1891 / 64 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 Mar 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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4 R sri éaR Tes Ft

Korben! No bis vor wenigen Tagen nahm er wie immer regel- mäßig an unseren Sitzungen Theil. Es befiel ihn eine Lungen- heute Morgen um 8{ Uhr erlegen it. Der Verstorbene gebörte dem Abgeordnetenhause seit 1867 an und hat an den Arbeiten desselben stets einen so hervorragenden, oft aus\ch{laggebenden Antheil cenommen, daß die Lüdke, die sein Tod verursacht, now lange und \chmerzlich im Hause empfunden werden wird Ich bitte Sie, zu Ehren dcs Andenkens des Verstorbenen sich von Ihren Sigten zu

ertzündung, welcher er

erheben.“

gesetzes ein.

In der Generaldis kussion erfiärte / Richter aus prinzipiellen und technischen Bedenken gegen die

Vorlage.

Abg. von Rauchhaupt war mit derselben einverstanden, wünschte aber, daß sie hon am 1. April 1894 in Krast trete. Finanz-Minister Dr. Miquel hielt dies nicht für aus- führbar; eine Ueberstürzung würde die Sorgfalt der Ver-

anlagung beeinträgßtigen.

Abg. Broemel äußerte zwar erhebliche Bedenken gegen das Gesct, hielt aber die Vortheile desfelben gegen den bis- herigen Zustand für so überwiegend, daß er für die Vorlage

stimmen werde.

Abg. Pleß empfahl die Annahme der Vorlage. i In der Spezialdis kussion wurden ohne wesentliche

Debatte die 8. 1 bis 59 angenommen.

des Betriebssteuersaßes für zur Gewerbesteuer niht veranlagte Gast- und Schankwirthschaftsbetriebe von 12 F auf 10 M Für den Antrag sprachen die Abgg. Goldshmidt und Broemel, geaen denselben Abg. von Tiedema nn-Bomst.

Bei der Abstimmung ergaben sih 114 Stimmen für, 101 gegen den Antrag und damit zugleih die Beshlußunfähigkeit

des Hauses.

Der Präsident von Köller sezte die nächste Sißung

auf 12 Uhr an.

In dieser (58.) Sißung wurde bei nochmaliger Ab-

Die nächste Sizung findet Montag um auf der Tagesordnung steht die Fortsezung der rathung des Staatshaushalts-Etats.

Sthluß 11/4 Uhr.

Nath den Beschlüssen des Reichstages zum Reichs- haushalts-Etat für 1891/92 in zweiter Lesung_ berehnen fi die Matrifkfularbeiträge auf 313969 851

11 797 424 M mehr als im laufenden Fahre.

fularbeiträae vertheilen fich auf die Bundesstaaten, wie folgt : M mehr als

183 058 621 M fallen auf Preußen (6 534 464 im laufenden Jahr), 41 334 317 H auf Bayern,

auf Sachsen, 15309056 A6 auf Württemberg, 11545408 Æ auf Baden, 6 184 144 auf Hessen, 3 717 945 s auf Mecklenburg- Schwerin, 2 029 436 A auf Sachsen: Weimar, 635 897 Á auf Mecklenburg-Streliß, 2 207 714 A auf Oldenburg, 2 407 636 auf Braunschweig, 1389 070 H auf Sachsen: Meiningen, 1 043 723 A auf SaGtsen-Altenburg, 1 285288 auf

Salsen-Coburg und Gotha, 1604215

475 811 M auf Shwarzburg-Sondershausen, 541 939 M auf Séwarzburg-Rudolstadt, 365 719 # auf Waldeck, 361 380 M

Metterbericht vom 14. Märi, Morgens 8 Uhr.

1

49 R,

| | | |

Wind. | Wetter.

Stationen. |

L emperatur in ? Celsius

Bar. auf 0 Gr. 0,

Ju. d. Meeressp. red. in Millim.

4ftullaghmore Aberdeen Christiansund Kopenhagen . Stodbolm . ayaranda . t. Petersb. Moskau . Gork,Queens- 5 i. 1 heiter E 756 3 bededckt

De. O 2 heiter ylt 3 wolfenio8 amburg .

3 bededckt winemünde 3 Shnee Neufahrwafser

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ftill wolkig WNW 1 wolkenlos | W libede |

7 3 bededi1l) Memel . 6 3 bedeck:?)__ A 5% ¡S 1'heiter Münfter. . e 4 wolkig Farl8ruhe . . 2 wolkenlos Wiesbaden . 1\wolkenl.3) München ftill|Dunst Chemni .. | 75 ¡OSO 1j/halb bed. Mili... 757 4 bededckt | in... 26 P 2ibedeckt | Breslau... | 758 D 1|bedeckt__ 3;bedeckt 2 bededckt 4 Regen

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JIle d’Aix 757 ¡NW Mia ..…..| 159 NBP Zai ....1 1561 IDND

1) Nabts Reif. ?) Starker Reif. 2) Reif, Dunst Ueberiiht der Witterung.

Ein barometrishes Maximum von 770 mm liegt über der mittleren Oftsee, die Depression, welche geftern über Südwest-Europa lag, hat sich ostwärts na Jtalien vershoben, sodaß in Central-Guropa \üdöstlihe bis nördlihe Winde vorgerrshend sind, unter deren Ginflufse die Temperatur dur} chnittlih etwas gesunken if. In Deuts(land ift das Wetter im Norden trübe, im Süden heiter, allenthalben obne meßbare Niedersbläge. Die Temperatur liegt im Westen meist unter, im Often meist über dem Mittelwertbe. Vielfah haben Nacbtfröfte ftatt-

S

Die Mitglieder erhoben fich. Darauf trat das Haus in die dritte Berathung des Entwurfs eines Gew erbesteuer-

437 360 A auf Lübeck, 1 070

des Regierungsbezirks Liegniß Ermittelungen auszuseßen.

fich Abg. lehnte gestern die Ref

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folgende Resolutionen ein

Ausland sowie der Zuschlags2preise.

zweiten Be-

ÁÆ, mithin | Die Matri- | batte.

20563 901 M

auf Anhalt,

Oper in 3 Akten von Richard Wagner. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr. SHauspielhaus. 71. Vorstelung. Die Quigow's. Baterländis®bes Drama in 4 Aufteügen von Ernt son Wildenbruch. Anfang 7 Uir : Montag: Opernhaus. 66. Vorstellung. Auf Allerböcbsten Befehl: Der fliegende Holländer. Romantishe Oper in 3 Akten von Richard Wagner. Anfang 74 Uhr. i Die Eintrittskarten für das Parquet und den I. Rang werden zu dieser Vorstellung nur unter der Bedingung verkauft, daß die Damen in heller Abend- Toilette, die Herren in Frack und weißer Binde erscheinen. A Scauspielhaus. 72. Vorstellung. Zum ersten Male wiederholt: Unsichtbare Ketten. Schauspiel in 4 Aufzügen von Wilhelm Mever. Anfang 7 Uhr. Dienstag: Opernhaus. 67. Vorstellung. Fra Diavolo. Oper in 3 Akten von Auber. Tert von Scribe, bearbeitet von C. Blum. (Lorenzo: Hr. Friß Rosé, vom Großherzogl. Hof-Theater in Schwerin, als Gast.) Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 73. Vorstellung. Der neue Herr. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernft von Wildenbruh. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Sonntag: Das alte

Lied. Montag: Der Pfarrer von Kirchfeld. Dienstag: Romeo uud Julia. Mittwoch: Die Kinder der Excellenz.

Berliner Theater. Sonntag, Nahm. 2# Uhr : Graf Waldemar. Abends 73 Uhr: Die Jung- frau von Orleans. E

Montag: Goldfische. Anfang 7 Uhr.

Dienstag: Kean.

Lessing-Theater. Sonntag: Thermidor. Drama in 4 Akten von Victorien Sardou.

Montag : Der Probepfeil. Schauspiel in 4 Akten von Oskar Blumenthal.

Dienstag, Mittwoch und Donnerstag: Ther- midor.

Pictoria-Theater. Sonntag: Zum 106, Male: Die fieben Raben. Romantisches Zaubermärchen in 5 Akten von Emil Pohl. Mußk von G. Lehn- bardt. Balletcompositionen des 3. Aktes von C. A. Raida. Ballets von C. Severini. In Scene

gefunden, welche sich wiederholen dürsten. In

Südwest-Frarkreih find große Regenmengen gefallen,

in Biarrig 23, Perpignon 46 mm Regen. Deutiche Seewarte.

Theater-Anzeigen. Königlihe Schauspiele. Sonntag: Dpera-

gesetzt von W. Hok Anfang 74 Uhr. Montag : Dieselbe Vorstellung.

Wallner-Theater. Sonntag: Zum 37. Male: Miß Helyett. Vaudeville in 3 Akten von Maxime Boudteron. Deutsh von Richard Genée. Musik von E. Audran. Anfana 7# Uhr.

Montag und folg. Tage: Miß Helyett,

7 #4 auf Bremen, 3 352508 # auf Hamburg, 11 296 186 A6 auf Elsaß-Lothringen.

Die Wahlprüfungs-Kommission des Reichs- tages beantragt die Beschlußfassung über die Gültigkeit der Wahl des Abg. Grafen von Arnim im 10. Wahlkreise

Die Branntweinsteuerkommission des ReiGstages olution des Abg. Barth ab, die verbündeten Regierungen zu ersuhen, dem Reichstage alsbald eine Vorlage zu maten, durd wel%e die Maischbottih- und Branntweinmaterial- steuer völlig beseitigt wird. Abg Gamy wurde darauf zum Berict- erstatter bestimmt. Die Kommission vertagte sih bis Montag.

In der BudgetkommissiondesReihstageswurden gestern timmig angenommen: 1) Antrag Richter: „den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, alljährlich dem Reichstage eine besondere Uebersiht mitzutheilen über die Ergebnisse der von der Reichs - Eienbahnverwaltung ausgeschriebenen Stienensubmissionen unter Mittheilung der einzelnen Preisoferten aus dem Inland und 2) Antrag Broemel: den Herrn Rei@skanzler zu ersuchen, dahin zu wirken, daß bei der in Aussi@t genommenen Reform der Perfonen- \chluß von Erhöhungen bestehender i mäßicung der Tariffäge aller Klassen und eine Vereinfachung des : E 2 E Tarifsystems für den Personenverkehr stattfindet, und zwar mit stufen- Bei 8. 60 beantragte Abg. von Tzs\choppe die HeraVieuma weise wachsender prozentueller Ermäßigung auf weite Entfernungen und mit besonderer Berücksihtigunz des Nahverkehrs, für welchen avch die Beibehaltung der vierten Klafse in Erwägung zu ziehen sein würde: b. urter Aufhebung des Freigepäcks der Gepätarif auf eine niedrige, für längere Zonen gleihmäßige Gebühr festgesezt wird.“

Die Sperrgelderkommission des Abgeordneten- hauses bat die Berathung des Gesetzes nunmehr erledigt. Artikel 5 wurde, wie wir einem Bericht der „N. A. Z.° entnehmen, nah einem Antrag der Konservativen in folgender Fassung angerommen: „Die na Erledigung der Ankräge und na Nerfabrens in dem eirzelnen Bisthum übrig bleibende Summe ; S : wird an die betreffende Diözese ausgezahlt und zu einem Diözesan- stimmung der Antrag von Tzschoppe angenommen und mit | fonts argelegt, aus dcssen Ertrage nad Verabredung zwischen ihm §. 60. Der Rest des Gefeßes gelangte ohne wesentliche Diskussion zur Annahme, ebenso das Geses im Ganzen. _ | 11 Uhr statt;

dem Minister der geistlihen Angelegenheiten und dem Diözesan- oberen cmeritirte Geistlide zu unterstüßen, auh die Gehälter der Dombhberren, Domvikare und Beamten der bischöfli@en Verwaltung | 4 aufgebessert oder Unterftüßunaen an arme Kirchengemeinden Behufs Wiederberstellung kirbliwer Gkbäude (Kirchen, Kapellen, Häuser für Geistliche und Kircendiener) gewäbrt werden können.“ Cin Antrag des Certrums, aus den Ucbershüssen des Fonds aud Verwendungen zuzulassen für die Zwecke der Ausbildung junger Klerikaler, wurde abgelehnt, nahdem Abg. von Rauthhaupt die fonservativen An- träge als „äußerste Grenze des Entgegenkommens"“ bezeihnet Finanz - Minister Dr. Miquel erklärte G Namens der Staatsregierung mit dem konservativen Antrage einverstanden. Die beiden letzten Artikel, wona die Gesche über die Vermögens- verwaltung in den katholishen Kirhengemeinden und über die Auf- iétsrehte des Staats durch die Vorlage unberührt bleiben und dem Landtage nach Auéschüttung der Sperrgelder über die Verwendung Meittéeilung zu macen ist, passirten ohne Dekatte. Damit war die erste Lesung der Vorlage beendet, die zweite findet Montag Abend statt.

Der Abgeordnete Dr. Ludwig Windthorst ist heute Vormittag der Krankheit, die ihn vor wenigen Tagen befallen ths hatte, erlegen. Die hohe geistige Bedeutung dieses Mannes raths. und die hervorragende Stellung, welche er seit langen Jahren im Reichstage und im Abgeordnetenhause als Führer

bis zum Eingang weiterer

und Gepäcktarife a. unter Aus- Sätze eine durchgreifende Er-

Abzug der Koïten des N Gs laments, \

boren 1823 zu funambuleaques“

Buff ist heute

Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. Sonntag: Mit neuer Ausftattung. Zum 24. Male: Der Vogelhändler. Operette in 3 Aufzügen na einer Idee des Biéville von Held und West. Musik von C. Zeller. Jn Scene geseßt von Julius Frißsche. e Hr. Kapellmeister Federmann. Anfang r. Montag: Dieselbe Vorstellung.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten- burg. Sonntag: Zum 65. Male: Der selige Tou- pivel (Fen Toupinel). Swank in 3 Akten von Alexandre Bisson. Deutsch von Gustav vou Moser. ÎIn Scene gesett von Sigmund Lautenburg, Vorber: Die Schulreiterin. Lustspiel in 1 Akt von E. Pohl. Anfang 7# Ubr.

Montag: Der selige Toupinel. Vorher : Die Schulreiterin.

Belle-Alliance-Theater. Sonntag: 9. Gast- spiel von Ernesto Rossi mit seiner Gesellschaft. Zum ersten Male: Amleto (Hamlet). Tragedia in 5 atti di W. Shakespeare. Anfang 7# Uhr. Montag : 10. Gastspiel von Ernesto Rossi mit seiner Gesellshaft. Richelieu.

Adolph Ernst-Theater. Sonntag: Zum 30. Male: Adam und Eva. Gesangsposse in 4 Akten von Eduard Jacobson und Leopold Ely. Couplets von Jacobson und Gustav Görß. Musik von Adolph Ferron. Anfang 7 Uhr. Ï

Montag: Dieselbe Vorstellung. Anfang 72 Uhr.

Thomas-Theater. Alie Jakobftraße 30 Sonntag: Zuw 41. Male: Der Registrator auf Reisen. Posse mit Gesang von A. L’Arronge, G. von Moser. Mußk von R. Bial und G. Steffens. Die neuen Couplets von A. Bender. Cäsar Wichtig : Emil Thomas. Anfang 7# Uhr.

Montag: Der Registrator auf Reisen.

Dienstag : Zum erften Male: (Novität.) Der Millionenbauer. Volfsftück in 4 Akten von Mar Kretzer. Gesangstexte im Chantant von A. S(hönfeld. Muokik von G, Steffens.

Concert-Anzeigeu. Concert-Haus. Sonntag: Carl Meyder-

Concert. Anfang 6 Uhr. Montag : Cherubini-Feier. Anfang 7 Uhr.

Philharmonie. Mortag, Abends 74 Ukbr1

Bremen,

Straßburg i. z gierung hat dem Landesausschuß einen Geseßentwurf vorgelegt, betreffend die Erhöhung der Uebergangsabgabe auf aus den anderen Bundesstaaten eingeführtes starkes Bier von 2,30 46 auf 3 M, entsprehend dem Beschluß des Bundes-

(Fortsezung de

auf Reuß ältere Linie, 714 936 A auf Reuß jüngere Linie, | der Centrumspartei eingenommen, rechtfertigten die große 940 495 M auf Schaumburg-Lippe, 796 479 A auf Lippe, | Theilnahme, welche die Kunde von seiner shweren Erkrankung bei Jhren Kaiserlihen Majestäten sowohl wie bei allen politishen Parteien hervorrief, und fihern ihm überall, wohin die Nachricht von seinem Ableben dringt, auch bei denen, mit welchen er in politishem Kampfe gestanden, ein achtungsvolles Andenken. : : :

Gestern Abend lauteten die Nachrichten über sein Be- finden nit ungünstig, wennglei der hohgradige Shwäche- zustand zu Bedenken Anlaß gab. Vorgestern Abend war von Rom aus folgendes Telegramm eingetroffen :

„Herrn Grafen Conrad Preysing, Berlin, Kaiserhof.

Bitte Herrn Dr. Windthorst mitzutheilen, daß die Nachricht über seinen Gesundheitszustand den heiligen Vater und mi mit großer Tbeilnahme erfüllt hat, daß wir für feine Wiederherstellung heiße Bitten zu Gott ric{ten, und daß der heilige Vater ihm den aposto- lischen Segen mit innigster Zuneigung fpendet.

Kardinal Rampolla.“

Ludwig Windthorst war am 17. Fanuar 1812 in Hannover geboren und wurde in der katholischen Konfession erzogen. Er genoß seine Vorbildung auf dem Karolinum in Osnabrück und studirte die Rechte auf den Universitäten Göttingen und Heidelberg. Zunächst Advokat, wurde er später vorsißender Rath des Konsistoriums zu Osnabrück und hierauf Ober-Appellations-Rath in Celle. Von 1851 bis 1853 und demnächst von 1862 bis 1865 war er Staats- und Justiz-Minister in Hannover. Seit der Einverleibung Hannovers gehörte Windt- horst als Vertreter des 3. Wahlkreises der Provinz Hannover dem Reichstage und als Vertreter des 1. Wahlbezirks Osnabrück dem Hause der Abgeordneten ununterbrochen an. Seine politishe Thätigkeit ist bekannt. eifrigsten Mitglieder des Parlaments und nahm an den Sitzungen des Reichstags wie des Abgeordnetenhauses bis zuleßt regelmäßig Theil. Sein durchdringender Verstand, seine umfassenden Kenntnisse und seine stets bereite Schlagfertigkeit machten ihn nicht blos zu einem der ersten Redner des Par- ondern au zu einem der hervorragendsten Parla-

mentarier überhaupt.

Windthorst war eins der

Kunst und Wissenschaft.

Der Schriftsteller und Dicbter Theodore de Banville, ge-

Moulins, bekannt durch die parodirenden „Odes unter dem Pseudonym Bracquemond und durch

mebrere humoristishe und fein ausgeführte kleine Romane und Novellen, ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ in Folge eines Sclaganfalls geftern in Paris gestorben.

Nach SHluß der Redaktion eingegangene

Depeschen.

14. März. (W. T. B.)

Nacht gestorben. j E., 14. März. (W. T. B.) Die Re-

Der Bürgermeister

3 Nichtamtlichen in der Ersten, Zweiten und

Dritten Beilage.)

Urania, Anitalt für volksthümlie Naturkunde. Am Landes - Ausftellungs - Park (Lehrrer Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Ußr. Täglich Vorstellung im C Gan Theater. Näheres die Anschlag- zettel.

; . „„Nordland- E 10. J D U ete Leute 30 Pf g

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Margarethe Wessel mit Hrn. Gutsbesizer Eugen Riebensahm (Stettenbrub Georgenau). Frl. YvFjen Hillegonda von Lyck- lama á Nijeßholt mit Hrn. Prem.-Lieut. Karl Grundtmann (Wiesbaden Biebrich). Frl. Amanda von Müklenfels mit Hrn. Geheimen Regierungs - Rath Wever (Stettin Berlin). Frl. Anna Keßler mit Hrn. Richard Gerth (Berlin).

Verebeliht: Hr. Lieutenant Richard Nebelung mit Frl. Hedwig Mügel (St Johann an ter Saar). Hr. Lieutenant Basil Wevell von Krüger mit Frl. Rogalla von Bieberstein (Barra- nowen). Hr. Paul Wedtigen mit Frl. Nini Sikler (Barmen),

Gebceren: Ein Sohn: Hrn. Stabsarzt Dr. Benzler (Hannover), Hrn. Richard Behrend (Berlin). Hrn. Friedrih Baumgart (Königs- berg). Hrn. Oito Sauer (Magdeburg-Werder). Hrn. R. Stwenk (Berlin). Hrn. Paul Gruner (Linden). Eine Towcter: Hrn. Pastor A. Voigt (LerbaH i. Harz). Hrn. Land- aeri&tsrath Dr. Beschorner (Chemniß) Hrn. Dr. Friy Blaesing (Berkin) Hrn, Otto Rowoll (Radevormwald).

Gestorben: Hr. Konsistorialdirektor Joh. Heinr. Dirksen (Aurich). Hr. Dr. Julius Schulz (Durban in Natal, Südafrika). Frau Elise Sevffert, geb. Gürrlich (Berlin). Hr. Ritt- meister Alexander Gbert (Paderborn). Frau Alwine Smidt, geb. Rath (Berlin). Hr. Georg Köhl (Berlin). Hr. Hotelbesigzer Friedr. Lange (Berlin). Frau Oberstlieut. Hedwig Neuhof, geb. Wachs (Hildesheim).

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Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin: Verlag der Expedition (Sol).

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlagts Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32,

Neun Beilagen

Letztes Philh. Concert. Dir.: H. von Bülow.

haus. 65 Vorstellung. Lohengrin. Romantische

Sol.; Eug. d'Albert.

(cinschließlich Börsen - Beilage).

Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staals-Anzeiger.

1 64.

Berlin, Sonnabend, den 14. Mürz

1891.

Deutscher Reichstaga. 88, Sizgung vom Freitag, 13. März.

Am Tische des Bundesraths: der Reichskanzler von Caprivi, die Staatssekretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Maltahn und Freiherr von Marschall jowie der Kriegs-Minister von Kaltenborn-Stachau.

Auf der Tagesordnung steht heute die dritte Be- rathung des Reihshaushalts-Etats für 1891/92, die, abweihend von der bisherigen Praxis, auf eine allgemeine DEUoN verzihtet und sofort in die der Spezial-Etats einiriitl.

Der Etat der Reichskanzlei wird ohne weitere Be- merkung genehmigt.

Es folgt der Etat des Auswärtigen Amts.

Abg. Richter: Bei der zweiten Berathung des Etats habe der Reickstag einen Antrag angenommen, worin der Reichskanzler auf- gefordert worden sei, dem Reichstage den Vertrag, welcher zwischen der Reichsregierung und dem „Wolff’s{en Bureau“ bestehe, zur Kenntnißnahme vorzulegen. Der Antrag sei- gestellt worden, als der Staatssekretär Dr. von Stephan erklärt babe, daß das Privilegium auf einem bestehenden Vertrage beruhe. Er (Redner) bringe die Sache heute bei diesem Etatstitel zur Sprache, weil der Staatssekretär Dr. von Stephan selbst darauf hingewiesen habe, diese Angelegenbeit hier an dieser Stelle weiter zu verfolgen. Er (Redner) möchte si die Gee erlauben, ob der Reichskanzler geneigt sei, jenem Beschluß

olge zu geben und ob Auesiht sei, daß dieser Vertrag in dieser Sejsion zur Kenntniß vorgelegt werde.

Staatssekretär Freiherr von Marschall:

Meine Herren! Ich bin sehr gern bereit, auf die Anfrage des Herrn Vorredners zu antworten, und thue dies um so lieber, als speziell die Interessen des Auswärtigen Amts mit der Einrichtung verknüpft sind, welche der Herr Vorredner vor einiger Zeit einer Kritik unterworfen hat. Dem Verlangen, einen zwishen der Reichs- regierung und dem „Wolff'\chen Telegraphenbureau“ abges{lossenen Vertrag dem hohen Hause vorzulegen, kann ich schon aus dem Grunde nicht nachkommen, weil ein solcher Vertrag niht existirt. (Hört, bört!) Er hat einstmals bestanden, er ist aber im Jahre 1879 abgelaufen und damals nicht erneuert worden. Was besteht, das ist ein thatsächlicher, \chriftliÞh nicht fixirter, jeden Augenblick von beiden Tkeilen widerrufliGer modus vivendi, Kraft dessen für gewisse Leistungen] des „Wolff hen Bureaus“ Seitens der Regie- rungen die Priorität der politischen Telegramme dieses Bureaus ich unterstreihe das Wort „politishe“ innerhalb derselben Kategorie von Telegrammen gewährt wird.

Was nun diese Leistungen des Bureaus betrifft, so ift es klar, daß das deutsche Auswärtige Amt ein dringendes Interesse daran hat, über alle Vorkommnisse wichtiger Art unterrihtet zu werden, die R begeben, und daß es einer derartigen Information nicht entbehren fann zur Ergänzung der diplomatishen konsularishen Berichte. Dann aber und das ist der wichtigste Punkt muß das Aus- wärtige Amt jeden Augenblick in der Lage sein, eine Nachricht, deren Veröffentlihung es für nothwendig hält, in der authentischen Form, die es als die rihtige erahtet, möglichst rasch und mit thunli{hster Verbreitung in die Oeffentlichkeit zu bringen. Fch glaube, meine Herren, es bedarf hier einer näheren Dar- legung niht. Wenn es sich beispielsweise um eine diplo- matische Aktion der deutshen Regierung handelt, die ihrer Natur nah nit geheim gehalten werden kann und nit geheim gehalten werden soll, so liegt es doch im dringenden Interesse der deutschen Politik, daß die Veröffentlihung und Verbreitung dieser Nachricht zuerst von deutscher Seite aus gesicht, und zwar in einer Form, daß \o- wohl bezüglih des Inhalts wie bezügli der Tendenz dieser politischen Aktion überall ein rihtiges Bild entsteht. Das gleiche Interesse ist natürliher Weise anderswo niht vorhanden, wohl aber vielfa das entgegengeseßte Interesse, nämli diese diplomatische Aktion der Oeffentlichkeit gegenüber in einem falshen Lichte ersheinen zu lossen. Wer einigermaßen mit der Presse vertraut ist, weiß, welhe große Be- deutung gerade bei solchen Nachrichten die Priorität hat, und wie {wer es ist, den Vorsprung, den man si hat entgehen lassen, noG naträglich dadurch wieder einzuholen, daß man hinten nach mit Dementis und Richtigstellungen kommt. Bestehen also für das Auswärtige Amt diese Interessen, einmal, informirt zu werden, und dann, zu in- formiren, so gtebt es nur zwei Wege, diesen Interessen gerecht zu werden. Einmal und das is ein Weg, den der Herr Vorredner wohl nicht für gangbar erachten wird die Gründung eines ftaat- lichen telegraphischen Instituts dagegen sprechen politische, tehnische und finanzielle Bedenken oder aber in Verbindung zu treten mit einem der bestehenden Telegraphen- Institute; in diesem Fall liegt nun auf der Hand, daß man gegenüber den Leistungen, die man erbält, auch seinerseits gewisse Leistungen gewährt.

Daß nun das Auswärtige Amt mit dem Wolff’schen Institut in Verbindung getreten ist, das rührt daher, daß in jener Zeit, wo diese erste Verbindung eingegangen wurde, überhaupt eine Wabl rit bestand, weil damals dieses Justitut meines Wissens das einzige war. Diese Wahl besteht aber heute auch nicht. Ih will den Kon- kurrenzinstituten, die vorhanden sind, nicht zu nabe treten; ich will insbesondere nit die Frage prüfen, ob das eine oder andere Institut etwa politishe Zwecke verfolgt, die mit denjenigen der NReichsregie- rung nicht kongruiren. Das Entscheidende ist, daß das „Wolff sche Telegraphenbureau* das einzige is, welches nach scinen Verbiudungen im Stande ift, das zu leisten, was die Regierung von ihm verlangt ; und darum glaube ich die pflihimäßige Versicherung abgeben zu können, daß genau so, wie in allen anderen Staaten, welche eine wirksame auswärtige Politik betreiben, das Bedürfniß für mein Ressort besteht, ein derartiges Institut zur Seite zu haben, und daß an dieser Einrihtang zu rütteln im Widerspruch stände mit den Interessen unserer auswärtigen Politik. (Bravo! rets.)

Abg. Richter: Nach den Ausführungen des Staats\ekretärs

Dr. von Stephan habe angenommen werden müfsen, es sei von Preußen eine bindende, nicht ablösbare Verpflichtung gegenüber dem „Wolff'shen Bureau“ überkommen, und das sei um so auffälliger

gewesen, als man von anderer Seite das direkte Gegentheil ver-

nommen habe, daß nämli solche Verhältnisse beständen, wie sie der Staatésekretär Freibßerr von Marschall soeben dargelegt habe. Es sei also jeßt flar gelegt, daß hier gar keine rechtlihe Verpflichtung vorliege, die Frage stelle sh also ledigli als eine Zweckmäßigkeits- frage dar. Materiell bestehe das Bedürfniß des Auswärtigen Amts nah zwei Richtungen, nämlich Nathrichten zu empfangen und Natri@ten zu verbreiten. Er (Redner) könne das, was in Bezug auf diefe Bedürfnisse gesagt fei, unterschreiben, aber er könne nit anerkennen , daß die bestehenden Verhältnisse in Bezug auf das „Wolff's{he Bureau” dadur gerechtfertigt seien, d. h. daß man diesem Bureau auf Kosten anderer Personen ein Privilegium ein räume. Das „Wolff'\che Bureau“ könne dem Bedürfniß des Aus- wärtigen Amts, Nachrihten zu empfangen, niht genügen, könne es do noch nicht einmal größeren Zeitungen für dieses Bedürfniß genügen, sondern diefe Zeitungen suhten si noch nebenbei Natrichten zu beschaffen. Wenn das „Wolff {e Bureau“, woran er nicht zweifle, auch ohne die Unterstüßung des Auswärtigen Amts lebensfähig fei, so werde es au spâter in der Lage sein, Nachri@ten sich zu beschaffen, ohne daß es Privilegien auf Kosten des Publikums genieße. Wenn der Staatssckretär Freiherr von Marschall meine, er (Redner) würde Bedenken dagegen erheben, daß ein amtlihes Telegraphen- bureau eingerihtet würde, so befinde er sich im Irrthum. Er (Redner) sehe dem nihts im Wege stehen. Ebenso wie der „Staats- Anzeiger“ die Aufgabe habe, Nachrichten, die die Reichsregierung verbreiten wolle, in die Presse zu bringen, ebenso wäre es möglich, ein telegraphishes Bureau zu errichten, welches allen Denen, welche darauf abonnirt seien, die Nachrichten übermittele. Das würde ohne erbeblihe Kosten bewirkt werden können, denn der „Reichs- Anzeiger“ gewähre einen fehr großen Ueberschuß und die vorhandene Redaktion und Expedition würde eine noch praktishere und billigere Durchführung eines Telegraphenburcaus ermöglichen. Ebenso wie im „Reichs-Anzeiger“ amtlihe und nichtamtlihe Nachrichten er- schienen, so könnte ein solches Bureau au amtlihe und nihtamtlihe Telegramme verbreiten, an deren Verbreitung der Regierung gelegen fei. Eine solche Einrichtung bestehe {on Ee die österreihische Regierung, ohne daß si irgend ein ißstand fühlbar mache; im Gegentbeil, es würden alle Nachtheile vermieden, die aus der Verquickung amtlicher und privater Einrichtungen entständen. Historisch erkläre sich die Verquickung dadur, daß diese Verbältnisse in der sogenannten Konfliktszeit entstanden seien, wo dem Ministerium für folche besonderen Ausgaben keine Mittel bewilligt worden seien. Darum habe sih Fürst Biëmarck, wie später in Stieber's Denkwürdigkeiten publizirt worden sei, veranlaßt gesehen, mit mehreren größeren Ber- liner Bankfirmen ih in Verbindung zu seße, um das „Wolff'sche Bureau“ im Sinne der Regierung in eine ftiengesellshaft zu ver- wandeln. Aehnlih so habe es si ja mit der Gründung der „Nord- deutschen Allgemeinen Zeitung“ verhalten, wo si Fürst Bismarck mit einer Hamburger Firma in Verbindung geseßt habe, um fich ein offizióses Blatt zu verschaffen. Von diesem auf das Reich überkommenen Verhältniß habe nun die Regierung den Vortheil, daß die von ihr gewünschten Telegramme in der von ihr gewünschten Form verbreitet würden, aber die Frage entstehe, ob das Bureau allen seinen Abonnenten die Telegramme zur gleichen Zeit zugehen lasse, oder ob es einzelnen Abonnenten einen Vorsprung gewähre. Das Bureau ressortire nun von einigen bekannten Börsenfirmen, die an dem früheren oder späteren Verbreiten von Nachrichten ein durch Börsenspekulationen veranlaßtes großes Interesse hätten. Er (Redner) habe z. B. gehört, daß das „Wolff s{che Bureau* eine sehr wihtige Thronrede einem der bekannten großen Bankhäuser zwei Stunden früher mitgetheilt habe, als sie von Seiner Majestät dem Kaiser überhaupt gehalten worden sei, In Folge einer darauf an den Staatssekretär Dr. von Boetticher gemachten Anzeige habe dieser naËgeforscht und erfahren, die Denun- ziation rühre von cinem entlassenen Beamten des e Wolff’\{hen Bureaus“ her. Eine weitere Untersuhung sei niht erfolgt, Die Hauptsache sei aber do gewesen, ob die Behauptung den Thatfachen entsprochen habe. Der Hauptnachtheil der vorhin erwähnten Verquickung liege darin, „daß man nit wissen könne, welche der vielen von dem „Wolff’shen Bureau“ verbreiteten Telegramme aus dem Auswärtigen Umt stammten und welche privater Natur seien; er \chäße erstere auf kaum 1%. Das sei um so mißlicher, als die Bankfirmen in Folge von Spekulationen oft ein grozes Interesse an der Verbreitung politisher Nachrichten hätten. Aehnlich liege es mit den „Berliner Politishen NachriGten“, welche au zwei Herren dienten, der Re- gierung und dem \{ußtzöllnerischen Centralverband der Industriellen, welchem die Regierung, wie aus dem bekannten Erlaß im „Reichs-Anzeiger“ deulliH hervorgehe, heute nicht gerade sehr freundlich gegenüberstehe. Es gebe nihts Unglüdlicheres als die Verquickung politisher und BVörseninterefsen. Seine Partei werde prüfen, ob es zulässig sei, daß in dieser Weise die Verwaltung ein- zelnen Privatgesellshaften irgend ein Vorzugsrecht in der Beförderung gewähre. (Lebhafter Beifall links.)

Staatssekretär Dr, von Boetticher:

f Meine Herren! Es liegt mir fern, mit dem Herrn Vorredner in diesem Momente in eine Erörterung darüber einzutreten, ob die Be- ziehungen, welche die Regierung zu dem Wolf’s{en Telegraphen- bureau unterhält, wirklih nüßlihe und angemessene find. Ich habe einstweilen den Eindruck, daß die Ausführungen meines Herrn Kolle- gen, des Herrn Staatssekretärs des Auswärtigen Amts zutreffend waren, und ih muß abwarten, zu welchen Anträgen sich etwa die abweichende Meinung des Hrn. Abg. Richter verdihten wird und ob diese Anträge in dem hohen Hause die Zustimmung finden werden. Es wird dann Sathe der Verwaltung sein, sh darüber \{chlüfsig zu machen, welche Position sie folchen Anträgen gegenüber ein- nebmen will.

Worauf es mir nun hauptsä&lih ankam, und weshalb ich ums Wort gebeten habe, das ift die Richtigstelung von ¿zwei Irr- thümern in den Ausführungen des Hrn. Abg. Richter. Der Hr. Abg. Ritter ist der Meinung, daß die Regierung die „Berliner Politishen Nachrichten“ als offizióses Organ benußze. Das ist nit ri{tig, und ih kann es auf das Bestimmteste in Abrede stellen, daß den „Berliner Politishen Nachrichten“ irgend welche Artikel von Seiten der Regierung zugehen.

Ein zweiter Purkt, zu dem ih eine Bemerkung zu macen habe, ist der Vorwurf, den der Hr, Abg. Richter erhoben hat, daß es an einer autreihenden Kontrole fehle, ob nicht eine vorzeitige Mittheilung der Thronreden an die Ocffentlihkeit vorgenommen werde. Es ist rihtig, daß ih glaube, es handelte sich damals um eine preußische Thronrede eine Denunziation einging, in welcher behauptet war, daß die Thronrede zwei Stunden früher, als fie gehalten war, dur das Wolff'\{che Telegraphen- bureau Verbreitung gefunden hatte. Ih bin sofort“ dieser Denunziation nachgegangenz; es ist eine Untersuchung darüber angestellt, und es ist rihtig, daß das Wolff se Tele- graphenbureau diese Denunziation als einen Akt der Ranküne von Seiten eines entlassenen Beamten des Bureaus darstellte.

Es ließen sich aber weiter aus den gepflogenen Verhandlungen feine Momente entnehmen, welche zu einem Einschreiten der Regierung irgend welhe Veranlassung geboten bätten. Dagegen hat der Fall Veranlaffung gegeben, für die Zukunft noch \{chärfer zu kontroliren, als das bisher geschehen ist, daß die Thronreden nit eher weiter verbreitet werden, als bis sie gehalten sind. j

Das gebe ih zu, und das geschieht eben im Interesse einer mögli {nellen Verbreitung, daß_ das Wolff ’\che Telegraphen- bureau \{on einige Stunden ih glaube, es sind regelmäßig zwei Stunden vor der Stunde, zu welher die Thronrede gehalten wird in den Besitz der Thronrede gelangt, aber mit der Verpflichtung, daß unter keinen Umständen die Thronrede cher verbreitet wird, als wie fie gehalten wird. Diese frühere Hingabe an das Wolff’s.)e Bureau geschieht zu dem Zwecke, damit die Vorbereitungen für das Telegramm der Thronrede, welche in verschiedener Form, in ihrer vollständigen Gestalt und in abgekürzter Form verbreitet wird, rechtzeitig ge- troffen werden können. So liegen die Dinge, und ih glaube, daß der Regierung ein Vorwurf in der angedeuteten Richtung niht gemacht werden kann.

Abg. Richter: Er könne dem Staatssekretär Dr. von Boetticher

nicht das Mindeste dagegen einwenden, daß man Vorbereitungen treffe, um die Thronrede in dem Moment, in dem sie gehalten sei, auch zu verbreiten. Es sei erklärlich, wenn man zu diesem Zweck die Thronrede {hon vorher bei dem Telegraphenbureau hinterlege; set das nun ein amtliches Bureau, verbunden mit dem „Reichs-Anzeiger“, so habe man dieselbe Sicherheit, wie wenn man dem „Reichs-An- zeiger“ eine Nachricht zugehen lasse mit der Weisung, sie bis zu einer bestimmten Zeit geheim zu halten und dann_ erst zu veröffentlichen. Aber wenn man eine solhe Nachricht, deren Kenntniß einige Stunden vorher, als das Publikum sie erfahre, von großer finanzieller Be- deutung sein könne, dem Direktor eines Privatbureaus gebe, was für Sicherheit habe man da? Der Direktor sei von einer Bank- firma angestellt und von ihr abhängig, er sei kein Beamter, unter- stehe niht der staatlihen Disziplixargewalt; wie wolle man es verhindern, daß die Thronrede oder eine sonstige Nachricht früher an eine bestimmte Stelle gelange als an die anderen? Der Staatssekretär habe gesagt, der von ihm (dem Redner) erwähnte Fall habe fein Moment zum Einschreiten ergeben; damit sei nit gesagt, daß fein Mißbrauch stattgefunden habe, denn ein Mißbrauch könne statt- finden, ohne daß man gegen eine bestimmte Person vorzugehen Anlaß habe. Was die „Berl. Pol. Nahr.“ anlange, so habe der frühere Finanz-Minifter von Scholz wiederholentlih offiziöse Beziehungen zu diesen eingeräumt. Gewiß, zu einer Zeit hätten diese Beziehungen aufgehört, aber wenn diese Beziehungen jeßt nicht wieder angeknüpft seien, wie bâtten gewisse Veröffentlichungen erfolgen können, die, wenn sie nit offiziós seien, nur dur Bruch des Amtsgeheimnises Seitens eines Beamten ecklärlih seien? Er wisse nit, ob der Staatss sekretär Dr. von Boetticher seine Erklärung im Namen der Reichs- regierung oder au dec preußischen Staatsregierung abgegeben habe ; aber er freue sih, zu hôren, daß folhe Beziehungen heute nicht mehr beständen. Wenn der Staatssekretär Dr. von Boetticher gemeint habe, weitere Erwägungen des Bundesraths würden erst im Anschluß an besondere Reichstagsbeshlüfse erfolgen können, fo sei die dritte Lesung des Etats nit der geeignete Anlaß, s\olhe Beschlüsse anzuregen. aber er (Redner) werde diese Sache im Auge be- halten und bei geeigneter Gelegenheit darauf zurückommen.

Beim Etat des Auswärtigen Amts bemerkt

_ Abg. JIebsen: Nachdem der Staatssekretär Hollmann feine Anfrage, betreffend die Entsendung eines Kriegs\{iffs nach Chile, nur damit beantwortet habe, daß die festen Stationen der Marine in fremden Meeren cine folche Entsendung unmöglich maten, müße er sich heute mit derselben Frage an den Reichskanzler selbst wenden. Er meine, die deutsben Angelegenheiten in Samoa oder China und Japan dürften doch das Entfenden eines Stiffs nah Chile nit verhindern, und wenn au die deutshen Unterthanen in Chile unter den Schuß der englishen Flotte gestellt seien, so möchte er do, da die chilenishe Revolution länger anzudauern scheine und da in Chile wichtige Interessen von Angehörigen des Deutshen Reichs auf dem Spiele ständen, um Absendung eines besonderen Kriegs\chifs nach den chilenischen Gewässern bitten.

Reichskanzler von Caprivi:

Wenn die Reichsregierung die Absiht gehabt bätte, nah Chile Sthiffe zu entsenden, so boten sich ihr drei Wege dar. Der erste und kürzeste war der, den einzigen Kreuzer, der sich zur Zeit auf der australishen Station befindet, von da abzuberufen und nah Chile gehen zu lassen, eine Reise, die, ohne die Shwierigkeiten der Befehl8- ertbeilung zu rechnen, die ich neulich {on erwähnt habe und die darin beruhen, daß der Telegraph nit bis an den gewöhnlichen Stationsort des Kreuzers geht, eiwa anderthalb Monate gedauert haben würde.

Der Herr Abgeordnete ist der Meinung, daß, ie weniger Schiffe in Samoa find, dies um fo besser ist, wenn ich ihn recht verstanden habe. Es ift das eine Ansit, die zu theilen die Reichsregierung völlig außer Stande ist. Der Kreuzer „Sperber", der \sich auf der auftra- lishen Station befindet, hat nicht bloß den Dienst in Samoa, sondern auch in Neu-Guinea und in all den Inseln, die jeßt unter deutshem Schuß stehen, und muß der Requisition für Australien gewärtig sein. Was Samoa angeht, so wäre ich im Stande, aus den leßten Berichten aus Apia nachzuweisen, daß die Anwesenheit des Kreuzers in Apia doch ihr Gutes hatte, weil im Augenblick, wo die leßten Berihte von da abgingen, wiederum Eingeborene im Begriffe waren, die Vereinbarungen, die die drei Staaten zur weiteren Erhaltung der Ordnung in Apia ge- troffen haben, hbinfällig zu machen dadur, daß sie eine Menge Menschen versammelten und in die alte Spaltung zurüdckgeriethen. Wir haben deutshe Interessen in Samoa zu vertreten, antworte ih dem Herrn Abgeordneten, und wir werden sie weiter vertreten. Wir konnten also auf den Gebrauch dieses Kreuzers nicht reflektiren.

Die zweite Möglichkeit, die sich uns bot, war das Kreuzer- geschwader. Die politishen Gründe, die zur Formation des Kreuzer- geschwaders geführt haben, lagen in erster Linie in den deutschen Kolo- nien. Seit wir in den Besiß von Kolonien gerathen sind, genügt es nicht mehr, überall einmal die Flagge zu zeigen, einmal mit einem Schiff zu erscheinen, sondern wir müfsen in der Nothwendigkeit sein, gelegentlich eine größere Zahl von Schiffen konzentriren zu können, so viel Schiffe, daß auch einmal eine Landung mit einer er- kflecklihen Menge von bewaffneten Menshen möglich wird. Der Schwerpunkt der Thätigkeit des Kreuzergeshwaders liegt also in erster Linie bei unseren Kolonien, und wenn wir mit einem

so kleinen Kreuzergeshwader diesen Aufgaben zu allen Zeiten genügen,