1891 / 117 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 21 May 1891 18:00:01 GMT) scan diff

P E EE -

ia i E E E at Ss A Et M i un E E E

Wr R

E E Ae: Pri: *

Rd A

L: e Bt P E E

E L E IE

Es T Cte E AES T E Ta Cen

E} ner, ck: i M

N

e s

R

vor Religion und Recht, mäßige Auflagen und gleihe Vertkeilung der Lasten, Betric“sgm?eit in Gewerbe, Industrie und Handel, günftiger Stand des “Ackerbaues und Achnlihes. Je umsichtiger alle diese Hebel benüßzt und gehandhabt werden, desto gesicherter ift die Wohlfahrt der Ölieder des Staats. Hier eröffnet fi alfo eine weite Bahn, auf welher der Staat für den Nugzen aller Klassen der Bevölkerung und insbesondere für die Lage der Arbeiter thâtia sein soll; und gebt er auf diejer Bahn voran, fo ift durhaus kein Vorwurf mögli, als ob er einen Uebergriff begingez; denn Nichts geht den Staat seinem Wesen nah niher aa, als die Pflicht, das Gemeinwohl zu befördern, und je wirksamer und durcgreifender er es durch allgemeine Moßnahmen thut, desto weniger brauen ander- weitige Mittel zur Besserung der Arbeiterverbältnisse aufgesuht zu werden. Es ist überdies die wihtize Wahrbeit vor Augen zu be- halten, daß der Staat für Alle da ift, in gleiher Weise für die Niederen wie für die Hohen. Die Arbeiter sind vom naturrewtlihen Standpunkt niht minder Bürger, wie die Besißenden, d. h. sie sind wahre Theile des Staats, die am Leben der aus der Gesammtheit der Familien gebildeten Staatsgemeinshaft theilnehmea, und sie bilden zudem, was schr ins Eewicht fällt, in jeder Stadt bei Weitem die größere Zzhl der Cinwohner. Wenn es alfo unzulä'sig ist, nur für einen Theil der Staatsangehöcigen zu sorgen, den anderen aber zu vernachläfsigen, fo muß der Staat durch öffentliche Maßregeln fich in gebührender Weise des Shuges der Arbeiter an- nehmen. Wenn dies niht geschieht, so verlegt er die Forderung der Gerechtigkeit, welhe Jedem das Seine zu geben befiehlt. .… Unter den vielen und wichtigsten Pflichten alfo, die ein für das WoHl feiner Unterthanen besorgter Fürst zu erfüllen bat, ist es eine der ersten, daß er allen Klassen seiner Unterthanen denselben Schutz angedeiben lasse, in strenger Wahrung jener Gerechtigkeit, die man die „vertheilende“ genannt hat... S i; s :

„Es ist eigeatlih die Arbeit auf dem F-lde, in der Werkstait, der Fabrik, welhe im Staat Wohlhabenbeit herbeiführt. Es ist also nur eine Forderung ftrengster Billigkeit, daß der Staat si der Arbeiter in der Rihtung annehme, ihnen einen entsprechenden Antheil am Sewinn der Arbeit zuzusiwern; die Arbeit muß ihnen für Wcbnung, Kleidung und Nahrung so viel ab- werfen, daß ibr Dasein kein gedrücktes ist. Wenn der Staat somit, wie es seine Pflicht ift, zur Hebunz der Lage des arbeitenden Standcs alles Thunliche ins Werk seßt, so fügt er tadurch Niemand Nachtheil zuz er nüßt aber sehr der Ge‘ammtheit, die ein offenbares Interesse daran bat, daß ein Stand, welcher dem Staate so nothwendige Dienste leistet, nit im Elcnd seine Exislenz friste. .

„Droht der staatlihen Gesammtheit oder einzelnen Ständen ein Nachtheil, dem anders nicht abzubelfen ift, so ist es Sache des Staats,* einzugreifen. Es liegt siherlih eberso im öffentlichen wie im privaten Interesse, daß im Staat Frieden und Ordnung berrsche, daß das ganze Familienleben den göt1lihen Geboten und dem Nalur- geseß entsprehe, daß die Neligion geachtet und geübt werde, daß im privaten wie im öffentlihen Leben Neinkcit der Sitte Herrse, daß Recht und Gerechtigkeit gewahrt und niht ungestraft verlegt werde, daß die Jugend kräftig heranwadse zum Nußen und, wo nöthig, zur Vertheidigung des Gemeinwesens. Wenn alto ßch öffent- lihe Wirren ankündigen in Folge auflehnerisher Haltung ter Ar- beiter oder in Folge von Arkeitseinftellungen, wenn die natürlichen Familtenbande in den Arkeiterkreisen zerrüttet werden, wenn bei den Arbeitern die Religion gefährdet ift, indem ihnen nicht genügende Zeit und Gelegenheit zu ihren gottéesdienstlißen Pflichten gelassen wird, wenn ihrer Sittlichkeit Gefahr droht dur die Art und Weise von gemeinscaftliher Verwendung beider Geschlechter bei der Arbeit oder durch andere Lockungen zur Sünde, wenn die Arbeit- geber fie ungere{ter Weise belasten oder sie zur Annahme von Be- dingungen nötbigen, welc(e der persönlihen Würde und den Menschen- rechten zuwiderlaufen, wenn ihre Gesundheit durch übermäßige An- \trengung oder ihrem Alter und Geshlechte ni&t entsprechende Anfor- derungen urtergraben wird in allen diesen Fällen muß die Auto- rität und Gewalt de3 Staats sih geltend machen, jedoch ohne die rechten Schranken zu überschreiten...

„Doch es sind bier noch einzelne Momente kecsonders zu betonen. Das erste int, daß die öffentliche Autorität dur) entschiedene Maf;- regeln das Ret und die Sicberheit des privaten Besites gewährleisten muß. Die Bewegung der Massen, in welchen die Gier nah fremder Habe erwacht, muß mit Kraft gezügelt werden. Ein Streben nah Verbesserung der eigenen Lage ohne ungerechte Schädigung Anderer tadelt Niemand; aber auf Aneignung fremden Besitzes aus- gehen und das unter dem thöôrichten Vorgeben, es müsse eine Gleich- machung in der Gesellschaft erfolgen, des ist ein. Angriff auf die Gerechtigkeit und auf das Gemeinwohl zuglei. Ohne Zweifel zieht es der allerarößte Theil der Arbeiter vor, durch die ehrliche Arbeit und obne Beeinträcbtigung des Nächsten si zu einer besseren Stellung zu erscwingen. Aber zahlreich find auch die Unruhestifter, die Verbreiter falscher Ideen, denen jedes Mittel ret ist, um cinen Umsturz vorzubereiten und das Volk zur Gewaltthätigkeit zu verleiten. Es muß also die Gewalt dazwischen treten, dem Hetzen Einhalt ge- bieten, die friedlihe Arbeit vor der Verführung und Aufreizung \chütz?n, den rechtmäßigen Besiß gegen den Raub sicerstellen.

„Nicht selten greifen die Arbeiter zu gemeinsamer Arbeits- einstellung, um gegen die Lohnherren einen Zwang aufzuüben, wenn ihnen die Anforderungen zu \{chwer, die Arbeitsdauer zu lang, der Lohnsaßtz zu gering scheint. Dieses Vorgehen, das in der Gegenwart immer bâu- figer wird und immer weiteren Umfarg annimmt, fordert die öffent- lige Gewalt auf, Gegenwehr zu ergreifen; denn die Ausftänte gereihen nit bloß den Arbeitgebern mitsammt den Arbeitern ins- gemein zum Swaden, sie benahtheiligen au ewpfinblih Handel und Industrie, überhaupt den ganzen öffentlitzen Wohlstand. Außerdem geben sie erfahrungsmäßig Anlaß zu Gewalttkätigkciten und Unruhen und stören so den Frieden im Staat. Dem gegenüber ist diejenige Art der Abwehr am Meisten zu ewpfeblen, welhe dur ent- \sprechende Anordnungen und Geseße dem Uebel zuvorzukommen trachtet und sein Entstehen hindert durch Beseitigung jener Ursachen, die den Konflikt zwischen den Anfor derungen der Bredberren und der Arkeiter berbeizufübren pflegen.“

Im Einzelnen wird dann die Nothwendigkeit der Sonntagsruke, des Arbeitershußes erörtert, die natürliche Forderung, daß der Lohn niht zu gering sei, aufgestellt, Errichtung von Arbeiteraus\@üssen

empfohlen, der Nutzen des Erwerbes eines, bescheidenen Eigenthums dargelegt und taran die Forderung geknüpft, daß der Staat vit zu hohe Steuern erhebe, wodur

das Privateigenthum aufgezehrt werde. Scklicßlih wird noch der Segen korporativer Vereiniaung, insbesondere der Ocden und der christlichen Arbeitervereine betont. Die Encyclika {ließt mit felgen- den Worten:

«Möge jeder Berufene Hand anlegen und obne Verzug, damit die Heilung des bereits gewaltig angewasenen Uebels nicht durch Säumniß noch s{chwieriger werde. Die Staatsregierungen mögen dur Gesege und Verordnungen vorgehen, die Arbeiter, um deren Loos es ih andelt, mögen auf geseyliße Weise ihre Intcressen vertceten ; und da die Religion, wie Wir zu Anfang gesagt haben, allein zu einer vollklommeren inneren Abhülfe der Mißstänte bke- fähigt ist, so möge sih die Veberzeugung immer wraebr ver- breiten, daß es vor Allem auf die Wiederbelebung christ- lider Gesinnung und Sitte arkommt, ohne welche alle noch so weisen und versprewenden Maßnahmen wahresz Heil zu schaffen unvermögend bleiben, Was aber die Kirche angebt, fo wird diese keinen Augenblick ihre allseitize Hülfe vermissen lassen. Ihre Thâtigkeit wird um so wirksamer sein, je größere Freibeit der Bewegung ihr gelassen wird. Mögen dies namentlich diejenigen vor Augen haben, in deren Hände das Heil der Staaten gelegt ift.

„Mögen alle Glieder der Geistlichkeit ihre volle Kraft und allen Eifer der großen Aufgabe widmen, unter Eurer Führung und nach Eurem Beispiele, Ghrwürdige Brüder, unermüdlih die Grundsäße des heiligen Evangeliums allen Stäaden vor- balten und einshärfen, mit allen ibnen zu Gebote fteberden Mitteln an der Wohlfahrt des Volkes arbeiten, vor Allem aber die Liebe, aller Tugenden Herrin und Königin, in si bewahren

und in den anderen, Hoben wie VNiederen, anfahen. Das Heil ist ja insbesondere von der rollen Bethätigung der Liebe zu erwarten, jener christlihen Liebe nämlich, die der kurz gefaßte Inbegriff der evange- lishen Gebote, die, immer bereit, si selbst für des Nächsten Heil zu opfern, das heilkräftigste Gegengift gegen den Hohmuth und Egoismus der Welt is und deren göttlihes Bild und Walten der Apostel Paulus mit den Worten gezeichnet hat: „Die Liebe ist E 1 sie ift gütig; sie sucht nicht das ihrige; sie duldet Alles, sie trâg es.“

Der Königliche Gesandte in Oldenburg Graf von der Goly bat einen ihm Allerhöhst bewilligten Urlaub an- getreten. :

Der Chef der Landesaufnahme, General - Lieutenant Schreiber hat sih mit Urlaub nah Harzburg begeben.

Der Ober Regierungs-Rath Haarland zu Arnsberg is} an die Königliche Regierung zu Erfurt verseßt, und es ist ihm daselbst die erledigte Stelle des Dirigenten der Finanz- Abtheilung übertragen worden.

Der Negierungs-Assessor Hahn is der Königlichen Re- gierung zu Gumbinnen überwiejen worden.

Dem Regierungs-Assessor Sauerland ist die kom- missarische Verwaltung des Oberamts Haigerloh, Reg.-Bez. Sigmaringen, übertragen worden.

S, M. Kanonenboot „Flti 5“, Kommandant Korvetten- Kapitän Ascher, ist am 19. Mai in Ngankin eingetroffen und beabsichtigt, am 22. Mai nah Kinkiang in See zu gehen.

S. M. Kanonenboot „Wol#“, Kommandant Korvetten- Kapitän Hellhoff, ist am 20. Mai in Kelung eingetroffen b beabsichtigt, heute (21. Mai) nah Shanghai in See zu gehen.

Sachsen - Meiningen.

Meiningen, 16, Mai. Der „D. Z.“ zufolge wird der Landtag des Herzogthums für den 8. Zuni d. x3. einberufen werden, um die Mittel zum Bau der Bahnlinie Stockheim— Sonneberg in der Höhe von ungefähr einer halben Million zu bewilligen.

Oesterreihß-Ungarn.

In beiden Häusern des ungarishen Reichstages wurde gestern ein Königliches Reskript verlesen, dur welches die vierte Reichstagssession geshlossen und die Eröffnung der fünften Session auf heute an- beraumt wird.

Großbritaruien und Jrliand.

Dem Marquis von Salisbury wurde gestern in Glasgow das Bürgerrecht der Stadt verliehen. Jn der Ansprache, mit der er darauf seinem Danke-Ausdruck gab, betonte der Premier-Minister, dem „W. T. B.“ zusolge, daß Alle, die für die Leitung der europäischen Pol itik ver- antwortlih seien, den sehnlihen Wunsch hegten, die Geißel des Krieges zu vermeiden. Je mehc Jahre verflössen und je mehr die furchtbaren Folgen eines Krieges für Jedermann sichtbar würden, desto mehr trete die Gefahr eines Krieges zurü. Lord Salisbury hob im weiteren Verlaufe der Rede die großen Fortschritte Persiens hervor, welches besseren Zeiten entgegen- gehe. Ez habe den Anschein und er hoffe es, daß Persien mit der Zeit stark genug werde, um niemals Ursache eines Konsflikts zwishen christlihen Mächten zu werden. Das Aufblühen Egyptens während der drei leßten Jahre sei eine der be- metrkenawerthesten Thatsachen; cine ähnliche sei kaum während des legten Menschenalters zu verzeihnen gewesen. Auf Afrika übergehend, betonte Lorv Salisbury, wie es ein caratteristisher Zug der Engländer sei, die Civilisation und den Handel vermittelst Gesellshasten zu fördezn, während andere Länder dieses Ziel von Negierungswegen verfolgten.

Frankreich.

Paris, 21. Mai. Bei dem gestern Abend von der Munizipalität von Toulouse zu Ehren des Präsidenten Carnot veranstalteten Banket hielt dieser, wie „W. T, B,“ berichtet, eine Rede, in welcher er die Unterrichhtsfrage berührt? und hervorhob: der Unterricht sci nicht allein eine Pflicht für die Republik, sondern cr bilde auc eine soziale Garantie, da der Unterricht in dem Bürger das Gefühl seiner Würde und die Sorge für seine Freiheit erwecke.

Der sfranzösishe Botschafter beim Vatikan Graf Le- fevbre de Behaine hat dem Präsidenten Carnot im Auftrage des Papstes ein reih ausgestattetes Exemplar der Encyklika mit einem Handschreiben des Letteren übersandt.

Von dem. hiesigen serbishen Gesondten Gruic ist der Regierung die amtlihe Mittheilung von der Aus- weisung der Königin Natalie übermittelt worden.

In der Budgetkommission beaatragte vorgestern, der „Köln, Ztg.“ zufolge, der Radikale Pichon als Bericht- erstatter beim Etat des Ministeriums des Auswärtigen eine Erhöhung der jeßt eine Million betragenden geheimen Fonds um 300000 Fr.

Ftalien.

Der Paps hat, wie dem „W. T. B.“ aus Rom be- rihtet wird, allen Staatsoberhäuptern ein Exemplar der Encyklika über die Arbeiterfrage im Praqt- einbande übersandt. Die Sendung war bei den Ober- häuptern von folchen Staaten, die eine beträhtlihe Arbeiter- bevöikerung besißen, von einem eigenhändigen Schreiben des Papstes begleitet. Die Encyklika ist au allen Minister- Präsidenten sowie den hervorragendsten Staatsmännern und Nationalökonomen übersendet worden. i Nah einer Meldung der „Pol. Corr.“ aus Rom wird in Folge der Ersezung des Msgr. Rotelli auf dem Nuntius- posten von Paris durch den gegenwärtigen Sekretär der Kongregation für kirhlihe Angelegenheiten , Migr. Ferrata der apostolische Delegat in Bombay, Msgr. Ajuti, der bereits den Auftrag erhielt, Fndien zu verlassen und sich nach Rom zu begeben, ver Nachfolger Mfgr. Ferrata's werden. Auf den Posten des apostolishen Delegaten in Jndien soll dann der polnische Prälat Msgr. Zalews ki geseht werden, der gegenwärtig im Auftrage des Papstes zum Zweck der Errichtung von Priesterseminarien für die Eingeborenen in D weilt, Der zum Nuntius in Lissabon bestimmte ekretär der Propaganda Msgr. Jacobini soll durch MVsgr.

Persico, jenen Prälaten erseßt werden, welchem seiner Zeit die Aufgabe übertragen war, nach Jrland zu reisen, um Unter- suhungen über die reigiösen und sozialen Verhältnisse des Landes anzustellen. Es sei nicht ausgeschlossen, daß die Neihe der Veränderungen in der päpstlichen Diplomatie noch vor Ende des Jahres eine Erweiterung erfahren werde.

Der „Ztalia militare“ zufolge wird nunmehr das in allen. Details fertiggestellte Modell des kleinkalibrigen neuen Gewehrs in ausgedehnter Weise in Probe genommen werden. Die Ankündigung des Kriegs-Ministers, daß die Fabrikation des Gewehrs im Jahre 1892 beginnen werde, findet damit ihre Bestätigung.

Portugal.

Eine gestern in Lissabon stattgehabte Versammlung von Jndustriellen hat die Bildung einer permanenten Kom- mission zum Schuß der industriellen Jnteressen und zur Erwägung von Mitteln für die Beseitigung einer Krise auf dem Gebiet der Jndustrie und der Arbeit beschlossen. Der frühere Finanz-Minister Mariano Carvalho und der Industrielle Graf Burnay sind Mitglieder der Kommission.

Wie nah dem „W. T. B.“ in Lissabon verlautet, wollte Serpa Pimentel dem König noch gestern eine Minister- liste unterbreiten.

Niederlande.

Der englische Gesandte im Haag hat, wie dem „W. T. B.“ zufolge in dortigen unterrichteten Kreisen ver- lautet, dem Minister des Aeußern eine Entschädigungs- forderung wegen der Beschädigung britishen Eigenthams gelegentlich der Unruhen in Surinam übermittelt.

Velgien.

Die Centralsektion der Kammer hat sich in ihrêr gestrigen Sißung einstimmig für das Prinzip der Ver=

fassungsrevision ausgesprochen. Die Majorität is der Ansiht, daß die Revision den Bedingungen an- gepaßt werden müsse, welhe in den verschiedenen,

Seitens der Centralsektion angenommenen Resolutionen aufgestellt sind. Die Sektion vertagte \ich sodann auf unbestimmte Zeit, um ihrem. Berichterstatter Zeit zu gewähren, seinen Bericht an die Kammer vorzubereiten. Der Präsident der liberalen Vereinigung, Haurez, hat, wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, in Folge des Votums der Centralsektion gestern den König in einer ihm ertheilten Audienz dringend gebeten, sich bei den Ministern für eine s{hnelle Lösung der Krise zu verwenden, was durch den erwähnten Be- {luß der Centralsektion erleihtertwerde.—Der Bürgermeister von Brüssel gestattete für gestern Abend die Veranstaltung aler Kundgebungen unter der Bedingung, daß von den Arbeitern zur Aufrechterhaltung der Ordnung Vertreter aus ihrer Mitte ernannt würden, Demgemäß durchzog ein A u f- ¿Ug von ungefähr 2000 Arbeitern unter dem Absingen der Marseillaise die Hauptstraßen der Stadt und zerstreute si um 10 Uhr, ohne daß ein Zwischenfall erfolgt wäre.

Rumänien.

Bukarest, 20. Mai. Der König empfing nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern und heute die Gesandten Deutschlands, ODesterreih-Ungarns, Frankreichs, Englands, Ftaliens, Belgiens und den serbischen Geschäftsträger, welhe die Glücwunshsczreiben ihrer Souveräne überreichten.

Dem Leichenbegängnisse Joan Bratiano's wohnten der Thronfolger und der Erbprinz von Hohenzollern bei. Die Regierung war dur die Minister des Aeußern und des Krieges vertreten. -

Serbien.

Belgrad, 20. Mai. Ueber die Abreise der Königin Natalie von Semlin berichtet „W. T. B.“ noch Folgendes: Die Abreise erfolgte um 10 Uhr. Zum Abschiede hatten sich zahlreihe Personen eingesunden, denen gegenüber sich die Königia über die Regentschaft abfällig aussprach. Die Königin bat ihre Freunde unter Thränen, für das Wohl des Königs zu sorgen. Oberst Horvatowitsch versprach, den König mit seinem Blute zu {üßen. Die Fahrt der Königin und

der dieselbe begleitenden persönlihen Freunde und An- hänger vom Hotel nah dem Landungsplaße erfolgte in etwa fünfzig Wagen. Zahlreihe Versonen warfetz

während der Fahrt zum Landungsplaßze Bouquets in den Wagen der Königin. Der Landungsplay war durch einen Polizeicordon abgeschlossen. Als der Wagen daselbst angekommen war, versuhte die Menschenmenge, den Polizeicordon zu durhbrehen, wih jedoch zurüdck, als die Polizeibeamten ihre Seitenwaffe zogen. Nur die persönlichen Be- kannten der Königin, etwa hundert Personen, erhielten Einlaß. Diese unb die am User versammelte Volksmenge begrüßten die Königin mit Ziviorufen, die Königin winkte denselben vom Schiffe aus wiederholte Abschiedsgrüße zu. Vor ihrer Abreise ließ die Königin dem Polizei-Ch-f und den Behörden von Semlin für die freundlihe Aufnahme danken. Dem Wunsche der Königin entsprechend, fuhr der Dampfer „Kasan“ durch die Alte Donau, sodaß er erst weit unterhalb der Belgrader Festung von serbischer Seite sihtbar wurde. Bei Wischnißa wartete eine große Volksmenge, um die Königin lêi der Vorbeifahrt zu begrüßen. Von Turn-Severin begiebt si die Königin ohne Aufenthalt auf der Donau nach Galaß und von dort mittels der Eisenbahn direkt nah Jassy.

Voc ihrer Entfernung von hier übergab die Königin einem hiesigen Advokaten eine bereits vorbereitet "gewesene Klageschrift wegen Verleßung der staatsbürger- lihen Rehte mit dem Auftrage, dieselbe dem Staatsrathe zu überreihen

Die Ruhe is seit gestern nit gestöct worden. Behufs Verhinderung von Zuzügen von Außen sind Änilitärishe Maß- nahmen getroffen worden.

__ Der Polizei-Präfekt von Belgrad Todorowic hat um seinen Abschied gebeten.

Bei Besprechung der hiesigen Vorgänge am 18. d. M. sagt das „Journal de St. Pétersbourg“, es sei: fraglih, cb bei der Entfernung der Königin-Mutter mit der nöthigen Umsicht verfahren worden sei. Jn Rußland, wo man dem Geschicke der unglücklihen Königin fortwährend die auf- rihtigsten Sympathien entgegen brachte, könne man diese Ereignisse nur beklagen , wenn man auch gleichzeitig wünsche, daß sie das Ende einer seit Jahren beunruhigten Lage be- deuten möchten. Die herzlihsten Wünsche hege man für die Befestigung des Thrones des jungen Königs und dafür, daß Serbien nun nah einer {hmerzlihen Epohe von Schwierig-

keiten und Agitationen in eine Aera der Ruhe und der gedeih= lichen Entwickelung eintreten möge.

Der hiesige österreihisch-ungarishe Gesandte hat, wie! der „N. Fc. Pr.“ berichtet Vid: eine Note über- reiht, in welcher gegen die Verleihung eines ausshließ- lihen Privilegiums zur Errichtung von Shlacht- häusern an ein englishes Konsortium auf Grund des bestehenden Handelsvertrages protestirt wird. Die Note führt aus, daß dur dieses Privilegium die den österreichisch- ungarishen Staatsangehörigen vertragsmäßig verbürgte Han- delsfreiheit beeinträchtigt werde.

Amerika.

Chile. Wie der „Hamb. Börsenh.“ telegraphish ge- meldet wird, sei die Angelegenheit des cilenishen Dampfers „Jtata“ mit dem amerikanishen Admiral in Fquique geordnet worden. Ueber den damit angedeuteten Ausgleih zwishen der Regierung der Vereinigten Staaten und Chile in dieser Angelegenheit wird aus Fquique über Paris ferner berichtet, daß das Schiff nah den getroffenen Ab- machungen seine Gewehrladung sowie seine übrige pre und seine O Jquique landen dürfe, hierauf aber bie nach definitiver Beilegung des Streitfalls an den Komman- danten des nordamerikanishen Geschwaders daselbst übergeben werden soll. Der von dem Präsidenten Balmaceda zur Uebernahme der in Frankreih gebauten Kriegsschiffe nach Paris gesandte Admiral Latorre hat, wie „W. T. B,“ von dort ferner erfährt, seine Entlassung gegeben, angeb- lih, um dadurch seine Sympathie für die Kongreßpartei zu bezeuaen.

Mit welchen Mitteln und unter welhen empörenden Grausamkeiten der Krieg zwischen den beiden Parteien in Chile geführt wird, erhellt aus den eingehenden Berichten über die stattgehabten Kämpfe im Norden, die jeßt erst eintreffen. Einem Bericht der „Times“ über die Schlacht bei Pozo Almonte am 7. März ist folgende Schilderung entnommen :

Gegen 9 Uhr war die Niederlage der Regierungstruppen voll- ständig, alle ihre Geshüte und ihr Gepäk waren in den Händen der Aufständischen. Oberst Mendez vom 5, Santizgoer Regiment und viele andere Offiziere beider Parteien waren gefallen. Umher- streichende Banden hatten \sich auf dem Swlachtfelde Waffen geholt und griffen nun die Officinas, die Läden und die große Bodega des Jen Uvilles an und plünderten sie. General Conto (Führer der

ufständischen) versuhte, seine Truppen in guter Ordnung zurück- zuführen, ein Tkeil der Soldaten ging aber zum Volke über und plünderte mit ihm die Läden und die Wirtbschaften. Wer Wider- stand versuchte, wurde von den betrunkenen Soldaten einfach nieder- geschofsen, und selbst mehrere Offiziere, welche die Ordnung herstellen wollten, wurden ermordet. Die Nacht war fürchterlih für die Be- wohner von Pozo Almonte, sie wurden geschlagen oder erschossen und die Frauen geshändet. 84 Frauen gelang es, si{ch im Bahnhof zu verbergen. Um endlih den Greueln Einhalt zu thun, icaren die Offiziere und der noch geborsame Theil der Truppen gezwungen, die Betrunkenen leberaClelen, Trotzdermn dauerte noch am nächsten Tage der Aufruhr fort, und erst als General Lopez mit starker Trvppenmaht nach einigen Tagen erschien, wurde die Ordnung wiederhergestellt. Die Zahl der Todten \chäßt man auf 600 Mann, 500 lagen am nächsten Tage im Krankenhause.

Haiti, Dem „New-York Herald“ wird aus Haiti ge- meldet, daß in Port-au-Prince das Standrecht proklamirt worden sei. Die Depesche berichtet weiter:

Bewaffnete Soldaten patrouilliren Tag und Nacht dur die Straßen, und Niemand darf die Stadt ohne einen Paß verlassen. Es heißt, daß die Anhänger des abgeseßten Präsidenten, des Generals Legitime, durch ihre Wühlereien den Ernst der geaenwärtigen Lage verschuldet haben. Ferner wird gemeldet, daß der Minister für Finanzen und auswärtige Politik Firmier seine Demission ein- gereiht habe. Die Gerüchte über ein angeblihes Attentat gegen den General Hippolyte bestätigen {h niht. Mit Ausnahme der Hauptstadt herrscht auf der Insel Ruhe.

Afrika.

Sansibar. Der Sultan hat laut Meldung des „R. B.“ aus Sansibar am Mittwoch dem Gouverneur von Deutsch Ost-Afrika, Freiherin von Soden den offiziellen Besuch erwidert, welchen ihm derselbe am Tage vorher ab- gestattet hatte.

Nach einer Meldung der „Times“ aus Sansibar wird demnächst eine 400 Mann siarke Karawane nah dem Tanganyika-See aufbrechen, um die Sklaverei nah E Ps Kardinal Lavigerie empfohlenen Plane zu unter-

rüden.

Congostaat. Das „Journal de Bruxelles“ meldet: Portugal und die Regierung des Congostaats seien zu einem Einvernehmen gelangt, dessen Unterzeihnung un- mittelbar bevorstehe. Danach solle die Südgrenze des Congo- staats den 8. Parallelgrad südliher Breite bis zu dessen Krêèuzung mit dem Kassaifluß entsang laufen und von da ab dem rehten Ufer dieses Flusses“ fc ‘gen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln. i

Portugal.

Dur eine im Diario do Governo vom 11, Mai 1891 ver- öffentlihte Verfügung des Königlich portugiesishen Ministeriums des Innern sind die Häfen der Provinzen Rio de Janeiro, Pernambuco, Bahia und S. Paulo als des Gelbfiebers „verdättig“ erklärt, hier- von jedoch die Häfen Rio de Janeiro, Pernambuco und Sanios aus- genommen worden, welche e wie r ais „verseucht“ gelten.

gypten.

Der internationale Gesundheitsrath zu Alexandrien hat am 5, Mai 1891 beschlossen, mit Rücksicht auf den epidemishen Ausbruh der Cholera in Parigi und Savesoe auf der Insel Celebes gegen die Ankünfte aus den genannten Hafenorten bis auf Weiteres das zur Verhütung der Einschleppung der Cholera bestimmte Reglement in Kraft zu setzen.

Handel und Gewerbe.

Die am 11. Januar v. J. zwishen Portugal und der Türkei vereinbarte Deklaration zur Regelung der beiderseitigen Handelsbeziehungen is am 15. Mai d. J. in Kraft getreten. Dieselbe enthält das gegen- seicige Zugeständniß der Meistbegünstigung und soll an Stelle der für aufgehoben erklärten älteren Handelskonventionen bis zum Abschlusse eines neuen Handelavertrags zwischen beiden Staaten in Geltung bleiben.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlestien. An der Ruhr sind am 20. Mai gestellt 10043, nit re{tzeitig gene Der Ÿ n er esien d am 19, d. M. gestellt 3246, nit rechtzeitig gestellt keine Q o

R

Subhastations-Rcsultate.

Beim Königlichen Amtsgeriht T Berlin stand am

20, Mai 1891 das Grundstück in der Swinemünderstraße 71,

dem Konditor Friedrih Handke gehörig, mit 11560 (A Nußzungs-

werth veranlagt, zur Versteigerung. Das geringste Gebot wurde

auf 504,395 # festgeseßt. Ersteher würde der Kaufmann Moritz

De Fn pur gennraße 53 wohnhaft, für das Meistgebot von 4

Verkehrs-Anstalten.

Der Bau der Rügenbahn ift, wie der „Berl. Aktionä: mit- theilt, im Laufe des leßten Jahres fehr gefördert worden; die Strecke von- Bergen nah Saßnigy ist im Ganzen ziemlich fertiggestellt, ins- besondere darf die Bahn von Bergen nah Sagard schon jetzt als betriebsfähig angesehen werden. Die Dammaufshüttungsarbeiten sind übrigens {on bis Saßniß vollendet. Eine \{chwierige Arbeit be- reitete der Ueberaang bei den Jasmunder Bodden, da es dort bei Liectowfähre vieler Arstrengungen bedurfte, um für den Unterbau eine sichere Grundlage zu finden. Soweit man bisher zu übersehen vermag, ift Aussiht vorhanden, daß die ganze Bahn definitiv am 1. Juli d. I. zur Eröffnung gelangt, sodaß inan dann von Stralsund aus in ca. zwei Stunden die ganze Insel wird durchfahren können. Was die in Saßniy zur besleunigten Beförderung der deutsch-\chwedischen Post in Angriff ge- nommenen Arbeiten für den Sicherheitshafen betrifft, so sind au diese Bauten der Vollendung ziemlih nabe; es handelt si{ch nur noch um eine geeignete Befestigung der kunstvoll auêgeführten Anlagen, welche auch noch einer Vertiefung bedürfen.

Der Schnelldampfer „Fürst Bis8marck*“ hat, der „Hamb. Börsen-Halle“ zufolge, auf seiner ersten mit gläniendem Erfolge aus- geführten Reise nah New-York folgende täglihe Diftanzen zurück- gelegt: 426 Meilen, 473 Meilen, 475 Meilen, 494 Meilen, 491 Meilen, 498 Meilen, Rest-Distanz 229 Meilen.

Der Dampfer lief also 3086 Meilen in 6 Tagen 14 Stunden und erzielte demnach eine höchste Tagesgeschwindigkeit von 20% und Ge S L QIOMASIGUES für die ganze Reise von 194 Knoten per

unde.

Die ganz unerwartet {nelle Reise des neuen e Swhnell- dampfers hat in New-York große Sensation hervorgerufen. Die Hamburg-Amerikanishe Paketfahrt-Actien-Gesellstzaft, deren Re- Ma in New-York bekanntlich Hr. Carl Schurz ift, hat olgenden telegraphishen Bericht erhalten :

„Bismarck8*“ vollständig unerwartete Ankunft am Freitag Abend hat bier die freudiaste Ueberrasbung hervorgerufen, aus allen Theilen des Landes laufen Glückwunsch- Telegramme ein, die Zeitungen bringen fast ausxahmslos ausführlihe Artikel über die Reise. Der „Bis- Pa E die bisherige \chnellste Erstlings-Reise noch um 74 Stunden übertroffen.

Eine für die Strecke Southampton—New-York berechnete ver- gleihende Uebersicht der Erstlings-Reisen der berübmten englischen und deutshen Schnelldampfer stellt fih wie folgt: „Fürst Bismarck" Reisedauer 158 Stunden, „Columbia“ Reiscdauer 165 Stunden, „Normannia* Reisedauer 166 Stunden, „City of Paris“ Reisedauer 166 Stunden, „Majestic" Reisedauer 170 Stunden, „Augusta Victoria®* Reisedauer 170 Stunden, „Teutonic“ Reisedauer 174 Stunden, „Havel“ Reisedauer 174 Stunden, „Lahn“ Reisedauer 181 Stunden, „City of New-York" Reisedauer 193 Stunden, „Spree“ Reisedauer 200 Stunden.

Besonders die deutshe Bevölkerung New-Yorks is dur den unerwarteten Sieg der deutschen Schiffsbaukunst auf das Freudigste überrascht. Wenn man auch dem „Vulcan® in Stettin, nachdem cr die „Augusta Victoria* für die Hamburger Paketfahrt- sowie die „Spree“ und „Havel“ für den Bremer Lloyd erbaut hat, eine gute Leistung in seinem neuesten Erzeugniß zutraute, so war man allerseits doch weit davon entfernt zu glauben, daß der „Vulcan“ und in ibm die deutsche Schiffsbau-Industrie sich durch den Erfolg des neuesten Hamburger Scnelldampfers mit einem Schlage den Ehrenplaß erringen würde, an welchem man bisher nur die ältesten englischen Wersten zu sehen gewohnt war.

Bremen, 20. Mai. (W. T. B) Norddeutscher Lloyd. Der Dampfer „Havel“ ist auf der Rückreise nah Bremerhaven gestern Nachmittag b Uhr mit 405 Passagieren von Southampton abgegangen. Der Dampfer „Dresden“, von Baltimore kommend, ist gestern, der Dampfer „Hermann“ heute in Bremerhaven ein- getroffen. Der Dampfer „Sachsen“ ist auf der Heimreise von Ost-Asien heute von Antwerpen abgegangen. Der Damvfer „Lahn“ hat heute Morgen 8 Uhr auf der Reise nach New-York Beachy Head passirt, der Dampfer „Trave“ hat gestern Nachmittag 3 Uhr dtîe Heimreise von New-York angetreten,

21. Mai. (W. T. B.) Norddeutsqwer Lloyd. Der Swnelldampfer „Lahn“ hat am 20. Mai, 2 Uhr Nachmittags, die Reise von Southampton nach New-York fortgeseßt. Der Swnell- dampfer „Havel“, von New-York kommend, ist am 20, Mai, 9 Uhr Nachmittags, auf der Weser angekommen. Der Postdampfer eMünGen“, am 7. Mai von Bremen abgegangen, ist am 20. Mai, 7 Ubr Morgens, in Baltimore angekommen.

_ Hamburg, 21. Mai. (W. T. B.) Hamburg-Amerika- nishe Pacetfahrt-Aktiengesellshaft. Der Swhnell- dampfer „Columbia“ hat, von New-York kommend heute Morgen Lizard passirt. Der Postdampfer „Rugia“ ist heute Morgen auf der Elbe eingetroffen.

London, 20. Mai. (W. T. B.) Der Union-Dampfer „Durb àn* ist gestern auf der Ausreise in Capetown angekommen. Der Union-Dampfer „Moor“ ist heute auf der Ausreise von Madeira abgegangen, der Union-Dampfer „Nubian“ is heute auf der Heimreise in Southampton angekommen.

Theater ::1d Musik.

Kroll'’s Theater.

, Der Königlich \ähsisde Kammersänger Erl aus Dresden begann sein diesjähriges Gastspiel wie im vorigen Jahre mit dem „Postillon von Lonjumeau*. Die Eigenart des Künstlers be- steht in ‘einer auffallenden und ftaunenswerthen Entwickelung der Kopfstimme, welche die s{chwierigsten Passagen und Triller mit einer Leichtigkeit und dabei mit einem angenehmen milden, wenn au vielleiht etwas weihlichen Ton wiedergiebt, wie es in gleiGßer Weise wohl kein anderer Tenor im Stande ist, Das sind freilich auch die einzigen Vorzüge seiner dabei kunstgerecht ausgebildeten Stimme, die aber an fi wohl son der Beachtung werth sind. In dem Vortrage des Postillon- Liedes, der Arie im zweiten Akt, des im dritten Akt wie üblib einge- legten Liedes „Ali Abend wenn ih zur Ruhe geh'“ kamen diese Vor- züge voll zur Geltung; aber auch von dicsen Besonderheiten abge- sehen, entfaltete er hierbei viel Wohllaut und Empfindung. Im Uebrigen besißt die Stimme in der Tiefe und Mitte nicht allzu viel Glanz ; aber die sorgfältige Schulung läßt über die Mängel hinweg- sehen, Der Sänger wurde wie im vorigen Jahre durch lebhaften Beifall ausgezeihnei. Die Beseßung der übrigen Rollen war dieselbe wie im vorigen Sommer: Frl. Shacko (Madeleine), Hr. Theile (Marquis), Hr. Gr oße (Bijou) waren in Spiel und Gesang an is ¡Plave und trugen viel zu dem Gelingen der Vorstellung auch ihrerseits bei.

In der Vorstellung des „Oberon® im Königlichen Opern-

hause am Sonnabend sind die Damen Hiedler, Breda, Weiß und

O die Hrrn. Sylva, Lieban, Oberhauser und Stammer be- äftigt.

Vielfahen Wünschen zu entsprechen, hat \ich die Direktion des Deutschen Theaters entschlossen, von morgen ab für den Rest der gegenwärtigen Spielzeit alle Vorstellungen erst um 28 Uhr bke- ginnen zu lassen,

Im Berliner Theater kommt am Sonnabend das Dumas'’\che Lustspiel „Ein Freund der Frauen“ mit Friedrich Mitter- wurzer in der Rolle des Ryous wieder zur Aufführung. An dem- selben Abend absolvirt Pia Claassen ihr zweites Debut in der Rolle der Miß Brown. E

Im Friedrich-Wilhelmstädtishen Theater beginnen von Sonntag ab die Vorstellungen um #8 Uhr. Die Operette „Nanon®* erfreut sch nach wie vor zahlreihen ZuspruGs und bleibt deshalb auch für die nächsten Wochen noch auf dem Spielplan.

Une yisite de noces (Der Besuch nach der Hochzeit), die Komödie Alexander Dumas’, die neuerdings im Théâtre Français in Paris wieder aufgenommen wurde und einen großen Erfolg errang, ist von Direktor Sigmund Lautenburg soeben erworben worden und wird in nächster Saison auf dem Spielplan des Residenz- Theaters erscheinen. /

Marcella Sembrih singt morgen im Kroll’\schen Theater als dritte Gastrolle die Martha. Außerdem treten in dieser Oper Hr. Birrenkoven als Lionel und der von früber bekannte und be- liebte Vertreter des Plumket Hr. Riehmann auf. Jn der Sonn- abend-Aufführung der „Weißen Dame“ singt Hr. Anton Erl den George Browon. /

Im Sommergarten des Belle-Alliance-Theaters findet morgen das erste dietjährige Monítre-Concert statt, das ausgeführt wird von den vollständigen Militärkapellen des 3. Garde-Regiments ¿. F., des 1, Garde-Dragoner-Regiments und der Kapelle des Theaters (in Ganzen 100 Musiker), Bei eintretender Dunkelheit findet glänzende Beleuchtung des ganzen Gartens durch 50 000 Gas- flammen, bengalishes Licht 2c. statt. Im Theater geht zum 6. Male die neu einstudirte allabendlich mit lebhaftem Beifall aufgenommene Posse „Tricohe und Cacolet“ in Scene. É

In der morgigen ersten Aufführung des Kneisel’shen S@{wanks „Der liebe Onkel“ im Thomas-Theater sind die Damen Alberti, Friedemann, Gallus und Hocke und die Hrrn. Bollmann, Gutheryx, Jarno, Kurz und Walden thätig. Auf den Schwank folgt die No- 0A „Der Herr Graf“, ein einaktiges Vaudeville von Theodor

(itte.

Die erste Aufführung des Volksbühnenspiels von Henzen, „Die heilige Elisabeth“ im Festspielhause zu Worms, erzielte am Pfingstsonntag, wie man der „Köln. Ztz.“ meldet, einen durschlagenden Erfolg. Der zweiten Aufführung am Pfingstmontag wobnte der Großherzog von Hessen mit Familie bei. Der Beifall war der gleihe wie an dzm ersten Abend. Die nächsten Aufführungen finden am 21, 24, 26., 28. und 31, Mai ftatt.

Mannigfaltiges.

Der Plan für die Kirche, welche in Reinickendorf gebaut werden soll und deren Protektorat Ihre Majestät die Kaiserin übernommen hat, ift, der „N. A. Z.“ zufolge, bereits entworfen, und auch die erforderlihen Gelder sind zum größten Tbeil gesichert. Die Grunt ftücke sind geschenkweise dargebrac)t und die Leitung des Baues dem evangelishen Kirchenbauverein übertragen. Die Höde der Bau- summe ist auf 155000 ( festgeseßt. Aufgebraht sind bisher 115 000 6 Es gaben Seine Majestät der Kaiser 80000 4, Ihre Majestät die Kaiserin 5000 4, die Gemeinde Rosenthal 15 000 Æ, und dur andere Beiträge rourden gesammelt 15 000 4 Mithin fehlen nun noch 40000 M, die von der Gemeinde aufgebraht werden müssen. Mit dem Bau foll bald begonnen werden.

In Gegenwart des Staats-Ministers von Hey den erfolgte gestern Nahmittag der „Ausstoß“ des ersten Bundesbräues, welches in der neuen mit Staatsunterstütung errihteten „Vers uchs- und Lehrbrauerei* gebraut worden ist, Der Bierprobe voran ging eine eingehende Besichtigung der Anstalt, welche mit einem Auf- wand von 600 000 6 an der Eck2 der See- und Torfstraße erbaut worden ist. Die Brauerci, welche einen Theil der Landwirthschaft- lien Hochschule bildet, besteht aus einer Betriebs- brauerei zur Erzeugung von 7000 þb1 „Bundesbräu“, einer Abtheilung für Versuwve im Großen und einem Laboratorium. Dicht bei der Anstalt befindet sih ein großer Hopfengarten ; die nah dem Tennensystem eingerihtete Mälzerei vermag das gesammte in der Anstalt gebrauhte Malz selbst zu erzeugen; im Sudhause findet man eine Braupfanne von 3510, eine Bierpfanne von 8100 1 In- halt, einen 6872 1 fassenden Maischbottih und einen 6135 1 fassenden Läuterbottih, An Stelle des Küblschiffs is ein Pest’sher Kühl- apparat eingerichtet, der dur einen Möller’shen Luftfilter seine Luft erhält. Der 20 Bottihe zu 2133 1 fassende „Gährkeller*, der hier im ersten Stock liegt, erhält gleich den Lager- kellern seine Kälte durch eine Linde’she Cismaschine, Die beiden Betrieb8maschinen haben zusammen 110 Pferdekcäfte. Besonderer Werth is auf die Sicherung des Betriebes gelegt ; überall sind mustergültige Shußmaßregeln getroffen, die Fahrstubltbüren können z. B. nur geöffnet werden, wenn der Fahrstuhl unmittelbar vor der betreffenden Thür steht. Die ganze Anlage ist mit elektrishem Licht ausgestattet, das dort auch erzeugt wird. Bei der Bierprobe brate der Staats-Minister von Heyden das Hoh auf Seine Majestät den Kaiser aus. Direktor Rösidke, der Vorsißende des die Ver- waltung der Anstalt leitenden Vereins „Versuh8- und Lehrarstalt für Brauerei*® toastete auf den Staats-Minister von Heyden, Professor Dr. Kny, der Rektor der Landwirthschaftlichen Hohschule, auf den genannten Verein. Auch der Professor Christian Hansen aus Kopenhagen, der Begründer der wissenshaftlihen Ausgestaltung des Brauereigewerbes, wohnte der Feierlichkeit bei.

Der Ober-Bürgermeister Dr. von Forckenbeck ist vom Urlaub zurückgekehrt und hat seine amtlihe Thätigkeit wieder aufgenommen.

Die Neubauten für die erweiterte Arbeiterkolonie auf tem Grundstück Reinickendorferstraße 36a sind am Dienstag Abend mit einer Feier in der Kapelle der Berliner Arbeiterkolonie (ebendaselbst) eröffnet worden. Im Auftrage Seiner Majestät des Kaisers und Königs wohnte nah einem Bericht der „N. Bt: Ztg.“ der Flügel-Adjutant Freiherr von Seckendorff der Feier bei.

ie Feier wurde mit cinem Gesang der Chorsänger der Arbeiterkolonie eröffnet; dann folgte Liturgie und Festpredigt vom Vorsißenden des Vorstandes des Vercins für die Berliner Arbeiterkolonie P. L. Diestel- kamp. Na) erneutem Chorgesang erstattete Inspektor Ohnasch einen Generalberiht über die Kolonie, Hierauf beschlossen Liturgie, Vaterunser und Segen sowie der gemeinsame Gesang „Unsern Ausgang segne Gott“ die weihevolle Handlang. Es folgte eine Besichtigung der neuen Räume, die zweihundert männlihe Personen und darüber be- herbergen, beköstigen und auch beschäftigen können. Die neue, von P. Diestelkamp geweihte Kapelle macht einen sehr freundlichen Eindruck. Orgel, Decken- und Wandmalereien, Kanzel u. \. w. sind

theils in dankbarer „Erinnerung gespendete Gaben ehemaliger Kolonisten, . theils die Werke zur Zeit in der Kolonie weilender Leute. Sehr zweckmäßig angelegt is der Neubau

des großen dreistöckigen Wirthschafts-, Sycise- und Schlafhauses. Zu ebener Erde liegen die Kühenräume u. \, w., im ersten Stock die Speisesäle, im zweiten und dritten Stock die Schlafgelasse. Ferner verdient die neue Werkstatt volles Lob, In dem alten Gebäude be- finden si jeßt Comptoirräume und einige Beamtenwohnuugen. Insgesammt macht die Arbeiterkolonie einen in jeder Beziehung vor- trefflihen Eindruck. Für die Erfolge ihrer Thätigkeit spricht au der Umstand, daß sih die Verwaltung bereits mit den Plänen zu neuen Erweiterungen trägt.

Magdeburg, 20. Mai. Der am Freitag bierselbst verstorbene Rentner Friedrich Karl Schulze hat in seinem Testament die Stadtgemeinde Magdeburg zur Universalerbin seines Nach- lasses eingeseßt. Das Gesammtvermögen wird der „Magdeb. Z.* zufolge nah vorläufiger Schäßung etwa 1—14 Millionen Mark be- tragen. Der Erblasser betrieb in früheren Jahren im Stadtfelde

cine Cichoriendarre und besaß aus diesem Unternehmen etwa

1:4 » ;

Æ.