1891 / 38 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 12 Feb 1891 18:00:01 GMT) scan diff

fiärung des Kommissars über die Wirksamkeit der Missionsgesell- haften und ihre Bedeutung für die Gereinnung der Kolonien. Früher sei das nichi anerkannt worden ; man habe Alles mit Semwalt maten wollen, man habe seine ganze Hoffnung auf materielle Er- folge-geseßt. Diese erfreulihe Umkche müsse man deshalb doppelt begrüßen. Nur auf dem Wege der Freiheit, der wahren Freiheit, könnten die großen Fragen gelöst werden, die den Reichstag beschäftigten; die Freiheit allein verbürge die Lösung in ersprießlidem Sinne, Man möge nach Amerika schen, wo kein Schulzwang, kein kirhlider wang herrsckche. Weg mit derartigen Schranken, wie fie der Abg. Stöcker aufriwten wolle; wer Recht habe, werde aach Recht behalten ! (Beifall im Centrum.) :

Damit {ließt die Diskussion. Un Sélußwort bemerkt

Abg. Stöcker: Weder der Geheime Legations-Rath Dr Kay]er noch der Abg. Dr. Windthorst hätten das, was er (Redner) gegen den Major von Wisswmann gesagt habe, widerlegt oder auch nur gestreift. Er sei aber bereit, seinen Antrag nah den Erklärungen des Ersteren zurückzunehmen. Wenn der Reichskommifsar die fatholishe Kirche beruntergema&t hätte, würde der Abg. Dr. Windt- borst im Reichétage dazu till ges{roiegen bam? Er (Redner) sei durchaus ein Anhänger der Frahbeit, die der Abg. Dr. Windthorst predige; der Atg Dr. Windthorst soüe aber diesen Grundsaß der absoluten Geistesfreiheit an der Stelle zur Geltuig bringen, wo es am Nöthiesten sei, in Rom, wo einstweilen noch der Syllabus diesem Grundsatz entgegenstehe. : : :

Der Antrag wird darauf vom Antragsteller zurü ck- gezogen. | / :

Es folgt die Berathung eines zweiten Antrages Stöcer: Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, in er- neute Erwägung zu nehmen, ob und wie dem Handel mit Spirituosen in den deutschen Kolonien durh Verbot oder Beschränkung entgegenzutreten ei. - S

Antragsteller Abg. Stöcker: Der Antrag sei bereits einmal vom Reichétage fast eizstimmig angenommen worden. Die Wirkung dieses Beschlusses sei aber niht derartig gewesen, daß wirksame Ab- bülfe veranlaßt worden sei. Die Zunahme des Branntweinkonfums in Kamerun und Togo sei dur& authentische Berichte der dortigen Misfo- nare außer Zweifel gestellt ; in demselben Maße hätten die erschreckenden Wirkungen dieses Konsums zugenommen. Die deutsche Handelswelt made si nah diesen Zeugnissen eines bösen Stückes Kulturarbeit an den Eingeborencn \chuldig, indem si? die Einfuhr der Spirituosen ni&t einshränke, jondern im Gegentheil auszudehnen trahte. Es komme dazn, daß das deuts&e Togozebiet der Schauplay des f‘ärksten Scch{muggels des billigen deutschen Branntweins nach den englischen Kolonien sei, wo der Branntwein eine siebenfah höhere Steuer zu tragen babe. Dieser Umstand sollte allein son die verbündeten Re- gierungen veranlassen, mit größerer Energie zu erwägen, ob solche NBerhältnisse dem deuten Namen wirklich zur Ehre gerei{ten Bedauerliher Weise habe gerade Deutschland neben anderen Mächten widersprochen, als über die Frage des Verbots der Einfubr von Branunt- wein international verhandelt worden sei. Ohne ein Radikalmittel werde Deutschland von diesen Schattenseiten seiner koloaialen Thätig- feit nibt loskommen. Dem Import von Branntwein, der überall in der christlihen Welt Aergerniß errege, müsse einmal gründlih auf den Leib gerückt werden. Auch alle engli)\{chen Kolonialbeamten ver- urthilten den Schnapsgenuß gerade so, wie die angeführten Stimmen aus den Missionsgesellscaften.

Geheimer Legations-Rath Dr. Kayser: Es sei ganz rihtig, daß, wenn er nicht irre, am 14, Mai 1889 derselbe Antrag des Abg, Stöcker mit überwiegender Mehrheit vom Reichstage angenommen worden sei. Aber es sei nicht richtig, daß darauf Seitens der ver- bündeten Regierungen nichts weiter veranlaßt worden sei. Es sei ein Besluß des L indesraths damals nicht herbeigeführt worden, weil die Regierung im Begriffe gestanden habe, in die Verhandlungen cinzutreten, die nabher in Brüssel stattgefunden hätten, und deren der Antragsteller Erwähnung gethan habe. In der damaligen Sitzung des Reichstaces, soweit er (Redner) davon aus den ftenographiscben Berichten unterrichtet sei, sei der Wur! nach einer Abhülfe gegenüber einem etwaigen Mißbrauch ter Branntweineinfuhr in die deutschen Schutzgebiete ein beinahe allgemeiner gewesen. Aber man sei doch sehr zweifelhaft gewesen, wie sich dieser Wunsch würde verwirklichen lassen. Es seien die verschiedensten Mittel dafür angegeben worden, und nur eines sei ein solches gewesen, welches sich einer sehr be- deutenden Zustimmung erfreut habe, die, wie er glaube, auch von der Regierung damals getheilt worden sei, nämli, daß man in wirksamer Art dem s\chädlicen Einwirken der Branntroeineinfuhr nur auf internationalem Wege würde entgegen- treten können. Das sei auch geschehen. Den Herren sei ja bereits der Inhalt der Brüsseler Konferenzakte durch die Zeitungen bekannt, und er glaube, daß der Reihstag bald auch Gelegenheit haben werde, sch amtlich mit dieser Akte zu befassen. Dieselde sei zu Stande gekommen das möhte er noch ganz befonders gegen- über den Bemerkungen des Antragstellers betonin wesentli durch die Verdienste der Kaiserlihen Regierung. Den Herren sei nid&;t unbekannt, wie große Scwicrigkeiten diesem größten Werke der Menschlichkeit, dessen sih das jetzige Zeitalter rühmen könne, bereitet worden seten; bis in die leßte Stunde hinein fei es noch zweifelhaft gewe!en, ob die Zeichnung der Generalakte von allen Viähten würde erfolgen können, und nur den großen Bemühungen Deutschlands fei es vorzugs- weise zu verdanken, daß das Werk zu Stande gekommen sei, Gegen- über diesen Verdiensten der Regierung würde cs doch nit darauf ankommen, daß in Einzelfragen sh zuweilen Deutshland von fol@en Bestrebungen, wie sie dem Antragfteller angenehm gewesen wären, ferne gehalten habe. So weit dies geschehen sei, fo sci es ledigli) des- halb geschehen, um das Ganz? nicht s&@eitern zu lassen, Im Uebrigen müsse er (Redner) au in diefer Bezichung noch Einiges beritigen. Es sei nicht zutreffend, daß Seitens der englischen Regie: runa der Antrag gestellt worden sei, die Branntweineinfuhr ganz zu verbieten, sondern es sei nur soviel richtia, daß England einen böberen Zoll gewünscht babe, daß es aber von den meitst- betheiligten Mächten nit unterstüßt worden sei, und daß Deuischland in dieser Frage eine mehr passive als aktize Rolle gespielt habe. Im Uebrigen müfse man, um zu sehen, was die Regierung eigentli, seitdem der Anteag des Abo, Stöcker angenommen worden sei, in den teutshen Schugzgebieten geleistet babe, und um es zu kontroliren, R daran erinnern, was nun auf dem internationalen Wege in Brüssel vereinbart worden sei. In Brüssel habe man eine bestimmte Zone festgestellt, die für den Branntweinveikehr von Bedeutung fein tolle, und habe zwei ¿aupisäblihe Bestimmungen getroffen. Die eine be- stehe darin, daß da, wo der Branntwein noch nit eingefühtt worden sei, wo er na der Gesittung und Religion der Ureinwohner noG nit bekannt sci, er auch ferner nit eingeführt werde. Zweitens, daß in der Zone, wo der Branntwein bereits eingeführt sei, man h} über einen bestimmten Saß geeinigt babe, und zwar sei feitge]eyt worden für die ersten drei Jabre, daß derselbe 15 Centimes, also etwa 12 für das Liter, betrage; in den nâGsten drei Jahren solle eine Er- böbung bis 25 Certimes zulässig sein, _Revisit des ganzen Zollges:8es erfolgen. Frage man nun, ob die Megie- rung das, was die Brüsseler Konferenz auf internationalem Wege ins Leben führen wolle, in den deatshen Kolonien s{on errciht habe, oder ob fie noÞ weit entfernt davon sei, so werde man bei einer wohlmeirenden Beurtheilung allerdings sagen müssen, daf fie zum großen Theil diese Bestimmungen erreiht, ja übertroffen habe. Er mödtte nur daran erinnern, daß in Ost-Afrika die Einfuhr von Branntwein nur gestaitet sci mit jedeërnaliger Erlaubniß der Kom- mandartur. Der Verkauf, dec Lusichank von Spirituosen sci gcund- säßlih verboten. Es dürften nur Wein, Bier und Wermuth öffentlich ve:fguft werden, und es werde für eine sehr strenge DurWführung dieses Verbotes aesorgt, Es würden Haussuhungen und Revisionen Vorgenommen, Waaren konfiszirt, und es könne neben einer hohen

und sväter solle eine Revision e

Seldstrafe auh noch die Entziehung der Ausschankerlaubniß verfügt

werden, Die Regierung habe ferner in Neu-Guinea und auf den Mars{alls-Infeln bereits fit einer Reihe von Jahren, feit 1886/87, den Vaikguf von Spirituosen an Eingeborene überhaupt unter Strafe

geftellt. In West-Afrika das fei ja dasjenige Gebiet, auf welHes der Antragsteller beute ganz; besonders die Aufmerksamkeit diefes bohen Hauses gelenkt habe seien die Zustände freilih nob nit fo, wie die Regierung sie wünsche, und auch anstrebe. Aber doch müsse er (Redner) au hier wieder hervorheben, daß die Zollsäße in Kamerun zum Theil den Brüsseler Normalsaß überstiegen, und daß aub in Togo für Genever der Zoll noch böber sei, als der in Brüssel festgestellte Tarif. Die Regierung sei aber hinsihtlich einer Zollerböhung in West-Afrik2 in einer nit ganz angenehmen Lage. Sie könne in Kamerun unmöglich cinen böberen Zoll auf Spirituosen legen, wenn fie ni@t ganz bestimmte Vorsorge gegen den Scchmuggel treffen fönne, wozu ihr die Mittel fehlten. Von Kalabar aus, das jeßt zu einer englishen Kronkolonie gemacht werden folle, und wo über- haupt zur Zeit ein Zoll auf Spirituosen niht erboven werde, stehe der S{muggel nah dem deutshen Schußzgebiet in s{öaster Blüthe, und was der Megierung englisherseits gegen das Togogebiet vor- geworfen werden follte, das könnte sie in Bezug auf Kamerun zurück- geben. Es fehlten die zum Zollshuß nöthizen Geld- und Mat- mittel. So werde es auf jeder Seite immer Mängel geben, die man nah den Verhältnissen nicht vollständig werde vermeiden fönnen. Im Uebrigen sei die Regierung in Togo auch deshalb nicht völlig frei, weil sie mit der franzöfischen Nachbarkolonie" einen Zoll- vertrag abgeschlossen habe Es befländen aber zur Zeit Verhandlungen, welche darauf gerihtet seien, auch bier die Einfuhr zu er- schweren. Er könne ferner noch darauf aufmerksam machen, daß au in Südwest-Afrika, wel{es früher das Smerzenskind der Branntwein- einfuhr, nämli aus der Kapkolonie gewesen sei, durch Verordnungen des Kaiserlichen Kommissars Bestimmungen getroffen worden seien, welche den Auéshank von Branntwein an hobe Steuern knüpften, und außerdem noch festseßten, daß die Konzession entzogen werden könne, sowie erhelle, daß durch zu reichlihen Ausf&banf von Branntwein an Eingeborene ein Schaden derselben in sittliher Beziehung entstehen fönnte. Das seien die Vorschriften, welche die Regierung getroffen babe. Nun glaube er, daß ni®t aur der Antragfteller, sondern auch das hobe Haus davon überzeugt sein werde, daß die Regierung sih bemübe, dieser Branntweineinfuhr entgezenzutreten, soweit Ke wirklich \chädlich si. Er (Redner) müfse aber auch aufrichtig an- erkennen, daß nah dieser Richtung hin von beiden in Betracht fommenden Seiten ichr viel übertrieben werde. Er wolle auf die einzelnen Fälle niht eingezen, aber er wäre hier in der Lage, aus den Akten der Regierunz und aus Berichten von Reisenden Mits- theilungen zu maten, die gänzlih entgegengeseßt denjenigen seien, die hier der Antragsteller angeführt habe. Er (Ronen wolle fh aber nur mit einem Beispiel begnügen, um zu zeigen, wie forgfältig die Verwaltung bemüht sei, ähnliwea Klagen oder Beschwerden, die an sie gelangten, nraczugehen.- Es sei im Sommer vorigen Jahres in einer Zeitsrift „Dec Missionsfreund“ cine Mittheilung über die verhcerenden Wirkungen des Branntweinhandels in Kamerun enthalten gewesen, und insbesondere sei bemerkt worden, daß Kinder, vom Brannt- roeingenuß fast leblos, in die Mission getragen seien u. dgl m. Der Kaiserlize Kommissar, der hierüber zum Beribt aufgefordert worden sei, habe sich mit der doztigen Missioa in Verbindung geseßt und habe bei der Unterredung, die er gebabt habe, konstatiren fônnen, daß auch die Missionare selbst über diese Uebertreibung außer sh ge- rathen seien und erklärt hätten, daß an der Thatsahe von den fast leblos vom Schnaps berau?hten und in die Mission getragenen Kindern kein Wort wahr sei. Also man könne in dieser Richtung, glaubte er (Redner), sagen: Extra et intra peccatur! Es würden fowokl von den GBegnern des Branntweins, als auch von denen, welche die S{napseinfußr, wenn auch nur als ein nothwendiges Uebel, wollten, allerdings Berichte nad Europa ge\chickt, deren Richtigkeit man nit gänzli kontroliren könne und die oft von den Eindrücken atbängig seien, unter denen fie geschrieben würden Er habe bier ¿. B. einen Bericht des Reifenden Dr. Zintgraff vor ich, welcher autführe, wie ganz vershieden es sei, wenn man in einen solwen Ort komme, an welchem gerade ein Feiertag begangen werde oder ob das nicht der Fall sei, und jenachdem werde man, wenn man darüber Berichte erhebe, wie fich in diesem Ort der Branntweinkonsum stelle, zu einer sehr verschiedenen Meinung gelanzen, Dann glauke er (Redner) aber auch außerdem, daß man einen zu geiingen Werth dem Genuß der einheimischen beraushenden Getränke beilege. Gerade der Missionar. auf den bei Berathung des vorigen Gegenstandes der Abg. Stöcker aufmerksam gemacht habe, der Missionar Madckay, berichte, daß der Palmweingenuß in Ost-Afrika in fehr erheblichem Maße gestiegen sei, und daß die Wirkungen deéselben in so hohzm Grade |\chädli aeworden seien, daß es nothwendig werden würde, dagegen einzuschreiten. Es sei also nicht blofi der Imrort des europâishen oder deutschen Branntweins allein, der diese angeblihen Verheerungen anrihte. Ja, es gebe socar Reisende und Sagwkenner, welche behaupteten, daß durch die Einfuhr des Branntweins der früber übermäßige Genuß der ein- heimischen beraushenden und eben so \@ädlihen Getränke erheblich eingeschränkt worden sei. Aber möge dem nun sein, wie ihm wolle, die Kaiserlide Regierung sei nach wie vor ernstlich bemüht, so weit es irgend msalich sei, der Branntwecineinfuhr in ihren \{chädlichen Wirkungen entzegenzutreten. Das werde sich aber nicht auf einmal maben lassen, sondern es werde nur allmählich geschehen können, foweii nicht darurter der allgeincine Handel leide. Darauf, ob Déeuts&land Aderbau- oder Handelskolonien haben solle, wolle er bei dem Gegeastande, der hier zur Sprache stehe, ni&t eingehen. Aber das Eine stehe fest, daß Deuts&land nach dem Urtheil der beroorragendsten Sachverständigen aub der anderen betheiligten Nationen nit in eine Kolonialpolitik eintreten könne, wenn es auf einmal den Branntwein verbieten solle. Man könne tas eben nur sch{riitweise thun. Im Uebrigen glaube er, daß die Statistik, welche der Antragsteller gewünscht habe, um fest- zustellen, von welhem Ursprurgéort der Branntwein nach Afrika eingeführt werde, ri&ét bloß cine sehr mühevolle und kostspielige, fon- dern, wie er (Redner) fürchie, cine sehr unsfihere werden würde, sodaß der Abg. Stôcker vermittelst dieser zu dem bestimmten Urtheil, wel(es er wünse, niét gelangen würde.

Abg. Dr. Windtborfst: Gr theile die Anschauungen des Antrag- stellers auf diesem Gebiete rellftändig, meine aber do, der Reihs- tag babe keinen Anlaß, nah den Mittheilungen des Bundeskommifssars den Antrag so bald zu ecrncuero, Er (Redner) würde vorschlagen, mii Rülfsitt auf die heutigen Erklärungen des Kommissars über den Antrag zur Tagesordnung überzugehen :

Eine weitere Diskussion findet nicht statt.

Im Schlußwort erwidert

Abg. Stöcker dem Kommissar, daß sich téatsählih niht das

Geringfte in ten ärgerliwen Zuständen des west- und südwestafri-

. i 1

Ueberaang zur Tagesordnung zu beseitigen.

Geheimer Legations Rath Dr Kayser verweist darauf, daß | burg des Branntwein- |

eine erheblie Beschränkung oder gar l handels eine plöglihe Handelsiperre hervorzurufen geeignt fei

Gemäß dem Antrage Windthorst geht das Haus über den |

Antrag Stöcker zur motivirten Tagesordnung über. Damit ist die Tagesordnung ershöpft. Schluß 3, Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 1 Uzr.

Haus der Abgeordneten. 30. Sißung vom 11. Februar 1891. Der Sitzung wohnt der Finanz-Minister Dr. Miquel bei.

Auf der Tagesordnung sicht die zweite Berathung. |

des Einkommensteuergefeßes, . 1 giebt an, wer steuerpflihtig ift. dieses Paragraphen werden ohne Devatte angenommen. Die Nr. 4 welche lautet : Cinkommensteuerpflihtig find : 4) Aktiengesellshaften, Kommanditgefellshaften auf Aktien und

Nr. 1, 2 und 3 |

Berggewoerkschaften, welhe in Preußzn einen Siß haben, fowie diejenigen eingetragenen Genofsenshaften, deren Geschäftsbetrieb über den Kreis ihrer Mitglieder hinausgeßt. Konsumvereine mit off:nem Laden unterlizgen der Einkommensteuer. wird in Verbindung mit §8. 9 IIT dex Regierungsvorlage bezw. §8. 16 der Kommissionsbeshlü}sse berathen. Der leßtere lautet :

Als steuecpflihtiges Einkommen der im §. 1 Nr. 4 bezeich- neten Steuerpflichtigen gelten unbeschadet der Vorschrift im §8. 6 Nr. 1 die Uebershüsse, welche als Aktienzinsen oder Dividenden, gleihviel urter welher Benennung, unter die Mitglieder vertheilt werden, und zwar:

unter Hinzurehnung der zur Tilgung der Schulden oder des Grundkapitals, zur Verbesserung oder Geschäfiserweiterung, sowie zur Viidung von Reservefonds soweit solche niht bei den Ver- ficherungégesellshaften zur Rücklage für die VersiLerungssummen bestimmt find verwendeten Beträge,

jedoch nach Abzug von 3} °/o des Aktienkapitals. An Stelle des letzteren tritt bei cingetrazenen Genossenschaften die Summe der eingezabltea Geschäftsantheile der Mitglieder, bei Berggewerk- {aften das aus dem Erwerbépreise und den Koiten der Anlage und Einrichtung bezw. Ecroeiterung des Bergwerks fich zusammen fetzende Grundkapital oder, sowzit diese Kosten vor dem 1. April 1892 aufgewendet find, nah Wakßl der Pflichtigen der zwanzigfate Betrag der im Durschnitt der leßten vier Jahre vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes vertheilten Ausbeute,

Im Falle des §. 2b gilt als steuerpfliGiiges Einkommen der- jenigz Theil der vorbezei@neten Ueberschüsse, welcher auf den Ge- \châftsbetrieb in Preußen bezw. auf das Einkonmen aus preußischem Grundbesige entfällt.

Hierzu beantragt Abg. Broemel:

1) In §. 1 die Nr. 4 zu streichen; :

eventualiter in §. 1 Nr. 4 die Worte: „sowie diejenigen ein- getragenen Genossenschaften, deren Veschäftsbetrieb über den Kreis ihrer Mitglieder binaus8geht“ zu streichen; e

2) In §. 1 Nr. 4 die Worte: „Konsumvereine mit offenem Laden unterliegen der Einkomnersteuer“ zu streichen.

Abg. Simon (Waldenburg): :

Im §. 1 die Ne. 4 mit Ausnahme der Worte: „Konfum- vereine mit offenem Laden unterliegen der Einkommensteuer“ zu streichen. j

Für den Fall, daß im §. 1 die Nr. 4 bis auf die Worte : „Konsumvereine u, \. w.“ (cfr. Antrag ad 1) nit gestriden werden solltz, hinter dem Worte: „Aktiengeselis@aften“ einzuschalten die Worte: „auêgenommen Privateifenbabngesellshaften“ und den §. 16 zu streichen. :

Abg. von Tiedemann (Bomst): s

Am Schlusse des S8. 1 das Wort „jedenfalls“ hinzuzufügen.

Abg. Dr. von Achenbach: i

8. 16 Abs. 3 („jedoch" bis „Ausbeate“) zu streihen; an Stelle dessen Folgendes zu seten: i :

Demjenigen Steuerpflichtigen, welher nachweislih Aktien oder sonstige Antheile an den nach §. 1 Nr. 4 steuerpflihtigen Gefell» schaften wäbrend des ganzen, dem Veranlagung8jahre vorangebenden Steuerjahres eigenthümlih besessen und die auf dieses Jahr fallende Dividende bezw. Zinsen, Ausbeute oder sonstigen Gewinnantbeile bezogen und dieses bei der Deklaration auëdrüdcklih angegeben hat, wird der auf dieses Einkommen entfallende Antheil der Einkommen- steuer erstattet. A

Der Nachweis ift bei derjenigen Veranlagungskommission zu erbringen, in deren Bezirk die nah §. 1 Nr. 4 fsteuerpflichtige Ge- sellschaft ibren Siß hat. : ;

Für die Kommunalbesteuerung und für die Ausübung des Wahlrechts kommt die volle veranlagte Steuer ohne Abzug der er- statteten Steuerbeträge in Betracht.

Die näheren Bestimmungen, insbesondere über die Berechnung der zu erstattenden Steuecbeträze und die Erbringung des Nach- weises werdin von dem Finanz-Minister erlaffen.

Abg. Schmieding:

Im §. 16 Abs. 3 die Worte „jedoch“ bis „Ausbeute“ zu fireihen und im §8. 9T. alë Nr. 7 hinzuzufügen :

7) Diejenigen Dividenden und Zinsen, Ausbeutea und for ftigen Gewinnantheile von ausländisben Aktiengesellschaften, Kommandite gesellschaften auf Aftien, Berggewerkschaften und eingetragenen Ge- nossenschaften, welche nach §. 1 Nr, 4 bereits als Tbeil des Rein- gewinns dieser Gesellschaften und Genossenschaften zur Steuer berangezogen sind.

Dieser Abzug ift jedoch nur zuläißig, wenn der Steuerpflichtige dieses Cinkommen in der Steuererklärung unter gerauer M agibe feiner Herkunft auffükrt und der Veranlagungtskommission glaub- baft nachweist, daß er die den G:winn tragenden Papiere während des ganzen dem Veranlagungsjahre veorangehenden Steuerjahres eigenthümlich besessen hat.

Für das nah dem Maßitabe der Besteuerung geregelte Wayhl- und Stimmrecht für die Wablen in den Kommunral- und fonftigen öffentliGen Verbänden, sowie für die Wahlen zum Hause der Ab- geordneten bleitt das Gesammteinkemmen des Steuerpflichtigen maßgebend

Evertuell (im Falle der Ablehnung des

Im §. 1 die Nr. 4 zu streichen.

Abg. Dr. Enneccerus:

Dem S. 16 das Folgende als Abs, 3 hinzuzufügen :

„Bei Kommanditgesellshaften auf Aktien ift derjenige Theil der Ueberschüfe, welcher auf persö-lich haftende Gefellschaster ent- fällt und bei diesen zuc Steuer herangezogen wird, niht fteuer- pflichtig.“

Abg. Metzner:

In §. 1 Nr. 4 (vorleßte Zeile) binter dem Worte „Laden“ ein- zufügen die Worte „Magazin oder Lager“.

Abg. Pleߧ:

In §, 1 unter 4 die Worte „mit offenem Laden“ zu streichen.

Abg. Fu ch8 befürwortet den Antrag Meßner. Die Konsum- vereine seien sebr wobl im Stande, die Steuer zu bezahlen, Komme es do6 vor, daß die Beamten-Konsumvzreire aus den Ueberschüfsen aroße Feste veranstalieten, andererseits aber mabten sie den übrigen faufmännischen Geschäften große Konkurrenz, Es sei keine Verar- lassung, die Konsumvereine. welche keinen offznen Lz:den bâätter, fteuer- frei zu lassen. Ae diese Konsurnveccine ständen dex kaufmännischen Betrieben voll!iändig elei. Diez Konsumvereine seien weit eber in

den Antrages):

B 7anis@en Distrikts geändert habe, und bittet, seinen Antrag nicht durch | der Lage, eine folhe Steuer zu bezahlen, als der einzelne Des

\chäftêmann i:

Abg. Freiberc von Zedlig: Seine Freunde und: er würden alle Anträge ablehnen, welche auf eine Ecweiterung der Besteuerung der Konsumvereine abzielten. Die Hauptfrage sei, wie man der Deppel- besteuerung der Aktionäre vocbeugen köane. Man werde anerkennen können, daß dies bis zu einem acwifsen Srade auh in der Regie-

! runzsvorlage geïecche, indem die Möglichkeit gegeben sei, 35 %/o des | Aktien- und Stammfkapitals von

dem fteuerfähigen Einkommen ab- zuziehen. Dieser Abzug wirke aber sehr urgleihmäßig, je n2chdem die Aktie bo oder riedrig bewerthet si. Um diesem Uebelstand vorzu- beugen, habe scine Partei einen Antrag gestellt, der ledigli darauf ausgzhe, die Doppelbesteuerung in Bezuz auf die Staatsfteuec zu ver- hüten, Dieses Gesch besŒäftige sich mit der Kommunalsteuer nicht. Nai dieser Richtung eine Aenderung herbeizuführen, ltege keine Ver- anlassung vor. Der zweite Gesichtspunkt sei der, daß die Befteue- rung niht zum Vortheil für die Afktiengesellshaften werden müsse, jondern daf nur genau dem Afktienbesizer das erstatiet wecte, was er a conto seines Aftiznbesißes wirkli an Steuer bezahle. Seine Partei wolle, dafi voll veranlagt werde das ganze Einkommen, sowohl bei der Äftiengeselishaft als beim Aktionär. Sie wolle aber denjenigen Aktionären, welche cinen Besiß von Aktien ein ganz2s Jahr nachgewiesen und ihr Eirko:nmen aus diesem Besiy ordnungëmäßig dekiarirt hätten, einen Anspru auf Erstattung desjenigen Steuerbetrages geben, den

Fe aus ihrem Aktienbesiß gezahlt hätten. Dadurh werde vermieten, was bei dem \ Antrag Schmieding eintrete, daß ¿. B. Jemand, der 102 0009 M Einkommen babe und 50090 Æ an Aktieneinkoramen, nur mit dem Einkommen von 50 000 Æ besteuert werde, also auch dem niedrigeren Steuersaß unterliege. Der Antrag wolle aub das erroüns&te Ziel erreichen, daf folhe Personen, die im Wesentlichen ihr Kapital in Aktien anlezten, von der Börse und ihrem Treiben mögli ferngehaltin würden. Denn durch zu häufigen Besitßwæechsel der Aktien an der Börse würden sie des Rechts des Steuernawlafses verlustig gehen. Er hoffe, daß dieser Gesichtépunkt die Rechte des Hauses zu einer freundlihen Ans{auung über den Antrag seiner Partei führen werde. Er gebe zv, daß die Regierungsvorlage und der Kommifsions- beschluß einfaher seien als der Antrag seiner Freunde. Es möge Schwierigkeiten baben, den ständigen Besitz festzustellen. Dies werde viel Schreibwerk erfordern. Andererseits fei zu erwägen, daß der größte Theil des ständigen Aktienbesißes sich voraussi@tlih bei der Reichsbank, ihren Filialen und anderen Häusern befinden werde und also der Nachweis dieses ständigen Vesitzes sih leiht führen laffen werde. Mit einer praktishen Anweisung, die natürlich in diesem Ge'eßz nit gegeben werden fkönre, werde es leiht sei-, ctwaige Kom- plikationen zu vermeiden. Aber selbst wenn diese eintreten follten, so würde dies Bedenken, gegenüber den Vortheilen des Antrages seiner Partei, eine Dovpelbesteuerung zu vermeiden, in den Hintergrund treten müssen. (Beifall rechts.)

Abg. Simon (Waldenburg): Die bedenklihste Bestimmung des ganzen Gesetzes sei die besondere Besteuerung der Aktiengesellschaften, und tollte diese bestehen bleiben, werde er vielleitt gegen tas ganze Geseh stimmen müssen. Nicht nur eine Doppelbefteuerung, sondern eine drei- und vierfache Besteuerung werde dadur eingefübrt. Da bisher in Preußen eine Besteuerung der Aktiengesellshaftea nit statt- gefunden habe, babe man fich auf andere deuische Länder berufen. In dem näht Preußer größten deutshen Bundesstaate, in Bayern, bestehe aber eine Aktienbesteuerung nit, und in den Staaten, wo sie bestehe, bestehe wiederum keine Gewerbesteuer. In Hessen, Sachsen- Weimar, Bremen, in Oesterrei und England werde die Doppel- besteuerung dadur@ vermieden, daß der einzelne Aktionär das Ret babe, von seinem fieuerpflidtigen Einkommen das abziehen zu laffen, was er bereits bei der Aktiengesellschafi besteuert habe. Diese Praxis liege den Anträgen S{bmieding und Achenbach zu Gcunde. Werde eine neue Aktiengesellschaft gegründet, so hätten die Akticnâre außer ihrem im Anfange doch immer sehr großen Risiko sofort noch eine wiederholte Besteuerung des eingelegten Kapitals zu tragen. In einer Zeit, wo man die Doppelbesteuerung des Grund und Bodens abzuschaffen bemüht sei durch Ueberweisung der Grund- und Gebäudesteuer an die Kommunen, nehme fi die Einführung einer Doppelbesteuerung auf anderem Gebiete sehr seltsam aus. Denn eine Doppelbesteuerung liege do obne Zweifel vor, wenn Jemand ein Einzelunternekmen mit cinem Kapital von einer Million in eine Afktiengesell\chaft mit vielleicht zwei Billionen Kapital verwandele und nun für nahezu ¿wei Millionen die besondere Steuer zu entrihten habe, während vorber nur die eine Million in seinem Einkommen getroffen worden sei. Besonders \{chwer müsse die Steuer au bei den sogenarnten Familiengründungen fallen, die nur deshalb in Aktiengesellschaften verwandelt worden seien, um allen Familiengliedern eine gleiche Be- theiligung zu sihecrn und bei denen feine Uftie an die Börse ge- kommen fei Die Doppelbesteuerung sei au evident in dem Falle, wo eine Gesellschaft von einer anderen, etwa einer Bank, übernommen werde. Die Folge einer so unçerechten Besteuerung werde sein, daß 2s noch immer nit überreihe deutshe Kapital ih fortwende und daß englisches Kapital sich ausdbeutend cindränze. Daraus, daß Aktiengesellschaften juriftishe Personen seicn, könne man doch nie und nimmer eine besondere Steuer auf ße recht- fertigen; das Einkommen gehe do stets auf Einzel- personen über end die Gesellschaft habe kein besonderes Ein- kommen, Auch in der Kommunalbesteuerung sei eine besondere Steuer auf die Aktiengesellschaft sachlich nit zu rechtfertigen, doch hier könnten die Theilnehmer wenigstens außerhalb der Kommune wobnen, Wenn das bei den Aktiengesell\chaften angelegte ausländische Kapital ein Grund für eine besondere Besteuerung der Gesell- schaften sein solle, so sei bis jet ein solches nur in verbältnißmäßig geringem Maße bei unseren Géejellshaften angelegt. Wäre es aber in weiterem Maße der Fall, so wäre das Angesichts unserer Kavital- armuth cin Vorzug, und es sei immer besser, das fremde Kapital für unsere Industrie heranzuziehen, als für unsere Staatsanleihen. Unsere Privat - Eisenbahngesellscaften seien {on durch die Eifen- babnabgabe belastet, die man 1838 eingeführt habe, um einer Benactheiligung des Staats vorzubeugen. Heute sei aber der Staatseisenbahn - Betrieb der \{chwerste Konkurrent der Privatbahnen, und eine neue Belastung dieser würde die größte Ungerechtigkeit sein. Die beftrentirende Privatbahn, die Lübeck - Bücvener, zahle heute 8,13 9% Eifenbabnabgabe, und nach dem vorliegenden Gese würde sie noch 4 °/5 zahlen müssen, sodaß diese Bahn bald nicht mehr die Unterstüßung des Kapitals finden würde. In der Eisenbahnabgabe liege \{on ein völlig ausreiherdes Entgelt für das Privilegium, und das dius an Steuer sei in keiner Weise zu re&tfertizen. Die Regierung abe sh bei diesem Geseß bemübt, jedes fiskalishe Blümcen, das am Wege stebe, sorgfältig zu pflücken, aber die in der Gesetzgebung anderer Staaten zuläsfigen Ausnahmen habe sie unbeabtet gelaffen. Solle wicklich tiefes Gesez die Inschrift „Gerechtigkeit“ tragen, so môge man seinen Prinzipalantrag annehmen, oder, wenn man diescs nicht wolle, so möge man wenigstens die Privat - Eisenbahn- gesellshaften von der verhängnißvollen Dovppelbesteuerung befreien (Beifall bei den Nationalliberalen.)

Abg. Freiherr von Hammerstein: Der Akg. Simon babe an einzelnen Fällen zu beweisen versui, daß eine Besteuerung der Aktien- gefellshaften u: gerecht wirken könne. Man könne aber unmögli ein Geseß auf der Grundlage einzelner Fälle aufbauen. Ein Steuer- system müsse aus den Verbältniffen herauëswachsen, die fh hbistorish entwidelt hätten, wenn es dem Volksbewußtsein entsprechen foll Man könne ni&t ledigli nach dem Muster anderer Staaten ve fahren. Der Abg. Simon habe auf die Doppelbesteuerung d Grundbesitzes hingewiesen. Wern man dem Grundbesitz das Recht gâbe, die Schulden abzuziehen und 349% fteuerfrei zu laßen, werde kein Grundbesißer mehr üker Doppelibesteuerung klagen. (Sehr rivtig! rechts.) Er verneine die Frage, ob eine Doppel- besteuerung der Aktiengesellschaften eintreten werde. Die Aktien- geïcllschaften ständen unter ftaatlitem Schuy, und deien Kapital habe eine viel grêfiere Erwerbskcaft, als das Kapital in Privat- bänder. Die Durtfschrittsdividende der im „Reis- Anzeiger“ ihre Bilanzen reröffentlihenden Akltiengefellsck@aften betrage 9,91 9%/o. Eine sol@e Verzinsung kônne das Privatkapital * niemals erreichen. Dann lasse man auch nov 3# °% steuerfrei. Es liege also keine Doppelbesteuecung vor, sondern eine Besteuerung der der Bktiengesellsc;afi eigenthümli® innerwobnenden Erwerbskraft. Diese Maßregel werde sozial unzweifelhafi günstig wirken. Die großen Einzelunterne:mer kämen bei Strikes mit thren Arbeitern weit eher in Frieden aus, als die unversöhnliczen Aktiengesellschaften, welche durch einen Dircktor mit den Arbeitern verhandelten. Die Form der Aktiengesellschaft sei ¿war von großer Sedeutung und nicht zu ent- beb:cen, aber sie diene immer mehr dazu, nit große, sondern fleine Aktiergesellshaften zu gründen. Das Grundkapital vermindere sich immer mehr, vnd diese Entwickelung tei nivt nur antisozial, sondern au unwirth|chaftlich. Man veclocke die kleinen Leute zu häufig unnöthigen Gründungen, welche naher, wie z. B. die Hut- fabrifation in Guben, verkrahten. Die kleinen Leute könnten die Verhältnisse nicht prüfen und gingen mit gebundenen Augen heran. Es fônne niht die Absi@t sein, diese Tendenz zu fördern. Man bemühe sich zwar, die Härten in der Besteuerung der Uktien- gesellihaften möglichst zu mildern, es sci jedoch noch fein einziger, wirflih gangbarer Weg vorgeshlagen. Der Antrag Achenba habe zwar manche Vorzüge vor den anderen, aber es könne dana oft vor- kommen, daß ein Censit, dessen Einkommen nur aus Dioidenden bestehe, überhaupt niht zur Einkommensteuer herangezogen werte Aus politishen Gründen stimme er daher gegen den Antrag Achenbach.

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Abg Broemel: Der Fall, das Xemarnd sein Einkommen nur aus Dividenden beziehe und daher nit besteuert werden könne, fet am Allerwenizsten für eine Entscheidung der Fraze na allgemeinen Regeln geeignet. Die Ansicbt, daf das Aktienkapitai eine größere Erwezrbsfkcaft besitze als das Pcivatkapita!, sei ein ciacnes Dina An- gesicts der Thatsace, daß neben den größten Barkinftituten eine Reibe Privatbanfbäuser bestehe, wzlch? mit eten soidem Kapital arbeiteten und einen glei@en Gescäftsumfang erzielten wie die Aftienbanken. Der Hinweis auf die Dur{scnitisrente der Aktienzefellshaften beweise Nichts, weil es an Material feble, die Rentabilität des Privatkapitals in Form einer Durhschnittsrente zu berehnzn, Die Mittheilungen im „Reiché-Anzeiger“ seien aub nit für die Aktiengesellschaften in Preußen allein, fordern im canzezn Reih berechnet und träfen z. B. für die Bergwerkêgenofsen!Laften ibt zu. Allerdings sei di Form d.r Aktiengesellscafti bei uns sebr weit ausgedehnt, aber se ermöglihe, wenn sie auch mancherlei Nachtheile zur Folge haben kônne, gerade die Betheiligung des fle:neren Kapitals an rentaktlen Unternebmiungen, welche sonst vieileibt unausgeführt blieben, Die Frage der Nüßlichkeit der Akti-ngesellshaften si aber am Wenigüten bei einer Steuervorlage zu entscheiden. Durch die Regierungêvorlage gehe cine gewisse theoretis&e Abneigung gegen die Aktiengesell- haften. Bedürfe es bier einer Verbesserung, fo müsse man die Redhts- normen für den gesells{haftlihen Be:tries ändern. Die Anreaungen ¿s Abg. Hammather in dieser Beziehung würden ja auc s&on von der Reichsregierung erwogen. Mane Theile des MNReingzwinn:s der Aktiengesellschaften, nämlih die, welche ia die Reservefonds flöfsen oder zur Abtragung von Schulden benu i ; j 3 Ginkommen anzuseben sein, aber das g Dividenden, welche die Vorlage au be gar fein Einkommen der Gesell! haft dar, die Aktiengesellschaft abtrage. Eine Best-uerung der Dividenden würde steuerung der Schulden der Gesellsba*t sein ie B Kommunalbefsteuerung und auf die anderer ch zu. In anderen Staaten habe man zur Mi der Befieuerung die Wege cing- und AtSenbach gewährten. Es Charakter der Zinsen und Dividenden der Rechnung zu tragen, daß man fe bei den Aktieng lafse und bei denen zur Steuer beranziebe, wo sie fommen bildeten. Der Grund der Bequem!lickeit möôge bei dem bisberigen Einshäßungssyftem dur sein, aber nicht mehr bei dem neuen, da28 j solle. Eine mehrfahe Besteuerung werde 1 wenn eine Akiiengesellschaft selbt Aktien ei z. B. chemishe Fabriken Aktien einer S besäßen. Unter den Anträgen sei der de der beste. Von Siéiten seiner Partei vorges4lagen werden sollen, und der bâtten bereits cinen Antrag vorbereitet. Bor- theil des Antrags Atentach sei, daß e Bestimmung über Einzelheiten dem Finanz-Minister überlasse. Aus dem “Antrage Fuchs leute die alte Feindschaft gegen die Konsumvereine ber- vor. Es fehle nur noch, daß man ein Gesey mate, daß jeder Deutscher verpflichtet sei, alle seine Bedarfsartikel lediglid ven Privatgewerbetrcibenden zu kaufen. Der Untershied zwischen solchen Konsumbvereinen,wele nur an ihre Mitglieder verkauften, und solchen, die au an Nichtmitglieder verkauften, sei praktis undurchfühbrbar. Diese Grenzbestinmung könne nur im Irteresse der privaten Ge- werbetreibenden fein, denen daran liege, anderen Menschen das Leben sauer zu machen. Von einer Besteuerung der Kasinos aber, welche sehr bâäufig alierlei Luxusmittel, wie Wein, gemeinsam einkauften und nabber diese Artikel im Einzelnen an die Mitglieder abgäben, ohne daß eine genaue Kontrole bis in die alleräaßerste Grenze zu üben sei, ob von dem Wein au Mitglieder Vortheil hâtten oder nicht, sei hier keine Rede. Diese Angriffe der Klein- gewerbtreibenden gegen die Genossenschaften zeigten, von welhen We- fahren die Freiheit des Zwischenhandels bedroht sci, und er könne für die Freiheit des Kleinbandels nihts Nachtheiligeres finden, als wenn die Herren immer wieder darauf ausginger, si{h in irgend etner Weise eine privilegirte Stellung zu verschaffen. Es sei niht Auf- gabe der Geseßgebung, dem Betriebe der Genossenschaften dur eine hemmende Steuerlast bestimmte Grenzen zu ziehen. Unsere Gesetz- gebung babe die Rechtênormen für die Genossenschaft festgestelit, und zwar wahrs{einli% niht in einem übertciebenen Wohlwollen ; innerbalb dieser Rehtsnormen sollte au die freie Bewegunz der Genoffenschaften nicht verkümmert werden, Insbesondere die Pro- duktivzenofsenscwaften der kleinen Handwerker und Kapitaliften sollten am Wenigsten ein Objekt für eine Doppelbestzuerung sein. Seine Partei empfeble pcinzipaliier, die ganze Doppelbefteuerung abzulehnen, eventuell wenigstens ekflatante Verletzungen der Gerechtig- keit zu vermeiden, welhe in der Besteuerung der Attiengesell- schaften und Genossenschaften bier vorliegen. (Beifall links.)

Abg. Freiberr von Huene: Er sei ein eâitshicdener Freund der Genossenschaften; er habe selbst mehrere gegründet urd sei bei der Leitung derselben betheiligt. Aber er glaute, man babe die Ver- vflihtung, gegenüber den nit zu den Genossenschaften gehörenden Handwerkern und Gewerbetreibenden, den Genofsenshaften kein Privilegium zu geben, sondern fie in der Besteuerung nah Möglich- keit dem kleinen Gewerbetreibernd-n gleihzustellen, Gegenüber den großen Genoffenschaften würde Mitleid wenig am Plate sein, und die kieinen Genecfsenschaften könnten die paar Mark ebenso gut be- zahlen, wie die Handwerker. Es handele fch bier gar nibt um eine Doppelbesteuerung, fondern der Gewerbebetrieb werde besteuert und die Steuer gehe vom Sewirn der Genofsenshafi ab. Aus diesen Gründen ewpfeble er den Antrag Meßner. Den Antrag Pleß dagegen bitte er als ¿zu weit gehend abzulehnen. Vuf die Besteuerung der Aktiengesell- shaftea geh: er nit näher ein und überlasse es dem Finanz“ Minister, die Voriage gegen den Vorwurf der Begebrlichkeit in S{ußz zu nebmen. Das Bestreben des Antrazes Achenbab, eine Vermitte- l der divergirenden Anschauungen herbeizuführen, sei ia an L

gerade er werde crhebliwe Verschiedendeiten in lung bervorbringen. Bei der Schwierigkeit für ge J

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e erforderlichen Nachweise zu erbringen, werde wesentli nur den großen Aktiengefell; aften

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zuer doppelt zablen. Außerdem wie wunderbar, eine Steuer erst T einen Theil davon z¿urückzuzablen! Ec gratulire gunaëtommission, welche die Correspondenz init dem en haben würde, um zu prüfen, ob wirklih Jemand ie Aktie besißze, welhe als {on besteuert bei der rieben werden solle. Ec glaube, dieser Vorschlag sei ganz er Vorschlag der Regierung möze ja manche Härten besserung der Kommission sei er aver der einzig lange werde denn thatsählich die Doppelbesteue- auern i im nächsten Jahre werde die Belastung der Aktien im L zum Ausdruck kommen, und wer später die Aktien faufe, kaufe sie mit der Last der Steuer, und von Doppelbefsteuerung sei keine Rede mebr. Die Grunditeuer könne man hier gar nit in Vergleich stellen. Sie sei eine Bruttosteuer, welhe mit der Netto- steuer aus dem Eirkommen aus Aktien gar nihts gemein habe. Er bitte, den Komnmissionsvorshlag unverändert anzunehmen. {Beifall im Centrum )

Abg. von Czarlinski: Er habe Bedenken gegen eine Be- steuerung der Genoffenschaften, welche wirthschaftliche Nawtheile mit si bringe, namentlich auch für die große Zahl der landwirthschaft- lihen Genossenschafien. Die Polen würden besondere Anträge nit stellen, sondern solche Anträge von anderer Seite unterstüßen, welche ihren Bedenken Rechnung trügen.

Abg. Dr. Enneccerus: Er halte die Besteuerung der Kon- sumvercine mit offenem Laden für angebract. er fleine Kaufmann und Gewerbetreibende werde zur Einkommen- und Gewerbesteuer herangezogen, und da fönne man doch nidt seinen gefährlichen Konkurrenten, den Konsumverein, freilafsen, Gerade die große Zahl der Mitglieder der Konfumvereine werde auch die Doppel-

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besteuerung, wenn man von einer solchen spreben wolle, wenizer fühlbar machen, da die Steuer 1ch auf die verschiedenen Mitglieder verthcile. Wenn es auh riDtig sei, daß niùt jeder Konsumverein mit offenem Laden seine Thätigkeit über seine Mitglieder hinaus erweitern werde, so thäâten es doch thatsThlih die meisten s{on heute und gingen über das durch Reich8gesetz- gebung feitgelegte Maß binaus. Daß auch die Vereine mit Magazinen und Wgern herange:ogen würden, seine ihm nit wesentlid, aber für den noch weiter gebenden Antrag Plefsi könne er sich niht erklären. Selbst der Abg. von Haminerstein habe materiell zugegeben, daß bei den Aftiengesell!{aften eine Doppel- besteuerung eingeführt werden würde. Nan werde, wirthschaftlich ge- nommen, doch immer nur für die einzelnen Aktionäre gewonnen. Und man föônne die Aktiengesellshaften nit anders, wie andere wirihscaftlihe Subjekte behandeln. Die Dividenden seien nichts weiter als Zinszahlungen an die Gläubiger der Aktiengefell? haften. Wenn gesagt sei, daß, da Aktiengefellshaften und Aktionäre si als Gläubiger und Schuldner gegenüberständen, aub beide bestzuert werden müßten, so sei dabei . vergessen, daß in anderen Fâllen überall die Shulden abgezogen würden. Allenfalls könne man nach dieser Auffassung noch die Rücklazen und den MReserve- fonds zu einer besonderen Steuer heranziehen, ni6t aber die Dividende. Der freigelassene Kapitalbetrag von 32% set ein ganz verschiedener Theil, wenn z. B, eine Aktie mit 500 oder gar 1090 getauft sei, die im Aus8gabecours nur 109 betraze. Nun tneine man, der Cours der Aktien werde alsbald von der Steuer be- einflust werden. Dann fei aber die Ungerechtigkeit noch größer, indem eine einmalige Kapitalsabziehung bei Dem stattfinde, der die Aftie später veräußere. Noch größer sei die Ungerechtig- feit bei den Kommanditgesellshaften auf Aftien, wo der Haftende sein ganzes Vermögen direkt zweimal versteuern müfse. Oft venige er außer diesem Kommanditvermögen auch noch Aktien, und diese müsse er gleichfalls doppelt besteuern, Eine solche eklatante Angeredtigfeit dürfe man nit einführen. Wenn das Haus also die

AŸhenbach und Schmieding nit annehme, so bitte er es,

seinem Antrage zuzustimmen.

erren! Jch glaube dem hohen Hause [hon vert , indem der weitere Fortgang der Diskussion dadur rf Was die Haupitfrage betrifft, ob in der Besteuerung fellihaften und der Übrigen, in dem Gesegentwurf be- tien Personen eine unzulässige Doppelbesteuerung Z 5t erft neu eingeführt werde und daher umso veroerflicher sei, oder niét, so kann id mich in dieser Beziehung auf meine mehr- faben Aezkerungen sowobl bei der Generaldebatte als in der Kom- mission im Wesentlichen bezichen. Ich kann ader do nihht unter- lassen, mit Rücksiht auf die Vegengründe, die namentlich die Hrren. Simon und Broemel hier wieder vom prinziptellen Standpunkt aus auêgeführt haben, eine kleine Nachlese zu halten.

Meine Herren, niemand kann leugnen, daß die Aktien die Kommanditgesellshaft auf Aktien, die Genossen\sWaft, die

haft eine selbtändige juristish: Person ift, unterschieden von pbysishen Person der Aktionäre. Man sagt aber: das ist doch bloß eine juristische Quisguilie, das hat für die Frage der BereHhtigung der Besteuerung keine Bedeutung, denn da können erft die eigentlich wirthshaftlihen Gesihtêpunkte entscheiden, und in rein wirth\ch{aft- lidem Sinne ist das Eigenthum der Afktiengesellschaft kein Gigenthum, sondern gehört von vornherein dem Aktionär.

Meine Herren, der Hr. Abg. Simon hat ein Beispiel gewählt, welches mir gerade sehr gut zur Hand ist. Er sagt: ih habe es do {ließli lieber, wenn das auswärtige Kapital scin Geld anlegt in deutshen gewerblihen Unternehmungen, als in preußishen oder deutshen Konsols und Staatsgläubiger wird. Ih will nun auf die Frage, was uns wünschen8werther ift, nit eingehen, wir wollen uns aber einmal diesen auswärtigen A*tionär betrahten. Wenn Mann im Auslande icohnt, f Kapital in einer inländischer Aktiengesellshaft anlegt, diefe Aktiengesellshaft einen betrieb hat, so ift der Aktionär selbft kein Gewerbetreibender. Als folcher hat er kein Einkommen aus deutschem Gewerbebetrieb, als \solcher ift er frei, als Aktionär zahlt ex aber auhch nift, denn die Aktiengesellschaft ist auc vor 1mnenfteuer frei.

Meine Herren, ih werde hizrvei stehen bleiben und Ihnen die Konsequenzen zeigen. Wenn beute cin großes magnatishes Gut vers wandelt wird in eine Aktiengesellshaft, so bört ohne die Möglichkeit, die Aktiengesellshafi und das Einkomme: derselben heranzuziehen, dec 8. 2 unseres E esetzentwurfs, welcher betimmt, d hne Nücksiht auf Staatëangehörigfkeit, Wohnsig oder Aufenthalt der Einkommen- steuer unterliegen alle Einnabmen aus preußischem Grundbesiß oder aus preußishen Gewecbe- und Handelsaniazen oder fonstigea gewerb- lihen Betriebsstätten, auf, und wenn die früheren Inhaber über die Grenze ziehen und ihren Wohnsig in Dresden nehmen, dann bekommt der preußishe Staat von dem gewe:blichen oder Einkommen aus Grundbesig, welches diese Personzn fcüher versteuern mußten, hätten versteuern müssen, so lange sie si bier aufhielien, ob sie nun In- länder oder Ausländer sind, auch nicht einen einzigen Pfennig mehr. (Sehr richtig !)

Meine Herren, es ist so viel von dem Fall de: Familienaktien die Rede gewesen. Siellen Sie si mal vor, daß ein großer gewerb- liver Betrieb von zw:i Brüdern, in Preußen wohnhaft, etwa in Wiesbaden geführt wird. Jeßt verwandeln diese beiden Herren dér

, wie man sagt, ißr gemeinschaftilibes Eigene tbum in eine Aktiengesellschaft und ziehen über die Grenze, so- wird aus dem ganzen Gewerbebetrieb und dem Einkommen, wels daraus relevirt, der preußisde Staat auß nit einen Pfennig mehr genießen

Jh führe dies nur an, um zu zeigen, daß in dem heutizea vêr- widelten Verkebrsleben, wclches so viele Nothbehelfe und Schluyf-

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winkel bietet, es sehr bedenklich ist, eine bestimmte Erwerbsform, eine erwerbende Person, eine vhvysische Persoa oder eine juristische Person von vornhecein freizulassen, Man wird das Gewicht. -doh immer entscheidend darauf legen: iff das eine Péèrsón, die aus gewerblien Unternehmunzen that\ätlih Einkommen bezieht, und dann wird man si erft fragzn müssen: ift es nun un- bedinat nothwendig, diejenige Persox, auf welche das von der Aktien- gesellschaft erworbene Einkommen demnäbst übergeht, fceizulassen? Meine Herren, es hat der Hr. Aba. Simon gesagt, diese ganze Sache wäre nur aus der fisfalishen Begehrlihkeit hervorgegangen; er bat gesagt, der Entwurf habe überhaupt sorgfältig jedes Blumen, welches im fiskalischen Garten blühe, gepflückt, aber an vielen Erleih- terungen, die andere Geseßentwürfe hätten, sei er glücklich vorbei- gegangen, Nun, «meine Herren, wenn Sie unsferea Entrourf mit den Einkommensteuergesezen in ganz Deutschland vergleichen, so werden Sie kaum irgend einen fiaden, der folde Milderungen hätte wie der vorliegende auch {on in der Regierunzsvorlage, gesckweige denn jeßt