1891 / 103 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 02 May 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Von diesen Forderungen ist für alle Verwaltungszweige von Be- deutung und Ra es näher zu berühren die Weiterführung der Besoldungsaufbesseruna. nh E

L in j reußen für 1891/92 beabsihtigte Erhv., q der Gehälter der E Kanzleibeamten (einschließlich der diesen gleih- zustellenden Kassensekretäre) und der Zeichner bedingt ein gleiches Vor- gehen au für die Reihsverwaltung. Da inzwischen bereits durch den zweiten Nachtrag zum Reichéhaushalts-Etat für 1890/91 ein großer Theil der betreffenden Beamten berücksichtigt ist, so kommen für die Reichéverwaltung nur noch in Frage: die Kanzleisekretäre, Kassensekretäre und Zeichner bei den Reichs-Centralbehörden und dem Königlich preußishen Kriegs-Ministerium, die Geheimen Sekretäre bei der General-Militärkasse, der Kassensekretär beim Kommando des Kadetten-Corps, der Kanzlei-Inspektor beim Reichs-Marineamt, endli bei der Eisenbahnverwaltung der Zeichner I. Klasse, die Kanzlisten I. Klaffe, die Zeichner und die Kanzlisten des Betriebsdienstes. Die neuen Ge- bälter für die Kanzleisekretäre 2c. und Zeichner bei den Reichs-Central- behörden und dem Königlich preußishen Kriegs-Ministerium sind im Allgemeinen übereinstimmend mit den neuen Gehaltsfäßen für die betreffenden preußishen Beamten auf 1800 4 bis 3800 , im Durch- \{nitt 2800 M bemessen worden. Für die betheiligten Beamten des Auswärtigen Amts indeß, welche bisher {hon höhere Gebälter be- zogen haben, soll unter Beibehaltung des gegenwärtigen Mindestsatzes von 2400 M der Durchschnitt von 3150 4 auf 3300 4 und das

öhstaehalt von 3900 4 auf 4200 #4 erhöht werden, wonach im Be mit den anderen obersten Reihsbehörden statt des bis- herigen Unterschiedes von durchweg 609 4 ein solcher von nur 400 A beim Höhslgehalt, von 600 ( beim Mindest- gehalt und von 50) A im Durchschnitt sich zu Gunsten des Aus- wärtigen Amts ergiebt. p den Kanzleisekretär der Reichékanzlei ift im Anschluß an den bestehenden Zustand dasselbe höhere Gebalt bis 4200 M angeseßt. Das neue Gehalt für die Geheimen Sekretäre bei der Königlich preußischen General-Militärkasse, welches im Durc- \{chnitt dem für die Kanzleisekretäre 2c. im Kriegs-Minifterium ents spricht, ist im Mindest-, sowie im Höchstsay mit Rücksit auf die im Anschluß daran stehenden Besoldungsverhältnifsse der Kassen- Assistenten einerseits und der Buchhalter andererseits besonders nor- mirt worden. Für den Kassensekretär beim Kommando des Königlich preußishen Kadetten-Corps ist das im zweiten Na&- trage zum MRetchshaushalts-Etat für 1890/91 vorzeslagene Gehalt wiederum angeseßt, während für den Kaxrzlei- inspektor im Reichs-Marineamt, welcher ein Einzelgebalt in Döhe des Maximalsaßes für Kanzleisekretäre bezieht, das neue Höchste gehalt der Leßteren auszubringen war. Die neuen Säße bei der Eisenbahnverwaltung für den Zeichner I. Klasse fowie die Kaniliften I. Klasse und die Zeichner und Kanzlisten, welche sämmtli, wie die anderen Betriebsbeamten dieser Verwaltung, vom Bezuge des Wohnungsgeldzuschusses geseßlih ausgeschlossen sind, decken si© unter Einrehnung eines dem abgerundeten pensionsfähigen Theile des Wohnungsgeldzushusses entsprehenden Betrages mit den Säßen für die gleichen preußischen Beamtenkategorien. Daneben soll, wie bisber, ein niht pensionsfähiger Zushuß von je 240 #6 gewährt werden, wogegen der zur Zeit für fünf Zeichner und Kanzlisten zablbare Zuschuß von je 60 Á demnächst nah Maßgabe der eintretenden Gehalts- erhöhungen in Wegfall kommt. i

Bei diesem Anlaß ift ferner für die in den Etats des Reichéamts des Innern, der Reichs-Justizverwaltung, des Reichs-Eisenbahnamts und der Neichs-Post- und Telegraphenverwaltung als künftig weg- fallend nur mit dem Mindestgehalt von 1800 M vorgeschenen Kanzlei- sckretärstellen, entsprehend dem Vorgang bezüglich einer gleichartigen Stelle im Etat des Reihs-Schaßamts für 1891/92, nunmehr das neue Durchschnittsgehalt angefordert.

Die durch Aufnahme einer neuen Anleihe zu deckenden Beträge belaufen ih auf 1 640 000

Jm Einzelnen sei hervorgehoben: der einmalige Zushuß zur Förderung von Kultur und Handel im Sqcuzgebiet von Kamerun im Betrage von 1 425000 /( Mit Bezug hierauf heißt es in den Erläuterungen :

Der Handel mit den Eingeborenen des Kamerungebiets hat si bisher im Wesentlichen auf die Küste beschränkt, woselbst curopäische Firmen seit langer Zeit Faktoreien besißen. Neuerdinas haben die Firmen auch Handelsexpeditionen in das Janere des Landes unter- nommen und mehr und mehr versuht, Beziehungen nach dem Hinterlande zu gewinnen, ohne welche der Handel an der Küste bald herabsinken würde. Es hat sich dabei das Bedürfniß nah _ besseren Verkehrswegen herausgestellt. Insbesondere ist dies im Süden des Schußgebiets der Fall, wo eine sieben Tagemärsche weite Urwaldzone die Küste vom Hinterlande trennt. Der Weg würde entweder von Campo aus oder von Kribi (an der Küste) über die Jeundo-Station bezw. den Mbamfluß und Sannaga entlang nah Ngila geführt werden können. Im Norden würde die Herstellung eines Weges na der Barombi-Station amElephantensce unter Benutzung desMungo- flusses sowie nah Bali in Betracht kommen. Für eine eiterführung der Wege würden zunächst nähere Ermittelungen über die einzushlagenden Richtungen erforderlih sein. Wenngleih es si niht um Herstellung fahrbarer Landstraßen, sondern nur um den Durchhau von sogenannten Karawanenwegen für Träger handelt, so sind doch bei den in Be- traht kommenden Verhältnissen hierfür beträhtlihe Mittel erforder- lih, zumal da für Sicherung und Unterhaltung der Wege dur An- lage von Stationen gesorgt werden muß, welche durch Weiße und eine Anzahl von Eingeborenen zu beseßen sein würden. Diese Sta- tionen würden gleichzeitig den Karawanen als Etappen- und Ruhe- punkte zu dienen haben. Nach den Berichten der Kaiserlichen Be- amten und den Mittheilungen landkundiger Reisender würde durch die Herstellung sicherer Wege der Handel aus dem Innern an die Küste mit Erfolg herabgeleitet werden. Gleichzeitig würden diese Wege- und Stationsanlagen auch den bereits in das Innere vorgedrungenen und noch weiter vordringenden Missionen zu Statten kommen und ihnen insbesondere den zur Zeit noch fehlenden Schuß dur äußere Madctmittel ersetzen.

Ist es einerseits erforderlich, den Karawanen der Weißen und der eingeborenen Händler in der vorstehend dargelegten Weise die Wege zu bahnen, /o ist es auf der anderen Seite als dringend noth- wendig bezeichnet worden, auch auf eine Erleichterung des Verkehrs an der Küste hinzuwirken. Dies kann geschehen durch Anlegung eines Quais lângs des Kamerunflusses, welcher nit bloß für die Erleichterung der Entlöshung und Befrahtung der Schiffe, sondern au für die Besserung des Gesundheitszustandes von Bedeutung ist. Ganz besonders is aber auf die Nothwendigkeit hingewiesen worden, an der Mündung des Kamerunflusses eine Landungsbrücke, sowie ein Slip und Werkstätten für die Reinigung und Reparatur von Schiffen herzustellen. Ein hierauf bezügliher Bauplan ift bereits im Jahre 1889 von dem Bauinspektor des Kaiserlichen Gouvernements in Kamerun unter Beistand eines Offiziers der Kaiserlichen Marine ausgearbeitet worden.

Die Gröffnung „eines Weges im Norden nebst Anlage der er- forderlichen je zwei bis vier Stationen ist annähernd auf 350 000 4 zu s{äßen, während die Eröffaung nah dem Süden wegen der ungleih \{chwierigeren Terrainverhältnisse auf 400 000 veranschlagt wird, Die zur Erleichterung des Verkehrs an der Küste zu ver- wendende Summe in Höhe der noh verbleibenden 675 000 K hat die nastehende Bestimmung: Eine Landungsbrücke für Seeschiffe, welche 7 m Tiefgang haben muß, 150 000 A Eine eiserne Uferbefestigung

400 e für das laufende Meter) in einer Ausdehnung von

90 m und zur Verbindung der JIoßplatte mit Aqua- Bell und Didostadt 2300 000 l, Slip für Schiffe von 90 m Länge 90000 4, Werkstatteinrihtung einschließlich des er- forderlihen Materials an Maschinen, Werkzeug u. #. w. 65000 Ein neues Bootshaus 36 000 6 Brunnen mit Pumpe 3000 Steinerner Thurm mit Laterne und Pegel (Leuhtthurm) 8000 Offene Wellblechs{chuppen zur Arbeit im Freien im As an die Werkstatt 10 000 4A Unvorhbergesehene Ausgaben bei Herstellung der vorgenannten Gesammtbauten 13 900 M

Die Gesammtausgabe is eine einmalige und verfolgt insofern

produktive Zwecke, als die geplanten Maßnahmen eine Steigerung der Ertragasfähigkeit des Schußzgebiets hHerbeizuführen bestimmi und geeignet sind. Die Flüssigmahung der erforderlichen Mittel im Wege der Anleihe würde sich hiernah rechtfertigen und konnte bei der ursprünglih beabsichtigten Beschaffung unmittelbar für Rechnung und zu Laften des Schußgebiets allein in Frage kommer, da die laufenden Einnahmen des Schußgebiets zur Aufbringung der bezüg- liGen Summe auÿ nit annähernd ausreihten. Bei der gegenwärtig in Auësibt genommenen Bereitstellung eines MReichszuschusses empfieblt es sich indefsen, den verbältnißmäßig nicht erheblichen Zuschußbetrag im Hinblick auf die vorgesehene Rückerstattung des- selben und im Interesse thunlihster Einshränkung des Anleihekredits durch Matrikularbeiträge zu deen. E

Die Zweckbestimmung der einzelnen Aufwendungen und die im lammcianat mit den geplanten Maßnahmen ausführbare Steige- rung der Zollerträge bezw. der sonsticen Einnahmen des De: H läßt eine allgemeine Rückerstattung des Reihszushusses dur das Scbußzgebiet gerechtfertigt und angängig erscheinen. Nab _Lage der Verbâältnisse kann die Zablung von Jahresraten mit je 20 750 „M in sichere Aussiht genommen werden. Bei Zugrundelegung dieses Be- trages und unter Abftandnahme von einer Verzinsung des Zuschusses würde die Abbürdung dec Gesammtsumme einen Zeitraum von 16 Jahren erfordern. Da eine größere Ergiebigkeit der Einnahme- quellen des Schußzgebicts bereits für das Etatëjabr 1891/92 zu erwarten stebt, ift die erfte Rückzahlungsrate für dieses Etatsjahr angeseßt.

Für die Errichtung des Reihstagsgebäudes werden 1200 000 M in Anbetraht des nunm:chr zu erwartenden snelleren Fortschreitens der Bauarbeiten mehr gefordert.

Für das Patentamt werden in Folge der neuen Organisation durch das soeben verabschiedete Patentgeseß

29 610 M mehr gefordert. i l

Zu den Kosten der Betheiligung des Reichs an der Weltausstellung zu Chicago im Jahre 1893, und zwar für die Errichtung des Ausstellungs-Bureaus und für die ersten Vorarbeiten sind 100 000 4/6 im Etat des Reichsamts des Jnnern angeseßt. Jn der Begründung hierzu heißt es:

Son die Beziehungen, welche uns mit den Vereinigten Staaten von Amerika verbinden, lassen es als wüns{en8werth ersheinen, daß das Reih der Einladung entspriht. Darüber hinaus dürfte das Interesse an der Feftigung unseres Handelsverkehrs mit Amerika auf die Betheiligung Deutschlands hinweisen. Der Handel zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten ift ein sehr reger; er bildet für beide Länder einen nennenswerthen Bestandtheil ihres Gesammt- außenbandels. Nach der Statistik des Deutshen Reiths belief sich im Jahre 1889 die Einfuhr von den Vereinigten Staaten nad Deutschland auf 1093307600 kg im Werthe von 317500090 Æ, die Ausfuhr aus QDeutshland nach den Vereinigten Staaten auf 438493700 kg im Werthe von 395 037000 A Die vorstehenden Werthangaben stimmen mit den Aufstellungen des Statistisbhen Bureaus der Vereinigten Staaten für das Fiskaljahr 1889/90 (1. Juli 1889 bis 30. Juni 1890) annähernd überein; denn es betrug zufolge der Letzteren die Einfuhr Deutschlands nach den Vereinigten Staaten 98 837 683 Doll, die Ausfuhr der Vereinigten Staaten nah Deutschlaud 85 563 312 Doll. Mit diesen Zahlen nimmt Deutschland unter den am Außenhandel der Vereinigten Staaten betheiligten Ländern die zweite Stelle ein, da nah den Zusammenstellungen des Statistishen Bureaus in Washington von der auf 789 310 409 Doll. veranschlaaten Einfuhr nah den Vereinigten Staaten 12,52 %/% auf Waaren deutscher Herkunft entfielen und von der auf 845 293 828 Doll. veranschlagten Ausfuhr einheimisder Erzeugnisse aus dén Vereinigten Staaten cin Antheil von 9,98 9% nah Deutschland si richtete, sodaß das Reih an der Gesammt-Ein- und Ausfuhr der Vereinigten Staaten mit 11,20 %

betheiligt war, während aus i:

0/o der Einfuhr % der Ausfuhr “/o des Gesammt- Großbritannien 23,63 52,58 38,52 Frankreih . 9,85 5,80 7,75 West-Indien . . 9,88 3,81 6,75 British Nord-

Amerika 4,99 4,56 4,91

Brasilien 7,52 1,42 4,32 und auf alle übrigen Länder weniger als je drei Prozent des Ge- sammthandel8 entfielen.

Es geht aus diesen Angaben weiterhin hervor, daß die Werthe, welche Deutschland den Vereinigten Staaten, und die Werthe, welche das leßtere Gebiet im Deutschen Reich zuführt, in neuerer Zeit nicht wesentlih von einander abgewichen sind. Dasselbe war, wennglei das Werthverhältniß zeitweiligen Schwankungen unterworfen gewesen ist, bereits in früheren Zeitabshnitten der Fall. Demgemäß ift die Hoffnung begründet, daß dieser beiden Ländern gleichen Nuten brin- gende Güteraustausch von Dauer sein und vorübergebenden Störungen sih gewachsen erweisen werde. Die Befürtungen, welche in deutschen Handels- und Gewerbekreisen an die gegenwärtig zu Tage tretenden, auf eine Abschließung des amerikanishen Marktes gegen den ausländi- {hen Mitbewerb sih rihtenden Bestrebungen geknüpft werden, sind naturgemäß nicht ohne Einfluß auf die Stimmung jener Kreise gegen- über dem vorliegenden Ausftellungsprojekt geblieben. Andererseits macht sih aber auch die Erwägung geltend, daß gerade Angesichts derartiger Bestrebungen es am Plate sei, die Bedeutsamkeit und Unentbehrlih- keit der bestehenden Handelsbeziehungen in überzeugender Weise zur Anschauung zu bringen. Es darf darauf gerechnet werden, daß die Beschickung der Ausftellung eine würdige, der Bedeutung des Reichs entsprehende sein wird, Falls das Reich \sich bereit erklärt, die Organisation der deutshen Abtheilung zu leiten und zu unterstüßen. Leßteres wird, wie bei verschiedenen früheren Ausstellungen von ähn- liher Bedeutung, durch die Bestellung eines Reichskommissars und e Bag 8 einer angemessenen Beihülfe aus Reichsmitteln zu geschehen haben.

Die Höhe der zu diesem Zweck auszuwerfenden Mittel läßt sich in auêreihender Weise noh nit bestimmen; na den zur Zeit vor- liegenden Anhaltspunkten wird auf eine Ausgabe von etwa einer Million Mark gerechnet werden müssen. Der erheblichste Theil der Auégaben wird auf die Etatsjahre 1892/93 und 1893/94 entfallen. Im laufenden Etatsjahr wird Behufs Einrichtung des Ausstellnngs- bureaus und für die ersten Vorarbeiten Sammlung und &ictung der Anmeldungen, Vertheilung des verfügbaren Raumes, Gruppirung und Ausgestaltung der einzelnen Kunst- und Industriezweige, Vor- bereitung des Katalogs u. st. w. ein Betrag von 100 000 genügen.

Für Wiederherstellung der Rationsberechtigung im preußischen Militärkontingent werden 41 304 M gefordert.

Fur Herstellung einer unterseeishen Telegraphenverbindung von Wangeroog nah Helgoland werden 190000 M, zur Beschaffung und Auslegung eines neuen vieradrigon Kabels von Emden über Borkum bis zur englishen Küjte bei Lowestoft 950000 1 gefordert.

Durch Matrikularbeiträge sollen von den neuen Ausgaben 1 812 792 M gedeckt werden ; die übrigen Ausgaben werden theils aus bereits bewilligten Anleihemitteln, theils aus der oben erwähnten neuen Anleihe bestritten.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Lage der Handweber. Der Seitens des zur Unterstüßung hülfsbedürftiger Handweber gebildeten Comités für den Kreis Glaß erlassene Aufruf bat, wie aus Schweidniy berihtet wird, im Ganzen 2933 4 eingebraht. Ein

Theil von diesen Geldern is den vier örtliGen Kommissionen in Reinerz, Rükers, Lewin und Tsherbeney zum Ankauf und zur Ver- tbeilung von Kosten und Cerealien an in JQURPE Lage befindlihe Handweber überwiesen worden. Der größte Theil der eingegangenen Gelder soll jedoch zur Vergebung von Saatkartoffeln und Saathafer Verwendung finden. Die Lokzl-Kommissionen baben dur die ibnen Seitens des Kreis-Comités zur Verfügung gestellten Beträge in den ien, in denen eine Unterstüßung geboten war, hbelfend eingreifen nnen. -

: Zur Arbeiterbewegung. ;

__ Die Maifeier der sozialdemokratishen Arbeiter ist, soweit sie sih am gestrigen Tage abspielte, fast überall im Inlande und Auslande ohne Störung verlaufen. Nur ganz vereinzelt wird über unbedeutende Zwischenfälle berichtet, die u. A. in R: bei Paris, in Rom und Florenz stattgefunden und zu energishem Eingreifen der Behörden Veranlassung gegeben haben. Bemerkenswerth ist die Thatsache, daß die gestrigen Kundgebungen . überall hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind und eigentlich nirgends einen bedeutsamen Charakter getragen haben.

Ueber die Maifeier der Berliner Arbeiter wird berihtet, fie werde den Hoffnungen der Patrteileitung kaum entsprochen haben; es habe si gezeigt, daß die Partei nicht stark genug sei, um so viele Versammlungen, wie für den l Tag angeseßt waren, imposant zu gestalten. Der

esuch der Versammlungen blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Die Mehrzahl der Veranstaltungen bewegte ih im Rahmen harmloser geseliger Feste; durhbrehende Begeisterung war eigentlich mrgends zu beobachten. Nah der Festrede wurde zumeist ohne jede Erörterun über die von dem Parteivorstand vorgeshlagene un früher an dieser Stelle mitgetheilte Resolution abgestimmt, wobei die Zahl der Anwesenden häufig stark übertrieben an- gegeben sein soll. Jm Besonderen erwähnenswerth ist nur eine Volksversammlung für Männer und Frauen, welche gestern Abend im Eisfkeller-Etablissement stattfand und in welcher der sozialdemokratishe Reichstags: Abgeordnete Liebknecht eine Rede hielt über die Bedeutung des ersten Mai und den Achtstunden- Arbeitstag. :

Aus anderen deutshen Städten liegen folgende tele- graphishe Meldungen vor: :

In Altona arbeitete Alles, überall herrs{te Ruhe ; die einzige Kundgebung bestand darin, daß sämmtliche zwischen den Elbinseln und Hamburg-Altona verkehrenden Arbeiterboote rothe Fähnchen

rugen.

In Dresden und der Umgegend ist der gestrige Tag ohne Ruhe- \töruygen verlaufen; Alles arbeitete. 0

In Köln und in der nächsten Umgebung ist Alles rubig ge- blieben. Ueber irgendwelches Fernbleiben der Arbeiter von der Arbeit ist Nichts bekannt aeworden. : : E

Aus dem Auslande liegen folgende Mittheilungen des „Wolff'shen Bureaus“ vor:

In Wien fanden, worüber gestern „nah S{luß der Redaktion“ noch kurz telegravhish . berihtet wurde, am Vormittag 42 Ver- sammlungen von Arbeitern statt, in denen über den ahtstündigen Arbeitstag, das allgemeine Wahlrecht, und über die Preß- und Koalitionsfreiheit Vorträge gehalten wurden. Sämmtliche Versammlungen wverliefen in wvollster Rube und endigten zumeist mit der Annahme einer Resolution, welche die Forderungen des Pariser Kongresses zusammensaßte. Die Ver- fammlungen der Arbeiter im Prater waren {wächer besucht als im Vorjahre; nah neun Uhr hatten alle Arbeiter den Prater verlassen. Die Berichte aus allen Wiener Bezirken konstatirten die vollkommenste Ruhe: Arbeiter in Gruppen oder einzeln, zumeist in Begleitung ihrer Familie strömten dem Prater zu, wo dieselben in von Ordnern be- zeihneten Unterhaltungslokalen sich niederließen. Es waren zu diesen Zwecke an allen Kreuzungépunkten Arbeiter als Orcdner aufgestellt, welche die Vertheilung der Massen nah verschiedenen Praterzugängen veranlaßten.

In Prag war der Zuzug der Arbeiterschaft zu der Ver- sammlung der sfozialistischen Arbeiter auf der Schügzeninsel geringer als im vorigen Jahre. Gegen 10 Uhr Vormittags waren dort bôhstens 5000 Personen, darunter viele Frauen, versammelt. Die Ordnung wurde durch Arbeiter aufrecht erbalten. In den meisten böhmischen Kohlenshachten, sowie in den Fabriken wurde gearbeitet.

In dem Troppauer wie in dem Ostrauer und Karwiner Koblenrevier wurde gestern gearbeitet. Nur die Belegschaft zweier Salm'’scher Schächte verweigerte die Einfahrt. Die Ordnung wurde bis zum Augenblick der Berichterstattung niht ge- stôrt. Sämmtliche S{ächte waren seit vorgestern militärish besetzt.

Aus Pest wird gleihfalls vollkommene Ruhe gemeldet, ebenso aus anderen Landeshauptstädten. In Innsbruck, Salzburg und Graz fanden Arbeiterversammlungen ftatt, in welchen Resolutionen, betreffend das direkte Wahlrecht, und den Achtstundentag, gefaßt wurden. Nachmittags unter- nahmen die Arbeiter Ausflüge in die Umgegend. J Steyr in Oberösterreich wurde von einer ungefähr 1200 Theil- nehmer zählenden Versammlung eine Resolution zu Gunsten des all- gemeinen Stimmrechts und des Achtstundentages gefaßt und beshlo}en, dieselbe durch den Abgeordneten Edelbacher dem Abgeordnetenhause überreiwen zu lassen. Aus Brünn wird vollkommene Ruhe in den gesammten Kohlenrevieren Mährens gemeldet.

In London haben gestera keinerlei Arbetterkund- gebungen stattgefunden.

In Paris und in den französishen Departements verlief der gestrige Vormittag, wie gteea bereits „nach S({luß der Redaktion“ mitgetheilt wurde, rubig. In den ersten Morgenstunden er- folgte vor einem Privathause der gänzlich unbelebten Rue de Berry eine Detonation, die auf die Explosion einer Petarde oder Kartiusche zurückzuführen ist. Die Explosion verursachte keinen weiteren Schaden, als daß mehrere Steinplatten zertrümmert wurden, und blieb in dem Stadtviertel fast unbemerkt. Der Direktor des ftädtishen Laboratoriums untersuhte die von der Explosion herrührenden Trümmer. Dem Anschein nah enthielt die daselbst cxplodirte Kartushe Dynamit und hatte eine Zündvorrihtung, welhe es ven Tkätern gestattete, sich vor der Katastrophe zu entfernen. Die Menge des Cxplosivstoffes muß ret beträhtlich gewesen sein. Der Eigenthümer des Hotels, „Duc de Trévise*, bâlt jeden Racheakt für ausge\{hlosen, man würde es hter also wahrsheinlich mit einer anarqchistishen That zu thun haben. Die zahlreichen Neugierigen, welhe die Stätte schen wollen, hält die Polizei fern. Um die Mittagszeit mate sih in Paris auf den Straßen und Plätzen keinerlei außer- gewöhnlihe Bewegung bemerkbar. Nur vereinzelt erblickte man wenig zahlreihe Gruppen Neugieriger. Auf dem Cintrachtsplaß im Tuileriengarten sind Polizeimannschaften und berittene Munizipal- gardisten aufgestellt. Die Zugänge zu dem Palais Bourbon weichen in Nichts von ihrem fonstigen Aussehen ab. Eine Arbeiter-Abord- nung der Brousfsistengruppe begab si unter Führung des De- putirten Lavy nah dem Palais Bourbon, um eine Petition ¿u überreien, und wurde von dem Kammer-Präsidenten Floquet empfangen. Der Deputirte Lavy bielt eine Ansprache, in der er der Hoffnung auf eine wohlwollende Aufnahme der Petition Seitens der Deputirten Ausdruck gab, deren Aufgabe es sci, den Wünschen des Volkes entgegenzukommen. Floquei erwiderte, daß es seine Aufgabe sei, die ihm überreichten Petitionen den Kommissionen ¿zu über- mitteln, und versiherte die Delegirten der lebbaften Fürsorge der Kommissionen. Gegen 10 Uhr empfing Floquet eine Deputation des Syndikats der Eisenbahnbeamten, die gleichfa1s eine

Petition überreichte, und gab ibnen gegenüber eine ähnlie Erklärung ab, Bis 1 Uhr Mittags war keine der angekündigten Arbeitergruppen ershienen ; ebensowenig war eine Entfaltung der öffentliGen Gewalt bemerkbar. Die einzige sihtbare Maßnahme war die Aufstellung einer Kette von Polizeimannschaften auf der Eintractsbrücke, welche übrigens den Verkehr ungehemmt läßt. Nur der Tuileriengarten und die Cuilerienterrassen} waren ge- \sperrt, auch waren dort Truppen aufgestellt. Der Ver- kehr auf den großen Boulevards und im Centrum der Stadt ist um ein Geringes weniger lebbaft als gewöhnlih., Die Zahl der ge- Noieen iden erreiht kaum 20. Die Deputirtenkammer atte, da keine Plenarsitzung stattfand, sondern nur 3 Kommissionen tagten, das gewöhnliche Aussehen. Um 3 Uhr betraten 5 Arbeiter- abgeordnete aus Paris und den Provinzen das Palais Bourbon, sie wurden an das General-Sekretariat des Präsidenten der Kammer gewiesen. Später wurden noch zwei Gruppen von je 5 Abgeordneten, darunter Cunningham Graham zugelassen. Die lehten Abgeordneten er- klärten, einer Delegirtengruppe von fünfzig Mitgliedern anzugebören. Sie wünschten, daß Floquet diese Gruppe gemeinsam empfange, willigten indessen darein, abtheilungsweise zu je fünf in das Palais einzutreten. Die zuleßt im Palais Bourbon ers{ienenen Delegationen, welche in einer größeren FIgas einzudringen versuhten, wurden von dem Genetal-Sekretär entschieden abgewiesen und zogen unter nahdrück- lihen Protesten und ohne ihre Petitionen abgegeben zu haben, wieder ab. Im Laufe des gestrigen Tages fanden in den großen Sälen der ver: schiedenen Stadttheile \sozialisti\e Versammlungen statt, welche indessen nirgends besonders zahlrei befuht waren. Es wurden überall die üblihen Resolutionen bes{lossen, wobei zum Th il Reden heftig\ter Art gehalten wurden. Mehrfah maten die Fübrer den Arbeitern um Vorwurfe, daß dieselben nicht entshieden genug vorgeben. Die Polizei rauhte nirgends einzuschreiten. Jn der Stadt kamen nur ver- einzelte Excesse vor. Insbesondere wurde auf dem Concordien- playe eine größere Zabl von Neugierigen festgenommen, welche mit der Polizei in Streit gerieth, die in wiederbolten Angriffen den Plaß freizuma@en suchte. Die Verhafteten wurden indeß zumeist al¿bald wieder freigelassen. Í Die ganze Manifestation auf dem Blaue vor der Kammer hatte überhaupt keinen ernsthaften Charakter. Nah Mittheilungen aus dem Ministerium des Innern waren gestern nur zwei ernstere Vorfälle zu verzeichnen ; in Clihv, wo einige Gendarmen {wer verwundet wurden, und in Fo urmies. An letterem Orte wollten Arbeiter ibre am Morgen verhafteten und auf der Mairie gefangen gehaltenen Genossen befreien und verwundeten dabei zwei Soldaten. Die Abtbeilung gab Feuer, tödtete drei An-

greifer und verwundete ebenfoviel. Der Minister Constans

empfing im Laufe des Tages zablreibe BriefemitTodesandrobunagen. Auf dem Playe der Republik und auf dem Eintrachtêplaßze wurden gestern Abend etwa 20 Personen verhaftet. Die Gesammt- zabl aller gestern Verhafteten wird auf 250 ges{äßt, von denen etwa 140 in Gewabrsam bebalten wurden. Die leßten aus den Provinzen eingegangenen Nacbrichten bestätigen, daß die Arbeiter in den verschiedenen Industriebezirken nur zum geringsten Theile feiern. Die Ruhe is nirgends gestört worden.

Vom heutigen Tage wird aus Paris gemeldet : Die Morgen- blätter konstatiren mit Bedauern, daß es einer verschwindend geringes Anzabl anarch{istis{cher Elemente gelungen sei, den im Allgemeinen rubigen Verlauf des 1. Mai zu stören und ernste Zwischenfälle bervorzurufen. Es habe si gezeigt, daß die von Vielen als über- trieben angesebenen Maßnabmen der Regierung absolut not b- wendig gewesen seien. Aus Fourmies wird einzelnen Blättern berichtet, daß bei dem geftrigen Krawall sieben Arbeiter getödtet und zwölf {wer verwundet worden seien.

In Marseille nabm die Arbeiterkun'dgebung einenziemli lärmenden Verlauf. Das Militär griff die Menge mit Stötcken an. Mehrere der Theilnebmer an der Kundgebung wurden ver- haftet, darunter auch der Deputirte Boyer.

Ia Lyon kam es bei den \ozialistishen Manifestationen zu wiederholten Zusammenst ößen zwischen den Truppen und den Demonstranten, wobei auf beiden Seiten mebrere Verwun- dungen vorkamen, Im Laufe des gestrigen Abends fanden in der Nähe der Arbeiterbörse Straßenkundgebungen statt, bei welchen es zu wiederholten Zusammwmenstößen zwischen der Menge, aus deren Mitie einige Revolverschüsse abgefeuert wurden, und einer einshreitenden Abtbeilung Kürassiere kam. Von letzteren wurden zwei leiht verwundet. Die Zahl der im Laufe des gestrigen Tages verbafteten Personen beträgt etwa 60, von dem Polizeiversonal und den Soldaten wurden zehn leiht veuwundet.

In Lille überreichten die Delegirten der industriellen Arbeiter in aller Rube dem Präfekten ihre Petitionen. Auch aus Roubaix und Tourcoing wird vollständige Rukbe gemeldet.

Aus Rom wird vom gestrigen Tage berichtet: Die Rube blieb bis Mittag voUständig ungestört. Der König unternahm gegen Mittag eine längere Spazierfahrt durch die Arbeiterviertel, wobei er von den Arbeitern mit Hochrufen begrüßt wurde. Bei Santa Croce di Gerusalemma fand unter mäßiger Tbeilnabme ein Meeting statt, an wel%em vorwiegend AnarchGisten betbeiligt waren. Der Agiîtator Civpriani hielt eine Rede, worauf ein Anarwift erklärte, man müsse nunmehr von den Worten zu Tbaten übergehen. Als die Versammlung fich in Bewegung setzen wollte, um na der Stadt hinunterzumarsciren, {ritt die bewaffnete Macht ein und das Meeting wurde aufgelöst. Hierbei leistete die Menge Widerstand; es fielen Revolvershüsse, Steine wurden geworfen, mehrere Personen, darunter 2 Gendarmen, verwundet und in der zuleßt eingetretenen Verwirrung ein Shußmann durch einen Dolchstih getödtet. Gegen Abend wurden die meisten Läden vor- zeitig geshlossen. Im Laufe des Abends sind keinerlei weitere Ruhestörungen vorgekommen. Bei verschiedenen, im Laufe des Tages verhafteten Personen wurden Waffen und auffallende Geldmengen vorgefunden. Aus den Provinzen wird fast allgemein vollständige Ruhe gemeldet. Auch in Florenz sind nah Einbruch der Nacht keine Ausschreitungen mehr erfolgt. Dort wur- den 17 Verhaftungen vorgenommen, in welhe auch die Führer der Anaristen einbezogen sind. Die Nachrichten aus Mailand, Biella, Girgenti, Caltanisetta, Palermo, Grosfseto, Bologna, Spezia, in denen allen die Arbeiter einen zahlreichen Bestandtheil der Bevölkerung bilden, melden, daß keinerlei Arbeitseinstellung oder Ruhestörung stattfand, vielmehr wurde fast überall wie an anderen Tagen gearbeitet. In Bologna wurde Morgens 9 Uhr im Freien eine von etwa 600 Arbeitern besuchte Versammlung abgehalten, die ohne jeden Zwischenfall verlief. Jn Forlimpopoli (Romagna) feiern die Arbeiter, die Ruhe wurde bis jeßt aber nicht gestört. Aus Neapel und Ravenna werden Ansammlungen ge- meldet, bei welchen anarcistische Rufe ausgestoßen wurden. Die Polizei zerstreute die Menge und nahm einige Verhaftungen vor.

Vom heutizen Tage wird aus Rom gemeldet : Der Agitator Cipriani, der bei dem gestrigen anarhishen Meeting in Santa Croce di Gerusalemma eine aufreizende Rede hielt und bei dem darauf folgenden Zusammenstoß mit der bewaffneten Macht am Kopfe ver- wundet wurde, i in der vergangenen Naht verhaftet worden, Die Zahl der gestern Verhafteten beträgt über- haupt etwa 200; dieselben werden sofort vor Geriht gestellt werden, Die Polizeimanyschaften und das zur Herstellung der Ordnung mitwirkende Militär zählen 10 Verroundete, 1 Gendarm erlag heute früh feinen Wunden. Von den Civilpersonen, die an der Kundgebung theilnahmen, ist eine, die verwundet und in das Sankt Johannis. Krankenhaus gebra{t war, gleichfalls in der Nacht ver- storben. Heute zeigt die Stadt ihren gewohnten Anblick, alle Läden sind ofen, überall berr\{t Ruhe, ¡

In Florenz fand gestern auf dem Savonarola-Plaÿ eine Arbeiterversammlung stait, an welher etwa 600 Personen Theil nahmen. Nachdem ein Redner die Menge aufgefordert hatte, das Eigenthum anzugreifen, versuchte dieselbe, in die Stadt ein- zudringen, wurde jedo von der Polizei daran verhindert, Es kam zu einem unbedeutenden Handgemenge, wobei einige Fensterscheiben zershlagen wurden, Mehrere Personen wurden verhaftet, Infantecie- und Kavallerie-Patrouillen dur{ziehen die Stadt.

Wie aus Genua telegraphirt wird, wurden gestern von den Sozialisten in Politeama und Sampierdarena Meetings abgehalten, Ihre Absicht, in Masse nah Genua zu ziehen, wurde durch das Einschreiten der Zollwahe, welche einige Verhaftungen vornabhm, vereitelt.

Aus Brüssel liegen folgende, die gestern „nach Schluß der Redaktion® gegebenen Nachrichten ergänzende Mittheilungen vor: Die Arbeiterkuündgebungen haben sih im Laufe des Abends obne bemerkenswerthen Zwischenfall vollzogen. Eine zablreihe Zu- \hauermenge war in den Straßen aufgestellt, dur welhe der Zug der Arbeiter marschirte, Ausschreitungen sind nirgends vorgekommen.

Nat hier eingegangenen Na chrichten aus der Provinz ist

die Ruhe nirgends g-sört worden; an allen Orten wurden Reden an die Menge gehalten, welche an den Arbeiterkundgebungen theilnahm. Vielfach , wurden Hochrufe auf das allgemeine Stimmreht und Seitens der Grubenarbeiter auf den Strike ausgebraht In Gent zählte der Zug der Sozia- [isten etwa 1500 Mann; auch dort verlief Alles ruhig. In Morlanwelz fand gestern Nahmittag ein Meeting statt, auf welchem mehrere Reden Ren die Proklamirung eines allgemeinen Strikes gehalten wurden und die Vertagung eines solchen auf spätere Zeit empfohlen wurde, Insbefondere wiesen die Redner darauf hin, daß auch die deutschen Grubenarbeiter die Arbeit wieder aufgenommen hätten. Im Centralbassin wurde gestern allgemein gefeiert. In vielen Städten veranstalteten die Arbeiter Umzüge, ohne daß es zu Ausschreitungen gekommen wäre. In Charleroi durWzogen 20 000 Manifestanten die Stadt mit Musik und rothen Fahnen. Truppen wurden konsignirt. Man glaubt, der Strike in den Koblengruben von Charleroi werde am Montag ein all- gemeiner fein.

Aus La Louvière wird berihtet: Die Sozialisten begaben si in einem etwa 10 000 Mann starken Zuge nah dem Versamm- E wo Defuisseaur, Volders und Conreur An- sprachen hielten. i

In Amsterdam verlief der Tag ruhig, die Stadt bo ihr gewöhnlihes Aussehen, nirgends eine Demonftra- tion. Nachmittags fand im Lokal Plancius, wo cine rothe Fahne gehißt war, eine Versammlung von etwa 700 Personen statt. Der sozialistische Deputire Domela Nieuwenhuis hielt eine Rede für den Actstundexnt g, als der ersten Etappe zum Arbeitstage von sech8, von vier ja selbft zwei Stunden. Nach nit besonders lebhaften Debatten wurde eine Resolution zu Gunsten des Awtstundentages angenommen. Nuhe- störungen kamen niht vor. Am Abend fand noH eênc andere Ver- sammlung in dem sozialistishen Lokal „Constantia“ tatt Arc:ch die Nachrichten aus den Provinzen melden keinerlei Unrußden. Im Haag arbeiteten alle größerea Fabriken mit Auënabme der sozialistishen Bätereigenofsensaft.

Jn Bern und in de 1 Zem t der geftrige Tag in vollster Rube und ohne bemerkenswerthe Zwishenfälle verlaufen. Jn üri Lausanne und Basel wurden Cn tion ¿ü veranftaltet ; dieselben gaben jedo. u Séörungea fkeinen Anlaß. An einigen Orten wurden Refolutionen bes&lofen, betreffend die Revision des schweijerishen Fabrikgesezes im Sinne der Einführung des zehnstündigen und für gesundheitsgefährlide Berufsarten des neun°- und aQtstündigen Arbeitstages. n

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In Madrid find die geftera dort abzeb Meetings sebr ruhig verlaufen. Es sind nir vorgekommen, überall berrshten normale Zustände.

In Chriftiania wurde Seitens der Arbeiterkorvora- tionen gestern Nahmittag ein Zug dur die Stadt veranstaltet, an welchem etwa 4000 Personen tbeilnabmen. Es wurden ver'cbiedene Reden gebalten zu Gunsten des achtstündigen Arbeitstages. Es berrs{te überall vollständige Rukbe. i

Die Aus standsbewegung im Ruhrkohlenrevier ist au am gestrigen Tage nah der Darstellung der „Rh.-W. Ztg.“ rückläufig geblieben. Ein Rest von Theilstrikes mat i noch in der Bohumer Gegend und den Nachbarorten bemerkbar, während in den übrigen Revieren alle Belegschaften wieder ruhig an der Arbeit sind. Folgende Zahlen über die Lage auf einzelnen Zehen werden noch von Interesse sein.

Auf Zede „Eiber g“ bei Steele sind gestern Morgen von 336 Mann 246 Mann angefahren, 85 Mann mehr als vorgestern. Auf der Krupp's{en Zehe „Ha nnorer* I und Il sind diejenigen, die gestern noch snicht arbeiteten, endgültig als entlassen erklärt. Auf Zee „Holland* bei Wattenscheid ist der Strike beendet. Die Leute, welche heute ncch nit angefabren sind, werden als endgültig entlaffen betraGtet. Auf den Zehen der Harpener Bergbau - Aktiengesellschaft „Prinz von Preußen“ bei Langendreer und „Caroline * sind die Belegschaften wieder voll- zäblig angefahren. Auf Zee „, Vollmond“ bei Langendreer sind 15 Mann mehr angefahren. Auf der der Harpener Bergbar-Aktiengesell- saft gehörenden Zehe „Recklinghausen®“ bei Redcklinabausen (Schadt Il) fehlen dagegen seit vorgestern 200 Mann von der Belegschaft. Auf Zee „ver. Marianne und Steinbank® siad gestern Morgen 8 unter Tage, 310 Mann über Tage angefabren. Auf Zehe „ver. Engels8burg“ find 86 Mann unter Tage und 44 über Tage angefahren. Aus den Werkstätten des Bocumer Vereins sind ca. 150 Arkbciter, die früber Bergleute waren, mittels Sonderzuges nach der Zee „Hasen- winkel* gefahren, um dort die Arbeit aufzunchmen. Auf Zee eBonifacius“ bei Kray sind gestern Morgen 579 Mann unter Tage angefabren, 124 Mann mehr als vorgeftern. Auf Zee „Centrum“ bei Wattenscheid find Morgens von 774 Mann 703 Mann unter Tage, über Tage von 467 Mann 464 in Arbeit. Es steben also roch aus 74 Mann. Auf Zee „Fröblihe Morgensonne*“ bei Wattenscheid sind unter Tage 518 und über Tage 146 in Arbeit. Auf Zehe „Minister Stein“ ist Alles wieder angefahren. Auf Zee „Helene Nactigall“ is Morgens ebenfalls wieder Alles an- gefahren. Auf Zee „Blankenburg“ ist geftern Morgen Alles angefabren. Auf Zee „Friedliher Nahbar* find 99 Mann unter Tage und 62 Mann über Tage angetahren.

Am Donnerstag in der Natmittagsschicht, von Donnerstag auf Freitag in der Na@tsbiht und am Freitag in der Morgenshiht fstrikten im Ganzen 7327 Mann. Am Tage vorher fstriklen in demselben Zeitraum 12000, Dienstag zu Mittwoh 16000 und an dem Tage vor diesem 20 000 Mann. Der Strike ift beendet auf folgenden Zechen : „Amalie“, „Blankenburg** „Bonifacius*, „Bruchstraße“, , Concordia“, „Bommerbänker Tiefbau“, „Constantin der Große“, „Dannenbaum“ Scächte I, II, III, IV und V, „Franziéka Tiefbau“, „ver. Germania* Schacht I und IL, „Hannover“ I und II, „Helene Na@tigall“, „Kaiser Friedrich“, „Königin Elisabeth" (S{acht ,Wilbelm*), „Königsarube“, „ver. Präsident“, „Prinz Wilbelm“, ,Wiendablsbank“, „Minifter Stein“, und „Eintrat Tiefbau“. Freitag Na@mittag sind auf Zehe „Reck- linghausen* Schacht Il 100 Mann nickt angefabren. Auf den anderen noÿ theilweise durch den Strike betroffenen Zehen der Harpener Bergbau- Aktiengesellschaft ist nur Morgenschit.

Aus Gelsenkirhen wird telegrapbisch gemeldet: Der am Donnerstag Abend verhaftete Redacteur der Bergarbeiter- Zeitung Hüninghaus isff nach protokollarisher Vernehmung gestern Mittag wieder freigelassen worden. ä

Aus New-York berichtet ein Wolff’s{es Telegramm: Gestern haben gegen 5 bis 6000 Grubenarbeiter aus dem Distrikt von. Pittsburg die Arbeit niedergelegt, da ihr bisheriger Lohntarif mit dem gestrigen Tage abgelaufen war; mit der Frage des Acbtstundentages hängt der Ausstand nicht zusammen. Der größte Theil der Bergarbeiter in Ohio bat die Arbeit bis zur endgültigen Ent- \hließung der Arbeitgeber auf ihre Forderung niedergelegt. Die Arbeiter verlangen Arbeit bis zum 1. Mai 1892 und dieselben

tenen Arbeiter- nd Ausschreitungen

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Löhne wie im vergangenen Jahre. In Indiana haben 3000 Berg- arbeiter den Ausstand begonnen. Ein Telegramm aus Dagnoîn (Illinois) besagt, der Strike in dieser Gegend dauere fork. Seitens der Ausständigen verlange man die Ausführung des Gesetzes, be- treffend den Achtstundentag und die allwöchentliche Einzahlung von 15 Cents für jeden Arbeiter in die Strikekasse. Vor Bewilligung dieser Forderungen solle die Arbeit niht aufgenommen werden.

Handel und Gewerbe,

Täglihe Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesten. „An der Ruhr sind am 1, Mai gestellt 83471, nit recht- zeitig gestellt keine Wagen. In Obers lesien sind am 30, v, M, geftellt 2750, nit rebtzeitig gestellt keine Wagen.

i Subhastations-Resultate,

„„_ DBeim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am 30, April und 1. Mai d. J. die nachverzeihneten Grundstücke zur Versteigerung : Pankstraße 32e, dem Bauunternehmer Franz Nürn - berg gehörig und mit 14710 A Nutzungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt, Das geringste Gebot wurde auf 974,06 4 festgesezt. Ersteberinnen wurden die Frl. Louise, Bertha und Helene Kunz zu Berlin für das Meistgebot von 210 090 4— Ferner das Grunde in der Münzstraße 17, der Handelsgeselshaft M. Blumen- reib & Co. gehörig. Das geringste Gebot wurde auf 1500 4 seitgeseßt, Ersteher wurde der Architekt Wilhelm Brackrcock zu Berlin für das Meistgebot von 834 000 4

AufgehobeneSubhastation. Beim Kön iglihenAmts- geriht I Berlin wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung des Bok-Dracbholz’shen Grundstücks WMarienburger- traße 30, Grundbuh von den Umgebungen Band 148 Nr. 6863, und die Termine am 23, Mai 1891 aufgehoben,

Berlin, 1. Mai. Amtliche Preisfeststellung für Butter, Käse und S{malz.) Butter: Pof- und Genofs)en- schaftsbutter Ia. 94—96 M, Ila 92—93 M, IIla. —, do. abfallende 88—91 , Land-, Preußische 83—85 4, Netzbrücher 33—89 M, Pommershe 83-—8§8) #, Polnishe 83—§5 M, Bayer. Sennbutter #, do. Landbutter K, Schlesische 83—85 H, Galizishe A Margarine 40—70 A Käse: Stweizer, Emmenthaler 93—98 6, Bayerischer 75—80 K, do. Ost- und Westpreußisher Ia. 72—78 X, do. Ila 65—70 M, Holländer 59 —9%0 M, Limburger 40—46 #, Quadratmagerkäse Ia. 20—24 M, do Ta. 12—14 46 —- Schmalz: Prima Western 17 %% Ta, 41,00 M, reines, in Deutschland raffinirt 43,00—45,00 , Berliner Braten- {malz 45,00—49,00 A Fett, in Amerika raffinirt 38,00 Æ, in Deutschland raffinirt 40,00—42,00 4 Tendenz: Butter: Geringer Konsum, bedeutende Zufubren und viel abweichende Qualitäten ver- anlaßten einen ferneren Preiërückgang. Schmalz: unverändert.

_— Der Eschweiler Bergwerks- Verein erzielte, wie die „Köln, Ztg,“ meldet, im dritten Quartale des Geschäftsjabres 1890/91 einen Bruttogewinn von 525250 & In den ersten neun Monaten desselben Jahres sind 20672 90 6 gegen 2408 877 6 im ganzen Vorjahre erzielt worden.

Der Aufsichtsrath der Bremer Pferdebahn beschloß cine 8 9/0 Dividende (gegen 5 %/9 im Vorjahre).

Aachen, 1. Mai. (W. T. B) Heute fand die erste Tu(- auktion des Aagten-Burtscheider Tut fabrikanten- Vereins statt, Es waren circa 800 Stücke angefahren, Auswärtige Käufer waren ziemlich zablreih vertreten, der Umsay war sehr un- bedeutend, da zu hobe Forderungen gestellt wurden.

Nürnberg, 1. Mai. (W. T. B.) Die Vereinigung der baverishen Spiegelglasfabrikanten hat in ibrer zu Fürth abgebaltenen Generalversammlung bes{lossen, die Arbeit vom 19. Mai ab auf vier Wochen für den Fall einzustell| en, daß der Export nah Amerika weiterhin so gering bleibt.

Leipzig, 1, Mai. (W. T. B) Kammzug - Termin- bandel. La Plata. Grundmuster B. pr. Mai 4,35 O ») Juni 4,377 „4, pr. Juli 440 #4, pr, August 4425 #, pr. Sep- tember 4,423 #, pr. Oktober 4,427 „4, pr. November 4423 M, pr. Dezember 4,42 , pr. Januar 4,427 46 Umfay 195 000 kg. Behauptet.

Gotba, 1. Mai, (W. T. B) Serienziehung der Bukarester 20-Francs-Loose: 88 105 128 142 156 275 298 370 378 384 402 451 555 562 576 593 613 662 674 794 878 909 988 1002 1250 1271 1417 1487 1582 1626 1674 1742 1815 1883 1998 2093 2107 2202 2261 2271 2310 2546 2641 2686 2750 2799 2852 2925 2939 2941 2969 2990 3128 3180 3272 3445 3467 3602 3618 3919 4357 4440 4479 4531 4581 4639 5004 5166 5230 5283 9288 5345 5422 5501 5507 5586 5681 5703 5817 5903 6220 6242 6402 6490 6512 6700 6738 6899 6909 6992 7167 7199 7349 7489, 50 000 Fr. Serie 5166 Nr. 62, 10000 Fr. Serie 5703 Nr. 35, 5000 Fr. Serie 384 Nr. 64.

Wien, 1. Mai. (W. T. B) Gewinnziehung der fterreihischen 1860er Loose: 300003 Fl. auf Nr. 16 Ser. 4397, 50000 Fl. Nr. 16 Ser. 10731, 25000 Fl. Nr. 17 Ser. 10731, je 10000 Fl. Nr. 10 Ser. 4104, Nr. 4 Ser. 7986, je 5000 Fl. Nr. 14 Ser. 310, Nr. 2 Ser. 405, Nr. 13 Ser. 2355, Nr. 20 Ser. 3117, Nr. 2 Ser. 3685, Nr. 18 Ser. 4383, Nr. 2 Ser. 5281, Nr. 9 Ser. 9195, Nr. 8 Ser. 11074, Nr. 9 Ser. 13522. Nr. 8 Ser. 14219, Nr. 16 Ser. 15817, Nr. 17 Ser. 15888, Nr. 14 Ser. 16494, Nr. 6 Ser. 19801.

Serienziehung der öfterreihishen Kreditloose: 103 182 312 329 654 712 858 918 1148 1205 1399 1915 2177 2209 2228 2234 2253 2471 3641, 150 000 F. Nr. 98 Ser. 2234, 30 000 Fl. Nr. 63 Ser. 1915, 15 000 Fl. Nr. 50 Ser. 312, je 5000 Fl. Nr. 52 Ser. 182, Nr. 43 Ser. 2234.

London, 1. Mai. (W. T. B.) An der Küste 3 Weizen- ladungen angeboten. t

Manchester, 1. Mai. (W. T. B.) 12r Water Taylor 6E, 30r Water Taylor 8f 2B Water Leigh 74, 30r Water Clavton 7F. 32r Mock Brooke 8, 40r Mayoll 8, 40er Medio Wilkinson 94, 32r Warpcops Lees 73, 36r Warpcops Rowland 8Ì, 40r Double Weston 2, 60r Double Courante Qualität 122 32“ 116 vards 16 K 16 grey Printers aus 32r/46r 163. Fest.

Glasgow, 1. Mai. (W. T. B) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sih auf 512 088 Tons, gegen 784 482 Tons im vorigen Jahre.

Die Zabl der im Betriebe befindliGen Hochöfen beträgt 57 gegen 87 im vorigen Jahre.

Washington, 1. Mai. (W. T. B) Die Sgt{uld der VereinigtenStaaten hat in Monat April um 1514 327 Doll. abgenommen, im Staats\chag befanden si{ ult. April 700 162 858 Doll.

_— 2, Mai. (W. T. B.) Der Sekretär des Swhayamts Foster begann geftern mit der Ausführung der angekündigten Mafnabmen zum JInumlaufsetßzen von zwanzig Millionen Silbermünze, die fi gegenrärtig noch in dem Staatëschat bes finden. Gelegentli einer Unterredung spra Foster beute die Ansicht aus, daß die Regierung allen Anforderungen des Geldverkebrs werde genügen können. Foster fügte binzu, daß die gegenwärtige Regierung außer den bereits von ibr aus dem Verkebr gezogenen 236 Millionen Dollars ODéeéligationen während ibrer noch zweijährigen Amtsdauer einen weiteren beträhtlihen Theil derselben zurückzuziehen gedenke.

New-York, 1. Mai. (W. T. B.) Baumwollen-Wocen- beriht. Zufuhren in allen Unionshäfen 61 000 Ballen, Auéfubr na© Großbritannien 74 000 Ballen, Ausfubr na§ dew Kontinent 37 000 Ballen. Vorrath 465 000 Ballen.

Heute find 2320000 Dollars Gold zur Ausfuhr na Europa bestellt.