß der Volkszählung vom 1. Dezember 1890 im Herzogthum Anhalt.

Na den von dem Herzoglich anhaltischen statistischen Bureau veröffentlihten Mittheilungen betrug die orisanwesende Bevölkerung des Herzogthums am 1. Dezember v. I. 271759 Perfonen gegen 248 166 am 1. Dezember 1885. Sie hat also um 23 593 oder 9,51 °/o zugenommen. Dieser Gesammtzunahme steht eine Gesammizunahme von nur 6,70% in den Jahren 1880—1885 gegenüber. Ein An- wachsen in der Zunahme der Bevölkerung der einzelnen Kreise ergiebt \sich für den Kreis Dessau mit 12,64% gegen 9,98% und für den Kreis Bernburg mit 16,68 v gegen 10,05 %/9 in der vorigen Zählungsperiode. Im Kreise Ballen- stedt zeigt sich eine Bevölkerungszunahme von 4,57 % gegen- über einer für die Jahre 1880—1885 ermittelten Abnahme der Bevölkerung von 1,00 %/6. Dagegen ist in der leßten Zählperiode die Zunahme im Kreise Zerbst von 6,23 9/0 auf 5,69 % und im Kreise Cöthen fogar von 3,29 9% auf 1,41 °%/ zurückgegangen. Auch für das Herzeg- thum Anhalt ergiebt si die bereits vielfah gelegentlich der leßten Volkszählung gemahte Beobachtung, daß in den größeren Städten und vor Allem in den Industrieorten sowie in den Dörfern in deren unmittelbarer Nähe die Zunahme der Bevölkerung in den leßten fünf Jahren eine außerordentlih bedeutende war, während diejenigen Ortschaften, die wesentlih auf rein landwirthschaftlihe Thätigkeit an- gewiesen sind, keine Erhöhung, ja häufig fogar eine Abnahme in der Einwohnerzahl in dieser Zeit erfahren haben.

Verkehrs-Anusftalten.

Norddeutscher Lloyd in Bremen. (Leßte Nachrichten über die Bewegungen der Dampfer)

New-VYork- und Baltimore-Linien :

Bestimmung. : Bremen 10. Febr. a. d. Weser angek. Bremen ebr. von New-York,

New-York ebr, in New-York, New-York ebr, Lizard passirt. New-York ebr. von Southampton.

„Werra“ i 4. 8, 3, 6. t New-York 2 ebr. Lizard passirt. 4. 9. 2,

eTrave“ „Ems“ , ¿Eider Pan „Fulda“ Stuttgart“ . „Hermann“ . eSalier“ . e Amerika“ „Nürnberg“ .

Bremen ebr. Lizard passirt. Bremen ebr. von Baltimore. Baltimore ebr. in New-York. Baltimore Febr. Lizard passirt. Baltimore 7, Febr. Lizard pasfirt. Brasil- und La Plata-Linien: eDarmstadt“ Bremen 8, Febr. in Antwerpen. „Graf Bismark“ Bremen 8. Febr. in Antwerpen.

„Köln* . , , |Antwerp., Bremen| 9. Febr. Las Palmas passirt.

„Weser“ . L 25. Ian. von Buenos Aires. O Antwerp., Bremen} 31. Jan. von Buenos Aires. „Leipzig“ . Brasilien 20. Jan. in Bahia. «¿Ota La Plata 25. Jan, in Montevideo. “Frankfurt*’ La Plata 8. Febr in Rio. Berin”. Rio, La Plata 5. „Baltimore“ Brasilien 8, Febr. Las Palmas pa Linien nach Ost-Asien und Australien : . e Preußen“ Bremen 8. R von Port Said. „Bayern“ Ost-Asien 28. Ian. in Shanghai. eNedckar“ . Ost-Asien 9. Febr. in Colombo. „Sachsen“ Ost-Asien 9, Febr. in Antwerpen. A E Erenen 5 „Oohenzollern“ . remen 6 jen ten Australien 25. Jan. in Colombo. „Kaiser Wilh. I[,“ Australien 9 fee: von Port Said. „Karlsruhe“ . Bremen 8

ebr, von Adelaide.

. Febr. von Genua.

ebr. Las Palmas vate. rt.

ebr. Prawle Point paff.

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 37

pa

Entscheidungen des Reichsgericßts.

Das Inverkehrbringen von aus dem Auslande nah dem Inlande bezogenen Gegeriständen, die im Inlande patentirt sind, na dem Auslande (Transithandel), ohne die Erlaubniß des P ist, nach einem Urtbeil des Reichsgerichts, I!T. Straf- enats, vom 25. Oktober 1893), als Patentverleßung aus §. 34 des Patentgesetzes zu bestrafen. Als „Inland“ im Sinne des Patent- ge]eßes gelten auh- die von der deutschen Zolvercin8grenze ausge- \hlossenen Gebietstheile des Deutschen Reichs,

Nothwehr, bezw. Ueberschreitung der Nothwe hr im Sinne d«es §. 53 des Strafgeseßbu{s, welche eine sonst strafbare Handlung straflos mat, ist, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 2. Dezember 1890, nur vorhanden, wenn es sich um Abwehr eines thatsählich ges{hehenden Angriffes, nit um Abwehr eines vermeintl i chen Angriffes handelt, Die irrthümliche Abwebr eines vermeintlihen Angriffes schließt allerdings die Vor- \äßlichkeit der abwchrenden Handlung, niht aber ohne Weiteres die Fah rlässigkeit derselben ausz biltet die einen vermeintlichen

Angriff abwehrende Handlung eine Körperverleßung, so ist die Körper- !

verletßzung als fahrläsfige zu bestrafen, wenn die Untersuchung ergiebt, daß der Irrthum des Thâters kein entschuldbarer gewesen ift.

Statiftik und Volkswirthschaft.

Deuts@e Eisenwaaren in Bulgarien.

Im bulgarishen Eisengeshäft stand die deutshe Einfahr mit 4455 M.-Ctr. Eisen und Eisenwaaren während des 4 Vierteljahres 1890 obenan. Auf die Einfuhr aus Oesterreich-Ungarn, Belgien, England und Frankreih entfielen zusammen nur 3211 M.-Ctr. Man bezog deutses Eisen zu 174 bis 18 4 Grundpreis für den Meter-Centner frei Sofia und Drahtstifte zu 172 bis 183 \ ab Fabrik. Auch in Baubeschlägen und Grobshmiedewaaren matte die deutsche Industrie durch billige Angebote Fortschritte. Außerdem kamen aus Deutsch- land Gußstablshaufeln und für die bulgarische Regierung Eisenbahn- wagen und Draisinen.

Kunft und Wissenschaft.

Es hat sich als nothwendig erwiesen, Vorkehrungen zu treffen, um in späteren Zeiten mit Sicherheit das Alter von Kunst- gegenständen bestimmen und insbesondere alte Kunstwerke as neueren Erzeugnissen und Nachbildungen unterscheiden zu önnen.

Demgemäß sind die Königlichen Konsistorien von dem Kultus-Minister veranlaßt worden, dafür Sorge zu tragen, daß künftig an allen in ihrem Bezirke für kirhlihe Zwecke neu zu beschaffenden Ausstattungsgegenständen: Altären, Kanzeln, Orgeln, Altargeräthschaften 2c. an s{icklicher Stelle die Jahreszahl des Erwerbes und, soweit thunlih, auch die Herkunft (Künstler, Fabrikant, Firma 2c.) haltbar ver- merkt wird.

Um ferner späteren Zeiten die Möglichkeit offen zu halten, Ergänzungen und Erneuerungen an alten Bau- denktmälern, welche im Stil und Charakter der Entstehungs- zeit des Bauwerks vorgenommen sind, als solche zu erkennen und ihrem Alter nach mit Sicherheit bestimmen zu können, veranlaßt ein Erlaß des Kultus-Ministers und des Ministers der öffentlichen Arbeiten die Königlichen Regierungen, künftig bei allen Wiederherstelungen von Baudenkmälern oder ein- ane Theile derselben in einfacher, angemessener Weise Jn- riften anbringen zu lassen, aus denen die Zeit (Jahreszahl) der Ausführung der Arbeiten erhellt.

—s Jn der leßten Sizung der Ph ysikalischen Gesell- shaft sprach Hr. Professor Börnstein über einen periodishen Wechsel des Barometerstandes unter dem Einflusse des Mondes. Untersuchungen dieser Art sind bereits mehrfah angestellt worden; denn es liegt bei einer ersten Betrachtung nicht fern, so gut wie für den flüssigen, auch füc den luftförmigen Mantel der Erde eine Ebbe und Fluth anzunehmen, selbst wenn man nicht mit Hrn. Falb darauf eingehen will, sogar für den festen Erdkörper Wir- kungen der Anziehung des Mondes zu statuiren. Einer der früheren Beobachter, Eisenlohr, verglih zur Beantwortung der frage Barometerstände täglih um dieselbe Stunde. Der Mond ijt dann gegen die vorhergehende Stellung um ein Aht- undzwanzigstel eines vollen Kreises am Himmel zurückgeblieben, und es ift klar, daß sich auf diese Weise der Einfluß der Mondstellung durch ein regelmäßiges Schwanken der an ver- schiedenen Tagen abgelesenen Barometerstände geltend machen müßte. Natürlich muß, um anderweitige Störungen zu elimi- niren, aus den Beobachtungen von vielen Monaten das Mittel genommen werden. Eisenlohr glaubte aus Beobachtungen, welche während 22 Jahren angestellt worden find, den Schluß ziehen zu dürfen, daß eine mondtäglih zweimal eintretende, also der Ebbe undFluth entsprehende Shwankung des Barometers von 0,46 mm, also einem sehr geringen Betrage, vorhanden sei. Hr. Börn- stein weist darauf hin, daß die theoretisch berehnete Wirkung noh aa geringer sei, daß fie nämlich nur 0,07 mm Quecksilber betrage, wenn man Os annehme, der Mond stehe immer derselben Stelle der Erde gegenüber. Größere Werthe, welche man beobachtet hat, z. B. in Batavia, dürften einer indirekten Einwirkung des Mondes zuzuschreiben sein, nämli den Luftbewegungen, welche dur die Fluthwelle des Meeres entstehen. Mittels einer Zusammenstellung von Beobachtungen, welche während fünf Fahren in Berlin, Ham- burg und Wien angestellt worden sind, zeigt Hr. Börnstein, daß ein täglich zweimal A Schwanken des Baro- meters nicht nachweisbar ist. agegen zeigt sich eine den Mondumgang Ne einmalige Schwankung, für welche allerdings die Erklärung fehlt. i

Hr. Dr. Kreichgauer berihtet über Versuche über die Shwere. Die allgemeine Anziehung der Massen is unter den verschiedenen Naturkräften zwar ihren Geseßen nah am vollständigsten, ihrem Wesen nah aber am wenigsten er- gründet. Sie zeichnet sich u. A. dadurch aus, daß sie nicht

Berlin, Mittwoch, den 11. Februar

fähig ist, in andere Kräfte überzugehen. Stellen wir 3. B. zwischen zwei Körpern eine chemische Verbindung her, so hat dieselbe andere Eigenschaften als die Elemente, etwa hinsichtlich des elekftrishen oder thermishen Verhaltens. Die Schwere hingegen ist unverändert geblieben. Natürlich ift wenigstens nah unseren modernen Anschauungen eine solhe Thatsache ledig- [ih erfahrungsmäßig begründet und niht auf spekulativem Wege beweisbar, und deëhalb ist es nöthig, daß bei der be- deutenden Vervollkommnung unserer Meßmethoden auch solche Säge wieder einmal der experimentellen Prüfung unterworfen werden. Die Versuche von Hrn. Kreichgauer wurden u. A. mit Quedssilber und Brom angestellt, welche in ein Glasgefäß ein: geshmolzen und dann zur Reaktion gebraht wurden. Es zeigte sich, daß bei genauer Berüsihtigung aller Neben- umstände keine Aenderung des Gewichts nachgewiesen werden konnte. Bei dieser Gelegenheit wurde an einen geislvollen Versu Mitscherlich's erinnert, durch welchen festgestellt werden sollte, ob die Sonne auf Shwefel und Platin eine verschiedene Anziehungskraft ausübe. Zu dem Zweck war je ein Quantum der beiden Stoffe auf einer Waage um die Mittagszeit ins Gleihgewiht gebraht worden. Da sih das Gleihhgewiht auh um Mitternacht, also bei der entgegengeseßten Stellung der Sonne noch zeigte, war die Abwesenheit jedes Unterschiedes in der Anziehung erwiesen. '

Hr. Dr, Rubens berichtete über eine Reihe von Ver- suchen, welche er gemeinsam mit Hrn. Dr. Arons über das dielektrishe Verhalten von Flüssigkeiten mittels Herz'scher Schwingun gen angestellt hat. Die Versuche stehen im Zusammenhange mit den neueren Forshungen über das Wesen der Elektrizität, in welchen die Jsolatoren, die- jenigen Körper, welhe nah der gewöhnlichen Auffassung die Elektrizität nicht leiten, zu einer so hohen Bedeutung gelangt sind. Diese Fsolatoren allein sind es nämli, welche für manche elektrishe Wirkungen, so für elektrishe Wellen durhlässig sind; den dielektrishen Strom vermögen sie freilih nicht fortzuführen. Dieser Umstand rechtfertigt am besten eine Bezeichnung, welche hon von Faraday eingeführt wurde, als er die Fsolatoren elektrische Körper nannte. Das Verhalten der verschiedenen Körper in dieser Beziehung steht in einem merkwürdigen Zusammenhange mit dem Verhalten gegen Lichtwirkungen. iese Thatsache ergiebt \sich aus theoretishen Betrachtungen v' n Maxwell, nah welchen jede Lichtshwingung einen elektrishen Vorgang darstellt, sie ist aber auch, besonders seit den berühmten Versuchen von Herb, dem Experimente zugängliG geworden. Nach Marxwell soll die sog. Dielektrizitätskonstante, "eine Zahl, welche die erwähnte Eigenschaft der Jsolatoren mißt, für jede Substanz gleich dem Quadrat des optishen Brehungsexpo- nenten sein. Bei den Versuchen von Rubens wurde die Länge eleftrisher Wellen in Drähten gemessen, welhe mit ver- schiedenen isolirenden Flüssigkeiten umgeben waren. Es zeigte sich die erwartete Abhängigkeit der Wellenlänge von der Be- schaffenheit des Jsolators. Die theoretisch zu erwartende Be- ziehung tritt zahlenmäßig nicht völlig hervor; doch sind die Abweichungen erklärbar. Eine eingehendere Besprehung der Versuche ist im Auszug niht möglich.

Se. Majestät der Kaiser hat, wie von „W. T. B.“ aus Paris berichtet wird, anläßlich des Todes Meissonnier’s an den französishen Botschafter Herbette in Berlin ein Beileidsshreiben gerichtet, welches diescr dem von Sr. Majestät geäußerten Wunsche gemäß dem Minister Ribot übersandt hat. Hr. Ribot hat das Beileids8\hreiben dem Präsidenten der Kunstakademie übermittelt.

Die in der Herrscherhalle des Königlichen Zeug- bauses aufgestellte Marmorfigur der Victoria von Professor Schaper hat, wie die „Vofs. Z.“ berihtet, vor einiger Zeit eine Veränderung von der Hand des Künstlers erfahren; sie ist getönt worden, Das Weiß des Marmors ersien in der warm-dunklen Stimmung, welche den unteren Theil der Halle beherrscht, zu grell und kalt, so daß eine erheblihe Dissonarnz hervor- trat. Die Tönung hat dem Marmor ein mildes Gelb ver- lieben, wobei zugleich die ftöôörenden Glanzlihter gemildert sind. Die machtvolle Figur der Kranzspenderin fügt G nunmehr harmoxisher in ihre Umgebung ein. Zugleih aber hat au die Nis®e, in welcher die Baue steht, statt der früheren Bekleidung von tiefrothem Stucco-Marmor eine solche in grünlich- grauer Farbe erhalten, Die ebenfalls von Professor Schaper * ge- arbeiteten Marmorgestalten der „Treue“ und der „Begeisterung“, welche zwischen den Gemälden an der nördlihen Wand der beiden Feldberrnhallen in tiefrothen Nischen Plat gefunden haben, sind bin- gegen unverändert in ihrem reinen Weiß geblieben, da sich das Weiß in diesen Räumen weniger störend bemerkbar macht.

Die Luthber-Kirche auf dem Dennewitplaß wird, nah den Mittheilungen ihres Erbauers, des Bauraths Otzen, die von der eN. A. Z.* wiedergegeben werden, auch hervorragenden künstlerischen S{@muck in Wandgemälden und Bildhauerwerken erhalten. Im Chor sollen dur Wandgemälde biblis%e Geschichten veranshau- licht, in dem südliwen Vorhallenbau das Reformationswerk angedeutet werden, Für den Bau sind vorläufig in Ausfiht genommen: an der Südfront ein Reformationsfries mit zwei Bildern (der Reichstag in Worms und die erste protestantishe Abendmahls\pendung an Joachim Il. und seine Gemahlin) in Mettlaher Mosaik ausgeführt, und ferner die Standbilder Luther's, Melanchthon's und Joachim's I[.

Mit Genehmigung des Prinzen von Wales ift, wie Londoner Blätter melden, zur Zeit ein internationales Comité in der Bildung begriffen, welches die Aufgabe hat, berühmte konti- nentale Professoren und Gelehrte zur Betheiligung an dem in diesem Jahre in London stattfindenden Hygienischen Kongreß zu ver- anlassen. Das Comité umfaßt bereits Vertceter der Vereinigten Staaten, Frankrei{8, Rußlands, Egyptens, Oesterreih - Ungarns, JItaliens und Deutschlands.

Der Forschungsreisende Kapitän Trivier hat, wie dem „W. T. B.“ aus Marseille gemeldet wird, gestern Abend seine Reise nah Libreville in Gabon angetreten, um seine Forshungsreisen fortzuseßen und die afrikanischen Küsten bezüglih ihrer natürlichen Produkke zu ftudiren und neue Absatzgebiete zu suchen.

Laund- und Forftwirthschaft.

Washington, 10. Februar. (W. T. B.) Nah dem monat- lihen Bericht des Landwirthschaftlihen Bureaus war das Wachsthum der Baumwollenpflanzen zu Anfang des Herbstes ein so rashes, daß die Ernte nicht bewältigt werden konnte. Hier- durch wurde die Baumwolle der eingetretenen außerordentlih feuhten Witterung ausgeseßt, was eine Verfärbung derselben zur Folge hatte. Der mittlere Ertrag im vergangenen Jahre betrug 106, der Dur({hschnitt der Sendungen nah den Häfen 87.

S A R EAZ ial LAC A

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

(F) Kopenhagen, 9. Februar. Die Pocken-Epidemie ver- breitet sich immer mehr in der Stadt, troßdem Revaccinationen in großem Umfange vorgenommen werden; da der Vorrath an Lymphe hier nur gering war, so mußte solche \chleunigs# aus Berlin, Würz: burg und Stockholm bezogen werden Im O-?zresunds-Hospital sind bisher gegen 70 Pokenkranke aufgenonimen worden.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks an der Rubr und in Obers(lesien. An der Ruhr sind am 10. Februar gestellt 10 399, nit reht- ¡citig gestellt 158 Wagen. ; In Oberschlesien sind am 9. d, M. gestellt 4823, nit rehtzeitig gestellt 23 Wagen.

Subhastations-Resultate.

___ Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin stand das im Grundbuhe von Niederbarnim Band 85 Nr. 3528, in den Straßen 2 u. 6 belegene, auf die Namen der Bauunternehmer Mar Zoche und Bruno Schoenwetter eingetragene Grundstück zur Versteigerung. Das geringste Gebot wurde auf 11880 A festgesetzt. Es bot der Fabrikant Emil Plack, Große Hamkurgerstraße 3, 243 000, Der Zuschlag wurde ausgeseßt. Ferner das im Grundbu wie vorher Band 5 Nr. 297, auf den Namen des Zimmermeisters Chr. Jatko eingetragene, in der Müller- und Triftstraße (Nr. 1a) belegene Grundstück. Das geringste Gebot wurde auf 98 211,89 Æ festgeseßt, Meistbietender blieb mit 95 000 der Bauunternehmer Emil Schmidt zu Berlin, Der Zuschlag erfolgt am 12. Februar c., Nachmittags 124 Uhr.

Der auswärtige Handel Großbritanniens stellte fi nach dem handelsamtlihen Ausweise für Januar, verglichen mit dem im entsprechenden Monat des vorhergehenden Jahres, nicht aünstig. Die Einfuhr, im Gesammtbetrage von 33741 082 Pfd. Sterl., hat sich, wie die Londoner „Allg. Corr.“ mittheilt, um 402 768 Pfd. Sterl. und der Export, im Betrage von 19 834 315 Pfd. Sterl.,, um 1752437 Pfd. Sterl. vermindert. Allerdings muß in Betracht gezogen werden, daß im Januar in Folge des unge- wöhnlich scharfen Frostes die Scbiffahrt lange unterbrochen war und der Eisenbahnstrike in Schottland dem Erport empfind- lihen Abb:uch that. Aber selbst wenn diesen Umständen Rehnung getragen wird, ist die Abnahme des Handelsverkebrs sehr erheblich. An der Abnahme der Einfuhr sind Rohstoffe für Textilfabrikate mit 1479 792 Pfd, Sterl, zoklfreie Lebensmittel mit 925 389 Pfd. Sterl, zollpflihtige mit 327 170 Pfd. Sterl., Metalle mit 369 196 Pfd. Sterl., Fabrikate mit 661 674 Pfd. Stecl. und verschiedene andere Artikel mit 411615 Pfd. Sterl. betheiligt, während der Import von Chemikalien, Delen und lebendem Vieh eine mäßige Besserung be- kundet. Die Abnahme in der Ausfuhr fällt auf sämmtli®Ge Stavel- artikel, mit Ausnahme von Chemikalien. Die bedeutendste Abnahme zeigen Garne und Textilfadbrikate (569 393 Pfd. Sterl.), Metalle und Metallfabrikate (428 554 Pfd, Sterl.), Maschinen 245 897 Pfd, Sterl.), Rohstoffe (109 973 Pfd. Sterl.) und Provisionen (106 033 Pfd, Sterl.)

Posen, 10. Februar. (W. T. B.) Der heutige Saaten- markt war niht so stark wie sonst besucht. Das Ges{äft war durchgehends s{leppend. Für alle Sorten Klee waren die For- derungen fehr hoch. Bezahlt wurde Rothklee ordinär mit 40 4, mittel mit 50 M, fein mit 5 M, hochfein mit 60 , Weißklee mit 50, 60, 68—78 F Wundklee mit 45 bis 55 M, shwedisher Klee mit 60— 85 A, amcrikanisher Klee mit 40 , Tymothee mit 20—30 4, englisch Raigras mit 11—18 Æ, französische Luzerne mit 54—70 #4, abfallende Sorten mit 40—45 4, Saradella mit 5—6 Æ, Saatgetreide war sehr vernahlässigt. In Kartoffeln war ziemli reges Ge- \{chäft. Brennereiwaare mit 1,70—1,80 #Æ# Speisckartoffeln mit 2 M bezahlt. Schluß ruhig.

Leipzig, 10. Februar. (W. £. B.) Kammzug-Termin- handel. La Plata. Grundmuster B. pr, Februar 425 #, pr. Märi 4,25 &, pr. April 4,274 &, pr. Mai 4,27} 4, pr. Juni 4,27} 4, pr. Juli 4,30 6, pr. August 4,323 5/6, pr. September 4.35 #6, pr. Oktober 4,35 &, pr. November 4,35 &, pr. Dezember 4,35 A Umsay 155 000 kg. Rubig,

London, 10, Februar. (W. T. B.) Wollauktion. Stetig.

An der Küste 1 Weizenladung angeboten.

Manchester, 10. Februar. (W. T. B.) 12r Water Taylor 63, 30r Water Taylor 9, 2r Water Leigh 78, 30r Water Clayton 82, 32r Mock Brooke 84, 40r Mayoll 9, 40er Medio Wilkinson 97, 32r Warpcops Lees 88, 36r Warpcops Rowland 87, 40r Double Weston 9+, 60r Double Courante Qualität 12#, 32* 116 yards 16 X 16 grey Printers aus 32r/46r 168. Ruhig.

New-York, 10. Februar. (W. T. B.) Weizen - Bere shiffungen der lezten Woche von den atlantishen Häfen der Vereinigten Staaten nah Großbritannien 13 000, do. nah Frankreich —, do. nach anderen Häfen des Kontinents 9000, do. von Kalifornien und Oregon nah Großbritannien 44 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents Qrts. ;

Der Werth der in der vergangenen Woche ausgeführten Produkte betrug 6 433 781 Dollars.

Verkehrs-Anftalten.

Koblenz, 11. Februar. (W. T. B.) Das Eisenbahn-Betriebs- amt Koblenz giebt bekannt: Die gestern gemeldete Wiedereröffnung des Trajektbetriebes Bingen—Rüdesheim hat wegen ein- getretenen zu niedrigen Wasserstandes heute Vormittag wieder eingestellt werden müfsen. ; Ï

Hamburg, 10. Februar. In Folge der eingetretenen Kälte ist, laut Meldung der „D. B. H.“, die Elbshiffahrt neuerdings wiederum ershwert. Zahlreihe Dampfer erlitten Schaden. Thermo- meterstand gegenwärtig drei Grad Kälte.

London, 10. Februar. (W. T. B.) Der Union-Dampfer „Tartar“* ist gestern auf der Ausreise von Lissabon abgegangen.

New-York, 10. Februar. . T. B.) Wie dem Journal „World“ mitgetheilt wird, sind Vorberathungen im Gange nah denen sämmtliche nordwestlihen Eisenbahnen noh vor Séluß dieses Jahres in eine einzige Verwaltung übergehen würden. In dieselbe find einbezogen: die Northern-Pacific, die Canadian- Pacific, die Chicago-Burlington and Quincy, die Chicago-Milwaukee and St. Paul, die Chicago-Northwestern und Greatnorthern Eisen- ahnen.

Mannigfaltiges.

Für den verstorbenen Geheimen Ober-Justiz-Rath von Wil- mowski bekundete sich bei der heutigen Trauerfeier die allgemeine Theilnabme aller der Kreise, denen der Verewigte in seinem reihen Wirken und im Leben näher getreten. Der Sarg war im zweiten Stockwerk des Sterbehauses, Derflingerstraße 17, aufgebahrt. Das Justiz-Ministerium war durch den Staats-Minister Dr, von Schelling vertreten, der in Begleitung seiner Gemahlin erschien.

Ferner waren Staats-Minister Dr. von Friedberg, der Unter-Staats-