1891 / 109 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 11 May 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Seine Majestät der Kaiser und König ist am Sonnabend auf der Fahrt von Darmstadt über Fulda und Salzschlirf, wo Allerhöhstderselbe auf dem Bahnhofe von dem Grafen Görß empfangen wurde, um 9 Uhr Abends in Schliß eingetroffen. Der Ort war fesilih mit Fihtengrün, Wappen und s geschmückt. Beim Einzuge Seiner Majestät bildeten die

riegervereine der Umgegend, fowie Gesang-, Turn- und andere Vereine Spalier. An der vor der Bürgermeisterei erbauten Hauptehrenpforte, wo der Kaiserlihe Wagenzug hielt, wurde Seine Majestät von dem Bürgermeister, hessischen Landtags- Abgeordneten Zinsser, mit einer Anspr ahe begrüßt, worauf Allerhöchstderselbe dankend erwiderte und dem Bürgermeister die Hand reihte. Nachdem Seine Majestät den von dem Vorsitzenden des Kriegervereins Lauterbah:Schliß erstatteten Rapport über die anwesenden Kriegervereine entgegengenom- men hatte, fuhr Allerhöchstderselbe durch die Ehrenpforte zwischen den Spalier bildenden Vereinen nah dem Gräflichen Schlosse.

A Am Sonntag Vormittag wohnte Seine Majestät in Begleitung des Grafen Görß dem Gottesdienst in der neuerdings restaurirten Kirche von Schlig bei. Nach be- endigtem Gottesdiensce verweilte Seine Majestät noch einige Zeit daselbst, beehrte den Oberpfarrer Dr. Dieffenbach mit einer freundlichen Begrüßung und besichtigte mit Interesse die aus der Zeit der Karolinger stammende Kirche. Nachmittags wohnte Seine Majestät der Umpflanzung einer in den Kriegsjahren 1870/71 gepflanzten Eihe im S{hloß- aarten bei und nahm daran, wie „W. T. B.“ meldet, thätig Theil.

Heute Mittag wollte Seine Majestät einen Ausflug auf den Richthof, den Sommeraufenthalt des Grafen Gört, in dessen Nähe ein Fuchsgraben stattfinden soll, unternehmen.

Seine Maj-stät hat dem Grafen Görs Allerhöchstsein lebensgroßes Porträt überreicht.

Die Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlihen Geseßbuchs erledigte in ihren Sißungen vom 27. April bis 6. Mai zunächst den Rest des Titels über „Willenserklärung“ (8. 74 Abs. 2 bis 4, S8. 75, 76). Die Vorschriften des Entwurfs wurden im Wesentlichen gebilligt.

Bei der Berathung des Titels über „Vertrag- \chließung“ (885. 77 bis 90) wurden die S8. 77, 79 als ent- behrlih gestrihen. Fm Uebrigen fanden auch die Vorschriften dieses Titels abgesehen von einzelnen Vereinfahungen und Fassungsänderungen die Zustimmung der Kommission. Der §. 84 erhielt jedoch den Zusaß, daß ein miitels Fern- sprehers von Person zu Perfon gemachter Antrag als Antrag unter Anwesenden zu beurtheilen fei. Die im 8. 86 behandelte praktish wichtige Frage, in welchen Fällen zum Zustandekommen des Vertrags eine Annahmeerflärung gegenüber dem Antragenden (S. 74) niht erforderlich ist, wurde dahin entschieden, daß schon die Bethätigung des Annahmewillens dur konkludente Hand- lungen (Ausführung der Bestellung u. #. w.) genüae, wenn der Antragende auf eine ihm gegenüber abzugebende Annahme- erflärung verzihtet hat oder das Unterbleiben einer folchen der Verkehrssitte entspriht. Aufrecht erhalten wurde der Entwurf darin, daß ein unter Abwesenden verhandelter Vertrag, abgesehen von den Fällen des §8. 386, in dem Zeitpunkt als geschlofsen gelten soll, in welch:m die An- nahmeerklärung dem Antragenden zugeht, während von anderer Seite vorgeschlagen war, nah dem Vorgange des Handelsgesezbuchs Art. 321 den Zeitpunkt, in welchem die Annahmeerkiärung Behufs der Abjendung abgegeben ift, als den Zeitpunkt des Vertragsshlusses zu bestimmen. Bei dem Beschlusse wurde davon ausgegangen , daß demnächst bei einer Revision des Handelsgeseßbuchs der Standpunkt des Entwurfs auh auf dem Gebiet des Handelsrechts zur Geltung gelangen werde.

Die von der „Form der Rechtsgeshäfte“ han- delnden S8. 91 bis 94 fanden mit der Abweihung die Zu- stimmung, daß die durch Geseg vorgeschriebene \{chriftliche Form durch Telegramm nicht soll erseßt werden können; daß dagegen zur Wahrung der durch Ver- einbarung bestimmten schriftlihen Form das Telegramm genügen soll, au in diesem Falle jedoch nachträg- lihe shriftlih2 Bestätigung verlangt werden kann. Ein Antrag, als s{riftlihe Form auch den Briefwechsel gelten zu lassen, wenigstens zu bestimmen, daß derselbe im Zweifel zur Wahrung der vereinbarten schriftlichen Form genüge, wurde nach eingehender Erörterung abgelehnt.

Was die Vorschriften über „Willensmängel“ (88. 95 bis 104) anbetrifft, so wurden die von den Fällen der Mental- reservation, der Simulation, des Scherzes und dergl. handeln- den S8. 95 bis 97 fahlich angenommen, der 8. 97 jedo mit der Abweichung, daß die im Scherz u. \. w., ab- gegebene Erklärung in allen Fällen nichtig, der Erklärende aber ohne Nücksicht auf fahrlässiges Vershulden shadensersaßpflihtig sein soll, fofern niht der Ges%hädigte den Mangel der Ecnst- lihkeit kannte oder kennen mußt», Zu den S8, 98, 99, welche den Einfluß des sogen. wesentlichen Frrthums regeln, entschied man sih nach sehr eingehenden Erörterungen für das System der Anfechtbarkeit der irrthümlihen Willenserklärung, zugleich aber wurde die Vorschrift aufgenommen, daß der Anfechtende, auch wenn ihm eine Fahrlässigkeit nit zur Last falle, \hadens- ersavpflihtig sein solle. Die Berathung über die nähere Be- stimmung des wesentlichen Jrrthums und die zeitlihe Be- s der Anfechtbarkeit ist noch nicht zum Abschluß

ngt.

_Der Königliche Gesandte am Großherzoglih badischen Hofe, Wirkliche Geheime Rath von Eisendecher hat h ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlih s{aum- burg: lippische Negierungs-Präsident Spring isst von Berlin wieder abgereist.

Magdeb urg, 11. Mai. Gestern fand, wie die „Magd. Ztg. mittheilt, hier eine zahlreih besuhte Trauerfeier jür den General: Feldmarschall Grafen Moltke statt, bei welcher der Superintendent Faber die Festrede hielt,

Kiel, 10. Mai. Seine Königlihe Hoheit der Vrinz Heinrich und Seine Großherzogliche Hoheit Tir arts Mat von Baden begaben sih, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Nachmittag nah Hamburg, um auf dem Aviso „Grille“ die

Wiesbaden, 8. Mai. Jun der heutigen 5. Sizung des Kommunal-Landtages wurde der Antrag der Rehnungs8- Prüfungs-Kommission: „der Kommunal-Landtag wolle beschließen, bezüglih der Rechnungen ohne Vorbehalt Decharge zu ertheilen and die bei den einzelner, Rehnungen speziell nahgewiesenen, vom Landesausschuß gebilligten, gegen den Etat stattgehabten Mehrausgaben zu genehmigen“, ange- nommen, ebenso der dazu gestellte Antrag des Dr. Geiger: „der Kommunal Landtag wolle beschließen, den Landesaus\shuß zu be- auftragen, in eine Prüfung der Frage einzutreten, obundin welcher Weise eine Prüfung der JFahresrehnung und insbesondere der Ausgaben, nicht nur kalkulatorish, sondern auch nach ihrer verfassungsmäßigen Seite, sei es durch Einrichtung einer kommunalständishen Rechnungekammer, sei es auf andere Weise, sich ermöglichen lassen dürfte.“ Ferner wurde zum stell- vertretenden Mitgliede des Landesausshusses an Stelle des zum Mitglied des Landesauëschusses gewählten Abgeordneten Christoph der Abgeordnete König (Oberrad) gewählt, Schließlich wurde der Antrag des Abgeordneten Velde und Genossen: „der Kommunal-Landtag wolle be- schließen: nachdem festzustehen scheint, daß mit der Ausführung der Kanalisation der Mosel in absehbarer Zeit vorgegangen werden wird, unterläßt der Kommunal-Landtag es nicht, der Königlichen Staatsregierung die Erwartung auszusprechen, dgß dieselbe mit der Vollendung der Kanalisation der Lahn zum Mindesien niht später, als mit jener Ausführung vor- gehen werde“, angenommen.

Bayern.

München, 10. Mai. Seine Könialiße Hoheit der Prinz-Regent begiebt sch der „Alla. Ztg.“ zufolge zum Besuch der Herzogin Adelgunde von Modena am nächsten Mittwoch nah Wien und kehrt von dort kurz vor dem Frohn- leihnamstage wieder zurü.

Württemberg.

Stuttgart, 9. Mai. Der Bericht der volkswirth- shaftlihen Kommission der Kammer der Abgeord- neten, betreffend die Uebersicht über die Verwendung der für den Eisenbahnbau, fowie für außerordentliche Bedürfnisse der Eifenbahnverwaltung bis zum Schluß der Finanzperiode 1389/91 bewilligten Geldmittel, ist nach dem „Schw. Merk.“ jezt zur Vertheilung gelangt. Die Kommission hat bei Prüfung der vorerwähnten Uebersi{t nihts zu erinnern gefunden und stellt den Antrag: Die Kammer der Abgeord- neten wolle den Nachweis der ri&tigen Verwendung der ver- williaten Mittel als erbracht erkennen.

Meccklenburg-Schwerin. Schwerin, 10. Mai. Jhre Königlihe Hoheit die Großherzogin Marie und Fhre Hoheit die Herzogin Elisabeth werden, wie die „Mell. Nachr.“ vernehmen, morgen von Meran hier wieder eintreffen. Schwarzvurg-SonderShausen. _ Sondershausen, 9. Mai. Seine Durchlaucht der Fürst und Jhre Hoheit die Fürstin trafen, wie das „Reg.-

und Nachr.-Bl.“ meldet, heute von Gehren wieder hier cin.

Oesterreich-Ungarn.

Wie die „Presse“ meldet, ist der Beginn der Ver- handlungen zwishen der österreihisch- ungarischen und deutshen Regierung mit dem s\{chweizerischen Bundesrath wegen Erneuerung der mit dem Beginn nächsten Jahres ablaufenden Handelsverträge mit der Schweiz für den 253. Mai anberaumt.

Wien, 11. Mai. Bei dem Erzherzog Ludwig Victor fand vorgestern Abend zu Ehren Jhrer Majestäten des Königs und der Königin von Dänemark ein Diner statt, an dem Seine Majestät der Kaiser Franz Joseph, zahlreiche Mitglieder des Herrscherhauses und der Herzog und die Herzogin von Cumberland theilnahmen.

In Lemberg fand am Sonnabend in der dortigen Kathedrale die Taufe der neugeborenen Erzherzogin, der Tochter des Erzherzogs Leopold Salvator ftatt. Der Erzherzog Franz Salvator und seine Gzmahlin die Erzherzogin Vèiarie Valerie, welhe der Taufe beige- wohnt hatten, wurden bei ihrer gestern erfolgten Abreise nach Wien von der Volksmenge enthusiastish begrüßt. Auf dem Bahnhofe hatten sih die Spizen der Be- hörden, die Erzbishöfe der verschiedenen Konfessionen, der Gemeinderath und die Arisiokratie zum Abschiede eingefunden. A Bürgermeister überreichte der Erzherzogin ein prachtvolles

ouquet.

«Fn der vorgesirigen Sißung des Budgetausschusses erflärte der Handels-Minister Marquis Bacquehem: Betreffs Rumäniens seien zunächsi die am 10. Juli d. J., dem Tage der «znkrafttretung des autonomen rumänischen Tarifs, ein- tretenden neuen Verhältnisse abzuwarten. Der Minister wies auf die in dieser Hinsicht an die Handelskammern ergangene Aufforderung hin, über ihre Wahrnehmungen Bericht zu erstatten. Der Export Desterreihs nach den übrigen Balkan- ländern weise allerdings in Folge der steigenden Konkurrenz, namentlich Seitens Deutschlands, mitunter einen Rückgang auf, doch dominire Desterreih noch immer in manchen Artikeln. Was die handelépolitishen Beziehungen zum übrigen Aus- lande angebe, so sei in dieser Hinsicht mehrfach Vorsorge getroffen, so Be!reffs Egyptens durh einen neuen Handelèvertrag; mit anderen Ländern seien Verhandlungen im Zuge. Mit Bulgarien sei die Fortdauer der Meistbegünstigung festgestellt. Griechenland sei wiederholt ein Tarifvertrag angeboten worden, an dem Seitens Desterreihs noch fest- gehalten würde; mit Serbien dürften die Handelsvertrag8- verhandlungen bald aufgenommen werden.- Die Verhandlungen mit der Türkei seien ihrem Abschluß niht mehr fern. Dadurh, daß Oesterreich später als Deutshland mit der Türkei verhandelt habe, sci es in der Lage ge- wesen, für einige speziell österreichische Ecportartitel nohch weiter vorzu}orgen. Betreffs des Verhältnisses zu Deutsch- land gab der Minister den Nachtheil zu, welchen die bis zur VBekanntmahung der Vereinbarungen herr- hende Unsicherheit im Gefolge hätte; es stünden jedoch weit größere Vortheile auf dem Spiele, wenn die Tarife vorzeitig bekannt würden. Der Zeitpunkt der Jnkraftsezung des einst- weilen paraphirten Vertrages mit Deutshland hänge nicht allein von Oesterreih ab. Der voraus sihtliche Termin derselben

Reise nah England anzutreten,

1 die Absicht aus, die in Rede stehenden Handelsverträge wenn möglich, im Spätherbst dem Reichsrath vorzulegen, Jm weiteren Werlaufe der Sißung malte der Handels-Minister die Mittheilung, eine Gesezvorlage, betreffend die Regelung der Beziehungen zwishen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, sei bereits ausgearbeitet und werde noch im Laufe der Früb¡ahrssession dem Reichzrath zugehen. Großbritannien und Jrland.

Der irishe Fonds, welcher bei einem Pariser Bank- hause deponirt ist, macht den beiden irishen Fraktionen noch immer viel Kopfzerbrehen. Die McCarthyaner beschlossen, Parnell vorzuschlagen, er solle einen Vertrauensmann und McCarthy einen zweiten ernennen; diese Beiden sollten dann unbedingte Verfügung über den Fonds zum Besten der ausgewiesenen Pächter haben. Parnell erklärte jedoh, daß er auf diefen Vorshlag nicht eingehen könne; er wolle sih perfönlich mit McCarthy verständigen, damit die Gelder niht nur zu Gunsten der vertriebenen Pächter verwandt würden, fondern auch ein Theil der Pächter fich mit ihren Gutsherren abfinden könnten. Der irishe Agitator Michael Davitt leidet, wie er verbreiten läßt, an der Gicht; er wird sich deshalb demnächst nah dem Heimathlande seiner Gattin, Californien, begeben und dort, wenn seine Gesundheit wiederhergestellt ist, einen Vortragscyklus beginnen, der sih auch über andere Unionsstaaten ausdehnen foll.

Der Erste Lord des Schaßamts W. H. Smith hat in einem Manifest an seine Wähler im Londoner Strand-Wahl- distrikt diesen mitgetheilt, daß er in Folge der Uebernahme des Amts eines Lord-Wardeins der Cinque Ports sein Mandat zum Unterhause niederlege. Zugleich bittet er darin um seine Wiederwahl unter Hinweis darauf, daß er seit 23 Jahren Vertreter dieses Distrikts ift.

Bei der am 8. d. M. im Harborough - Wahldistrikt ab- gehaltenen Ersaßwahl wurde an Stelle des verstorbenen konservativen Abgeordneten Tapling der Gladstonianer 5. W. Logan mit einer Mehrheit von 4389 Stimmen gegen den Tonservativen Kandidaten Gerald Hardy gewählt, Fm «Fahre 1886 hatte der konservative Kandidat eine Mehrheit von 1133 Stimmen erhalten.

Das große Stahlpanzer\chiff „Empreß of Fndia“ wurde am 7. d. M. Nachmittaas von der Pembroke- Werft vom Stapel gelassen. Die Herzogin von Con- naught, welde am Abend zuvor zusammen mit dem Herz0g von Connaught und ihren Kindern an Bord der König- lichen Yacht „Victoria and Albert“ angekommen war, vollzog den Taufakt, Die „Empreß of Fndia“, welche im Juli 1889 begonnen wurde, zeichnet sich dur ihre riesigen Dimen- sionen aus. Sie besißt Maschinen von 13 000 Pferdekräften und wird eine außerordentlich starke Ausrüstung erhalten. Die Bemannung soll 650 Köpfe zählen.

Der „Jewish Chronicle“ schreibt:

«Wir können auf die beste Autorität hin versibern, daß die letzte Woge acrmeldete Nachricht, Baron Hir\ch wolle 3 000 000 Pfd. Sterl. für die Organisation ciner riefenhaften Auswanderung der Suden aus Rußland schenken, einstweilen wenigstens ohne Bes gründung ist. Baron Hirsch hat keinen neuen Plan aufgenommen, fondern leitet nur die Mission weiter, welhe er Ende leßten Jahres zu dem Zweck nah der Argentinishen Republik abfandte, um zu erfunden, ob fich das Land für die Aufnahme einer großen Anzahl russisGßer Iuden ecigne. Diese Mission hat ihre Arbeit nech nicht vollendet, Ist es geschehen, so ift Baron Hirsch ohne Zreeifel bereit, eine beträßtlihe Summe für den angegebenen, Zweck beizusteuern. Den Betrag hat er, wie wir annehmen dürfen. bisher Niemandem mitgetheilt Wir möchten binzufügzn, daß die Herren Lord Rothschild, Sir Julian Goldsmid und Samuel Montague \ich berathen haben, um den Strom der jüdishen Ein- wanderung so weit mögli von England abzulenken. Diese Politik baben die Fübrer des Judenthums in England stets befolgt und ihre Glaubénsgenofsen auf dem Kontinent darauf aufmerksam gemaht, wie überfüllt der Londoncr und englische Arbeit3markt ift.“

Wie „N. B.“ aus Rangun erfährt, wäre der geflüchtete Negent von Manipur am 8. d. gefangen genommen wor- den. Ferner wird berichtet :

Die Kukis baben für die Zerstörung einiger Brücken eine {were Züchtigung erhalten, Die Cholera ist in der Abnahme begriffen. Der angeblihe Mörder Quinton’s, Mya Mynzarro, langte am 4. Mai von Thobal unter einer von General Graham gestellten Bedeckung an. Er befand ih auf einer Tragbahre, da er in Folge seiner bei dem Kampfe gegen die britisWen Truppen erhaltenen Verwundungen nicht zu geben im Stande war. Das 4, Gurka-Regiment trat am 5. via Kohima den Marsch nah Indien an.

Frankreich. ,

Paris, 11. Mai. Jn den Couloirs der Deputirten- kammer herrschte, wie der „Köln. Ztg.“ geschrieben wird, vorgestern eine lebhafte Erregung wegen der Sißung am Tage zuvor. Die Radikalen waren fehr erregt über die Verwerfung der Amnestie und sprachen davon, die Gruppen der äußersten Linken wieder herzustellen. Die Konservativen verhehiten nicht ihre Genugthuung; sie hoffen, daß die Spaltung der Republikaner von Dauer sein werde, damit sie die Entschei- dung wieder in die Hand bekommen. Die Lage ist sehr gespannt, in Regierungskreisen glaubt man jedoch, daß das Ministerium Herr bleibt und die Radikalen nicht wagen werden, in dem jezigen kritishen Augenblick eine Krise herauf- zubeshwören. Die aus Brüssel hier eingetroffene Nachricht, Boulanger wolle aus der Fourmies-Affäre und der durch dieselbe geschaffenen Lage für seine politishen Ziele Kapital \hlaaen, die belgishe Negierung aber sei in diesem Falle ent- \chlossen, Boulanger den Aufenthalt in Belgien zu untersagen, machie wenig Eindruck. j

Auf der Tagesordnung der vorgestrigen Sizung stand die Fortsezung der Berathung über die Zolltarif-Vorlage. Der Abg. Deschanel äußerte, wie „W. T. B.“ berichtet, bei Besprechung der Zolltarife der auswärtigen Staaten die Ansicht, daß die Me. Kinley-Bill sich vorwiegend gegen Deutschland rih‘e. Deutschland habe das größte Interesse, zu Frankreich auf wirthschaftlihem Gebiete gute Beziehungen zu unterhalten und demgemäß keine Zollmaßregeln zu ergreifen, welche diese guten Beziehungen stören könnten. Wenn daher von einer Kontinentalsperre gesprochen werde, so sei dies eine reine Uebertreibung. Der Redner betonte ferner die Noth- wendigkeit, Hornvieh auf den Maximal- und Minimaltarif zu seßen, um mit gewissen Staaten Unterhandlungen- führen zu können. Jm weiteren Verlaufe der Sizung wandte sich Léon Say gegen die Argumente, auf welhe sich der Bericht Méline’s stützt, und wies darauf hin, daß fich von allen Seiten Klagen erhöben. "Die Theorien Méline's hätten keinerlei ernste Thatsachen zur Unterlage. Redner \chloß

ergäbe sih jedoch aus dem Ablaufstermin der wihtigsten curopäischen Handelsverträge von selbst. Der Minister sprach

damit, daß er in der nächsten Sizung die Theorien Méline's einer weiteren Prüfung unterziehen werde.

m Tivolisaal von Vauxhall fand heute ein boulan- zistishes Protestmeeting wegen der Vorgänge in Fourmies statt, welhem etwa 1500 Personen beiwohnten. Die Redner, darunter die boulangistishen Deputirten Granger, Roche und Gabriel, griffen sämmtlih die Regierung heftig an. Die Versammlung nahm eine gegen das Vorgehen der H protestirende Tagesordnung an. Auf der Straße sammelten sih Gruppen an, die indeß dur Die Polizei ohne Zwischenfall zerstreut wurden.

Rußland und Polen.

Der Herzog Albrecht von Württemberg, der württembergische General-Adjutant, General-Lieutenant Freiherr von Molsberg, der General der Kavallerie Graf von Lehndorff, der englishe General Williams, sowie die zur Beisezung des Großfürsten Nikolaus Nikolajewitsch er- {hienenen Deputationen des 5. preußishen Kürassier- Regiments und des 2. österreihishen Husaren-Regiments wurden, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, gestern von dem Kaiser zur Frühstückstafel in Gatschina zugezogen.

Zum Empfang des neuernannten erlauhten General- Gouverneurs von Moskau bereitet sih, wie die „Now. Wr.“ berichtet, die alte Zarenstadt eifrig vor. Jhre Kaiser- lihen Hoheiten der Großfürst Sergius und seine Ge- mahlin werden in den ersten Maitagen (a. St.) in Moskau erwartet. Die ersten drei Tage sollen der Besichtigung der Moskauschen Heiligthümer und dem Empfang der Militär- A der Administrations- und Kommunalbeamten gewidmet werden.

Die feierliche Grundsteinlegung des Kriegshafens in Libau soll, wie die „Lib. Ztg.“ meldet, in diesem Sommer stattfinden, und es würden dort anläßlich dieser Feier hoh- gestellte Gäste aus St. Petersburg erwartet.

Jtalien.

Die amtlihe „Gazzetta“ vom 9. d. M. veröffentlicht in Ausführung des {hon erwähnten Geseßes ein Dekret, wo: dur die Gründung einer Aktiengesellshaft unter dem Titel „JFtalienishes Bodenkredit-Jnititut“ bewilligt und diesem das Recht gewährt wird, die Beleihung von Grund und Boden innerhalb des Königreichs vorzunehmen.

In der Deputirtenkammer wurde am Sonnabend die Abstimmung über den Antrag des Minister-Präsidenten Marchese di Rudini, die Debatte über den Antrag Cavalotti auf zwei Monat: zu verschieben, wiederholt; fie ergab abermals Beschlußunfähigkeit des Hauses, und die Sizung wurde deshalb aufgehoben.

Ueber die Encyclica des Papstes, deren Veröffent- lihung bevorstehen soll, {reibt der römische Korrespondent der „Germania“: „Eine französische katholishe Zeitung, der „Univers“, veröffentlihte vor einigen Tagen einen Auszug aus der Encyclica über die soziale Frage. Diese Zusammen- stellung wurde von kfompetenter Seite im Vatikan als fals{ch betrachtet und formell dementirt. Die Encyclica wird in den nächsten Tagen veröffentliht werden und zwar vielleicht schon in der nächsten Woche. Der „Moniteur de Rome“ bringt folgendes Entrefilet: „Wir warnen unjere Leser vor an- geblich authentischen Resumés der Encyclica über die soziale Frage, wie sie sich in ciner großen Zahl von Blättern finden. Diese Nesumés beruhen auf reinen cFnduktionen und sind nicht immer begründet.“ Außer dem „Univers“ hat auch der „Figaro“ ein ausführlihes Resumé der Encyclica gebracht. Der „Moniteur de Rome“ bezeichnet die Publikation der En- cyclica als bevorstehend.

Griechenland.

Nah in Athen eingetroffenenen Berichten dauert dem „V, T. B.“ zufolge die Aufregung auf Corfu, über welhe wir in Nr. 100 des „R. u. St.-A.“ vom 29. April berihtzt haben, fort; am Donnerstag wurde der Versuch ge- macht, das dortige jüdishe Stadtviertel in Brand zu teen. Jnzwischen hat sich die Lage noh verschlimmert. Fm jüdischen Stadtviertel droht, da es förmlich belagert wird, eine Hungersnoth; auch konnten seit drei Tagen aus demselben keine Beerdigungen vorgenommen werden.

Serbien.

Belgrad, 10. Mai. Aus Kreisen, die der Königin ‘Natalie nahestehen, verlautet dem „W, T. B.“ zufolge, die Königin habe auf den ihr übermittelten Skupschtinabeshluß geantwortet, sie wolle nur der Gewalt weichen. :

Das Amtsblatt publizirt die Veränderungen 1m Gesandtschafts- und Konsulatspersonak. Der Sekretär der Berliner serbishen Gesandtshaft Pavlovitsch geht nah London. An seine Stelle geht nah Berlin der bithertge Sekretär bei der serbishen Gesandtschaft in Konstantinopel

Jovitsch. Schweden und Norwegen.

(F) Stockholm, 8. Mai. Der Kronprinz ist heute früh wieder nah der Hauptstadt zurückgekehrt ; in Liljeholmens Station empfingen ihn seine beiden ältesten Söhne und Prinz Eugen und auf dem hiesigen Central-Bahnhof der König Oskar nebst Gefolge. i

Das von der Regierung vorgelegte, {on einmal be- rathene und an den Ausschuß zurücverwiesene Unfall- versicherungsgeseg lag der Ersten Kammer in der Abendsizung am Mittwoch wieder vor, Der Auss{huß hatte jet die vollständige Ablehnung des Geseßentwurfes unter An- erkennung der Verantwortlichkeitspfliht als Prinzip der Unfall- versicherung für die Arbeiter beantragt. Vergeblih versuchte Staatsrath Groll die Kammer zu bewegen, das Geseß noch einmal an den Uusshuß zurückzuverweisen; mit 53 gegen 40 Stimmen wurde die Ablehnung ohne den beantragten Zusatz beschlossen.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Präsident Harrison ist am 8. Mai in Boise City im Staate Jdaho angekommen.

Aus New-Orleans vom 7. Mai wird dem „R. B. gemeldet: ; _ Der Detectiv O’ Malley, welcher in Verbindung mit dem Mafia-Prozeß beschuldigt ist, die Geschworenen bestohen zu haben, hat ein langes Dokument zu sciner Vertheî- digung veröffentliGt. Er sagt, daß er seit Jahren vou der Polizei verfolgt würde und diese iha bei mehr als einer Gelegenheit unter unbegründeten Anklagen verhaftet habe. Es gäbe keine solhe Gesellschaft wie die Mafia in New- Orleans. Die der Ermordung des Polizei- Chefs Hennessey be- \chuldigien Italiener seien an dem Verbrechen unshuldig und nur aus Nahe wegen ihrer Zeugenaussagen in dem Matangaprozeß ver- haftet worden. Die Jury, welche sie freisprah, hätte reht gehandelt, da für die gegen sie erhobenen Beschuldigungen {ih keinerlei Beweis habe erbringen lassen.

Chile. Die Pariser Vertreter der chilenishen Kon- greßpartei erfahren: Präsident Balmaceda habe in Folge des Einschreitens der Mälhte das Dekret, nah wel- chem Handels3\chiffe den Hafen von Valparaiso nur gegen hohe Kaution und unter der Bedingung verlassen dürften, daß sie keinen in den Händen der Kongreßpartei befindlihen Salpeterhafen anlaufen , aufgehoben. Bal- maceda gestatte nunmehr, daß die Schiffe ohne Kaution auslaufen, doch dürften dieselben in keinem fsüdlich von Mollienda gelegenen Hafen landen. Gegen fünfzig mit Kohlen beladene Schiffe hätten bereits den Hafen von Valparaiso verlassen, hätten jedoch sämmtlich in den Häfen des von der Kongreßpartei ofkupirten Gebietes angelegt. Die dur den hohen Ausgangszoll auf Salpeter der Kongreßpartei dabei zufließenden Geldmittel sollen nicht unbeträltlih fein.

Argentinien. Jn Buenos-Aires wurde am Sonn- abend der argentinishe Kongreß eröffnet. Die Eröff- nungsrede des Präsidenten Pellegrini hebt, dem „W. T. B.“ zufolge, die guten Beziehungen zu allen au2wärtigen Mächten hervor und beschäftigt sih im Uebrigen vorviegend mit den inneren Angelegenheiten. Die Regierung, heißt es, sei jeder neuen Ausgabe von Papiergeld entschieden abge- neigt und s{chlage eine eingehende Untersuhung der that: säthlihen Lage der Banken vor, um fowohl ohn Intervention der Regierung, wie ohne Liquidation der Banken eine Reorganisation derselben zn ermöglichen. Jn Folge der Einführung des Silbers als Münzfuß würden erheblihe Aenderungen in der Organisation des Finanzwesens nothwendig sein. Nach einer Meldung des „R. B.“ wählte der am 8. d. M. zusammengetretene Senat den Senator Derqui zum Präsidenten. Fn Buenos-Aires eingetroffene Meldungen berichten, daß chilenishe Truppen in der Provinz San Juan die argentinishe Grenze verleßzt hätten.

Afrika.

Der Ober-Kommissar der Kapregierung hat, wie schon gemeldet, die Souveränetät der Königin Victoria über und die Einverieibung des als „Bastard-Land“ be- kannten Landstreifens an das Betshuanaland proklamirt. Der Landzipfel dehnt sich der „A. C.“ zuiolge nördlih von der Kapkolonie, wo der Orangefluß die Grenze dildet, bis zum Noaobfluß im Südwejten des britishen Protektorats des Belshuanalandes aus. Jm Osten wird er von der Kro! folonie und im Westen vom 20. Längengrade begrenzt. Dieser bildet naG der Denkschrift vom Dezember 1334 die öôstlize Grenze des deutshen BProtektorats über Namaqualand, an welches die Kronkolonie Betschuanaland nunmehr grenzt. Der für die Einverleibung angegebene Grund if, daß der Frieden durch den Boers- und Damara-Trek bedroht sei. Das Hauptbureau der britishen füdafri- kanischen Gesellschaft in Afrika ist von Kimberley nah der Kapstadt verlegt worden. Einige Mitglieder der Gefell- schaft haben, wie „R. B.“ aus Sansibar meldet, in Tete am Zambesi Vorräthe eingekauft und bei den Behörden eine freundliche Aufnahme gefunden. Jn demselben, vom 8. d. datirten Telegramm heißt es ferner:

Der portugiesishe Gouverneur von Quilimane beobachtet fortwährend eine sehr feindlihe Haltung gegen die Eng- länder und droht, den Zambesi nah Ablauf des modus rvivendi zu schließen. Vom Nyassa-S ee wird der Tod Makanjila's, eines der unrubigsten Häuptlinge, gemeldet. Die Portugiejen haben in Sena am Zambesi eine Saar von 3900 Eingeborenen angeworben, deren Bestimmung angeblich Manica ift.

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Varlamentarische Nachrichten. In der beutigen (17.) Sißung des Herrenhauses stand

auf der Tagesordnung an erster Stelle die Fnterpellation des Grafen von Frankenberg über die Kanalisirung der oberen Oder und den neuen Schiffahrtsweg durch Breslau, welhe Graf von Frankenberg selbst begründete.

Bei SHluß des Blattes ergriff der Ministerial-Direttor Schulz das Wort zur Erwiderung.

In dec heutigen (86.) Sißung des Haufe® der Ab: geordneten wurde die Wahl des Abg. Dr, Stüve (2. Os- nabrück) nach dem Antrage der Wahlprüfungs-Kommi}sion für ungültig und eine Anzahl von den Kommissionen zur Erörterung im Plenum nit für geeignet erahteter Petitionen für erlediat erklärt.

Der Gesetentwurf, betr. die Abänderung von Amts- gerihtsbezirken, wurde ohne Debatte in dritter Berathung unverändert angenommen,

Der Gesetzentwurf, betreffend die Heranziehung der Fabriken u. s. w. mit Vorausleistungen für den Wegebau in der Provinz Schleswig-Holstein mit Ausnahme des Kreises Herzogthum Lauen- burg, wurde nah längerer Debatte, an welcher die Abgg. von Jagow, Jürgensen, von Bülow A Freiherr von Loë, Hansen, Knebel, von Rauchhaupt, Pleß und die Regierungs-Kommissare Ge- heimer Ober-Regierungs-Rath Freiherr von Zedliß und Ge- heimer Ober-Regierungs-Rath Gamp sich betheiligten, der Gemeindekommission überwiesen, ebenso ohne Debatte der Geseßentwurf, betreffend die Heranziehung der Fabriken u. st. w. mit Vorausleistungen für den Wegebau in der Nheinprovinz. E

Der Bericht der Rechnungskommission, betreffend die allgemeine Rechnung über den Staatshaus- halt des Jahres vom 1. April 1887/88, und der Bericht der Rechnungskommission, betreffend die Uebersicht von den Staatseinnahmen und -Aus- gaben des Jahres vom 1. April 1889/90, wurden nah den Anträgen der Kommission erledigt.

Die Rechnungen der Ober-Rechnungskammer für das Jahr vom 1. April 1889/90 wurden der Rechnungs- kommission überwiesen. i L

Es folgte die erjte Berathung des Entwurfs einer We ge - ordnung für die Provinz Sachsen. :

Abg. Schreiber beantragte - die Ueberweisung der Vor- lage an eine besondere Kommijsion von 14 Mitgliedern.

Abg. von Rauchhaupt {loß sich diesem Antrage an.

Geheimer Ober-Regierungs-Rath von Zedliß sprach die Hoffnung aus, daß die Vorlage noch in dieser Sesfion zum Abschluß gebraht werden möchte. : ;

Abg. Sombart empfahl ebenfalls die Kommissions- berathung. i

Der Geseßzentwurf wurde einer besonderen Kommission

von 14 Mitgliedern überwiefen.

Damit war die Tagesordnung erledigt.

Die nächste Sitzung findet morgen Dienstag um 12 Uhr siatt. Auf der Tagesordnung stehen: Kleinere Vorlagen, Wahl- prüfungen und Petitionen.

Die Einkommensteuerkommission des Herren- hauses hat si heute von 11 bis 1 Uhr mit dem aus dem Abgeordnetenhause zurücko-kommenen Einkommensteuer- Gesezentwurf beschäftigt und über den Steuertarif eine eingehende Debatte abgehalten. Der Vorschlag, die 4 Prozent nicht progressiv, sondern degressiv zu behandeln, fand wenig Fürsprecher. \Der Vertreter der Staatsregierung erklärte zwar, er hoffe, daß das Abgeordnetenhaus auch diesem Ver- mittelungsvorshlag zustimmen werde, die Majorität beschloß jedo, die Fassung des Abgeordnetenhauses pure anzu- nehmen. Für den Vermittelungsvorshlag wurden nur zwei Stimmen abgegeben. Die Fassung des Abgeordneten- hauses wurde dagegen mit neun gegen zwei Stim- men angenommen. »

Die Rentengüter - Kommission des Hauses der Abgeordneten erledigte am Sonng0hend Abend die erfte Lesung. §. 7 wurde mit dem Antrage Holy angenommen, daß, wenn von einer Tare abgeseßen wird, außer dem Katastral-Reinertrage au der halbe Feuerkassenwerth der Gebäude, insofern dieselben bei ciner öffentlichen Gesellschaft versichert sind, binzugerewnet werden soll, S8 8, 9 10 (bis auf eine erlaulerude Bestimmung), und 11 blieben unverändert. S8. 12 bestimmt, daß das MRentengut durch Vermittelung der Generalkommission begründet werden kann, die Generalkfommission den Vertrag über die Begründung der Rentengüter aufnehmen zu lassen und zu bestätigen hat und der Erwerb des Eigenthums fch in diesen Fällen mit der durch die Generalfommission erfolgenden Besitzeinweisung auf Grund des be- stätigten Vertrages vollzieht u. s.w. Hier wurde der Antrag des Abg. Conrad (Flatow 1) angenommen: Der Erwerb des Eigenthums vollzieht fi in diesem Fall mit der sofort nah Bestätigung des Vertrages von ter Generalfommission zu beantragenden Umschreibung des Eigen- thums des Grundstücks an den Namen tes Erwerbers. Auf das Ersuchen der General?ommission findet §3.41 der Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 Anwendung. Die Kommission stimmte ferner dem Antrag zu: Unter Genehmigung der Bezirksregierung kann der Gesammtbetrag derjznigen Grundsteuern, welcher von den zu den Rentengütern au8- gegebenen Grundstücken bisher entrichtet worden ist, nach der von der Generalfomn.ission festgeseßten Taxe auf die Rentengüter vertheilt werden. S8. 13 und 14 twourden unverändert genehmigt. Die zweit Lesung des Entwurfs findet morgen statt.

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Kunst und Wissenschaft.

Die Kunsthandlung und das Kunst-Antiquariat von Amsler u. Ruthardt, Behrenstraße. 29a, steht im Begriff, ihre Geschäftsräume um das Doppelte zu vergrößern durch Einrichtung ciner Anzabl elegant eingerihteter Ausstellungs-Salons in der erften Etage. In Folge dessen sind während des Umbaues die jetzigen Geschäftsräume von der Behrenstraße 29a nat der Charlottenstraße 43, in demselben Hause um die Ecke, verlegt worden.

Der Verein für deutscbes Kunstgewerbe in Berlin hält am Mittwoch, 13. Mai, Abends 87 Uhr, im Saale des Ar(bi- tektenhaufes. Wilbelmstraße 92/93, seine 112. Hauptversammlung ab. Auf der Tagesordnung steven: 1) Geschäftliche Mittheilungen. Verkündung des Urtheils des Preisgerichts über die für die Mai- Konkurrenz eingegangenen Arbeiten. (Entwürfe zu einem Regulator- gebäuse.) 2) Hr, Regierungs -Baumeister Borrmann: Vortrag über „die älteren Innendekorationen in Schlössern und Privathäusern Berlins“, mit zahlreihen Vorlegungen. 3) Hr. Bildhauer Em. Hettwig: Vorlegung eines Silberkasten8 mit s{rankartigem Unterfaß von vershiedenfarbigen brasfilianishen Hölzern.

8, Der Professor an der Königlichen Kunst-Akademie zu Dresden Err:st Julius Hähnel, der Altmeister der deutshen Bildhauer, hat am 8. Mai nun auch das 50 jährige Jubiläum der Erwerbung des Bürgerrechts der Stadt Dresden gefeiert. Vorher hatte er {hon seinen 75. und feinen 80. Geburtstag sowie seine 50 jährige Thätigkeit an der Akademie zu Dresten unter bohen Ehren festlich begangen, Am genannten Tage überreichte ihm der Bürgermeister Bönish eincn künstlerish ausgeführten Jubelbürgerschein.

Land- und Forstwirthschaft.

Bezüglich der diesjährigen Ernte-Aussichten in den Vereinigten Staaten von Amerika enthält der von dem Ackerbaubureau zu Washington wveröffentlichte KApril- Report folgende Mittheilungen: Die Berichte über den gegenwärtigen Stand des Winterweizens ergeben den Durch- \hnitt 98,9 (1890: 81,0), eine April-Ziffer, welche nur ein Mal in den lezten 10 Fahren übertroffen worden ist und nur drei Mal, so lange das Department Ernteberichte er- stattet. Die Dur(schnittsergebnisse in den einzelnen Staaten zeihnen sih durch ihre Gleihförmigkeit aus und laffen er- fennen, daß gleih günstige Bedingungen für die Aussaat, das Keimen und das Winter-Wachsthum im ganzen Lande vorhanden gewesen sind. Wenn auch dieser günstige Stand mit Rücksicht auf die mancherlei kritishen Stadien, welche im Wachsthum noch durhzumachen sind, eine reihlihe Ernte niht hon außer jeden Zweifel stellt, fo folgt doch daraus eine Stärke und Widerstandsfühigkeit der Pflanzen, vermöge deren sie besser als sonst die gewöhnlihen Wechselfälle der Witterung zu überdauern - geeignet sind. Unter allen Um- ständen ist somit hinsihtlih des diesjährigen Ernteausfalls ein ungewöhnlih guter Anfang gesichert.

Für den Monat Mai liegt folgender, telegraphisch mit- getheilter Bericht des Ackerbaubureaus zu Washington vor :

Für den Monat Mai ift der Stand der Baumwolle auf dem bis jet dafür in Ausfiht genommenen Areal 77/19, also geringer als der Durch\chnittästand der lettea Jahre. Die überaus beftigen Negerngüfe im Februar und März, wel®e den rechtzeitigen Beginn der Früh- jahrsarbeit unmöglich machten, und die im Monat April eins getretene Trockenheit batten zur Folge, daß man mit der Aapflanzung nov um ein bis zwei Wochen zurück ist. Es3 steht daher eine Ver- minderung des ursprüngli{ zur Anpflanzung bestimmten Areals zu er- warten, Falls nit no© günstige Umstände eintreten, die die Bepflan- zung einer größeren Saatfläche ermöglihen. Der Stand des Winter- getreides am 1. Mai war folgender: Weizen 979210, Roggen 072/10, Gerste 962/10; es Tommt dies einer Zunahme von 1 Poirt für Weizen während des Aprils und von ebensoviel für Roggen gleich; bemerfen8werth ist eine gewisse Gleihförmigkeit des Saatenstandes. Der Durschnittsftand ist in keinem Staate unter 93, Die Früh- jahrêaussaat ist namentli in den Mittelstaaten und in den südlichen Gegenden dur die heftigen Regengüsse sehr verzögert worden. Das Verbältniß des bereits bebauten Areals zu dem für die Bebauung in Aussi{t genommenen beträat 688/10 9/6, während das Verhältniß in mehreren vorangegangenen Jahren 77 war.

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 11. Mai. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Pcftoampfer eStuttgart®*, Kapt. von Schuckmann, na Ostasien bestimmt, ist am 9. Mai Vorm. in Singapore angekommen. Der

Reichs-Postdampfer „Preußen“, Kapt. Reimkasten, von