1911 / 71 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Mar 1911 18:00:01 GMT) scan diff

Erwägung, daß dann die landwirtshaftlilßen Korporationen feine Subventionen mehr erhalten hätten, hat wohl manchen für die Wiederbelebung des Syndikats geneigter gemaht. Das Beste an dem dann zustande gekommenen Geseß war noch die Hera enung der Preise. Der Abg. Dr. Noesicke hat heute zum \foundsovielten Male sein warmes landwirtschaftlihes Herz entdeckt; aber im vorigen Jahre stimmten exr und seine Freunde gegen alle Preis- herabseßzungen, und der Bund der Landwirte hatte bekanntlich hon vorher mit dem Syndikat zu erheblih erhöhten Preisen ab- geschlossen. _Weit \{limmer war die ungesunde Vermehrung der Werke, die \ofort eintrat. Als das neue Syndikat gebildet wurde, waren es 68 Werke ; jeßt sind 90 neue hinzugekommen, alfo die Zahl ist mehr als verdoppelt. Wie foll in Zukunft die Ausnußung der Förderung gesehen? Damit ist es noch niht genug, denn 26 weitere Merke sind noch im Entstehen. Die 90 neuen Werke werden 320 Millionen kosten, - ein lediglih im Interesse der Spekulanten, sonst aber völlig nußlos weggeworfenes Geld. Natürlich bemühte man sich, alle möglichen \{lechten Sachen auf. den Markt zu bringen und Gewinne zu machen. Es ist immer unsolider geworden auf diesem Gebiete. Selbst der Felderbesiß wurde vielfach durch Anleihen und Kuxenbesiß gedeckt. Auch die Maschinenlieferanten usw. werden durch Obligationen und Kuxen bezahlt. Dur kleine Bankiers werden die Sachen an alle möglichen Leute gebracht, die kein Urteil über den inneren Wert der Papiere haben, und so ein Schwindel ge- trieben. Solche Papiere werden dur Lagern in der Tat nicht besser. Einer so ungesunden und gefährlichen Bewegung hätte man rech!zeitig vorbeugen können. Das haben Sie (rechts) nicht getan. Ich habe diese Gründertätigkeit im vorigen Jahre klipp und klar vorausgesazt. Die Wirklichkeit hat unsere Befürchtungen noch übertroffen. Selbst die solidesten Werke, nicht einmal der Fiskus kann fich dieser Bewcgung entziehen; das ist immer so bei jeder neuen Quoten- recteilung. Der Bundesrat und der Reichstag haben sich mit diesem Gesetz eine böse Nute aufgebunden. 7 Sigzungen in der Budget- kommission haben wir gebraucht, um jeßt die Sache zu vertiefen. Wir find den Polen sehr dankbar, daß sie uns zu einem fo sach- verständigen Herrn in der Kommission verholfen haben. Das Gesetz hat dem Bundesrat im § 27 eine absolut unlösbare Aufgabe gestellt, nämlich die Verteilung von Propagandageldern. Wie soll die Verteilung erfolgen? Der Bundesrat konnte das nicht, auch wenn er sich den Kopf noch so sehr zerbrochen hätte, au die Kommission kann es niht. Wenn man bestimmt, daß soundsoviel für den Doppelzentner für Propaganda verwendet werden foll, so ist das eine Aufforderung zur Vergeudung. Wir hatten beantragt, die Abgaben wenigstens auf die Hälfte zu reduzieren, aber auch das war zu viel. Es ist auch höchst zweifel- haft, ob der Kommissionsvorschlag hier mit dem Geist und Wort laut des Gesekzes vereinbar ist, und die Vergütung an Kontrolleure und Probenehmer als Propagandamittel anzusehen ist. Es sollen nach dem Kommissionsbeschluß die Propagandagelder verwerktet werden für praktische Versuhe und wirtschaftlilze Arbeiten und Ver- anstaltungen zur Hebung des Kaliabsaßes. Hier ist offenbar hinter Arbeiten das Wort „für“ vergessen. Wir beantragen ausdrückli, diese Lücke auszufüllen. Die wissenschaftlihen Arbeiten bestehen zum großen Teil in Lchtbildern der Wanderredner, die in wenigen Tagen zurecht gemacht werden. Daß das alles wissenshaftlich ist, wird man niht behaupten können. Ich habe eben von einem der hervorragendsten Männer der Wissenschaft einen Brief erhalten. Er schreibt mir, daß die 700 000 4 als Beitrag zu den Kosten der Untersuchung von Empfängerproben nach näherer Bestimmung des Bundesrats viel zu hoh wären, auch die übrigen Summen: und die landwirts{haftlißen Korporationen haben für Propaganda das ihnen früher reflossene Geld zu diesem Zwecke gar niht verbrauht. Man tut immer fo, als wenn die Kali- düngungen allein zweckentspreWßend wären. , Es gibt auh Fälle, wo diese Düngungsart unpraktisch, und die Stickstoff- und Phosphordüngung vorzuziehen is. Dringend notwendig ist au nach der Meinung des Kalisyndikats die kaufmännishe Propaganda, und: «die U nas erbalten. Es i mit dem Wesen des Gesetzes nicht vereinbar, einen bestimmten Betrag herauszunehmen für die Propaganda der landwirtschaftlihen Organisationen. Die wissenschaftlihen Versuche auch der sogenannten Männer der Wissenschaft dienen nicht mehr der Wissenschaft. Ich habe wohl gehört von dem Streit der Professoren Sorxhlet in München und Wagner in Darmstadt. Der erstere hat nachgewiesen, daß von 92 einzelnen Versuchen über Kali 32 nachträglich korrigiert, d. h. gefälsht worden sind. Es i ein Prozeßverfahren eingeleitet worden, natürlich nicht gegen Professor Sorhlet, sondern gegen Wagner. Warum is es nihcht zu einer Privatklage gekommen? (Vizepräsident Schult bittet, auf private Angelegenheiten nicht einzugehen.) Der Verband der landwirtschastlihen Versuchs anstalten hat den Professor Wagner aufgefordert, sich zu äußern; er ist darauf aus dem Verbande ausgetreten. Das läßt tief blicken, würde Sabor gesagt haben. Die deutsche Landwirtschafts gesellshaft treibt seit 1895 ein großes Vermittlungs8geschäft in Kalidünger usw. Jn das Handelsregister hat sie sich aber erst einige Jahre später eintragen lassen. Der preußische Land wirts{aftsminister ist allerdings Vorsitzender, und der Ministerial direktor Thiel sein Stellvertreter. Die Lc ndwirtschaftsgefellschaft ist der Handelsagent des Kalisyndikats (Vizepräsident Schulh bittet den MNedner, niht von der Sache abzuschweifen), und als solcher muß sie die Interessen des Kalisyndikats wahr nehmen, und das hat sie redlih getan. Ob die Interessen der Landwirtschaft dabei gut fuhren, ist eine andere Frage. Die Land wirtschaftsgesellschaft is wenigstens bestrebt wesen, wissenschaft lihe Versulße zu machen; sie hat auf diesem Gebiete sehr Gutes geleistet. Me 0 1 o M TIMNO, Da Ne N in ein solches Abhängigkeitsverhältnis zu einem Syndikat begibt. Sie hätten durch Reichsmittel unterstüßt werden müssen, und selbst der Staatssekretär Wermuth würde dagegen nichts einzuwenden haben (Nufe : Na, na!), oder es würde ihm wenigstens nichts helfen. Was hat denn der Bund der Landwirte für wissenschaftliche Zwecke geleistet ? Politishe Vereine müssen von der Beteiligung an den Propaganda- geldern ausgeschlossen werden. Der Abg. Dr. Noesicke hat gesagt, der Bund der Landwirte sei ein wirtschaftspolitischer Verein, nicht ein parteipolitisher. Das behauptet auch das Statut des Bundes, im Nachsat aber ist ausgesprochen, daß die Leute des Bundes gewählt werden. Im Neichshandbuch steht zu lesen, daß Dr. Noesike Hospitant der fonservativen Partei ist. Ein Herr, der aus dem Bunde ausgetreten ist, batte {on bei der Gründung den Eindruck von der allzu durchsichtiaen Unwahrhaftigkeit in der beständigen Versicherung, daß der Bund der Landwirte kein politisher Verein sei. Der Polizei- präsident hat dem Bunde bescheinigt, daß er kein politischer Verein sei. Das war ungefähr um die Zeit, als ein Staatsfek.ctär sih in die Oeffentlichkeit flüchten mußte, um sich gegen die politische Polizei zu {üßen. Ueber die Frage, ob ein Verein ein politisher Verein ist oder nicht, könnte doch das Verwaltungsstreitverfahren erhoben werden. Der Bund selbs hat geschrieben, daß ihm die Propagandagelder zufließen, und daß diese zu politischen Zwecken verwendet werden. Allerdings hat er fsich dur die Berkaufsstelle deden wollen. Das i] nur eine formelle Einrichtung, um die Vorschriften des Gesetzes zu umgehen. Die Entziehung der Korporationsrehte is beim Bund der Landwirte unbedingt notwendig. (Vizepräsident Schul bemerkt, daß dies nit zur Sache gehört.) Hat der Bund der Landwirte die Schenkunassteuex bezahlt, die er von der Verkaufsstelle, die ja eine selbständige juristishe Person sein soll, erhalten hat ? Jch nehme an, das ihm sonst alle Strafen wegen Steuerhinterziehung auferlegt werden. (Vizepräsident Schulß : Dies gehört zum Etat des Reichs\chatzamts.) Ich werde der Mahnung des Präsidenten folgen und die Frage dann erneut anshneiden. Es is doch nicht gleihgültig, ob Gelder vom Kalisyndikat bezahlt werden, das natürlih freie Hand hat, oder aus der Reichskasse. Wenn die Abgabe in die Reichskasse fließt und vom Bundesrat verwaltet wird, so ist es eine einseitige Unterstüßung politischer Be- strebungen, wenn Propagandagelder an den Bund der Landwirte ge- zahlt werden. Die Behandlung der Frage, inwieweit eine Abhängig-

machung der einzelnen landwirtscaftlihen Genossenschaften von den drei großen Verbänden besteht, will ih Dr. Heim überlassen, der sie angeschnitten hat. Wir wollen nicht, daß man diese kleinen Genossen- schaften künstlih und mit Gewalt in die großen Verbände hinein- zwingt, das bezweckt unser Antrag. Uns liegt daran, die Freiheit zu wahren, und ein Zusammenschluß taugt der Landwirtschaft nur dann, wenn er freiwillig ist und nit mit dem Geldbeutel erzwungen wird. Nichts beweist Aae die Unsinnigkeit des Fonds als die ein- getretene Absaßsteigerung, die ohne Zahlung eines Pfennigs aus dem Fonds erfolgt ist. Die Feststellung, ob ein Verein politis ist, würde Sache der Polizei sein. Beim Vereinsgeseß ist es ja ebenso. I kann mir denken, daß dann in verschiedenen Bundesstaaten ver- schieden über ein und denselben Verein geurteilt wird. Das müssen wir eben in den Kauf nehmen. Wenn wir zu dem Prinzip kommen, aus der Reichskasse Subventionen an politishe Vereine zu zahlen, wo fangen wir an, und wo hören wir dann auf? Auf eine folche \chiefe Ebene soll fich eine Reichsregierung nicht begeben.

Abg. Dr. Arendt (Rp.): Wir haben hier niht über das Kali- geseß zu beraten, sondern wir befinden uns in der zweiten Lesung des Etats. In der guten alten T auf die der Abg. Gothein hin- gewiesen hat, betrahteten es alle Parteten als ihre erste Pflicht, den Neichsetat rechtzeitig fertig zu stellen. (Lebhafte Zustimmung rets, Lärm und Unterbrehung links, Zurufe.) Sie werden doch nit behaupten wollen, daß die Rechte mehr geredet hat wie die Linke. (Fortdauernde Unterbrehung links. Rufe: Jawohl !) Das können Sie nicht, denn es entspriht den Tatsachen. Die Folgen einer Verzögerung der Fertigstellung des Etats sind so s{hwerwtegend, daß das Neichsinteresse von jedem fordert, fich in seinen Ausführungen Maß anzulegen. Ih mache nur darauf aufmerksam, daß in diesem Etat 5 Millionen für die Veteranen enthalten find. Um jeden Tag, den der Etat später fertig wird, wird die Auszahlung dieser Beihilfen verzögert. Die Er- fahrungen mit dem Kaligeseß reihen noch nicht aus, um jeßt bereits an eine Abänderung denken zu können. Eine Diskussion darüber hat keine praktishe Bedeutung. Die ganzen Erörte- rungen in der Budgetkommission und hier hätten unendlich kürzer fein können, wenn man si vergegenwärtigt hätte, daß es #ich bier durhaus niht um Reich8gelder handelt, daß das Reich vtel- mebr bier nur der Treuhänder ist, der Gelder für die Industrie empfängt, um fie wieder für die Industrie zu verausgaben. Das sieht der § 27 des Kaligeseßes vor, und wir können ohne Gesetzesänderung über die Gelver gar niht anders bestimmen. Selbst verständlich dürfte man einer Korporation, wie dem Bund der Land- wirte, keine Gelder zuweisen, es ist aber auch gar nicht zu bezweifeln, daß cs sich hier niht um eine Zuwendung an den Bund der Land- wirte als solchen handelt. Es handelt ih nur um die Fortführung eines bestehenden Zustandes. Die Herren an der Spiße des Kalisyndikats stehen sicher dem Hansabund näher als dem Bund der Landwirte. Wir haben aber gehofft, daß wir auf diese Weise den Kaliabsaß am besten fördern. Will man dem Geseß entsprechen, so kann man nicht anders verfahren, als es durch die Anträge der Budgetkommission ge- schieht. Durch den freisinnigen Antrag würden wir der Absicht des Gesetzes direkt zuwiderhandeln. Die kleinen Verbände sind sämtlich ebenso politis wie der Bund der Landwirte. Ich kann mih nah jeder Nichtung den Ausführungen des Abg. Bärwinkel anschließen. Fcch mache den verbündeten Negierungen keinen Vorwurf, daß sie ein Pauschale in den Etat eingeseßt haben. Wir haben uns bemüht, zu \pezialisieren, und ih bin damit einverstanden. Uebrigens handelt es fich bei den Beihilfen von 1 100000 4 um keine Mußvorschrift. Der Uebershuß kann in den Reservefonds fließen. Ich habe in der Kommission für die Schutgebiete niht 100000 #, sondern 200 000 A zu bewilligen beantragt. Ich bedauere, daß die Nationalliberalen diesen Antrag wieder eingebracht haben ; ih halte es für verfrüht, weil der Kolonialstaatssekretär zwischen der zweiten und dritten Lesung eine ausführliche Ermittlung

über die Notwendigkeit einer großen Summe anstellen soll und daraufhin die Parteien în der dritten Lesung einen Antrag auf Erhöhung eventuell stellen könnten. Ich bitte, den Antrag vorläufig zurück- zuziehen. Jch bitte Sie, auch die übrigen Anträge abzulehnen. Gine Besserstellung der kleineren Organisationen durch Abänderung der Skala wünsche auch ich. Aber die jeßige Skala ift nicht durch den Bundesrat, sondern durch das Kalisyndikat eingerichtet, und es ift dabei lediglich von geschäftlichen Rücksichten ausgegangen und wtrd daher seine {hwerwiegenden Gründe gehabt haben. Wir können des halb nicht so ohne weiteres eine Grenze von 20000 dz einsehen. Der Abg. Gothein ift Streit der Professoren Sorhlet und Wagner eingegangen. Bisher war es Gepsflogenheit des Reichstags, in ein \{chwebendes gerichtliches Verfahren nicht ein zugreifen. Da es sih hier um Industrie-, nicht Neichsmittel handelt, fo müssen wir uns darauf beshränken, zu verlangen, daß die Gelder lo verwendet werden, wie es dem § 27 des Kaligeseßes entspricht. Mir hoffen, daß damit der Sache am besten aedie

Abg. Korfanty (Pole): Es ist nicht richtig, daß

ih an mich gewandt hat, um in die Kommission Ffommen. Un der guten Sache zu dienen, habe ih es für meine Pflicht gehalten, ihm meine Stelle in der Budgetkommission abzutreten, denn dec Äbg. Heim ist einer der besten Kenner auf diesem Gebiete. Diese Abtretung hat bercits ihre auten Grfolge gehabt; ein Beweis dafür ist die Nede, di gestern der Abg. Spe hier gehalten hat. Erst nachdem der Abg. Heim seinen Vortrag gehalten hatte, bat die Kommission ein rihtiges Bil von der Sache bekommen. (Vizepräsident Dr. Spahn bittet d Redner, nicht von der Sache abzuschweifen.) Mit der Etatisicrung der Negierung konnten wir uns auch nicht einverstanden erklären. Der Gedanke des sozialdemokratischen Antrages, die ganze Einnahme für soziale Zwecke zu verwenden, ist uns ja sympathisch, aber wir müssen im Interesse namentlih der kleineren Landwirte darauf dringen, daß Propagandagelder zur Verfügung stehen. Anderseits müssen wir verlangen, daß all e Organisationen berücksichtigt werden, sofern sie nahweisen, daß sie die Gelder tatsählich zu Propaganda zwedcken verwenden. Es darf auch keine Nücksiht darauf genommen werden, in welcher Sprache die Propaganda betrieben wird. Der Antrag Ablaß is uns bedenklich, weil wir befürhten , daß die preußishe Regierung auch in diesem Falle unsere wirtschaft lien Organisationen ohne weiteres für politishe erklären wird. Dagegen ist s der Verwendung der V

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eine sorgfältige Kontrolle de Dro pagandagelder unbedingt notwendig.

Abg. Hilpert (Süddeutscher Bauernbund): Auch die kleinen Landwirte haben ein großes Interesse an der wissenschaftlichen Förde rung der Kalifraae, um daraus die notwendigen Konsequenzen tür die praktische Verwendung der Kalisalze zu gewinnen. Durch das Kali gesct sind die Preise wesentlih herabgeseßt worden, diese Preise noch weiter zu ermäßigen, ist Aufgabe der landwirtschaftlihen Organi sationen. Politish sind diese gewiß niht, auch kann der Bundesrat darüber keine Entscheidung treffen.

Abg. Dr. Heim (Zentr.) hat mit Unterstützung einiger Mitglieder

des Zentrums, der Polen und Elsasser folgenden Antrag eingebracht : „die verbündeten Regierungen zu ersuhen: die Höhe der Abzüge für die Abnehmer größerer Mengen Kalifalze gemäß & 91 des Kaligeseßes baldigst zu bestimmen; die Staffelung der Nabattsäße möglihst in gleihmäßigen Abständen auf- zubauen und den höchsten Nabatt bei Bezug * von 290000 dz reinen Kalis zu gewähren, die Probenahme- bestimmungen gemäß § 21 des Kaligeseßzes baldigst zu ver- öffentlißen und den seit Jahren geltenden Beslimmungen ver- wandter Industrien (z. B. der vereinigten Thomasmehlfabriken) anzupassen, die Zuwendungen an inländische Korporationen 2c. nur egen Berwendungsnahweis zu gewähren und fie direkt an diese Korporationen usw. auszuzahlen unter Umgehung übergeordneter, speziell zum Kalibezug gebildeter Großeinkaufêsveretnigungen.“ Es war der ausgesprochene Wille der Mehrheit, die den § 27 angenommen bat, taß die dadurch aufkommenden Mittel nur Verwendung finden sollen zur Bestreitung der Unkosten und für Propagandazwecke. Auch im Plenum i1t dies zum Ausdruck gebraht. Der Auffassung der Budgetkommission, es könnte aus diesen Mitteln auch etwas für die allgemeine Reichskasse

abfallen, ist widersprochen worden, und muß auch ich wider- \prehen. Reserven haben, überhaupt keinen Sinn. Wenn wir Mittel für bestimmte Zwecke, in diesem Falle für die Propaganda, zur Verfügung haben und diese in der Gegenwart vorteilhaft verwendet werden können, so darf man sie doch nicht ander- weit festlegen. Es ist {on auf die Gefahr hingewiesen worden, daß auh im Ausland Kali gefunden werden könnte. Eben deswegen müssen wir im Ausland eine sehr intensive Propaganda treiben mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln, damit wir daun den Markt schon beseßt PAbe In der Budgetkommission hat sich schritt. weise eine ganz bedeutende Annäherung an meine Anschauungen ergeben. Ich habe den weitestgehenden Antrag hinsichtlih der Ver- wendung der Gelder für Auslandspropaganda gest-Ut, 700 000 M. Die bisherige Auslandspropaganda war unzweckmäßig, weil sie ver- säumte, die Aufklärung direkt in den fremden Staaten vorzunehmen unter Umgehung von Fabrikanten und dazwischen gehobenen Ver- kFaufsvereinigungen. Die amerikanishen Bauern find in ganz \frupelloser Weise von den Händlern übers. Dhr gehauen, fie haben ibnen eine Mischung mit etwa 2 9% Kali zu ganz hborreuden Preisen in die Hände gegeben. Bereits im vorigen Jahre habe ih dem Kalisyndikat aus der Art der Auslandspropaganda einen Vorwurf gemaht. Die Propaganda kann ausgeführt werden von staatlihen oder Privatanstalten, auch von Säu dlotverelnläimabt, die Hauptsache ist, daß jemand nachweist, er hat neue Wege gefunden. Jedem foll man etwas geben, der etwas leistet, fei es auf dem Ge- biete der wissenschaftlichen oder der faufmännishen Propaganda, Ohne Ueberhebung darf ich sagen, daß binsihtlich des bisherigen Qustandes im Punkte der Verwendung der Propagandagelder fo lange keine vollständige Klarheit in der Kommission bestand, als bis ih eingetreten war. “Daraus mache ih niemand einen Vorwurf, denn man kann die Verhältnisse nur aus der Praxis kennen. In den alten Verträgen, die vor dem Kaligeseß zwischen den großen Ver- bänden und dem Kalisyndikat abgeschlossen wurden, wurde der böte Nabattsat konzediert bei 12000 dz. Ich habe meinen Augen nicht getraut, als diese Menge nach Erlaß des Kalt- geseßes auf 5000900 dz erhöht wurde. Bei einem folhen un- natürliGßen Sprung denke ich mir doch etwas. Vielleicht war es ein Fehler von mir, daß ich mir dabei etwas gedacht habe. Dieser Syrung ist nicht vom Kalisyndikat vorgeschlagen, fondern von den großen Verbänden. Die kleineren Verbände, die vielleißt einen Verbrauch von 20- bis 30000 dz haben, sind dur) die Nabattskalen gezwungen, fich einer höheren Organisation anzuschließen, wenn sie zu den höchsten Nabattsäßen gelangen wollen. Die Rabattpolitik war das Kompelle für die kleinen Berbände, #ch übergeordneten Organisationen zu “unterwerfen, Fn meiner Nesolution schlage ih vor, die Zuwendungen an landwirt- \chaftlihe Korporationen sollen nur gegen Verwendungsnachweis ge- währt werden, und übergeordnete Großeinkaufsvereinigungen soll man dabei umgehen. Wird der Verwendungsnachweis gefordert, dann ent- fallen au alle Bedenken des Abg. Gothein. Wenn dann ein politischer Berband etwas erhält, so stört es niht. Er muß ja genaue Ab- rebnung vorlegen. Die Nabattsäte müssen natürlih in fich ‘be- gründet sein, und die Staffelung darf niht tendenziós ausgenußt werden. Bet 500090 dz würden nur fünf Verbände den böchsten Nabatisaß erreihen, während 20000 dz von 809/69 aller in i %t fommenden Organisationen überstiegen wird, und es möglich ist, daß \sih zwei oder drei kleine Korporationen zusammenschließen. Fch bedauere, daß die Regierung noch nicht Zeit gefunden hat, gemäß des Kaligeseßes die Probenahniebestimmungen zu veröffentlichen n feit Jahren geltenden Bestimmungen verwandter Industrien anzuvassen. Ich muß nun gegen meinen Willen einen etwas mel persönlichen Ton anschlagen. Der Abg. Hue hat auf einen Artikel hingewiefen, der mir von gewisser liebevoller Seite gewidmet worden ist. Ich bin ihm deshalb niht gram. Mein Zwischenruf „Lüge“ bezog fich auf den Artikel, niht auf den Abg. Hue. Wenn ih mir hier Neserve auferlege, so geschieht es nur, weil ich unter dem Schuße der Immunität \tehe, draufen würde anders fsprechen, wenn man mir mit offenem Visier gegenträte. Der Artikelshreiber muß wissen, daß ih dc ganze * Jahr 1907 ein \chwerkranker Mann war. Ich nehme an daß - er ‘ein sehr Mristliher Mann Urt. Gr nimm feine Notiz davon, daß ih 1908 nahezu in demselben Zustand wa1 Er nimmt auch keine Notiz davon, daß ih auch in dem i Landtag zurückgehalten wert Dann aber bin ih nach Berlin Kolonialetat gereist; 1909 kam ich hierher, als die Neichsfinanzreform zur Enischeidung stand. Es ift ein wesentlicher Umstand, ob jemand in der hen Lage ift, ein reiner Berufs volitifer zu fein oder ni von Hause nur mit den fort. bin nicht so erfeglih, wi mit Kleister unt arbeitet. Bon die! hat die zuständige 58 is mir vorgeworfen w wenn cs i etwas handelte, was mi ressiert if l Unwahrk erzielen, vern öffentlich festite YBrwenantcil zum Unterhalt für hindurch von staatlich gevrüften garantiere ih Ihnen, wird keine é dort Knaben vo: L bis 18 Zabre für cine vierte Wintershule wesentlibe en cinen landwirtschaftlihen Fortbildungékursus für m tauernsöbne, ferner ständige Haushaltutgsschulen für 58 gibt keine Genofsenschafts8zentrale, deren Tätigkeit der Politik so at wie die unserige. Wenn ich erst mehr Geld r i) mi wit dem kühnen Gedanken, e!n2- Wanderbühne einzurichten, il gute Theater den Leuten nicht zugängig find. Ferner konstatiere Ich selbst bin mit keinem roten Heller an irgend- beteiligt. Nichtig ist, daß ih in einem Aus Bevor ich dieses Amt übernabm, habe ih der Stelle gegenüber fategorisch erklärt, daß ich Bedingung in meiner Haltung mich irgendwie als Al eordneter beeinflussen lassen werde in allen Fragen, die die Kaligescügebung betreffen. Ferner habe ih, bevor ich das Amt annahm, demjenigen, der mir die Offerte machte es handelt si um einen langjährigen Besiß und darum, daß Fusionen vorgenommen werden follten, wofür die Herren keinen Sachverständigen hatten —, aesaqt, ich werde mich zunächst an Kollegen wenden, denen ich ein Urteil in der Beziebung zutraue, und ich habe mich an die Kollegen Erzberger und Müler-Fulda gewandt. Es hat monatelang gedauert, bis ich die betreffende Stellung angenommen habe. Der Adg. Erzberger hat nichts dagegen gehabt, daß ih in die Budgel fommission fam, denn er hat sich, wofür ih ihm danke, um etnen Sig für mich bemüht; auch der Abg. Müller-Fulda hat dies getan. Noch viel \{werer ist ein anderer Punkt. Es heißt nämlich în dem Artikel, ih sei an den Erträgnissen der Zentralgenossenshaft durch den Bezug von Tantieme und daher auch an der BVcr teilung der Gelder interessiert. Wenn der Herr nicht gewußt hätte daß dies nit so ist, so hätte er nicht gesagt, „er nähme an“, daß es so wäre. Weil er aber wußte, daß es nicht so ist, hat er „angenommen“. Ich konstatiere, daß ih niemals weder Tantieme bezogen habe in meiner Genossenschaft, noch beziehen werde. Keinen roten Heller! Der Herr wußte das um so besser, als cs dreimal im Prozeß festgestellt ist. In meinem ganzen Geschäft gibt es kein Geheimbuh. Von der ganzen Zentrumspre}||e haben jenen Artikel auch nur drei Blätter aufgenommen. Die An- nabme des Artikelschreibers is das Perfideste, Gemeinste und Niedrigste, was man in einer Polemik bieten kann. Der weiler Verlauf der Sache ist ein einfacher: ist der betreffende ein Mann, nicht ciner, der nur Hosenröcke trägt, so weiß er, was er zu tun hat, ist er keiner, dann ist es hade um die Tinte, die ér verschrieben hat.

Die Diskussion wird geschlossen. (Schluß in der Zweiten Beilage.)

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Zweite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

M 71.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Es folgen persönliche Bemerkungen der Abgg. Gothein, Rösicke, Dr. Arendt.

Zur Geschäftsordnung zieht der

Abg. Dr. Arning (nl.) seinen Antrag, der zur Förderung tropisher und subtropisher Kulturen 200 000 6 und zur Bildung cines Neservefonds ebenfalls 200 000 6 auswerfen will, zurück.

Abg. Lebei¿ (Soz.) bedauert, durch den Schluß der Debatte nicht zum Wort gekommen zu fein.

Jn der Abstimmung werden nah dem Antrage der Kom- mission zur Deckung der dem Reiche aus der Ausführung des Kaligeseßes über den Absaß von Kalisalzen erwachsenden Kosten 500 000 /6 bewilligt. Zu dem Titel 2, der für praktische Versuhe sowie für wissenschaftlihe Arbeiten und Ver- anstaltungen zur Hebung des Kaliabsaßes nah näherer Be- stimmung des Bundesrats für das Jnland eine Million Mark, davon an landwirtschaftlihe Korporationen, Genossenschaften und Verbände 600 000 #6 vorsieht, wird der Antrag Ablaß, der hinter den Worten „arbeiten und“ das Wort „für“ einschalten will, abgelehnt. Ueber den Antrag Ablaß: Organisationen, die politishe Zwecke verfolgen, dürfen weder mittelbar noch unmittelbar Propagandabeihilfen er- halten, wird nach einem Antrage Müller - Meiningen namentlih abgestimmt werden, und zwar nah dem Vor- schlage des Präsidenten bei Beginn der morgigen Sigung. Dasselbe wird bezüglich des Antrages Albreht und Gen. (Soz.) geschehen, der eine Aenderung des § 27 des Kali- geseßbes nah der Richtung will, daß die Abgabe der Reichskasse zugeführt und für fozialpolitishe Zwecke verwendet wird. Weiter werden nach dem Vorschlage der Kommission zur Förderung von tropischen und subtropischen Kulturen in den deutshen Schußgebieten 100 000 46, zur Propaganda im Aus- lande 2 Millionen Mark, zur Vergütung an von der Ver- teilungsstelle zu bestellende Kontrolleure und Probenehmer 100 000 4, als Beitrag zu den Kosten der Untersuchung von Empfängerproben nah näherer Bestimmung des Bundesrats 700 000 #& und zur Bildung eines Reservefonds 300 000 6 bewilligt.

Die von der Kommission vorgeschlagene Resolution wegen Vorlegung einer Denkschrift über die Entwicklung der Kali- industrie und über die Entwicklung ihrer Arbeiterverhältnisse Die Resolution Heim gelangt mit einem

‘die verbündeten MNegierungen zu ersuchen, die Höhe der Abzüge für die Abnehmer größerer Mengen Kalisalze gemäß § 21 des Kaligesetes baldigst zu bestimmen mit der Maßgabe, daß von den Abzügen an die Verbrauher Nückgewährungen geleistet werden dürfen.“

Der Präsident {lägt hierauf vor, die nähste Sißung Donnerstag um 1 Uhr abzuhalten, mit der Tagesordnung: Nament- lide Abstimmungen über die Kaliresolutionen und Kolonialetat.

Abg. Freiherr von Gamp (Neichsp.) bittet mit Rücksicht auf die Budgetkommission, die Sißung erst um 2 Uhr beginnen zu lassen. Nach kurzer Geschäftsordnungsdebatte bleibt es bei dem Vorschlage des Präsidenten.

Präsident Graf von Shwerin-Löwitß: Es sind gestern und leute einige Telegramme eingegangen aus Anlaß des 40 jährigen Bestehens des Reichstags. Vom Deutschen Nationalverband des

Abgeordnetenhauses is folgendes Telegramm ein-

österreichischen österreihischen Ab-

gegangen : „Der Deutsch - Nationale Verband des | Reichstag anläßlich das berzlihste zu

( + 5 S

geordnetenhauses beehrt \sch, den Deutschen der Feier seines 40 jährigen Bestehens auf beglückwünschen.“

Ih habe mir gestattet, darauf zu antworten :

„Dem Deutschen Nationalverband \prehe ih für seine fehr freundlide Beglückwünshung den allerherzlihsten Dank des Deutschen Neichstags aus.“

Ferner ist folgendes Telegramm eingelaufen :

„Der zurzeit in Berlin tagende Seeschiffahrtstag, die Ver- tretung der Seeschiffahrtskreise, entbiectet dem Präsidenten des Deutschen Reichstags die herzlichsten Glüdckwünsche zum 40 jährigen Bestehen der deutschen Volksvertretung."

Jh habe mir gestattet, darauf folgendes zu erwidern :

„Dem Deutschen Seeschiffahrtsverein \sprehe ih für die freund- lihen Glückwünsche den verbindlihsten Dank des Deutschen Reichs- tags aus,”

Ih mödte dazu noch eine kurze Bemerkung machen. Die Jahrestage des Bestehens des Reichstags sind bisher als eigentliche ubiläen niht angesehen worden. Auch der 30. Jahrestag hat von dieser Stelle aus keine Erwähnung gefunden. Ich habe mi, um in dieser Hinsicht die Traditionen des Reichstags nicht zu durchbrechen, gestern morgen bei Beginn unserer Sißung auf die kurze vom Herrn Abg. Dove ganz zutreffend als mehr kalkulatorisch bezeichnete Erwähnung beshränkt. Nachdem indessen dieser Tag von verschiedenen Seiten als ein gtenswerter aufgefaßt worden ist, so will ich mir dazu heute im anschluß an die beiden soeben verlesenen Telegramme noch eine ganz turze Bemerkung gestatten. Meine“ Herren, zweifellos ist die geseßgeberisWe Arbeit, die der Deutsche Reichstag in diesen 40 Jahren seines Bestehens geleistet hat, eine große, und die Entwicklung, die das Deutsche Reih auf Grund dieser Geseßz- gebung erfahren- hat, ist, wie ih dies in meiner Nede zum Geburtstag Seiner Majestät des Kaisers näher dargelegt habe, eine gewaltige. Aber niht minder groß sind auch die geseßgeberishen Aufgaben, die heute dem Neichstage obliegen und auf deren baldige Lösung das deutsche Vaterland hofft. Möge es der Arbeitsfreudigkeit und der Arbeitstreue des Reichstags vergönnt sein, auch in dieser Hinsicht Nl bezug auf die jeßt zur Wsung vorliegenden gesetzgeberischen gf ggaben die Hoffnungen des Vaterlandes zu erfüllen, um fo die rbeiten des Reichstags auch jeßt niht minder rutorngae t ge- A leser

stalten als in den hinter uns liegenden 40 Jahren. Voffnung schließe ih die Sitzung. G Schluß 8/, Uhr. Nächste Sißung Donnerstag 1 Uhr. (Namentliche Abstimmungen; Kolonialetat.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 55. Sißung vom 22. März 1911, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sizung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Es folgt die Beratung des Antrages der Abgg. E cker- Winsen (nl.) und Genofsen:

„die Negierung zu ersuchen, die Schaffung eines nord- deutshen Naturshugparks durch den Verein „Naturschug- park“ in der Lüneburger Heide durh Gewährung einer laufenden Beihilfe sowie durch die Angliederung fiskalisher Forsten zu er- möglichen“.

Abg. E cker- Winsen (nl.) weist zur Begründung seines Antrages auf die bisherigen Bestrebungen des Vereins „Naturschußzpark“ hin und wendet sih gegen die Bedenken, besonders diejenigen finanzieller Natur, die gegen den Antrag in der Oeffentlichkeit erhoben worden sind.

, Abg. Freiherr von Wolff Metternich (Zentr.) erklärt, daß seine Freunde dem Antrage sympathisch gegenüberständen. Etwaige finanzielle Bedenken könnten in der Agrarkommission geprüft werden.

Abg. Dr. Schepp (forts{chr. Volksp.) stimmt dem Antrage voll fommen zu und erflärt fih gleichfalls für Ueberweifung desseiben an die Agrarkommission.

Minister für Landwirtschaft, Dr. Freiherr von Schorlemer:

Wenn der Antrag des Abg. Ecker (Winsen) der Agrarkommission überwiesen wird, so werden wir ja dort noch Gelegenheit haben, die Einzelheiten des Antrags eingehender zu besprehen. Aber gegenüber der großen Begeisterung für die Begründung eines Naturshußparks, die sih nit allein in dem Verein selbst, sondern auch in der Presse und, wie mir scheint, auch in diesem Hause geltend macht, halte ih mich auch heute {hon verpflihtet, auf gewisse Bedenken hinzuweisen, die der erhofften, besonders reichhaltigen Unterstüßung dieses Vereins und seines Unternehmens seitens der preußishen Staatsverwaltung entgegenstehen.

Ich habe bereits bei früherer Gelegenheit erwähnt, daß die Ansichten darüber, ob das in Frage kommende Gebiet sich ganz be- sonders und an erster Stelle für die Gründung eines Naturschut- parkes eignet, doch nicht ungeteilt find. Es handelt sich um eine zum Teil sehr wenig fruhtbare Fläche, und es ist mindestens zweifelhaft, ob es mögli ist, ohne weitere Bearbeitung und ohne umfassende Tätigkeit der Forstverwaltung die zum Teil jeßt {on aufgeforsteten Flächen weiter in Kultur zu halten. , Es hat sich aber troßdem die Forstverwaltung {on dem Vereinsvorstand gegenüber grund\äßlih damit einverstanden erklärt, den in das Vereinsgebiet fallenden Wald in Zukunft so zu bewirtschaften, daß diese Bewirtshaftung mit den Zwecken des Vereins in Einklang gebracht werden kann. In dieser Beziehung wird also dem Wunsch des Vereins wohl sicher entgegen- gekommen werden können.

Aber im übrigen {eint die ganze Finanzierung des Plans doch noch eine so unsihere zu sein ein großer Teil der Einnahmen ist basiert auf einer Lotterie, deren Genehmigung vorläufig abgelehnt ift, und deren Genehmigung auch dem wiederholten Antrag gegenüber voraussichtlih niht zu erwarten ist —, daß es metner Ansicht nach do richtiger sein würde, wenigstens noch ein Jahr ins Land gehen zu lassen und gründlichere Vorbereitungen zu treffen, um auch die Finanzierung des Unternehmens nah allen Richtungen hin sicher zu stellen. Soweit mir bekannt ist, hat bis jeßt nur Hamburg einen größeren Betrag in Aussicht gestellt oder bewilligt, aber nur unter der Bedingung, daß sich auch Preußen beteiligt. Dasselbe ist von Braunschweig geshehen. Von den anderen norddeutschen Bundes- staaten sind für den Naturshutzpark im Bezirk Lüneburg Gelder noch nit bewilligt. Nun werden von der preußischen Staatsverwaltung zunächst 60 000 / und jeßt immerhin noch 40 000 4 als jährliche dauernde Beihilfe verlangt. Das ist doch eine verhältnismäßig sehr große Ausgabe, und es fragt si, ob es notwendig oder auch nur gerechtfertigt ist, gegenüber den großen Anforderungen, die sonst an die preußishe Staatsverwaltung gestellt werden, eine solhe Summe zur Verfügung zu stellen.

Wie kürzli bei den Verhandlungen {on erwähnt worden ift, handelt es si, was die Tierwelt angeht, wesentlich um die Er- haltung des s{chwarzen Storchs, des Kolkrabens und, wie ih glaube, einer Art von Fidechsen. (Heiterkeit.) Für das übrige Wild würde in einem großen Teil dieses Gebiets ohne Kultur die nötige Nahrung überhaupt nit zu finden sein. Wenn nun Rotwild, was vereinzelt dort vorkommt, in größerem Maße gehalten würde, so würde es das biéchen Fauna, das sich in diesem Bezirk findet, wahrscheinlich ver- nihten, oder es würden, wenn es in der Umgegend dort Wildschaden verursachte, sich bald fo erheblihe Klayen hier im Hause der Ab- geordneten erheben, daß auch an den Abshuß dieser Tiergattung herangetreten werden müßte.

SIch erwähne das nur, um Ihnen zu zeigen, daß wirklich nit unerhebliche Bedenken dagegen obwalten, so ohne weiteres ganz auf den Boden der Herren Antragsteller zu treten. Jch hoffe, daß die bevorstehende Beratung in der Agrarkommission Gelegenheit geben wird, auf der einen Seite den Standpunkt der preußishen Staats- verwaltung noch näher zu begründen und andererseits womöglich auch Mittel und Wege zu finden, um das Ziel der Herren Antragsteller, dem ih durhaus \ympathisch gegenüberstehe, zu erreihen. (Bravo!)

Abg. Lüdicke (frkons.) erklärt, daß er der Tendenz des Antrags durhaus \ympathisch gegenüberstehe, und daß seine Freunde für Ueberweisung an die Agrarkommission stimmen würden. j

Abg. Heckenrot h (kons.) : Der Wunsch der Antragsteller ist an {ih durchaus berechtigt, wenn wir auch die Bedenken nicht verkennen. Die Kommission wird ja nähere Klarheit bringen.

Abg. Hoffmann (Soz.): Hier können wir wirklih einmal der Mehrheit beistimmen. Es liegt niht an uns, daß es nicht öfter geshieht. Der Plan muß sofort verwirkliht werden, damit dem Verkauf von Grund und Boden ein Riegel vorgeschoben wird.

Abg. Ecker- Winsen wendet sich gegen die Bedenken des Mi- nisters und erklärt sih mit Kommissionsberatung einverstanden.

Domänen und Forsten

Mehrheit der Bevölkerung entspreche. fatholishe Kirhe die Feuerbestattung a limine ab

Der Antrag wird der Agrarkommission überwiesen.

0910.

Dann folgt die erste Beratung des Geseßentwurfs,

betreffend die Feuerbestattung.

Minister des Jnnern von Dallwigz: Meine Herren! Wiederholt bereits hat die Frage der Feuer-

bestattung den Landtag beschäftigt, und zwar war es in früheren Jahren regelmäßig ter Herr Abg. Langerhans, der immer wieder die Auffassung vertrat, daß jedem einzelnen das Recht zustehen müsse, darüber Bestimmung zu treffen, daß nah seinem Tode an Stelle der Erdbestattung die Feuerbestatiung bei ihm Play greifen solle.

Von anderer Seite wurden dem stets \{chwerwiegende Bedenken

entgegengehalten, die teils auf kirchlih-religiösem Gebiete, teils auf juristish-kriminalistishem Gebi-té fih bewegen.

E A , , r e P 2 Die vom kirhlich-religiösen Standpunkte aus gegen die Feuer-

bestattung geltend zu machenden Bedenken gipfeln darin, daß die Erd- besiattung eine uralte, gebürgerte kfirchlihe Sitte sei, deren ungeschmälerte Beibehaltung dem

durch jahrhundertlange Uebung fest ein- Empfinden weiter ristliher Volkskreise und damit der überwiegenden Aus diesem Grunde lehnt die während die Vertreter der evangelishen Landeskirhen Deutschlands im Jahre 1898 auf dem Eisenacher Kongreß in ihrer Mehrheit \sich dahin ausgesprohen haben, daß zwar die Erdbestattung die einzige firhlih anerkannte, der christlichen Sitte entsprehende Art der Leichenbestattung sei, daß aber ein ausdrücklihes Gottesgebot oder ein firhlihes Dogma der Feuerbestattung an sich nit entgegenstehe.

Demgemäß ist vielfah von evangelisher Seite die geistlihe Mit- wirkung in bes{ränktem Umfang als zulässig angesehen worden. Auf diesen Standpunkt hat sch wohl in der Hauptsache auch die evangelische

Generalsynode vor 2 Jahren gestellt, während die Vertreter der recht- eläubigen jüdischen Kreise in ihrer Mehrzahl der Feuerbestattung völlig ablehnend gegenüberstehen.

Meine Herren, auch wenn man die Berechtigung des Einwandes, daß die Erdbestattung einer uralten christlichen Silte entsprehe, voll anerkennt, so kann man meines Dafürhalteus doch nur den Schluß daraus herleiten, daß die gebotene Rüksihtnahme auf diese kirhliche Sitte und das Empfinden weiter Volkskreise der Staatsregierung die Verpflichtung auferlegt, dafür Sorge zu tragen, daß unter allen Umständen die Feuerbestattung in den Fällen ausgeschlossen sein muß, in denen sie den religiösen Anschauungen, den Wünschen und dem Willen des Verstorbenen widerspriht. Anders dagegen steht meines Dafürhaltens die Frage, ob aus den von kir{liher Seite geltend gemachten Bes denken Gründe dafür hergeleitet werden könnten, daß die fakultative Feuerbestattung auch für Andersdenkende ausgeschlossen sein muß, Diese Frage glaube ih verneinen zu sollen. Es ist nicht abzusehen, warum denjenigen Staatsbürgern, die einer kirchlich anerkannten Religionsgemeinschaft niht angehören, oder auch solhen Staats- bürgern, die zwar einer anerkannten Religionsgemeinschaft angehören, aber, bei dem Nichtvorhandensein dogmatischer Bedenken für sich der Feuetbestattung den Vorzug geben warum diesen Staatsbürgern die Möglichkeit verschränkt sein oll, über ihren Körper nah ihrem Tode insoweit zu verfügen, als dies ohne Nachteil für Ueber lebende oder für die Allgemeinheit geshehen kann. Mag dies au von firhlidem Standpunkt aus bedauerlich sein, mögen derartige Entschließungen und Vorkommnisse vom kirhlihen Standpunkt unerwünscht erscheinen, so wird man meines Dafürhaltens doch nicht darüber hinwegkommen, daß eine niht geringe Anzahl von Personen vorhanden ist, die teils aus innerer Ueberzeugung, teils aus sonstigen erheblihen Gründen ich nenne nur die allgemeine oder doch vielfah verbreitete Furcht vor dem Lebendigbegrabenwerden für ihre Person der Feuerbestattung den Vorzug geben und auch darüber nicht hinwegkommen, daß ein Zwang in solhen Dingen weder Mandel {afen kann, noch auch der Billigkeit entspricht.

Dieser Gesichtspunkt {eint mir mit zwingender Notwendigkeit auf den Weg hinzuweisen, den die Königlihe Staatéregierung im Entwurf bestritten hat, nämlich auf den Weg der Zulassung der fakultativen Feuerbestattung in den Fällen, in “denen dem Ver- langen danach von dem Verstorbenen bei Lebzeiten in zweifelsfreier Weise Ausdruck gegeben worden ist. Hält man aber an dieser Vor aus\egung fest, so fällt auch die Befürchtung fort, daß Personen, die ibrerseits an der christlihen Sitte festhalten wollen, na ihrem Tode in einer Form bestattet werden könnten, die thren religiöfen An- \hauungen nicht entspricht.

Fch komme nun zu den juristishen Bedenken. Sie bestehen darin, daß durch Zulassung der Feuerbestattung die Möalichkeit er- leihtert werden würde, die Spuren gewisser Verbrechen zu verwischen, daß insbesondere in den Fällen, in denen der Verbrecher bei Lebzeiten in naben verwandtscaftlihen oder persönlichen Beziehungen zu seinem Opfer gestanden hat, es ihm durch Herbeiführung der Leichens verbrennung sehr erleihtert werden könne, \fih selbst der Strafe zu entziehen. Diese an sich wohlbegründeten Befürchtungen können meines Dafürhaltens bis zu einem gewissen Grade durch die im Ent wurf für den Fall der Feuerbestattung vorgesehene obligatorische Leichenshau in Verbindung mit dem sonstigen in § 7 des Entrourfs vorgesehenen Kautelen abgeschwächt werden.

Eine fast unbedingt sichere Garantie gegen den Mißbrauch der Feuerbestattung kann aber meines Erachtens geschaffen werden, wenn entsprehend dem § 9 des Entwurfs eine Bestimmung des Inhalts festgeseßt wird, daß die Feuerbestattung nur in den Fällen Plaß greifen darf, in denen dies nahweislich und in zwelfelsfreier Form von dem Verstorbenen bei Lebzeiten selbst angeordnet worden ist.

Kann mithin den vom juristishen Standpunkt aus erhobenen Bedenken gegen die Einführung der fakultativen Feuerbestattung durch die im Entwurf vorgesehenen Kautelen ausreihend Rechnung getragen werden, so sprehen andererseits eine Reihe von Gründen überwtegend praktisher Art für die Zulassung der Feuerbestattung in dem in dem Entwurfe vorgesehenen beschränkten Umfange.

Bekanntlich ist die fakultative Feuerbestattung nicht nur im Ausa lande sondern auch bereits in der Mehrzahl der an Preußen an-