inift bereitwilli für die Besserung der äußeren Lage der Sehree “crklärt babe, u Freude zu begrüßen. Unter bars Minister von Goßler sei dafür {on recht viel geschehen, aber alle
ä i iht genügend geordnet. B An A des Kaisers über die Aufgaben der
in der sozialen Frage verdiene mehr Beachtung als alle A O Uen e sollte er hier besprohen werden, und alle Parteien follten versuchen, die Arbeit des Kultus-Ministers zu er-
leihtern. i Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Graf von ißz-Trü ler:
A Ga s Die Bedeutung des Erlasses vom 1. Mai 1889
liegt nit darin, daß man nun in unmittelbarer Anlehnung an den-
selben auf einem einzelnen Gebiet reformatorisch vorgeht, sondern sie liegt ganz wesentli darin, daß mit dem Erlaß in das ganze Volk und in unser ganzes Verständniß für das Schulwesen ein neuer Sinn und ein neuer Anstoß hineingekommen is. Jn dieser Auffafsung hat die Unterrich{tsverwaltung von Anfang an im Sinne des Allerhöchsten
Unterzeichners des Erlasses zu wirken versucht, und in diesem Sinne
wird sie weiter wirken. Das möchte ich mit Rücksicht auf die leßten
Aeußerungen des Hrn. Abg. Lohren nochmals hervorheben. /
Im Uebrigen freue ich mi, aus seiner jeßigen Rede gehört zu haben, daß er viel milder denkt, als er. glaube ih, ge- \sprohen hat (sehr rihtig!), und daß es mir eine bes sondere Freude ist, das jeßt noch konstatiren zu können, weil ich mich damit au ihm viel näher stehend weiß, als ih vorhin geglaubt hatte. e
Wenn ich dann troy dieser späten Stunde noch mit einigen Worten auf die Ergebnisse der Diskussion des heutigen Tages zurü- greife, so geschieht es zunächst in der Absicht, um Ihnen zwar Herzlih dafür zu danken, daß wiederholt meine Entlastung durch die Ab- trennung einzelner Theile des Kultus-Ministeriuums \o freundlich in Anregung gebracht ift. (Heiterkeit.) Aber wenn ih troß dessen bitte, fh zunähst noch mit diesen Fragen nit zu eingehend zu beschäftigen, so liegt das darin, daß man doch erst das Ganze kennen muß, ebe man daran denken kann, etwas von demselben loszulöfen. Und ih habe so sehr den Wunsch, auf dem Pferde, auf welches ih ja gesept worden bin, mi erst ret fest in den Sattel zu seßen, daß ich wirk- li glaube: es ift zweckmäßiger, niht jeßt hon die Frage zu erörtern, wie man das Pferd leichter und leistungsfähiger trainiren kann.
Meine Herren, die beiden Mitglieder der Schulkonferenz und des Siebeneraus\{chu}ses, die heute gesprowen haben, die Hrren. Abgg. Dr. Graf und Dr. Kropatsheck, haben mir einen wesentlihen Theil dessen fortgenommen, was ich zur Erklärung und Erläuterung meiner Rede vom Montag noch zu sagen beabsihtigte. Ich kann mi namentlich mit den Ausführungen des Hrn. Dr. Graf, insoweit er die Absihten und die Erfolge der Schulkonferenz erörtert und insoweit er diese als Basis des weiteren Vorgehens geschildert hat, fast in allen Punkten vollständig einverstanden erklären. Meine Herren, mehrfach habe ich sowohl bei einzelnen Reden hier im Hause, wie au bei Gesprähen über diese Frage außerhalb dieses Hauses den Eindruck erhalten, als ob man doch wohl nit überall genügend genau die Protokolle und sogar die Beschlüsse der Dezember- Konferenz gelesen habe; es wäre sonst kaum mögli, daß fo vielfach Widersprechendes über die Ergebnisse dieser Berathur gen in die Welt geschickt wird, und daß man aus diesen Beschlüssen, die ih als Direktive für mich durchaus anerkenne, unzutreffende Fol- gerungen zieht.
Ich will nur ein paar Punkte hervorheben.
Es is von einem der Herren Vorredner darauf hingewiesen worden, daß die Konferenz in ihrer Zusammenseßung außerordentliche Mängel gezeigt habe. Ich gebe zu, daß, wenn man die sogenannte humanistische Richtung in Gegensaß zur realen Richtung stellt, die erstere in den Konturen eine größere Mitgliederzahl aufweist; aber das ift an ich — ich bin ja gar nicht verantwortlich für die Auf- stellung der Liste — doch wohl ein naturgemäßer Vorgang, wenn man sh die Entwickelung unseres Schulwesens in diesem Jahrhundert vergegenwärtigt, und wenn man die Zahl und die Bedeutung der An- stalten in Erwägung zieht, die jeßt thatsählich im preußischen Staat auf humanistisher und auf realer Grundlage be- stehen. Aber außerdem kann doch bei einer wissenshaft- lichen Konferenz niemals nach Zahlen und Majoritäten gerechnet werden, und es ift, glaube ih, einer der wesentli{sten Vor- züge der Verhandlungen in der Konferenz gewesen, daß Letzteres beim Beginn ausgesprochen, und, wie ich mir habe sagen laffen, auch that- sählich von allen Seiten durchgeführt und anerkannt worden ift.
Dann ift gesagt worden, in der Konferenz sei namentlich das nihtfahliche Element niht genügend vertreten gewesen. Auch das ift thatsählich unrihtig. Von den 44 Mitgliedern der Konferenz baben 21, und wenn ich au den Hrn, Abg. Dr. Virchow in diesem speziellen Ball als außerhalb der Fahfreise des Lehrerberufs stehend ansehen darf, sogar 22 Mitglieder theilgenommen, die eben nicht praktische Sculmänner sind. Das sind 50%/o, und ich möchte glauben, daß das immerhin ein recht erheblicher Prozentsaß is und dem Bedürfniß genügt. Aber, wie gesagt, es kann ja nicht auf diese ziffernmäßige Untersuhung in der Sache ankommen, fondern es kann nur darauf ankommen: wel{chen inneren Gehalt haben diese Beschlüffe, und wie haben sie dazu beigetragen, die Gedanken, die Jeder sich auf diesem Gebiet mehr oder weniger gemaßht hat, zu klären? Und in dieser Beziehung hin is das Ergebniß, glaube i, ein sehr günstiges gewesen, wenigstens ist mir von Vertretern der entgegengeseßztesten Richtungen, die an der Konferenz theilgenommen haben, dies als ein höht dankens- werther Erfolg derselben geschildert worden.
Ich muß mi dann noch auf einige Punkte einlafsen, die im Laufe der Diskussion über Volks\{hulangelegenheiten geäußert worden sind. Wenn der Hr. Abg. Dr. Langerhans die Vermehrung des Wifsens als eine sittlihe Mat und auch in ihrem Gndergebniß zu einer religiösen Erziehung führend geschildert hat, so bedauere ich, ihm hier nit folgen zu können. (Sehr gut! rechts und im Centrum.) Die Zuchthäuslerstatistik, welche ergiebt, daß unter den Verbrechern die Analphabeten einen sehr hohen Antheil haben, weist uns allerdings mit einem ernsten Menetekel darauf bin, wie nothwendig es ist, die Zahl derjenigen zu vermindern, die überhaupt nicht oder die nit regelmäßig an unserm geordneten Volks\ chulunterrihi theilnehmen. Aber dieser Volks\ulunterriht ist bisher eben nicht bloß ein ledigli auf das Wissen gerihteter gewesen. Außerdem aber müssen wir, wenn au die Zuchthäuslerstatistik dagegen zu \prechen scheint, doch die Verbrecerstatistik im Allgemeinen berüdsihtigen, und “ wir wissen es ja Alle, auch die Statistik, welhe die Geschichte giebt, beweist uns
auf jeder Seite, daß Wissen und Bildung, und namentlich sittliche Bildung, nicht identisch ift. (Sehr rihtig!) Ich glaube also, wir werden in unserem Volks\{chulwesen bei den guten Traditionen bleiben müssen, die wir bisher in dieser Beziehung verfolgt haben.
Auch der Hr. Abg. Wuermeling hat einen Ausdruck ge- brautht, den ich nicht acceptiren kann, indem er darauf hinwies, daß in dem Schulwesen eine sehr \chwere und bedenkliche Imparität in der Berücksichtigung der beiden hauptsächlichsten Kon- fessionen bestehe. Er hat das als Thatsache hingestellt. Meine Herren, es ist doch sehr bedenklih, einen so s{hweren Vorwurf zu machen, wenn er nicht ftubanziirt wird. Die Absiht, imparitätisch zu verfahren, besteht jedenfalls nit, und ih würde also dankbar sein, wenn künftig derartige Vorwürfe erhoben werden, sie mit Beweisen belegt zu sehen.
Was die von dem Herrn Abgeordneten citirte Verordnung in Münster betrifft, so is auch mir erst gestern oder vorgestern der Aus\chnitt der „Germania“ vorgelegt worden. Ih habe Berit- erstattung Seitens der Regierung angeordnet, kann jedoch meinerseits chon jeßt aussprechen, daß ih ein so bestimmtes und rauhes Eingreifen in Gewohnheiten einer Bevölkerung und einer Konfession, welche an sh berechtigt sind, für richt rihtig und für nit wünschenswerth ansehe. (Bravo! im Centrum.) Aber ich kann selbstverständlich über den speziellen Fall ein Urtheil nicht abgeben. Dagegen wollen Sie mir gestatten, darauf hinzuweisen, und zwar auch aus einer recht ein- gehenden, langjährigen Erfahrung, daß nach meiner Ansicht auf dem Grenzgebiete zwishen Kirhe und Schule, wenn etwas Unrichtiges ges schieht, meist beide Theile Unrecht haben. Es ift fast immer Mangel an einem rich{tigen Geshick und an rihtigem Takt, es sind kleine persönlihe Dinge. Sie werden damit alle übereinstimmen, und der Hr. Abg. Wuermeling hat das zu meiner Freude bestimmt ausge- prochen: der Schule soll kein Schade geschehen. Jedermann wird damit einverstanden sein, daß auch einem berechtigten kirchlihen Bedürfniß Genüge gethan wird. Ich glaube, es giebt einen Weg, auf dem beides zu erlangen ist, wenn sie beide ih verständigen, (sehr wahr !), und daraufhin will ih sehr gern einwirken. (Bravo.)
imburg-Stirum: Die Bildung eines be- ode Naa werde seine Partei ftets ablehnen ; wenn mehr Beamte nothwendig sein sollten, so werde sie das erforderlihe Geld bewilligen, aber den Zusammenhang zwischen den firhlihen und den Schulangelegenbeiten werde sie niemals aufheben. (Zustimmung rechts.) Wenn die Polen ihre historischen Erinnerungen pflegen wollten, so müsse daran erinnert werden, daß die Konsequenzen davon immer sebr eigenthümliche gewesen seien. Mit dem Spracerlaß des Ministers sei er einverstanden. Ob der Erlaß aber richtig wirken werde, werde von den Polen abhängen. Die Schulkonferenz scheine ihm nit fehr geeignet zur Beschaffung der Gutachten, welche nothwendig gewesen seien zur Entscheidung des Ministeriums über die Sculreform. Eine solche Reform könne nuc einheitlih borgenommen werden, und wenn diese hohe Stelle sih informiren wolle, fei die parlamentarische Methode nicht die richtige. Es kämen in einer solhen Konferenz ungleichwerthige Elemente zusammen; es sei sehr viel Dur(schnittéwaare dabei. Der rihtige Weg würde die katechetise Form gewesen sein, man hätte jeden Einzelnen durch Sachverftändige im Zwiegespräh vernehmen lafsen müssen. e möchte er fragen,
ob die Siebener-Kommission eine dauernde Einrichtung bleiben solle,
je bezahlt werde. Seine Partei wünsche, da n M et Lia af nit V ittelt werde. nas möge doch die Schüler der Realgymnasien zum Studium zulassen, aber wenn sie naher beim Examen durchfielen, dann fei das nicht die Schuld der Unterrihtsverwaltung. Er könne nur damit ein- verstanden sein, daß der Minister entschlofsen sei, nicht sprungweife vorzugehen.
Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Graf von Zedliz-Trüßschler:
Meine Herren! Jch beabsichtige nur eine kurze Erklärung abzu- geben bezüglih des Siebener-Ausshufses, übec den mi der Hr. Abg. Graf zu Limburg interpellirte
Die Entstehung und die Aufgaben des Siebener-Aus\{chusses sind publizirt durch die Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 17. Dezember 1890.
Die Frage, ob der Siebener-Aus\huß eine organishe Einrichtung unserer Schulverwalrung ist, kann ih verneinen.
Die Frage, ob er eine eigene Verantwortung trägt — dem Land- tage gegenüber oder überhaupt nach außen hin — kann ih ebenso verneinen. Die Verantwortung des Siebener-Aus\{hu}es wird ge- deckt durch den Kultus-Minister resp, den Unterrihts-Minister. Der Siebener-Aus\{chuß ift ein auf Allerhöchste Anordnung eingeseßztes Organ, um in Gemeinfamkeit mit dem Kultus-Minister diejenigen Fragen, die sich auf die Schulreform beziehen, zu berathen; die Ent- \{chließung steht in der verantwortlihen Instanz des Ministers, und da
wird sie au bleiben.
Persönlich kann ich die Mitwirkung des Siebener Auss{usses, soweit ih davon Kenntniß zu nehmen Gelegenheit gehabt habe, nur auf das Allerdankbarste anerkennen und ich glaube au, als eine be- sonders fru@tbringende bezeihnen.
Was die Kosten der Einrichtung betrifft, so werden sie aus Mitteln gedeckt, die dem sogenannten dispositiven Theil des Etats angehören.
Abg. Jürgensen billigt die Sprachverfügung des Ministers für Nordschleswig, die endlih eine gewisse Beruhigung gebracht habe.
Das Gehalt des Ministers wird darauf bewilligt, ebenso die übrigen Ausgaben für das Ministerium und für den evangelischen Ober-Kirchenrath. / E
eim Kapitel 112: Evangelische Konsistorien, werden 16 800 H mehr verlangt, um 4 nebenamtliche General- Superintendenten von den pfarramtlihen Pflichten zu be- freien, damit sie sich ganz ihren kirhenregimentlihen Auf- gaben widmen können.
Abg. Dr. Langerhans beantragt die Ablehnung der Mehr- forderung, da es sich um beliebte Pfarrgeistlihe handele und ein Zuviel an kirhenregimentlicher Aufsicht nicht im Interesse der Gemeinden “e Sibéimer Regierungs-Rath Hegel tritt für die Mehrforderung ein, ba e L Geistlihen unker den gegenwärtigen Ver- ältnissen überlaftet seien. :
° Der Antrag Langerhans wird abgelehnt. Der Titel wird bewilligt. O :
Jn Kap. 113: Evangelische Geistliche und Kirchen, werden 68 832 A6 mehr gefordert für Besoldungen und Zu- {üsse in den alten Provinzen. Ï
Abg. von Strombeck bittet hierbei um entsprehend höhere Zuwendungen an die katholische Geistlichkeit. : L
Geheimer Regierungs-Rath Hegel erwidert, daß die katholischen Bischöfe keine dahingehenden Anträge gestellt hätten.
Abg. Dr. Sattler erklärt, daß der Fraktionsgenosse des Abg. von Strombeck, Dr. Lieber, in der Kommission felbst anerkannt habe, daß aus dieser Forderung kein Rückschluß auf eine erhöhte Dotation der katholishen Kirche zu ziehen set.
Abg. Im Walle glaubt nit, daß der Abg. Lieber eine solche
t abe. i de E N. hâlt seine Behauptung aufrecht und leugnet,
daß bier eine Jmparität vorliege. : pi Aba. Sn Welle giebt zu, daß eine Imparität in den vor- liegenden lern nicht gefunden werden könne; der Parität entspreche aber die Mehrforderung auch niht.
Der Titel wird unverändert nah dem Antrage der Kom-
misfion bewilligt. L
Beim Kapitel: Katholische Bisthümer, beklagt
Abg. Dr. von Jazdzewski, es Geistlihen, welche die Er- theilung des Religionsunterrihts selbst übernähmen, besondere Be- dingungen von Staatswegen auferlegt würden, namentlih in Bezug auf die Geshäftssprache, während sie doc diese Funktion nit über- nähmen als Staatsdiener, sondern als Ortspfarrer, als Kirchendiener. Redner tadelt ferner, daß man den Geistlihen in Posen noch nit den Vorsitz in den Gemeindekirhenräthen übertragen habe.
Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Graf von Zedliz-Trüßfschler:
Meine Herren! Im April des Jahres 1887 schrieb der Herr Erzbischof an den damaligen Ober-Präsidenten von Posen und regte bei demselben an, daß die in dem Artikel 14 des Geseßes vom 21. Mai 1886 der Staatsregierung gegebene Befugniß, durch Allerhöchste Verordnung den GeistliGen der Erzdiözese Posen den Vorsiß im Kirchenvorstand zu übertragen, do zur Ausführung gebracht werden möge. Der damalige Ober-Präsident, der jeßt hier vor Ihnen steht, leitete die darauf hinzielenden Ver- handlungen, und es kam dabei zu folgenden Auseinanderseßungen.
Der Herr Erzbischof erklärte \sich bereit, durch eine Ge\{chäfts- anweisung, wie sie in §8. 42 des Geseßes vom 20. Juni 1875 vor- vorgesehen ist, den Kirchenvorftänden die Verpflichtung aufzuerlegen, mit denjenigen Patronen, welche deutscher Nationalität wären und welhe nicht selbst darauf verzihteten, in deutsher Sprache zu korrespondiren;z er erklärte {ih ferner bereit, den Kirchenvorständen die Verpflichtung aufzuerlegen, daß da, wo die Mehrheit innerhalb der Kirchenvorstände sich selbst als zur deutshen Nationalität gehörig be- zeihne, auhch die Sprache des Kirchenvorstandes in den Verhandlungen und in den Correspondenzen die deutsche sein solle.
Die Staatsregierung ihrerseits acceptirte dieses Entgegenkommen dankbarst und erklärte, daß sie gern bereit sei, den Pfarrern den Vorsiß im Kircenvorstand zu übertragen; sie wünsche jedoch nit daß sih die Bestimmung über die Anwendung der deutshen Sprache nach der Mehrheit der Mitglieder des Kirchenvorstandes, d. h. nach dem Wunsche der Mehrheit desselben rihte; se müsse vielmehr die Anwendung der deutshen Sprade auch in den Verhandlungen der Kirchenvorstände dort für erwünscht halten, wo die Verkehrssprache des Ortes in überwiegendem Maße die deutsche sei.
Dies wurde damals dem Herrn Erzbishof im November 1887 mitgetheilt. Eine Erwiderung hierauf is an die Staatsregierung niemals ergangen.
Ich habe absihtlich an der Hand eines Auszuges aus den Akten in dieser völlig objektiven und langweiligen Weise hier zunächst referirt, um zu konstatiren, daß die Staatsregieruug ihrerseits {hon vor vier Jahren gegen die Uebertragung des Vorsißes im Kirhen- vorstande an die Pfarrer in der Erzdiöcese Posen-Gnesen nicht das Geringste einzuwenden hatte. Auch jeßt noch steht die Staats- regierung auf demselben Standpunkt. Sie wird aber die Genehmigung nur ertheilen, wenn sie andererseits die Gewißheit hat, daß dabei auch die Interessen des deutschen Staates und der deutshen Mino- rität, soweit es ch um deutsche Katholiken handelt, gewahrt bleiben.
Die Auffassung des Hrn. Abg. von Jaëdzewski, daß i diese Fragen die Staatsregierung gar nicht hineinzureden habe, sondern daß es lediglich Sache der bishöflichen Behörde sei, innerhalb. ihrer Organe die Sprahe zu regeln, wie sie wolle, kann ih nicht acceptiren. Wer die Provinz Posen und ihre Ver- hältnisse kennt, weiß ganz genau, daß dort das Wort „polnisch“ und „Éatholisch“ identisch ist, und ebenso „deutsch“ und „evangelisch*. Dieses Wort kann die Staatsregierung niemals anerkennen; sie muß also, soweit sie ihrerseits berufen ist, bei der Organisation derartiger Dinge mitzuwirken, darauf sehen, daß auch die deutshe Minorität zu ihrem vollen Rechte Tommt.
Was zunätst die Bedingung betrifft, — oder nicht einmal die Bedingung, sondern die Offerte —, an die deutschen Patrone auhch deutsch zu \chreiben, so wollen Sie berücksichtigen, daß dies, wie ih glaube, ganz selbstverständlich und durchaus berechtigt ist, Denn wo ein so bedeutender Theil des Großgrundbesitzes in der Hand von Deutschen ist und diese Deutschen die erheblihsten Leistungen gegenüber der Kirche als Patrone zu erfüllen haben, da wird man sie doch wohl in die Lage verseßen müssen, sich ihrerseits selbst aus den Akten und aus dem \chriftlihen Verkehr über die Sachlage zu informiren.,
Was ferner die Verkehrs\prahe in den Kirchenvors ‘änden selbst betrifft, so ist es doch sier nichts Unbilliges, daß dort, wo sonst im gewöhnlichen mens{lihen Verkehr, im gewerblihen Verkehr, das Deutsche die überwiegende Umgangssprache ist, auch im Kirchen- vorstande selbst diese Sprache gesprohen wird. Die Herren, die an solhen Orten in dem Kirchenvorstand sien, verstehen diese Sprae. Daß umgekehrt aber, wo das aiht der Fall ift, vielfa das Deutsche in zweite Linie geschoben wird, dafür berufe ih mich nit auf meine Kenntniß der Verhältnisse, sondern berufe mi, auf die Kenntniß derjenigen deutshen Katholiken, die längere Zeit in der Provinz Posen gewohnt haben.
Hinsichtlich der Frage, betreffend die Leitung des Religionsunter- rihts durch den Ortsgeistlihen, erkläre ich zunächst, daß der Hr. Abg. von JaÓdzewski das Schriftstück, welches er Ihnen vorgelesen hat, nit rihtig bezeichnet hat als eine „Bedingung*, unter der die Leitung genehmigt wäre. Der Hr. Abg. von Jacdzewski wird wissen — er selbst hat es ebenso gemacht —, daß, wenn der betreffende Pfarrer den Antrag auf Uebertragung der Leitung stellt, ihm nit vor- her oder nacher eine „Bedingung®" übergeben wird, sondern, daß in diesem Schriftstück lediglih das Vectrauen aus- gesproßen wird, daß er \sich nach diesen Wünschen der Staatsregierung rihten möge. J begreife niht, wie es der Staats- regierung zum Vorwurf gema@t werden kann, wenn sie das Vers trauen ausspricht, daß in einer Schule — die eine Veranstaltung des Staats ist und zwar des deutschen Staats, also eine-deutshe Schule, auch in dem amtlihen Verkehr zwischen denjenigen Perfonen, welche über die Schule verhandeln, die Sprahe gebraucht werden soll, welche diejenige des deutschen Staats i, (Sehr richtig! rechts.) Daß der Geistlihe nicht genöthigt ist, die deutsche Sprache im Religionsunterriht dort anzuwenden, wo der Religionsunterricht in der polnischen Sprache ertheilt wird, das ist ja zweifellos; etwas
E
Gegentheiliges ist auch nicht in diesen sogenannten Bedingungen in dieser Erwartung ausgesprochen.
Ih bemerke, daß der verstorbene Herr Erzbischof, mit dem ih über diese Frage vielfältig verhandelt habe, gar keinen Anstoß an der Regelung auf dieser Basis genommen hat, daß die Verordnung, die er erlafsen hat, von ihm, wenn mich mein Gedächtniß nit sehr täuschen sollte, in dem amtlihen Kirchenblatt der Erzdiözese Posen-Gnesen ausdrüdlich publizirt worden ift, daß die Geistlichen angewiesen worden sind, nach dieser Verordnung zu handeln, und daß, wie ja bekannt, der Herr Erzbischof die Dekane angehalten hat, seine Geistlichen zur Natsuhung der Uebertragung des Vorsiges im Kirchenvorstand zu veranlafsen. Ja, ich glaube, meine Herren, es ift kein Geheimniß, daß aub der gegenwärtige Herr Administra- tor der Diözese Posen, der Hr. Weihbischof Likowski, noch im vorigen Jahre erneut die Geistlichen seiner Diözese darauf hingewiesen hat, daß sie die ihnen gebotene Hand der Staatsregierung ergreifen und die Bitte an dieselbe rihten möten, die Leitung des Religionsunterrichts übertragen zu bekommen. Ich glaube sfogar weiter, daß der Herr Vorredner, der Hr. Abg. von JaÓédzewski, auf Grund dieser Anregung selbst die Uebertragung der Leitung des Religionsunterrihts nachgesucht und die Leitung übertragen erhalten hat. Ih möhte ferner glauben, daß jeßt nur no eine verschwindend geringe Zahl von Geistlihen in der Provinz Posen vorhanden ist, denen die Leitung des Religionsunterrihts niht \chon über- tragen ist. Daß die Zahl dieser GeistliGßen im Regierungs- bezirk Bromberg größer ist, wie im Regierungsbezirk Posen, mag sein und seinen Grund darin haben, daß sich im großen Ganzen die Grenzen der Regierungsbezirke mit denen der beiden Diözesen decken und daß, so viel mir bekannt, in der Diözese Gnesen eine ähnlihe dankenswerthe Anregung, wie sie der Weihbischof Likowski im vergangenen Jahre bezüglich der ihm unterstellten Diözese gegeben hat, in der Diözese Gnesen nit erfolgt ift.
Abg. Dr. von Jazdzewski: Es gebe rein polnische Kircen- gemeinden, welhe in gemischten politishen Gemeinden beftänden, wo also die Umgangssprache die deutsche sei, während in der polnischen Kirchengemeinde sich kaum Jemand finden werde, der das Deutsche als Amtssprace beherrshe. Redner bestreitet, daß dur den Gebrauch der polnishen Sprache die Deutschen, seien es nun Gemeinde- angehörige oder deutshe Geistliche, benahtheiligt würden.
Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Graf von Zedliv: Trübf Klee S |
Meine Herren! Jch glaube der Herr Abgeordnete hat gar keinen Grund gehabt, aus meinen Worten, die ih vorhin gesprochen, die Schluß- folgerung zu ziehen, daß ih den Polen in der Provinz Posen, speziell den polnisen Geistlichen, bei der Behandlung ibrer deutschen Parocianen oder deutschen Konfratres bösen Willen unterge\choben bätte. Das liegt mir ganz fern. Wean ein Wort gefallen sein sollte, was nah der Richtung gedeutet werden könnte, i spreche es offen aus, so würde ih es lebhaft bedauern. Denn diese Auffassung vertrete ih nicht. Aber, meine Herren, wer lange unter Ihnen gelebt kat —, und Sie wissen, daß ih Ihnen persönlich nit unsympathisch gegenüberstehe, daß ih kein sogenannter Polen- fresser bin, — der weiß — und das ist ja vielleicht von Ihrem Stand- punkt aus eine besonders anerkennenswerthe Eigenschaft — mit wel völliger Durchdringung Jhres ganzen Wesens der nationale Gedanke alle anderen Dinge bei Ihnen beherrscht. (Sehr rihtig!) Daß das nun auch innerhalb des Verkehrs in den Kirchengemeinden und im Verkehr des Geistlichen mit seinen Parochianen zum Ausdruck kommt, ist nur etwas ganz Menschliches und Naturgemäßes ; und daß bei dem Umstand, daß Ihre Sprate und Ihre Nationalität und Ihre Eigenart sehr viel fascinirendes hat (Heiterkeit), die deutshe Bevölkerung in die Kategorie einer Bevölkerung zweiter Klasse gebracht wird, is doch au längst bekannt und koa- statirt. (Sehr richtig!) Die Thatsache, daß ganze Gemeinden, deutschkatholische Gemeinden heute völlig polnisch find, können wir doch nicht aus der Welt hafen und die redet deutli dafür, daß auf diesem von Ihrem Standpunkte aus ganz legitimen Wege gewisse Umwandlungen si vollziehen, die staatlicherseits unerwüns{cht sind und vom Standpunkte der Staatsregierung nicht gebilligt werden können. Die Staatsregierung hat also meiner Auffaffung nah die Verpflihtung dem, soweit sie geseßlih dazu befugt ift, vor- zubeugen, und diese Befugniß giebt ihr in Bezug auf den Kiren- vorstand einmal das Geseß vom 20, Juni 1875, indem es die An- weisung über die Geschäftsverhandlungen in den Kirchenvorständen ausdrücklich nach Einvernehmen zwischen der geistlihen und Staats- behörde gestaltet wissen will, und zweitens das Gesetz vom 21. Mai 1886, welches für die Erzdiözese Gnesen-Posen, abweichend von den anderen Diözesen, die Regelung des Vorsißes in dem Kirchenvorstande von einer Königlichen Verordnung, der doch selbstverständlih gewisse Vorausseßungen vorangehen müssen, abhängig macht. Meine Herren, ih habe die Geseze nicht mitgemacht, sie sind aber da, und fo lange sie da sind. werden sie unter meiner Leitung ihrem Sinne nach so ausgeführt werden, wie alle anderen Gesetze, die ich zu ver- treten habe.
Aber au sahlich, meine Herren! — Ist es wirkli so unerhört, was hier gefordert wird? In den Gegenden, in denen das Deutsche die Verkehrésprache ist, können die Männer, welche wenigstens mit Recht in den Kirchenvorstand gewählt werden, ganz zweifellos auch deutsch. Daß also bei einer derartigen Bestimmung aus dem Grunde des mangelnden Verftändnisses die Kirhe Schaden leiden könnte, kann Niemand behaupten.
Es ist also au, hier und dort — das erkenne ich ofen an — eine politishe Frage ohne jede kirchlihe Bedeutung, und politischen Fragen werden eben entschieden nah dem Grunde des gegenseitigen Interesses.
Aber noh weiter! — Meine Herren, die Verhandlungen, welch{e ih dermals mit dem Herrn Erzbischof Dinder führte, wurden nicht etwa hinter verschlossenen Thüren und im Geheimen geführt, sondern ganz ofen; und bei dieser Gelegenheit — ih erwähne das sehr ungern, und ih s{hicke voraus, daß ih mich unter keinen Umständen bewegen lassen würde, Namen zu nennen; Sie #ffen mir also Glauben s{enken, und jedenfalls kann ich positiv versichern, daß bei dieser Gelegenheit ganz hervorragende und zweifelfreie Katholiken in meiner Gegenwart dem Herrn Erzbishof Dinder gesagt haben, sie begriffen niht, weshalb er dieses weitgehende Entgegenkommen der Regierung nit acceptire. (Hört! hört !)
Meine Herren, daß das mögli ist, daß es auch ohne Schaden der Kirche in einer von polnishen Katholiken bewohnten Diözese möglich ist, beweist ja ganz einfa der Vorgang in Kulm. In der Diözese Kulm besteht die Verordnung, wona den Geistlichen der
Vorsiß im Kirchenvorstande übertragen wird, seit diesem selben Jahre 1887, wo die eben hier so vielfach in Bezug genommenen Verhand- lungen in Posen begannen. Und do hat die Staatsregierung nit einmal die eben von mir geschilderten Bedingungen gestellt ; nein, die bishöflihe Behörde hat selbst erklärt: nach der von ihr im Ein- vernehmex mit dem Ober-Präsidenten erlassenen Geschäftsordnung ift die Geschäftssprahe für den Kirchenvorstand ganz allgemein die deutshe. Alfo in der in unmittelbarer Nahbarschaft gelegenen Pro- vinz, in der doch auch Polen wohnen und in der es doh au Beztrke giebt, die den gleihen Prozentsaß polnischer Bevölkerung aufweisen, wie die Provinz Posen, geht die Sache ganz glatt und ohne Anstoß und ohne Schädigung der Kirhe. Und in der Provinz Posen sollen diese viel mildern Bedingungen unmögli sein ?
Nun kommt ferner noch Folgendes hinzu. In den Forderungen der Königlichen Staatsregierung stand durhaus nit, daß sie be- stimmen wollte, welcher Ort die deutshe Sprache habe, sondern es war ausdrücklich vorbehalten, darüber eine Verständigung zwischen der bishöflihen und staatlihen Behörde herbeizuführen. Das ist doch ein sehr weitgehendes Entgegenkommen ; und ih bin heute noch bereit, dieses selbe Entgegenkommen zu zeigen; und ih bin der festen Veberzeugung, daß, wenn die bischöflichen Inftanzen in der Provinz Posen von ihrem entgegengeseßten prinzipiellen Standpunkte abgehen sollten, wir an der Hand der speziellen Verhandlungen sofort zu einer Verständigung über die Sache kommen würden. Ich stelle mich meinerseits zu dieser speziellen Verhandlung auch jeßt bereitwillig zur Verfügung, und i würde Hrn. von Jaédzewski dankbar sein, wenn er die ihm ja naße- stehenden Organe der beiden Erzdiözesen veranlaffen wollte, nah dieser Richtung erneut mit mir in Verhandlung zu treten.
Ich erkenne auh meinerseits an, daß es dringend wünschenswerth ist, die Sache endlih zum Austrag zu bringen, und daß die Staats- regierung auh nicht das- geringste Bedenken hat, dem Pfarrer den Vorsig im Kir{chenvorstand zu übertragen. i
Wenn ich nun noch mit einem Wort auf die von dem Abg. von Jaédzewski berührte Schulfrage übergebe, so thue ih das, wie ih ofen anerkenne, ungern. Ih glaube, Hr. von JaZcdzewski hat wohl den Ausdruck, den er gebrau{ht hat, in der Bedeutung des Wortes niht gemeint. Daß die Staats- regierung die Lehrer angewiesen habe, gegen ihre Geistlichen zu denunzirern, muß ih auf das Allerentsciedenste bestreiten, und ih würde Hrn. von Jaédzewski bitten, dafür die Beweise beizubringen. (Bravo! rechts.)
Abg. Dr. von Jazdzewski bemerkt, daß in der Diözese Kulm das Deutsche hon die Geschäftssprache sei.
Das Kapitel wird genehmigt.
Ueber das Kapitel 116a (altkatholisher Bischof) findet eine besondere Abstimmung statt; bei der chwachen Beseßung des Hauses (noch niht 100 Mitglieder find anwesend) bilden Centrum und Polen die Mehrheit. Die Aus ählung ergiebt, daß 51 Mitglieder gegen die Position, und nur 3 dafür gestimmt haben. Das Haus ist also, da 217 Mitglieder zur Beschluß- fähigkeit erforderli sind, beschlußunfähig.
Schluß 41/, Uhr.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 6. Mai gestellt 9809, ni@t recht- zeitia aesteilt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 5. d. M. gestellt 3677, nit reGtzeitig geftellt keine Wagen; a1. 6. d. M. wurden gestellt 3878, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
Subhastations-Resultate.
Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am 6, Mai d. J. die nachverzeihneten Grundstücke zur Versteigerung : 1) Lehrterstraße — angeblih 27 —, dem Kaufmann Otto Stut gehörig. Das geringste Gebot wurde auf 400 4 festgeseßt. Es bot der Kaufmann Max Knopf hier für seinen Mathtgeber, den Kauf- mann Marx Priester hier, 00 A — 2) Franfeckdi- straße 13, dem Zimmermeister Wilhelm Maiwald zu Berlin gehörig. Das geringste Gebot wurde auf 401 M festgesept. Ersteher wurde der Schneidermeister Hermann Goldwafser zu Berlin für das Meistgebot von 191000 A — 3) Pappel-Allee 112, dem Ofenfabrikanten Felix Bornemann gehörig. Nugtzungswerth 8950 Æ Das geringste Gebot wurde auf 800 4 festgeseßt. Ersteherin wurde die Handlung in Firma Gebrüder Häußler zu Berlin füc das Meistgebot von 122000 4
Aufgehoben wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung, betreffend das Grundstück in der Tieckstraße 11, dem Artitekten Friedrich Fischer gehörig, sowie Am Weidenweg 75, dem Tischlermeister Friedrich Wilhelm Kußin gehörig, und die Termine am 4. Mai bezw. 5. Mai d. I, Beim Königlichen Amts- gericht Il Berlin wurden das Verfabren der Zwangsversteigerung, betreffend die Grundstücke des Gärtners Wilhelm ¡Bitterhof, zu Nieder-Schönhausen belegen, und die Termine am 6. Mai bezw. 8. Mai d. J. aufgehoben.
— Der „Zeitschr. f. Spir.-Ind.* entnehmen wir folgenden Bericht über den Handel mit Stärke nah Mittheilungen der Ver- trauen8männer in der Zeit vom 29, April bis 5. Mai 1891: Im Laufe der Berichtswoche ist nur folgender Abschluß in Kartoffelfabri- Éaten mitgetheilt worden. Es wurden verkauft an: Kartoffel- stärke 300 Sack prima zu 23,50 46 netto Kasse franko Lager Burg bei Magdeburg bei sofortiger Abnahme.
— In der ordentlihen Generalversammlung der Akti en- Gesellschaft für Glas-Industrie vorm. Friedrich Siemens vom 6. d. M. wurden sämmtliche Anträge der Ver- waltung einstimmig genehmigt, die Dividende für das abgelaufene Geschäftsjahr auf 12 9% festgeseßt und das aussheidende Mitglied des Aufsichtsrathes wiedergewählt. Die Dividende gelangt von heute ab in Berlin bei der Berliner Handels8gesellshaft und der Bank für Handel und Industrie zur Zahlung, Nach den Berichten des Vor- standes hat si im Laufe des Jahres 1891 das Geschäft bisher zu- friedenstellend entwickelt.
— Die nâthste Börsen-Versammlung zu Essen findet am 11, Mai 1891 im „Berliner Hof“ statt.
— Vom obersch{lesishen Steinkoblenmarkt berichtet die „Sl. Ztg.“: Nachdem fi in der leßten Zeit eine, wenn au nur geringe Mattigkeit bemerklich gemacht hatte, if in Folge des westfälishen Bergarbeiter-Strikes wieder reges Leben ins ober\chlesische Kohlengeshäft Hineingekommen. Die Grubenverwaltungen find mit neuen Aufträgen aus dem Jn- und Auslande überhäuft worden, und die Verladungen waren außerordentli ftark, Mit der theilweisen Be- endigung desStrikes hat auch wieder größereRegelmäßigkeitPlaß gegriffen, und es sind binnen Kurzem wieder normale Verhältniffe zu erwarten. Der Erport nah Desterreih und Rußland hat in der leßten Berichtsperiode ebenfalls eine Steigerung erfahren, und liegen Ab- \{lüsse auf dauernde und regelmäßige Bezüge vor. Vom östlichen Koßlenrevier wird seit Beginn des Frühjahrs auch wieder Kohle, hauptsählich Stück- und Würfelkohle, auf der Przemsa nah Galizien verfrachtet, Im örtlihen Verkauf haben die Kohlenpreise keine Aenderung erfahren, Bessere Marken notiren; Stück-, Würfel-
und Nußkoble T 42—48 §, Nuß Il 38—42 4, Förderkoble 38 bis 43 „4, Klein- und Erbskohle 25—30 S, Staubkoble 8—14 y, Secunda Marken je nach Qualität 3—6 S pro Centner billiger. Die Kokesanftalten halten die Produktion auf der bisherigen Höbe, ibr Fabrikat findet, zumal dasselbe fest an die Werke vershlofsen, s{lanken Absaß. Nennenswerthe Bestände find hier nirgends zu sehen. Die Zufuhr von Witkowitzer und Waldenburger Kokes zu den ober- \{lesishen Werken ist nur auf das für die einzelnen Betriebe erfor- derlihe Quantum beschränkt. Für Theer und LTheerprodukte ist P etg genügend Absaß vorhanden; die Läger sind zum Theil geräumt.
— Das „Gewerbeblatt für das Großherzogthum Hessen“, Zeitschrift des Landesgewerbvereins, hat in der Nr. 19 vom Mai 1891 folgenden Inhalt: Zur Nathriht. — Patentgeseg. — Die Gewerbeshule zu Worms. — Zur Geschichte des Ultramarins. — Aufklärungen über das abgeänderte Patentgeseßs. — Aus den Ortsgewerbvereinen. Nidda. — Verschiedene Mittheilungen. —
atente von im Großherzogthum Hessen wohnenden Erfindern. infuhr von Cigarren in Eaypten. — Literatur.
Köln, 6, Mai. (W. T. B.) Bei der heutigen Verdingung von 6240 t flußeiserner Quershwellen für die recht srhei- nische Eisenbahn waren Mindestfordernde: Die Dortmunder Union für 2305 t, Phönix für 1482 4 das“ rheinische Stahlwerk für 716 t, mit je 1245 4, Gute Hoffnung für 1183 t, westfälische Stahlwerke für 781 t, mit je 124 A — Für 8250 t Flußstahl- shienen blieben Mindeftfordernde: Krupp für 1008 t, Aachener Hütte für 682 t, westfälishe Stahlwerke für 2260 t, mit je 126 M, rheinishe Stahlwerke für 2090 t, mit 1264 #, Krupp für 1371 L, mit 127 f, das Osnabrücker Stahlwerk für 498 t, mit 128 4, und der Bochumer Verein für 346 t, mit 131
Leipzig, 6, Mai. (W. T. B.) Kammzug - Termin- handel. La Plata, Grundmuster B. pr. Mai 4,327 4, pr. Juni 4,40 4, pr. Juli 4,40 4, pr. August 4,45 #4, pr. Sep- tember 4,45 #4, pr, Oktober 4,47} 4, pr. November 4,475 M, A N ne 4,472 MÆ, pr. Januar 4,477 ck Umsay 45 000 kg.
ubig.
Wien, 6, Mai. (W. T. B) Der Verwaltungsrath der Nordwestbahn beantragt, den Juli-Coupon der Stammaktien mit 43 Fl. und denjenigen der Aktien Litt, B. mit 11 FIl. einzulösen.
Der Verwaltungsrath der Alpinen Montangesellshaft beshloß, die Vertheilung einer Dividende von 5è 9/0 zu beantragen.
Triest, 6. Mai. (W. T. B.) Der Retenschaftsberiht des Verwaltungsraths des DesterreichisG-ungarishen Lloyd theilt den Inhalt des mit der österreihischen Regierung ge- \{lossenen Vertrages mit und giebt der Hoffaung Ausdruck, daß der Vertrag eine rationele Erweiterung seines Thâtigkeitsbereihs ermöglichen werde, weshalb der Vertrag in finanzieller Hinsiht als befriedigend bezeichnet werden kann. Vom Stand- punkt der Verwaltungsfrage freilih sei der Vertrag minder günstig, indeß werde die Gesellshaft dur die Beschaffung größerer Dampfer für die indo-chinesisden Linien in den Stand gefeßt, dem Dienste im adriatishen und Mittelmeer tragfähigere und mit be- quemeren Einrichtungen versehene Schiffe als bisher zuzuwenden, auch werde durch die Feststellung eines neuen Fahrplanes den Klagen der Handelswelt über den Umladedienst abgeholfen.
Die Generalversammlung des österreihisch-ungarischen Lloyds genehmigte die vorgelegte Bilanz, ertheilte Decharge und nahm mit große- Majorität den mit der österreihischen Regierung ab- ge\{chlofsenen Vert:ag an mit einem Zufaßantrage dahin, daß der auf die Deckung des Defizits bezügliche §. 26 der Statuten mit Ge- nehmigung der Behörde abgeändert werde.
London, 6. Mai. (W. T. B.) An der Küste 5 Weizen- ladungen angeboten,
— 7, Moi. (W. T. B.) Die Bank von England ‘at beute den Diskont von 3 auf 49/0 erhöht. i: 5
— 7, Mai. (W. T. B) Der „Times“ zufolge ist der zwischen dem Dr, Plaza und dem englishen Vertreter der Wasserwerke zu Buenos Aires zu Stande gekommene Vertrag über die Auf- hebung der Konzessionen und Kontrakte von dem Leßteren gestern in London unterzeihnet worden. Der Vertrag bedarf noch der Ge- nebmigung der Aktionäre und des argentinischen Kongresses.
An der Küste 4 Weizenladungen angeboten. i
Bradford, 7. Mai. (W. T. B.) Wolle ruhig, abet stetig; Exportgarne thâtiger; Stoffe ruhig.
New-York, 6. Mai. (W. T. B.) Heute is eine Million Dollars Gold für Europa bestellt.
— 7. Mai. (W. T. B) Heute sind weitere 500 000 Dollars Gold zur Ausfuhr nach Europa bestellt worden. Die Summe L dieser Woche exportirten Goldes beträgt bis beute 4 700 000
ollars.
Reunen zu Charlottenburg, Mittwoch, 6. Mai.
I. Ellen Douglas-Jagd-Rennen. In Erinnerung an das vor zehn Jahren gelaufene Rennen des Vereins. Ehrenpreise dem siegenden Reiter und dem Reiter des zweiten Pferdes und 2000 4 dem ersten Pferde. Herren-Reiten. Distanz 3500 m. (34 Unter- \hriften.) Hrn. Lorian's F.-H. „Leire“, Gr. v. M 1.,, Rittm. v. Sydow's F.-St. „Cara*, Bes. 2, Lieut. v. Waldow?'s F.-H. „Eventail“, Rittm. v Heyden-Linden 3. Siegte mit drei Längen; ebensoweit zurück „Eventail“ Dritter. Werth: Ghrenpreise und 2390 M dem ersten, 980 A dem zweiten, 580 #4 dem dritten Pferde.
II. Fantasca-Jagd-Rennen,. Preis 1500 4 Iockey-Rennen., Handicap. Distanz 3500 m. (6 Untershr ) Hrn. v. Tepper-Laski's br. W. „Strelize" 1. Lieut. Baron Blome's br. St. eZauberin“ 2, Mr. Black's F.-H. „Alsdann* 3, Siegte mit anderthalb Längen ; zwanzig Längen zwishen „Zauberin“ und „Alsdann“. Werth 1750 « dem erften, 550 # dem zweiten, 250 #4 dem dritten Pferde.
IIT. Damen- Preis. Ehrenpreis, gegeben von Damen Berlins, und 1500 „G dem ersten Pferde. Jagdrennen. Offizier-Reiten. Distanz 4000 m. Lieut. Frhrn. v. Kap-herr's Il. br. St, „Lady Miles“. Bes. 1. Rittm. v. Heyden-Linden's br. W. eOrcadian*, Bes. 2. Rittm. v. Shmidt-Pauli's br. W. „Cardinal Wolsey", Lieutenant v. Schierstädt 3, Nah aufregendem Gndgefecht um einen Kopf heraus- geritten; um anderthalb Längen zurück „Cardinal Wolsey* 3. Zwölf Pferde liefen. Werth: Ehcenpreis _und 2400 A dem ersten, 760 M4 dem zweiten, 560 #4 dem dritten Pferde.
IV. Preis von Falkenhagen. 1800 A Jotey-Hürden- Rennen. Handicap. Distanz 3000 m, (10 Untershr.) Hrn. Albert?s br. H. „Adam“ 1. Kapt. JIoë's br. St. „Adèle* 2. Hru. R. Haniel’s dbr. St. Desirée 3. Siegte mit drittehalb Längen; f\echs Längen hinter Adèle landete Desirée als dritte. Werth: 2160 dem ersten, 450 4 dem zweiten, 250 c dem dritten Pferde.
Y. Grunewald-Jagd-Rennen. Preis 3000 A Herren- Reiten. Jagd-Rennen 2 Kl. Distanz 4500 m, Kapt. Joë's br. St. „Vivacious*, Lieut. v. WilliG 1 Lieut. Lucke's br, W. „Oxford“, Lieut, v. Grävenißtz 2 Hrn. I. Suhr's br. W. ,Musketeer“, Hr. v. Dewig 3. „Vivacioas“ \{lug E vor dem Ziel den bis dabin führenden elo um anderthalb Längen; zwanzig Längen hinter diesen kam „Musketeer* als Dritter ein. Werth: 3390 #4 dem ersten, 750 M dem zweiten, 350 A dem dritten Pferde.
VI. Preis von Rirdorf. 1500 4 Jockey-Handicap-Jagd- Rennen. Distanz 3000 m. (12 Unterschr.) Hrn. F. Knoke?s br. St. „Tusall Silver“ 1. Hrn. H. Zimmermann's br. St. „Savings Bank, 6jähr, 2. Lieut. Meincke's br. W. eBraenberry“ 3. Mit vier Längen gewonnen; zehn Längen zurück „Braenberry* Dritter. De 1900 Æ dem ersten, 450 M dem zweiten, 250 c dem dritten Pferde.
_VIL. Hanseat-Hürden-Rennen. 1500 Iockey-Rennen. Distanz 3000 m. (14 ere Hrn. Albert's \{wbr. W. „Cos- mopolit“ 1, Lieut. Frhr. v. Kap-herr's I]. br. H. „Atlantic®" 2.
Hrn. Dimaths dbr. §. »Mirambo“ 3. Siegte mit anderthalb Längen z; fünf Längen hinter „Atlantic“ kam „Mirambo* als Dritter ein. Werth: 1840 #6 dem ersten, 540 ( dem zweiten, 240 A dem
dritten Pferde.