1891 / 107 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 08 May 1891 18:00:01 GMT) scan diff

eblien und weniger erheblichen Delikten sei eine unglückliche; weder Fe en lien Berstöße gegen die guten Sitten, noch der Begriff der Ordnung im Betriebe und der Oa Betriebes seien klare, unzweideutige Begriffe, sondern es feien pißfindi Ee welche in die Arbeitsordnung die g Willkür einführten. Jedenfalls werde ein großer Theil der Freisinnigen diesem unangebrahten Kompromiß nit zustimmen. In zweiter Lesung sei allseiti betont worden, daß die Höhe der Strafe für deren Wirksamkeit nit entscheidend sci.

Abg. Möller: Er habe schon in der zweiten Lesung hervor- gehoben, daß an diesem Punkte eine Verständigung bis zur dritten Lesung ed erforderli sei, wenn das Geseß zu Stande kommen solle; der Abg. Freiherr von Stumm stehe also nit allein, Gr (Redner) sci nit für zwangsweise Einführung von Arbeitsordnungen ; wenn man aber einmal den Zwang dazu habe, müsse auch mit Disziplinarstrafen vorgegangen werden können, damit die Disziplin und Ordnung aufrecht erhalten werde. Ohne Disziplin sei, wie in der Armee, so auch in der Industrie, Ordnung niht möglich. In England gebe es viel härtere Strafen, dort könnten die Arbeiter sogar für eine gewisse Zeit zur Strafe von der Arbeit ausgesch{lossen werden. Die englishen Arbeiter erkennten die Nothwendigkeit der Disziplinarstrafen an. Gerade für die jugendlihen Arbeiter, unter welchen ih, wie ja auch die Sozialdemokraten am eigenen Leibe erfahren hätten, recht unangenehme Elemente befänden, würden diese Strafbestimmungen ein wirksames Zuchtmittel fein. In dem Kom- promiß werde ein großer Rükschritt gegen den bestehenden Zustand gemacht; in den geltenden Arbeitsordnungen seien viel höhere Strafen, bis zu 10 4 angedroht. Die übertriebenen usführungen des Abg. Singer seien nur zum Fenster hinausgesprochen und nur dazu bestimmt, die Ruhe der dritten Lesung zu stören. Die Behauptungen der Abgg. Singer und Dr. Hirsh über den jüngsten Strike der Bergarbeiter würden in weiten Kreisen Mißtrauen erregen, sie seien nicht unter Beweis gestellt, also unwahr. SolWe unerwiesenen Behauptungen wirkten nur agitatoris, nicht überzeugend. Es sei bedauerli, A nachdem der Strike eben beendet sei, das Feuer durch solche Bemerkungen von Neuem geschürt werde. Die Sozialdemokraten hätten \sich zwar bemüht, den Strike zu verhindern, wenn sie es aber wirklih ernst wollten, sollten sie dur solhe Brandreden nicht wieder Erregung hafen. (Vize-Präsident Baumbach bezeichnet den Ausdruck „Brandrede“ einem Redner des Hauses gegenüber für durchaus

r E , nat V tér Gegen die Willkêr der Arbeitgeber bezüglich der Höhe der Strafgelder sei die Kontrole vorhanden, daß die Arbeiter den Fabrikinspektor auf zu hohe Strafen aufmerksam machen könnten, wenn sie niht sogar an das Gewerbegeriht gingen. Die Strafen müßten dem Verdienst des Arbeiters entsprehen, sodaß sie fühlbar würden. Der Handels-Minister habe in zweiter Lesung die Unan- nehmbarkeit des damaligen Beschlusses ausdrücklih erklärt, deshalb habe man ein anderes Kompromiß schließen müssen. Er (Redner) würde gern mit den Sozialdemokraten ein Einverständniß suchen, wenn sie dann für das ganze Geseg stimmen wollten. Man müsse aber vor Allem der Regierung das eses, annehmbar machen und dürfe es im Interesse der Arbeiter niht gefährden.

Abg. Bebel: Seine Partei habe die Ruhe der dritten Lesung nit gestört, denn sie habe den §. 153 nicht zuerst in die Debatte gezogen. Sehr werthvoll sei ihr die Bemerkung des Handels- Ministers gewesen, daß dieses Kompromiß mit dem §. 153 in Flle sammenhang stehe. Man habe also hier das Kompromiß geschlossen, um nachher auf §. 153 verzihten zu können. Seine Partei habe Alles aufgeboten, um den Bergarbeiterstrike_ unmöglich zu machen. Daß die Bergarbeiter sih troßdem auf den Strike eingelassen hätten, rufe die Vermuthung wah, daß dabei Mächte im Spiele gewesen seien, die ein Biere gehabt, den Strike hervorzurufen. Von durchaus zuverlässiger Seite sei seiner Partei die Mittheilung ge- macht worden, daß ein Bergwerksbesiger erklärt habe: Es ift hade, daß die Sache so rasch zu Ende geht, wir daten, es wäre jeßt endlih die Zeit gekommen, wo wir die Kerle unter die Füße kriegen können. So hâtten die Unternehmer den Strike benuygen wollen, um die Errungenschaften aus den leßten Jahren den Arbeitern wieder streitig zu mahen. Die „Rheinish-Westfälishe Zeitung“ habe \{chon vor Monaten von einem Strike gesprochen, ehe noch ein Mensch daran gedacht habe, wahrs{einlich sei also der Strike durch Unternehmer provozirt. Wenn der Abg. Möller jeßt zum Frieden und zur Ruhe rathe, so möge er seinen Einfluß dahin geltend machen, daß die „Rheinisch- Westfälishe Zeitung“ ihren \Gamlosen Ton gegen die Arbeiter unterlasse. Nichts reize die Arbeiter mehr auf, als der Ton dieses Organs. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Zahlreiche Führer der Arbeiter hätten jet ins Gefängniß wandern müssen, wenn sie au no so versteckt und privat zum Strike aufgefordert hätten; es scheine, daß die rheinish-westfälishen Staatsanwalte ihre Schuldig- keit durchaus gethan hätten, ein Beweis mehr, daß die bestehende Gesetzgebung vollständig ausreihe. Der Abg. Möller lage Disziplin müsse in der Armee und in der Industrie herrschen. Das sei hier derselbe Streit, wie über die Schuldisziplin. Manche glaubten ohne Strafen niht auskommen zu können, manche erreihten es mit Ermahnungen und freundliGem Entgegenkommen. Bei humanem Entgegenkommen vertrügen sich die Menschen. Wo aber das plumpe rohe Wort eintrete, entständen Streit und Kämpfe, Die Höhe der Strafe thue es niht, sie verbittere im Gegentheil. Aus den Berichten der österreihishen Fabrikinspektoren ersehe man, daß, wo die Strafen am Höchsten seien, das Verhältniß zwischen Arbeitern und Arbeitgebern am Unfreundlichsten sei; dieselbe Erfahrung habe er als Arbeiter und als Unternehmer gemacht. Könnten disziplinlose Arbeiter wirklich niht zur Vernunft gebracht werden, so könnten sie entlassen werden. Ein Kompromiß zwischen dem Abg. Hitze und den Sozialdemokraten wäre sehr einfah. Man brauche nur die 88. 119 a, 124b und 134 Abs. 2 zu streihen, so würden die Sozialdemokraten mit Vergnügen für das ganze Geseß troß mancher Verschlechterungen stimmen. Die Fassung des Antrages set so dehnbar, daß die Unternehmer Alles damit machen könnten, Wenn man \{on bei den Männern, welche Recht zu sprechen hätten, auf zu harte Strafen stoße, wie viel mehr hier, wo eine Partei, der Unternehmer selbst Richter sei, Ueber den Begriff der Störung des Betriebes entscheide ja lediglih der Arbeitgeber. Es freue ihn, daß der Abg. Freiherr von Stumm nicht die Gelegenheit, einen Straf- antrag zu stellen, wahrgenommen habe. Der Abg. Freiherr von Stumm irre darin, daß die betreffende Redaktion mala fide ge- handelt habe ; wie follte sie von der 'neuen Fabrikordnung des Abg. Freiherrn von Stumm Kenntniß haben? Er (Redner) habe außerhalb des Paules nicht davon gesprohen, Wenn das Magdeburger Blatt die

abrifordnung von 1864 fkcitisirt habe, so sei es geschehen, weil es niht gewußt habe, daß sie niht mehr bestehe. Die Abg. Dr. Gut- fleisch u. Gen. sch{lügen bier eine Vershlehterung vor. Die Strafen würden härter sein, als den Einnahmen des Arbeiters entspreche. Das könne er mit einem Arbeitershuß niht zusammenreimen.

Staats-Minister Freiherr von Berlepsch:

Meine Herren! Der Hr. Abg. Bebel ist der Meiaung gewesen, daß ih nicht befugt gewesen sei, die Vorgänge bei dem leßten Berg- arbeiteraus\stand zur Begründung heranzuziehen für die Nothwendig- keit, \härfere Strafbestimmungen gegen den Zwang zur Arbeitsein- stellung und gegen die öffentlihe Aufreizung zum Kontrakbruh zu erlassen. Er hat, wie auch sein Parteigenosse Hr. Singer, aus- gesprohen, daß, nahdem alle wahren Arbeiterfreunde, die Arbeiterführer aufs Eindringendste vor einem Strike gewarnt hätten, es wahrsheinlich sei, daß andere Mäthte hier mitgeredet hätten. Und die Herren haben darauf hinge- wiesen, daß nach ziemlich zuverlässigen Quellen es ihnen fast erwiesen sei, daß der Kapitalismus, diejenigen, die am Steigen der Kohlen- preise interessirt sind, Geld hergegeben hätten, um diesen Strike zu provoziren. Diese Behauptung ist niht unter Beweis gestellt worden. F{ch kann nur erklären, daß auch niht das mindeste Anzeichen den Be-

diese Thatsahe wahr, so ist es ja außer Zweifel, daß man sie aufs S@wärfste verurtheilen müßte, und ich würde gewiß der Erfte sein, der bereit wäre, derartigen unsauberen Prafktiken entgegen zu treten. (Bravo !) Aber, meine Herren, die Voraussezung der Sozialdemokraten, daß die wahren Arbeiterfreunde, die Arbeiterführer vor diesem Strike aufs Eindringlichste gewarnt hätten, ist unzutreffend. (Hört! hört! rechts. Na! na ! bei den Sozialdemokraten.) Ih gebe zu, daß die Mitglieder der sozialdemokratishen Fraktion, die von hier aus in das Bergrevier gereist sind, aus innerster Ueberzeugung heraus gegen den Strike gesprochen und den Rath ertheilt haben, zur Zeit (aha! rechts) nit in den Strike einzutreten, aus der Ueberlegung heraus, daß die Organisation der Bergarbeitershaft noch nit genügend vollklommen sei und daß der Ausstand deshalb nothwendigerweise zu einem Miß-

erfolg führen müsse.

Anders aber haben die sozialdemokratischen Führer an Ort und Stelle sich benommen. Ich will auch zugeben, daß in offentlichen Versammlungen häufig das Wort gesprochen worden ist : Wir warnen vor dem Strike; er wird wahrsheinlich einen Mißerfolg haben. Aber die Art, wie diese Warnung erfolgt ist, ist doch eine so merk- würdige, daß man zu der Ueberzeugung gelangt, daß das, was gesagt wurde, nicht gemeint worden ist. Wer mit Aufmerksamkeit den Be- rihten über diese Versammlungen gefolgt ist, wird gelesen und bemerkt haben, daß die Führer gesagt haben: Wir warnen zwar vor dem Strike; indessen auf der und der Grube ist bereits der Strike begonnenz eure Kameraden könnt ihr doch wohl nit im Stich lassen. Also es bleibt doch nihts weiter übrig, als in den Strike einzutreten; indessen wir wollen Niemand nöthigen ; jede Belegschaft

mag selber darüber entscheiden.

In einer sozialdemokratischen Zeitung des Bergrevier3, der „Zeitung der deutshen Bergleute“ das ist das Organ, das jeyt die sozial- demokratishe Partei im westfälishen Bergrevier vertritt war in dem Hauptblatte gegen den Strike auf das Eindringlichste gewarnt. An demselben Tage ersien ein Extrablatt dieser Zeitung, in dem

Folgendes großgedruckt stand: Wie wir soeben erfahren, is auch in Belgien der allgemeine

Ausstand ausgebrochen. Unsere belgischen Kameraden werden bis zum leßten Augenblick standhaft bleiben; sie striken aus Solidari-

tätsgefühl für ihre deutschen Kameraden. Ein großer Theil unserer Kameraden in Amerika hat eben-

falls die Arbeit niedergelegt. An uns gelangte Privatbriefe aus Desterreich und Frankreich besagen, daß in beiden Ländern die Kameraden die Arbeit nieder-

legen werden. ; Sn England ist ebenfalls ein Bergarbeiterstrike ausgebrochen.

Derselbe scheint auch ein allgemeiner zu werden. (Hört! hört !

rechts.) Meine Herren, wer hierin ein Abrathen vom Strike findet, den

verstehe ih nicht. (Heiterkeit.) Meiner Auffassung nach liegt die Sache anders. J ziehe aus

dem Angeführten den Schluß, daß die Arbeiterführer an Ort und Stelle, soweit sie der sozialdemokratischen Partei angehören, durchaus nit ernstliG und redlih bemüht gewesen sind, den Strike zu ver- hindern. (Lebhastes Bravo.)

. Auer: Der Abg. Singer und er hätten aus voller Ueber- E Arbeitern jm Kohlenrevier vom Strike abgerathen, und zwar „zur Zeit“. Etwas Weiteres hätten sie do niht gekonnt. Hätten sie die Arbeiter veranlassen sollen, den Strike für alle Zukunft abzushwören? Dann sei es do leiter, das Koalitionsrecht aus den Rechten der Arbeiter zu \treihen. Die Bergarbeiter müßten es nur allzu s{chlimm büßen, daß sie dem Rathe nicht gefolgt seien. Db Kapi- talien oder Rathschläge von anderer Seite gekommen seien, um die Arbeiter zu bestimmen, so zu handeln, wie sie gehandelt hätten, darüber sei er niht unterrihtet. Jhm gingen aber Tag für Tag Berichte zu, wona dieser Fehler der Bergarbeiter, daß sie in den Strike ein- getreten seien, von Seiten der Unternehmer in der rüdcksichtsloseften Weise ausgebeutet worden sei. Der Handels-Minister habe gesagt, die sozialdemokratishen Fraktionsführer hätten zwar gegen den Strike Stellung genommen, nicht aber die lokalen Führer. Er thue fehr Unre@t, wenn er die P für alle Aeußerungen in Bezug auf den Strike, die aus den Reihen der Bergarbeiter selbft ge- than seien, verantwortlich mache. Es könne ihm nicht unbekannt sein, daß eine große Zahl der Personen, welche in Dortmund auf dem Dele- girtentage den Beschluß gefaßt hatten, in den Strike einzutreten, nichts weniger als Sozialdemokraten seien. Au die Personen in der Leitung „des Verbandes seien durchaus nicht alle Sozial- demokraten. Nit alle sächsishen Bergarbeiter seien Sozialdemokraten, aber sie seien es in ihrer Mehrheit; und man sehe, die ganze Zwickauer Bewegung gehe vorüber, ohne die geringste Spur zurüczulafsen. Der Handels-Minister habe dann ein Extrablatt angeführt, das habe beshlagnahmt werden müssen. Das Extrablatt sei gewiß nicht ge- \chickt gewesen; der Mann, der dafür verantwortlih i sei ja auch in Haft genommen worden. So sehr s{limm müsse es indessen niht gewesen seien, denn der Mann sei nach der ersten Vernehmung entlassen worden. Die Angaben in dem Blatte seien allerdings nit richtig gewesen; sie hätten sih aber auf Tele-

ramme des Wolff’shen Bureaus, das mit den offiziellen Kreisen in Nerbindung stehe, gestüßt. Fehler seien gewiß vorgekommen; die Bergarbeiter hätten \sich durch die Aufregung hinreißen lassen. Hätte man hier aber Berufsvereine wie in England, würden die Arbeiterkoalitionen niht auf Schritt und Tritt verfolgt, dann könnte eine Thorheit, wie sie im Ruhrgebiet her- vorgetreten, einfah nicht vorkommen. Arbeiter aber, die nicht organisirt seien, ließen sich von dem Augenblick hin- reißen, seien sich über die Tragweite ihrer Beschlüsse nicht klar, und einer dieser Beschlüsse sei der in Boum zum Schaden der Arbeiter gefaßte gewesen. (Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Damit {ließt die Diskusfion.

8, 134b wird mit dem Antrage Gutfleish an- genommen. j j i :

8. 134c, welcher die Arbeitsordnung für beide Theile E rechtsverbindlich erklärt, gelangt ohne Debatte zur An- nayme. s :

Ä; 134d \{chreibt die Anhörung der Arbeiter vor Erlaß der Arbeitsordnung vor. t)

Abg. Adt sucht die Vorwürfe, die in zweiter Lesung Abg. Dresbach gegen den Fabrikantenstand in Pirmasens erhoben, als un- begründet nachzuweisen. y

Abg. Bebel: Der Abg. Dresbah sei nit anwesend; zunächst müsse abgewartet werden, was er antworten werde. Wenn niht im Reichstag, so werde er es jedenfalls in der Presse an der nöthigen Ant- wort nicht feblen lassen.

, 134d wird angenommen. T 4 . 134 e ordnet die Einreihung der Arbeitsordnung mit den von den Arbeitern geäußerten Bedenken an die untere Verwaltungsbehörde an. ; | Hierzu beantragen die l0gg. Dr. Gut flei\{ch und Gen. die Einschaltung: „soweit die Aeußerungen s\riftlih oder zu

eitsordnung zu äußern, müsse zu cinem wirksamen werden. Die oge Anhörung E Arbeiter könnte leiht in der Form abgethan werden, daß man die Arbeitsordnung im Comptoir zur Einsicht auslege und den Arbeitern sage: wer will, kann sie einschen und sich darüber äußern. Eine derartige Form der Anhörung des Arbeiters würde offenbar dem Geiste des Gesehes keineswegs genügen, da viele von den Arbeitern nicht den Muth finden würden, ihre Bedenken zur Geltung zu bringen. Das Geseß wolle vielmehr, daß den Ar- beitern in ihrer Gesammtheit die Arbeitsordnung in einer Ver- sammlung vorgétragen und Gelegenheit gegeben werde, sih zu äußern oder durch Vertreter davon Kenntniß zu nehmen. Dann werde die orderung, die Aeußerungen und Bedenken zu Protokoll zu nehmen, ih von selbst einstellen. Er möchte die Antragsteller bitten, zu erllären, daß der Antrag in diesem Sinne gemeint sei. Abg. Dr. Hartmann glaubt sich als Mitantragsteller niht legitimirt, im Namen der Redaktionskommission zu antworten, sei aber der Meinung, daß mit dem Antrage der Sinn zu verbinden sei, den Abg. Dr. Hirsch damit verbunden habe. , 134e wird angenommen. hne erhebliche Debatte werden die folgenden 88. 134 f bis 134h, 135 bis 139b mit lediglich redaktionellen Ab- änderungen angenommen, ebenso Art. 1A, statutarishe Be- stimmungen und Art. 3. i Art. 4 enthält die Strafbestimmungen, 88. 146 bis 159. Gegen den Antrag Gutfleish und Gen. zum S. 149, welcher in Konsequenz des gestern auf Antrag Gutfleish- Hiße angenommenen Verbots der Lohncessionen eine Uebertretung diejes Verbots unter Strafe stellen will, erklärt sich Geheimer Regierungs-Rath Dr. Hoffmann, während der Abg. Dr. G ut- fleisch die Nothwendigkeit der s A zum Zweck einer wirksamen Verhinderung dieses unzulässigen Recht3- geschäfts vertritt. 8. 149 wird mit dem Antrage Gutfleisch ange nommen. Der Rest des Geseßes, Art. 5 bis 7, wird ebenfalls ohne er- heblihe Diskussion mit einigen minder wesentlichen. Abände- rungen angenommen. : f An

Ein Antrag, au für die in Spinnereien beschäftigten jugendlichen Arbeiter die bisherige Dauer der Beschäftigung für eine Uebergangszeit bis längstens zum 1. April 1894 bei- ubehalten, ist von den Abgg. Beckmann, Dr. Hartmann, er, Zimmermann gestellt, wird aber von dem Abg. Dr. Schädler Namens der Mehrheit des Centrums und von den Abgg. Dr. Hirsch und Auer bekämpft, vom Geheimen Regie- rungs:Rath Dr. Königs und dem Abg. Freiherrn von Stumm befürwortet und s{ließlich abgelehnt. Das Gese soll, abgesehen von der Hinausschiebung des Termins für gewisse Spezialvorschriften, am 1. April 1892 (statt am 1. Januar 1892) in Kraft treten. / i Damit ist die dritte Berathung des Gesehes im Ein- zelnen ri end e ; Die Gesammtabstimmung wird in der reitagssizung erfolgen. i

s Die An iafened Petitionen werden durhch die gefaßten Beschlüsse für erledigt erklärt. Shluß 31/2 Uhr.

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstage ist der folgende Entwurf eines Geseßes, betreffend die Unterstüßung von Familien der zu Friedensübungen einberufenen Mannschaften, vom Reichskanzler vorgelegt worden :

8, 1, Die Familien der aus der Reserve, Landwehr oder See- wehr zu Friedensübungen einberufenen Mannschaften erhalten im Falle der Bedürftigkeit aus öffentlihen Mitteln Unterstüßungen. Die Gewährung der Unterstützungen richtet sich, soweit nachfolgend {ht Besonderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des Gesetzes, betreffend die Unterstüßung von Familien in. den Dienst eingetretener Mann- \chaften, vom 28. Februar 1888. : ;

, 2. Die Unterstüßungen sollen mindestens betragen: a. für die Ghefrau im Mai, Juni, Juli, August, September und Oktober 20 S, in aon R M A j b, für jede der sonst unterstüßungsberehtigten Personen äglih. j

L 3 Die L A Unterstütßungsbeträge sind in wöchentlichen Naten vorauszuzahlen. Í N 8 4, Von den gezahlten Unterstüßungen wird die Hälfte der im §. 2 festgeseßten Mindestbeträge aus Reichsmitteln erstattet. Die Erstattung hat vor Ablauf des Etatsjahres zu erfolgen, in welchcm die Zahlung stattgefunden hat. /

8, 5, Dieses Geseh tritt am 1. April 1892 in Kraft.

n der Begründung heißt es:

M zur Unterstü ung erforderlihen Summen können auf eiwa 450 000 6 oder, Falls die Unterstüßung auf die Fälle der Be- dürftigkeit beshränkt wird, auf ctwa 320 000 6 jährlich veranschlagt werden, Beträge, welche ohne allzu erhebliche Belastung sich auf- bringen lassen, wenn anders die reih8geseßliche Organisation einer Fürsorge für die Familien der zu Friedensübungen Einberufenen als eine berehtigte Forderung anzuerkennen ist.

Die Berechtigung dieser Forderung ist allerdings im Laufe der gepflogenen Erhebungen mehrsach in Zweifel gezogen worden, weil einerseits die Ehefrauen der Reservisten und Landwehrleute ¿foemäßig im Stande seien, während der meist in die arbeitsreid;eke Periode des Jahres fallenden Uebungen ihren Unterhalt dur eigene Thätigkeit zu erwerben, und weil andererseits die Militär-- behörden ihrer Befugniß gemäß häuslihe und gewerb- lihe Verhältnisse, welhe die Lage des einzelnen waffen- pslihtigen Mannes ungewöhnlih- 7rschweren, in entgegen- kommender Weise zu berücksichtigen pflegen, Auch ist die Be- sorgniß laut geworden, daß die den Familien der Einberufenen von anderen Seiten, insbesondere von Dienstherrshaften, von Gemeinden, Vereinen 2c. bisher freiwillig gewährten Erleichterungen und Bei- hbülfen in Zukunft ausfallen möchten, sobald den betheiligten Kreisen dur eine geseßlihe Regelung die Gewißheit gegeben sein wird, daß die Familien N von geseßlich verpflichteter Seite

terstüßungen erhalten.

E “So beabtenswerth diese Erwägungen au sein mögen, so können sie do die Bedürfnißfrage,-welhe im Reichstage lebhaft vertreten und von den Bundesregierungen nicht s{lechthin bestritten worden ist, niht völlig erledigen. Es muß zugegeben werden, daß die Einberufung, namentlich wenn sie den Familienvater auf eine Reihe von Wochen seiner ge- wohnten Thätigkeit und dem Arbeitsverdienste entzieht, die Familie in eine Nothlage verseßen kann; und es erscheint in der Billigkeit begründet, in solhen Fällen für den Unterhalt der Angehörigen durch Gese Vorsorge zu treffen; auch ift es im militärischen Interesse er- wünsht, die Diensifreudigkeit der Cinberufenen dur die Gewißheit einer Versorgung der Familie t heben.

Unterstüßungen aber unabhängig von der Voraussezung der Bes dürftigkeit zu gewähren, ift für die Friedensübungen ebensowenig, wie für den Fall der Mobilmachung erforderlih. Ganz allgemein gewährt würde die Unterstüßung die Natur einer Entschädigung gewinnen und in dieser Eigenschaft zu dem im Geiste unserer Heeres- verfassung beruhenden Grundgedanken, daß die Wehrpflicht als eine staatsbürgerlihe Ehrenpfliht unentgeltliG abiu- leisten is, in WiderspruG treten. ieraus ergiebt gleichzeitig, daß den Familien nit voller Ersay für die dur die Einberufung ihrer Ernährer entstehenden Ausfälle, sondern nur eine Beihülfe zur Beschaffung der nothwendigsten Lebensbedürfnisse in

Protokoll erfolgt sind.“

Hêrden in dieser Beziehung zur Kenntniß gekommen ist. Wäre aber

Abg. Dr. Hir\ch: Das Ret der Arbeiter, \sich über die *

solher Höhe zu gewähren sein wird, welche das Eingreifen der öffent- lihen Armenpflege entbehrlich macht, Die dazu erforderlichen Beträge

lassen si bei der Verschiedenheit der örtlihen Verhältnisse niht ein- heitlih festseßen. Es bleibt auch hier nur der durch das Gesez vom 28. Februar 1888 betretene Weg zu verfolgen, daß Mindestbeträge fest- geseßt werden, unter welhe nicht hinabgegangen werden darf, sobald im einzelnen Falle das PeeiaE einer Unterftüßung überhaupt anerkannt worden ist. Für die Bemessung der Mindestbeträge kommt in Be- trat, daß die Eiuziehung zu Fciedensübungen den Familien der Ein- berufenen Lege mama nicht so empfindlich wird, wie die Einberufung im Falle der Mobilmachung. Abgesehen davon, daß die Einziehung zu jenen Uebungen von absehbarer und kurzer Dauer is, wird auch die Lage der allgemeinen Verhältnisse regelmäßig derart sein, daß den Familienangehörigen die Gelegenheit verbleibt, vorüber- PeHans sih selbst einige Ginnahmen zu schaffen. Die Mindestbeträge rauhen daber keinesfalls über diejenigen Säße hinauszugehen, welhe dur das Gesey vom 28, Februar 1888 gegeben sind. Diese Säge betragen für die Ehefrauen im Sommer 6, im Winter 9 K, für die Kinder u. \. w. überhaupt 4 M auf den Monat, oder auf den Tag 20 4 und 30 Z für die Ersteren, 13} &H§ für die Leßteren. Für die gegenwärtige Regelung bedarf es einer Festseßung nah Tagen, weil die Dauer der Uebungen nah Tagen festgeseßt zu werden ‘pflegt. Wenn man hierbei in An- sehung der Ehefrauen dke Sätze des Mobilmachungsfalles festhält, so wird man um jo weniger Bedenken haben können, mit dem Saße fe Me er und übrigen Unterstüßungsberechtigten bis auf 10 4

nabzugehen.

Aus den in §. 1 des Gefeßes vom 28. Februar 1888 berüd- sihtigen Kategorien von Wehrpflichtigen \cheidet hier der Landsturm aus, da derselbe zu Friedensübungen niht herangezogen werden darf. Außerdem ist aber auch den Ersazreservisten und den zur Disposition der Truppen- (Marine-) Theile entlassenen Mannschaften ein Anspruch auf Unterstüßung ihrer Familien um deswillen niht einzuräumen, weil die bezeichneten Klassen während der Dauer der Einberufung überhaupt nur ihrer ersten Dienstpflißt genügen. Der Fall, daß Mannschaften, welche das wehrpflihtige Alter überschritten haben, freiwillig zu Friedenéübungen eintreten, is in den militärischen Be- stimmungen nit vorgesehen und bedarf daher der Berücksichtigung

nicht.

HinsichtliG der Frage, welchen Verbänden die Unterstützungs- pfliht aufzuerlegen sei, besteht nach den erfolgten Erhebungen Einverständniß insofern, als die Gemeinden zur Uebernahme dieser Verbindlichkeit als ungeeignet bezeihnet werden. Von anderen Erwägungen abgesehen, fällt hierbei entscheidend in das Gewicht, daß die Leistungsfähigkeit der Gemeinden sehr ungleihmäßig ist, und häufig im umgekehrten Verhältniß zur Bevölkerungs- ziffer steht. Ueberdies liegt die Besorgniß nahe, daß manche Gemeinden bei Entscheidung der Frage, ob die Familien der Ein- berufenen bedürftig \sinb, si durch Sparsamkeitsrücksichten beeinflussen lassen und die Unterstüßungen in einer Weise gewähren, welche den- selben die Natur kommunaler Armengelder verleiht.

Der Entwurf hat demgemäß von einer Belastung der Gemeinden abgesehen. Es läge unter diesen Umständen nahe, die Unterstüßungs- pfliht völlig zu centralisiren und aus\ch{ließlich dem Reiche aufzu- erlegen. Für die Betheiligung des Reichs spriht die Erwägung, daß die Fürsorge für die Familien der zu Friedensübungen einberufenen Mannschaften zu dem einheitlih geregelten Heerwesen, zu der Erfül- lung der allgemeinen Wehrpflicht, zu der Erhaltung und Stärkung der nationalen Wehrkraft in naher Beziehung teht. Auch ist der durh das Geseß vom 28, Februar 1888 geschaffene Rechtszustand nicht ohne präjudiziele Bedeutung. Zwar ist die Verpflichtung, bei Mobilmachungen der obne zu folgen, wegen der meist - längeren Dauer der inziehung, wie auch wegen der Gefahren, welhen Leben und Gesundheit der Einberufenen im Kriege ausgeseßt sind, mit der Verpflichtung zur Theilnahme an Friedensübungen nit in Vergleich zu stellen. Immer- hin handelt es sich aber dort wie hier um militärische Pflichten, denen der Einzelne im Interesse der Gesammtheit sich unterziehen muß. Nachdem daher für den Fall der Mobilmachung das Reih die Er- stattung der gewährten Unterstüßungen in Höhe der geseßlichen Mindestbeträge übernommen bat, wird hinsihtlich der Friedens- übungen die Mitwirkung des Reichs niht abzulehnen sein. ie aus- \cließliGe Belaftung des Reichs mit der ganzen Unterstüßungspflicht wird jedoch dur die vorstehenden Erwägungen nicht begründet, und gegen eine soweit gehende Beanspruhung der Mittel des Reichs sprechen ernste Bedenken praktischer Art.

Das Reich verfügt nicht über Behörden, welchen für diese tährlih sich wiederholenden Unterstüßungsregulirungen die Prüfung der Bedürftigkeitöfrage, sowie die Festseßung der Unterstützungsbeträge zugewiesen werden könnte; es müßte sich zu diesem Zroecke der Mit- wirkung von Staats- oder Gemeindebeamten bedienen, deren Thätig- keit jeder Einwirkung der Reichsverwaltung entzogen ist, Würde gleiYHwohl die Entscheidung in die Hände solcher Organe gelegt, so würde voraussihtlih bei den Bewilligungen das Maß des Noth- wendigen vielfach überschritten r:erden, ohne daß die Reihsverwaltung ein Mittel der Abhülfe besäße. Das Ergebniß würde für die Reichs- finanzen um so bedenklicher sein, als es sich hier im Gegensate zu dem Mobilmacungsfall nicht um ausnahmsweise eintretende, sondern um regelmäßig wiederkehrende Leistungen handelt.

Es ist daher unerläßlih, neben dem Reiche noch andere Verbände für die Uebernahme der Unterstügungen in Anspru zu nehmen, und ¿war solche Verbände, welche in geeigneter örtliher Begrenzung über Organe verfügen, deren Sa@kunde eine zutreffende Beurtheilung der Verhältnisse und deren Interesse cine vorsihtige Bemessung der Unterstüßungsbeträge gewährleistet. Als solche Verbände bieten sh au bier, wie für den Mobilmachungsfall, die durch das Gesch über die Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873 gebildeten Lieferungsverbände dar. Es it bereits in den Motiven zu §. 3 des Geseßes vom 28. Februar 1888 dargelgt, daß die Lieferungsverbände ver- möge ihres in der Mehrzabl . der Bundesstaaten durchgeführten An- \ch{chlufses an die der preußischen Kreis-Eintheilung entsprehende Or- ganisation zur Erfüllung einer Aufgabe der hier fraglihen Art vor- zugsweise geeignet sind.

Um das Interesse der Verbände wirksam in Anspruch zu nehmen, wird eine andere Theilung der Unterstüßzungspfliht als nah Hälften nicht wohl in Frage kommen können. Die daraus ich ergebende Belastung der Verbände dürfte verhältnißmäßig gering sein und einen das Maß ihrer Leistungsfähigkeit übersteigender Umfang selbst dann niht annehmen, wenn die Zahl der alljährlich zu Uebungen ein- zuberufenden Mannschaften etwa in Zukunst erhöht werden sollte. Auf der anderen Seite wird nach der Eingangs dieser Begründung gegebenen zahlenmäßigen Darlegung auch für das - Reich keine über- mäßige U erwahsen, wenn es die Hälfte der jährlichen Unter- stüßungen in Höhe des geseßlihen Mindestbetrages übernimmt. Die

Zahlung dieser Hälfte wird, nach der Lage der Verhältnisse, zunäch\t und vorshußweise von den fraglichen Lieferungsverbänden zu bewirken sein. Die Erstattung geschieht zweckmäßig im leßten Quartal desjenigen Etatsiahres, in welhem die Unterstüßungen gezahlt worden sind.

Das bei der Erstattung einzushlagende Verfahren kann nur im Wege einer Ausführungsverordnung bestimmt werden.

Dem Reichstage is ferner der nachstehende am 4. d. M. zwischen dem Reih und Ftalien abgeschlossene Vertrag, betreffend die Befugniß der beiderseitigen Konsuln ur Vornahme von Eheschließungen, zu »erfassungsmäßigen

enehmigung vorgelegt worden :

Ark. 1. Die beiderseitigen General-Konsuln, Konsuln und Vize- Konsuln haben, soweit sie nach den Geseßen des vertrag\chließenden Theiles, der sie ernannt hat, dazu befunt find, das Recht, Ehe- O en zwishen Angehörigen diescs Theiles vorzunehmen und olhe Eheschließungen zu beurkunden.

Art. 2. Der gegenwärtige Vertrag soll am 1. Juli 1891 in Kraft treten.

Art. 3. Gegenwärtiger Vertrag soll ratifizirt und die Ratifi- kation8urkunden sollen spätestens am 31. Mai 1891 in Berlin aus- gewefelt werden.

Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmähtigten den

ra aegen Vertrag unterzeichnet und denselben mit ihren Siegeln ersehen.

Jn einer dem Vertrage beigefügten Denkschrift heißt es:

_ Die Lage der Ge eßgebung in Deutschland und Italien läßt es

wünschenswerth erscheinen, über die Befugniß der beiderseitigen Konsuln zu ECbeschließungen ein Abkommen zu treffen.

Das Reichsgeseß vom 6. Februar 1875, betreffend die Beur- kundung des Personenstandes und die Eheschließung (Reihs-Geseßbl. S. 23f 1 überträgt die Vornahme von Eheschließungen innerbalb des Reichsgebiets aus\{ließlich den deutshen Standesbeamten.

- Auch die in Deutschland \sich aufhaltenden Fremden sind dieser Vorschrift unterworfen.

Dagegen gestattet das italienische Geseß §. 29 Absatz 3 des legge consolare vom 15. Auguft 1858/65 den italienischen Konsuln im Auslande, zwischen einem Italiener und einer Ausländerin eine Ghe zu s{ließen, mat es ihnen aber ausdrüdlich zur Pfliht, die Eheschließung vorzunehmen, wenn beide Theile italienishe Staats- angehörige sind.

Auf Grund dieser geseßliGen Bestimmung haben italienische E in Deutshland mehrfach Ehen zwishen Jtalienern ge-

ofen.

Von der Unzulässigkeit dieser standesamtlihen Thätigkeit der Konsuln nach deutschem Rechte uriterrihtet und auf die möglichen strafrechtlichen Folgen einer solchen (§. 132 des Reihhs-Strafgesetz- bus) hingewiesen, hat die Königlich italienische Regierung sich außer Stande erklärt, dea Konsuln derartige Amtshandlungen zu untersagen, und hervorget oben, E. die Konsuln durch Ablehnung derselben si egebenenfalls wegen Rechtsverweigerung nah italienishem Rechte trafbar machen würden.

Die italienishe Regierung wüns{te deshalb, daß dieser in der Geseßgebung der beiden Länder begründete Widerspru dur eine vertrag8mäßige Festseßung gelöst werde, und hatte vorgeschlagen, den beiderseitigen Konsuln das Recht der Cheshließung innerhalb der er- forderlihen Grenzen durch einen Zusaß zu dem Konsularvertrage zwishen Deutschland und Italien einzuräumen.

Abgesehen davon, daß derartige Abkommen von Seiten des Reichs bereits getroffen sind in: Artikel V1IT des Freundschaftsver- trages mit Salvador, Artikel 1X des Handels- und Schiffahrtsver- trages mit Costa Rica, Artikel XIV des Korsularvertrages mit Brasilien und Artikel II1T1 des Meistbegünstigungsvertrages mit Paraguay, erschien es umsoweniger bedenklih, den Wünschen der befreundeten, durch ihre eigene Geseßgebung gebundenen italienischen Regierung entgegenzukommen, als die betreffenden konsularishen Befugnisse auf die Fälle beschränkt werden sollen, in denen beide Verlobte Deutsche beziehungsweise |Italiener sind, Un- zuträglihkeiten aber nur dann zu befürchten sein möchten, wenn die Konsuln für befugt erklärt würden, auch Eheschließungen zwischen A vorzunehmen, von denen nur die eine dem Lande des Konsuls angehört.

_ Demgemäß ist, nachdem der Bundesrath seine Zustimmung er- theilt hatte, das vorliegende Abkommen abgeschlossen und am 4. Mai 1891 unterzeihnet worden.

Statiftik und Volkswirthschaft.

Invaliditäts- und Altersversicherung.

__ Bei der Landes-Versiherungsanstalt Elsaß-Lothringen sind bis zum Schluß des Monats April 2302 Altersrenten angewiesen worden. Als nicht begründet wurden 202 Anträge abgewiesen und weitere 101 Anträge erledigten sich auf andere Weise, sodaß bis zu gedahtem Zeitpunkt überhaupt 2605 Anträge zur Verabschiedung ge- langten. er jährlihe Betrag der 2302 Renten beziffert ih auf rund 325 400 46 Von diesem Betrage zahlt das Reih als seinen Antheil 115 109 #4; die übrigen 210 300 4 bat die Landes-Ver- erngsansialt zu decken. Betheiligt an der erwähnten Renten- zahl ist:

Lohnklasse U mit 478 Renten zu je 106,80 M4, z JIL d 0207 c 0-400/20. s Vai 406 iy ee D140

Zuckerpro duktion.

Der Abzug von Z u cker aus dem Regierungsbezirk Magdeburg war im verflossenen Vierteljahre sowohl im Inlande als nach dem Auslande ein belangreiher; namentlich hat sih die Ausfuhr fertiger Waare erheblich gesteigert, weshalb auch troß des gegen das Vorjahr vermehrten Rübenbaues und troß der dadurch bedingten größeren Produktion Ende Februar bedeutend . geringere Vorräthe vorhanden waren, als zu gleiher Zeit im Vorjahre. In Folge dessen waren die Notirungen am Schlusse des Quartals erheblih höhere,

Bauernverein.

Im Kreise Pinneberg hat sich ein Bauernverein gebildet, welcher alle ländlihen Besißklassen zu umfassen und niht ein ein- seitiges Standesinteresse zu fördern, sondern im weitesten Umfange dem öffentlihen Wohle zu dienen bestimmt i. Er \oll auf dem Boden der bestehenden Staats- und Gesellshaftsordnung die ländliGßen Besißer des Kreises zu einem einheitlißen Ganzen verbinden, seine Mitglieder in sittliher, geistiger und wirth- schaftliher Beziehung heben und die Erhaltung des [kleinen Grundbesiges fördern. Seine Einwirkung wird sich namentlich au auf die im Kreise sehr zahlreihen ansässigen Arbeiter, auf die kleinen Pächter und die als landwirthschaftlihe Arbeiter beschäftigten Söhne der Grundbesiger erstreken. Auf einem anderen Wege geht ein Verein in denjenigen Gebieten des Herzogthums Holstein vor, wo im Gegensatz zum Kreise Pinneberg der große Grundbesiß überwiegt und ansässige Arbeiter nur in geringer Zahl vorhanden sind. Der Verein bezeichnet als Zweck, das Verhältniß des Gesindes und der Arbeiter zu den Arbeitgebern günstiger zu gestalten, über die Gründe der jeßt vorhandenen Uebelstände Ermittelungen anzustellen und Maß- regeln zur Beseitigung derselben zu ergreifen, zugleich aber auch praktishe Veranstaltungen zu treffen, um dem jetzt herrshenden Mangel an Gesinde und Arbeitern abzuhelfen. Die Fil seines Bestehens ist noch zu kurz, um {on jeßt Erfolge der Wirksamkeit zu verzeihnen; bisher hat er \ich darauf beschränkt, durch Verbreitung populärer Zeitschriften auf bessere Belehrung des Gesindes und der Arbeiter und anf deren Aufklärung über ihre wahren Interessen hinzuwirken.

: Zur Arbeiterbewegung.

Die Ausstandsbewegung in den belgishen Kohlendistrikten hat durch den Beschluß des Generalraths der Arbeiterpartei, den Ausstand unterstüßen zu wollen, neue Anregung erhalten, sodaß sie gegenwärtig, nachdem au sämmtliche Zechen des Centralbeckens den Ausstand beschlossen haben, zu einem allgemeinen Strike fast auf allen belgischen Kohlenbergwerken angewachsen ist. Außerdem scheint die Be- wegung auch die industriellen Arbeiter allmählih zu ergreifen. S i ittwoh bereits wurde aus Brüssel telegraphish ge- meldet :

Eine Meldung aus La Louvière im Centralbecken besagt, daß heute Morgen in den Kohlengruben Houssu und La Croyère ein allgemeiner, in Sars-Longhamps, Haine, Saint-Pierre und n e ein partieller Ausstand ausgebrochen sei, Man be- fürhtet für Freitag den Generalstrike im gesammten Central- bassin, welcher gestern von mehreren großen WVersamm- lungen im dortigen Revier I wurde, In den Becken von Charleroi und ons ist die Lage die gleihe, wenn auch gestern in Gillet und Junet eine theilweise

lineau im Hennegau ein Dynamit-Attentat gegen das Haus eines nicht ausftändigen Arbeiters stattgefunden. Der dadur an- gerihtete Schaden ist niht beträhtlich. Der Urheber wurde ver- haftet. Ders JustizaMin ister hat dem Vernehmen nah den General-Prokurator beauftragt, Erhebungen über die Lage in R Kohlenbassins anzustellen und darüber Bericht zu erstatten.

Der „Voss. Ztg.“ wurde vom gleichen Tage beriŸhtet, daß nach einer Mittheilung des „Br. Journ.“ die Brüsseler Maschinenbauer am heutigen Freitag die Arbeit einstellen wollten. Jn den drei Kohlenbecken, abgesehen vom Centre, wurde die Zahl der Ausständigen auf 73000 angegeben.

Vom gestrigen Tage berihten Wolff’ {e Telegramme aus Brüssel: Nach einer Meldung aus Vaurx-sous-Chevremont hatten am Mittwoch gegen 50 Strikende zwei Gendarmen, welche die Kohlengrube „Fond Pigueurx“ bewachten, mit Steinwürfen ange- griffen. Die Gendarmen machten darauf von der Feuerwaffe Gebrauch, wobet ¿wei Angreifer verwundet wurden. Mit Hülfe eingetroffener Verstärkungen gelang es den Gendarmen, die Angreifer zu zerstreuen. In dem Gehölz von Esneux legten die Ausstän- digen Feuer an, wodurch ein Theil des Gehölzes zerstört wurde. Die Arbeiten bei den Forts in der Umgegend von Lütti wer- den vom Militär bewacht. In dea Bassins des Centrums, im Borinage sowie in denjenigen von Charleroi und Lüttih herrs@te bollflommene Ruhe. Die Behörden von Lüttich haben um Ver- ftärkung der Truppen gebeten. S

, Heute wird aus Brüssel telegraphirt, daß gestern Abend drei Bataillone Carabiniers nach der Region des Centre

abgegangen sind.

us Lüttich wird vom 6. d. M. gemeldet, es gehe aus an- lick Erhebungen hervor, daß die Mehrzahl der Bergarbeiter ereit sci, die Arbeit wiederaufzunehmen, daß sie aber durch Agitatoren eingeshüchtert werde, von denen eine größere Zahl. aus dem Autlande nah Belgien gekommen sei. Man sei jegt bemüht, dieser Aufwiegler habhaft zu werden. Die Koblen- werke von Pas de Calais haben den belgishen Jn- Au etel len, Falls sie Kohlenmangel leiden sollten, Kohlen an- geboten.

Wie heute aus Lütti ch telegraphish mitgetheilt wird, haben die Arbeiter sämmtliher Phosphatwerke der Umgegend die Arbeit niedergelegt. Ferner wird berichtet: In einem unweit von Lüttich belegenen kleinen Gehölz wurden zwei mit Lunten versehene Bomben aufgefunden. Die gerihtlihe Untersuhung ift eingeleitet.

Jn Antwerpen hat, wie „W. T. B.“ meldet, eine Ver- sammlung des Arbeiterverbandes gestern beshlossen, die Dockarbeiter aufzufordern, auswärtige Kohlen nit zu entladen.

n Gelsenkirchen hat am leßten Montag eine Sizung der in der Bochumer Delegirtenversammlung gewählten Lohnkommission stattgefunden, in welcher folgende von der „Rhein.-Westf. Ztg.“ mitgetheilte Resolution ange- nommen wurde:

„Die Lohnkommission sieht den Ausstand für beendet an. Die Mitglieder erkennen an, daß der Ausftand ein zu früh aus- gebrodener war, daß die Beschlüsse des Pariser Kongresses respektirt werden mußten, wenn ein einheitlihes Vorgehen erzielt werden solite; ferner erklärt die Lohnkommission, daß der Strike lediglich durch die verwerflißhen Matinationen der Ultra- montanen heraufbeschworen und diesen auch das Mißglückten des Aus- standes zur Last gelegt werden muß. Die Kommission ist ferner der Ansicht, daß die Organisation der deutschen Bergleute weiter aus- gebaut werden muß, um die Schädigungen, welche der Strike für alle Bergleute gebracht, wieder wett zu machen. Ferner erklärt die Kom- mission, Alles thun zu wollen, damit die Opfer des Strikes vor der drückendsten Noth bewahrt bleiben,“

Aus dem Saarrevier s{chreibt man der „Saarbr. Ztg.“: Am Dienstag fanden in Bildstock, Heiligenwald, Elversberg, Landsweiler, Dudweiler, Herrensohr und Wiebelskirchen Versammlungen der dem Rechts\chußve rein angehörenden Mitglieder ftatt. Die Stimmung für einen neuen Strike soll auf allen diesen Versammlungen Dudweiler ausgenommen, wo eine Versamm- lung aufgelöst wurde mit Rücksiht auf den erloshenen Ausstand in den ntederrheinisch-west}älischWen Bergrevieren sehr flau gewesen sein, Die Leute wollen nahgerade von den Hrrn. Warken, Thomé und O nichts mehr wissen, sondern in Ruah und Frieden ibrer Arbeit nachgehen.

Die fozialdemokratishe Fraktion des Reichs- tages hat die Abgg. Bebel, Liebkneht und Singer mit der Vertretung der Fraktion und der offiziellen Parteileitung auf gen LGIErna O N Arbeiterkongreß in Brüssel

elraut.

__ Wie ein „Wolff'{es Telegramm" aus Wien berichtet, baben die Buhdrucker und Schriftgießer gestern in einer von etwa 2000 Personen besuchten Versammlung mit großer Majorität be- \{lossen, den allgemeinen Buchdruckerftrike sofort zu erklären. Dieselben fordern eine Reduzirung der Arbeitszeit von 92 auf 9 Stunden, die Auf- bebung der 14tägigen Kündigungsfrist und die Einschränkung der Ueber- stundenarbeit. Da diese Forderungen heute von sämmtlichen Bu ch- druckereibesißzern abgelehnt worden sind, ist ein fast allgemeiner Strike der Buchdrucker ausgebrohen, Heute Mittag wollten die Arbeitgeber Behufs Berathung der zu ergreifenden Maßnahmen zusammentreten. Die Zeitungsseter find niht auéständia. L

Aus Paris meldet ein Wolff’\{es Telegramm vom 6. d. M: Der Munizipalrath nahm nah einer lebhaften Debatte über die Haltung der Polizei am 1. Mai mit 37 gegen 3 Stimmen eine Tagesordnung an, welche sich gegen das vom Minister des Innern den Forderungen der Arbeiter gegenüber befolgte Präventivsystem sowie zu Gunsten einer Amnestie und für ein Gefet, betreffend das Recht zur Veranstaltung von Kundgebungen, aus\pricht und ein Tadelsvotum gegen den Polizeipräfekten enthält. Für die Familien der Opfer von AAAE mie wurden 10 000 Fres. bewilligt; zugleich wurde eine Resolution zu Gunsten einer den Familienangehörigen der Getödteten zu gewährenden Pension und und wegen der Erhaltung ihrer Kinder auf Staatékosten angenommen. Aus Rom meldet „W. T. B.“ vom 6. d. M.: Die „Agenzia Stefani® ecfährt, ein bei der hiesigen Universität eingeschriebener sozialistisher Tendenzen verdähtiger deutscher Student fei heute von hier ausgewiesen und an die Grenze gebracht worden. Bei demselben sei eine ae italienish-deutshe Correspondenz sowie eine Anzahl von Photographien deutsher und französischer Sozialisten, die deren Widmungen und andere Zusäße getragen hätten, beshlagnahmt worden.

Wie der „Mgdb. Ztg.“ aus Madrid vom 6. d. M. telegraphisch berihtet wird, darf in Folge der Energie der Regierung die Arbeiterbewegung in Spanien vorläufig als beendet ange- sehen werden. Am Dienstag mußte die Militärmäacht in Valladolid einschreiten, doch nehmen die Ausstände allenthalben ab. Etwa siebzig Anarch{isten sind verhaftet worden.

In Stockholm beschloß eine sehr ¿ahlreih besuGte Versamm- lung der Schneidergesellen am Sonntag, daß, wenn die Lohn- forderungen nicht bis zum Mittwoch bewilligt seien, bei sämmt- ole Stockholmer S{neidermeistern die Arbeit niedergelegt werden ollte.

Die Volkszählung in Lyon ergab 430 322 Einwohner gegen 401 930 im Jahre 1886. h

L Kunst und Wissenschaft.

Wiederaufnahme der Arbeit zu verzeihnen war. Die Ruhe ist nirgends gestört. Dagegen hat in dieser Naht au in Chate-

_9S, Dresden. Für die Königlihe Sammlung der Bildwerke is soeben ein höchst wihtiges Stück erworben