1911 / 40 p. 20 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Feb 1911 18:00:01 GMT) scan diff

raphie (3); Mineralogish-petrographisches Praktikum (3). Privat-

t Dr. Baumgärtel; Gesteinmikroskopie (4). Professor Dr. Bode: Geologie, 2. Teil (5); Geologisch-paläontologisches Praktikum (2); Paläontologie, 2. Teil (2). Professor N. N.: Maschinenlebre, Entwerfen und Besprehen von Maschinenanlagen, 2. Teil (12); Elektrotechnik, 2. Teil (3); Maschinenzeihnen (2). Geheimer Berg- rat Fischer: Bergbaukunde 111 (4); Verwaltungskunde (2). Professor N. N. : Aufbereitungskunde (4) ; Bergbaukunde IV (2). Oberbergamts- mark\{heider Gehrke: Markscheidekunst mit Uebungen, 2. Teil (8); Abriß der Markscheidekunde (2). Professor Hoffmann: Chemische Technologie, 2. Teil (2); Metallhüttenkunde, 2. Teil (6); Hütten- männishes Praktikum (tägli); Entwerfen von Metallhüttenanlagen (2); Metallurgische Probierkunde, Praktikum (5). Professor Osann: Eisenhüttenkunde 1, 2. Teil (2); Eisenhüttenkunde 11, 2. Teil (2); Metallurgishe Technologie, 2. Teil (2); Eisenprobierkunst, 2. Teil (tägli); Entwerfen von Eisenhüttenanlagen, 2. Teil (6); Metallographische Uebungen (3); Uebungen in eisen- hüttenmännishen VBerechnungen (2). Außerdem an mehreren Tagen Uebungen im Entwerfen Baurat Ziegler: Baukonstruktionslehre (2). Geheimer Bergrat Kast: Einführung in das bürgerlide Recht (4). Medizinalrat Dr. Niehn: Erste Hilfeleistung bei Unglücksfällen (2).

Zur Ergänzung werden folgende Kurse und Uebungen abgehalten werden: Assistent Dr. Shwarz: Geologisch-paläontologishes Ne- petitorium mit Uebungen (2). Assistent Dr. Mecklenburg: Elektrolyse mit Uebungen (3). Assistent Dr. N. N.: Gasanalyse mit Uebungen (3). Assistent Markscheider Thom é: Markscheide- risches Zeichnen (2).

Clausthal, im Februar 1911.

Der Direktor der Königlichen Bergakademie. Fischer.

Nichfamlliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 3. Februar.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Handel und Verkehr und für Zoll- und Steuerwesen und die ver einigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für das Land- heer und die Festungen hielten heute Sitzungen.

Die deutsche Antwort in der Kalifrage stellt, „W. T. B.“ zufolge, verschiedene, in der amerikanischen Note enthaltene Jrrtümer richtig und gibt eine Darstellung der Geschichte des Kaligeseßes und seiner hauptsählih interessierenden Bestim- mungen. Dabei wird von der Annahme ausgegangen, daß die Regierung der Vereinigten Staaten nach zutreffender Jnformierüng über den wahren Sachverhalt zu einem anderen Urteil über das Kaligeseß als bisher kommen wird. Die Deutsche Regierung \hlägt sodann vor, daß zunächst die Nechtsfrage, wer nah den privaten Lieferungsverträgen die Ueberkontingentsabgabe zu tragen hat, von den Jnteressenten ausgetragen wird, und zwar durch einen Spruh des in den Lieferungs verträgen vorgesehenen Schiedsgerichts. Sollte das Schieds- geriht zuungunsten der amerikanischen Abnehmer entscheiden und sih auf solhe Weise die bisher fehlende Aktivlegitimation der amerikanischen Regierung ergeben, so würde die Kaiserliche Regierung zu Verhandlungen bereit sein, gemäß den G}sichts- punkten, die im Herbst v. J. zwischen dem Minister für Handel änd. Gewerbe Sydow und dem Botschafter Hill in privatem Gespräch erörtert sind und über die, bis auf die Höhe der Preise, Einverständnis er- zielt war. Um diesen noh offen gebliebenen Punkt zu regeln, werden die Kaiserlihe Regierung und die amerikanische Re- gierung sih über die Preise zu einigen haben, die aus Billig- teitsrücksichten einen Ausgleich darstellen und deren Annahme durch die beiderseitigen Jnteressenten die beiden Regierungen zu erwirken hätten.

Frankreich.

Der Senat verhandelte in der gestrigen Sißzung über den Nachtragsetat, betreffend die militärishen Operationen in Marokko, für das Nechnungsjahr 1910.

Nach dem Bericht des „W. T. B.* erklärte der Abg. Lamar zelle (Nehte): „Wir befinden uns augenblicklich im Schaujagebiet, ohne zu wissen, wann wir unsere Stellung aufgeben können. Denn wenn wir Marokko verlassen, wird das das Zeichen zum Massenmord sein. Bleiben wir aber in Marokko, um die Europäer zu {ütßen und unsere Vorherrschaft dort zu begründen, fo sind wir nur die Polizisten Guropas. Unsere Truppen müßten die Möglichkeit besitzen, die fest- gelegten Grenzen zu überschreiten, um die Stämme, die uns an- greifen, in ihrem eigenen Wohnsiß züchtigen zu können. Die Angelegenheit Mauchamps i} beigelegt. Innerhalb eines Jahres haben wir drei Abkommen mit dem Sultan unterzeihnet. Wir haben die Aufgabe unserer Stellung im Schaujagebiet abhängig gemacht von der Einitellung hinreichender und ausgebildeter marokkani]cher Truppen. Was die Grenzen anbetrifft, so haben wir die Unterschrift des Ober- fommissars von Marokko erhalten. Wir haben eine fortschreitende Verminderung unserer Streitkräfte vorgesehen. Der Minister Pichon sagt, das werde lange dauern, er glaube es wenigstens. Aber ih beklage dies niht. Ich wäre damit fogar zufrieden. Wir müssen der Nuhe in Marokko sicher sein, damit sich dort niemand an unsere Stelle seßen kann." (Tréveneuc [Rechte] rief: Das wäre die Eroberung Marokkos.) Der Minister des Aeußern Pichon ergriff hierauf das Wort und führte aus: „Der französis{-englische Vertrag von 1904 ift cines der segenéreihsten Werke, das von der französischen Regierung fertiggestellt worden ist. Die Algecirasakte war notwendig, und wir haben uns über ihre Ergebnisse nicht zu beklagen. Als wir nach Marokko gingen, waren wir dur diese Abmachungen gebunden. Wir mußten unsere Unterschrift refpektieren. Die „Massakres von Casablanca konnten wir niht ungestraft lassen. Sollten wir gestatten, daß andere sich im Scherifishen Neihe an unsere Stelle seßten? Wer macht uns denn unsere Vorherrschaft in Marokko streitig? (Gaudin de Villaine: Spanien!) Wir haben Verträge mit Spanien zu gemeinsamem Zwecke. Seit dem legten Jahre, als Lamarzelle über die Algecirasatte eine Interpellation einbrahte, haben die Plünde- rungen aufgehört, und wir haben vom Sultan Entschädigungen er- halten. Die Sicherheit der Karawanen ist gewährleistet. Wir haben den Marokkanern den Abs{chluß einer Anleihe erleichtert, die dazu bestimmt ist, die Schulden zu bezahlen, öffentlihe Arbeiten auszu- führen und eine regelmäßige innere Verwaltung zu ermöglichen. Die marokfanishe Polizei arbeitet heute sehr gut. Die Frankreich zu stehenden Entschädigungen sind bezahlt worden. Ist das nichts, die Sicherheit in Marokko aufrecht erhalten und dem französischen Namen Achtung verschafft zu haben, was unserem Heer zur Ehre gereiht ebenso wie unserer Diplomatie, die Frankreich in der uneigennüßigsten Weise dient und an den Traditionen unseres Vater- landes festhäalt? Wir haben ein Werk des Fortschritts geschaffen, unsere Handelsbeziehungen organisiert, Märkte gegründet, ein ganzes Programm für öffentliche Arbeiten aufgestellt, Schulen, Krankenhäuser

und ärztliche Untersuhungsanstalten gegründet. Ist das nihts? Aus allen Reden Lamarzelles \pra der Grundgedanke der Eroberung. Wir, sagte Pichon, treiben eine Politik des Friedens und der Versöhnung. Ich weiß nicht, was diese Entwicklung aufhalten könnte.“ Mit Bezug auf die an der Tripleentente geübten Kritiken betonte Pichon, es sei eigentümlih, wenn man erkläre, die Entente mit England zeitige keine Nesultate, und es fänden mit England keine Verhandlungen mehr über militärische Fragen statt. „Was wissen Sie darüber, Herr Lamarzelle ?* fragte der Minister. „Die Diplomatie stellt sich nit auf den offenen Markt. Die englishen Zeitungen, die Artikel in demselben Sinne schreiben, sind weit in der Minderheit. Niemals war die Entente cordiale vollklommener und fruhtbringender als heute. Aber wie kann man als Ursache einer angeblihhen Unfruchtbar- keit der Tripleentente jedesmal unser Bündnis mit Rußland hin- stellen! Wir stehen fortgeseßt in Beziehungen zu unseren Ver- bündeten und vereinigen unsere Anstrengungen für die Wahrung des Friedens und der Würde. Wir wollen Gewähr bieten für den Frieden, aber auch für die Macht Frankreihs. Wenn Sie durch Ihre Angriffe die Kraft unseres Bündnisses und der Freund- schaften, die unser Land geschlossen hat, vermindern, wenn Sie die diplomatische Lage {wächen, die durh Jahre der Anstrengungen und durch eine Kontinuität der Anschauungen, die man selten in der Ge- schichte einer Parteiregierung findet, gewonnen worden ist, dann tun Sie damit vielleiht etn Werk der Partei, aber kein nationales Werk. Und ich stelle im Namen der Regierung rihtig und erkläre, daß die diplomatische Lage Frankrel(s niemals ‘besser gewesen ist als heute. Der Abg. Lamarzelle entgegnete, Pichon möge \ich daran er- innern, daß im, Augenblick der Annerion Bosniens und der Herzegowina durch Oesterrei Deutschland es gewesen sei, das die entscheidende Interventton unternommen habe. Rußland und Deutsch- land hâtten die Frage der Bagdadbahn untereinander geregelt. Bei der Angelegenheit der Befestigungen von Vlissingen sei Frankreich nicht gefragt worden. Deutschland allein habe seinen Willen klar und energisch kundgetan. Der Abg. Flaissières erklärte es als wünschenswert, daß Pichon Aufs{luß über die Frage gäbe, ob Nußland ihm vor der Potsdamer Entrevue Aufklärung darüber gegeben habe, was dort vorgehen würde, oder nicht. Der Minister des Aeußern Pichon erwiderte, er glaube, diese Frage bereits in der Kammer beantwortet zu haben. Frankreih und Rußland seien zu enge Vere bündete, als daß Rußland Frankreih nicht vor der Potsdamer Entrevue über das, was es in Potsdam zu sagen gedenke, Mitteilung gemacht haben sollte. Er sei in der Tat genau informiert worden. Rußland habe mitgeteilt, daß bei dieser Entrevue von Persien und den Bahnen in der Türkei und Persien die Rede sein würde. Es könnten im Verlauf der Entrevue von dem Vertreter Nußlands auch andere Fragen aufgeworfen werden, Rußland habe die Negierung Tag für Tag über alle während der Entrevue abgegebenen Er- flärungen vollkommen auf dem laufenden erhalten. Er habe über das, was sih aus diesen Mitteilungen möglicherweise ergebe, keine Erklärung abzugeben, könne aber versichern, daß Frankreih vom Ge- sihtspunkt der Interessen des. Landes und des Friedens nichts zu be- dauern haben werde. Der Abg. Gaudin de Villaine be- merkte, der Minister habe nichts über die Stellung Frankreichs zu Spanien gesagt. Man habe von geheimen Abmachungen gesprochen, wie Frankreich bereits eine im Jahre 1905 gehabt habe. Was man wisse, set, daß Frankreich keine Division in das Schaujagebiet \{affen könne, ohne Proteste der Großmächte erwarten zu müssen, daß aber Spanien in dem Gebiet, das es beseßt halte, eigener Herr sei. Frankreich stelle die Polizei zur Wahrnehmung der Interessen Europas dar, während sih der König von Spanien zum souveränen Fürsten in Marokko gemacht habe, und eine Ironie sei es, daß Frankreich einen General hingeschickt habe, um ihn zu begrüßen.

Die Generaldiskussion wurde darauf geschlossen und der Nachtragsetat mit 290 gegen 1 Stimme angenommen.

Die Deputiertenka/mer hat gestern die vom

Senat bereits bewilligt ® a nzungskredite sowie die \Er- gänzungsfredite für die G schen Operationen in Marokko mit 468 gegen 88 Stimmen angenommen.

Rußland.

/ Zum Präsidenten des finnishen Landtags ist, „W. T. B.“ zufolge, der Jungfinne Svinhufvud, zum Ersten Vizeprästdenten der Schwede Sederholm und zum Zweiten Vizepräsidenten der Altfinne Listo gewählt worden.

Ftalien.

Die Abgeordnetenkammer seßte gestern die Debatte über den Antrag des sozialistischen Abg. Canepa, betreffend die Verteuerung der Lebensmittel, fort und nahm mit 261 gegen 88 Stimmen bei 9 Stimmenthaltungen den vor gestrigen Zusazantrag Morelli an, in dem der Regierung das Vertrauen der Kammer ausgesprochen wird.

Nach dem Bericht des ,W. T. B." erklärte der Ministerpräsident Luzzatti im Laufe der Debatte, in der sh verschiedene Redner gegen die Regierung ausgesprochen hatten, auf die Ausführungen eines \ozialistischen Redners, die konservativen Mächte der mens{lichen Ge fellschaft seien allen denen überlegen, die mit ihnen in Wettstreit träten, und wenn diese Mächte einen legitimen Wunsch des Undes zu befriedigen suchten, so triuumphierten sie über aprioristishe Doktrinen. Einem andern Redner gegenüber betonte Luzzatti, die Regierung werde ihre Versprechungen einhalten und der Kammer die angekündigten Reformen unterbreiten.

Nachdem noch mehrere Redner gesprochen hatten, wurde, wie oben gemeldet, das Vertrauensvotum angenommen und fodann der Antrag Canepa abgelehnt.

Portugal. Aus Anlaß des Jahrestages der Ermordung des

Königs Carlos wurden, „W. T. B.“ zufolge, gestern in

Lissabon in mehreren Kirchen Messen abgehalten. Kundgebungen fanden nicht statt. Jn Coimbra, wo gleichfalls eine Messe ge lesen wurde, drangen zweihundert Personen in die Näume des katholischen und monarchistischen Klubs ein, zertrümmerten die Möbel und verbrannten die Bücher.

Niederlande.

Jn der Ersten Kammer wurde gestern bei der all- gemeinen Beratung des Budgets die Debatte über die Frage der Küstenverteidigung fortgeseßt.

Wie „W. T. B.* berichtet, erklärte der Antirevolutionär Thooft, er habe es niht recht verstanden, warum die Regierung dem Plane der Küstenverteidigung den Vorzug gäbe. Nach seiner Meinung müßte die Reorganisation der lebenden Wehrmacht den Borzug haben. Zum mindesten hätten diese Maßnahmen gleichzeitig den Generalstaaten unterbreitet werden müssen. Der Minister des Innern Heemskerk antwortete mehreren Rednern und erklärte, bei den verschiedenen Betrachtungen des Gedankens der Küstenverteidigung sei immer der Wunsch zum Ausdruck gekommen, eine Reorganisation der lebenden Streitkräfte in Angriff zu nehmen. Er glaube nicht, daß der Wunsch so stark wäre, wenn der Plan der Küstenverteidigung nicht Vorlage geworden wäre. Dieser einstimmige Wunsch sei eine vorteilhafte Folge des Küstenverteidigungs- entwurfs. Uebrigens folle die Vorlegung dieses Entwurfs vor der Einbringung des revidierten Milizgeseßes niht heißen, daß die Regierung der Küstenverteidigung den Vorzug gebe oder daß fie die Stärkung der Armee vernachlässige. Was die von Staal geäußerte Ansicht betreffe, daß die Stärkung der Amsterdamer Werke vom s\trategischen Gesichtspunkt das drin gendere Erfordernis sei, so habe tieser vergessen, daß die Neutralität

nicht mit einer Befestigung im Innern des Landes, sondern an den Grenzen gewahrt wèrde, also da, wo das Meer beginne, sowie an der Landgrenze. Die Wahrung der Neutralität fei der HaupÞptbeweg- grund für die Küstenverteidigung ebenso wie die erste Aufgabe für das Landheer. Was die Beschwerde Staals anlange, taß er auf seine Anfrage, ob der neue Kriegsminister das Projekt der Küstenverteidi- gung im einzelnen gebilligt habe, keine befriedigende Antwort erhalten babe, so beantworte er diese damit, daß ihm die Achtung vor der Zweiten Kammer verbiete, eine andere Antwort zu erteilen, als er fie vor Beginn der Beratungen in der Zweiten Kammer gegeber habe.

Amerika.

Der amerikanische Senat hat gestern die Vorlage, betreffend die Schiffs subventionen, angenommen. Bei der Abstimmung stimmten, wie „W. T. B.“ meldet, 39 Se natoren dafür und 39 dagegen. Der Präsident gab den Aus schlag zugunsten der Annahme.

Einem Telegramm aus El Paso zufolge hat die Polizei von Juarez (Mexiko) die Pulvervorräte der Negierung in die Luft gesprengt, um zu verhindern, daß fie in die Hände Der Aufständischen fallen, die auf dem Vormarsch gegen die Stadt begriffen sind.

Der Kongreß der NepUublik Honduras hat es, „„IVP. T. B.“ zufolge, abgelehnt, zu einer mit Pierpont Vtorgan abzuschließenden Anleihe seine Zustimmung zu geben.

Der qhilenische Nationalkongreß hat in der gestrigen Schlußsißzung das Budget für 1911 bewilligt. Die Ausgaben betragen 241 744 443 Piaster in Papier und G3 124 573 Piaster in Gold.

Asien.

Das Befinden des Gouverneurs von Jspahan, auf den, wie gemeldet, vorgestern ein Attentat verübt worden ist, ist zufriedenstellend. Der Neffe ist seinen Verletzungen erlegen.

Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ aus Teheran hat das Medschlis gestern ohne Debatte der An jtellung vvn fünf Amerikanern als Finanzratgebern zugestimmt. Der Minister des Aeußern hatte erklärt, die Anstellung erfolge für einen Zeitraum von wenigstens drei und höchstens fünf Fahren.

Einer vom „W. T. B.“ verbreiteten amtlichen Meldung Zufolge sind die türkishen Truppen zwischen Ebha und Hodeida neuerlih von starken arabishen Streitkräften ange griffen worden. Infolge ihrer numerishen Schwäche waren nte im Nachteil und verloren eine Gebirgskanone. Die Araber machten eine Anzahl Gefangene. Durch rechtzeitig einge troffene Verstärkungen gelang es den Truppen, die Araber mit einem Verlust von zweihundert Mann zurückzutreiben, während fie selbst fünfzig Tote und Verwundete hatten. Die Truppen haben Befehl erhalten, sich bis zum Eintreffen von Verstärkungen auf die Defensive zu beschränken.

Der deutsche KronpuLinz wohnte, „W. T. B.“ 3u- folge, gestern vormittag in Lucknow einer Gedenkfeier für die verstorbenen Offiziere und Mannschaften der Royal Dragoons bei und legte einen Kranz nieder. Am Nachmittag - erfolgte die YAÆbreise nach Kalkutta.

Koloniales.

Der deutsche koloniale Baumw olUllbau.

Ueber die deutshen fkolonialen Baumwollunternehmungen des letzten halben Jahres hat der Vorsißende des Kolonialwirtschaftlichen &omitees, Karl Supf, der Baumwollbau-Kommission desfelben einen Bericht erstattet, aus dem bei dem gegenwärtigen fritishen Stande

es Baumwollweltmarktes die folgenden Angaben von allgemeinem nteresse sein dürften.

Die Baumwollproduktion der deutschen Kolonien hat 1909 eine nicht unerheblihe Steigerung erfahren. Nah armtlihen Angaben wurden aus Togo im Jahre 1909 2043 Ballen zu 500 Pfund im IBerte von 417500 #4 gegen 1667 Ballen im Werte von 386 040 # im Vorjahre ausgeführt. Mehr tritt ter Fortschritt in Deutsch-Ostafrika zutage. Dort belief sich die Ausfubr 1909 auf 2077 Ballen im Werte von 440460 Æ gegen 1081 Ballen im Werte von 249438 A im Jahre 1908. Die Ausfuhr hat fich demnach in Deutsh-Ostafrika nahezu verdoppelt. Es darf dies als ein erfreulies Zeichen dafür angesehen werden, daß die Baumroollkultur in dieser Kolonie jeßt einer ra\cheren Entwicklung entgegengebht. Das 2orgehen der Regierung in ter Saatfrage, die im jeßigen Stadium der Entwicklung der Baumwollkultur in Ostafrika akut geworden ift, wird voraussichtlich günstig einwirken. Die intenfivere Bearbeitung Der tehnischen Seite des Baumwollversul:swesens durch die neu ge bildete Kolonialtedlnishe Kemmissicn des Komitees und die allmäbliche Lösung der Bewässerungsfrage durh wasserwirts{Waftlihe Erkundungen und Ausarbeitung von Bewässerungsprojekten wird ebenfalls zux èF örderung der Kultur beitragen. Hinzu kommt, daß dur den fort fcbreitenden Eisenbahnbau weitere Gebiete dem WBaumwollbau er- \losscn werden, und die Kultur sih bei den Pflanzern eines stetig freigenden Interesses erfreut, wie die allseitige Vergrößerung des an gebauten Areals bekundet. Die im verflossenen Halbjahre erzielten Durch\chnittépreise betrugen: für Togo-Baumwolle 72 „g, bei einem S oöchstpreise ven 75 4, für deuts{-ostafrikanishe €94 „8, bei einem Höchstpreise von 1 #4 für ein Pfund.

Die Baumwollstation Mpanganya im Nufivigebiet ist am 1. Ofs t ober vem Kaiserlihen Gouverncment übernommen worden. Als P ropaganda- und Lhrstation hat sie ihren Zweck erfüllt: Die Baums- w oll: Eingeborcnenkultur is im NRufiyigebiet am weitesten entwidckelt, von mittleren und Grof.pflanzungen find über 45 000 ha für den WBaumwollbau belegt. Die Baumwollstation Mpanganya roird nun- mehr insbesondere als Baumwollsaatzuchtstation eingerihtet und aus- gestaltet werden. Entkörnungsanlagen mit teutschen Maschinen bat das Komitee für die Bezirke Morcgoro und Muanfa geliefert. Für die neue Pflanzperiode sind bis jeßt an ausländisher Saat beim Komitee bestellt: Mitafifi-Saat etwa 2600 Zentner, Abafsi- Saat etwa 700 Zentner und Uganda-Saat etwa 420 Zentner. “Um Saatbezug sind die Bezirksämter Lindi, Kilwa, Vèorogoro, MVêèeohoro, WBagamoyo-Sadani, Muansa und die Bezirksnebenstelle Aruscha beteiligt. Im Interesse der Gewinnung guter einbheimischer Saat ist das Komititee - bereit, auf Grund von mit Saatzüchtern und Ginnereibesitern abzuschließenden Verträgen ersteren den Zentner erstklassiger Saat zum Preise von 8 4 frei ab Ginstation abzu nehmen und den Ginnereibesißern für das Entkörnen der Saat- baumwolle einen Zuschlag in Höhe von 5 Nps8. für die Tonne Saat zu zahlen. Die Saatlieferer und Ginnereibesitzer verpflichten fich dagegen zu gewissenhaftem Anbau und zu forgfältiger Auf- bereitung der Saat. Die Saatfelder und Entkörnungs8anstalten untersftehen der Aufsiht der vom Gouverneur ernannten Beamten der Negterung und der Beamten des Komitees. MNichteinhaltung der Verträge hat deren Ungültigkeit bezw. Strafe zur Folge. Zur Verteilung an Pflanzer für besondere Leistungen auf dem Gebiete des Saatbaus hat das Komitee bis zu 3000 4 tem Gou vernement zur Verfügung gestellt. Zur Hebung der Eingeborenkultur in Deutsch-Ostafrika hat das Komitee ferner Pflanzprämien eingerichtet. Den Bezirksämtern indi, Kilwa, Mohoro, Morogoro, Muanfsa und MNeu- Langenburg sowie der Nesidentur Bukoba sind im ganzen 7000 46 zur WBerteilung an die eingeborene Bevölkerung zur Verfügung gestellt worden, die nah ciner bestimmten Vereinbarung mit den Bezirks8-

ämtern erfolgt. Außerdem werden Pflüge und landwirtschaftlihe Ge- räte kostenfrei verteilt. Eine zweite, umgearbeitete Auflage der „An- leitung für die Baumwollkultur in den deutshen Kolonien“ von Pro- fessor Dr. Zimmermann is vom Komitee herausgegeben worden.

Während die Anzeichen für die Entwicklung der Baumwollkultur in Deutsh-Ostafrika ret ermutigend sind, lassen die Nachrichten aus Togo leider erkennen, daß in diesem Jahre hier ein Nückgang in der Produktionsmenge zu erwarten ist. Dieser Nückschlag ist um so mehr zu bedaueru, als es sich nicht nur um eine etwa durch ungünstige Witterungsverhältnisse verursahte Verminderung der Ouantität, sondern auch um einen Rückgang der Qualität handelt, der vor- aussihtlich auf eine natürlihe Sortenmishung und deren Folgen zurüzuführen sein dürfte. Die Baumwollbau-Kommission hat daher beschlossen, einen Baumwollsachverständigen zum Studium der Baumwollfrage nach Togo zu entsenden und die Kolontal- verwaltung zu bitten, die Studienreise weitgehend zu unterstützen. Zur Erschließung neuer Gebiete für die Landwirtschaft, insbesondere für Baumwoll-Großpflanzungen dienen: die im Somtmmner zum Ab- {luß gelangte wasserwirtschaftlihe Erkundung der Mkattasteppe, in Frage kTommt ein Gebiet von ungefähr 50 000 ha; die jeßt auf- genommene wasserwirtshaftlihe Erkundung der östlihen und s\üd- östlihen Gebiete am WViktoriasee, Schäßung der Gebiete etwa 150 000 ha; die für das Jahr 1911 geplanten Erkundungen am oberen Pangani und am Unterlauf des Nuvu. Die Ausarbeitung der Ergebnisse der wasserwirtschaftlihen Erkundungen des Komitees er folgt seinerzeit in Deutschland. An der Wanderausstellung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft in Ha nburg hat ih das Komitee dur die Ausstellung von deutscher kolonialer Baumwolle und Ma- schinen beteiligt.

Zum Vergleich mit den deutschen Bestrebungen dürfte noch eine Mitteilung über die Erfolge der Baumwollbauversuche Englands und Frankreichs von Interesse sein. Frankreih produzierte in seinen Kolonien im Jahre 1909: 955 Ballen zu 500 Pfund gegen 636 Ballen im Jahre 1908. Bemerkenswert ist der Aufshwung der Kolonien Senegal, Ober-Senegal und Niger 1909 mit 164 Ballen gegen 73 Ballen i. J. 1908, Dahomey 1909 mit 545 Ballen gegen 236 Ballen i. J. 1908. Ein Nückgang ist dagegen zu verzeihnen in Algerien, Madagaskar und den Komoren. Die koloniale Baumwoll- produktion Englands belief sih im Jahre 1909 auf 21 429 Ballen zu 500 deutschen Pfund gegen 15 929 Ballen i. F. 1908, darunter das alte Baumwolland Lagos 1909 mit 8571 Ballen zu 500 Pfund gegen 3929 Ballen i. J. 1908. Einen kleinen Nückgang weist Westindien 1909 mit 4286 Ballen zu 500 Pfund gegen 500 Ballen i. I. 1908 auf. Eine Gegenüberstelung der Produktion ergibt :

englische Kolonien 1909 rund 21 400, 1908: 16000 Ballen,

deutsche s Z ¿ &# 100 5 2 700 ¿

französische ,„ ä 4 950 ¿ 670 2 Nach neueren Berichten ist der Fortschritt besonders in den britischen ostafrikanischen Kolonien bemerkenswert. Während ‘in Uganda nur Eingeborenenkultur betrieben wird, überwiegt im Nyafsaland der Anbau durch Europäer. Nyafsaland-Upland erzielte den Nekordpreis von 1,33 F für 1 deutshes Pfund und wurde als die beste Baum- wolle bezeichnet, die jemals aus Uplandsaat gewonnen wurde. Der bis jeßt in Liverpool erzielte Preis für Ugandabaumwolle bewegt sich zwischen 75 und 98 S für 1 deutsches Pfund.

Parlamentarische Nachrichten.

Jn der heutigen (18.) Sißung des Hauses der Abge- ordneten, welcher der Justizminister Dx. Beseler beiwohnte, wurde zunächst eine dem Hause vorgelegte Verordnung, be- treffend Abänderung der Bestimmungen über die Tagegelder, die Fahrkosten und die Umzugskosten der gesandtschaftlichen Beamten, auf Vorschlag des Präsidenten von Kröcher der Kommission überwiesen, die zur Vorberatung der Ausführungs bestimmungen zu dem Reisekostengeseß eingeseßt worden ist.

Sodann folgte die dritte Beratung des Geseßentwurfs zur Abänderung der Landgemeindeordnung für die Provinz Hannover (gerichtlihe und außergerichtliche Ver tretung der Gemeindesparkassen durch das Sparkassenorgan statt durch ein besonderes Syndikat).

Der Gesetzentwurf wurde nach kurzen befürwortenden Be merkungen des Abg. Meyer- Diepholz (nl.) und eines Re gierungstommissars angenommen.

Darauf seßte das Haus die Beratung des Etats der Justizverwaltung und zwar zunächst die bei dem Titel der dauernden Ausgaben „Gehalt des Ministers“ übliche allgemeine Besprechung fort.

Abg. Mertin-Dels (freikon\.): Die großen Aufruhrprozesse in Moabit haben in der ganzen Bevölkerung eine so große Bewegung und Beunruhigung hervorgerufen, daß man eine gewisse Erleichterung sinden kann, nachdem sie endlich zu Ende sind. Mit Necht hat man die Art der Verteidigung in diesen Prozessen bemängelt. Es gibt in der Tat eine Gruppe von Verteidigern, meist in den großen Stadten, die ihre Aufgabe nicht in einer sachlichen Wabhr- nehmung der Interessen ihrer Klienten bei der MNReckt- \prechung sehen, sondern in ihren Plädoyers Politik treiben. Diese Art der Verteidigung wird von niemand \{ärfer verurteilt als von dem Gros der einsihtigen Anwälte, weil sie wissen, daß nichts der Sache der Verteidigung so sehr schaden kann und muß, wie ein solches Vorgehen. Gewiß kann man dafür sein, daß das Recht der Verteidigung niht bes{hränkt wird, aber dieses Necht darf auch nicht mißbrauht werden. Deshalb können meine politishen Freunde \ich der Erkenntnis nicht vershließen, daß im Interesse der sachlichen Abwicklung des Rechts erforderli ist, in der Beweisaufnahme eine gewisse Ein schränkung eintreten zu lassen, wie dies in dem Entwurf der neuen Strafprozeßordnung vorgesehen ist. Wir glauben diese Einschränkung umsomehr verantworten zu können, als durch die größere Heranziehung des Latenelements und die Einführung der Berufung aegen Urteile der Strafkammern gewisse Kautelen geshaffen sind. An den be- trübenden Erscheinungen der leßten großen Prozesse ist aber nicht nur die Verteidigung schuld, sondern zum großen Teil die Be völkerung selbst, Wir leben in einer Zeit, in der das Interesse der Bevölkerung an den Gerichtsverhandlungen abnorm groß ist. Vas Auditorium in den Gerichtsfälen seßt fh immer mehr aus jolchen Personen zusammen, die in den Gerichtsverhandlungen eine Art Theatervorstellung sehen. Das ist auf das äußerste zu be- flagen. Cs hat etwas Betrübendes, wenn Frauen aus bloßer Neugier in solhen Verhandlungen anwesend sind. Die Frau gehört nicht „dorthin. Wir haben es erlebt, daß in dem Herberich- Prozeß Damen mit Vperngläsern den Verhandlungen folgten. Zu großen Ausstellungen gibt auh die Art der Berichterstattung der Presse Veranlassung. Die Referate sind öfter weniger \achlich als sensationell zugeshnitten, indem sie Heiterkeit und dergleichen ver- zeihnen. Was den Fall der Nechtsbelehrung der Ges{worenen dur den Landgerichtsdirektor Unger betrifft, so hat das „Berliner Tageblatt“ 11h etner großen Unwahrheit s{uldig gemacht, indem es behauptete, daß die Nede des Abg. Böhmer bestellte Arbeit gewesen sei. Die ganze Angelegenheit hat doch großes Aufsehen gemacht, und das „Vérliner Tageblatt“ mußte selbst wissen, daß die Sache hier erörtert werden würde. Gbenso falsch ist es, daß der Justizminister den tandgerichtsdirektor Unger vernommen habe. Der Ausdruck „der ver nommene Richter“ muß zu der Annahme führen, als sei der Land gerihtsditeftor als Inkulpat behandelt worden. Das ist durchaus niht der Fall. Wie sollte sich denn der Minister über die Sache informieren? Die Art, wie er es getan, hat keineswegs die Unab- hängigkeit eines Nichters angetastet. Das Verfahren des Ministers war nicht nur durhaus angemessen, sondern auch notwendig. Die

Antwort des Ministers hat uns voll befriedigt, Es handelt si bei der ganzen Sache weniger um die Gefahr der Mißdeutung des Begriffs „Notwehr“ als um die Wirkung, die der Ausdruck „wohl- gezielter Ubi bng B in der Oeffentlichkeit machen muß. Ich möchte mich jeder Kritik der Verhandlung und der Urteilsbildung enthalten. Aber wir können an dem Eindruck niht vorbeigehen, den eine solche Ausdrucksweise in der Oeffentlichkeit hervorrufen muß. Es ist fraglich, ob dies geschickt ist in etner Zeit, in der die Be- völkerung ohnehin \{chon so sehr gegen die Polizei aufgehetßt D C leben in Gi E n Der win an Ver MNevolverschießerei und -spielerei gerade genug haben. Ih will gewiß dem Landgertihtsdirektor hier nichts anhängen, aber ih habe geglaubt, im Interesse der Sache diese Bemerkung machen zu müssen. Ich habe auch den Eindruck gehabt, daß der Minister dessen Vorgehen nicht billigt. In den übrigen Prozessen im Lande wird heute noch meist ruhig und sachlich verhandelt. Der Redner erklärt {ih dann gegen die Abschaffung der wissenschaftlichen Arbeit im NReferendareramen. Es müsse den jungen Juristen Ge- legenheit gegeben werden, sih für die wissenshaftlihe Betätigung vor- zubilden. Sie und die Assessoren müßten sich mit den wirtschaft- lihen Grundlagen unseres Lebens vertraut machen. So weit möhte er, der Redner, allerdings nicht gehen, daß die jungen Juristen etwa auch eine polytehnishe Schule besuchen; es genüge, daß sie sich praktisch so weit vorbilden, daß sie den Gutachten der Sach- verständigen folgen können. So pessimistisch, wie die beiden leßten Nedner zu diesem Etat, könne er über den Richterstand nicht urteilen. Eine größere Beteiligung des Laienelements beim Schöffengericht könne er nur billigen. Der kleine Bauer und der Handwerker seien oft lieber in den Schöffengerichtsverhandlungen, als der akademish vor- gebildete Jurist. Dadurh würde die Rechtspflege vereinfaht. Cbenfo müsse er fih dagegen erklären, daß die Amtsanwälte in ‘der Haupt- sahe aus den Kreisen der Jurlsten rekrutiert werden. Schließlich nimmt sich der Nedner noch der Kanzleigehilfen und Unterbeamten an und {ließt mit der Hoffnung, daß die preußishe Justiz auch fernerhin zum Segen des Volkes das fundamentum regnorum bleiben möge.

(Schluß des Blattes.)

Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Bewilligung weiterer Staatsmittel zur Verbesserung der Wohnungs- verhältnisse von Arbeitern, die in staatlihen Be trieben beschäftigt sind, und von gering besoldeten Staatsbeamten, zugegangen. Nach 8 1 des Gesetzentwurfs soll für diesen Zweck der Staatsregierung ein weiterer Betrag von zwölf Millionen Mark zur Verfügung gestellt werden. Jn der ihm beigegebenen kurzen Begründung wird ausgeführt :

Durch die Geseße vom 13. August 1895, 2. Juli 1898, 23. August 1899, 9. Juli 1900, 16. April 1902, 4. Mat 1903, 15. Juni 1904, 8. Juli 1905, 16. Juli 1906, 12. August 1907, 3. August 1909 und vom 25. Juli 1910 find zu dem im § 1 des Entwurfs bezeichneten Zwecke Beträge von insgesamt 132 Millionen Mark zur Verfügung gestellt worden. Diese Beträge sind im wesentlichen festgelegt, und über den noch vorhandenen NRestbestand ist zum größten Teile auch schon verfügt worden. Das Bedürfnis nah Fortseßung des mit dem Geseßze vom 13. August 1895 begonnenen fegensreihen Werkes besteht in demselben Umfange weiter. Tae das Ziel der früheren Gesetze und die bei ihrer Durchführung beobachteten Grundsätze die Billigung des Landtages gefunden haben, wird daher die Bereitstellung eines weiteren Betrages von 12 Millionen Mark, der zur Befriedigung des für den gleihen Zweck neu angemeldeten Bedarfes für 1911 erforderli

sein wird, in Vorschlag gebracht

Nr. 9 des Zentralblatts der Bauverwaltung“, heraus- gegeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 28. Januar hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrihten. Nidcht- amtlihes: Die Berliner Vorortgerihtsbauten. (Fortsetzung.) Welche Kraftquellen siehen unseren Nachkommen zu Gebote, wenn die Kohlenlager erschöpft sein werden? Vermischtes: Auszeichnung.

Wettbewerb um Entwürfe für eine evangelishe Kirche in Mariendorf-Südende. Versammlungen der Vereine der Baustoff- gewerbe. Bestimmungen über die Ausführung von Vorarbeiten in der Türkei.

Statiftik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Die sämtlichen organisierten Gehilfen der Glühlampen fabrik Obermeißbach in Thüringen haben, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, wegen einer Kürzung der Arbeitslöhne um 15 %/% die Arbeit niedergelegt.

Bei der Besatbandfirma A. Nöllinghoff in Schwelm haben nah demselben Blatte sämtliße Bandwirkergesellen und eine Anzahl Winderinnen infolge Lohnstreitigkeiten die Kündigung eingereiht.

Die Tarifverhandlungen imSchneidergewerbe Leipzigs werden, wie die „Lpz. Ztg." berichtet, fortgeseßt, sodaß Aussicht auf eine Einigung vorhanden ist. Wenn auch in Nücksicht auf die Kon- kurrenz der Konfektions8geschäfte niht allen Forderungen der Gehilfen- haft Nechnung getragen werden kann, \o find doch die Arbeitgeber einer Erhöhung der Löhne niht abgeneigt. Die Bestimmung der Tarifklasse für die einzelnen Geschäfte dürfte allerdings noch Schwierig keiten verursachen.

Kunst und Wissenschaft.

Am 12. d. M., Mittags 12 Ubr, findet in der neuen Aula der hiesigen Universität der erste der wissenschaftlichen Vorträge Berliner Hochschullehrer statt, auf die an dieser Stelle bereits hingewiesen wurde. Der Wirkliche Geheime Rat Professor D. Harnack wird über die Entstehung des Papsttums sprechen.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln.

Das Kaiserlihe Gesundheitsamt meldet den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche aus Nott, Kreis Alfeld, YNegierungs- bezirk Hildesheim, Wendenborstel, Kreis Nienburg, Regierungsbezirk Hannover, Reessum, Kreis Rotenburg, Negierungsbezirk Stade, aus Mannheim, Amtsbezirk Mannheim, Fahrnau, Amtsbezirk Schopfheim, Sulzbach, Amtsbezirk Weinheim, nnd Furtwangen, Amtsbezirk Triberg, im Großherzogtum Baden, vom Viehhofe zu Hof a. S., bei Händlervieh und vom Schlachthofe zu Mannheim, ferner aus Eckenhagen, Kreis Waldbröl, Regierungsbezirk Cöln, und Fischenih, Landkreis Cöln, am 1. Februar 1911.

Das Erlöschen der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet vom Viehhofe zu Frankfurt a. M. am 1. Februar 1911,

Malta. In Malta ist dur eine Negierungsverfügung vom 27. Januar

d. I. Odessa für pestverseucht erklärt worden. Von dort tommende Schiffe unterliegen nebst ihren Passagieren den vorge- schriebenen gesundheitspolizeilihen Maßnahmen. Durch dieselbe Ver- fügung wurde Odessa für cholerafrei erklärt. Die anläßlich der Choleragefahr angeordneten Quarantänemaßregeln sind dahec aufgehoben worden. (Vergl. „R.-Anz." vom 9. Juli v. F., Nr. 159.)

Italien.

Die italienische Regierung hat durh seesanitätépolizeili&e Ver- ordnung vom 27. Januar d. I. die gegen Herkünfte aus Tri- polis angeorbneten Quarantänemaßregeln wieder aufge- hoben. (Vergl. „RN.-Anz.“ vom 17. Oktober v. I., Nr. 244.)

VDULTet

Der internationale Gesundheitsrat in Konstantinopel hat folgenden Beschluß zur Kenntnis der Schiffahrtsinteressenten gebracht :

Für den Fall, daß Port Said, Suez oder andere Stationen des Kanals verseucht sein sollten, werden die Schiffe reiner Herkunft nah günstig verlaufener ärztlicher Untersuchung unter folgenden Bedingungen zum freien Verkehr in den türkishen Häfen zugelassen: 1) sie müssen den Kanal durchfahren haben ohne mit dem verseuhten Hafen oder den verseuhten Häfen in Verkehr getreten zu sein, 2) die Lotsen, das Sanitätspersonal und die Elektriker, welche die Schiffe bei ihrem Eintriit in den Kanal an Bord nehmen, müssen vor der Einschiffung einer ärztlihen Untersuchung, einer Desinfektion ihrer Effekten und einer förperlihen Waschung unterzogen werden. Daß diese Bedingungen erfüllt sind, ist durch eine amtliche Bescheini- gung im Gesundheitspaß nachzuweisen.

Neapel, 2. Februar. (W. T. B.) Die auswärts verbreitete Meldung, hier fei ein Pestfall vorgekommen, entbehrt jeder Be- gründung.

Charbin, 2. Februar. (W. T. B.) Gestern sind 23 Pest - kranke gestorben, unter ihnen zwei Europäer, ein Feldscher und ein Sanitätsbeamter. Heute find der Arzt Dr. Michel, vier Sanitäts- beamte und ein Soldat von den Zernierungstruppen erkrankt.

Verkehrswesen.

Laut Telegramm aus Cöln ist die heute nahmittag 6 Uhr in Berlin fällige Post aus Frankrei ch wieder ausgeblieben. Grund: Zugverspätung.

Theater und Musik.

Deutsches Theater.

Das Deutsche Theater, das {hon einmal in Schalom Aschs „Gott der Nache“ das fremdartig anmutende jüdisch-russishe Milteu auf die Bühne brachte, versuchte es gestern mit einem zweiten Stück dieser Gattung, mit David Pinsfkis vieraktiger Komödie „Der Schaß“, die nur unter den Mitgliedern einer jüdishen Gemeinde sih abspielt. Der Verfasser sieht die Dinge mit einem Humor, der stellenweise ungemein ergößlich ist; zuweilen nimmt tie Handlung auch eine ernste Wendung, die nachdenklicher stimmt, und auc an der Schärfe des Satirikers läßt es der Verfasser niht fehlen. Nux find die Vorgänge nicht straf genug zusammengefaßt, die Episoden gehen zu sehr ins Breite und überwuchern die Haupthandlung. Der s{chwach- finnige Sohn des Totengräbers hat, als er sein totes Hündchen auf dem Friedhof verscharrte, ein Häuflein Goldstücke gefunden, die er seiner pußsüchtigen Schwester \henkt. Diese kauft ih dafür Staat, und alsbald verbreitet sich im Dorfe das Gerücht, der Totengräber habe einen großen Schaß ausgegraben und sei nun ein reiher Mann. Märchenhafte Gerüchte von der Höhe dieses Schatzes sind im Umlauf, und alsbald erscheinen der Heiratsvermittler, der Gemeindeälteste und allerlei Mitglieder von Wohltätigkeitsvereinen bei ihm, um für sich Borteile herauszushlagen. Die Tochter des Totengräbers, die dem Vater einredet, es müsse sich noch mehr Gold da finden lassen, wo der Shwach- sinnige den Hund verscharrte, führt ges{chickt und diplomatisch die Verhandlungen. Unglücklicherweise aber ist dem Bruder der Ort, wo er das Geld fand, völlig aus dem Gedächtnis ges{wunden, und der Totengräber gesteht, in die Enge getrieben, daß er den ver- meintlihen S%aß noch gar nicht habe. Der leßte Akt spielt näht liherweile auf dem Friedhof, wo die ganze Gemeinde versammelt ist und vergeblih nah dem Schaß sucht. Es is ein groteskes, phantasti]ch ausges{müdcktes Stimmungsbild, wie diese Leute geld- gierig zwischen den Gräbern hin nud ber buschen: etwas von dem Geiste E. T. A. Hoffmanns ist in dieser Szene lebendig geworden. Plößlih erinnert sh der \{chwachsinnige Sohn des Totengräbers an den Ort, wo er das Geld fand. Man bestürmt ihn, zu reden; aber der Vater, dem man die Totengräberstelle entzogen hatte, verbietet es ihm, bevor er selbs nicht wieder in Amt und Würden eingeseßt sei; und der Gemeindevorsteher muß ihm zuvor die schriftliche Zusiherung geben, daß er bis an sein Lebensende Toten- gräber bleibe. Nun geht es in wilder Jagd der Stelle zu, die der Schwachsinntge zeigt. Aber zur allgemeinen Enttäushung findet sich kein Schaß. Die Menge zerstreut sih allmählich, und der Totengräber epilogiert mit Humor das sonderbare Érlebnis, während ihm die Tochter gesteht, daß sie niht das ganze Geld ausgegeben, sondern noch einen ansehnlichen Rest auf der Bank habe. Unter den Darstellern der Komödte tat ih besonders Herr Arnold als Totengräber hervor, der der Gestalt ein mehr tragikomishes als rein komisches Gepräge zu geben wußte. Fräulein Cibenshüß spielte die Tochter übermütig und betonte auch geschickt deren geistige Ueberlegenheit. Nur ließ fie einen gewissen poetishen Hauch, den die Gestalt haben sollte, ver- missen. Den Schwachsinnigen stellte Herr Gottowt sehr naturalistish dar. Auch die zahlreichen anderen Mitwirkenden waren gut am Plate. Mit den Hauptdarstellern erschien zuleßt auch der Verfasser, um den niht ganz unbestrittenen Beifall entgegenzunehmen. Shre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Citel-Friedrih wohnten der Vorstellung in einer Proszeniums- loge bei.

Im Königlichen Opernhause findet morgen, Sonnabend,

eine Aufführung der „Walküre“ statt. Frau Plaichinger, Frau Denera, Frau Goetze, die Herren Kraus, Bischoff, von Schwind sind in den Hauptrollen beschäftigt. Der Generalmusikdirektor Dr. Muck dirigiert. (Anfang 7 Uhr.)

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen E. Wicherts Lustspiel „Ein Schritt vom Wege" wiederholt.

Im Neuen Theater geht als nähste Neuheit das dreiaktige Lustspiel „Mein erlauchter Ahnherr“ am nächsten Mittwoch zum ersten Male in Szene.

(Der Konzertberiht befindet si in der Ersten Beilage.)

Mannigfaltiges. Berlin, 3. Februar 1911.

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten gedachte der Borsteher Michelet zunädhst der verstorbenen Mitalieder der Versammlung, der Stadtv. Mertens, Voigt und Singer, deren Andenken in der üblihen Weise geehrt wurde, und verlas sodann ein Dankschreiben Seiner Majestät des Kaisers für die Geburtstagsglückwunschadresse der Stadtverordnetenversammlung. Erster Gegenstand der Tagesordnung war die Vorlage, in der der Magistrat zur Kenntnisnahme mitteilte, daß der Oberpräsident das Gesuch um Beratung der Frage, ob cine Uebertragung weiterer Zweige der Ortspolizei in städtische Verwaltung angängig sei, abgelehnt habe. Nach längerer Debatte, in teren Verlauf der Oberbürgermeister Dr. Kirschner sein Bedauern darüber aus\sprah, daß das Gesu des Magistrats ohne irgend eine Angabe von Gründen abgelehnt worden sei, wurde folgender von den Stadtov. Cassel, Mommsen, Rosenow und Deutsch ein- gebrahter Antrag angenommen: „Die Versammlung spricht die Er- wartung aus, daß von den zuständigen Behörden die geeigneten Maßnahmen getroffen werden, um zu verhüten, daß bei einem eiwa notwendigen Eingreifen der Polizeiorgane zur Herstellung der öffentlihen Ordnung Uebergriffe erfolgen und insbesondere unbeteiligte Personen verleßt und geschädigt werden.“ Auf der Tagesordnung stand Reut die Berichterstattung des vor-