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riht der Reichsshulden-Kommission über die Verwaltung des SN cupcions des Reichs. Endlich erklärte fih die Versamm- lung damit einverstanden, daß die durch den Bundesraths- beshluß vom 7. Dezember 1871 ?angeordnete Veröffent- lihung statistischer Jahres übersichten über die Einnahmen an Wechselstempelsteuer vom laufenden Zahre ab unterbleibe.
Jn der Reichstagssißung vom 3. Februar d. J. wurde von einem Mitglied des Reichstages die Frage angeregt, ob es kein Mittel gebe, die Auslieferung des zu Leipzig straf- rehtlih verfolgten, nah Argentinten geflüchteten und dort bereits verhaftet gewesenen, aber wieder freigelassenen ehe- maligen Bankdirektors Adolf Winkelmann herbeizuführen. Jn Beantwortung dieser Anfrage wurde damals vom Bundes- rathstisch aus mitgetheilt, daß das argentinishe Gericht den deutscherseits gestellten Auslieferungsantrag abgelehnt habe, weil nah Auffassung des Gerichts den Formvorschriften des argen- tischen Geseßzes nicht vollständig entsprochen, insbesondere ein Schriftstük, in welchem das Leipziger Gericht die Aus- lieferung nachsuche, nicht beigebracht worden sei, daß dieser Auffassung des argentinischen Gerichts aber inzwischen, obwohl dieselbe deutscherseits nicht getheilt werde, dur nachträgliche Beibringung eines solchen Schriftstücks Rechnung getragen worden und daher zu hoffen sei, daß der Auzlieferungsantrag noch von Erfolg sein werde. : A
E Das Vos a Schriftstück is der argentinishen Re- gierung mittels einer Note des Kaiserlichen Gesandten zu Buenos- Aires vom 23. Dezember v. J. unter Erneuerung des Aus lieferungsantrages übermittelt worden, Der argentinische Staatsanwalt, welcher sich zunächst zur Sache zu äußern hatte, sprah sih unter dem 9. Januar d. J. für die aber- malige Ablehnung des Auslieferungsbegehrens aus. Seine Aeußerung lautet in Uebersezung wie folgt:
„Herr Richter! : L
Der vorliegende Antrag enthält das Verlangen eîner Wieder- aufnabme des Auslieferungsverfahrens, welches mit dem Urtheils\pruch auf Seite 44 ges{lossen worden ift, : j i
Es handelt sich um eine Auslieferungs\ache, die {oa abgeurtheilt und entschieden worden ist, die das Siegel rechtskräftiger Aburtheilung trägt und in Folge dessen ein neues Urtheil oder die Wiederaufnahme des endgültig abgeschlossenen Verfahrens nicht rechtfertigen kann.
Diese Erwägung würde allein hon genügen, um dem Verlangen nicht Folge zu geben. Es ift aber außerdem zu bemerken, daß selbst, wenn es sch nicht so verhielte, Euer Hochwohlgeboren sih doh nicht in anderem Sinne aussprehen könnten, weil die Anlage die Ab- \hrift des Haftbefehls 1 und nicht des die Stellung des Aus- lieferungsgesuhes verfügenden Gerichtsbes{lusses, zweier ganz ver- schiedener Dinge, wie si aus Seite 64 und dem ersten Absatze der Seite 76 a E
c uar 129414.
E (gez.) José A. Viale.“
Wenn in diesem Gutachten ein die Stellung des Aus- lieferungsgesuches versügender Gerichtsbes{hluß wiederum ver- mißt wird, so ist dieses nicht verständlich, da es in dem Ein- gange des der argentinishen Regierung unter dem 23. De- zember v. J. mitgetheilten gerichilihen Schriftstücks d, d. Leipzig, den 3. November v. J., ausdrüdcklih heißt:
„In der gegen den vormaligen Bankdirektor Adolf Winkelmann, jeßt in Buenos-Aires in der Republik Argentinien aufhältlich, bei dem unterzeibneten Königlichen Landgirichte anbängigen Borunter- \uchung wird hiermit bes{lossen, : : i
die Herbeiführung der Auslieferung des Angeschuldigten Adolf Winkelmann, jeßt in Buenos-Aires aufhältlich, an zuständiger Stelle nazusucen, und es wird hiermit an den Herrn Federalricter der Argentinishen Republik oder an das sonst zuständige argentinishe Gericht das Ersuchen gerichtet, ih für die Bewilligung cines dem- gemäß bei der argentinishen Regierung gestellten Antrags auf Aus- lieferung des genannten Winkelmann aussprechen zu wollen,“
Der Bundesrichter Ugarriza, welcher den Auzslieferung3- antrag shon zum ersten Mal abgelehnt hatte, sprach sih unter dem 5. Februar d. J. wiederum für die Ablehnung aus, indem er sich dem Gutachten des Staatsanwalts lediglich anschloß. Die Entscheidung desselben lautet in Uebersetzung wie folgt:
„Buenos- Aires, den ©. Februar 1891,
Aus den von dem Staatsanwalt in seinem vorstehenden Gut- alten dargelegten Erwägungen if die nacgesuhte Auslieferung des Adolf Winkelmann nicht statthaft und is in Folge dessen dieses Aktenstück dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten im Hinblick auf Artikel 659 der Prozeßordnung zurücfzustellen.
(gez) Andrés Ugarriza“.
Die vollziehende Gewalt der Argentinischen Republik hat die von den bezeihneten Justizbehörden vertretene Auffassung nit getheilt und durch Verfügung vom 11. Fcbruar d. Ry einen Staatsanwalt bestellt, um Berufung einzulegen. Die erwähnte, vom Präsidenten der Republik unter Gegenzeihnung des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten erlassene Ver- fügung besagt: :
„Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten. Buenos-Aires, den 11, Februar 1891.
Da die von dem Staatsanwalt vertretene, in dem Uctheilsspruh des Bundesrichters Dr. Ugarriza zugelassene Rechtsauffassung nicht angenommen werden fann, und da jener Beamte verhindert ist, Schritte zu der Berufung zu thun, welche die vollziehende Gewalt in diesem Falle einzulegen für angezeigt bält, wird zum Staatsanwait ad hoc der Fiskal-Anwalt Dr. Eduardo French ernannt, welchem die vorliegenden Akten zuzustellen sind.
(gez.) Pellegrini. (gez.) Eduardo Costa.”
Es ist zu hoffen, daß es dem ernsten Bemühen der argen- tinischen Regierung noch gelingen wird, die Angelegenheit zu einer befriedigenden Lösung zu bringen, wie solche den beider- seitigen Jnteressen und der Solidarität, welche alle Länder gemeinen Verbrechern gegenüber verbindet, entsprehen würde.
Das „Deutsche Kolonialbiatt“ veröfentlicht die von Seiner Majestät dem Kaiser unter dem 9. April genehmigten „D rga- nisatorishen Bestimmungen für die Kaijerliche Schußtruppe in Deutsh-ODst- Afrika“.
Der General-Jnspecteur der 4. Armee-Jnspektion, General- Seiler Graf von Blumenthal, Chef des Reitenden eldjäger-Corps und des Magdeburgischen Füsilier-Regiments, hat sich mit Urlaub nah Krampfer begeben.
Dem Regierungs-Assessor Teß mar zu Schleswig ist die kommissarishe Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Jork, Regierungsbezirk Stade, übertragen worden.
Das Uebungs- Geschwader, bestehend aus S. M. Panzerschifsen: „Kaiser“, „Deutschland“, „Friedrich Carl“ und „Preußen“, sowie aus S. M. Aviso „Pfeil“, Geshwader: Chef Contre-Admiral Schröder, ist am 15. d. M. von Plymouth nach Wilhelmshaven bezw. Kiel in See ge- gangen. — S. M. Kanonenboot „Jltis“, Kommandant Korvetten-Kapitän Ascher, ist am 16. d. M. in Chinkiang eingetroffen und beabsichtigt, heute (Freitag) nah Hankau (China) in See zu gehen.
Posen, 16. April. Der Minister der geistlichen 2c. An- gelegenheiten Graf von Zedliß - Trüßshler hat dem „Pos. Tgbl.“ zufolge das ihm verliehene Ehrenbür ger- recht der Stadt Posen angenommen.
Württemberg. / Stuttgart, 16. April. Der General à la suite, General-Lieutenant Graf von Zeppelin ist, wie der „St.-A. f. W.“ meidet, heute von hier abgereist, um sih als Vertreter des Königs zu der Beiseßung Jhrer Kaiserlichen Hoheit der Großfürstin Olga Feodorowna von Rußland nah St. Peters- burg zu begeben und der Kaiserlichen Familie die Theil- nahmebezeugung Jhrer Majestäten zu überbringen. Baden. Karlsruhe, 16. April. Seine Großherzogliche Hoheit der Prinz Karl hatte, der „Karlsr. Ztg.“ zufolge, eben- falls die Absicht, zur Beiseßung Höchstseiner Schwester sich nah St. Petersburg zu begeben, hat aber, dem dringenden ärztlichen Rath folgend, darauf ver- zihten müssen. Die {were Erkrankung, von welcher Seine Großherzogliche Hoheit diesen Winter heimgesuht ward, ließ es dringend wünschenswerth “erscheinen, daß der Prinz seine wieder erlangte Gesundheit einer 10 anstrengenden Neise und den damit verbundenen klimatischen Einflüssen nit ausseßen möge. Sachsen-Weimar-Eisenach. Weimar, 16. April. Der „Th. C.“ zufolge bestätigt sih, daß Seine Majestät der Kaiser, einer Einladung Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs Folge leistend, am 23. d. M,., Abends, auf der Wartburg eintrifft und von dort aus Jagdausflüae unternehmen wird. Am 25, April stattet JFhre Majestät die Kaiserin Zhren Königlichen Hoheiten dem Großherzog und der Großherzogin hier in Weimar einen Besuch ab und begiebt sich am 26. mit der Groß- herzogin nah der Wartburg. Jn der Kapelle der Burg findet an diesem Tage Gottesdienst statt. Elsaß-Lothringen.
Straßburg, 16. April. Der Landesauss{chuß er- ledigie gestern in zwei Sit ungen die zweite Lesung des Geset- entwurfs über die Einrichtung von Grundbüchercrn und das Gese über Kosten in Grundbuchsachen.
Oesterreich-Ungarn.
Die Fertigstellung des deutsh-österreihishen Hand Ne Dn 74 dürfte Ler „Presse“ zufclge Mitte nächster Woche erfolgen. i Prin, 17. April. Seine Königliche Hoheit der Land- graf Alexander Friedrih von Hessen, welher vor einigen Tagen hier eingetroffen ist, wurde heute von Seiner Majestät dem Kaiser und König empfangen worden. Die Erzherzoge Albrecht und Ludwig Viktor sowie der Minister des Aeußern Graf Kálnoky und das Personal der deutschen Botschaft fuhren Nachmittag vor der Wohnung des Landgrafen im Grand Hotel vor und gaben daselbst ihre Karten ab. ; 4 In der gestrigen Sißung des Abgeordnetenhauses fand die Wahl des Präsidiums stat. Smolka, mit 301 von 306 Stimmen wiedergewählt und allseitig begrüßt, dankte für das ihm erwiesene Vertrauen und sprach die Er- wartung auf eine ersprießliche, für das Reih und alle seine Theile segensvreiche Legislaturpcriode aus; es sei dies bei der Geneigtheut gegenseitiger Verständigung niht {wer zu erreihen. Smolka {loß mit einem dreifachen, begeistert erwiderten Hoh auf den Kaiser. Zum ersten Vize- Präsidenten wurde Chlumecki mit 253 von 278 Stimmen, zum zweiten Vize-Präsidenten Kathrein mit 218 von 246 Stimmen gewählt. Dieselben dankten ebenfalls. Die Regierung brachte unter Anderem die Erklärung der einjährigen Verlängerung der Kündigungsfrist des Handels- vertrags mit Jtalien sowie einen Geseßentwurf, betreffend eine zweimonatige Verlängerung des provisorischen Budgets bis Ende Juni, ein. Jm späteren Verlauf der Sizung legte der Finanz-Minister das bereits im Vorjahr eingebrahte Finanzgeses und den Staatsvoranshlag für 1891 ohne Aenderung wieder vor, indem er er- flärie, Aenderungen wären unstatthast, da bei seinem Amtsantritt mehr als ein Monat der Gebahrungs- periode des neuen Budgets abgelaufen und das Budgetprovisorium auf Grund des früher eingebrachten “Budget- entwurfs angenommen worden sei. Aus diesem Grunde träten alle noch erforderlichen Ausgaven als Nachtragskredite auf, die sich unter den eingebrahten Vorlagen befänden. Der Finanz-Minister bat das Haus, die Verlängerung des Budget- provisoriums möglichst schnell zu erledigen und sprach die Hoffnung aus, im Laufe der udgetberathung Gelegenheit zu weiteren Ausführungen zu finden. (Lebhafter Beifall.) — Die Abgg. Jaworski und Genossen, Plener und Genossen und Engel und Genossen beantragten , die Thronrede mit einer Adresse zu beantworten und zur Ausarbeitung und Vorberathung des Adreßentwurfs einen Aus \huß von 36 Mitgliedern einzusegen. Die Anträge wurden als dringlih behandelt und ohne Debatte angenommen. — Die Abgg. Mere tio rfec und Genossen brachten einen Antrag ein, betreffend die Aufhebung der Ausnahmeverord- nungen für die Gerichtssprengel Wien, Kornneuburg und Wienerneustadt, der Abg. Prade einen solhen auf Abstempe- lung ausländisher Werthpapiere, der Abg. Kindermann einen Antrag auf Herabsezung des Zolles auf Kaffee und Petroleum, und der Abg. Mauthner einen Antrag, betreffend die Steuerfreiheit von Arbeiterwohnungen. Unter den Nachtragékrediten befindet sich auch eine Kredit- forderung von 10000 Gulden zur korporativen Betheiligung der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens an der dies-
jährigen internationalen Kunstausstellung in Berlin.
Die Abgeordneten Sommaruga, Exner, Wrabet interpcllirten den Ministerpräsidenten Grafen Taaffe wegen der Gesegzesvorlagen, b:treffend die Errichtung der Wiener Stadtbahn und die Verlegung der Kasernen.
Die meisten Wahlen wurden als gültig anerkannt, 39 derselben wurden dem Legitimationsaus\ usse überwiesen.
Jn einem von dem Coronini-Klub gestern veröffent- lihten Programm heißt es: Erfüllt von dem österreichischen Staatsgedanken, treue Anhänger der bestehenden staatsrecht- lihen Zustände, sind wir entschlossen, für die volle Achtung der durch die Verfassung gewährleisteten Rechte der Staats- bürger, insbesondere für gleihmäßige Berücksichtigung aller österreihishen Volksstämme Behufs Förderung ihres fried- lihen Zusammenlebens und gedeihlicher gemeinsamer Thätig- keit einzutreten. :
Zu den diesjährigen Uebungen 1m Bruder Lager sollen im Laufe des Monats August drei Jnfan- terie-Bataillone aus Bosnien und der Herzegowina beigezogen werden.
Großbritannien und JFrland.
Im Unterhause kam am Mittwoch die Bill über den Ausschank geistiger Getränke in Frland zur Be- rathung. Die Bill hebt die Ausnahme|tellung der fünf irishen Städte, deren Wirthshäuser an Sonntagen offen sein dürfen, auf und bestimmt, daß die Schenken am Sonnabend Abend um 9 Uhr geschlossen werden müssen. Der irie Ober-Sekretär Balfour erklärte, daß die öffentlihe Meinung in ganz Jrland sih mit überwältigender Mehrheit für die Maßregel auszesprohen habe. Sexton wollte, daß ein irishes Parlament über die Sache entscheiden solle, Dafür trat auch Parnell- ein, welher behauptete, daß das Schließen der Wirhshäuser an Sonntagen nur die Un- mäßigkeit befördert habe. Nah Anwendung des Debatte- schlusses wurde die Bill zur zweiten Lesung zugelassen. — Jn der gestrigen Sizung erklärte der Staatssekretär des Innern Matthews in Beantwortung einer Anfrage: der von der Polizei wegen Sittlichkeitsvergehens verfolgte Deputirte Verney habe dem Sprecher von Paris aus telegraphish angezeigt, daß er, als er in Jtalien von dem gegen ihn er- lassenen Verbaftbefehl gehört, sofort die Rückreise nah England angetreten habe und morgen einzutreffen gedenke.
Durch den vorgestern Morgen - erfolgten Tod des Ab- geordneten für Nordwest-Suffolk ist nunmehr die Zahl der A e e Ersatzwahlen abgehalten werden müssen, au gestiegen. R
N Die Opposition im Unterhause beabsichtigt, Falls das Budget keinen Vorschlog über freie oder staatlich unter- stüßte Schulen enthalten sollte, die erste Gelegenheit zur Stellung eines dahingehenden Antrages zu benußen, um ih über die Haltung des Parlaments zu dieser Frage zu vergewissern. Die Gladstonianer weisen darauf hin, daß, obwohl vor der zweiten Hälfte des laufenden nas kein diesbezügliches Geseß in Kraft treten önnte, der gegenwärtige Uebershuß vollständig zur Deckung der entstchenden Ausgaben ausreichen würde, selbst wenn die- selben 2000000 Pfd. Sterl. pro Jahr betragen sollten.
Earl Kimberley wird nur zeitweilig die Leitung der liberalen Partei im Oberhause übernehmen. Die end- gültige Entscheidung, wer der Nachsolger Earl Granville's auf diesem Posten werden wird, soll bis nah deu Parlaments- wahlen vershoben werden. : E
Mit der Zusammenseßung der Arbeitskommission ist der Arbeiterführer Tom Mann im Großen und Ganzen zufrieden. Er hat erklärt, daß dieselbe durchaus niht die feindselige Kritik verdiene, welcher sie kürzlich auf einigen Versammlungen unterzogen worden ist. Wie Mann in der am Moitag stattgefundenen Zusammenkunst der Exekutive des Londoner Dockarbeiter-Gewerkvereins mittheilte, bringen die arbeitenden Klassen in Schoitland und Nordengland der Arbeitskommission volles Vertrauen entgegen, um so mehr, als die Arbeiter in ihr besser als in jeder früheren amtlichen Kommission vertreten seien. Die allgemeine Ueberzeugung der Arbeiter gehe dahin, daß die Kommission viel zur Aufdeckung und Abschaffung von Mißständen beitragen werde.
Lord Salisbury hat gutem Vernehmen nah den britischen Gesandten in Santiago ersucht, der chilenischen Regierung mitzutheilen, daß England ihr niht das Recht zugestehe, Strafen über britische Schiffe zu verhängen, welche zu den gewöhnlichen Handelszwecken die von den Jn- surgenten beseßten Häfen besucht hätten. Der Admiral des briti- {hen Geschwaders in den chilenishen Gewässern ist von dieser Ent- \cheidung in Kenntniß ge!ezt worden und hat die erforder- lichen Jnstruktionen zum Schuße britischer Fnter essen empfangen.
Ueber die zur Züchtigung der Manipuris ausgesandte
militärishe Expedition wird dem „R. B.“ aus Calcutta.
vom 15. April berichtet : ;
Eine vom heutigen Tage aus Kohima datirte Depesche meldet, daß am Freitag die gesammte dort versammelte Kolonne den Vor- marsch beginnen wird. Es heißt, daß die Manipuri Kartambi und Sengma befestigen. Diese Orte {sind beide an der Straße zwischen Kohima und Manipur gelegen, welche die britishen Truppen zu passiren haben. Eine Belohnung von 4000 Rupien ift für die Ge- fangennahme des Rajah und des Senaputti (Befehlshabers des Heeres) ausgeschrieben. Der Maharajah von Kapurtala hat si erboten, 1000 Mann zum Grenzdienst zu stellen. Im 3. BengalisWen Regiment ist die Cholera ausgebrochen. Das Regiment wird eine Zeit lang in Quarantäne bleiben, ehe es vorrükt. :
Inzwischen wird aus Rangoon gemeldet, daß die Teuppen des Kapitäns Presgrave bereits am 14. d. M. ein Gefecht mit 300 Manipuris bei Palel unweit Thobal gehabt haben. Der Feind wurde zurückgeworfen und durch berittene: Infanterte verfolgt. Die Manipuris verloren fünfzig Todte, die Engländer hatten keine Verluste. Die “Absicht der Manipuris, den Stamm der Chins zur Sperrung der Straße von Tamu nach Palel zu veranlassen, wurde durch das Gefecht vereitelt. — Das in Simla ersheinencke amtliche Blatt veröffentlicht einen Nachruf für Quinton und seine Ge- fährten und fügt R zur exemplarischen Züchtigung der Unthat der Manipuris seien Maßregeln getroffen.
Frankreich.
Paris, 17. April. Die Königin Victoria stattete, wie aus Cannes gemeldet wird, gestern dem Großherzog von Mecklenburg-S{werin einen Besuch ab. \
Jn der gestrigen Sißung des Mini sterraths theilte, wie „W. T. B.“ meldet, der Handels-Minister Jules Roche das Resultat einer in den Departements angestellten Enquete über den Zolltarif mit und erklärte, die Mehrheit der Generalräthe habe sih in einem entschieden \ch{chuß-
zöllnerishen Sinne ausgesprochen. Wie es heißt,
sprach si der Ministerrath für die Ernennung des bisherigen
Präfekten des Rhone-Departements Cambon zum General- - Gouverneur von Algier aus. Das bezügliche Dekret soll am Sonnabend unterzeihnet werden.
Gegenwärtig sind in Frankreih einer der „Köln. Ztg.“ ugegangenen Mittheilung pie e125 Kriegsschiffe der ver- \Miedensten Art im Bau egtifen oder nahezu fertig gestellt. Darunter befinden sich 6 Panzer-Schlachtschisfe, 4 gepanzerte Küsten-Kreuzer, 2 Panzer - Kanonenboote, 5 Panzer-Kreuzer, 3 Kreuzer erster und 4 zweiter Klasse, 2 Torpedo- Kreuzer, 2 Torpedo - Avisos, 17 Hochsee - Torpedo- boote, 24 Torpedoboote erster und 56 zweiter Klasse. Von den auf den Wersten liegenden Torpedobooten sind 17 Hochsee-Torpedoboote von 104 bis 150 t, ferner 24 Torpedoboote erster Klasse von 80 t und 29 Torpedo- boote zweiter Klasse von 53 t. Außerdem sind 27 Torpedo- boote zweiter Klasse zu 35 m Länge in der Umänderung be- griffen.
Rußland und Polen.
Der Hofzug mit der Leiche der Großfürstin Olga Feodorowna ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Nach- mittag 2 Uhr in St. Petersburg eingetroffen. Der Kaiser war dem Zuge bis zur Station Fosna entgegengereist; am Bahnhof in St. Petersburg hatten sih die Kaiserin, die jämmtlichen dort anwesenden Großfürsten und anderen Mit- glieder des Kaiserhauses, alle obersten Hof: und Staatsbeamten, die Generalität und die Geistlichkeit zum Empfange aufgestellt. Der imposante Leichenzug, welchem der Kaiser zu Fuß, die Kaiserin zu Wagen folgte, seßte sich alsbald nah der Peter-Pauls- Kathedrale in Bewegung, woselbst die Leihe gegen 4 Uhr eintraf. Auf dem ganzen Wege hatten sich dichtgedrängte Menschenmassen aufgestellt, welhe beim Passiren des Trauer- zuges ehrfurhtsvoll die Häupter entblößten.
Ftalien.
Der Senat berieth gestern die einjährige Verlängerung der Kündigungsfrist des österreihisch - italienischen Handelsvertrages, für welhe der Schaß:-Minister Luzzatti lebhaft eintrat. Bei Erörterung der Ursachen der Erhöhung der Einfuhr nach Jtalien äußerte sich der Minister auch über das System der italienishen Staatsschuld und wies auf das Entschiedenste die Pläne gewisser Baissefaktoren zurü, welche ihm die Abficht zuschrieben, eine Anleihe von einer halben Milliarde aufzunehmen. Unter lebhaftem Beifall des Hauses sprach sih der Minister nahdrücklih gegen die Thâtig- keit dieser Baissefaktoren aus. Heute sollte die Berathung fortgeseßt werden.
Jn der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer beantwortete der Minister-Präsident Marchese di Rudini die Anfragen der Deputirten Marinuzzi und Lucchini über die Vorgänge in New-Orleans. Der Minister-Präsident er- klärte zunächst, vier der Gelynchten seien Ftaliener gewesen. Er habe von der Regierung der Vereinigten Staaten befriedi- gende Versicherungen exhalten ; . dieselben seien auch von dem Gesandten der Vereinigten Staaten in Rom persönlih bestätigt worden. Rudini verlas ferner ein Telegramm des Präsidenten der Vereinigten Staaten Harrison an den Gouverneur von Louisiana, in welhem Leßterer auf- gefordert wird, die Schuldigen der Justiz zu überliefern. Neben der gerihtlihen Verfolgung der Schuldigen — fuhr Rudini fort — habe Jtalien auch eine Entschädigung für die Hinterbliebenen der Opfer verlangt. Da das Vorgehen der Vereinigten Staaten der ertheilten Zusage nicht entsprach, habe sich Jtalien gezwungen gesehen, die formelle Ver- sicherung zu verlangen, daß die Schuldigen öffentlich an- geklagt werden sollten und daß die Entschädigung der Hinter- bliebenen im Prinzip anerkannt werde. Die Regierung der Vereinigten Staaten habe jedoch erklärt, dem nicht entsprechen zu können, da die Verfassung ihr nicht gestatte, sich in die An- gelegenheiten des Staates Louisiana M mischen. Die italienische Regierung habe der Regierung der Vereinigten Staaten geant- wortet, sie könne niht über die Verfassung der Vereinigten Staaten diskutiren, aber es sei ihre Pflicht, den Prinzipien des Völkerrehls Achiung zu verschaffen und Gerethtig- keit zu verlangen. Ftalien könne eine Ablehnung der Ver- antwortung durch die Regierung der Vereinigten Staaten nit zulassen, Da die Regierung hierauf keine genügende Antwort erhielt, habe fie den italienishen Gesandten in Washington 0s mit einem durch die Unwirksamkeit seiner diplo- matischen Aktion motivirten Urlaub abzureisen und den Legations- Sekretär Marchese Jmperiali zur Erledigung der laufenden Geschäfte zurückzulassen. Jmperiali habe den Ausftcag gehabt, dem Staatssekretär Blaine zu erklären, daß der diplomatische Zwischenfall nur nach begonnenem Gerichtsverfahren gegen die Schuldigen als erledigt betrahtet werden könne. Dies alles gehe aus den im Besiß der Regierung befindlichen Do- kumenten hervor. Außerdem sei noch eine Note Blaine's vorhanden, die aber noch nicht in Rom eingetroffen sei. Rudini drückte scchließlich das Vertrauen auf eine günstige Lösung der Angelegenheit aus, welhe zugleich dem Rechte Jtaliens entspreche, das au dasjenige aller civilisirten Regierungen sei, die in diesem Falle sämmtlich mit Ftalien solidarish seien. Wenn eine günstige Lösung nicht zu exhalten sein sollte, so würden fih deshalb keine Schwierigkeiten und Verwickelungen ergeben, doch müßte er (Rudini) dann die in der Civilisation so vorgeschrittenen Vereinigten Staaten tief beklagen, wenn sie den in Europa S proklamirten und sorgsam beahteten Prinzipien des Rechts und der Ge- rehtigkeit gegenüber ein so abweichendes Verhalten zeigen sollten. (Lebhafte Zustimmung.) Die Fragesteller Marinuzzi und Lucchini sprahen hierauf ihre Billigung des Verhaltens der Regierung aus und erklärten sih dur die Antwort Rudini's befriedigt. :
In der Deputirtenkammer gelangte ferner gestern angekündigtermaßen das Grünbuch über die Mission An- tonelli’'s und die afrikanishen Angelegenheiten zur Vertheilung. Dasselbe enthält unter Anderen eine An ahl Briefe des Königs Menelik an den König Humbert. Aus den Berichten Salimbeni's und Antonelli’'s geht hervor, daß Menelik die Ueberseßzung des Artikels 17 des Vertrags von Usscali für unrichtig erklärt und Schwierigkeiten bezüglich der eststelung der italienishen Grenze am Mareb gemacht habe. König Menelik und Antonelli seien s{ließlih dahin übereingekommen, daß der Artikel 17 in den beiden Texten unverändert bleiben solle, und hätten ein in diesem Sinne in amharischer Sprache abgefaßtes Shhriftstük unter- zeichnet. Später habe Antonelli festgestellt, daß dem Ver- trag? ein Wort hinzugefügt worden sei, durch welches der Artikel 17 annullirt wird. Antonelli habe hierauf erklärt, das Sqhriftstük sei von Menelik geändert, und er sei des- halb mit den übrigen italienishen Vertretern abgereist. Ein
Bericht Antonelli’s vom 14. November 1890 spriht von den Umtrieben französisher Agenten, die bis in die nähste Umgebung des Negus ausgedehnt worden seien. Später wurde mitgetheilt, daß Makonnen Antonelli, als er diesen von Schoa nah Harrar am 25. Februar d. J. be- gleitete, davon verständigt habe, daß Frankreih dem König Menelik 40 000 Gewehre angeboten habe. Menetik habe zu wiederholten Malen von der Nüglichkeit eines Einvernehmens zwischen England, Jtalien und Aethiopien gegenüber den Derwischen gesprohen. Das Grünbuch iéhlieht mit Briefen des Königs Menelik an den König Humbert und den Minister-Präsidenten Marchese di Rudini, welche nach der Abreise Antonelli’'s geschrieben sind und den Wunsch aussprechen, daß die Angelegenheiten Aethiopiens in Europa unter Mitwirkung JFtaliens geregelt würden. Portugal.
Die „Times“ erfährt, der neue english-portu- giesishe Vertrag begünstige im Punkte der Gebietsaus- dehnung Portugal, zwar nicht so sehr wie die vorjährige Uebereinkunft, aber er gewähre Portugal ein unbestreitbares Recht auf das Gebiet, welches es Kraft des neuen Vertrages behalte und shüße es gegen alle Eingriffe. Die Grenze werde nah der Gebirgskette und den zwischen den Längengraden 321/, und 33 vorhandenen natürlichen Grenzen gezogen ; die Flüsse Sabi und Limpopo würden von beiden Ländern der Schiffahrt er- öffnet, Eine Veränderung des Zolltarifs sei gleichfalls vor- geschlagen; ebenso werde eine Frist für den Bau der Pungwe- Eisenbahn festgeseßt.
Schweiz.
Der Nationalrath hat in seiner gestrigen Sizung mit 98 gegen 33 Stimmen den neuen Artikel der Bunde3- verfassung angenommen, welcher bestimmt, daß dem Bunde das Banknotenmonopol zustehe. Der Bund wird das Recht zur Ausgabe von Banknoten einer Bank übertragen, über deren Organisation (ob Staatsbank oder Privatbank auf Aktien) das Gese das Nähere bestimmen wird. Eine Rechtsverbind- lihkeit zur Annahme von Banknoten kann jedoch nur in Nothlagen und bei Kriegszeiten ausgesprochen werden. — Be- züglih der Museumsfrage hielt der Nationalrath auch in der
estrigen vierten Abstimmung daran fest, daß Bern Sig des andes-Museums werde, erklärte jedoch diesen Beschluß nit als einen definitiven, sodaß sich der Nationalrath in der nächsten Session nochmals mit der Angelegenheit zu befassen haben wird. Luxemburg.
Luxemburg, 15. April. Wie nach der „Lxb. Ztg.“ in parlamentarishen Kreisen verlautet, ist die Rülkehr des Großherzogs. für die nähste Zeit noch nicht zu erwarten, Bei der Großherzoglichen Familie auf Schloß Königstein weilt augenblicklich die Erbgroßherzogin von Baden, welche erst gegen Ende April sich na Berlin zu ihrem Gemahl begiebt; um diese Zeit sieht man auch der Herkunft des Landesfürsten entgegen.
Die Deputirtenkammer hat gestern nach längerer Unterbrehung ihre Arbeiten wieder ausgenommen. Die Re- gierung hat eine Geseß esvorlage eingebracht, laut welcher die durch das Großherzogliche Haus etwa im Groß- herzogthum zu machenden Erwerbungen denselben Grund- säßen zu unterwerfen sind, wie das zur Zeit im Auslande be- stehende Privatvermögen, also gleih leßterem im Sterbefall nicht getheilt, sondern auf den ältesten Erben übergehen sollen. Der in der Kammer verlesene Ausshußberiht über die Er- weiterung und die Verlegung der Lehrerseminarien spricht sih gegen das vierte Schuijahr und für die Verlegung beider Anstalten nah Echternach aus.
Zu der eben erwähnten Geseßvorlage wird der „Köln, Ztg.“ noch aus Luxemburg geschrieben :
Der Großherzog beabsichtigt, die im Luxemburgischen gelegenen Privatdomänen des verstorbenen Königs von Holland anzukaufen, und es {weben gegenwärtig Unterhandlungen über den Kaufpreis. Bei dieser Gelegenheit hat sch ein Widerspruch zwischen den Familienverträgen des Hauses Nassau und den luxem- burgishen Civilgeseßen Herausgestellt, Die erstern, namentli der nassauische rbverein vom 830. Juni 1783, verleihen dem Privatvermögen des Hauses Nassau den Charakter eines Majorats. Die hiesige Gesetzgebung aber verbietet ausdrücklih die Bildung von Majoraten. Um die Schwierigkeit zu beseitigen, hat die Regierung gestern der Kammer einen Geseßentwurf vorgelegt, gemäß welhem das im luxemburgisccen Lande befindlihe Vermögen des Großherzoglichen Hauses den nafsauishen Familienverträgen unter- ellt und somit die Errichtung eines Majorats gestattet wird. Artikel 3 der Vorlaae befreit die Mitglieder des Großherzoglichen e von der Mobiliar- und Personalsicuer sowie von alien
efällen bei Schenkungen und Erbschaften. Sollten die Privat- domänen des verstorbenen Königs vom Großherzog Adolf erworben werden, so is auch dieser Eigeathumsübergang von den an die Staatskasse zu entrihtenden Gesällen befreit. Die Annahme der Vorlage ist zweifellos. Es liegt im Interesse des Landes, daß der Großherzog im Lande selbst begütert und der Privatbesiß der Krone vor aller Zersplitterung ges{ütt set.
Serbien.
Belgrad, 16. April. Die der russishen Armee zum Zweck der weiteren Ausbildung zugetheilten 26 Offi- iere werden laut Meldung des „W. T. B.“ am 18. d. unter Führung des ehemaligen Kriegs-Ministers Gruic nah St. Petersburg abreisen.
Das amtliche Blatt meldet die Errichtung eines serbi- schen Konsulats in gu va und die Ernennung Jovan Vasiljevic’s zum Konsul da}elbst.
Die Abreise des Königs Milan dürfte voraussich:lich morgen erfolgen.
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Parlamentarische Nachrichten.
n der heutigen (102.) Sißung des Reichstages, welcher der Staats-Minister Freiherr von Berl epsch beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Gesezentwurfs, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung, fortgeseßt, und war bei dem von den Abgg. Auer und Gen. vorgeschlagenen , 136a (Normalarbeitstag), dessen Begründung Abg. Grillenberger bereits gestern am Schlusse der Sißung vor- L hat. : bg. Müllensiefen erklärte, für seine Person der Tendenz des Antrages zuzustimmen, soweit es sih um Betriebe anes welche der Gesundheit s{hädlich sind. Bei derartiger rbeit habe er in seinem eigenen Betriebe die zwölfstündige Arbeitszeit seit längerer Zeit {hon in eine achtstündige ver- wandelt, ohne dabei den Lohn herabzuseßen. Die M Lohnausgabe habe sih dur bessere Leistungen und dergleichen
ausgeglichen. Bei Arbeiten in frischer Lust oder luftigen Räumen
oder bei niht s{werer Arbeit sei ein solher Maximalarbeits- tag niht nöthig. Jn diese Kategorie gehöre allerdings der Bergbau nicht, und deshalb habe er fich auch in seinen Wahl- reden für die achtstündige Arbeitszeit in demselben aus-
gefproGms ; Abg. Leuschner sprach fih gegen den Normalarbeitsta aus ; seine Einführung sei unmöglih, man müßte denn ales überall gleihe und ausreichende Arbeit besorgen können. Was den Bergbau speziell betreffe, so beständen in den verschiedenen Revieren verschiedene Schichten, und es lasse sih nit gleihsam vom grünen Tisch für alle eine gleihmäßige Schicht feitsezgen. Aus seiner genauen Kenntniß des westfälishen Bergbaues be- zeihnete Redner die achtstündige Schiht ausschließlich der Ein- und Ausfahrt für vollkommen ausreichend genug. Eine weitere Herabseßung der Schiht würde unzweifelhaft die Förderung herabmindern.
Abg. Dr. Schädler gab Namens des Centrums die Er- klärung ab, daß dasselbe früher bereits wiederholt für den elf- stündigen Normalarbeitstag im Allgemeinen und für den acht- stündigen Arbeitstag im Bergbau eingetreten sei. Mit Nüekfiht auf die Ausführungen der Vertreter der ver- bündeten Regierungen nehme es aber davon Abstand, einen solhen Antrag von Neuem einzubringen. Man hoffe, daß aus der elfstündigen Arbeitszeit für weibliche Arbeiter die all- gemeine elfstündige Arbeitszeit sich allmählih herausbilden werde und daß der Bundesrath von der Bestimmung des 8, 12e, nah welhem er ermächtigt ist, für Betriebe, in denen lang andauernde Arbeit gesundheitsgefährlih werden kann, eine Grenze für die Arbeitsdauer festzusegen, umfäng- lichen Gebrauh machen werde. Aus diesen Gründen werde das Centrum gegen den Antrag Auer stimmen.
Abg. Dr. Barth führte aus, daß die Freisinnigen, wie sie das protektionistishe System zu Gunsten der Produzenten bekämpfen, es auch ablehnen, zu Gunsten der Lohnarbeiter und auf Kosten Anderer geseßgeberis einzugreifen. Die Geseßgebung habe niht das Verhältniß festzuseßen, nah welhem Arbeit und Kapital an den Produkten theilzunehmen haben. Zu einer immer kürzeren Arbeitszeit und zu einem möglichst hohen Lohne dafür zu kommen, sei ein erstrebenswerthes Ziel; man müsse aber seine Erreihung von der allgemeinen Kultur- entwidtelung erwarten.
Abg. Dr. Hartmann erklärte, daß die Konservativen Yann für Mann gegen den Antrag Auer stimmen wecden. Wenn die Konservativen au nicht prinzipielle Gegne:: des Normalarbeitstages seien, so hielten sie es doch nicht an der Zeit, daß jeßt die Regelung dieser Frage in die Hand genommen werde. Das Zweckmäßigste sei, die Ordnung der täglichen Arbeitsdauer für die einzelnen Gewerbe, niht aber im Allgemeinen vorzunehmen.
Bei Schluß des Blattes sprah Staats-Minister Freiherr von Berleps ch.
— Die Rechnungs-Kommission des Reichstages beantragt: Der Reichstag wolle beschließen: Der Rechnun gs- leger der Rechnungen der Kasse der Ober-Rechnung3- kammer für die Etatsjahre 1887/88 und 1888/89 wird bezüglich desjenigen Theiles, welcher die Reichsverwaltung beirifft, entlastet.
— Die Reichstags-Kommission zur Vorbera:bhung des Telegraphen-Geseßentwurfs beschäftigte ih Donnerstag Abend mit dem §. 2. Derselbe lautet nah der Vorlage: „Die Aus- übung des in § 1 bezeihneten Rechts kann für einzelne Strecken und Bezirke verlieben werden. Die Verleihung erfolgt dur den Reichs- kanzler oder die von ihm hierzu ermächtigte Behörde. Die Be- dingungen der Verleihung sind in der Verleibungsurkunde festzustellen.“ Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode ftellte den Untrag, hinter dem Worte „Bezirke“ einzuschalten: „und müssen Gemeinden für den Verkehr innerhalb des Gemeindebezirks verliehen werden, wenn die nachsuchende Gemeinde die genügende Sicherheit für einen ordnungsmäßigen Betrieb bietet und das Reich eine solche Anlage weder errichtet hat noch sich zur Errihtung und zum Betriebe einer solhen bereit erklärt ‘ Der Abg. Dr Bödiker brachte zu diesem Antrage den Zusatzantrag ein: „Das Reich ift berecbtigt, die von den Gemeinden hergestellten Anlagen gegen Erstattung der Kosten jederzeit zu Übernehmen und zu betreiben“. §. 2“ wurde mit diefen Anträgen nah längerer Debatte und nah Ablehnung anderer Anträge angenommen.
— Die Gewerbesteuerkommission des Herrenhauses nahm heute den Gesetzentwurf in der Fassung des Hauses der Abge- ordneten an.
— Die Budgetkommission des Hauses der Abge- ordneten hat sich gestern Abend mit der Sekundärbahn- vorlage bischâftigt und in § 11. zur Herstellung von Eisenbahnen und der Vermehrung des Fuhrparks der Staatsbahnen und zur Be- \{affung von Betriebsmitteln 36 008 000 bewilligt.
— Das Ergebniß der am 15. April im 19. hannoverschen Reichstagswahlkreis vollzogenen Wahl liegt jezt nah einer Mittheilung des „W. T. B.“ aus Geestemünde voll- ständig vor. Es erhielten Fürst Bismarck 7557, Adloff 2619, von Plate 3343, Schmalfeld 3928 Stimmen. Sonach hat zwischen dem Fürsten Bisma1ck und dem sozialdemokratischen Kandidaten Schmalfeld Stichwahl stattzufinden.
Kunst und Wissenschaft.
Om Lichthof des Kunstgewerbe-Museums hielt Dienstag Nachmittag der Direktor der Sammlung Professor Lessing vor einem geladenen Zuhörerkreis einen interessanten Vortrag über den zur Zeit im Kunstgewerbe-Museum aus- gestellten Croyteppich der Greifswalder Universität. Die anspruchsvolle Dimensionen zeigende Gobelinwirkerei, welche der Universität von dem leßten Nachkommen des pommerschen Fürstenhauses im Jahre 1684 zum Andenken an seine Mutier nna, die Tochter Bogislaw's XIV., vermacht wurde, ist nach inschriftlichem Zeugniß 1554 in Stettin offenbar von vlämi- schen Teppichwebern angefertigt worden. Der Teppich stellt die vershwägerten Fürstenhäuser Sachsens und Pommerns als Zuhörer part a in einer Schloßkapelle dar, und in dieser seiner historischen Bedeutung als Denkmal der Ausbreitung des Protestantismus im Norden unseres Vaterlandes dürfen wir wohl seinen Hauptwerth- erkennen. Zugleich stellt er eine fast vollständige Bildnißgalerie des sächsishen und pommerschen Fürstenhauses dar, welche offenbar auf Cartons eines Meisters der Cranah-Schule pre ühren ist. Leider sind die Be- \chädigungen, welche das Webewerk im Laufe der vas erlitten, hat, ziemlih erheblich; zur Wiederherstellung dieser Schäden ist der Teppih nah Berlin geschaft worden, nachdem auf Veranlassung des Kultus-Ministeriums Professor Lesfing sein Gutachtên über den Zustand und Werth des merkwürdigen Kunstwerks abgegeben hat. Nach seiner Wiederherstellung und
photographisher Aufnahme soll der Croyteppih wieder in die