1891 / 119 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 May 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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Wie bekannt, hat vor einigen Tagen auf Grund Bundes- rathsbes{hlusses, welhem der Reichstag durch Bewilligung des betreffenden Etatstitels beigetreten ist, die Annahme der von Seiten der Regierung der Vereinigten Staaten an das Reich ergangenen Einladung zur Theilnahme an der Welt-Ausstellung in Chicago vom Jahre 1893 statt- gefunden. Die Annahme ist sofort telegraphisch nah Washing- ton gemeldet und hat, wie uns der Telegraph berichtet, in Amerika große Befriedigung hervorgerufen.

Den deutschen Jnteressenten, welche die Ausstellung zu beshicken gedenken, wird es vor allen Dingen von Wichtigkeit sein, einen UVeberblick über die Grundlagen des Unternehmens zu gewinnen. Wir geben deshalb, da die Vorarbeiten für eine wirksame Betheiligung Deutschlands und für die ausreichende Ent- faltung der einzelnen Kunst- und Fndustriezweige nicht früh genug begonnen werden können, nachstehend einen furzen Auszug aus den bisher vorliegenden Nachrichten wieder, indem wir uns vorbehalten, auf die einzelnen Theile des Programms ausführlicher zurückzukommen. L

Durch den Bundes-Kongreß der Vereinigten Staaten wurde beschlossen und mittels Geseßes vom 25. April 1890 verkündet, daß die vierhundertjährige Erinnerung an die Ent- deckung Amerikas durch eine internationale Welt-Ausstellung, die „World’'s Columbian Exposition“, zu Chicago im Jahre 1893 gefeiert wer: en solle. Nachdem die genügende Fun- dirung des Unternehmens durch Aufbringung eines Garantie- fonds von vorläufig zehn Millionen Dollars nachgewiesen worden, ergingen die Einladungen an sämmtliche Nationen, von welchen eine große Zahl ihre Theil- nahme bereits zugesagt hat. i :

Die Eröffnung der Ausstellung erfolgt am 1, Mai 1893, der Schluß am 30. Oktober desselben Jahres. Vorher joll, um das Erinnerungsjahr selbst würdig zu begeben, die feierliche Einweihung des Ausstellungsgebäudes, dessen Bau im Anfang des Jahres 1891 begonnen hat, am 12, Oktober 1892 stattfinden. Der Ausstellungsplaß umfaßt ein Areal von Tausend Ader und ist im Fackson-Park am Ufer des Michigan-Sees, in verkehr s- reihster Gegend der auf etwa 11/4 Millionen Einwohner an- gewahsenen Stadt gelegen. Um eine Theilnahme aller Zweige der Kunst und Fndustrie zu ermöglichen, wird den Ausjtellern das weiteste Entgegenkommen Seitens der amerikanischen Be- hörden zugesichert. Raummiethe wird nicht entrichtet, Dampfkraft bei niht zu hohen Ansprüchen unentgeltlih ge- währt. Für das Zollwesen sind besondere Bestimmungen er- lassen worden, nah welchen den für die Schaustellung be- stimmten Gütern zollfreie Einfuhr und Ausfuhr und Befreiung von der zollamtlihen Durhsuhung gewährt wird. Der Zoll wird nur dann entrichtet, wenn die Gegen- stände nah Schluß der Ausstellung im Gebiete der Vereinigten Staaten zur Konsumtion gelangen. Für die Wahrung des Erfindungs- und Mustershußzes wird auf Grund der bestehenden geseßlihen Vorschriften ede getragen werden.

Nachdem Deutschland sich zur Theilnahme bereit erklärt hai, sind die entsprehenden Vorbereitungen Seitens des zum Reichskommissar ernannten Geheimen Regierungs - Raths Wermuth alsbald in Angriff genommen worden. Die offiziellen Bekanntmachungen werden, wie wir hören, in den ersten Tagen des Juni ergehen, von welcher Zeit ab auch die A us stellung - Programme, Anmeldebogen u. s. w. imBureau des Reichs- kfommissars (Berlin W., Wilhelmstraße 74) oder bei den be- theiligten Korporationen (Handelskammern 2c.) in Empfang genommen werden können, Naturgemäß liegt es auh im «nteresse der Aussteller selbst, die Absicht ihrer Betheiligung jobald als thunlich zu erkennen zu geben, damit bei der demnächstigen Anmeldung des für die deutsche Ab- theilung insgesammt in Anspruch zu nehmenden Raumes auf ihre Wünsche Rükfiht genommen werden kann.

Nach der im Reichs-Eisenbahnamt aufgestellten, in der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „R.- u. St.-A.“ ver- öffentlihten Nachweisung über die im Monat März d. 5. auf deutshen Bahnen (aus\chließlich der bayerischen) bei den Zügen mit Personenbeförderung vorgekommenen Verspätungen haben auf 36 größeren Bahnen bezw. Bahnnezen mit einer Gesammtbetriebslänge von 36 155,35 km von den fahrplanmäßigen Zügen überhaupt sih verspätet: 1336 Schnellzüge, 2110 Personenzüge und 302 zur Perfonen- sowie zur Güterbeförderung gleichzeitig dienende Züge, zusammen 3748. Von den fahrplanmäßigen Zügen mit Personenbeförderung wurden geleistet: 14 327 954 Zugkilometer, 273 816 699 Achsfilometer gegen 12939943 Zug- und 239 889 994 Achsfilometer im Vormonat und gegen 12 919 893 Zug- und 257 602128 Ackskilometec in demselben Monat des Vorjahres. Von den Verspätungen wurden 1317 durh das Abwarten verspäteter Anschlußzüge veranlaßt, sodaß den aufgeführten Bahnen nur 2431 Verspätungen zur Last fallen gegen 2534 im Vormonat und 1180 in demselben Monat des Vorjahres. Von den auf eigener Bahn vor- gekommenen Verspätungen entfallen auf 1 000000 Zugkilometer 84, 1000000 Achskilometer 9, mithin auf 1 000 Zug- filometer 7 = 8 v. H. mehr als im Monat März des Vorjahres und 112=133 v. H. weniger als im Vormonat, und auf 1 000 000 Acsfkilometer 4 = 44 v. H. mehr als im Monat März des Vorjahr:s und 2 = 22 v. H. weniger als im Vormonat. Jn Folge der Verspätungen wurden 2160 Anschlüsse versäumt (gegen 1142 in demselben Monat des Vorjahres und 2601 im Vormonat). Bei 5 Bahnen find Zugverspätungen und bei 8 Bahnen Anschlußversäumnisse nicht vorgekommen. Jn der Nachweisung sind diejenigen Bahnen, auf welchen Zugverspätungen vorkamen, nach der Verhältnißzahl (geometrisches Mittel) zwischen der Anzahl der von den fahr- planmäßigen, der Personenbeförderung dienenden Zügen auf 1 000000 Zug- bezw. 1000000 Awsfilometer entfallenden eigenen Verspätungen geordnet, Danach nehmen die Kiel- Edckernförde - Flensburger Bahn, die Dortmund - Gronau- Enscheder Bahn und die Main-Neck&arbahn die ungünstigsten Stellen ein. Wird die Reihenfolge der Bahnen statt nach der Anzahl der Verspätungen nah der Anzahl der Anshluß- versäumnisse bestimmt, so treten die Dortmund-Grorau- Enscheder Bahn, die Bahnen im Bezirk der Königlichen Eisen- bahn-Direktion (linksrheinischen) zu Köln und die Main-Nedar- bahn an die ungünstigsten Stellen.

Der Direktor des Waffen-Departements im Krieas- Ministerium, General-Lieutenant Mül [l i dén hierher zurüdckgekehrt. fre 0008. O

S. M. Kanonenboot „Jltis“, Kommandant Korvetten- Kapitän Ascher, ist am 21. Mai in Kinkiang angekommen.

Breslau, 22. Mai. Der Reihsbank-Präsident Dr. Ko ch, welcher fich am 20. d. M., Abends, hierher begeben hatte, revidirte hier am 21. d. M. die Reichsbank-Hauptstelle und folgte um 6 Uhr der Einladung der Handelskammer zu einem aus Anlaß seines ecsten Besuchs in Breslau von ihr ‘veranstalteten Festmahl in Hansen's Restaurant, an welchem auch die Spigen der dortigen Staats- und städtishen Behörden, im Ganzen etwa 65 Personen, theil- nahmen. Den ersten Toast brachte der Gefeierte selbst auf Seine Majestät den Kaiser aus. Jhm folgte eine shwung- volle Rede des Präsidenten der Handelskammer, Kom- merzien-Raths Molinari, in welcher er mit feinem Ver- ständniß die Bedeutung der Reichsbank für das gesammte deutshe Verkehrs: und Geldwesen, für den Handel und die FJndustrie Schlesiens schilderte. Be- sonders pries er die gewaltige Entwickelung des Giro- verkehrs, um welchen sih der jezige Präsident der Reihsbank besondere Verdienste erworben habe, und brahte auf diesen ein dreifaches Hoh aus. Präsident Koch dankte mit warmen Worten, das Sonst und Fegt in zum Theil humoristischer Art unter mancherlei interessanten Citaten vergleichend, und trank auf Handel und FJndustrie von Breslau. Außer ihm sprachen noch der langjährige Beigeordnete der Reihs- bank: Hauptstele, Geheime Kommerzien-Rath Heimann, der Regierungs-Präsident Freiherr Juncker von Oberconreut, der Landgerichts-Präsident Witte u. A. Heute leitet der Reichs- bank-Präsident die alljährlich stattfindende Konferenz \{lesisher Neichsbank-Direktoren, in welcher die Wirthschasts- und Kredit- verhältnisse der Provinz und die Einrichtungen der Reichsbank eingehend besprochen werden.

Baden.

Karlsruhe, 22. Mai. Aus einer Festshrift „Fünfzig Jahre militärisher Thätigkeit Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs Friedrih von Baden“ theilt die „Karlsr. Ztg.“ das Schreiben mit, welches Seine Majestät der Kaiser und König aus Veranlassung des fünfzigjährigen Dienst- ri nis an den Großherzog gerichtet hat. Das Schreiben autet :

Ä af I Fürst, freundlich geliebter Vetter, Bruder und nie

Euerer Königlichen Hoheit spreWe Ib zum 26. April dieses Jahres, an wel@em Tage Sie vor 50 Jahren die Militärdienst- laufbahn begonren baben, bierdurch Meine wärmsten und berziihsten Glückwünsche aus. Euere Königliche Hoheit haben in dieser langen Zeit so viel Beweise des bhingebendsten Interesses sowobl für die Entwickelung und Leistungsfähigkeit unseres Heeres als au für das Wobl des deutshen Vaterlandes gegeben, daß Ich in der Erinnerung an Meinen - unvergeßlichen Großvater und an Meinen vielgeliebten Vater, an deren Seite Euer Königlihe Hoheit mit Ihren Truppen an den kriezerishen Erfolgen des legten Feldzuges so rühmlihen Antbeil g-nommen haben, Meinem wärmsten Dank dadur Ausdruck zu geben wünsche, daß Ih Euer Königlichen Hoheit altpreußischem Regiment, dem Rheinishen Ulanen-Regiment Nr. 7, den Namen seines bohen Chefs beilege, wonach das- selbe fortan die Benennung „Ulanen - Regiment Großherzog Friedri von Baden (Rheinisches) Nr. 7“ führen wird. Inden Ich Mid der Erwæartung hingebe, daß diese Bestimmung Euerer Königlichen Hoheit Freude bereiten werde, verbinde Ich hiermit zugleich den lebhaften Wunsch, daß Euere Königliche Hoheit Mir und der Armee zu unserer Freude noch lange Jahre in voller Frishe und Gesundheit erhalten bleiben möôaen. Mit herz- licher Zuneigung und unveränderliher aufrihtiger Freundschaft ver-

bleibe Jh 4 : Euerer Königliben Hoheit freundwilliger Vetter, Bruder und Neffe

Wilhelm R, Berlin, den 23. April 1891. i y An des Großherzogs von Baden Köntgliche Hoheit.

Reuß: ä. L.

+ Greiz, 22. Mai. Die Besserung im Befinden Jhrer Durchlaucht der Fürstin hält an. Nah dem heutigen Krank- heitsberiht werden, da durch den bisherigen Gang der Krank- heit die direkte Lebensgefahr zur Zeit als beseitigt angesehen werden kann und die Genefung voraussihtlich einen lang- samen, gleihmäßigen Verlauf nehmen wird, fernerhin Bulletins nicht ausgegeben werden.

Großbritannien und Frland.

Das Unterhaus hat gestern nah langen Verhand- lungen, welche im Ganzen 24 Sigungen 1n Anspruch nahmen, die Spezialdiskussion der irishen Boden-Ankaufs-Bill nunmehr erledigt. Jn der gestrigen Sißung nahm das Unter- haus ferner in zweiter Lesung die industrielle Asse- furanz-Bill an, welche die Kontrole über die Unterstüßungs- Genossenschaften verschärft.

Der konservative Abgeordnete für London-City und frühere Lordmayor, Banquier Sir Robert Fowler ist geftern Vormittag gestorben.

Die Opposition beabsihtigt, die Vorfälle in Manipur ehestens im Parlament zur Sprate zu bringen. Da aber Gladstone und Morley krank sind und Sir W. Har- court nicht in London weilt, so is über die Art und Weise, wie der Antrag gestellt werden soll, noch nichts vereinbart. Der Bericht über das Befinden der an der Jnfluenza er- kfrantten Märner der Oeffentlichkeit nimmt noch immer in den Spalten der englishen Blätter eine hervorragende Stelle ein. Der Hauzgarzt Gladstone's Sir Andrew Clark erklärt, daß das Befinden seines Patienten täglih weitere Fortschritte zur Genesung mae. John Morley hat meh:ere Wochen an der Jnfluenza gelitten, befindet \sih jeßt aber endlich auf dem Wege der Genesung. Dem Radikalen Mundella soll die Seeluft in Folkestone besonders gut thun. Weder der Präsident des Handelsamts Sir M. Hicks-Beach noch der Marine-Minister Lord George Hamilton fühlten sih wohl genug, um den Parlamentsverhandlungen wieder beiwohnen zu fönnen. Der Führer der Jren Justin McCarthy wird auch in den nähsten Tagen noch niht im Parlament erscheinen können.

; Aus Canada wird berichtet, daß der canadishe Premier Sir John Macdonald kürzlih eine Deputation des Kon- gresses der canadischen Gewerk- und Arbeitsvereine empfangen hat, wel{che ihn bat, geseßgeberische Maßregeln zum Schutß der Arbeit in Canada zu treffen und die Einwanderung von Chinesen, soweit wie mögli, zu verhindern. Der Premier erflärte jedo, daß es der Regierung niht möglich wäre, die

chinesishe Einwanderung noch weiter zu beschränken. Sie erachte die jeßige Zahlung von fünfzig Dollars durch jeden einwandernden Chinesen für genügend. Die Chinesen lan- deten nur in Canada, um sich nah den Vereinigten Staaten durzuschleihen. Man dürfe diesen nicht in ihrer chinesenfeind- lichen Geseßzebung nahahmen, denn sonst könnte der sih schnell entwickdelnde Handel Canadas mit Asien gefährdet werden. Die Mitglieder des canadishen Parlaments, welche dafür sind, daß britishe Waaren in allen Kolonien bei der Verzollung ein Vorrecht haben sollten, beschlossen in einer am 21. d. M. in Ottawa abgehaltenen Sizung, eine Adresse an die Königin Victoria zu rihten zur Ein- berufung einer Londoner Konferenz von Delegirten der britishen Kolonien. Die Konferenz foll die Aufgabe haben, Mittel zu finden, den Handel zwischen den verschiedenen Theilen des britishen Reichs zu heben. :

Aus Manipur ist dem „R. B.“ zufolge in Kalkutta am 20. d. M. folgende Depesche eingegangen :

Der Henker von Maripur erklärte bei seinem Verbör, daß er alle Gefangenen, mit Ausnahme des bereits früher getödteten Mr. Grimwood, enthauptet habe, Er hätte auf Befebl des Senaputty und des. Tongal-Generals gebandelt. Die Hinrichtung fand am Morgen, des 25 März um 2 Uhr statt. Die Gefangenen. welche an den Füßen gefesselt und deren Hände auf dem Rüdcken zu- sammengebunden waren, empfingen den Todesftreih stehend Ihre e N atis mit einem Dhao oder birmanishen Messer ab- gelckch@nitten.

Frankreich.

Der Präsident Carnot traf auf seiner Neise vorgestern von Toulouse in Bagnères de Luchon ein und begab si von dort nah Tarbes. Gestern früh besuchte der Präsident daselbst das Arsenal und andere staatliche Anstalten und seßte sodann seine Reise nah Pau fort. Bei der Umfahrt sprang ein Mann auf den Wagentritt und stieß wiederholt un- angemessene Nufe aus. Derselbe, ein bekannter fanatisher Sozialist, wurde sofort verhaftet, nah der Abreise des Prä- sidenten indessen wieder freigelassen. Fn Pau, wo die An- kunft Nahmittags erfolgte, wurde der Präsident, wie „W. T. B.“ berichtet, von den Behörden und dem Badepublikum \ym- pathish empfangen. Eine spanische Militärdeputation unter Führung des Generals Oryan begrüßte den Präsi- denten im Namen der Königin-Regentin.

Die Deputirtenkammer beendigte gestern die Generaldisfkussion über die Zolltarifvorlage und beschloß auf Antrag Méline's die Dringlichkeit für die Vorlage. Bei Berathung des Artikels T. gab der Minister des Aeußern Ribot die Erklärung ab, die Regierung könne niemals Frankreiß nah außen hin verpflichten, ohne daß eine solche Verpflichtung vom Parlament genehmigt werde. Der Minimal- tarif werde die Regierung an Unterhandlungen nit hindern. Der Abg. Peytral forderte darauf die Regierung auf, ih deutliher und bündiger auszusprechen. Dieselbe habe früher erklärt, sie werde sich niemals dazu ver- stehen, beim Abschluß von Verträgen noch unter die Sätze des Minimaltarifs hinunterzugehen. Der Präsident der Tarifkom- mission Méline hob hervor, daß der günstigste Tarif, welchen man den Nationen, die sih entgegencommend zeigten, bewilligen könne, der Minimaltarif fei. Die Regierung behalte das Recht, Verträge abzuschließen, dieses Recht sei aber durch den Artikel T. der Vorlage beschränkt. Die Regierung werde die moralische Verpflichtung haben, si an die von der Kammer geneh- migten Tarife zu halten. Der Minister-Präsident de Freycinet erklärte, die von der Kammer beschlossenen Tarife würden die Grundlage der zukünftigen Beziehungen zu den auswärtigen Nationen abgeben. Die Regierung fönne indessen niht auf ihr fonstitutionelles Reht verzichten Verträge abzuschließen ; gegebenen Falls werde. fie verlangen, daß die Kammer den Minimaltarif abändere, wenn sie dies als den Jnteressen des Landes förderlich erachte. Ohne die konstitutionellen Rechte aufzugeben, werde die Regierung die Zollgesege in dem Geiste handhaben, in welchem sie beschlossen würden.

‘Nachdem sodann Méline seine Uebereinstimmung mit diesen

Anschauungen erklärt hatte, bes{loß die Kammer, heute in die Berathung des Antrages Viger, betreffend die Herab- seßung der Getreidezölle während eines Jahres auf 3 Fr., einzutreten.

Rußland und Polen.

Der Kaiser begiebt \ih, wie dem „W. T. B.“ us St. Petersburg gemeldet wird, mit der gesammten Kaiser- lihen Familie am 25. d. M. zu zehntägigem Aufenthalt nah Moskau. Jn dieser Zeit wird in Gegenwart der Kaiser- lihen Familie die Grundsteinlegung zu dem Denkmal des Kaisers Alexander II. und die Erla der ersten Aus- stelung für mittelasiatishe Produkte Kattfinden. Von Moskau reist die Kaiserin dem Großfürsten Georg nah Livadia entgegen. Der Kai ser kehrt vorher nah St. Petecsburg zurück und begiebt sich erst von da aus ebenfalls nah Livadia. Beide Majestäten werden dann bis Mitte Juni in der Krim verbleiben. : i

Die russishe „St. Pet. Ztg.“ berichtet, daß die Frage von der Ersezung der derzeitigen privaten Kommissionäre für Getreidehandel in den Häfen und auf den ausländischen Märkten durch besondere Agenten des Finanz- Ministeriums nunmehr endgültig entschieden sei. Dem- selben Blatt zufolge hat das Ministerium der Kommunikationen alle Eisenbahnverwaltungen angewiesen, sogenannte „Ernte- Kartogramme“ anzufertigen. Der Zweck dieser Maß- nahme ist, rechtzeitig Vorkehrungen zu treffen, um den Getreidetransportverkehr zu erleihtern, da man an der Hand solher Kartogramme voraussehen könne, wo viel Nachfrage nah Getreide sein werde, wo große Getreidevorräthe auf- gestapelt würden 2c.

Ueber den Plan der Gründung eines „Boden- i e: wird dem „Rishski Westnik“ aus St. Petersburg geschrieben :

„In Regierungskreisen ist neuerdings die Frage aufgetaucht, be- treffend die Errichtung eines sogenannten Boden-Comités beim Ministerium der Reichs-Domänen, das als Ergänzung: des geologischen Comités zu dien.n hâtte. Es ist bekannt, daß die Bestimmung der Bodeneigensaften und ihre geologishe Untersuchung eine sehr wi- tige Bedeutung nit nur für die Wissenschaft, sondern au Angesichts der großen praktishen Resultate hat, da fie als Haupthinweis auf die Ermittelung nüßliher Bodenshäße dienen und für Land- und Forstwirthschaft werthvolle Fingerzeige in Betreff der Zusammen- seßung und der Eigerschaften des Bodens bieten, die für einen rationellen Betrieb dieser Wirthschaften wichtig sind. Außerdem dienen die geologishen Untersuhungen zur Auffindung von Bau- materialien, feuerfestem Thon, Materialien für chemisbe Fabriken u. \. wo. Wie man bört, hat si der Minister der Reichs-Domänen unlängst an das Minifter-Comité mit einer Vorstellung gewandt, betr. Er-

rihtung eines Boden-Comités und Bestätigung der Etats des leßteren. Das Minifter-Comité hat die Existenz eine3 ähnlichen Instituts als unbedingt nothwendig anerkannt uad dem Minister die Ausarbeitung des bezüglihen Gesezes, wie die Vorstellung der Etats des Comités zur Bestätigung des Reichsraths übertragen.“

Ftalien. Der König sandte, wie dem „W. T. B.“ aus Rom ge-

meldet wird, von Mailand aus dem König von Rumänien ein eigenhändiges Glückwunschschreiben. Die italienishe Regierung spra dem rumänischen Gesandten ihre Glückwünsche anläßlich des Regierungsjubiläums des Königs aus.

Portugal.

Die neu ernannten Minister haben gestern vor dem König den Eid geleistet. Von der Lissaboner Presse wird das neue Kabinet wohlwollend beurtheilt. Die Blätter stimmen in dem Wunsche überein, daß das Ministerium die vorhandenen Schwierigkeiten überwinden möge. Man hält eine Aenderung in der Haltung der Parteien für wahrscheinlich.

Schweiz.

u seiner Botschaft an die Bundesversammlung, betreffend den Ankauf der Centralbahn-Aktien, hat der Bundesrath auf Wunsh_des Ausschusses des National: raths einen Nachtrag veröffentlicht, der die Grundsätze behan- delt, nah welchen die vom Bunde zu erwerbenden Eisenbahnen zu verwalten und zu betreiben sein sollen. Professor Dr, König in Bern ist, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, nicht der Verfasser der Antwort auf das Begehren Jtaliens, be- treffend die Auslieferung Livraghi's, sondern hat nur ein Gutachten in der Sache abgegeben

Ueber die neugeshaffene s{chweizerische Festungs- Artillerie äußert sih der kürzlih erstattete Geschäftsbericht des Militär: Departements wie folgt :

Die Organisation der Festungs-Artillerie gelangte im Berichts- jabre zum Abschluß. Laut unserem Beschluß vom 11. April 1890 ift dieselbe als Truppeneinheit des Bundes eingereiht worden und wird demgemäß von Leßterem gebildet und erhalten. Zur Rekrutirung und Instruktion ist sie der Artillerie zugewiesen. Sie besteht vor- [läufig aus 4 Compagnien Nr. 1 bis 4, und zwar: 1 Compagnie für Airolo (Fondo del Bosco), 2 Compagnien für Andermatt (Bühl und Bâzberg), 1 Compagnie für Oberaip, Furka und Gotthard," jede in der Stärke von 209 bis 250 Mann, Pionier-Detachement und Offiziere inbegriffen. Die bis und mit 1890 rekrutirten und aus- A Festung-Atrtilleristen bilden die Comragnie I; die übrigen

ompagnien werden aus den nachfolgenden Rekruten-Jahrgängen for- mirt. Die Bekleidung, Bewaffnung und Ausrüstung der Mannschaft ist diejenige der Park-Kanoniere, jedo mit Repetirgewehren, bis die neue Handfeuerwaffe verabfolgt werden kann. Für den Dienst in den Forts erbält die Truppe Arbeitskleider besonderer Art. Wir beab- sichtigen nun, diese vorläufige Organisation dur ein Bundesgesetz fanktioniren zu laffen, in welhem au die Kommandoverhältnifse, die Bewachung, Verproviantirung und Munitionirung sowie der bauliche Unterhalt des Forts definitiv geordnet werden sollen. Eine bezügliche Vorlage kann für 1891 in Aussidt gestellt werden.

Bezüglich des Fortgangs der Arbeiten zur Landes- befefstigung im Jahre 1890 entnimmt der „Bund“ dem Geschäftsbericht u. A. Folgendes:

An den bestehenden Befeftigungéwerken in Bellinzona und St. Maurice wurde nur das Allernothwendigste gemacht, und in Luziensteig die im Vorjahr begonnenen Reparaturarbeiten fort- geseßt. In St. Maurice wurde während der Wiederholungskurse eines der Werke entsprechend den neuen Ansihten in der Feld- befestigung umgebaut. Für die Minenkammern der Kunstbauten der internationalen Anschlußlinien wurden die nothwendigen Spreng- und Zündmittel in den zu diesem Zweck hergestellten Magazinen deponirt. Es fehlen noch einige Depots; dieselben werden aber im Frübjahre 1891 erstellt werden. Ueber die Festungs- anlagen am Gotthard wird Folgendes berihtet: Das Fort eno del Boëco war mit Anfang der Militärkurse fertig, sodaß im

erictsjahre die Truppen dasselbe bezieben und während sämmtlichen Kurfen darin kasernirt werden konnten, Das Werk ift vollständig armirt. Die Karten für den Schteßdienft in Airolo wurden im Laufe des Jahres successive, soweit dieselben jeßt \{chon gemadt werden können, fertig gestellt. Das Werk auf Motto Bartola is vollendet. Auf dem Gotthard:-Paß wurde eine Infanterie- Vertheidigung vorbereitet. Auf der Furka wurden die Felssprengungen für das Werk bei den Galen- bütten weitergeführt, die Panzerungs- und Armirungsobjekte sind bei den Lieferanten versandtbereit Die Unterkunftsgebäude für die Truppen find vollendet. Die vorgesehenen Unterkunftsgebäude auf der Overalp sind ebenfalls vollendet und die Straße nach dem Tiarmspaß erstellt. In Andermatt wurden die Spreng- und Maurerarbeiten für das eigentlihe Werk auf dem Bühl naheza vollendet. Außerhalb diejes Werkes sind noch einige Arbeiten zu maden. Die Ponzerobjekte wurden nur zum Theil montirt, da die Lieferanten im Rüdckstande blieben; deren Fabrikation wurde jedo auf tas Ende des Jabres vollendet. Der innere Ausbau des Werkes hat begonnen. Die Flankirgalerie ¿wischen Ärnerlech und Altfirhe ist vollendet; die Armirungsobjekte sind vor- handen. Die Straße nach dem Bâäzberg konnte nit ganz vollendet werden, dech verbleibt nur noch eine kurze Strecke auszuführen. Beim Bäzberg sind die meisten unterirdischen Aushübe vollendet und das Mauerwerk so weit gemacht, daß im Frübjahr 1891 die Montage der Panzerobjekte beginnen fann. Das Blodhaus auf Brückwaldboden wurde nur zum Theil ausgeführt Die Tercainaufnabmen für die Erstellung der Karten für den Swießdienst von Andermatt wurden nahezu vollendet. In Göschenen sind die Anlagen für Umladen und Tranéport der Panzerungen erstellt und benußt worden. Es baben verschiedene Shießversuche ftattgefanden zur Erprobung von Laffetirungen und Munition, sowie zur Erstellung von Schußtafeln. Von dem zur Disposition gestandenen Kredite von 3 000 000 Fr. wurden 2500 000 Fr. für die Befestigungsbauten am Gotthard verausgabt.

Niederlande.

Die Zweite Kammer hat gestern bei der Berathun des Gesegentwurfs über die Lu Heéresorganlsation die Sinn, wonach die Zahl der jährlih bei der Land- und Seemacht Einzuübenden auf 14 600 Mann festgeseßt wird, mit 52 gegen 45 Stimmen angenommen. Jn parlamen- tarishen Kreisen gelten dem „W. T. B.“ zufolge die Aus- sichten für das Zustandekommen des Gesetzes als wesentlich

gebessert. Belgien.

Ein Rundschreiben des Justiz-Ministers empfiehlt den Gemeinden, Antheile von iee feltBats für die Cr rihtung von Arbeiterwohnungen zu nehmen, unter der Vorausseßung, daß die Gesellschaften auf gehörig sicherer Grundlage stehen.

Die Regierung hat, der „Köln. Ztg.“ zufolge, einen aus verschiedenen hervorragend.in Fahmännern bestehenden Aus\chuߧ ernannt, der die Verhä tnisse des Hafens von Antwerpen und der Schelde untersuhen und die ver- schiedenen Vorschläge zur Erweiterung des Hafens und Verbesse- chng der Schelde prüfen soll, damit diese immer mehr drängende

age ihre Lösung finde. Die bereits ernannten Mitglieder sollen no durch zwei Vertreter der Stadt Antwerpen ergänzt werden,

und diese zu ernennen ist die Stadtverwaltung von dec Re- ierung bereits aufgefordert . worden. Der Vorsiß des Aus- {usses ist Hrn. V. Jacobs angetragen, und General Brial- mont soll besonders die Frage der Vertheidigung des Platzes ins Auge fassen.

Rumänien.

Bukarest, 22. Mai. Der erste Fesitag des 25jährigen Regierungs-Jubiläums des Königs ist glänzend ver- lauf, Aus allen Landestheilen war die Bevölkerung in die geshmüdte Stadt geströmt. Nah der Truppenparade fand Empfang des diplomatischen Corps, der geseßgebenden Körper- schaften, sowie der Behörden statt. Abends war Galadiner. Die ganze Stadt war illuminirt.

Die „Wiener Abendpost“ hebt anläßlih des Regierungs- Jubiläums die Verdienste des Königs und der Königin, sowie die Sympathien des Beherrschers von Desterreih- Ungarn und der österreihis\ch- ungarischen Völker für den König, die Königin und die Bevölkerung von Rumänien hervor.

Bulgarien.

Sofia, 22. Mai. Die Prinzessin Clementine von Sachsen-Coburg ist von hier nah Ebenthal abgereist.

Der Minister des Auswärtigen Grekow und die au s- wärtigen Vertreter statteten dem rumänischen Ge- shäftsträger einen Besuch ab, um demselben Glü ck- wünsche zum Regierungs-JFubiläum des Königs Carl aus3zusprechen. :

Der „Agence balcanique“ zufolge find bedeutungslose, in einigen Ortschaften des Bezirks Tartar-Bazardzik an der türkishen Grenze vorgekommene Unruhen darauf zurück- zuführen, daß daselbst wohnende Pomaken die Bezahlung der Schafsteuer verweigerten und den Steuereinnehmer, fowie den ihn begleitenden Gendarmen angriffen; das vom Präfekten des- halb requirirte Bataillon Truppen wurde von den in den Häusern versteckten Einwohnern mit Schüssen empfangen, welche die Truppen erwiderten. Ein Pomak wurde getödtet und ein Gendarm verwundet. Die Ordnung is bereits wieder her- gestellt und eine Untersuhung eingeleitet. Der an Ort und Stelle entsendete Sekretär des türkishen Kommissariats in Philippopel und ein bulgarisher Major werden feststellen, ob die unbotmäßigen Ortschaften zu türkishem oder ostrumelishem Gebiet gehören.

Schweden und Norwegen.

(F) Christiania, 18, Mai. Der Gedenktag der Vereinigung Norwegens mit Schweden wurde gestern in feierliher Weise begangen. Alle öffentlihen und viele private Gebäude hatten geflaggt, und von den Seebatterien wurde salutirt. Am Vor- und Nachmittag bewegten \ih mehrere Festzüge durch die Straßen; alle wurden jedo mehr oder weniger durch hestige Hagelshauer und Regen beeinträchtigt. Der Zug der Schulkinder am Vormittag Ne viele Tausende und war von vier Mufikcorps begleitet; dagegen war der Zug der „Mäßigkeits- freunde“ nur wenig zahlreich. / Der offizielle Aufzug hatte auch keinen großen Anschluß gefunden. Professor Morgenstierne hielt die Festrede. Besondere Aufmerksamkeit erregte ein Arbeiterzug, dem zwei große weiße Fahnen mit der Jnschrift : „Allgemeines Wahlrecht!“ voraufgetragen wurden. Der Zug machte vor der Amtswohnung des Staats-Ministers

teen Halt und entsandte eine Deputation zu dem Minijter, welche ihn um die Durchführung des Programms der Liberalen und die Einführung des allgemeinen Wahlrechts ersuchte. Staats-Minister Steen erwiderte in kurzen Worten: er hoffe und glaube, daß diese Reform werde durchgeführt werden, da sie den Forderungen der Entwickelung entsprehe. Dann ging der Zug nah einem Plaß außerhalb der Stadt, wo nah mehreren Reden von Arbeiterführern eine Resolution für das allgemeine Wahlrecht angenommen wurde. Am Abend fanden verschiedene Festversammlungen statt.

Der Direktions-Assistent Jngenieur Didrikson wird als Vertreter der norwegischen Staatseisenbahnen an der Eisen- bahn-Konferenz theilnehmen, welche am 22. d. in Ham- burg zusammentritt, um wegen eines erweiterten direkten Verkehrs zwischen den skandinavishen Ländern und Deutsch- land zu verhandeln.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Gegenüber Meldungen des „New-York Herald“, welhe den physishen und geistigen Zustand des Staatssekretärs Blaine als sehr geshwächt be- zeichnen, erfährt „W. T. B.“ aus Washington, daß nah der Erklärung seines Arztes das Befinden Blaine's zu keinen Befürchtungen Anlaß gebe und seine Wiederherstellung in kurzer Zeit ju erwarten sei.

General Harrison E eine Proklamation erlassen, wo- durch 1 600 000 Acres auf der Jndianer Reservation Fort Berthold in Nord-Dakota der allgemeinen Ansiede- lung freigegeben werden.

Ueber eine in der Bildung begriffene dritte politische Partei wird der „A. C.“ aus Cincinnati vom 20. Mai berihtet: Die hier tagende „nationale Unionkonferenz“, welher 1500 Vertreter der einzelnen amerikanischen Arbeitervereine und des Farmerbundes beiwohnen, nahm heute die folgenden Beschlüsse an: „1) Daß die Zeit ge- kommen sei für die Bildung einer Volkspartei in den Ver- einigten Staaten. 2) Daß die freie Silberprägung und die Ausgabe von Schagamtsnoten statt der Nationalbanknoten zu fördern sei. 3) Daß die Regierung Geld zu 2 Proz. Zinsen auf nit der Verderbniß ausgeseßte Erzeugnisse der Farm und der Werkstatt herleihen „sollte. 4) Daß Gesetze erlassen werden sollten, wonach Ausländer niht Eigenthümer von Land in den Vereinigten Staaten sein dürfen.“ Weitere Beschlüsse verlangen, daß die Regierung eine Aufsiht über die Eisenbahnen aus- üben foll. Werden die bestehenden Mißbräuche nicht abgeschafft, so soll der Staat die Bahnen erwerben. Die republika- nishen und demokratischen Parteiführer zollen den Ver- handlungen große Aufmerksamkeit, da das Austreten einer dritten Partei bei der nächsten Präfidentenwahl von Bedeutung sein würde.

Chile. Nach einem über New-York eingegangenen Wolff'shen Telegramm aus Jquique vom 22. d baben die Kriegsschiffe der chilenishen Regierung „Jmperial“, „Almirante“, „Condell“, „Sarjento“ und „Aldea“ 200 Mann in Taltal gelandet und diese darauf das Zollhaus, welches bisher von den Truppen des Kongresses besetzt gehalten wurde, gestürmt.

Argentinien. Aus Buenos-Aires wird dem „R. B,“ vom 21. d. berichtet, daß in der Provinz Cordoba n aus- gebrochen waren, denen indessen nur ein lokaler Charakter beizu-

legen sei. Die Regierung habe sofort genügende Truppen - verstärkungen nach der Provinz abgesendet. Eine Ausbreitung der Bewegung werde niht befürhtet. Nah weiteren Meldungen von gestern ift die Verbindung mit der Provinz Cordoba wieder hergestellt. Die Regierung hat die Unruhen unterdrüdckt, doch dauerte der Kampf bis zum 22. d. M. fort. Einzelheiten über denselben fehlen. Die National- regierung von Buenos-Aires brachte bei dem Kongreß einen Geseßentwurf ein, nah welchem ein fünfjähriges Moratorium für die Provinzialbank verlangt wird. Afrika. :

Die Londoner „Times“ erfährt über Marseille und San- sibar, daß arabisheSklavenhändler am Tanganyika- See einen Landstrih mit einer Bevölkerung von 10 000 Ein- wohnern durch Mord und Brand vollständig entvölkert und eine große Zahl der Ueberlebenden in die Gefangensd aft ge- \s{leppt hätten.

Congostaat. Durch die thatkräftige Unterstüßung des Königs der Belgier ist in den leßten Jahren das Cong o- bedcken so gründlih durchforsht worden, daß man heute alle wichtigeren Zuflüsse des Congo bis auf zwei, welche zwischen den Fällen und Nyangue, dem Mittelpunkte des arabischen Handels, dem Congo zuströmen, kennt. Dagegen sind die

Quellen des Congo, das Land, aus welhem er entspringt, ganz unbekannt. „Dieses hydrographische Räthsel“, \{hreibt man der „Wes.-Ztg.“ aus Brüssel, „will die englisch - belgishe Katangagesellshaft

lösen und hofft das Unternehmen in zwei Jahren zu Ende zu führen. Drei Forshungs-Expeditionen, welche von verschiedenen Punkten aus vordringen, sind aus- gesendet worden. Die erste, von dem afrikakundigen Belgier Delcommune geleitete Expedition befindet sich schon an Ort und Stelle und dringt von Norden aus über den Lomami- strom in das Unbekannte vor. Die zweite Expedition führt der englishe Kapitän Stairs, der Begleiter Stanley's auf dem Zuge nah Wadelai, welcher den Ruwenzori des Mondgebirges erstiegen hat. Der belgishe Lieutenant Bodson, welcher sich schon in der Fallsstation bewährt hat, ist ihm bei- gegeben. Diese Expedition hat am 11. d. M. London ver- «assen, geht nah der Ostküste und soll vom Tangan jikasee aus vordringen. Die dritte Expedition, welhe der bewährte Congoreisende, der belgische Lieutenant Bia führt und aus belgishen Offizieren, dem Genter Naturwissenschaftler Cornet, einem Arzte u. #. w. besteht, ist am 18. d. nach Afrika abgedampst, um über den Congo und Sankuru vorzu- dringen. Mit berechtigter Spannung sieht man in den weitesten Kreisen dem Vormarshe und den vereinten Bemühungen dieser drei gut ausgerüsteten Expeditionen ent- gegen.“ Nach der neuesten soeben veröffentlichten statistischen ena in der belgischen Zeitschrift „Le Mouvement .

éographique“ betrug am 31. Dezember 1890 die Zahl der im Congostaate lebenden Fremden 744 gegen 430 im Vor- jahre und gegen 254 im Jahre 1886. Von diesen 744 Fremden waren 677 Europäer, 15 Amerikaner, 50 Afrikaner (Egypter, Türken und Araber) und 2 Jnder. Die große Mehrzahl der 677 anwesenden Europäer waren Belgier, nämlih 338, dann folgen die Engländer mit 72, die Jtaliener mit 63 u. \. w., die Deutschen mit 6 Personen. 271 der Fcemden standen im Dienste des Congostaats, 74 waren Missionare. Die Fremden find auf 40 verschiedene Orte vertheilt, die meisten wohnen in Matadi (169), in Boma (159), in Leopoldville (82) und in Banana (73), auf die übrigen 36 Orte kommen nur je 18 bis 2 Fremde.

Nr. 20 der Veröffentlihungen des Kaiserlihen Ge- sundheitsamts vom 20. Mai hat folgenden Inhalt: Gesund- heitsftand. Mittheilungen über Volkskrankheiten. Medizinal- und Sanitätswesen des Reg.-Bez. Wiesbaden 1886/88. Sterbefälle in deutshen Städten von 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutsHen Stadt- und Landbezirken. Sanitätsverhältnisse des österrcih-ungariswen Heeres 1890, 2. Halb- jahr. Sterblichkeit im Staate New-York 1890. Desgl. auf St. Thomas 1889, Witterung. Grundwasserstand und Boden- wärme in Berlin und München, April. Zeitweilige Maßregeln gegen Volkskrankheiten. Thierseuhen in Ungarn, 31. Dezember 1890 bis 2, April 1891. Desgl. in den Niederlanden, Medizinalgeseßgebung u. \, w. (Preußen ) Eiserne Oefen in Schulen. (Reg.-Bez. Oppeln.) Ansteckende Krankheiten. Gassen's Kunst- kaffee. (Reg.-Bez. Merseburg.) Anzeige bei Thierseulßen. (Oesterrei. Kärnten.) Todtenbeshau. Reetsprehung. An- kündigung von Beilagen. Vermischtes. (Preußen, Bavern, Baden.) Fleishkonsum und Fleishbeschau. (Preußen. Berlin.) Getrocknete Morcheln und Champignons. (Sacsen. Amt8hauptmannschaft Dresden-Neustadt.) Diphtherie. Geschenkliste, Beilage. Ge- richtlihe Entscheidungen über Fische.

Land- und Forftwirthschaft.

Aus Kairo gehen uns folgende Mittheilungen zu: Jn manchen Theilen Egyptens haben fsich große Züge von Wanderheuschrecken gezeigt. Jndessen sind die hier und da aufgetretenen Besorgnisse, daß dieselben der diesjährigen Ernte verderblih werden würden, unbegründet. Einerseits er- schienen die Heushrecken zu einer Zeit, in welcher sie weder dem Getreide noch den Baumwollpflanzungen großen Schaden zufügen Tonnten; andererseits wurden fie von den für die Jahreszeit außergewöhnlih heißen Wüstenwinden weitergetrieben, ohne das sie sich hätten festseßen und ihre Eier in den Boden legen önnen.

Die egyptishe Regierung hat übrigens, um jede Gefahr abzuwenden, strenge Anweisungen an ihre Behörden erlassen und namentlih angeordnet, daß der Vernihtung der Eier be- sondere Sorgfalt zugewendet werde.

Theater und Musik,

Königliches Opernhaus.

Gestern, „an dem Geburtstage Richard Wagner's, ging „Lohengrin* in neuer Ausstattung und neu einstudirt in Scene. Die neue Ausstattung rechtfertigte sich gewiß voll- kommen dadurch, daß mehr als dreißig Jahre vergangen sind, seitdem „Lohengrin®* in dem Gewande ershienen, welhes bis jeßt im Gebrau war. Eine sehr erheblihe Umgestaltung hat indeß der erste Akt mit dem Scheldeufer und der dritte mit dem Brautgemah nicht erfahren. Die im Ganzen nur geringen scenischen Abänderungen und Gruppirungen werden immerhin als willkommene Verbesserungen begrüßt werden dürfen. Ein gänzlich verändertes Gesicht hat aber der zweite Akt erhalten, und, wie man ohne Weiteres zugestehen kann, ein gegen früher außerordentlich vor- theilhaftes,. Die Burg ist tiefer in den Hintergrund ge- treten, sie wird mit der nunmehr rechts liegenden Kemenate- durch eine \{chräg über die Bühne führende Brüte ver- bunden, über welche fortan Allen sichtbar der Hochzeitszug führt ;

L L - eut Far 2 O Ph 0 E