1891 / 66 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Mar 1891 18:00:01 GMT) scan diff

haupt nidt vorkanden, fondern findet si ledigli® in einer Aus- fübrungéverordnung, die ein einzelner Landrath oder Regierungs- Präsident erlassen hat. Eine Bestimmung, daß der Arbeitgeber dafür verantwortli® gemacht werden soll, daß kein Wesel des Aufent- kalts des Arbeiters eintritt, ist in der von mir erlassenen Verfügung nicht vorhanden.

Was die Ausweisungen anlangt, so habe ic ausdrücklih ge- sagt, daß generel neue Ausweisungen niht verarlaft werden; natürli if folhe für den einzelnen Fall, wo sich ein Aus- länder lästig mat, nah wie vor zulässig. Der Fall, den der Abg. Rickert erwähnt hat, ift mir niht genau in Erinnerung, id glaube mich aber nicht zu irren, wenn ih sage, daß ich neue Ermittelungen veranlafit habe, und daß dieselbea voraus3&Etlich dakin führen werden, daß dem Betreffenden, dem vorläufig das Verbleiben in Preußen gestattet ift, auch in Zukunft das Verbleiben gestattet werden wird. (Bravo! links.) Dann hat der Hr. Abg. RitFert einem S&merzensschrei über die Verschiedenheit des Kanzleistil8 und über die Anforderungen, die von den vershiedenen Behörden in dieser Beziehung gestellt würden, hier Ausdruck gegeben. Meine Herren, soweit sh dieser Schmerzensscrei auf die Titulatur des „Hohwobl- geboren* und „Wohlgeboren“ bezieht, ist diese Frage für mich überbaupt nit vorhanden. Diese Frage hat für mi ein aftuelle®, amtliches Interesse nit. Es besteht der Grundsaß, daß, wenn überbaupt einmal eine solche Anfrage kommt, cine näheres Eingehen a limine abgelehnt wird. Meine Herren, diese Frage hat meines Era- tens mebr cin archäologishes Interesse. (Heiterkeit.) Sie ist für mi eine Frage des Geschmacks, und ih überlasse Jedem, was er in dieser Hinsitt als geschmackvoll oder geschmacklos ansehen will. Das gebe ib allerdings zu, daß wie ich mich z. B. aus der Zeit meines Vorbereitungsdienstes erinnere es handelte sich um ein Cirkular an einen Kreistag, in welhem sich Grafen, Freiherren, adelige und bürgerlibe Rittergutsbesitzer befanden daß, wenn damals verlangt wurde, nit bloß einmal, sondern se{8mal folle in dem Kontext der betreffenden Vorladung „Euer Hobhgeboren, Hoch- und Wohlgeboren, Ho&Ewseblgeboren und Woblgeboren“ geseßt werden, daß eine folche Wendung nit zu denjenigen gehört, die i für ges@mackvoll erahte.

Was im Uebrigen die einzelnen von ihm zur Sprache gebrachten Fâlle anlangt, so ift keiner derselben am ili ch zu meiner Kognition gelangt, und ih habe keine Veranlaffung gehabt, amtlich mi darüber auszusprechen. In den Zeitungen habe ih auch von diesen Fällen ge- lcsen, ih habe mi aber wohl gehütet, Bericht darüber zu erfordern . denn cs ift nicht angenehm, über derartige Fragen zu entsheiden, die doch immer mehr oder minder zu den Quisquilien zu rechnen und vom Erkhabenen mindestens einen Schritt entfernt sind.

An s aber, meine Herren, muß, glaube i, daran festgehalten werden, daß für den \chriftlihen Verkehr der Behörden bestimmte Formen vorgeschrieben sind. Hierzu gehört, was allerdings nit irgendwo b

im Gese firirt ift, aber ganz allgemein gebräu@li® ift, daß für den \ch{riftliGen Verkehr zwishen der unter- geordneten und übergeordneten Bebörde die Berihtsform gçe- wäblt wird, und für den \chriftlihen Verkehr ¿wishen koordinirten Behörden die Form des Ersucens\chreibens. Nah diefer Richtung hin, glaube ih, wird man eine Aenderung eintreten zu laffen keine Veranlassung haben. Daß dabei nun entsprechend dem Sprah- gebraub für die Berichtsform das Wort „geborsamst“, für das Er- suchungss@&reiben das Wort „ergebenst“ gebrauht wird, ist that- äblid richtig. Die Antwort, die der Hr. Abg. Rickert auf die an ibn gestellte Anfrage gegeben hat, is übrigens meines Eracters ganz korrekt, indem er gesagt hat: „wenn du keines der beiden Prä- dikate gebraucht, so mast du dih nicht strafbar, wenn du aber eins braucht, so darfst du das Wort „ergebenft“ in dem Berichte an die vorgesette Behörde nit brauen, das paßt sich dafür nit.“

Diese beiden Worte „ergebenst“ und „geborsamft“ find ja, ic möchte sagen, nur die großen, ftarten Linien in dem Bilde, welches uns im Kanzleiitile entgegentritt. Die Finefsen des Kanzleistils das wird dem Abg. Rickert aus seiner amtlichen Thäti bekannt sein noch auf anderen Gebieten. Ich will, was Berichtsform anlangt, nur an die heikle Frage der Form und Größ der Submissionsstrice erinnern (Heiterkeit), und was das Er- suchungt {reiben anlangt, an die Feinbeiten des Untersiedes, ob i jemand „ergebenst“ oder „ganz ergebenst“ ersuGe, „gefälligst“ oder „sehr gefälligst“ oder „geneigtest* etwas zu thun. (Heiterkeit. ) Der Hr. Abg. Rickert wird hon ich will ganz von den Prädikaten abseben nit verkennen, daß ein gewisser Unterschied ift, enn ich ihn ersude, die Nothwendigkeit derartiger Vor- {riften einer nobmaligen Prüfung zu unterziehen (Heiterkeit), oder ob ich sciner Erwägung anbeimftelle, diese Verbältnifse iner noGmaligen Pcüfung unterziehen zu wollen (Heiterkeit).

Fm Uebrigen, meine Herren, meine ih es bat das ja au der Aba. Rickert mit vielem Geschick gethan —, hat diese Frage den Anstri& einer gaewissen Komik, Aber dieser Vorwurf trifft in den von ibm bezeihneten Fällen doH hbauptsäblich denjenigen, defsen Maännerstolz ihm nicht gestattet, einer ihm übergeordneten Behörde ein Prädikat zu geben, das allgemein gebräuhlich ift (fehr rihtig !), welcher sih darauf steift, da, wo der kategorishe Imperativ des Ge- borsams vorbanden ist, bloß den Ausdruck seiner „ho@abtungsvollen Ergebenbeit“ zu gebrauhen. (Bravo! Heiterkeit.)

Abg. Boediker verweist auf die Ueberschwemmungen der Neben- flüfse des Rheins und bittet den Minifter, gegen Wiederholung der» selben Vorkehrungen zu treffen.

Minister des Jnnern Herrfurth:

Fh bin zu meinem Bedauern ni@t in der Lage, dem von dem Hrn. Abg. Bödiker geäußerten Wunsche, eine Berücksichtigung, soweit mein Ressort dabei in Frage kommt, in Aussicht zu ftellen.

Ih bemerke zunächst, daß Anträge auf Gewährung von Noth- standsbeibülfen für die Uebershwemmten der Sieg an die Staats- regierung, insbesondere an mi, nicht gelangt sind. Aber, meine Herren, wenn dies auc der Fall gewesen wäre, so würde nah den Erfahrungen, die die Königliche Staatsregierung bei den übrigen Notbstandégesezen gemat hat, dieselbe nit und am Wenigsten für diesen Spezialfall in der Lage gewesen sein, ihrerseits in gleicher Weise, wie dies früßer geschehen ist, vorzugehen.

Meine Herren, es handelt sch bei den Ueberschwemmungen der Sieg in gleicher Weise, wie bei einer Anzahl äbßnliher Ueberschwem- mungen kleiner Flüsse ih nenne die Eder, die Rubr, die Lenne, die Emser wesentlich um lokale S{äden in einem Umfange, daß ibnen durch die freiwillige Liebesthätigkeit und durch das Eintreten der nabbarlichex Verbände tes Kreises und der Provinz Abhülfe ge-

{afen werden kann. Ich selbt bin rickt im Besi von Disposi- tionéfonds, welÞe eine irgendwie au8giebige Beihülfe zu geben mir gestatten würden ; es würde überhauvt nur mögli sein bier Au8hülfen zu \haffen entweder durch kleinere Beträge, welche bei Seiner Ma- jestät aus Allerböhsten Fonds erbeten werden Fönnten, oder aber, wo es sch um Beträge handelt, wie fie der Hr. “Abg. Bôödiker genannt hat, dur den Erlaß eines Notbfstandsgeseßzes. Und, meine Herren, diesen Weg be- \H§reiten wir nicht wieder, soweit es fb niht um Schäden vzn folcher Größe handelt, daß die naúŸbarli®en Verbände des Kreises und der Provinz auszubelfen außer Stande sind. I erinnere daran, daß zunächst, soweit mein Refsort in Frage kommt, es fich um die Beibülfe an einzelne durch die Ueberswemmung in ihrem Haus- und Nabrungsstande ge! Sädigte Personen, welhe Hülfsbedürftig ge- worden find, handeln kann. Hier bat, insoweit als die freiwillige Liebesthätigkeit niht ausbelfen kann Gott ci Dank ift dieselbe in so bobhem Maße vorhanden, daß der weitaus größte Theil dieser Schäden auf diese Weise in solchen Fällen gedeck wird —, zunächGhft auf Grund geseßliher Verpflihtangen der Ortsarmenverband einzu- treten und, soweit dieser nit dazu im Stande ift, der Landarmen- verband, das ift also in der Regel die Provinz. Meine Herren, diese Vettimmung des S. 36 des Ausführungsgesetes zum Reichsgeseß über den Unterstüßungëwobnsiß scheint eigertliß nur auf dem Papiere zu stehen. Wir hab:n nach den Ermittelungen, die i bei den Vorark eiten zu der Landgemeindeordnung für die Oft- provinzen veranlafit habe, festgesteli, daß die Ortsarmenverbände Beträge von mebr als 45 Millionen Mark für Armenzwecke geleistet bab:n, und daß auf Grund der Beibülfe-Verpflihtung der Land- armenverbände noch nicht 14 pro Mille diefer Summe, nämli 65 099 Æ gezablt worden sind. Das zeigt, daß man von diefer ge- seßlihen Bestimmung nkcht ausgiebig und nicht ausreihend Gebrauch gemacht hat. Wird in einem solchen Falle, wie Hr. Abg. Bödiker ibn \Hildert, durch die Uebershwemmung eine Gemeinde \o hart betroffen, daß sie nit mebr in der Lage ift, den an sie beran- tretenden Verpflihtungen in Betreff der Hülfsbedürftigen zu genügen, so bat eben der Landarmenv?rband einzutreten. Soweit es si um die Schädigung an Brücken, Wegen, Kommunikationen handelt, ist es Saße des Kreises einzutreten. Daß auch hier der Staat mit seinen Meliorationsfonds, soweit es sich um Meliorationêzwecke bandelt, um Aufforstungen, um Wafserregulirungen, Beihülfe leistet, versteßt sch von selbft. Ich glaube, daß die Anträge, die dann aber nicht an mie, sondern an die Herren Refsort- Thefs zu rihten sind, dort woblwollende und, soweit die Mittel es gestatten, auêsgiebige Berücksibtigung finden werden. Von meinem Standpunkte als Notbftand8-Minister kann ich aber nur dringend bitten, daß die Herren davon absehen, einen Notbfkand zu organisiren, sie thun damit den betroffenen Bevölkerungen den allers&lehtesten Gefallen. (Bravo !)

Abg. von Kölichen weist darauf bin, daß die Nothftand8gelder aus früheren Jahren im Kreise Bunzlau noch nick®t ausgezahlt seien, während dies in den anderen Kreilen der Fall sei. Dadurch seien verschiedene Verbesserungen im Rüdckstand geblieben. :

Geheimer Ober-Regierungs-Rath Haase erklärt, daß an der Ver- zögerung fchuld fei der Umstand, daß die Liquidationen zuerst beim Ministerium der Landrvirthschaft eingereiht teien.

Abg. von Schalscha: Bei den Ausweisungsmaßregeln spiele ein gutes Stück Polenfur§t mit; von dieser Polenfur%t scheine sich der Minifter etwas freigemacht zu baben. Die Zulaffung einzelstehender Arbeiter reiche nit aus; diefe seien \{werecr zu fesseln als Familien. Mie könne cin Arbeitgeber Garantien für die Familien übernebmen, die er nicht fenne? Unter den Sawsengängern befänden sh au verheiratbete Leute. Die dur die Auëweisungen und Auêwanderungen geschaffenen Lücken würden dur die jezigen Maßregeln der Staats- regierung niht ausgefüllt. Die Einwanderung der Arbeiter aus Russish-Polen folle gar nit organisirt, aber wenigstens nit behindert werden. Die Unzufriedenbeit babe die öfilihen Provinzen entvölkert. Die Civilebe und die s{le@te Organisation der Orts- polizei, deren Siß oft weit vom Orte entfernt sei, hätten Un- zufriedenbheit waHgerufen. Die Distriktskommifsarien hätten ferner feine genügende Entschädigung für Porto, sodaß sie viele Briefe unfrankirt sendeten.

Minister des Jnnern Herrfurth:

Dem Hrn. Abg. von Swalsha gegenüber muß ih anerkennen, daß allerdings ein Uebelstand in der Provinz Posen in der Hinsi®t vorbanden ist, als die Standesämter und die Bureaus der Ortspolizei- Verwaltung, welche dort in den Händen der Distrikts- fommifsare liegt, von einem großen Theile der Eingesessenen nur unter Zurücklegung weiter Entfernungen erreiht werden können. Diesem Uebelstand kann aber nicht anders abgeholfen werden als dadur, daß die Zabl der Distriktskommifsare sehr erheb- lih vermehrt wird, denn wir haben in der Provinz Posen kein anderes Material weder für die Wahrnehmung der stande8amtlihen Geschäfte noch für die Gesäfte der Ortspolizeiverwaltung. Nun ist aber eine Vermehrung der Zahl der Disftriktskommissare eine Frage, die von Jabr zu Jahr für einzelne Kreise wieder auftaußt und nach Maßgabe der vorkandenen Mittel nah MögliGkeit berücksihtigt wird cine kostspielige Sache, um fo kostspieliger, nahdem wir die Gebälter der Distriktskommissare sehr erheblih vor einigen Jaßren erhöht baten. Soweit es irgend thunli® und obne Beeinträchtigung sonstiger dringenderer Bedürfnisse mögli ist, wird au nah dieser Nichtung Sorge getragen werden. Inébesondece wird au, was die von Hrn. von Swalscha angeregte Frage der Firirung der Porto- auslagen betrifft, sofern der Nabweis der Unzulänglichkeit geliefert roerden sollte, eine Abbülfe ge\{chafen werden.

Im Uebrigen möchte ih mit Bezugnahme auf die Eingangêworte des Hrn. von Shalsha nur erwähnen: ih brauhe die Mahnung nitt, mich ven der Polenfur®t zu erholen. Daß das nicht nöthig ist, glaube ich dadurch bewiesen zu haben, daß ich im ersten Jabre meiner Thätigkeit als Minister die neue Organisation für die Provinz Posen eingeführt habe, ein Vorgehen, welches eben darauf beruht, daß von Polenfurcht in der preußischen Staatsregierung gegenüber den Polen nit die Rede sein kann. (Bravo!)

Abg. Rickert: Seine Autführurngen über Formelunwesen seien kein Schmerzensschrei gewesen. Aus der Welt sei die Saße noch niht geshafft, denn es seien Leute mit Ordnungsftrafen belegt worden, weil fie das „Geborsamst“ nicht geschrieben hätten.

Aba. Strombeck tritt für eine Gekbaltsavfbesserung der E ein, die im Ans{luß an die Aufbesserung der Ge-

älter der mittleren Beamten erfolgen müsse. Minister des Fnnern Herrfurth: Ich kaun mit den Auéfübrungen des Hrn. Abga. von Strombeck

das Titel- und

mich nur Wort für Wort einverstanden erklären, und i spreDe die

sihere Erwartung aus, daß, sobald die Mitiel vorhanden sind, auf dem Wege, den wir für die Unterbeamten und für die Kanzleibeamten bescritten baber, weiter zu geben, sobald die Möglichkeit vorliegt, für die mittleren und Sukalternbeamten eine Gehaltserbößung ein- treten ¿zu laffen, daß dann auch und dabei bin ich im Einverständniß mit dem Vertreter des Finanz-Ministeriums die vom Hrn. von Strombeck bezeibneten Kategorien von Beamten in erfter Linie ibre volle Berücksihtigung finden werden.

Das Gehalt des Ministers wird genehmigt. : Beim Kapitel „Landräthliche Behörden und Aemter“ bittet Abg. von Meyer (Arnswalde) um eine Statistik darüber, wie viel Landräthe vor der Kreisordnung von 1872 auf Gütern an- gesessen gewesen scien uad wie viel es jeßt seien. Als Gutsbefiger werde der Landrath obne Weiteres der Vertrauensmann des Kreises. Das Ergebniß der Statistik werde . nit sebr günstig fein, die Zabl der ange'efsenen Landräthe werde eine fehr viel kleinere geworden fein. Nicht das Gehalt der Landräthe solle man erböhen, sonde:n_nur die Dienstunkosten. Wenn für die Ausführung der Irvaliditätsversiberung den Landräthen 100 Hülfskräfte und ein Zuschuß von 350 000 Æ gegeben werden folle, so sei das zu wenig. Die Unkosten würden für die Landräthe sehr viel erheblicher sein, als 720 durchschnittlick, die auf jeden Landrath entfielen. Die Vergütungen für Portounkosten seien durchaus nit genügend. Daß der Landrath auch vom Kreise Bureaukoften erhalte, sei eine s{lechte Einri®tung; der Landrath solle nit darauf angewiesen sein, deswegen mit dem Kreise zu handeln. Minister des Jnnern Herrfurth:

Den legten Ausführungen des Hrn. Abg. von Meyer kann ih meinerseits nur beitreten. Es ift meines Erachtens ein unerwünstes Verhältniß durch die Kreisordnung insofern geschaffen, als die Kosten für die Kreisau2sch{chuß-Verwaltung nicht vom Staat ge- tragen und dem Landrath in einer Summe überwiesen werden, sondern daß der Landrath veranlaßt worden ift, sib mit dem Kreis darüber auseinanderzuseten, ob dieser die Kosten der Kreisauss{uß-Verwalturg in natura tragen oder sich mit dem Landrath darüber einigen will, daß Letzterer die Kreisauss{uß-Verwaltung ganz oder theilweise in Entreprise nimmt. Ich trete dem Hrn. Abg. von Meyer darin bei, daß in gewissen Fällen der Landrath dabei zu gut wegkommt, der Andere dagegen zu schlecht. Weides ift nit erwünscht, aber eine Aenderung können wir im Verwaltung8wege niht eintreten laffen; wir müssen, um eine Basis für eine Aenderung zu gewinnen, in eine Abänderung sämmtlicher bestehenden Kreisordnungen und demnätst aub, wie der Hr. Abg. von Meyer ganz rihtig angeführt hat, der Dotation8gesetze eintreten.

Was die Frage ciner Verbesserung der pekuniären Stellung der Landrätbe anlangt, fo bin i auÿ darin mit ihm einverstanden. Er hat ia aub anerkannt, daß in dem diesjährigen Etat dur die neue Beantragung einer Summe von mehr als einer halben Million sehr viel geschehen ist. Meine Herren, ob das ausreihend sein wird, weiß ih nit, das wird aber Hr. von Meyer zur Zeit ebenso wenig wiffen ; denn wir wissen noch nicht, wie sh der Umfang der Burcauarbeiten und der Mühewaltungen der Landräthe für die Alters- und Invaliden- versicherung gestalten wird, in welGem Maße es nothwendig werden wird, daß der Landrath einea besonderen Beamten für diese Arbeiten H engagirt und welche Kosten er dafür aufwenden muß.

Im Uebrigen, glaube ih, iff s@on dadur sehr erheblih geholfen, daß für hundert Siellen die Kosten für neu an- zustellende ftaatli® befoldete Bureau - Hülfs8arbeiter Hbewilligt und daß außerdem 350009 f zur Verstärkung der Bureaukosten verwendet werden, von deren diejenigen Landräthe, welhe die Bureaus arbeiten bekommen, natürli in viel geringerem Maße werden berück- sibtigt werden wie diejenigen, wele keine solWe Burzauhülfsarbeiter erhalten.

Endli babe ich, da die Zabl der unbesoldeten Regierungs8- Affefsoren thatsäGhli in solhem Umfange wächst, daß ih, wenn nit die Steuergeseze jeßt einen erbeblißen Abzug für jüngere Beamte gûben, geradezu in einen embarras de richesse mit diesen Afefsoren gerathen würde, eine Einrichtung dahin getroffen, daß größeren Land- rath2ämtern, sofern der Landrath es wünscht, ein Regierungs3- Assessor beigeordnet worden ift, also ein zweiter Beamter, der naŸ seiner Änleitung an den Landrathsge\s@äften fih betheiligt. Eine der- artige Einrichtung ist ‘zur Zeit bereits bei fech:ig Landräthen getroffen, und nah den Mittheilungen, die mir von den betreffenden Landrätben zugegangen sind, hat fi diese Einrichtung überall vollständig bewährt.

Was endlih die von dem Hrn. Abg. von Meyer verlangte Statist:k anlangt, so ist es ja richtia, daß von dem furor statisticus auch der Hr. Abg. von Meyer einen großen Theil mit abbekommen bat, denn er ist der Vater ciner Statistik, die jet einen dauernden Bestandtéeil unserer amtlien Statistik bildet, der Brandstatistik, und ih glaube, er hat auch ein Recht, stolz darauf zu sein, denn diese Statistik ist von einem großen praktischen Werth gewesen, Den praktischen Werth der Statistik, die er in Betreff der Landräthe jeßt verlangt, vermag ich allerdings zur Zeit niht zu erkennen, und deshalb hin ih auch nicht in der Lage, ibm nach der Richtung bin die Anstellung einer solhen Enquete zuzu- sihern. Wßt sich aber die Aufstellung aus den Akten ohne große Schwierigkeiten maßen, so bin ih gern bereit, ißm den Gefallen zu thun.

Abg. Szmula verlangt, daß die Amtsvorsteher in der Mitte ibres Bezirks wohnten, daß ferner die leistungsunfähigen Gemeinden unterstüßt würden, wenn sie Kosten für kommifsarish eingescßte Amis- vorsteher zu tragen bätten. i x

Abg. von Rauchhauvt dankt dem Minister für die Vermehrung der Unkostenents{ädigung der Landräthe, bält aber den Betrag von 350 000 Æ für nit ausreiwend, um die Portounkosten zu decken, welche dur die Invaliditätsversiherung hervorgerufen würden. Besser würde es sein, wenn der preußis@e Staat gegen Zablung eines Pauscbquantums die Portofreiheit für diefe Sendungen herbeiführen wolle, denn sonst würden die Landräthe bei mangelhafter Porto- entschädigung wieder zu den alten Beförderungsgelegenheiten dur die alten Butterweiber u. \. w, zurüdkeßren müßen. ; Í

Geheimer Ober-Regierungs-Rath Haase: Die Gewährung ein:s Portopauschquantums für die Landräthe fei zurückzuführen auf Ecinnerungen der Ober-Rechnungskammer bezügli der Porto- liquidatioren der Landräthe. Ob die Summe von 350000 Æ für Portoentihädigung ausreiche, lafse si erst aus der Erfahrung ersehen. Mit der Post sei eine Einigung wegen der Portofreiheit nit erzielt worden, weil die Forderungen des Reihs-Postamts nicht hättea

zugestanden werden können. Z | l Die Gründung des Reichs könne fast

Abg. von Shalscha: : traurig stimmen, wenn man fehe, daß mit dem Staatssekretär Der Staatssekretär

von Stephan eine Einigung nit zu erzielen set. von Stephan fcheine ein sebr geriebener Geschäftsmany zu sein. Redner empfiehlt die Beseitigung der Einrichtung der Kreisboten, welche der beutigen Verkehrstechnik nicht mehr entspre{e,

Das Kapitel „Landräthlih: Behörden“ wird genehmigt;

ebenso die Kapitel Polizeiverwaltung in Berlin und in den

Provinzen, Distriktskommifsarien, Landgendarmerie und all- gemeine Ausgaben.

Bei dem Kapitel: Strafanstalts-Verwaltung tritt Abg. Shmelzer für die Aufbesserung der Lage der Gefangen- aufseher ein.

Minister des Jnnern Herrfurth:

Ih erkenne an, daß der Dienst der Strafanstalts- Unterbeamten zu den \{wierigsten und unangenebmfsten und zu gleiher Zeit verantwortungsvollsten gehört, die wir überbauvt in unserem Staate baben. Aber, meine Herren, bei der Natur des Strafanftaltsdienstes ift eine größere Beschränkung der Zeitdauer nur dann mögli, wenn eine größere Zabl von Strafanstalt#{bcamt:n an- gestellt wird. Obne Auffi§t können und dürfen die Ge- fangenen nit bleiben. Bis jetzt sind die Mittel dafür flúsfia gemaßi worden, daß die pekuniäre Lage dieser Strafanfstalts-Unter- beamten erheblich verbeffert worden ist; dieselben sind dur&sSnittlih um 150 #, um eiwa 14%/ ióres bi2herigen Gehal18, gestiegen, Es würde mir sehr erfreuliÞ sein, wenn die Mittel besGafft werden könnten, um die Zabl derfelben soweit zu vermebren, daß se in ihrem \ch{weren Dienst einizermaßen erleitert werden könnten. E3 würde das au dazu dienen, daß künftig mehr Leute si zu diesem Dienst melden. Denn ich muß allerdings zugestehen, daß in Folge des s{weren Dienstes es jeßt sehr \{wierig ift, den rihtigen und geeig- a Ersaß für die abgängigen Strafanstalts-Unterbeamten zu er- alten,

_Abg. Freiherr von Heereman klagt darüber, daß weiblihe Gefangene aus den Strafanstalten statt gebefsert, ganz zuchtlos aus den Anstalten gekommen seien, weil sie dort mit den \ch{lecchtesten Elementen zusammengekommen und verdorben seien. Er befürwortet die Anstellung von Ordensfrauen bei den Strafanstalten.

Minister des Jnnern Herrfurth:

Meine Herren! Es sind mir Klagen na& der NiGtung k wel{er der Hr. Aba, Freißerr von Heereman soeben Ausdruck gegeb hat, nit zu Obren gekommen, und ih mötte aub glauben, daß, wenn derart ige Mißstände eingetreten sind, sie nur aanz vereinzelt in einzelnen Arstalten vorgekommen sein mögen, Es wird die möglihste Rücksict darauf genommen, daß geeig- nete Aufsehcrinnen und Ober-Aufscherinnen eingestellt werden, und daß die Aufsicht cine so strenge ist, daß die von ibm bezei&nceten U-belstände ni&t eirtreten können. Wenn der Hr. Abg. von Heereman bebauptet, daß die Unterhaltung bei der gemeinsGaftlicen Arbeit eiae gänzli freie sei und dadurG dem Verderb der besseren Elemente Vershub geleistet werde, so ift das niét rihtig; überall wird daran feftgebalten, daß ununterbro&en eine Aufseberin bei den Arbeiten zugegen ift, und daß derartige Unter- baltungen nit fsiatifinten dürfen. Hinsihtli® des ron ibm au8ge- \sprohenen Wunsches, daß für katboliswe Aufalten Mitalieder von Ordensgenofsens{aften mit der Funktion der Aufseßerinnen beauftragt werden mötten, ist einmal ein entspre&ender Versu gemaÞt wor- den, aber die Bedingungen, die Seitens der Ordenêgencfsen\s{aften für diese Arstellung aufgestellt wurden, waren derartige, daß fie si mit den Prinzipien, welche für die Verwaltung der ftaatliden Strafanfalten festgehalten werden müssen, nit haben vereinigen lassen. Im Uebrigen tft neuerdings eine Einrichtung getroffen worden, wele den von dem Hrn. Abg. von Heereman verfolgten Zwet zu fördern geeignet sein dürfte. Es sind Frauenvereine um die Erlaubniß eingekommen, ihrerseits eine Art Einwirkung auf die in den Gefängnissen internirten Frauerêpersonen eintreten zu lassen, und baben um die Erlaubniß gebeten, Zutritt zu den Gefangenen zu erbalten. Nach dieser Ri&tung bin ift den betreFenden Vereinen, soweit sie die

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nöthige Garantie dafür nach der Persönli&kcit ibrer Mitglieder ge-

boten haben, entgegengekommen worden, und ic glaube, es sind die Erfolge, die man na diefer Ri&tung bin erzielt bat, aud günstige gewesen. Das Eine will ih allerdings dem Hrn. Abg. von Heereiman zugeben: wir sind leider in der Lage, daß wir in ten Weiber- gefängnifsen nicht eine genügente Anzabl von Isolirzellen haben, um die jugendlien Uebeltbäterinnen ebenso austsGließ[li& in Einzelhaft halten zu können, wie wir dies bei den männlichen Ges fangenen anftrebenz aber das fkann nur fehr allmäblih geäntert werden, indem dur@ Neubauten oder durb Umänderungsbauten eine größere Anzahl von Ffolirzellen geaen wird. Das muß ic ¿ugeben, daß in gemeinshaftlißer Haft s richt gänzli zu ver- hindern ist, daß Jüngere, wenig Verdorbene ih will ni&t von un- verdorbenen Seelen spreßen doH mehr oder weniger in die Schr[e des Lasters kommen, und wenn wir nit die Mözli&keit baben, sie in Einzelhaît zu balten, sie nit gebessert, fondern vielleicht in en Strafanstalten verschlechtert werden.

Das Kapitel wird genehmigt, ebenso die übrigen Ausgaben des Etats des Ministeriums des Jnnern. -

Schlus 3 Uhr.

Literatur.

GesGibte.

ff Zeitschrift der Gesellshaft für S6{leswig- Holstein - Lauenburgisbe Gescbichte. 20. Bd. Kiel 1899, Kommissionsverlag der Univerfitäts-Bucbbandlung. Der vorliegende Bard entbält einen interessanten Aufsatz von Justiz-Rath Dr A. Wolff, welcher die Scicksale Slen8burgs in den Kriegsjahren 1657—60 behandelt, Auf Grund meist unbekannten arhivalishen Materials berechnet der Verfasser die Steuern und Lieferungen, welche die Klenê- burger Bürgerschaft während der drei Jahre des \chwedisch- dänischen Krieges an die \{wedischen, brandenburgishen, Kaiserlißen und dänischen Truppen entrihten mußte. Die Verpflegung der dur{- ziebenden Heere verursate der keineswegs woblkbabenden Stadt große Kosten uxd zwang die Verwaltung. die Steuern zu erböben, worüber in der Bürgerschaft lebhafte Zwistigkeiten ausbraden, die erft dur das Eingreifen der Landesregierung beigelegt werden konnten. Von besonderem Interesse sind die mitgetheilten Rechnungen, welGe die Ansprüche der Soldaten an ihre Quartiergeber anschaulich machen.

_ Ferner bringt der Band eine Abbandlung über die Schla§t bei Idstedt am 25. Juli 1850 von Abercron, welche vorzugweise bestimmt ift, die von Zeitgenossen getadelte Haltung der 2. S&leswig-

olsteinishen Infanterie - Brigade wäh-end der SchlaGt zu recht- ertigen. Na bisher theils unbekannten Berichten und Mittbeilungen von Augenzeugen giebt Abercron eine eingehende Darstellung vom Verlauf der SwWhlact. Der Aufsas enthält nur die S{lawt- bes&reibung; auf die strategishe Lage vor und nah dem Gefect ift nit eingegangen. Der Abdruck vieler auf die Shla@t bezüglichen Aktenstücke erlei@tert die Prüfung der Darstellung sowie fernere Ar- beiten über diesen Gegenstand außerordentli.

Von mehr als lokalhiftorischem Interesse dürfte endlich sein der Inkalt des öffentliben Archive der Familie von Hedemann gen. von Herspen zu Deutsh-Nicnhof, den P. voa Hedemarn publizirt.

__F Oberbaverishes ArchHiv für vaterlärdisGe Ge- \GiGte. Herausgegeben von dem Historishen Vereine von Ober-Bayern. München, 1890. Königl. Hof- und Universitäts- Buchdruckerei von Dr. C. Wolf. Das zweite Heft des 46. Bandes dieser Zeitschrift wird eröffnet durch eine Untersuhung von Auguft Hartmann über Briefe zweier vornehmer baverisGer Ritter aus dem 16. Jahrhundert. Bisher hatte man diese Briefe sämmtli; von einem Verfasser, dem Ritter Kaspar Winzerer, berrübrend ge- alaubt; Hartmann weist aber nach, daß ein Theil derselben von dem Vater des eten Genannten geschrieben ist. Der Inhalt der Corre- spondenz beziett fich theils auf die bayerische Geshite, theils auf die allgemeinen Welthändel im erften Viertel des 16. Jabrhunderts,

Weiter bringt das Heft Notizen von Glass\{röder über das Material zur bayerishen Gesbi©te, weldes in römishen Biblioth-ken enthalten ist. Wern das bier gegebene Verzeihniß auch nit vouständig ift, so bofft der Verfaffer doc, dur seine Zusammen- stellung die Foricunagarbeit auf diesem Gebiete zu erleickierr.

In die neuste Zeit führt uns eine Abbandlung von Adolf Schneidawind über die Bemühungen des Münchener Professors Franz Xarer Kefer, am Ende des vorigen Jabrhurdects eine „bürger- liche Feyertagss{ule für Handwerks-Jungen und G:f\ellen“ zu gründen. Ohne Unterftüßurg zu erbalten, führte Kecfer troy seiner geringen Mittel und troy mancher Widerwärtigkeiten das Unternehmen glücklich dur, bis nach einigen Jabren sih weitere Kreise dafür zu interessicen begannen. Eben als si die bayerishe Regierung seiner Schövyfung annahm, starb er, so daß er die großen Erfolge setner Bestrebungen nit mebr erlebte,

Æ Zeitschrift für die Geshi®te des Oberrbeins berauêgegeben von der Badischen historisGen Kommissior. Neue Folge Bd. VI Heft 1. Freiburg i. B, 1891. YAfkademisve Verlagsbuchbandlung von F. C. B. Mohr. 224 Seiten, 4 #4 An der Spitze des Heftes steht ein Aufsaz von Heinri© Witte; „Zur Ge)\chibte der Burgunderkriege. Die Konftanzer Richtung und das Kriegsjabr 1474.* Witte behandelt bauvt\ägli® das diplomatishe Vorspiel des Krieges, welber den Untergang Karls des Kühnen berbeiführte. Er \{iltert die Verhandlungen, dur& wel&e der alte Hader zwischen den Eidgenossen und dem Hause Oesterreich unter Vermittelung des Königs von Frankrei geschlihtet wurde ferner das Vorgehen der Eidgencfsen und ibrer Verbündeten gecen Karl, der mit boben politisben Plänen beschäftigt, gern mit der S@weiz im Frieden leben wollte, endlich aber do zum Kriege ge- zwungen wurde. Zu der Thätigkeit des französishen Königs, welcher die Gegensäge zwischen Burgund und der SHweiz vortreflib zu benuzen veritand und dur seine geshickte Diplomatie und dur Geld- spenden die Eidgenofsen aanz an die französische Politik kettete, stebt die Hülflosiakeit und Unfäbigkeit des Herzogs von Oesterrei in s{hroffem Gegensaßze. Von dem Kriege felbst s{ildert Witte nur einige Plünderungézüge, mit denen fic die Partcien wädbrend des Iabres 1474 heimsuchten.

Karl Hartfelder giebt in seinem Aufsaze „Zur Gelehrten- geshihte Heidelbergs am Ende des Mittelalters“ kurze Notizen über Leben und Leistungen von abt Gelehrten der Heidel- berger Universität des 15. Iabrbunderts, Die Beilagen zu den biographishen Augaben, enthaltend bislang unbekannte Werke der besproHenen Perionen oder urkundlide Angaben über ihre Lebenszeit und Stellung, verleiben der kurzen Abhandlung einen besonderen Werth.

NochH ungedruckte Briefe aus der Reformationszeit veröffentliben Otto Winckelmann und Eugen Wo ldner. Dieser publizirt vier Briefe von dem Augustiner-Prior Hoffmeister, einem hervorragenden fkatbolischen Theologen des 16. Jahrbunderts, jener fünf Streiben ven Thomas Murner, dem bekannten Gegner Luthers, welche einen Streit zwischen ibm und den Städten Straß- burg, Luzern und Zürih behandeln. Ven den übrigen Aufsätzer macen wir besonders aufmerksam auf die für den Kunstbistorlfer interessante Arbeit von W. Lübke: „Die Wandgemälde in der Scbloßkapelle zu Oberarombach“. Mit Literaturroti:en und den Mittheilungen der badischen biftorishen Kommisson {chließt

das Heft. Militäris@es.

Die Armeen der europâäis{en Staaten nah Truvven-

ntbheilung und Standquartieren. Jahrgang 1891. Hannover. wing’|che Verlags8buchandlung. Dieses But entbält eine über- tlihe Zusammenstellung der deuten, französisben, russischen, reiSisc-ungarishen und italienishen Armee, wel@e die Ein- :ng in Corps, Divisionen, Brigaden und Regimenter, sowte die Standorte ber bôheren Stäbe und sämmtlicher Trupvernthbeile leicht nen läßt. Der französisben Armee ist am SHluß ein Ueber- ibrer Kriegsftärke im laufenden Jahre beigefüat, in welGem auf 4715000 Mann angegeben ift. Im Anhange sind die kleineren Armeen, die rumänische, ferbishe, bulgarisce, montene- grinis&e, türkiswe und grie{isbe als südestcuropäisbe Grupve und die belgische, niederländise, schweizerische, englische, dänische, \chwedishe, norwegische, spanis{e und portugiesishe Armee als nordwesteurcväische Gruppe in derselben Weise betandelt. Anlage I. entbält eine ver- leihende Uebersicht der Friedensftärken der Großmächte. DanaŸ esitt Deutscland 538 Bataillone, 465 Escadrons und 434 Feld- batterienz Defterreih-Ungarn 458 B., 252 Es8c. und 241 Feldb.: Italien 346 B., 144 Esc. und 207 Feldb.; Rußland 10292 B, 687 Eëc, und 405 Feldb.; Frankreich 561 B., 420 Esc. und 480 Feldb. In Anlage II. wird eine vergleiwende Uebersiht der Flotten der europäischen Staaten und der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika gegeben. Wir Leben daraus die Anzahl der Panterscbiffe hervor, mit denen die bedeutenderen S:emächte zur Zeit aufzutreten vermögen. Frankreih Lat 58, Rufland 37, Desterrei&-Urgarn 11, Deutshland 11 (außerdem 15 Panzerfahrzeuge), Großbritannien und Irland §2 (darunter 26 IT. und IIT. Klafse), die Niederlande 19, S{weden und Norwegen 29, die Türkei 15 und die Vereinigten Staatea von Nord- Amerika 27 Panzerschife.

Organifation und Bekleidung der Königlich preußischen Leib-Gendarmerie. 1820—1890. Bearbeitet von Kiesling, Lieutenant und Adjutant des Hessishen Train-Bataillons Nr. 11. Mit 2 Uniformbldern. Berlin 1890. E. S. Mittler und Sohn. Preis 1,20 Æ Kurz und klar \ch{ildert der Verfasser dieser fleinen Schrift die Entwicklung der jeßt dem Kommandanten des Hauptquartiers Seiner Majestät des Kaisers und Königs unterstellten und aus zwei Zügen bestehenden Leib-Gendarmerie aus dem im Iabre 1820 dur{ Königliche Kabinets-Ordre gebildeten Garde-Reserve- Armee-Sendarmerie-Kommando, giebt dann cinen genauen Ueberblick über den Wesel in der Bekleidung und Ausrüstung dieser stets zur persönli@en Dienstleistung bei dem Allerhöchsten Kriegéherrn ver- wendeten austerlefenen Truppe im Verlauf der siebenzig Jahre ibrcs Bestehens und endli Verzeichnisse der Leibgendarmen, welche die Feldzlige 1866 und 1870/71 mitgemaßt baben, der ersten Waht- meister dicses Corps mit biographis@en Angaben, ihrer Commandeure, Führer und der zur Leib-Gendarmerie seit dem Jahre 1882 komman- dirten Kavallerie-Dffiziere. In zwei guten Abbildungen sind die jetzigen Uniformen der Leib-Gendärmerie und die des Führers des Garde- Reserve-Armec-Gendarmerie-Kommandos aus dem Jahre 1827 ver- anscchauliht. Die mit großem Fleiß zusammengestellte Sthrift kann auf das Wärmste empfohlen werden.

Von Seiten der Plankammer der Königlich preußischen Landes3aufnahme ift uns ein Verzeichniß zugeaargen der von der Landesaufnahme kberausgegebenen und von der Plankammer ver- walteten Karten. Diesem Verzeichniß ist beigefügt: 1) Eine Uebersicht der seit dem Jahre 1877 von der preußischen Landes- aufrahme im Maßstabe von 1 : 25009 der natürlihen Länge ver- öffentlihten Meßtischblätter; 2) ein Uebersichtsblatt zu der Karte des Deutschen Reichs im Maßstabe von 1: 100 0009, bearbeitet von der Königlich preußishen Landesaufnahme, den topo- graphischen Bureaus des Königlich bayerischen und des Königlich sähen Generalstabes und dem Königlich württembergishen statistischen Landeëamt; 3) ein Uebersichteblatt zur topographischen Spezialkarte (Reymann) von Mittel-Europa, im Maß- gabe von 1: 200 000, berau8gegeben von der fartographischen

Abtbeilung der KönigliH prectßishen Landesaufnabme; 4) ein Uebersictsblatt iur Karte der U. ngegend von Berlin und Potsdam im Maßstabe von 1: 25 000 und 5) ein Uebersichtsblatt zur Karte des Landes zunächst ucn Berlin im Maßftabe von 1 : 50 009 der natürliden Länge und mehrere andere Garnisonkarten Sämmtli§e Uebersi®tsblätter sind mit Néeßlinien zur Abarenzunz der einzelnen Blätter und diese mit Numu1er und Namen verseben, wodurch die fo bäufig vorkommenden Mißt'zritändnifse bei Karten- bestellungen mit Leichtigkeit vermieden werde! können. DurY be- sondere lei®t zu erkennende Zeichen ift auf jedem Vebersiht8blatt bemerkflih gema®t, welbe der einzelnen Blätter bereits fertig gestellt sind und welche älteren Blätter für die noch ni.Ht fertig geitellten vorläufig als Ersaß dienen. Das unter Nr. 1 cufgefübrie Ueber- sicitsblatt ift mit ftarken Neßlinien und Nummern zur Bezeihnung der Meßtiscblätter der Karte im Maßstabe von 1 : 100009 und mit sck{w ben Net linien und Nummern für die Meßtishblötter der Karte im Maßftabe von 1 : 25 000 versehen, eine sebr’ vraktisbe und an erkennenéwertbe Einri@tung. Auch sind auf diesem Blatt dur Oen Meßtischblattgruppen ums{loften, die in einer zweite luSgabe als Garnifon-Umgebungsfkarten“ erschienen sind. Die sämmt- liden von der preußisben Landezaufnahme herausgegebenen Karten sind durch die Veriagébuchbandlung von R. Etisenschm in Berlin Nr. 1 und 3 zum Preise von 1, Nr. 2 und 4 zum Preise von 1,50 4 und Nr. 5 zum Preise von 0,40 A4 für das Blatt zu be- zieben, während die als CErsaßblätter für no® ni&t fertigestellte S im Verlage von S&morl und Seefeld in Hannover, A. Kreiscmidt in Kassel und G. Braun in Karlsrube befinden, urd die vom Köriglich kaverishen und säbsishen Generalstabe, sowie von dem württem- bergisden ftatistisben Landesamt berausgegebenzn Blätter der unter Nr. 2 genannten Karte von Th. Riedel in Münten, Carl HöFner in Dresden und der Königlich württembergischen Plankamnmer vei trieben werden. N26 dem Verzeinißk können aus dem Berlage vor R. Eisens@midt in Berlin au noch die S&{laŸht- und Gefets- felderpläne von den Feldzügen 1864 und 1868 bezogen werden. Zu erwähnen bleibt no, daß alle bier ang:fükrten Karten für den Dienst- gebrauh der Militär- und Civilbehörden durch die Plankaminer der Landesaufnabhme zum halben Preise abgegeben twerden. ie Plane fammer bittet, die Bestellungen zur Vermeidung von 11 genau rach der oben angegebenen Fassung und möglichst Bebörden gesammelt zu machen. Doch werden auch Bef einzelner Offiziere jederzeit entgegengenommen. Recbts- und Staat8wissenschaft.

_ Mlr. Der Civilprozeß. Systematis bearbeitet für die ordent- lihen Gerichte des preußis{chen ats und für das Reichgeriht auf Grund der Re:chsg?efeßgebung und der pvreußtiscen Landeëgefetz- gebung, sowie der Vorschriften der preußishen Landes-Juftizverwaltung. Von V. Rintelen, Geheimem Ober-Justiz-Ratb. Berlin W. 1891. Verlag von Otto Liebmann, St6luflieferung. Preis des ganzen Werks (XRYIY u. 946 S. gr. Oft.) bro. 22 ., geb. 23 4 50 3. Mit der vorliegenden Lieferung wird das Werk, welbes in Folge ein- gehender Berücksivtigung der neuesten Entseidungen des Reichs- geridts und anderer Publikationen den ursprünglich gaevlanten Umfang nit unbeträhtlib übersritten bat, zu Ende gerührt. Dasselbe bildet den Sölußstein in der Reibe von Einzels§riften, dur welwe der Verfafser scine in den Jahren 1881—83 erschienene „Svstematisde Darstellung des gesammten Prozeßrechis“ einer bei dem veränderten Stande der Gesetzgebung und Rechtsprehung shienenen Umarbeitung unterzogen bat. Einer besonderen Empfe bedarf diese neueste Arbeit des Verfassers nit, seine Meth in der Bebandlung der einzelnen Materien des P ets wie der den älteren Werken zu Theil gewordene L eingebürgert. Die an den früßeren Ecscheinuv treten bei dem größerem Un:fang i mögli& noh deutlicher bervor. im besten Sinne des Worts. t è großen Kommentare zur Civilprozeßordnung. l ist für das {nelle Auffinden aller in Betraht kommenten Fragen durch die sehr ausfübrlihen Quellen- und Satregister ausreihend Sorge ge- tragen. In manwen Beziehungen verdient aber die hier gebotene systematishe Darstellung den Vorzug. Einmal hat der Ver- fasser durch den Verzicht auf die oft unfruHtbare Erörterung von Streitfragen Raum gewonnen für eine Mittheilung der von dem ReiWsgeriht angenommenen Grundsätze, wie wir sie in diesem Um- fange noch in feinem anderen derartigen Werk wahrgenommen baben. Vor Allem aber hat er Gelegenheit gefunden, am passenden Ort in zusammenbängender Weise verschiedene widbtige Lehren zu behandeln, die, wie die Zulässigkeit des RNechtäweges, Nothwendigkeit der Streit- genossenschaft, geseglihe Vertretung und viele andere mebr, gleiter Weise in das formelle wie in das materielle Recht cingreifen, und die in den Anmerkungen eines Kommentars begreifliher Weise nur in sehr beschränktem Maße Berücksihtiaung finden können. Diese Partien zählen zu den werthvollsten des Werks und glauben wir dasselbe allein \{on um diefer willen auf das Angelegentlihste empfehlen zu sollen.

Mlr. Der Entwurf einer Patentnovelle. Besprochen von A. Bolze, Reich8gerichts-Rath. Leipzig, Druck und Verlag der Roßberg’ [hen Buchhandlung, 1890, 171 S. (Pr. 4 4). Die An- zeige dieser Schrift erfolgt etwas verspätet, nawdem soeben di Patentnovelle vom Reichstage in dritter Lesung angeäzommen worden ist. Glei@wohl ift es von wissenshaftlihem Interesse, die Anfichten des Verfassers, welcher ein genauer Kenner des Patéentrets3 ift, kennen zu lernen, uad nur aus diesem Gcunde sei bhiervo1 Notiz genommen. In den \eckchs Kapiteln, in welche si die Arbeit gliedert, zeigt si der Verfasser als ein entschiedener Gegner des Entwurfs, Er begnügt b j:doch nit mit einem wissenschaftlihen Angriff auf die in dem- selben aufgestellten Grundsäte, fondern er ertwidckelt einen gesblofsenen Gegenplan, bei dessen Durchführung, wie er hofft, die vielfahen in der Nechtsprehung auf dem Gebiete des Patentrechts bervorgetretenen Mißstände beseitigt werden würden. Die Grundzüge der von ihm angestrebten Reformen lassen stch im Umriß wie folgt zusammenfassen. Das Civilprozeßverfahren in Patentsachen sei, wie er ausführt, durch Errichtung von „Kammern für Patentsahen“ und ein gemeinsames Berufung2gericht einbeitlih zu gestalten (Kap. TTT). Die Klage auf Verrichtung des Patents sei aud noch nah Ablauf von 5 Jahren seit Ertheilung desselben zuzulassen (Kap. I), andererseits aber au dem Erfiuder eine Klage auf Ertbeilung des Patents im Falle der Ablehnung seines bierauf gerihteten Antrags zu gewähren (Kay. V). Bei der Klage auf Nichtigkeit, bezw. Zurückn2bme des Patents müsse zur Vermeidung wiederholter, auf gleider tbatsähliher Grundlage berubender Prozesse unter bestimmten Voraussetzungen eine absolute Wirkung der zuerst ergangenen rechtskräftigen Entscheidung er- zielt werden können (Kav. IIl). F F

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Ferner sei die Frage, unter wezl{her Vorausf\etzung und mit welchen Maßgaben der Patentinhaber bei Verfolgung seines Rechts Ersaß des ihm durch das Verkalten des Gegners erwachsenen Schadens verlangen könne, in einem gegenüber dem geltezden Ret für den Kläger günstizeren Sinne zu lösen, indem insbesondere die Gutagläubigkeit des Beklagten an und für sich keinen Grund für den Fortfall der Ersaßvfliht abgeben dürfe (Kap. Il). Des Weiteren “sei der ältere Erfinder gegen jünger e Pa- tentansprühz, welhe auf der älteren Erfindung fußten, bezw. die- selbe ganz oder zum Theil zur Vorausseßung bätten, ebenfo vie gezen Entwendungen jeiner Erfindung, auch abgefehen von der Klage auf Nichtigkeit des ungeaßhtet dieser Umstände gewährten Pat ents dur geeignete Maßregeln (einstweilige Verfügungen 2c.) in ergie" iger Weise zu schüßen (Kap. IV). Endlich wendet si der Verfaß er gegen die Bestimmung der Novelle, wonach Niemand obne G -laubriß - des Pateutinhabers defsen Erfindung gewerbsmäßig in den V ¿erkehr bringen, verwerthen und gebraußen foll. Dieses Verbot g&F&,t ihm zu weit. Er würde es für geuügend erahten, wenn der P atentinbaber den gewerblichen Verkauf, nit aber zugleiH au de'¡ gewerblichen Ge- brau des Erzzugnifses eines pitentirten Verfabr? 18 untersxzen dürfe (Kap. VI). Näher auf die bier vuz ganz im “Allgemeinen ifizzirten Vorschläge des Verfassers einzugeben, müssen w*,r uns versagen. Auch hinsihtlih der eingehend:n Begründung könv.en wir nur darauf bin- weisen, wie der Verfaßer für dieselbe die reih2 Srfahruna aus feiner. eigenen riGterlihen Thätigkeit in Patentsazen hat verwerthen könnep.