und Schmidt (Obertiefenbah). Der Vorsißende gedachte bei Uebernahme des Präsidiums des heimgegangenen Feldmarschalls Grafen Moltke.
Bonn, 27. April. Heute Morgen 81/5 Uhr fand, wie die „Köln. Ztg.“ berihtet, auf dem Kaiserplatze die feierliche Uebergabe der neuen Standarte an das Husaren-Re- giment König Wilhelm I. (1. Rheinisches) Nr. 7 statt. Das Regiment hatte sih im Viereck aufgestellt und war in Parade-
Uniform. Die Offiziere des Regiments befanden sih in der Mitte des Vierecks. Nachdem der Träger der Standarte und die Begleitung derselben vor der auf der Westseite des Vierecks stehenden Schwadron Aufstellung genommen , hielt der Com- mandeur des Regiments, Oberst Synold von Schüz eine An- sprache, in welcher er zunächst die Allerhöchste Kabinetsordre vom 18. d, Mts. im Wortlaut mittheilte. Jn dieser war des Anlasses zu der Stiftung der neuen Standarte und der ruhbmvollen Vergangenheit des Regiments gedaht, welche das Lebtere würdig gemacht habe, den Namen des „unvergeßlichen Großvaters“ unseres Kaisers zu tragen. Der Commandeur knüpfte hieran die Mahnung an die Husaren, des Fahneneides stets eingedenk zu bleiben, nach welchem sie allezeit bereit zu sein häiten, das Leben „mit Gott für König und Vaterland“ einzuseßen. Mit einem dreimaligen Hurrah auf den Kaiser {loß die Ansprache, worauf der Abmarsch erfolgte.
Sigmaringen, 27. April. Der Fürst von Hohen- gs ist nah der „Köln. Ztg.“ aus Florenz hier ange- ommen.
Oesterreich-Ungarn.
Ueber den Stand der handelspolitishen Ver- handlungen schreibt das Wiener „Fremdenblatt“:
Die Unterzeiwnung des HandelEsvertrags mit dem Deutschen Reihe wird zweifelsohne im Laufe dieser Woche stattfinden und hiermit die Basis geschaffen sein, auf welder mit den anderen Staaten in Handelêsvertrags- verhandlungen eingegangen werden kann. Zunächst werden im Laufe des Monats Mai die Verhandlungen mit der Scbweiz beginnen, an welche sib solhe mit Serbien ans{hlicßen werden, nachdem während des vorwöcentlichen Besuches des serbischen Ministers Vuic dieser erneuert den lebhaften Wunsch der serbischen Regierung wiederholt, die Verhandlungen über einen neuen Handels- vertrag in kürzester Frist beginnen zu wollen. Nach Finalisirung dieser Veri; andluncen werden zweifellos die italienischen Delegirten Behufs Vertragéverhandlungen bier eintreffen, da die Ge- neigtheit der italienischen Regierung hierzu vorliegt und nur der Be- riht der vom italienischen Parlament eingeseßten handelspolitischen Kommission erft erstattet werden muß. Daß urfererseits die Ge- neigtheit besteht, mit Rumänien in handelépolitishe Verhandlungen einzugehen, bedarf faum der Grwähnung, doch kann eine gleice Stim- mung bei der rumänischen Regierung erst bis nach Zusammentritt des neugewählten rumänishen Parlaments zum Ausdru gelangen.
__ Wien, 29. April. Der neu ernannte türkische Botschafter Zia Bey wird, wie „W. T. B.“ meldet, heute Nachmittag dem Kaiser sein Beglaubigungsschreiben überreichen. Jm Abgeordnetenhause legte die Regierung gestern einen Geseßzentwurf vor, nach welchem für bewegliches Nachlaßvermögen von Ausländern keine Gebühren zu entrihten sind, falls die Gegenseitigkeit von dem betreffenden Staate gesichert ist. Der Finanz-Minister zeigte an, daß das provisorishe Budget die Sanktion erhalten habe, Fürst Lichtenstein und Genossen bean- tragten eine Aenderung des Gewerbegeseßes. Der Abg. Tilscher motivirte darauf einen Antrag auf Abänderung der Wahlordnung zum Reichsrathe durch Ein- führung der direkten Wahlen in den Landgemeinden Der Präsident Smolka empfahl Behufs Abkürzung der Ver- handlungen gleichzeitig über die analogen Anträge Plener, Fürnkranz und Geßmann zu berathen. Tilscher berief sich darauf, daß durh die jeßige Wahlart der wahre Volkswille nit zum Ausdruck komme. Plener erklärte, es sei Aussicht vorhanden, daß die Ausschüsse all r Parteien sih in diefer Frage einigen werden, da es sich um cine Sache der Gerechtigkeit und Billigkeit handle. Fürn- kranz und Geßmann besürworteten ihre analogen Anträge; leßterer würde auch ein allgemeines direktes Wahlrecht accep- tiren, vorausgeseßt, daß bei den Wahlen di- Ausübung des Terrorismus hintangehalten würde. Hierauf wurde die Ver- handlung abgebrochen.
Im Budgetaus\chuß des Abgeordnetenhauses wurde gestern anläßlich der Berathung eines Antrages Trojan, be- treffend eine staatliche Beihülfe für die dur die Ueber- schwemmung in Böhmen Geschädigten, beschlossen, die Regierung aufzufordern, nah Anstellung der erforderlichen Erhebungen die entsprechenden Kredite Behufs Linderung der Nothlage zu beanspruchen.
In der heutigen Sißung des Adreßaus schusses des Abgeordnetenhauses gelangte der Adreßentwur f des Referenten Bilinski zur Berathung.
Der Entwurf drückt den Dank, die unwandelbare Treue und die aufrihtige Freude aus über die beruhigende, auf die Thronrede be- gründete Friedenshoffnung und verspriht die gründlihste Er- örterung der in der Kaiserlihen Kundgebung berührten sozialen Probleme. Der Entwurf spriht dié Zustimmung zu ver- schiedenen angekündigten Regierungsrorlagen aus, darunter zur Hülfsafktion für den Lloyd, die Donau-Dampfs\ciffahrts-Gesellschaft, zur Verstaatlihung der Eisenbahnen und den Tarifmaßnahmen der Staatsbahn-Verwaltung, zum Bau der Wiener Stadtbahn und zur Regulirung des Wienflusses, da die Vertreter aller Länder aufrichtig bereit seien, Wien den Charakter einer Großstadt zu verleihen, der ihm als Residenz des Kaisers zukomme. Die Regelung der Handelsbeziehungen mit den fremden Staaten, in erster Linie mit dem verbündeten Deutschland, entspriht den ökonomischen Interessen aller Bevöl- kerungs\cihten ; die Interessen der durh die überseeishe Konkurcenz geschädigten Landwirthschaft sowie zahlreiher Industrien \prechen für die Rückkehr zu dem einzig gesunden Handelsvertrags\ystem. Behufs
esthaltung des Gleichgewihtes im Staatshauthalt dürfen die
ährungsverhältnifse niht außer Acht gelassen werden. Die Abgeordneten werden mit hingebungsvollem Vertrauen, der Kaiserlihen Aufforderung Folge leistend, die Parteiwünshe und Parteibestrebungen vorerst zurückstellen und si{ch zunächst der Pflege der Interessen der über den Parteien s\tehen- den Gesammtheit widmen. Der Adreßentwurf gedenkt der natürlichen sowie der hiftorishen Cigenthümlichkeiten der Königreiche und Länder der Monarwie; auf dieser Verschiedenheit der Verhältnisse beruht die verfassungsmäßig anerkannte Nothwendigkeit autonomer Einrich- tungen, welche, die Fürsorge des Staats ergänzend, auch zur Anbahnung des nationalen Friedens geeignet erscheinen. Allem voran aber stellen \ämmtlihe Völkerschaften die Einheit und die Macht des Staats, Die Volksvertreter werden Alles unterlassen, was die Einheit lockern, und Alles unternehmen was die Macht fördern kann, und bestrebt sein, nah dem edelmüthigen
Aus\pruch des Kaisers „die Gegersäßze zu milde-n und einen geme'n- famen Boden für eine heilbrirgende Thätigkeit zu bilden“. Den Sé{luß des Adreßentwurfs bildet eine begeisterte Apostropbirung des Kaisers als Verkörpzrung des einheitlichen und mächtigen Staats- verbandes,
Von dem in Kronstadt in Siebenbürgen garnisonirenden zweiten Husaren-Regiment, dessen Jnhaber der ver- \storbene Großfürst Nikolaus Nikolajewitsch gewesen ift, begiebt fih eine Deputation nah St. Petersburg, um der Trauerfeier beizuwohnen.
Großbritannien und Frland.
Im Unterhause erklärte gestern der Unter-Staats- sekretär des Aeußeren Fergusfson: soweit die Regierung unterrichtet sei, habe keine Macht irgend welche Frage Betreffs der Fortdauer der Gouverneurschaft des Prinzen Fer- dinand in Ostrumelien aufgeworfen.
Die Regierung wird der „A. C.“ zufolge die Schiffe „Magicienne“, „Brisfk“ und „Pigeon“ vom westafrikanischen E nach Beira zum Schutz der britischen Jnteressen enden.
Die Admiralität hat beshlossen, demnächst 6000 Knaben als Schiffsjungen in die Marine einzustellen, damit hin- länglih Seeleute für die in den nächsten Fahren bedeutend vermehrte Zahl der Schiffe vorhanden sind.
Am 1. Januar belief fih die gesammte Effettivstärke der englishen Armee auf 210499 Mann. Nur 1888 und 1886 ist sie größer gewesen. Die durchschnittlih2 Stärke betrug im Jahre 1890 209 221 Mann. Es wurden während dieser Zeit 31 407 Rekruten eingestellt. Davon befanden \ich 15378 im Aiter von 18 und 19 Jahren. Die Referve zählte beim Beginn des laufenden Jahres 59216 Mann und die Miliz 101820 Mann. “Die Yeoma=xy - Reiterei hatte 10679 Wiann, und Freiwillige gab es 221048 Mann. Die Miliz zählte 25715 Mann zu wenig.
Wie der Londoner Berichterstatter des „Manchester Guar- dian“ erfährt, würde das Schagamt in den nächsten Tagen energishe Maßregeln ergreifen, um die Debatte über die irishe Landankaufs bill abzukürzen. Die Radikalen machen noch immer keine Miene, ihre Opposition etwas zu sänftigen, und auf der anderen Seite dürfte die ministerielle Partei die Regierung drängen, endlich die Spezialdebatte zu beendigen durch Festseßung eines bestimmten Tages, an welchem sie geschlossen sein muß.
Ja Thurles (Frland) kam es, dem „H. C.“ zufolge, am Sonntag zublutigen Zusammen stößen zwishenParnelliten und Anti-Parnelliten, welhe beide Kundgebungen ab- halten wollten. Erstere erwarteten Parnell, der erklärt hatte, er würde nah Thurles kommen, um den Klerikalen in ihrer Burg (Thurles ist der Amtssiß des anti-parnellitishen Erzbischofs Crofke) einmal die Wahrheit zu sagen. Parnell kam indeß nicht. Seine Anhänger zogen in dem Kampfe mit Knotenstöcken und Steinwürfen s{ließlich den Kürzeren. Die Anti-Parnelliten veranstalteten sodann eine Kundgebung vor dem erzbischöflihen Palast. Der E¡czbischof hielt eine Rede, worin er Parnell als Verräther brandmarkte, der JFrland in zwei feindlihe Lager gespalten habe und es zum Gelächter der Welt mache. Parnell bielt zur selben Zeit eine Rede in Clonmet, in welcher er den Stab über den Feldzugsplan brah und den irishen Pächtern den Nath gab, sih mit ihren Grundherren so gut wie möglih zu einigen, da au-gewiesene Pächter von der Nationalliga nit länger unterstüßt werden könnten.
Der Deputirte Jy ffe, Verireter der Universität Oxford, beging, wie man der „Mgdb. Ztg.“ berichtet, gestern - einen Selbstmord. Er stand unter der Anklage s{hwerer Sittlich- keitsverbrehen.
Baron Hirs ch E in den gestrigen Londoner Blättern einen Aufruf zur Gründung einer jüdischen Kolonie in Argentinien für die russishen Fuden. Baron Hirsch spendet hierfür 3 Millionen Pfund.
Ueber die Expedition zur Züchtigung der Manipuris liegen folgende neueren Berichte des „R. B.“ vor. Aus Simla wird gemeldet: General Graham griff am 25. d. etwa Tausend Manipuris an, wle sich in der Mitte eines
Sumpfes verschanzt hatten und zerstreute dieselben. Die Manipuris verloren 200 Mann; von den Engländern wurden ein eingeborener Offizier getödtet, vier eng- lische Offiziere verwundet, darunter der Lieutenant Grant. — Gestern sind alle drei Kolonnen aus Kohima, Cachar und Tammu in Manipur eingetroffen. Sie fanden die Stadt und den Palast leer und leßteren sowie viele Gebäude vollständig geplündert. Noch bevor die Be- wohner die Stadt verlassen hatten, flüchteten sich, wie schon gemeldet, der Rajah, der Senaputti und die anderea Prinzen gegen Nordwesten. Die Kolonnen aus Kohima und Cachar fanden auf dem Marsche keinen Widerstand. Die Köpfe der englischen, von den Manipuris niedergemezelten Offiziere wurden in der Umfriedung des Palastes gefunden.
Frankreich.
Paris, 29. April. Die Königin von England ist gestern Nachmittag, wie „W. T. B“ berichtet, von Grasse nah Cherbourg abgereist. Auf dem Bahnhofe waren die Spißen der Behörden, darunter der Präfekt und der General- Gouverneur, zur Verabschiedung anwesend.
In der gestrigen Sißung des Ministerraths führte bei Berathung des Antrages Viger, betreffend die zeitweise Herabseßung der Mehl- und Getreidezöólle, der Ackerbau:Minister Develle aus, die französishen Produ: zenten hätten in der Hoffnung auf eine Preiserhöhung fehr E Getreidemengen in Reserve behalten; dieselben würden, Falls eine Zollermäßigung in Aussicht stände, sicherlich
auf den Markt kommen. Jedenfalls würde eine Zollermäßi- gung genügen, um die Einfuhr russishen Getreides aus Odessa zu sichern. i Die Deputirtenkammer seßte die Berathung der nterpellation Laur, betreffend die Aufhebung der
etreidezölle, für denselben Tag fest, an welchem der gestern eingebrahte analoge Antrag Viger ver- handelt werden soll. Hierauf trat die Kammer in die Generaldiskussion des Zollentwurfs ein. Lockrcy wies auf die ernsten Folgeu hin, welhe das Projekt dai könnte; dasselbe sei geeignet, Frankreih zuerst wirth- chaftlih und dadurch politisch zu isoliren. Zudem sei der Ent- wurf dur die Verhältnisse in keiner Weise gerechtfertigt ; die französishe Ausfuhr nehme stetig zu, Handel und Jndustrie blühten. Lockroy \sprach sodann fein Bedauern darüber aus, daß die Zollkommission keine ernstlihe Enquete angestellt habe. Ferner wies er auf die verhängnißzvolken Folgen des Entwurfs für die französishen industriellen Arbeiter und selbst für die Republik hin. Am Schlusse dec dreieinhalb-
stündigen Rede warnte Lockroy nochmals vor der Gefahr, grantreis zu isoliren und Repressalien herbeizuführen, und etonte den Reihthum des Landes unter der Herrschaft der: Handelsverträge. Lockroy wird seine Rede morgen fortseßen.
_ Der Abg. Le Roux (Marseille) überreihte der Kammer eine mit 25 000 Unter)christen von Jnduftriearbeitern aus den Departements Alpes-Maritime, JsèreundBouches- du-Rhône versehene Petition gegen den Zolltarif.
Jn der Deputirtenkammer gelangten gestern zwei Gelb - bücher Betreffs der internationalen Konferenz in Brü ssel zur Vertheilung. Ein großer Theil derselben wird: durch die Frage, betreffend den Tarif der Eingangszölle- des unabhängigen Congostaats, in Anspru ge- nommen. Aus den im November v. J. zwischen dem Minister des Auswärtigen Ribot und dem französishen Gesandten inx Brüssel Bourée ausgetaushten Depeschen geht hervor, daß Franfrei® nit denselben Tarif annehmen wollte, wie Deutsh- land, England und Fialien, daß es jedoch in die Einführung von zwei Tarifen einwilligte, von denen der eine für die östliche Zone,. der andere für die westlihe Zone Gültigkeit haben Prie Frankreich wollte jedoch die Vermittlung der Mächte bei der Festst-llung der Tarife zulassen. Jn einer Depeshe vom 18. November v. J. erklärte Bourée, daß diese Vorschläge einen einmüthigen Widerstand in der Konferenz hervorrufen würden. Fn einer Depesche vom 19. November v. J. machte Ribot noch weitere Zugeständnisse, welhe zu einer Verein- barung führten. Jn einer Depejche vom 6. November v. F, erklärte Nibot, daß Frankrei den Widerstand Hollands niemals ermuthigt habe.
Rußland und Polen.
_ Heute trifft, dem „W. T. B.“ zufolge, der Fürst Nicolaus von Montenegro in St. Petersburg ein und nimmt im Winterpalais Absteigequartier.
Die „Now. Wr.“ theilt mit, das Ministerium des Jnnern habe beshlossen, die Besizer von Bauernland und Gutsland in den baltischen Gouvernements in aleicher Weise zum Unterhalt des Postverkehrs und des Wegebaues heranzuziehen. Dasselbe Blatt berichtet, daß das Ministerium des Fnnern im Verein mit dem der Justiz einen neuen Typus von Korrektions- und Zuchtanstalten für jugendlihe Verbrecher ausarbeite.
Die „Nowosti“ erfahren, daß das Ministerium der Kom- munikationen drei Millionen Rubel zur Ausführung von Regulirungs-Arbeiten im Weichselbett anweisen will. Die Arbeiten würden vornehmlih die Streck2 von der öster- reichischen Grenze bis nah Sawichost betreffen.
__ Aus Tiflis wird gemeldet, daß das geistlihe Oberhaupt sämmtlicher Armenier, der Katholikos Makarios in Etsch- miadsin gestorben ist. j Ftalien.
Die Dep utirtenkammer hat gestern nach längerer Debatte die Verlage, betreffend die Gestattung des Betriebes für das neue „Ftalienishe Bodenkredit-Fnstitut“, durch Erheben von den Sißen mit sehr großer Majorität an- genommen. Auf Antrag des Minister-Präsidenten Marchese di Rudini wurde die dritte Lesung der Vorlage auf nächsten Sonntag festgeseßt. — Jm Verlaufe* der Sißung gab der Kriegs-Minister Pelloux die Erkíärung ab: er werde, sobald die wegen der Explosion des Pulver- thurms eingeleit-te Untersuhung beendet sei, von dem Ergebniß Mittheilung machen. - Der s{chwer verwundete Genie- Kapitän Spaccamela befinde sich nunmehr außer Lebens- gefahr; morgen solle seine Vernehmung erfolgen. Der Minister des Fnnern Nicotera bestätigte die (gestern unter den nah Schluß der Redaktion eingegangenen Depeschen gemeldete) Nach- richt von der am Montag in einer privatenDynamit fabrik bei Millesimo stattgehabten Explosion, bei welcher fünf Mädchen den Tod fanden und eines verwundet wurde. Ein Verbrechen sei hierbei ausgeschlossen.
Schweiz.
Die Vertreter der verschiedenen Gruppen der schweizerischen Großindustrie zur Besprehung der Handels- vertrags-Unterhandlungen mit den Abgg. Hammer und Cramer-Frey sind auf den 4. Mai einberufen, die der Landwirihschaft auf den 6., die der Kleingewerbe auf den 8. Mai. Der landwirthschaftlihe Centralverband be- \hloß, wie man der „Mgdb. H aus Zürich meldet, das. Referendum gegen den Zolltarif anzu:ufen, Falls der Bundes- rath bei den Zollvertrags-Unterhandlungen der Landwirthschaft keine Vertretung gebe. :
Die Aburthe ilung der wegen Theilnahme am Tessiner Aufstande Angeklagten durch das eidgenössische Geschworenengeriht soll, dem „W. T. B.“ zufolge, am. 29, Funi stattfinden.
Belgien. ;
Fn Brüssel ist gestern die internationale Anti- sklaverei-Konferenz eröffnet worden. Jn der ersten Sizung sprachen Msg", Brincat, Coadjutor des Kardinals Lavigerie, Msgr. Crispolti aus Rom und der Bischof von Gent Stillemans. i
Der portugiesishe Gesandte in Brüssel hat gegen die Ausstellung einer Karte, auf welcher das Gebiet des Muata Yamvo dem Congostaat zuzetheilt ist, protestirt, und die belgische Regierung hat, wie „W. T. B.“ meldet, von dem Protest Akt genommen.
Griechenland.
Zu den in Corfu vorgefallenen Ausschreitungen gegen die Juden wird dem „H. C.“ aus Athen ge- schrieben, daß die energishen und dabei doch beruhigenden Vorkehrungen des Nomarchen nicht bloß Wiederholungen der Exzesse verhütet, sondern auh eine relative Beshwichtigung herbeigeführt haben. Energishe Maßregeln der Behörden auf Corfu waren um so mehr geboten, als zu besorgen stand,
daß das aufgeheßte Landvolk nach der Stadt ziehen und \ih-
den Ausschreitungen anschließen könnte; andererseits meldeten Depeschen, daß auch auf Santa Maura und auf A L blutige Gewaltthätigkeiten gegen Juden statt- gesunden hätten, Troß der auf Corfu eingetretenen Beruhigung sei es nit ausgeschlossen, daß die Excesse sih anläßlich der griechischen Osterwoche wiederholen. Manche Leute glauben, daß dieselben einen politishen Hintergrund haben könnten, indem die Juden auf Corfu immer treue An- hänger der Partei Trikupis' gewesen sind und für dieselbe erheblihe Opfer gebracht haben.
Serbien.
Der Oheim des Königs, Graf Hunyadi, welcher als- Gast des Königs im Konak abgestiegen if, stattete laut Mel-
dung des „W. T. B.“ der Königin Natalie einen Besuch ab. i :
Dié Regierung hat das von der bulgarischen Re-
ierung gestellte Verlangen auf Auslieferung des
Emigranten Rizoff abgelehnt, da keinerlei Auslie- ferungsvertrag zwishen Serbien und Bulgarien bestehe und kein derartiger Präzedenzfall vorhanden sei. i Ÿ
Es bestätigt sih, daß der Kriegs-Minister Miletre seine Entlassung gegeben hat; doch ist über ihre Annahme noch nichts entschieden.
Bulgarieu.
Balcanique“ erklärt die von ver- schiedenen Blättern verbreiteten Gerüchte für unbe- dingt erfunden, daß die bulgarishe Regierung bei der Pforte Schritie Behufs Anerkennung des Prinzen Ferdinand zu thun beabsichtige und, Falls dieselben ohne Erfolg bleiben sollten, die Unabhängigkeit Bulgariens proklamiren würde. Die „Agence Balcanique“ ist ermächtigt, zu versichern, daß man vielleicht nirgends, am Aller- wenigsten aber in hiesigen Regierungtkreisen, an irgend welche Schritte Betreffs Anerkennuna des Prinzen oder Proklamirung der Unabhängigkeit denke. Ebenso unrichtig seien auch die Meldungen von angeblihen Truppenbewegungen gegen die serbishe Grenze.
Amerika.
Vereinigte Staaten. Präsident Harrifon nahm- wie „R. B.“ aus San Francisco berichtet, am Sonnabend mit dem General Ruger wegen der von Soldaten in Walka-Walla im Staate Washington begangenen Ausschreitungen (vergl. Nr. 98 d. Bl.) Rücssprache, und sandte später das folgende Telegramm an den Kriegs - Minister Proctor: „Die ffffaire von Walla.Walla läßt die Armeedisziplin in sehr s{lechtem Licht erscheinen. Sollte es sich bewahrheiten, daß der Mob aus Soldaten bestand, so wollen Sie eine Untersuchung ver- anlassen und ermitteln, wer dafür verantwortlih zu machen ist, sowie au die Schuldigen zur Strafe ziehea.“ Jnzwischen meldet ein Telegramm aus Portland, Oregon, vom 26. April noch Folgendes :
Der Commandeur in Walla-Walla, Oberst Compton, ver- sichert, daß er genügende Schritte gethan haben würde, um das Lnchen des Gefangenen Hunt dur die Soldaten zu verbindern, Falls er genügende Kenntniß von dem Sachverhalt besessen hätte. Er ge- denke nichts zu verabsäumen, um die Schuldigen zu bestrafen, und habe dementsprehend den Soldaten verboten, die Kasernen bis auf Weiteres zu verlassen. Die Behörden in Walla - Walla haben an den Kriegs - Minister depeschirt und ihn um soforiige Hülfe gebeten, da Fe nicht im Stande seien, sich gegen das zultlose Militär zu \{üßen. Aus autbentisher Quelle ist ihnen die Mittheilung zugegangen, daß die Soldaten die Absicht hatten, zwei Polizisten, Namens Ames und Morse, sowie die Spieler Holybroke und Taylor zu tödten und die beiden Spielbanken niederzureißen. In dem Fort sind 100 Posten aufgestellt. i i
Der Correspondent des „Herald“ in New - Orleans meldet, daß der Distriktsanwalt Grant seine Untersuchung über das an den italienishen Gefangenen daselbst vollzogene Lynchge richt abgeschlossen und den Bericht nach Washington gesandt hat. Ueber den Jnhalt des Berichts ist noch nichts bekannt. :
Ein Schreiben des Zolleinnehmers in Burlington im Staate Vermont an das Schaßamt geht ausführlih auf die Frage der Einwanderung aus Europa nah den Ver-
Die „Agence
einigten Staaten auf dem Umweg über Canada ein. Der
Zolleinnehmer erklärt darin, er habe Grund zu der Annahme, daß man nach Eröffnung der Schiffahrt auf dem St. Loren z- Strom versuhen werde, das Einwanderungsgeseß zu um-
gehen. Asien.
Japan. Der Großfürst-Thronfolger von Ruß- land ist dem „R. B.“ zufolge am 27. April in Nagasaki eingetroffen.
China. Nath einer Meldung des „R. B.“ aus Peking vom 27. d. M. weigert sih die cchinesishe Regierung den zum Gesandten der Vereinigten Staaten für China er- navnten Senator Blair anzunehmen, weil de:se' be im Senat wiederholt heftige Reden gegen die Chinesen gehalten habe.
Parlamentarische Nachrichten.
Jn der heutigen (110.) Sizung des Reichstages, welcher der Staatssekretär Freiherr von Maltzahn beiwohnte, stand auf der Togesordnung die zweite Berathung des Entwurfs eines Geseßes, die Besteuerung des Zuckers betreffend.
Die Berathung wurde fottgeseßt mit dem zweiten Theile des Geseyentwurfs und zwar mit dem §. 67, wonach für aus- geführten Zucker bis 31. Juli 1895 eine offene Prämie von 1 6 für Klasse a, 1,75 é für Klasse b und 1,40 für Klassec auf 100 kg gewährt werden soll. Fürst Haßfeldt beantragt entsprechende Prämien von 1,25 M, 2,00 M6 und 1,65 A Die Abga. Graf Stolberg und Hult\ch beantragen eine Prämie von 1,50 A für die vier Jahre von 1892—1896, und von 1 für 1897—1900. |
Abg. Graf zu Stolberg-Wernigerode befürwortete seinen Antrag. Die von der Regierung vorgeschlagene Ueber- gangszeit sei zu kurz. Jm Prinzip sei er für den Antrag Haysfeldt, welcher die Prämien „bis auf Weiteres“ bewilligen will, zu billigen. Dieser Antrag habe aber den Nachtheil, daß die Agitation gegen die ofene Prämie, welhe dann im Etat ersichtlih sein würde, von Jahr zu Jahr sich vershärfen würde. Jndessen werde er zunächst für den Antrag Haßfeldt und dann erst für den seinigen stimmen. :
_ Abg. Fürst von Haßfeldt wies darauf hin, daß man die Exportprämie bis auf Weiteres und wenigstens so lange aufrecht erhalten müsse, bis Frankreich die seinige abgescha habe. Die deutsche Zuckerindustrie fónne die Konkurrenz mit Frankreih und den übrigen Staaten ohne eine solche Prämie nit fortsezen und es sei zu befürhten, daß fie in oer Zeit vom Londoner Markt gänzlih verdrängt werden
nnte.
_ Abg. Dr. Witte theilte diese Besorgnisse niht. Die französishe Zuckerindustrie produzire so theuer, daß sie auch nah Aufhebung der deutschen Prämie mit unserer Zucker- industrie niht werde konkurriren können. Seine Partei sei deshalb für die gänzlihe und sofortige Aufhebung der Prämien; die Uebergangszeit von drei oder mehr Jahren helfe der Jndusirie gar nihts, und wie solle si denn die Fndustrie auf den Fortfall der Prämie einrichten,
etwa durch die Einschränkung des Rübenbaues, dur öffentlihe Versteigerung der unrentabeln Fabriken? Er erwarte darüber von der Regierung eine Auskunft. Man möge also die Prämie lieber gleih beseitigen. Dann würde der Weltmarktpreis des Zuckers endlich in ausgléeihender Richtung dauernd gejunden.
Abg. Dr. Orterer empfahl einen von ihm gestellten Antrag, mit dem die Mehrzahl seiner Partei einverstanden sei. Eine Uebergangszeit von fünf Jahren werde hoffentlih genügen, um der FJadustrie den Ueber- gang zur Konsumsteuec zu erleichtern. Eventuell werde das Centrum für die Regierungsvorlage stimmen. Da- gegen sei ihm der Antrag Habßfeldt, der implicite eine Ver- ewigung der Exportprämie enthalte, unannehmbar.
Staatssekretär Freiherr von Maltahn erklärte, daß ihm persfönliÞh — die verbündeten Regierungen würden erst nah der zweiten Lesung zu der Frage Stellung nehmen fönnen — der Antrag Orterer finanzi:ll am Wenigsten bedenklich erscheine, da er nur einen Ausfall von 46 Millionen im Ganzen bedeute, während der Antrag Stolberg dem Reih 80 Millionen kosten würde. Noch bedenklicher sei der Ant-ag Haßfeldt, der die Zucerindustrie auf täglihe Kündigung stellen wolle. Es müsse eine fest umgrenzte Uebergangszeit festgestellt werden, in welcher sih die Jndustrie auf die neue Konsumsteuer einrihten könnte. Stelle ih dann heraus, daß das Ausland seine Prämien nicht beseitigen wolle und daß die deutshe Fndustrie niht konkurrenzfähig sei, so werde man zu prüfen haben, ob niht durch einen neuen Akt der Geseßgebung die Uebergangszeit verlängert werden müßte. ;
Abg. Ulrich erklärte sih Namens der sozialdemokratischen Partei gegen sämmtlihe Amendements der Regierungsvorlage. Die Zuckersteuer müsse überhaupt beseitigt werden.
Abg. von Kos cielski bekämpste die Regierungsvorlage als unzureihend zum Schuße der Zuckerindustrie. Auch der Antrag Orterer reiche niht aus, um die Zuckerindustrie des Ostens zu s{hüßen. (Schluß des Blattes.)
— Jn der heutigen (16.) Des des Herrenhauses welcher der Minister der öffentlichen Arbeiten von Maybach, der Minister des Jnnern Herrfurth und der Justiz-Minister Dr. von Schelling beiwohnten, wurde zunächst an Stelle des Beigeordneten Dietze (Elberfeld) der Ober-Bürgermeister Hammer (Brandenburg) zum Schriftführer gewählt. Erster Gegenstand der Tagesordnung war der Entwurf einer Weg e- ordnung für die Provinz Sachsen, welhe in der XIV. Kommission (Referent Herr von Breitenbach) vor- berathen ift. e
Jn der Generaldiskussion bemängelte Graf von Franken- berg den Jnhalt des Entwurfs, welcher für verschiedene Ordnungsbestimmungen, betreffend den Verkehr auf den Wegen, die Befugniß der Polizeibehörden ofen lasse, woraus eine Verschiedenartigkeit der Polizeiordnungen entstehen werde. Er tadelte ferner, daß über die Kunststraßen und über die Feld- wege keine Bestimmungen in der Vorlage enthalten seien.
Jn -der Spezialdiskussion wurden die einzelnen Para- graphen mit den von der Kommission beantragten Aende- rungen angenommen und darauf der Entwurf im Ganzen.
Auf den Antrag des Freiherrn von Solemacher wurde darauf der Geseßentwurf, betreffend die Bea Lar evang der Fabriken 2c. mit Vocausleistungen für den Wege- bau in der Rheinprovinz, angenommen, nahdem si Namens der Staatsregierung der Geheime Ober-Regierungs- Rath Gamp mit demselben einverstanden erklärt hatte.
Das Haus beschloß darauf, die Landgemeinde- ordnung einer Kommission von 20 Mitgliedern zu übe-- weisen. Es folgte die Generaldisfussion der Vorlage, in welcher Graf Hohenthal si entschieden gegen den Entwurf aussprach, der einer demokratishen Tendenz entsprungen sei; der jezige Minister des Jnnern habe den Wunsch nach einer solhen Landgemeindeordnung wohl {hon lange gehegt und sei jezt plöglih damit hervorgetreten. Er werde daher die Vorlage angebrachtermaßen ablehnen, da eine Novelle dasselbe leisten würde.
Herr von Bethmann erklärte sich für eine gründliche Berathung der Vorlage, die manche Lücken ausfülle. Redner war mit der Regelung des §. 2 einverstanden, soweit er die Zusammenlegung von Gemeinden und Gutsbezirken betreffe, aber nicht mit der vorgeschlagenen Regelung des Wahlrechts, Pen L0UCG die Bauern durch die Büdner majorisirt werden önnten.
Prinz Carolath sah in der Vorlage nur eine Erfüllung der Versprechungen, welche die Regierung bei der Vorlegung der Kreisordnung gemaht habe. Er bestritt, daß dieselbe schädliwe oder gefährlihe Bestimmungen enthalte oder gar radikale Tendenzen offenbare. Jm Gegentheil sei sie durchaus fkonservativ, weil sie das Usebergewiht des Grundbesites sichere, und sehr geeignet, der Sozial- demokratie entgegenzuwirken. Das sei auch gar nicht anders zu erwarten von einem Minister, der lange Zeit unter dem Minister von Puttkamer Unter-Staats- sekretär gewesen sei. Wenn der Minister jeßt Anfehtungen erfahre, so theile er dies Schicksal mit allen Männern, die große Reformen durchgeführt hätten, mit dem Freiherrn von Stein, dem Fürsten Hardenberg, und auch den Grofen Eulen- burg I. und II. (Schluß des Blattes.)
— Jn der heutigen (77.) Sizung des Hauses der Ab: gern ten, welcher der Präsident des StaatsMinisteriums, eihskanzler von Caprivi, der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch, der Finanz-Minister Dr. Miquel und der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden beiwohnten, wurde ein Schreiben des Abg. Neukirch, in welhem derselbe seine Ernennung zum Landgerichts-Rath anzeigte, Behufs der Entscheidung über die Frage der Fort- dauer des Mandates an die Geschäftsordnungs:Kommi]sion überwiesen.
Auf der Tagesordnung stand die Fortsezung der zweiten Berathung des Entwurfs des S A TI Ta Ua balt: Etats für 1891/92 und zwar zunächst „Ministerium für Handel undGewerb e.“ Berichterstatter war der Abg. Graf zu Limburg-Stirum.
Bei dem Kapitel „Gewerbliches Unterrichtswesen, wissen- schaftlihe und gemeinnüßgige Zwecke“ Titel 1 wünschte Abg. Dr, Lotichius die Einrihtung von Schiffershulen an allen größeren Flüssen und eine 2 eilihe Vorschrift, nah welcher alle Schifse an den engen Stellen des Rheins durch Dampfer geschleppt werden sollen.
Unter - Staatssekretär Magdeburg sagte Erwägungen
über beide Wünsche zu.
Abg. Friederihs wünschte eine reihlihere Unterstüßung der gewerblihen Fachschulen. L
Abg. Sombart führte aus, daß die mittleren gewerbe lihen Fachshulen noch zu wünschen übrig ließen; es müßten Provinzial-Polytehniken begründet werden.
Beim Titel 7 „Zushüsse für Fortbildungsshulen“ gab der Präsident des Staats-Ministeriums, Reichskanzler von Caprivi, anknüpfend an die Zuschüsse für die Gewerbe- \hule in Hannover eine Erklärung bezüglih des Welfenfonds ab, in welcher er die bisherige Deduktion der Regierung, daß der Fonds auch zu solhen Ausgaben verwendet werden dürfe, welche mittelbar gegen die Bestrebungen des Königs Georg gerichtet seien, für berehtigt erklärte. Der Reichskanzler stellte für die nähste Session eine Vorlage in Auz sicht, nah welcher eine größere Kontrole über die Ver- wendung möglich sei. A
Es knüpfte fih hieran eine längere Debatte, an welcher sich die Abgg. Rickert, Dr. Sattler, Dr. Brüel, Dr, Freiherr von Heereman, Richter, von Rauchhaupt und Freiherr von Zedliß betheiligten und in welcher der Reichskanzler nah der Rede des“ Abg. Rickert nochmals das Wort ergriff, um dessen Ausführungen entgegenzutreten, (Schluß des Blattes.)
— Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf cines Gesetzes, betreffend die Abänderung einiger Bestimmungen wegen der Pensionirung der Gemeindebeamten in den Landgemeinden der Rheinprovinz, zugegangen.
— Die Kommission des Hauses der Abgeordneten zur Vorberathunz des Antrags Kors ch und Genossen bielt gestern Abend ibre zweite und leßte Sitzung ab. Der Antrag lautet:
Wer ohne ftaatlihe Ermächtigung gewerbsmäßig Loofe oder Loosabscnitte der Königlih preußishen Staatslotterie oder Ur- kunden, dur wele Antheile an solhen Loosen oder Loosabscnitten zum Eigenthum übertragen werden, feilbietet oder veräußert oder zeitweise an einen Anderen überläßt, wird mit einer Geldstrafe von 100 bis 1500 M bestraft. Dieselbe Strafe trifft Denjenigen, welcher ein solches Geschäft als Mittelspecson befördert.
Aba. Eberhard beantragte, das Wort „gewerb8mäßig zu erseßen dur die Worte „in der Absicht, dadurch einen Gewinn zu erzielen“ und folgenden Absay hinzuzufügen: „Die an fh verwirkte Strafe ist, wenn der Thäter \sich im Rüdckfalle befindet, um den Betrag der ihm zuleßt auferlegten Strafe zu erhöhen.“ Abg. Cremer (Teltow) schlug dagegen vor,. einen neuen Paragraph-n an- zunehmen folgenden Inhalts: S i j
Jede Veröffentlihung der Gewinnresultate der nichi mit Königlicher Genehmigung in Preußen zugelassenen außerpreußischen Lotterien, insbesondere auch durch den Aushang in Schaufenstern, wird mit Geldstrafe bis zu £0 6 bestraft. :
Abg. Schmidt (Warburg) beantragte, eventualiter das Gese erst am 1. Oktober 1893 in Kraft treten zu lassen. Abg. Dr. Arendt stellte folgende Resolution: i
Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, I. die Zahl der Lotterieloose der Königlichen Klassenlotterie möglihst noch für das laufende Etatsjahr d-m Bedarf entipre{hend zu erhöhen, Ik. den Vertcieb der Loose der Königlichen Klassenlotterie mit thunlichster Sparsamkeit unter Abänderung des bestehenden Systems der Lotterie» Einnehmer zeitgemäß anzuordnen, III. ihre Bemühungen für den Er- laß eines Reichs8geseßes eintreten lafsen zu wollen, durch welches eine cinbeitlihe Regelung des Staats- und Privat-Lotteriewesens im Reich und innerbalb der Einzelstaaten angebahnt wird.
Eine lebhafte, fast vierstündige Debatte entspann sid über den Gegenstand, in derseiben gelangten die verschiedensten Standpunkte zur Geltung. S@ließlih lehnte die Kommission den Antrag Korsh mit 8 gegen 6 Stimmen ab, den Antrag Eberhard mit 9 gegen 5 Stimmen. Nachdem der Antrag Cremer zurückgezogen worden war, sprachen sich für den ersten Theil der Resolution Arendt 9, für den zweiten und dritten Theil 10 Stimmen aus.
Nr. 17 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, berausgegeben im Ministerium der öffentlichen r- beiten, hat folgenden Inhalt: Palazzetto „la Farnesina“ (Linotta) in Rom. — Unsere Wasserbaubeamten. — Mörtelbereitung beim Bau des Marienthaler Tunnels (Westerwaldbahn). — Amtsgericht in Hennef. — Seehäfen Italiens. — Vermischtes: Preisertheilung der Wettbewerbung für den Neubau eines Realgymnasiums in Gera. — Inhalt von Heft 1V bis VI der Zeitschrift für Bauwesen 1891. — Neue Patente.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Derjenige, welcher si{ mit einem Geschäftsvermittler in Unterhandlung über die Sang eines Geschäfts eingelafsen hat, unter Kenntniß der Thatsache, daß bei dem Zustandekommen des Ge- \{chäfts der Vermittler desselben von dem Gegenkontrahenten Provision erbält, ist, nah einem Urtheil des Reichs8gerihts, VI. Civilfenats, vom 5. März 1891, deshalb nicht ohne Weiteres verpflichtet, den Absch{luß des Geschäftes dur den Vermittler bewirken zu laffen, er kann sich der Hülfe eines anderen ihm genehmeren Vermittlers bedienen oder ohne jede Vermittelung selbständig das Geschäft abschließen. Beispielsweise wird derjenige, welWem der auf Provision gestellte Agent einer Versiherungs-Gesellshaft seine Dienste für den Absch{luß einer Versicherung mit der von ihm vertretenen Gesellschaft anbietet, dadurch nicht gehindert, durch einen Anderen oder ohne die Mit- wirkung eines Agenten mit der Gesellshaft den Versiherungsvertrag abzuschließen ; jener Agent kann von dem Versiherungsnehmer Schad- loshaltung wegen der ihm entgangenen! Provifion niht beanspruchen.
— Forderungen in Bezug auf die Bühnenthätigkeit eines bei einem Theater angestellten S{auspielers oder Sängers, beispielsweise aus der Lieferung von Kostümen an eine Schau- spielerin Behufs Benußung bei ihrer Wirksamkeit auf der Bühne, unterliegen, nach einem Urtheil des Reichsgerihts, VI. Civilsenats, vom 9. März 1891, im Gebiete des preußishen Rechts der zwei- jährigen Verjährungsfrift.
Theater und Musik,
Königliche Theater.
Fr. Sucher, welhe ihre Verpflihtungen für den Monat Mai nach Hamburg rufen, tritt in der Donnerstagsvorstellung der „Sötter- dâmmerung“ zum leßten Mal vor ihrer Abreise im Opernhause auf. In der Vorftellung der Oper „Der Wiederspänstigen Zähmung“ am Sonnabend wird Frl. Rothauser die Partie der Katharina zur Dar-
tellung bringen. Lu __ Berliner Theater.
Wie in den früheren Jahren, so beginnen auch in der näthsten Spielzeit vom 1. Mai ab die Vorstellungen ers um 74 Uhr. — Hans Hopfen's phantastishes Lustspiel „Hexenfang“, das im vorigen Jahre so erfolgreich am Berliner Theater gegeben wurde, wird zur Zeit neu einstudirt.
Lessing-Lheater.
Friedrih Haase spielt am nächsten Sonnabend, dem Tage \scines vorleßten Auftretens, den „Königs- Lieutenant“ zum Benefiz füc
die Pensions- und Unterstüßungskasse des Vereins „Berliner Presse“.