1891 / 43 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 18 Feb 1891 18:00:01 GMT) scan diff

\heinli&e Annahme tft aub für die vorliegende fkleine StichvproLe vollkommen zu. Die Veränderung der wirk- lien Belastung dagegen beeinflußten Erbgana end Kauf ganz vcr- schieden Bei den Vererbungen nämlich lichen die neuen Ueber- nehmer nuc 12 584 Æ löschen, dagegen 72015 Æ neu €irtragen, sodaß die Verschuldung damit auf das 28,88 fache des Grundftever- reinectrages, also annähernd um das Doppelte stieg. Bei den Ver- Fäâufen dagegen wurden 20339 Æ gelöst und 20 125 4 reu etn- getragen, so daß die Belastung si bier fast glei blieb. Während mithin der Besitzwechsel unter Lebenden den ziemlich boch vershuldeten Grundstücken cine nennenswerthe Entlastung niht brate, ist dur Erbgang eine fehr beträchtli&e Mehrversuldung cingetreten. Dabei ist freilid zu berüdsihtiaecn, daß durH Erbgang, namentli% dur Erbicaften der Frau, die Grurdbesiter zu anderer Zeit auch wieder zu Löschungen von Hyvotheken befähigt werden, sodaß die Mebr- belastung dur Erbgang im Ganzen nit fo groß fein wird, wie Ne im Augenkbiicke des Besitwecksels erscheint. f , Zur Vergleichung sei hier noh bemerkt, daß nad den Ermitte- lungen für das Landeé-Ockoromie-Kollegium im Fahre 1882 in

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42 Amtsgerichtsbezirken des Staats die bu@máäßige Verschuldung des Grundbesißes mit 1500 Æ und mebr Grundfteuerreinertrag 28,1 mal des Besitzes von 300 bis 15790 Æ Reinertrag 18 mal, detjentgen von 90 bis 300 M 18,9 mal und endli des noch geringeren Besize 46,2 mai fo groß war als der Grundsteuerreinertrag eines Jahres. Nachlaëregulirungen landwirthswaftliher Grundbesißer baben im Bcrichtsjaßhre nur 9 stattgefunden, wobet 196,2 ha mit 1604 A Grundfsteuerreinertrag betheiligt waren. Der Werth der Nacblafarundstücke war bei der Regulirung im Ganzen auf 95 812 #6 dem 59,73faden des Grundsteuerreinertrages argenommen, währen ihre wirkliche Realvers@ultung si auf 42616 4, also das 26,5(fcMe desselben bezifferte. Da die Werthe bei Nackaßregulirurgen met webl als solze „unter Brüdern* übliche anzuschen fein wer den Kaufwerth der Grundstücke nit ganz errciLen, fo wird die He verschuldung etwa auf 25 des Kaufwerthe® g werden dürfen. An beweglihem Vermögen kinterließen die Ecbia 9468 MÆ, da- gegen aber au 12 048,8 4 aa Perfonals{ulden, | tie letterez f auf mehr als ein Viertel der Realichulden beliefen. Grundbesitz, als der Erhebungébezirk ihn bietet das den Nachweisungen betheiligie Grundstück umfsatt 61,8 532,44 4 Grundsteuerreinertrag —, wird eine verbälini hobe Perfonalvershuldung, der lei§teren Beschaffung kredits im Großgrundbesiy wegen, wohl nur felten können. Jedenfalls spriht auc unser Beispiel dafür, daß Ì \(@uldungéstatistik, die nur die reale Belastung in Betract zieht, für den kleineren Grundbesiß immer ein rerhäitntßmäßig zu gunsttges Bild ergeben wird. E Er wenig di:se E _wie {on bemerkt, ohne Weitere irgend eine Verallgemeinerung gefiatten, fo zeigen sie immerdin, mi wie wenig Mühe das uns cingesandte Zifferwerk umfaßt ïaum fünf geschriebene Seiten -——- si für einen einzelnen Amtégerichtébezirk

umfassende und zuverlässige Aufs@l!üfe über die Vermözen8iage des ländlihen Grundbesiges gewinnen lassen, und wie leit sih eine Be- reiherung unserer aligemeinen Kenutriß darüber crreicwen ließe. wenn der dankenswerthe Versu, dessen Ergebnisse wir, nach der „Statift. Gerr.*, mitgetheilt haben, wöglist zahlreiche Nachfolger fände. Zür Lage ver Sani Ga In Folge der reichlichen Ernte, verbunden mit zufri:denstellenden Frudtpreîîen und sehr hohen Vichpreisea, befindet ih die Land- irthschaft ia dem Aacener Beziik in einer günstigen Lage. Auch

zeigen die dortigen Frucht- und die Oelmühlen einen flotten Betrieb,

wäbrend tie Breanereien über einen Rückgang des Konsums seit dem Fnfra?itceten der neuen Branntweinsteuergeseye klagen. :

Den boben Viebpreisen entsprechend hat s der Viebhandel ret lcbhaft gestaltet. Auch der Pferdehandel war bei guten Preisen belcht. Ein großer Pferdemarkt, der jüngst im Kreise Jülich abge- holten wurde, war zum ersten Mal auch von Käufern aus Belgien besucht, welche auf bessere Pferte Käufe abshlofsen.

Der Neubau des Oder-Spree-Kanals / ist sorccit gefördect, daß der Bau der drei großen S{leusen bei Fürstenberg, sowie die Erdarbeiten auf der Strecke von Mülirose bis zur Oder bei Fürstenberg bis auf einige unbedeutende Nacarbeiten vollständig beendet sind, sodaß, nahdem bereiis im Juli 1889 die erste Strecke vom Seddiner-Sec bis Fürstenwalde dem öffentlichen Verkehr überzeben werden fonnte, im November 1890 die volil- ständige Wasserverbindung von der Oder -ei Fürstenberg über Müll- rose und Fürstenwalde nach dem Seddiner-See beziehungéroet}e Kövenick und Berlin bergestelt war. Die amtlide Eröffnung der gesammten Kanalftrecke tann jedo erst zum 1, Mai 1891 erfoigen, tbeiis um die noch eforderlihen C i bei Fürstenberg obne Stöôcung dur den Si sbetri= aufführen zu Fönner, theils weil die Erbauung des fwerks bei Neu- aus, weiches für die Speisung : wasterarmen ¡ien in Autsficht genommen it, ert 1 et sein reird.

ie Bauausführung selbst war in verschiede Beziehung nit ohne 4wierigfeiten; vor Allem ha?! es viele D ten verursai, dem Kanaltette, weldbes auf schr große Strecken dur scharftêrnigen, : fer durhlässizen Sand geführt werden mußte, die erforderliche Di zu vershaffen. E war daber bei der Ausführung unver-

arfängli® cinige Uawohner durch Quellwa}ser und inaten hoben &rundwafserstand mehr oder weniger ge-

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: dieser reuen Wasserve: bindung ist für den Handel cen eine besonders wichtige, als es dur die größeren leufsen und Brüdcken ie größere Tiefe des Fahrzeugen bis zu ) (Gtr. Tragfäbiakeit a Breélau bezw. Oberschlesien nah der Mark amburg zu gelangen, was früher wegen der zu r Bauwerke und der z1 geringen Wassertiefe rbindungen zwishen Otter und Spree, dem

d:m Finow-Kanak, nicht mögli war. fern 890 die Kanalisirung der Untersprce von in bis Spandau, und die Verbreiterung und Vertiefung des rew-Parcter Kanals, sowie die Stromregulirung der unteren vel von Plaue bié Hartelberg fertig gesteüt worden, odaß auth die iffabct in abwärts bis Magdeburg bezw. Hamburg

r eine wesertlice Verbesserung erfahren bat. e luf dem Oder-Spree-Kanal wurden umfafsende Ve:sa®e an- î it es mali und iweckmäßig sein würde, diz Fort- è Fanälen vom Lande aus durch Scilbetrieb der dure Lokfomotiviug zu bewirken. Diez dur : fortgesetzten Versuche, welche in erster Linie mit n in ter Ausführung begr:fffenen Dortmund Emxêck-Kanal

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faben zwar zu einem endgültigen Abîciu"e nos

nit gcführt, jedoch son so viel ergzben, daß Lie Zweckmäßig- keit dizscr mecantichen Forttewegung befcrders für großere Kanal- sireckden fkeineiwegs ausge!chlossen erscheint, sür die Wasserstrazen des Regierungébetirks Potédam der örtlichen Berhältniste wegen mit Vortheil aber 1.icht anwendbar ist. Bei dieser Veranlassung ist jedo _in An- regung gebracht, zurähst für ten Finow-Kanal einen Entwurf zu be: arbeiten, bei welhem die Fortbewegurg vermittels cleftrisher Kraft zur Unwendung fommen foll.

Hülfe bei Betriebsunfällen. i cr Fabrifantenverein zu Spremberg kat zur Beseitigung des Ucbelstandés, taß es Lei Betriebéunfällen an sachkundiger Hülfe feble, Kurse eingericht:t, in welchen geeignete Werkführer und Arbeiter Seitens cincs Arztes für die erste Hüifeleistung bei Unfällen auegebildet worden find. Nachtem sich gezeigt, Laß die Theilnebmer aa den Uebungen dem Un- terridte mit vidcn Interefie gefolgt sird und in verbáitnißmäßig furzer Zeit diejenigen Kenntrifse erworben baben, welWe erforderlich find, um bei Verletzungen {nelle Hülfe leisten zu tôönnen, ist Seitens der Bekbörden die Aufmerksamkeit au der übrigen Fabcikanten-Vereine

des Regierungsbezirks Frankfurt auf diese ebenso zweckmäfige als bumane Einrichtung gelenkt worden.

Zur Volkszäblung. E

Im Regierungsbezirk Köln liegen zwar die endgültigen Ergeb- viffse der am 1. Dezember 1890 ftattgehabten Volks:äblung nech nit vorz doch sind bercits die vorläufigen Ergebnisse für die Stadt Köln und deren Vororte 1nd den Kreis Mülhcim a. Rbein bekannt ge- worden. Die Zaktl der ortéanwesenden Bevölkerung betrug am Tage der Zäblung füc ganz Köln 280206 Seelen, während G am 1. Dezember 1885 die Bevölkerungéziffer auf 939 437 belief. Demnach betrug ter Vevölkcrungszuwachs während der fünf Jahre vom 1. Dezember 1885 bis ebendahin 1890 40 769 Seelen oder 17,03 9% dcr Anfangsbevölkerung, während inner- balb ter Iabre rom 1. Dezember 1889 bis ebendabin 1885 uur eine Zunabme der Bevölkerung um 11,18 %% fiattgefunden baite.

Die Gesammtbevölkezrung des Kreises Mülbeim a. Rhein bcläuft id auf 84132 gegen 75718 bei der Volfêzählung am 1. Dezember 1885 Die Berölkerung hat also gegen das Iahr 1885 vum 8414 zugenommen, d. b. zem 11,11% Bei allen Gemeinden des Kreises mit Auénahme von Odenthal, Overath und Rocsrath ist ein Zuwaë:s zu verzeinen, der sids bei der gezznwärtig 31 C05 Seelen

zätlerden Stadigemeinte Mülheim auf 24,14 °/6 beläuft.

Kongreß Deutscher Landwirthe. S Im weiteren Verlauf der gestrigen S:zunz nahm der Minister Landwirths\Gaît, Domänen und Forsten von Heyden bei der batte über das Thema „die Sozialdemokratie und die :dlihe Bevölkerung“ das Wort, um, wie die „N. A Z.“ ichtet, eiwa Folgendcs auszuführen: „Dur mein Erscheinen habe bekunden wollen, daß i& Ikbren Verhandlungen mit grozem teresse folge. Ich@ habe allerèings nur einem Theile Ihrer Ver- idlungen, jedenfalls aber demjeniaen Tbeile derselben beigewohnt, denen der Schwerpunkt Ibrer Berathungen becuht. Das, was den Kreisen der deutshen Landwirthe gewünscht wird, darüber ift und auch in anderen Versammlungen fein Zweifel gela) en en. Daß diesen Acuficrungen Werth beigelegt wird, kann ih ier, wie ich das bereits in einer anderen Versammlung gethan, ehen“, (Lebhafies Bravo!) / : ; i weiterer Diskussion wurde die gestern mitzetheilte Reso

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n folgenden Gegenstand bildeten die „Cisenbabntarife“. Referent, Geheimer Regierungs-Rath, Erster Bürgermeister ide (Bromberg) befürwortete in längerer Rede und an der Hand

s reihen Zabtlenmaterials folgende Resolution: „Die 22 Haupt- rsammlung deë Kongresses Deutscher Landwirthe beschließt naŸ-

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nden Antrag den Staatteisenbahn-Verwaltungen zur Pcüfung zu

Staatseisenbabn-Verwaliung durÞch EGinreWnung der 1 km ohne Rüdsicht auf die »7 gerincere Länge der ganzen Beförderuüngsstcee nur mit: f Zuiclägen für die Abfertigung verstößt gegen cdûrfnis, den wirißschaftlicen Werth der Zeit und der Eisenbahnverwaltung, und hat für die weiteren Entfernungen zu hohe und wirtkscaftli@ ungerewte Tarife ergeben. 2) Die Biseitigung der ¿u ad 1 genannien wirtb icaftiiven Fehler in der Tarifvildung ist im Intereffe der wirthsHaft- lichen Gerectigkeit und des gedeihii@en Waarenaustau)hes auf wezl- tere Entfernungen dringend geboten und dur die allg: zin Ein- führung von Gütertarifen mit fallender Skala, d. h. mit Cinbetts!aßen, die auf weitere Entfernu:igen für 1t und 1 km niedriger find ais auf nahe, zu erreichen. 3) Die neue Bildung der Sütertarife mit fallender Skala ist aus den Gründen für 2 sofort im Wege einer allgemeinen Taritreform einzuführen: im Interesse der Ertragsfähigkeit der Gisen- bahnen vorläufig aber auf Entfernungen über 470 km mit Rüdck- wirkung bis zu 300 zu bes{chränfen.“ N i Swriftfteller Dr. Perrot (Mairz) beantragte, den Thejen hinzu- zufügen: „Cine thunlihsie Vereinfachung des Gütertarifs üt anzu- streben.“ Nach längerer Liskussion wurde der Antrag des Referenten mit diesem Zusatzantrage angenommen. Der Kongreß wurde hierauf mit einem dreifachen Hoh auf Se. Majestät den Kaiser und die deuiscen Bundesfürsten ges{lofsen.

A hte ordentliche Sitßung des Central-Vorfiandes deutscher Ärbeiter-Kolonien. . , eer da e N In einem Situnesziiomer des Herrenhauses begannen beute Vor- mittaz die Verhantlungen der achten ordentlihen Sihung des Central- Vorstandes deutscher Arbeiter-Kolonien. h : Der Vorsitzende Graf von Zieten - S{werin (Wustrau béi Neu-Ruppin) eröffnete die Versammlung mit einem drelt- fahen Hoh auf Se. Majestät den Kaiser und theilte mit, daß alle 22 Vereine durch Delegirte vertreten feten. Im vergangenen Iabre seien keine neuen Kolonien gegründet worden, es sei jedoch cine neue Kolonie in Württemberg und eine weitere in West- eufen in der Bildung bez.riffen Von den aus den Kolonien Entlafsenen a im vergangenen Jaßre 202/19 9/9 durch Vermittelung der Kolonien ellung zrhaiten.Eine rühmlihe Ausnahme sei von derKolonieMagadeburg zu beriétzn. Dieser sei es im vergangenen Jahre gelungen, 619/10 ?/o der Koloristen in Stellungen zu bringen. Im vergangenen Jahre fei di:ser Kolonie der Vorwurf gemacbt worden, daß sie städtische Ar- beiter nit unterstüße. Das geschehe aber deshalb, weil für legtere die sitisen WBebörden Magdeburos Sorge trügen. Die Kolonie Magdeburg sei in der glücklihen Lage, Niemanden abweisen zu müssen, da, wenn die Kolonie überfüllt sei, die fâdtishen Behörden für Unterbringung sorgen. Fs sei das jedexfalls eine Einrichtung, die allseitige Nach- abmung verdiene. einen Bruder autbilden lassen um sich mit der Trinkerheilssache in der Kolonie zu beschäftigen. Der Minister des Innern gewährte dem Ceniralvorstande aus freien Stüden 300 Æ zur Förderung seiner Zwecke. Die Kaiser - Wilhelmsspende habe wiederum aus thren Zinëübershüfsen den finanziell sehr bedrängten Kolonien Kästorf und Alt-Laßig Unterstüßungen von je 3000 gewährt. Der Vorstand habe cinem SesuG der aligemeinen Konferenz der deatschen Sittlichkeitsvereine zu Berlin, eine Petition an ten Reichstag Behufs Verschärfung der Strafbestimmungen, die i gegen den Vertrieb unsittliGer Schriften und das Zuhälterwesen rihten, zu unterzeciGnen, bereitwilliast entsprochen Oefter- rei, Rufland, die Schweiz, Frankrei, Belgien, Holland, England und Amerika baben mehrfab Auskunft über die Arbeiter-Kolonien er- beten und ertaltea. Der Vorsitzende s&loß mit der Bitte an die Kolonievorstände in ganz Deutschland: dem Wunsche des preußis@en Kultus. Ministers, demselben stets zrei Exemplare der Jahresberichte einzureichen, zu entsprechen.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Bochum schcreitt man der „Köln Ztg., der Verlauf der Bergarbeiter-Delegirten-Versammlung vom leßten Sonn- tag lasse in wenigen Monaten cinen umfassenden Aussiand besorgen, wenn die Vernunft nicht bei der Mektrzabl der Bergleute die Oberhand bekalte. Dec Besuch der Versammlung war zwar ein recht ‘zahireiher, wie viel aver von den Anwesenden als wirkli Beauftragte der Belegschaîten der Zechen gelten fonnten, das hat der Vorsizende der Versammlung verschwiegen. Nur an einzelnea Stellen if die Wahl von Delegirten erfolgt. Hingegen

: waren alle Leute gekommen, wele aus der ersten Auéstantsbewegung bekannt geworden sind. Da waren Bunte und Siegel, Brodam, Schröder-Steele, selbst der ebemalige Vorsitzende des Central-Ausstands-Comités, Johann Weber fehlie nicht Die aufgestelten Forderungen | find zum Tbeil, selbs wenn man von der geforderten Lohnerhöhung absieht, fo scharfer Natur, daß si wohl keine Zehenverwaltung darauf einlaßen wird. . ,. . Es wird auf Seiten der Arbeit- eber einer wohlerwogenen Mischung von Woblwollen und Festigkeit

edürfen, um von der Industrie wie von den Arbeitern die Schäden

1} Die gegenwärtige Bildung der @&ütertarise der j

Di: Kolonie Sepvda habe im vergangenen Jahre |

abzuwehrèn, mit denen der Uebermuth der Heher die wahren Jnter- efsen der Arbeiter bedroht. /

In Barsinghausen fand, wie demselben Blatt berichtet wird, am letzten Sonntag einz von etwa 1000 Perfonen befuchte Bergarbeiter-Versammlung statt, die über den vom Ober- Bergrath v. d. Deken kurz ror der leßten Reichstagswahl erlassenen Wahlaufruf „Ein letztes ernstes Wort“ verhandelte. Als Redner traten u. A. auf Ober-Bergrath v. d. Decken und der west- fälisze so;ialdemofkratis@2 Bergmann Schröder. In der einstimmig anacnommenen Resolution sprach sih die Versammlung dabin aus, daß die Angabe, die Bergleute seien bei der Stimmenabgabe überwat worden, zufolge ter Ausfsaaen der vom Wahlcomité vor- acshlagznen Zeugen unwahr sei, daß ferner die Bergleute in der Flugscrift des Hrn. v. d. Decken „Ein letztes ernstes Wort“ nicht eine Wak lbeeinflussung erblidt bätten und daß sie, als entschiedene Gegner der sozialdemokratishen Partei, die Be- strebungen des Kaisers zur Besserung der L2ge der Arbeiter aus vollem Herzes anerfennten.

Einec Mittheilung der Berliner „Volfks-Zig.* aus Silschede vom 15. d. M. zufoige hat der Grubenvorstand der Zehe „Vereinigte Trapye“ dur Plafat-Anschiag bekannt gzmacht, daß der Lohnfag der Belegschaft den beutigen Verbältnifsen ent- \spre&e und daß Wünsche der Bergarbeiter jederzeit gern entgegen- genommen würden. Wie die „Rhein. Westfäl. Ztg.“ meldet, baben die strikenden Bergleute der Zeh2 „Vereizigte Trappe“ in- zwischen beschlofsen, die Arbeit heute wieder aufzunehmen.

Aus Kirchhain i. d. Lausiß wird der „Mgdbg. Ztg.“ be- riGtet, daß der Ausstand der dortigen Gerbergesellen na einer Dauer von elf Monaien urd einer Woche endlich beendet wurde. Die Gesellen sind mit ihrea Forderungen nit durge- drungen, sondern haben, soweit fe überhaupt Arbeit finden konnten, ihre Thâtiokcit für die alten Lohnsäße wider aufgenommen.

In Saarbrücken fand am Sonntag eine Versammlung evangelisGher Bürger statt zur Begründung eines evangelischen Arbeitervereins; es wurde ein Siatutenentwurf berathen; die konstituirende Versammlung findet der „Saarbr. Ztg.“ zufolge am 28. d. M. ftatt.

In Braunschweig wollen die Zimmerleute, wie der „Madb. Zig.* mitgetheilt wird, demnähs|t mit der Forderung eines Mindestlohnes hervortreten. :

Hier in Berlin fand an Montag eine Verbandsversamtmnlung fatibolisher Arbeiterverzeine stait. Neben den Berliner Ver- einen „St Pius“, „Halleses Thor“, „Norden“, „St. Sebastian“, waren auc diejenigen von Weißensee, Köpenick, Charlotienburg und Spandau zaklreicß vertreten. Der Pcovst Dr. Jahrel übernahm den Vor- sig. Reichétags-Abgeordneter Sraf Matuschka sprach eingehend über diz Verbältnifse der Arbeiter und über Arbeitersbuß. Prof. Dr. Swädler wandte sh nah dem Bericht der „Germania“ ehr entschieden gegen die Sozialdemokratie und ihre Lehren. Cine SGuhmacher- versammlung fand am Montag ftatt Behufs Stellungnahme zur Feier des ersten Mai. Es kam aber, wie der „Vorwärts“ mit- theirt, zu keiner Entsheidung; am erïten Tage nah Oftern soll in einer Mafsenversammlung die Frage endgültig ents@ieden werden.

ur Wohnungsfräge. L : Stendal bat fh ein „Gemeinnüßiger Dauveretn- azzne Genossenschaft mit beschränftter Hast,

D E, j L bp R gebildet. Er besteht vor der Hand aus 57 Viitzliedern T

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mit einzm gesiberten Betriebékabital von 18000 Æ Die Senoften-

\&aft bezweckt die Erbauung von Häusern und deren Verkauf und Vermicthuna an die Genossen, um dicsen die Erwerbung cigener Häuscr zu erleiGiern und gute und billige Wohnungen zu beschaffen. Jedermarn, der sich zur Zahlung cines Eintrittsgelzes von 15 M und zur Entri&tung von wöben!lich mindestens # bis zur Er- werbung wenigstens eincs Geschäftsantheils von 209 vepflihtet,

fann Mitglied werden.

(F) Die-dänische Handelsflotte, E einshlieëlih aller unter dänischer Flagge segelnden färdischer, islän- dischen und westindishen Schiffe, bestand am 1. Januar 1891 aus 3497 Schiffen von 301 307,5 t Netto-Tragfähigkeit. Davon waren 3167 Segelschife von 188 429,5 t, und zwar 871 Schiffe von über 50 t mit 149 758 t und 2296 Schiffe von 4 bis 59 t mit 38 671,5 t Nettc-Tragfähigkeit. Die Anzabl der Dampfsciffe war 330 von 112 888 t, wovon 226 Dampfschiffe mit 110879 t über 59 t und 104 Dampfschiffe mit 2099 t von 4 bis 50 t Neito Tragfähigkeit baiten. Sämmtli®e Dampfschiffe hatten nominell 27 227 Pferdekräfte.

Kunst und WiFßenschaft.

Jm Rathhause _ find die Gemälde, welhe Professor Scheurenberg an den Wänden des die Nord- mit der Wesifeitz verbindenden Korridors auszuführen hatte, nunmehr vollendet. Es sind zwei größere Bilder mit historishen Darstellungen aus der Geschichte der Mark und drei Supraporten mit allegoriîchen Gestalten. Wer vom Haupteingang der Königstraße aus diesen Korridor betritt, muß sich an die linke Ecke des quadratishen Ver- bindungsraums stellen, um das Gemälde von der „Verurtheilung des Bürgermeisters Thyle- Wartenberg“ gehörig betraGten zu können; denn die Wand, auf der es sih befindet, ist dem Lichte abgewendet. Trotzdem hat es der Künstler verstanden, durch möglitst belle Farbentöne den Vorgang deutlich erkennbar zu machen. Wir blicken in die, damals nah dem Molkenmarkt offene Gerihts- laube, vor der die mächtige Gestalt des Roland sichtbar if, und gewahren gerade aus an dem Richterstuhl den Bürger- meister Peter Blankenfelde, wie er mit echoben-n Armen das Urtel über den ungetreuen Thyle ausspricht. Dieser steht unmittel- bar links im Vordecgrunde, hinter ihm der Gerichtsdiener, weler die eisernen Fesseln in der Hand häit. Wuth und Ent- täushung spiegeln fih im Anliye des Verurtheilten wider, dessen sharlahrothes Gewand diesen Eindruck noh erhöht. Man sieht, er hat vergeblich auf den Beistand seiner Partei- gänger gerechnet; denn, wenn sie auch unter der Halle mit heftigen Handbewegungen gegen den Richterspruch protestiren, dessen Ausführung, mag er auf Tod oder Verbannung gelautet baben, is gewiß. Das Dramatische der ganzen Scene sowie der G2gensaß zwishen den beiden Hauptpersonen is dem Künstler ebenso vortrefflich gelungen, wie das helle Licht auf dem von hohen Giebelhäusern eingeshlossenen Markt und wie der Scatten auf den Bürgern unter der Gerihtéhalle. Der Beschauer muß nunmehr etwas rechts treten, um das andere Bild, welhes „Die Niederwerfung des aufständishen Adels in der Mark“ darstellt, gerade vor si zu haben. Hier sehen wir aus dem Thore einz: brennenden Stadt der Künstler hat an Friesack gedaht einen jener trozigen, der rechtmäßigen Gewalt des Markgrafen spottenden Junker nebst seinen Ge- treuen barhäuptig und gefesselt heraustreten; die bewaffnete Sgaar der siegreichen Kriegsknecte geleitet sie; ihnen voraus gehen die s{merzerfüllten Frauen der Besiegten ; der ZTrommler links s{lägt triumphirend den Takt dazu. Jm Hinter- grunde erblickt man mitten in der Kriegershaar den Kurfürsten mit seinem Fahnenjunker und dem Bischof von Magdeburg. Nicht bloß historishe Treue hat der Künstler bei Wiedergabe der Waffen und Kostüme (Anfang des fünfzehnten LaIe

hunderts) zu wahren gewußt, sondern vor Allem ein kriegerischen Vorgange entsprehendes Stimmungsbild zu geben

verstanden Der rauchgeschwärzte Himmel, zu dem die rothen Flammen aus den Gebäuden emporlodern, die braunen Ziegel des massigen Burgthores, Alles giebt einen so düsteren Hinter- grund zu dem schneebedeckten, durhstampften Erdboden, daß die Gestalten, die sich auf demselben bewegen, um so ein- drucsvoller wirken. Die allegorische Darstellung, welche beide Gemälde gewissermaßen verbindet, zeigt zwei weibliche Gestalten, welhe Wappenschilde halten und sich die Hände über zwei reizenden fleinen Genien reihen, die auf einer Quellenurne sißen und sih gegenseitig liebkosen; auch ohne die Wappen würde Jeder fofort erkennen, daß hier die Vereinigung der Schwestersiädte: Berlin und Cölln geschildert werden soll. Die Supraporte links neben dem zweiten Bilde enthält eine Siegesgöttin, welhe die Jnsignien der Kur- würde: Hut, Schwert u. \. w. beschirmt. Daran {ließt sich auf der dem erfien Bilde gegenüberliegenden Wand, über der Bureauthür, die Gestalt des Merkur. U

Bei all diesen Darstellungen, welche in Kaseïnfarben aus3- geführt sind, muß es als ein besonderes Verdienst des Künst: lers hervorgehoben werden, daß tros der ungünstigen Be- leuchtungeverhältnisse die Harmonie der Farbengebung und die deutliche Erkennbarkeit der Bilder nicht E haben.

Ueter cine neue Entdeckung des Professors O. Liebreich schreibt die „Nat.-Ztig “: Professor Oskar L'ebreicb bat im Verlaufe seiner Heilmittel-UntersuLungen gefunden, daß eine bekannte, nit einmal neve Subftanz bei ceigerartiger Anwendung die Keblkopfs- s{chwindsuct heilen fann. Dieses Mittel ist bereits praktis in der Klinik des Professors B. Fränkel und des Dr. Paul Heymann ervyrobt worden und hat zu dem angegebenen günstigen Resultat ge- führt. Wie das Koh'she Tuberkulin, wird auch diese Substanz subkutan, d. ß. unter die Haut eingespritzt, ruft aber kein Fieber und keinerlei Gefahren für das Leben der Kranken hervor. Selbst die unbedeutenden Besbwerden, welche es im Gefolge bat, können bei rihtiger Beoba§tung Seitens des Arztes unter allen Umständen ver- mieden werden. Die Meldung, daß man es bier mit einer Verbese- rung des KoH’s@en Verfabrers zu thun habe, ift durhaus unzutreffend. Bei dem Liebtrcich’s{en Mittel handelt es fich gar nicht um Baëterien oder Stcfwech{seiprodukte derselben. wie bei dem Ko&'schen Tuberkulin, scndern um eine gan: andere Substanz, die mit der Koc'shen gar nits gemein kat. Na Profeffor Licbreic's Anficht dürften sogar beide Substarzen, cleickbzeitig oder kurz na cinander angewendet, fich in ihren Wirkungen auf den menfcklicen Körper gar nicht vertragen.

Die sceben erschienene Nr. 4 der „Central-Zeitung für das Koch’sHe Heilverfabren*“ (Verlag A Gnaderfeld & Co., Berlin) bat foigenden Inhalt: Ueber die Ko's&e Injektionsmethode in der Halle’shen Klinik von Dr. med. Carl Sterk (Homburg

v. d. Höbe). Bericht der vom Gemeinderathe der Reihs-Haupt stadt |

und Residen:stadt Wien ¿um Studium des KotH'schen Heilverfahrens entserdeten Delegiriex. (Scbluß) Maßregeln zur Verhütung der Tuberkulose. (Sch{luß.) Ueder die Wirkung des Kotß’schen Mittels auf die inneren Organe Tuberkulöser. Anwendung des Koch’schen Mittels bei tuberkul¿sem Rindvieh. Die Erfahrungen mit der Koh’schen Heilmethode in Königsberg i. Pr. Mittzeilangen aus Nah und Fern über das Koch'she Heilverfahren.

Die Eastman Company zu Rochester (V. St. A) und London hat in der Kaiser Wilbeirmnstraße Nr. 47 eine Ausstellung iórer mit dem „Kodak* hergestellten und einem Vergrößcrung8apparate erzeugten Photogravkiecn veranstaltet, um vor allen Dingen die Künstlerschaft und Liebhaber-Phoiographen wit ibren vatentirten Er- findungen bekannt zu machen. verdienen der Kodafk als ter größte Fortschritt im Bau der photograpbiïs®@en Apparate und die zu seiner Füllung verwandten transparent films als niht minder bedeutend be- zeihnet zu werden. Denn dieser selbst im kleinsten Format nur 700 g wiegende und für bundert Aufnahmen iz runden Bildern von 66 mm DurHmefsser geciznete Apparat ist mit einer Spule innen versehen, auf welcher der, Film“aufgerollt ift und durch dreiManipulationen sofort ein fertiges bhotographbis{es Bild von dem aufzunehmenden Gegenftand in einigen Sekunden liefert, obne daß es einer „Dunfkel- kammer“ oder sonst weiterer chemischer Operationen bedarf. ja ohne daß, wie der Zugenschein lehrt, der Photographirende sid seine Finger irgend zu beshmußen braucht. Man zieht nämli zuerst an einer am Holzkasten des Kodak bkefindli@en Schnur und bedeck dadur die Linse mit dem „shutter“ fo lange, bis man das Aufnahmeobjekt rihtig erfaßt bat; alsdann dreht man an dem Schlüssel, drückt an einzm an der Seite des Apparats b¿findliGen Knopf und läßt damit das Licht ven dem Objekt, so lange als man will, in den Kasten des Kodak fallen. Mit diesen drei Operationen ift das Bild auf dem im Apparat bkefindlihen Film hergeftellt. So oft man den Schlüssel dreht, schiebt sih von selbst ein neuer Theil des Fiim vor, um eine neue Aufnahme entgegenzunehmen, sodaß dieser Äpparat mit einem geladenen Revolver verglichen werden kann, welher dur jeden Druck auf den Knopf und mit j-der Umdrehung des S{lüfsels ein neues Bild erzieli ; das geht bis 100 Aufnahmen! Die vorgelegten Probe- bilder laffen an Klarheit und Schärfe nichts zu wünschen übrig; der für den fleiniten Apparat angeseßte Preis einschließlich des thn zum Tragen geeignet machenden Lederkastens erscheint daber mit etwas über 5 Pfd. Sterl. nicht zu hoh bemessen. Viel theurer sind die Apparate mit Lirsen zur Herstellung größerer Bilder von viereckiger Form im Verkbältniß ron 8: 104 ecm oder 10 : 123 cem oder 13:18 em Größe. Leütere sind bedeutend s{hwerer an Gewicht und gefiaiten nur 48 bis 54 Aufnahmen.

Bei dem Wettbewerb um den Ersaß der von Charlottenburg nach Potsdam geshafften Gardes du Corps-Figuren von Kiß hat, wie die „N. A. Z.*“ mittheilt, das Preisgericht dem Entwurf des Bildhauers Wenck den Vorzug gegeben. Die Entscheidung, ob der Entwurf Wenck's zur Ausführung fommen soll, ruht bei Sr. Majestät dem Kaiser.

Der Verein für deutshes Kunstgewerbe hat kürzlich beshlofsen, fük seine Mitglieder, deren Mitarbeiter und in Berlin wohnende Fagenossen Monats-Konkurrenzen aus8zuschreiben. Zunächst sind für den 1. April und 1. Mai folgende Aufgaben ge- stellt: 1) Entwurf für die Decke eines einfenftrigen Damenzimmers, 2) Gntwurf zu einem Regulatorgehäuse. Die näheren Bedingungen versendet der Schriftführer des Vereins, Professor Ad. M. Hilde- brandt, W. Derfflingerstraße 20 a.

Wie der „Frkf. Ztg.“ aus Athen vom 10. d. ges{rieben wird, beabsichtigt Frau Sophie Sch{liemann das Werk ibres verstorkenen Gemahls in Troja zum Abs@luß zu bringen, doh dürften diese Arbeiten eist im nächsten Jabre zur Ausführung gelangen. Gegenmärtig ist Frau Séliemann mit der Herausgabe einer Bio- graphie Heinrih Schliemann's bes&äftigt, die für die Freunde des Forschers bestimmt is und im Buchhandel nicht ersheinen wird,

Literatur.

Politik.

ck. Von zwei hervorragenden evangelis@en Theologen liegen Ver- ôöffentlihungen vor, welhe im Interesse des konfessionellen agi 2. sich gegen eine Rückberufung der Jesuiten aussprechen. 8 find dieses: „Gehören die Jesuiten ins Deutshe Reih? Ein Beitrag zur Tagesfrage. Von D. Willibald Beyswvlag, ord. Professor der Theologie an der Universität Halle-Wittenberg. Durch- griestmer Sonderabdruck aus dem „Deutshen Wochenblatt“. eee uflage. Berlin 1891. Walther u. Apolart's Verlagsbuhandlung“, und „Wider die Jesuiten. Bericht, erstattet bei der Volks- versammlung im Krystallpalast zu Leipzig am 9. Januar 1891 und in erweiterter Form in Druck gegeben von Georg Rietschel, D. und ord. Profefsor der Theologie, erstem Universitätêprediger zu Leipzig.

Leipzig. Verlag von H, G. Wallmann. 1891,“

: _Maxrtate

„Die evangelis&e Seelsorge in der Deutschen Krieas-Marine“ von Hellmuth Wiesener, Paftor primar. in Swinemünde und ehemaligem Marine-Pfarrer. Gotha. Gustav Séloeßmann. 1891. Zahlrei igfalti; i i l “L Zablreih und mannigfaltig find die Publi- kationen, theils faGwänniser, theils belletristisher Art, wele das eigenthüwlie Leben und Wesen unserer „Kriegsmacht zu Wasser,“ dieses Lieblingskindes unserer Nation, s{hildern und in den weitesten Kreisen unseres Volkes mit großem Interesse gelesen werden. Nur über eine Seite jenes eigentbümlihen Lebens und Wesens, über die religiöse Seite, die Seelsorge _ in der Kriegs-Marine, ist bislang noch wenig bekannt geworden. Diese Lüde bestens auszufüllen, ift der Zweck vor- [liegender Schrift. Dieselbe ist berufenster Feder entflofen. Ihr Ver- fasser hat ü-er 63 Jahre das Amt eines evangelisben Marine- Pfarrers verwaltet 54 Jabr an Bord, ein Jahr an Land und war seiner Zeit vom Chef der Admiralität mit Ausarbeitung einer Instruktion über den gesammten Dienst der Marine-Pfarrer an Bord betraut, welbe jeßt eine Anlage zu der von Sr. Majestät dem Kaiser genehmigten amtlihen Inftrukiion für die Kommandanten der deutschen Kriegs- schie bildet. Aus der sorgfältigen Ergänzung und Ueberarbeitung der den Entwurf jener Instruktion begleitenden \{riftiliden Erläute- rungen, jowie aus Verwerthung solcher Aufzeihnungen des Verfassers, die unter dem frisden Eindrucke des Erlebten, mitten aus damaliger Amtêerfahrung beraus, in Tagebüchern, Reisebriefen 2c. niedergeschrieben wurden, ift vorliegende S{rift mit folgendem Inhalt entstanden : I. Theil ; Gottesdienst-Ordnung an S. M. Süiffen: I. An Sonn- und Festtagen, IT. Heiliges Abendmaÿh[l. II1. Begräbniß. I1. Theil: Instruktion für den Swiffs-Pfarrer am Bord S. M. Stwiffe: I. Dienstverbältniß. IT. Amitspflihten an Sonr- und Fesitagen, IIl. Anderweite Amts- pflichten. I1IL. Theil: Jafiruktion für den Marine-Ober-Pfarrer. Diëtse Arbeit will dazu beitragen, daß der Grundsaß: „Ein guter Christ cin guter Seemann“ in urserer deutsen Seemanns- vevölkerung immer mehr zur Wahrheit werde. und gleichzeitig will dieselbe in weiteren Kreisen eine werkthätige Theilnahme wecken für einzelne Zweige christlicher Liebesthätigieit, welche mit dem behandelten Gegenftande im Zusammenbang stehen, namentli für die evangelische Seelsorge an unseren deutshen Landsleuten in der Fremde, sowie an unseren deutsWen Seeleuten auf der Handelämarine, also für das Wert der „Deutswven Seemanns-Mission“, für welhe au der Rein- ertrag bestimmt ift. Sozialpolitik. ck. Selbsthülfe des Shhriftstellers. Von Franz cherer (Mitglied des Deuts@en Schriftsteller-Verbandes). Wien, 5. Swerer's Verlag. In dem vorliegenden Striftchen unterbreitet er Verfasser der Kenntnißnahme und Begutachtung der Sthriftsteller- welt feine Vorschläge und Entwürfe zur Begründung eines großen Pensions-Inftitutes für deutshe Scriftsteler urd zur Erri&tung ent- ipreWender Darlebns-, Kranken-, Wittwen- und Waisen-Kassen für Angehörige des Schriftstellerstandes und eines deutschen Schriftfteller- hauses, welche er bereits in früheren Jahren zum Theil in ver-

schiedenen Zeitschriften veröffentlicht bat.

Wirthschaftspolitisches. | k Ueber die Zudckersteuer-Vorlage, ihre B ung und erste Berathung im Reichstage. Von ager, Redacteur der vorm. Herbert's{en „Zudkerindustrie“. Berlin 1891. Puttéammer und Müblbre{t, Bubhandlung für Staats- und Rechtêwissenschasten. (Preis 1 4 20 4 Z) Die vorliegende Broschüre, in deren Anhang sich eine Zuckerstatistik :es deutschen Zollgebiets über die 21 Betriebsjahre 1869/70 bis 1889/99 mit- getheilt findet, verfolgt den Zwed, den Nahweis zu erbcingen, daß die deutihe Zuckerindustrie“ ohne den Prämienschuß unter prämiirten Konkarrenten erliegen müßte.

ck. Verzeichniß der Stärkefabriken im Deutschen Rei ch. Herausgegeben vom Verein der Stärke-Intercssenten in Deutschland. Bearbeitet von Dr. O. Saare. Berlin. Druck von Gebr. Unger, Scönebergerftraße 17a. Dieses Ver- zeißniß entbält in thunlihster Vollständigkeit und Genauigkeit die Stärke-, Stärkezuker-, Syrup-, Dextrin-, Couleur-, Sago-, Puder- und Nudel-Fabriken ftaaten- bezw. provinzweise geordnet, unter An- gade des Kreises, des Ortes der Fabrikanlage, des Postamts und der Eisenbahnstation, des Namens des Besitzers und der Art der Fabri-

kation. Musikalishes.

„Das Heroenthum in der deutschen Musik® von Dr. Heinrich Pudor, ehemaligem Direktor und Besißer des König- lihen Konservatoriums zu Dresden. Dresden N., Verlag von Oëcar Damm, 1891. Der Verfasser legt dar, daß die einzelnen Perioden des Bildungsganges ih durch künstlerishe Söpfungen kennzeihnen, das Kunstleben fietig von der Baukunst zur Bildhauerei, von dieser zur Malerei und von dieser zur Musik vorschreitet, daß das deutsche Volk, das kunstbegabteste, an der Schwelle des Zeitalters der Kunst- einheit steht und die Musik die Kunst der Neuzeit ist. Rachgehend der Frage, wie es in der Gegenwart mit unserer Ton- kunst sehe, wird auf die Wahrnehmung hin, daß zwar viel Virtuosen- und Professorenthum, Ueberfluß an musi- falis&en Anstalten, an Personenkultus, Ausftattungsmanie, Operettenkultus, MafsenorGestern und musikalishen Handelsbäusern, aber Mangel an Künfstlerthum, an echten Musikern und wahrer Ton- ¿unst vorhanden, das Urtheil gezogen, daß es mit unserer Musik heute sehr s{limm steht und das in Beberzigung der in „Rembrandt als Erzieher“ aufgestellten Marime: „Die Erziehung, welche ein Volk ich selbst durch seine großen Männer angedeihen läßt, ift die beste Volkserziehung“ die gründlihe Besserung dur die Erkenntaiß bedingt ist: „wir müften uns an unserer Musifheroen erziehen“. Die Aufgabe dzr Musik mit Plato darin findend, „den Seclen der Menschen edle Grundsäße einzuflößen“, maht Verfasser echte Deutscheit als den Maßstab geltend, um herauszufinden, wo wir die Heroen der Musik zu suchen haben. Nachdem dur Grs{ließung der Ckharafterbilder unserer größten Männer herausgestellt worden, daß das Gemüth die Blüthe und die Schwer- muth und die Sehnsucht die tiefsten, erkennbarften Züge der deutschen Volks\eele sind, wird überzeugend erwiesen, daß unter allen Meistern deutscher Tonkunst keiner wie Johann Sebastian Bach das Gemüth in seiner ganzen Unerschöpflichkeit, keiner wie Ludwig van Beethoven die deuts Schwermuth und keiner wie Richard Wagner die deutsche Sehnsucht ¿um \{önften musikalishen Auëdruck gebracht hat, mithin Bach und das deutsche Gemüth, Beethoven und die deutshe Schwer- muth, Wagner und die deutshe Sehnsuht das Heroentbum in der deutshen Musik bilden, durch welches wir uns erziehen laffen müfsen.

D

Land- und Forstwirthschaft.

Die Ernte.

Aus dem Regierungsbezirk Frankfurt wird geschrieben: Roggen und Weizen haben beim Dreshen nur wenig Körner geliefert, in Hafer, Gerste und Erbsen dagegen ist die Ernte befriedigend ausgefallen. Die lange Regenperiode im Sommer hat die Ent- wickelung der Kartoffel nachtheilig beeinflußt, sodaß ihre Ernte nach Menge und Güte gering ausgefallen ist; sie beträgt in einzelnen Kreisen nur fünf Zehntel bis sech8s Zehntel einer Mittel- ernte. Die Marktpreise find indeß befriedigend; das ungünstige Ergebniß der Kartoffelernte wird hierturch theilweise ausgeglichen. Die Zuckterrüben sind in genügender Menge gewonnen, befriedigen aber nicht in Bezug auf Zuckergebalt, weshalb der Ertrag der Zudcker- fabriken hinter dem des Vorjahres zurückbleiben wird. Die Stroh- und Futterernte ift reihlich ausgefallen und begünstigt die Durch- winterung des Viehes, dessen Preise befriedigend find.

Verkehrs-Anfitalten.

Laut Telegramm aus Kempen (Rhein) ift die eng- lishe Poft über Vlissingen vom 17. Februar, 8. Uhr Vim.

ab London, ausgeblieben. Grund: Nebel auf See.

Laut Telegramm aus Köln (Rhein) is die erste englische Post über Ostende vom 17. d, M. ausgeblieben. Grund: Zugverspätung von drei Stunden in Folge des Zu- sammenstoßes zweier Züge bei Nefsonvaux 111/52 Uhr Abends.

_— Telegramm von Kaldenkirchen. Die englishe Post über Vlissingen vom 17. Februar, 8 Uhr Nahm., ist ausgeblieben. Grund: Nebel.

Das Projekt einer direkten Eisenbahnverbindung zwischen Köln und Kassel beschäftigt lebhaft die öfentlißbe Meinuna. All- gemein ift der Wunfch, daß es gelingen möge, der Schwierigkeiten, die fch dem Bau dieser Bahnlinie zur Zeit noH in den Weg stellen, baldigst Herr zu werden.

Der Verkehr auf dem Rbein war auch während der leßten Monate des verflossenen Jahres, begünstigt durch einen guten Wasser- stand, ein fehr lebhafter. Die London-Boote kamen zwölf Mal mit 53744 Ctr. in Köln an, die Bremer Boote fünf Mal mit 15 112 Ctr.; die Hamburger Boote sieben Mal mit 14931 Ctr. Der Dienst von Bremen und Hamburg hat \sich als lohnend er- wiesen, sodaß derselbe mit Beginn der Schiffahrt von jedem dieser beiden Pläße aus mit zwei Booten betrieben werden wird, weil ein Boot si als unzureichend herausgestellt hat.

Zu den neubestehenden überseeischen Linien kommt, eben- falls von der Gesells@aft „Neptun“ in Bremen ins Leben gerufen, eine vierte: Köln—Stettin, in welber von Anfang an zwei Boote, speziell für den Rbein gaetaut, in Dienst gestellt werden, sodaß mit dem Frübjabr acht Seeboote regelmäßig Köln anlaufen werden.

Der Zollkafen in Köln hat fich für dea aroßen Verkehr als völlig urzulänglih erwiesen, und nur dur Nashtarbeit, welche Seitens der Steuerbehörde in bereitwilligster Weise bewilligt wurde, und dadur{, daß einzelne Sciffe über andere Schbife hinweg aus- luden, ift es gelungen, Verzögerungen in der Entlösshung nach Möglichkeit zu vermeiden. Der Verkehr is aber dermaßen im Wawfen begriffen, daß man nicht wird umbin können, die Löschung und Beladung der Seebote auferbalb tes Zollhafens zu verlegen.

Der „Hamb. Börfenb.“ zufolge ift zwischen den deutschen, bolländischen und belgishen Damvferlinien, welhe den Personenverkehr nab Nord-Amerika vermitteln, gefïtern ein Uebereinkommen dahin getroffen worden, daß die Ham- burger Padcketfahrt - AktiengesellsGaft und der Norddeutsche Lloyd in Bremen ihren süddeutsben Zwishendeck8-Fahrpreis nach Baltimore um 10 F erhöhen, wogegen die Red-Star- Linie in Antwerpen und die niederländisch-amerikanische in Rotterdam mit ihrem kürzlih um 15 Æ rcduzirten Zwischendecks- Fahrpreis wieder auf ihren früheren Saß binaufgehen und die auf de- New-Yorker Konferenz; ausgesprochene Kündigung z urückziehen. Die genannten vier Linien vereinbarten ferner, die ent- standenen Differenzen wegen der Preise in Frankrei, Italien und der SHweiz durch gemeinsame Erböbung der Zwischendecks - Netto- preise ab Havre, Antwerpen und Boulogne zu beseitigen. Somit sind die zwischen den betheiligten Linien entstandenen Shwierigkeiten beseitigt.

Das Stationsamt in Kiel macht bekannt: Nah soeben eingegangenen Nachrichten nebmen die dänishen Postdampf- [chiffe von heute ab die Nachtfahrten regelmäßig wieder auf. Dem entsprewend meldet „W. T. B.“ aus Kopenhagen, daß die Nachtfahrten von Korsör nah Kiel gestern wieder aufgenommen worden find.

Norddeutscher Lloyd in Bremen. (Leßte Nachriten über die Bewegungen der Dampfer) New-Vork- und Baltimore-Linien : Bestimmung. Bremen 11, Febr. von New-York. Bremen 16. Febr. von New-York. New-Nork 14. Febr. in New-York. New-York 10, Febr. Lizard passirt. New-York 12, Febr. von Southampton. News: York 16, Febr. von Southampton. Bremen 16. Febr. Lizard passirt. Bremen 14, Febr. von Baltimore. Baltimore 14. Febr. in Baltimore, Baltimore 7. Febr. Lizard passirt. e München“ Baltimore 15. Febr. Lizard passirt. : Brasil- und La Plata-Linien : „Köln“ rere Bremen| 9. Febr. Las Palmas passirt. A A 14 Febr. Las Palmas passirt. „Obio“ Antwerp., Bremen 7. Febr. St. Vincent passirt. E N ¿ : a. E dcin 14. . von Bahia. „Gera“ Vigo, Bremen . Febr. von Buenos Aires. . in Montevideo.

b S s eb ‘Frankfurt’. La Plata . Feb “‘Berlin“’ Rio, La Plata O, S . Las Palmas passirt. b

„Eider“ 2 J „Havel“ , |: Saale:

„Ems“ ch = F

„Saale“

„Werra“ „Hermann“ „Salier“ . „Amerika“ „Nürnberg“ .

¿ge

„Baltimore“ Brasilien Ó . St. Vincent pasfirt. „Oldenburg“ E rofe Plata | 5, Febr. von Antwerpen. Linien nach Ost-Asien und Australien: Bremen 13. Febr. von Genua. Bremen 14, Febr. in Hongkong. Ost-Asien 15. Febr. in Singabhore. Ost-Asien 11, Febr. von Southampton. Bremen 16. Febr. von Southampton. Bremen 4, Febr. von Adelaide. Australien 11. Febr. in Adelaide. Australien 14. Febr. in Aden. Bremen 15. Febr. in Bremerhaven.

e Preußen“ „Bayern“ „Neat . „SawGsen“ . E, eOobenzollern“ . e Oobenstaufen“ eKaifer Wilh, Il,“ „Karlsrube“ .

Hamburg, 17. Februar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Rugia“ der Hamburg-Amerikaniiwen Padcetfahrt- Aktien-Gesellschaft kat, von New-York kommend, heute Nacht Lizard passirt. h

London, 17. Februar. (W. T. B.) Der Caftle-Dampfer „Norham Castle“ is gestern auf der Heimreise in Plymouth angekommen; der Castle-Dampfer „Grantully Castle“ hat gestern auf der Ausreise Lissabon pasfirt; der Castle-Dampfeèr „Conway Castle“ is am Sonntag auf der Ausreise in Cape- town angekommen; der Castle-Dampfer „Methven Castle“ hat am Sonnabend auf der Ausreise die Canarischen Infeln afsirt. és Bregenz, 16. Februar. In Folge starker Vereisung der Bregenzer Bucht mußte, wie das „H. T. B." meldet, der Schiffs- verkehr eingestellt werden.

(F) Kopenhagen, 16. Februar. Der Eisboottransport zwishen Falster und Seeland auf der Poftroute Kopen- hagen—Gijedser—Warnemünde if, wie die „Nat.-Tid.“ be- rihtet, in diesen Tagen sehr beschwerlih und es ift auch in der nächsten Zeit kaum eine Besserung zu erwarten, wenn niht Sturm und Strömung helfend hinzutreten und das Eis hinwegfegen. Die Ueberfahrt dauert mehrere Stunden, da das Eis so stark zusammen- epreßt ist; auf einzelnen Stellen erheben sih Gisberge von 25 Fuß Höhe und auf anderen Stellen ift das Eis fo dünn, L es von dem Kiel der Eisboote durchschnitten wird, wodurch der Mannschaft die ortbewegung der Boote sehr ers{wert wird. Die Ankunft der eisenden und der Posten auf der Gjedser-Route verspätet \ih des- balb immer, und täglih müfsen Extrazüge abgelassen werden, um diese Verspätungen soviel als mögli auszugleichen.

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