1891 / 88 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 14 Apr 1891 18:00:01 GMT) scan diff

In der heutigen (68.) Sißung des Hauses der Ab: eordneten, welher der Bio räfident des Staats- inisteriuums, Staats-Minister Dr. von Boetticher, und der Minister des Jnnern Herrfurth beiwohnten, wurde die zweite Berathung des AuLWUrf s einer Landgemeinde- ordnung fortgeseßt, und zwar bei §. 59, welcher lautet : Jeder Wähler muß dem Wakhlvorftande mündlich zu Protokoll erklären, wem er seine Stimme geben will. Er hat so viele Per-

sonen zu bezeihnen, als zu wählen find. : Bezüglich der Stellvertretung bei der Wahl kommen die Be- stimmungen im §. 47 zur Anwendung. S Die Abgg. Eberty und Rickert beantragten, statt §. 59

zu fegzen:

¿S 59: A

Die Wablen erfolgen durch Stimmzettel, welche dur die in

der Reibe, in welcher sie in der Wählerliste stehen, aufgerufenen Wähler uneröfnet in die Wakhlurne gelegt werden.

Jeder Wähler hat auf dem Stimmzettel so viel Perfonen zu

bezeihnen, als zu wählen sind. ¿ ; _ Die während des Wablakts erscheinenden Wähler können an

der noch nit geschlofsenen T theilnehmen. . 99a Der Wakhlvorstand erklärt, sobald keine Stimme mebr abzu- aeben ist, die Wahl für «ges{lossen und stellt das Resultat der Wakhl feft. | Ungültig sind Stimmzettel, E : 1) welche keinen oder keinen lesbaren Namen enthalten,

2) auf welchen die Person des Gewählten nicht unzweifelhaft ¿u erkennen ift,

5) welche einen Protest oder Vorbehalt enthalten,

4) auf welhen mehr Namen als zu wählende Personen ver- ¿cihnet sind oder der Name einer nicht wählbaren Person ent- halten ift." :

Die Abgg. von Meyer (Arnswalde), Dr. von Hey de- brand und der Lasa und Dr. Friedberg traten für die Aufrechterhaltung des Kommissionsbes(hlusses ein.

Der Minister des Jnnern Herrfurth vertheidigte den- selben gleichfalls. Die geheime Wahl biete, wie die Reichs- tagswahlen lehrten, keinen Schuß gegen Wahlbeeinflufsungen. Die öffentlihe Wahl sei aber bereits geltendes Recht.

Die Abgg. Ridckert, Freiherr von Huene, von Jazdzewski und Eberty sprachen für den Antrag Ridert, indem sie ausführten, daß bei der geheimen Wahl die wahre Meinung der Wähler eher zum Ausdruck komme, und auf das Beispiel anderer Länder hinwie)en, wo in den Landgemeinden geheim zu den Vertretungen gewählt würde. :

Jn namentlicher Absiimmung wurde der Antrag Nidckert mit 182 gegen 91 Stimmen verworfen und die Vorlage un- verändert angenommen; ebenso die §8. 60 und 61.

Jn §8. 62 wurden die Worte „mit dem Beginne des nach- folgenden Jahres“ erseßt durch die Worte „an dem aus die Wahl folgenden 1. April“, Die §8. 63—65 wurden unver- ändert angenommen, ebenso der 5. Abschnitt „Gemeindever- mögen“ (§8. 66—71). (S&luß des Blattes.)

Die XI. Kommission des Reichstages zur Berathung der Gebrauchsmuster-Novelle bielt gestern Abend ibre Schluß- sizung. Eine eingehende Debatte wurde über die Petition der Handelskammer zu Offenbah a. M. u f. w. gepflogen. Der Kom- missionsberiht wurde einstimmig genehmigt und der Abg. Sam-

hammer zum Berichterstatter bestellt.

Der dem Hause der Abgeordneten zugegangene

Antrag der Abgg. Walther und Genossen lautet: Einziger Paragraph. Í j

Das Gese vom 13. Mai 1888, betreffend die Bewilligung von Staatsmitteln zur Beseitigung der durch die Hohwasser_ im Frühjahr 1888 herbeigeführten Verheerungen (Geseßz-Samml. S. 103) wird, unbeschadet des Geseßes vom 8. Mai 1889 (Geseßz-Samml. S. 102), auf die Beseitigung derjenigen Verheerungen ausgedehnt, welche durch die Holwasser im Sommer und Herbsi des Jahres 1890 herbei- geführt worden find. x S

Dem Antrage ist folgende Begründung beigefügt:

Im Sommer und Herbst des Jahres 1890 sind dur die Hoh- flutben, insbesondere der Elbe und Saale, Verheerungen herbei- geführt worden, welhe die wirthshaftlie Eristenzfähigkeit weiter Gebiete bedrohen. Am 6. und 7. September 1890 hat die Elbe von der sächsishen Grenze an bis in den Wittenberger Kreis hinein eine Anzahl Däwme durchbrowen und eine große Zahl Ortschaften der Kreise Torgau, Liebenwerda, Schweiniß und Wittenberg {wer heimgesuht. Es sind weite Flächen Ier und Wiese für lange Zeit ertragsunfähig gemacht, reie Ernte- vorräthe wegges{wemmt oder verdorben, viele Viehstüke ertrunken und zablreihe Wohnhäuser, Scheunen und Ställe theils eingestürzt, tbeils stark beschädigt. Der Gesammitschaden der Betroffenen be- ziffert fich in den vier Kreisen auf rund 2500 000 4 und daneben sind für die Wiederherstellung und die von der Regierung geforderte Verstärkung der Dämme fowie für sonstige Anlagen noch rund 3 000 009 Æ aufzubringen. ;

Ganz ähnlihe Verheerungen hat im November 1890 die Saale angerihtet. Der Schaden stellt s in den hier in Betracht kommen- den Kreisen Merseburg, Weißenfels und Naumburg einschließli der Kosten der Wiederherstellung und Verbesserung der Dämme auf ins- gesammt 1 200 000 E L

Die vorliegendin Ueberschwemmungsschäden sind so überaus groß, daß sie von den Heimgesuchten allein nit getragen werden können und daß, da die dankbarst anzuerkennende Liebesthätigkeit Privater selbstverstäadlich irgendwie durhgreifend niht hat wirken können, Staatsbülfe unumganglich nothwendig erscheint.

Dur die Geseße vom 13. Mai 1888 (Gesez-Samml. S. 103) und vom 8. Mai 1889 (Gescß-Samml. S. 102) ist der Staats- regierung zur Beseitigung der dur die Hohwasser im Frübjahr und Sommer des Jahres 1888 herbeigeführten Verheerungen der Betrag von 34 Millionen Mark zur Verfügung gestellt. Nah den an- gestellten Ermittelungen sind von der ebengenannten Summe noch einige Millionen Mark disponibel. Der vorliegende Entwurf erstrebt die Verwendung dieser disponiblen Mittel zur Beseitigung der durch die Hochwasser im Sommer und Herbst 1890 herbeigeführten Ver- beerungen.

Das Eraänzungsbest zu dem „Archiv für Post und Tele- graphie“ (Beihesnt zum Amtsblatt des Reichs-Postamts, heraus- gegeben im Auftrage des Reichs:Postamts) vom März 1891 bringt eine Uebersiht über die Berathung des Etats der Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung für das Jahr 1891/92 im Reichstage.

tr. 15 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlihen Ar- beiten, bat folgenden Inhalt: von Tuther'scher Brauerei-Aué sank in Berlin. Bestrebungen zur Hebung der Binnenschiffahrt Frank- reis. Umbildung und Tragfähigkeit des Planums von Eisenbahn- dâmmen. Elcktrishe Wasserstandsanzeiger. Vermischtes : Preis- aus\reiben für Gesammtansihten von Wohn- und Repräsentätions- räumen. Preisertheilung, betr. ein- neue evangelishe Kirche in Gießen. Eisenbahnfahwissenschaftliche Vorlesungen. Lodcker-

werden der Laschenbolzen. Beschlag für durchschlagende Thüren. „Breitfußshiene oder Stahl\chiene ?* Abhängen von S(lußwagen auf énglishen Eisenbahnen. Wirkungen des Baues der Forth- brücke. Eiserne Vorgartengitter. Gustav Nrowe {.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Essen a. Ruhr, 14. April. (W. T. B.) Der hiesige aus circa 1500 Mitgliedern bestehende evangelische Arbeiter- Verein beshloß, gegen das wvate-:lands- lose Gebahren der deutschen Delegirten auf dem Pariser Arbeiter-Kongres Protest zu erheben, eine Erklärung gegen einen allge- meinen Strike und die Betheiligung an einen solhen zu erlassen, dem Gefühle des Dankes und des Vertrauens für Seine Majestät den Kaiser Ausdruck zu geben und alle evangelishen Arbeitervereine Deutschlands zu ähnlihen Kundgebungen aufzufordern. :

Kiel, 14. April. (W. T. B.) Seine Königliche Hoheit der Kronprinz von Schweden ist heute früh mit dem Dampfer „Skirner“ hier eingetroffen und hat alsbald die Reise nah dem Süden log

Paris, 14. April. (W. T. B.) Die Testaments- vollstrecker des Prinzen Jérôme Napoléon erklären im „Figaro“, daß das Testament des Prinzen seinem Fnhalt gemäß vollzogen werden wird. Die Sichtung der Schriftstücke sei unbehindert und im Einvernehmen mit dem Universalerben Prinzen Louis erfolgt, welher es auch den Testaments- exekutoren überlassen habe, der französishen Regierung den leßten Wunsh des Verstorbenen bezüglih der Beerdigung vorzulegen.

Das „Journal officiel“ theilt mit, daß der Gouverneur Ballay Befehl erhalten habe, die entsprehenden Maß- nahmen zu ergreifen, um die Ermordung der bei Gran dbajsam getödteten Franzosen zu rähen und die M O Senegalgebiet herrshende Bewegung zu unter- rüdcken.

Konstantinopel, 14. April. (W. T. B.) Der „Agence de Constantinople“ zufolge wurde der österreihish-unga- rishen Botschaft vorgestern von der Pforte eine Note: überreiht, in welcher die von österreichisher Seite Betreffs des Vorgangs in Uesküb erhobenen Beshwerden zuge- standen werden. Gleichzeitig wird in der Note der entgegen- kommenden Haltung der österreihishen Botschaft volle An- erfennung gezollt und hinzugefügt, daß die gestellten Forde- rungen Theils {hon erfüllt seien, Theils erfüllt werden würden. ;

Die von auswärtigen Blättern gebrachte Nachricht, daß im Vilajet Angora die Pest und andere Epidemien aus- gebrochen seien, wird von dem Ober - Sanitätsrath und den. Le zuständigen Behörden als völlig unbegründet be- zeichnet.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Wetterbericht vo Morgens

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeressp. red. in Millim

Anfang 7 Uhr.

Stationen.

in 9 Celsius

Temperatur

1 balb bed, 1 beiter

1 wolkenlos | 3 Regen

4 bedeckt | 2 wolkenlos | 1 wolkenlos | 1 Regen |

Mullaghmore | 767 Aberdeen .. | 766 Christiansund | 768 Kopenhagen . | 760 Stockholm . | 766 Haparanda . | 772 St. Petersb. | 769 Moskau... | 765 Cork, Queens-

On O D 2 beiter De... W909 1/bedeckt Helder. .,. | (62 2 bedeckt 760 | 3 wolkig Hamburg .. | 759 2 Regen Swinemünde | 759 2 bedectt Neufahrwasser| 760 2 bedecktt Mem 62 | 3 bedeckt Mes U 766 1/bedeckt Ener. O N 4 Regen Karlsruhe. . | 768 3 bedeckt Wiesbaden . | 762 2 bedeckt München . . | 762 2 Regen Chemniß . . | 761 | 3\bedet Merlin... | (00 3 bedectt A TOL 1\bedeckt Breslau... |__761 3/\bedeckt Qle d'Aix. . | 765 | 3|bedeckt Triest 2|bedeckt

Uebersicht der Witterung.

Auf dem ganzen Gebiete ist der Luftdruck ziemlih gleimäßig vertheilt und daher die Luftbewegung allenthalben {wach. Eine flache Depression liegt über dem nordwestlichen Deutshland und scheint sich langsam auszufüllen, Das Wetter ist über Central- | Vorleßte Woche. Europa falt und trübe, vielfah fällt Regen oder | fieben Raben.

7 Ukr.

bD b Co G L m O O (G 40 R.

der Excellenz.

O] v D L E P O M R M]

Sónee. Die Temperatur zeigt in Deutschland | 5 Akten von Gmil Pohl. Musik von G. Lehnhardt. wenig Aenderung ; in West-Deutshland liegt sie 2 | Balletcomposition des 3. Aktes von bis 52 Grad unter dem Dur{schnittswerthe, während | Ballet von C. Severini. In Scene geseßt von an der ostpreußishen Küste ein geringer Wärme- | W. Hock. Anfang 7f Uhr.

überfluß vorhanden ist. Eine Aenderung der Wit- terungsverhältnisse dürfte demnächst wohl noch nicht

zu erwarten sein. Deutsche Seewarte.

j Adolf Müller, Theater-Anzeigen. D iuerfiad

Königliche Schauspiele. Mittwoh:1 Opern- baus. 92, Vorstellung. Carmen. Oper in 4 Akten von Georges Bizet.

Weib.

Ytérimée. Kapellmeister Kahl. Anfäng 7 Uhr.

mann vou Venedig. Lustspiel in 5 Aufzügen von Shakespeare, überseßt von A. W. von Stlegel. In Scene gesezt vom Ober-Regifseur Max Grube.

biftorishes Rittershauspiel in 5 Aufzügen von Heinri von Kleist. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Mitiwoch: Die Kinder

Donnerstag: Faust's Tod.

Freitag: Die Kinder der Excellenz,

Die näbste Aufföhrung von Göß von BVer- lichingen findet am Sonnabend statt.

2 Billets I. Parquet 6 und 5 #, Il. Parquet 4 4, Balkon 4 und 3 #, Logenpläße à 2 4 sind zu haben an der Kasse und bei den Herren Ba, Unter den Linden 46, Lindenberg, Leipzigerstr. 50a, R. Thomas, Unter den Linden 34, nnd im Invaliden- | Geboren: Ein Sohn: pin, Edmund vou Schüt

Berliner Theater. Mittwoch: Zum ersten Male: Verschollen. Es hat so sollen sein. E a

onnerstag : uldig. 7

Freitag : 32. Abonnem.-Vorstellung. Verschollen. dank, Markgrafenstr. 51a,

| Es hat so sollen sei. Die Liebesprobe.

Tesfing-Theater. Schauspiel in 4 Akten von Victorien Sardou. Donnerstag: Ultimo. Lustspiel in 5 Akten von | Weyl. Vorher zum 12. Male: Schwank in 1 Akt von O. Elsner. Anfang 7# Uhr. Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Gustav v. Moser. i

Sonnabend: Erstes Gastspiel von Friedri Haase. Zum 1. Male: Die alten Junggesellen. Lustspiel in 5 Akten von Victorien Sardou.

Victoria-Theater. Wegen Abbruch des Theaters

Walluer-Theater. Mittwoch : Zum 6. Male: Des Teufels Weib. Phantastishes Singspiel in | von G. Steffens, Anfang 74 Uhr. 3 Akten und einem Vorspiel von Meilhac und Mortier, bearbeitet von Th. Herzl. Musik von Anfang 74 Uhr.

Donnerstag und folgende Tage: Des Teufels

Friedrich - Wilhelmstädtisches Theater. ( Text von Henry Meilhac | Mittwoch: Mit neger Ausftattung. Zum leßten Male: und Ludovic Halévy, na einer Novelle des Prosper | Der Vogelhäudler. Operette in 3 Aufzügen na | Concert. Lehter Berliner Komponisten-Abend. Tanz von Paul Taglioni. Dirigent: | einer Idee des Biéville von Held und West. Mußk von G. Zeller. In Scene geseßt von Julius Fritzsche,

Swausp!elhaus. 98. Vorstellung. Dcr Kauf- Dae Hr. Kapellmeister Wolfheim.

Uhr.

Herr Kapellmeister Federmann.

Anfang 7ck Uhr.

Kroll’s Theater. Sonntag, Eröffnung der Opern: Saison. von Fr. Lilli Lehmann. Fidelio.

Anfang 7 Uhr.

Belle-Alliance-Theater.

E Adolph Ernst-Theater.

Romantishes Zaubermärchen in | von Adolph Ferron. C. A. Raida. 22

Thomas-Theater. Alte

Residenz-Theater. Direktion : Sigmund Lauten-

Scauspielhaus. 99. Vorstellung. Das Käthchen | burg. Mittwoh: Zum 85. Male: Der selige : “. Q : vou Heilbronn , oder: Die Feuerprobe. Großes | Toupinuel. Schwank in 3 Akten von Al. Biffon. An S E Ube, M E ia

In Scene geseht von Sigmund Lautenburg. Vorher : : B Ohne Liebe. Dialogisirte Novelle in 1 Aft von E Theater. Näheres die Anfchiag

Marie von Ebner-Eschenbah. Regie: Emil Lessing. Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

: Mittwoch: Zum Mittwoh: Thermidor. | 95 Male: Gavaut, Minard «& Co.

in 3 Akten von Edmond Gondinet. Deutsch von Die Odaliske.

Mittwoch: Zum 60. Male: Adam und Eva. Gesangspofse in y 4 Akten von Eduard Jacobson und Leopold Ely. Mittwoch: Zum 136. Male: Die | Couplets von Jacobson und Gustav Görß. Musik Anfang 7{ Uhr.

Donnerstag: Dieselbe Vorftellung.

Jakobstrafie 30. E Mittwoch: Zum 28. Male: Der Millionen- | Berlin: bauer. Volksstück in 4 Akten von Marx Stet Gesangsterte im 3. Aft von A, Schönfeld. usi Oruck der Norddeutséhen Bubdruderei und Verlags--

Donnerstag: Der Milliouenbauer. Freitag : Benefiz für ‘Herrn Georg Kaiser. Nur einmalige Aufführung. Der Soldateufreund.

m m

Anfang | Sing= Akademie. Mittwoch, Abends 8 Uhr:

Concert des Guitarren-Virtuosen Antonio JIiménez

Donnerstag: Unter persönlicher Leitung des D: E, N Komponisten. Mit neuer Ausstattung, zum 1. Male: L Due On der Pianistin Mme. Saint Cyr. Operette in 3 Aufzügen (mit theil- ° Dovnerftaa: Opernhaus. 93. Vorstellung, Neu | weiser Benußung eines Stoffes von A. Dumas) einstudirt: Der Widerspänftigen Zähmung. | von Oscar Walther. Musik von Rudolf Dellinger. Komishe Oper in 4 Akten von Herrmana Suk In Scene gescßt von Julius Frißshe. Dirigent: Concert Josef Weiß Text nach Shakespeare’s gleihnamigem Lustspiele oncer : frei bearbeitet von Joseph Victor Widmann. * In E e Scene gesett vom Ober-Regifseur Tetlaff, Anfang

Römischer Hof. Mittwoh, Abends 74 Uhr+

Urania, Anftalt für volksthümlihe Naturkunde

C E

Familien-Nachrichten.

den 19, April: | Verlobt: Frl. Març-arete Bah mit Hrn. Reoal-- Erstes Gastspiel gymnasiallehrer Georg Schulz (Berlin). Frl. Hertha Winkler mit Hrn. Dr. med. Hugo Behnke: (Berlin). Frl. Margarethe Koh mit Hrn. Premier-Lieutenant Ludwig Hey'l (Berlin) Frl. Katharina Braun mit Hrn. Prediger Christopl Nauck (Lindenberg—Berlin).

(Magdeburg). Hrn. Rittergutsbesißer Munkel (Reselkow). Eine Tochter: Hrn. Second- Lieutenant Gberhard Frhrn. von Esebeck (Potsdam). Hrn. Pfarrer Severin Gemmel (Afsaunen). Hrn. Dr. Adolf Miethe (Potsdam). ,

Gestorben: Verw. Frau Stadtgerichts - Ratk Cécilie Rofalie Schröder, geb. Pascal (Berlin). Kaiserl. Russ. Kollegiensekretär Hr. Graf Gregor von Choch (Berlin). Hr. Proviant-- meister a. D. Carl Leumann (Charlottenburg) Hr. Rittergutsbesißer Benno von Bonin-Gellen. (Berlin). Hr. Pastor emer. Wilhelm Hardrat (Stralsund). Freifrau Coelestine Schenk zu Tautenburg, geb. Stößel von der Heyde (Guya). Frau Pastor Anna Richert, geb. Freiin von Puttkamer (Alt: Belz). Hrn. von Gromadzinskè Tochter Erna (Liegnitz).

Schwank

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Verlag der Expedition (Scho lz).

Anstalt, Berlin §8W., Wilhelmstraße Nr. 32. Acht Beilagen (einschließlib Börsen - Beilage),

Concert-Haus.

Sqluß der 24. Concert-Saison am 19. April.

und das Verzeichuiß der in der 38. Verloo- ezogenen Prioritäts - Aktien Litt. B.

f î n e E lung verschiesishen Eisenbahn-Gesellschaft, ittwoch:

Karl Meyder- | sowie die Junhaltsangabe zu Nr. 6 des öffent- lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften auf

vom 6. bis 11. April 1891.

Aktien und Aktiengesellschaften) für die Woche

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Slaals-Anzeiger.

A2 S,

- uen

Deutscher Reichstaga. 97, Sigung vom Montag, 13. April,

Am Tische des Bundesraths: der Reichskanzler von Caprivi, der Staatssekretär Dr. von Boetticher, der Kriegs-Minister von Kaltenborn - Stahau und der Handels-Minister Freiherr von Berleps\ch.

9 t a JFnterpellation der Abgg. Hacke und van U : „Sind dem Herrn Reichskanzler Thatsachen bekannt, welche geeignet ersheinen, das vom Herrn Kriegs-Minister in der Sißung vom 13. März über den Bildungsftand der ostfriesishen Rekruten geäußerte abfällige Urtheil zu rechtfertigen ?“ erklärte der Reichskanzler von Caprivi sofort beantworten zu wollen.

Abg. Hake: In der Sitzung vom 13. v. M. scien hier verschiedene Fälle von Mißhandlungen im Militärdienst zur Sprache gebracht, u. A,, daß in Aurich ein Hauptmann und ein Reserveoffizier bei der Entlassung der zur Uebung eingezogenen Landwehrmänner darunter eine Anzahl Lehrer si beleidigende Aeußerungen hätten zu Schulden kommen lafsen. Der Kriegs-Minister habe den Vorgang im Allgemeinen zugestanden und damit entshuldigt, daß die Offiziere sich deshalb zu den Aeußerungen gegen die Lehrer hätten hinreißen lassen, weil die Hälfte der in jeaem Jahre eingezogenen Rekruten den Namen Seiner Majestät des Kaisers und Königs nit gekannt hätten. Er habe kin- zugefügt, die erwähnte Thatsache fei gerade kein Beweis für die Be- gabung der Schullehrer. Er (Redner) bätte damals sofort gegen diese Aeußerung protestirt, wenn er im Hause gewesen wäre. Aber felbst wenn der Kriegs-Minister diesen niedrigen Kulturstand seiner (des Redners) Landsleute, insbesondere der Refraten und Lehrer, hätte feststellen können, so wäre es kaum angezeigt gewesen, dies öffentli vor aller Welt bekannt zu machen. Seine Aeußerung babe in Osft- friesland eine bochgradige Aufregung und Verstimmung hervorgerufen bis in die kleinste Hütte hinein, cine Erregung, welche nur mit der von 1866 zu vergleicven fei, wo seine Heimath zu Preußen ges{lagen worden sei; nur sei jene Erregung im Gegensatz zur heutigen eine freudige gewesen. Die Osftfriefen bätten ihrer Erregung in Protesten und einer Adresse an Seine Majestät Ausdruck gegeben. Die Aeußerung des Kriegs - Ministers über die oftfriesischen Lehrer enthalte den doppelten Vorwurf des Mangels an Intelligenz, eines ntedrigen Kulturfiandes und des mangelnden Patriotismus. Nun seien feine Landsleute und er durchaus überzeugt , daß der Kriegs-Minister nit beabsichtigt habe, die Ostfriesen vor aller Welt eincs niedrigen Kulturstandes zu zeihen, au nicht eines niederen Grades von Patrictismus. Aber es komme nur darauf an, ob die Aeußerungen fo gr=virend gewesen, daß, ab- gesehen von dolus und culpa, der ostfciesische Volksstamm si habe verstimmt fühlen konnen. Würde man nit, wenn in der Zeitung stände, daß in einem russishen Regiment die Hälfte der Rekruten den Namen des Zaren nicht gefannt, die Hände über den Kopf zusammen- schlagen? Sein kleines Ländcen befinde fich mindestens auf der Mitte des Kulturstandes des deutschen Volkes. Der Handelsftand stehe hinter keinem anderen zurü, die Landwirthe ragten an Intelligenz und Wohlhabenheit weit über das mittlere Maß der deutschen Land- wirthe hinaus. Und was den besonders angegriffenen Stand der Lehrer betreffe, fo. erinnere er daran, daß seine Heimath den obliga- torischen Volksunterricht gehabt babe, ehe Preußen an dessen Ein- führung gedacht. 1884 feien in Deutschland unter hundert Militär- pflichtigen 1,27 9/9 Analphabeten gewesen, in Preußen wegen der Provinz Pofen 1,97%/0, in Württemberg und Baden 0,02%. In Ostfriesland seien 1887/88 0,31, 1888/89 und 1889/90 0,00 An- giphabeten auf bundert Mitlitärpflichtige geëommen. Was den Patriotismus anbetreffe, so habe Oftfriesland si, seit das eigene Fürstenhaus in der Mitte des vorigen Jahrhunderts aus- gestorben si, unter den Hohenzollern sehr wohl ge- fühlt. 1815 sfeien die Ofifriesen zu ihrer Betrübniß zu Hannover geschlagen, und bätten bis_1866 aus ihrer Mißstimmung darüber nie ein Hehl gema@t. Die Ostfriesen hätten sih im fran- zösischen Kriege ausgezeihnet, und der hotfselige Kaiser Wilhelm habe dies anerkannt. In jedem Bauernhof finde man als typischen bitdnerischen Shmuck das Konfirmationébild und das Bild des in der Armce dienenden Sohnes umrahmt von den Bildern der drei Kaiser. Darüber, daß die Dstfriesen in keinem Betracht hinter den übrigen Deutschen zurückständen, hätte sich der Kriegs-Minister bei dem Reichskanzler informiren können, der die Ostfriesen näber kenne. Uebrigens könne er (Rebner) ih gar nit denken, daß wirklich von 200 Rekruten 100 nicht den Namen Seiner Maieftät gekannt hätten. Dies habe doch kaum oautbentisch festgestellt werden können. Die Interpellanten hätten nicht die Absicht, eine Diskussion über ihre Interpellation zu beantragen, wenn sie nit die Art der Erklärung des Reichskanzlers oder Kriegs-Ministers dazu zwinge. Auf jeden Fall gäben si die Oftfriesen der Hoffnung hin, daß künftighin kein Grund mehr zu einer solchen Interpellation und zu eirer unliebsamen Erörterung vorhanden sei, und daß nur solche Offiziere zu dem Ostfriesishen Regiment verseyt würden, welche die Ehre und den Patriotismus der Oftfriesen zu würdigen wüßten.

Reichskanzler von Caprivi:

Ich erlaube mir zunächst zu unterscheiden zwishen dem scrift- lien Wortlaut der Interpellation und den mündlihen Aus- führungen des Herrn JInterpellanten. Die Interpellation geht dahin:

Sind dem Herrn Reichskanzler Thatsachen bekannt, welche geeignet erscheinen, das vom Herrn Kriegs-Minister in der Sißung vom 13, März über den Bildungs\tand der osftfriesishen Rekruten geäußerte abfällige Urtheil zu rechtfertigen ?

Was hat denn der Herr Kriegs-Minister in der Sißung vom 13, März geäußert? Der Herr Abgeordnete hat die Güte gehabt, seine Aeußerung vorzulesen. Er hat ganz richtig damit angefangen :

„Es ist ferner eines Vorfalls in Aurih erwähnt“,

und hat dann fortgefahren zu lesen, daß Offiziere etwas auf- gebracht darüber waren, weil die Hälfte der Rekruten in diesem Jahre in der und der Beschaffenheit gewesen sind. Es handelt ih also um einen einzigen Vorfall, den der Herr Kriegs-Minister er- wähnt hat. Dieser eine Vorfall ist Gegenstand der Interpellation, und ih kann darauf nur erwidern, daß mir nichts bekännt ist, was nit die Aeußerung des Herrn Kriegs-Ministers gerechtfertigt hätte, sodaß ich meine Ausführungen auf diesen einen Gegenstand der Interpellation beschränke.

I{ch werde mir jeßt erlauben, den amtlihen Bericht über diesen Vorfall vorzulesen: Bei einer Uebungscompagnie in Aurich waren Mannschaften des Beurlaubtenstandes eingezogen, und siebzehn dieser Leute waren in einem Zustande eingetroffen, der auf starken Ge- nuß alkoholhaltiger Getränke einen siheren Rückschluß gestattete. (Heiterkeit)

Die Folgen davon waren disziplinarishe Maßregeln gegen diese

Berlin, Dienstag den 14. April

1898.

Febzechn Mann gewesen, und wie dies bei einer kurzen Uebung nun zu gehen pflegt, wenn das mit dergleichen anfängt, so läuft meist die ganze Uebung \chlecht. Der Hauptmann war mit diesen Mannschaften niht zufrieden gewesen und sagt nun weiter : Bei derselben Uebungscompagnie waren auch zwei Volksschullehrer das ift der Volks\{ullehrerstand eingezogen, welche durch lässige Haltung, Mangel an Interesse und wenig befriedigende Leistungen ungünstig auffielen —- etwas, was ich fehr natürlich finde, weil die Herren eine so kurze Dienstzcit haben, baß die Resultate nit viel anders sein können. Bet der Entlaffung der Compagnie hat der Compagnieführer an fämrmtliche Mannschaften noch einige ermahnende Wccte gerichtet, und bei dieser Gelegenheit auch den Volks\{ullehrern Vorhaltungen gemacht. Der Swluß dieser Vor- haltungen lautete: „Und nun gehen Sie nah Hause und bringen Sie den Jungen Gotteëfurcht, Königstreue und Vaterlandsliebe bei. Lehren Sie dieselben unsere alten guten Kirchenlieder, Lesen, Schreiben und Rechnen, und vor Allem vaterländishe Geschichte ; damit so bat der Hauptmann fortgefahren haben wir 66 und 70 gemacht und gesiegt, und wie sieht es heute aus? Von meinen 56 diesjährigen Rekruten wußten niht 27, wie Seine Majestät der Kaiser und König heißt.“

Dies ift der dur dienstlie Berichte festgestellte kurze Thai- bestand. Wenn nun der Herr Interpellant in seiner mündlichen Begründung über diesen Rahmen hinau®sgeht und konstatiren zu können glaubt, daß in seinem Heimathlande eine starke Aufregung und Ver- stimmung herrscht, eine Aufregung und Verftimmung, die er nah der negativen Seite der Freude gleihwerthig erastet, die dieses Land im Jahre 1866 empfunden hat, als es preußisch wurde, so weiß ih in der That niht, wie der hier vorliegende Vorfall und die Aeußerungen des Herrn Kriegs-Mministers zu einer so hoHgradigen Aufregung und- Ver- stimmung Anlaß gegeben haben können, wenn nicht solche Auf- regung und Verstimmung in man@er Beziehung epidemisch wären. Von ungeheuerliGean Thatsachen is gesprohen worden. Was sind ungeheuerlihe Thatsachen? Ist das etwas Ungeheuerliches ? Dergleichen kommt oft genug vor, und wenn nun einmal cin Com- pagnie: Chef im Eifer für seinen Dienst, in der Aufregung, in die au ein geduldiger Mensch mit der Zeit durch schwieriges Material versetzt werden kann, zu weit gebt, so mag das bekla1enswerth sein ; aber eine ungeheuecrlihe Thatsache vermag ih darin nicht zu finden.

Wenn nun der Herr Jaterpellant weiter glaubt, daß seinem Heimathblande ein Vorwurf in Bezug auf den Bildungsgrad und auf den Patriotismus gemaht sei, so kann ih in beiden Beziehungen mit dem Herrn Interpellauten mi nur in vollständiger UÜeberein- stimmung erklären. I glaube, daß die Zahlen, die er vorge- lesen hat, niht ganz die ritigen sind über die Shulbildung der Ostfciesen; aber sie sind annäheräd dieselben, die mir amtlich vor- liegen, und es ist danach hinreichend konstatirt, daß der Bildung®- grad der Ofifriesen im Ganzen sich über dem Niveau, und erheblich über dem Niveau preußischer Rekruten befindet.

Was dann weiter die angeblihe Anklage in Bezug auf den Patriotismus der Ostfriesen angeht, so bin ich auch da mit dem Herrn Vorredner ganz einverstanden, und ih würde es-noch mehr scin, wenn er in seinem patriotis@en Crxkur3 noch etwas weiter zurück- gegangen wäre; denn die Leistungen der Oftfriesen für Brandenburg und Preußen haben mit dem Großen Kurfürsten angefangen, der in der alten Stadt Emden seine Neu-Guinea-Compagnie gründete. Die Ostfriesen sind bekanntli Lieblingskindec unseres großen Königs ge- wesen. Bei ihnen hat er die Osftindishe Compagnie gegründet, mit der er den Handel nah Indien und nach Bengalen treiben wollte. Als dann nach der Schlacht von Leipzig im Jahre 1813 fich auch im Westen Deutschlands die Bewegung regte, die {on vor der S@&lacht bei Leipzig im Osten angefangen hatte, sind diese Ofifriesen, obwohl sie unter dem König Friedrich von der Kantonspflicht befreit waren, mit einem Eifer zu den Fahnen geeilt, wie er niht überall in deutshen Gauen zu schen gewesen is. Noch im Jahre 1815 haben ost- friesishe Truppen unter preußischen Feldzeihen bei Liegniß und Belle- Alliance gefochten.

Wenn nun der Herr Redner weiter in die neuere Geschichte ein- geht, so kann ih nur bestätigen und bin Augenzeuge desselben gewesen, daß das ostfriesishe Regiment in {weren Zeiten unseres lehten Krieges seine Schuldigkeit durchaus in rußmvoller Weise gethan hat.

Fch weiß mi in diesen Ausführungen mit dem Herrn Kriegs- Minister vollkommen eins, und ih kann konstatiren, daß weder er noch sonst, so weit ich zurückdenken kann, ein preußis{er Offizier die mili- tärishe Leistungsfähigkeit der Oftfriesen zu verringern jemals geneigt gewesen wäre. Jch halte mich dies auszusprehen umsomehr für be- rechtigt, als ich im Kriege und wiederholt im Frieden mit dem ostfriesishen Regiment in dienstlihen Beziehungen gestanden habe und es mir heute noch zur hohen Ehre rechne, Chef dieses Regi- ments zu sein. Aus dieser meiner Eigenschast würde ich, auch wenn der Herr Interpellant die Eigenschaften der Ostfriesen nit selbst so stark betont hâtte, es für meine Pflicht gehalten haben, für den Ersatbezirk des Regiments einzutreten. (Bravo! rechts.)

Abg. van Hülst erklärt als Mitinterpellant, daß er keine Veranlassung habe, eine weitere Besprehung der Jnter- pellation zu beantragen, weil die Erklärung des Reichskanzlers eine befriedigende gewesen sei.

Die Jnterpellation ist damit erledigt.

Darauf wird die zweite Berathung der Gewerbe- ordnungsnovelle (Arbeitershußgeseß) fortgeseßt und zwar mit dèr Wiederholung der namentlihen Abstimmung über 8. 125 Abs. 1 (Entschädigung für Kontraktbruch), bei welcher an Mies die Beshlußunfähigkeit des Hauses sich ‘er-, even yatile. 7 4 Der Kommissionsbeshluß wird angenommen.

Der Rest des 8. 125 wird nach der Kommissionsfassung mit einer redaktionellen Aenderung angenommen, außerdem gran der Antrag Hartmann und Genoffen, betreffend die

usdehnung der Entschädigungspfliht auf Arbeitgeber, welche

mala fide einen fontraftbrühigen Arbeiter ia Arbeit behalten,

zur Annahme. E

Abschnitt TIT (8. 126—133) betrifft die Lehrlings- verhältnisse. Nach §. 126 (unverändert, wie in der aeltenden Gewerbeordnung) ist der Lehrherr verpflichtet, den Lebrling in den betreffenden Arbeiten des Gewerbes zu unter- weisen, und zwar entweder selbst oder dur einen geeigneten Vertreter; er darf dem Lehrling die “Zeit zum Besuch des Gottesdienstes niht entziehen, hat ihn zur Arbeitsamkeit und zu guten Sitten anzuhalten ynd vor Ausshweifungen zu be- wahren. : :

Die sozialdemokratishen Abgg. Auer und Genossen beantragen, hinzuzufügen das Verbot der Beschäftigung der Lehrlinge mit häuslichen oder mit zum Betriebe nicht in direkter Beziehung stehenden Arbeiten, wenn im Betriebe regel- mäßige Beschäftigung vorhanden is; die tägliche Arbeitszeit sol 10 Stunden niht überschreiten, und zwischen 3 Uhr Abends und 5 Uhr Morgens soll eine Beschäftigung überhaupt nicht stattfinden.

Abg. Bebel : Es sei bekannt, welcher Mißbraub damit getrieben werde, daf: die Lehrlinge zu allen möglihen Beschäftigungen außerhalb ihres Berufs herangezogen würden. Man habe darauf bin- gewiesen, daß die Meister auf dem Lande oft nit die nöthige Arbeit hâtten, um die Lehrlinge zu beshästigen, und daß es dann unrecht wäre, dem Meister zu verbieten, dem Lehrling, der font dew Müßtggang verfiele, Gelegenheit zu anderer Beschäftigung zu geben. Einen solchen Einwand erkenne seine Partei für gewisse Verhältnisse auf dem Lande und in kleineren Städten an und babe deshalb die Worte „wenn im Betriebe regelmäßige Beschäftigung vorhanden ist“ in ihren Antrag aufgenommen. Daß Lehrlinge mit besonderer Vorliebe zu häuslichen Dienstleistungen aller Art herangezogen würden, sei bekannt. Die Anekdote, nach welcher si einmal ein Meister zwei Lehrlinge genommen, weil seine Frau Zwillinge be- fommen bâtte, gelte auch beute noh. Wo Dienstboten niht ge- halten werden fönnten, sei der Mißbrauch der Lehrlinge außerordent- lich im Schwange. Seine Partei hoffe füc ihren Antrag auf die Unterstüßung derjenigen, welche hier immer als Vertreter des kleinen Handwerks für eine tüchtige Ausbildung der Lehrlinge einträten, Daß bei solchen Mißbräuhen eine tüchtige Aus8- bildung der Lehrlinge nicht möalich sei, liege auf der Hand, Fernec sei die Bestimmung einer Maximalarbeitszeit von 10 Stunden besonders für die jungen, im Entwicelung8alter stehenden Leute noth- wendig. Was für die jungen Leute von 14 bis 16 Jahren in den Fabriken bereits als nothwendig anerkannt und durchgeführt werde, sei mindestens ebenso nothwendig für die jungen Leute im Handwerk. In den Fabriken fei für die Gesundheit dieser Leute meistens weit besser gesorgt, als im Handwerk. Allerdings könnten die Meister in ihren Werkstätten niht immer den Anforderungen entsprechen, welche vom gesundheitliben Standpunkte erhoben werden müßten, um so weniger aber dürften die jungen Leute in folchen Betrieben, deren Räumlichkeiten oft allen gesundheitlihen Anforde- rungen Hobn svrächen, über eine bestimmte Zeit hinaus beschäftigt werden. Die Lehrlinge würden häufig bis zu 14 Stunden täglich beschäftigt, und zwar gerade für die {wersten und unangenehmîten Arbeiten, Ec habe in seiner Lehrzeit sehr oft nah 12 bis 14 stündiger Tagesarbeit noch Nachts Arbeiten verrihten müssen. In einer großen Reihe von Gewerben werde eine Lehrlings8züchtung in hohem Make betrieben. Und gerade die unsoliden Elemente, die Schimnußkon- furrenten, beschäftigten die billigen Lehrlinge in großer Zahl, um die Preise drücken zu können, und beuteten die Lehrlinge vom frühen Morgen bis zum späten Abend, au Sonntags, aus und züchteten so eine Menschenklasse, die in ihrer ganzen Entwickelung auf das Ge- meinwesen später \{hädlich wirken müsse. Gerade für die, welhe nah ibrem Lebensalter sich nicht gegen die Unternehmer auflehnen könnten, sei ein Schutzgeseß nothwendig, und er bitte daher, die Vorschläge seiner Partei dem § 126 hinzuzufügen, weil er erst dana den Werth habe, den er für dieie Arbeiter haben müsse.

Regierungs-Rath Dr Wilhelmi: Daß eine mißbräuchlihe Ver- wendung der Lehrlinge stattfinde und deren Arbeitszeit zu ausgedehnt sei, könne zugegeben werden, indeß beständen diese Mißstände niht in der Allgemcinbeit, wie der Abg. Bebel meine. In Deutschland habe man, abgesehen von den staatlihen Betrieben, eine ganze Reihe von Unternehmungen, in denen auf die Lehrlingsaus- bildung außerordentlihe Sorgfalt verwendet werde. Daß das in den leßten Jahren in steigendem Maße der Fall fei, ergäben die Berichte der Fabrikin\pektoren. So weit Mißstände vorhanden seten, erkenne sie auch die Vorlage an, indem sie cine Reihe von Bestim- mungen vorsehe, mit welchen diesen Uebelständen entgegenzutreten sei. So sei im §. 120 eine weitere Ausbildung des fachgewerblihen Unterrichts vorge)ehen. Ferner sei dem Bundesrath die Befugniß ge- geben, in gewissen Betrieben die Arbeitszeit zu begrenzen, und dur Kaiserlihe Verordnung unter Zustimmung des Bundesraths fönnten die für den Schuß der jugendlichen Arbeiter in Fabriken vorgesehenen Bestimmungen auch auf das Handwerk aus8gedehat werden. Diese Bestimmungen böten eine genügende Handhabe, um da einzutreten, wo es erforderliGß sei. Das im Antrag Auer ausgesprochene Verbot der Beschäftigung der Lehr- linge mit häuslihen Dienstleistungen 2c. biete den Lehrlingen einen geringeren Schuß, als der §. 126 des gegenwärtigen Gesetzes. Während der Antrag Auer diese Beschäftigung nur dann verbiete, wenn genü- gende Arbeit im Betriebe vorhanden sei, gehe das gegenwärtige Gesetz weiter. Bezüglich der Arbeitszeit scien Bestimmungen für die Lebr- linge in Fabriken bereits vorhanden, welche erheblih weiter gingen, als der Antrag Auer, indem sie nur eine Beschäftigung bis zu fechs Stunden tägli zuließen. Und diese Bestimmungen könnten ja auch durch Kaiserliche Verordnung auf die im Handwerk beschäftigten Lehr- linge ausgedehnt werden. Der Antrag gebe für den Begriff Lehrling feine Definition. Es falle also unter den Antrag auch der jugend- lihe Arbeiter, der als Lehrling beschäftigt sei, auch wenn er älter als 16 Iahre sei Der Antrag Auer würde also auch auf Lehrlinge von 18, 19 oder mebr Jahren Anwendung finden. In einer ganzen Reihe von Gewerben sei die Lehrlingsausbildung aber nicht mit 1 oder 2 Jahren abgethan, sondern dauere 3 oder 4 Jahre, z. B. in Brauercien, Glashütten, Porzellanmalereien u. w. Da könne leiht ein Lehrling 18 Jahre alt fein. In allen diesen Fällen würde man dem zehnstündigen Arbeitstag junge Leute unterstellen, die in den Fabriken niht darunter fielen, und das Lehrlingswesen selbst würde dadurch geschädigt, denn die Unternehmer würden die Lehrlinge nit voll ausbilden, sondern sowie sie das Alter erreiht hätten, als Gesellen beschäftigen. Er bitte daher den Antrag Auer abzulehnen.

_ Aba. Mepner: Der Antrag Auer sei von der besten Absicht diktirt, die Lehrlinge vor Ausbeutung zu \{üßen, und in dieser Absicht stimme er gewiß mit ihm überein, aber der Antrag gehe zu weit. Der Meister müsse den Lehrling zu vielen kleinen außer- balb des Handwerks liegenden Diensten verwenden, um ihn zur Ordnung, Accuratesse und zum praktishen Sinn zu erziehen, Was den zweiten Theil des Antrages anlange, so gebe dem Lehrling da die bestehende Geseßgebung {hon genügend Schuß. Der Lehrling im Kleingewerbe könne niht dem in der Fabrik ganz gleichgestellt werden, denn in dieser würden die jungen Leute das ganze