%
genommen wurde. Die Regierung hat, dem „W. T. B.“ zufolge, nunmehr ficher eine Majorität. Niederlande.
Die Königin und die Königin-Regentin trafen am Sonnabend Vormittag kurz vor 11 Uhr in Begleitung einer Flottille von 60 Dampfern in Rotterdam ein. Die Königin Wilhelmine hielt nah der Ankunft eine Parade über die Truppen ab und legte hierauf einen Gedächtnißstein am „Quai Wilhelmine“. Später machten die Majestäten eine Fahrt dur die Stadt in offenem Wagen, besuchten die Ge- máälde- Ausstellung, die öffentliche Erzieherinnenshule und den Zooloagishen Garten und seßten um 5 Uhr die Weiterreise noch Schloß Loo fort.
Griechenland.
Jn Athen eingetroffenen zuverlässigen Nachrichten aus Korfu zufolge herrsht dort die Besorgniß, die Unruhen möchten sich wiederholen, wenn das Ergebniß der Unter- suhung wegen der Ermordung des Mädchens bekannt würde. Die Regierung trifft daher entsprechende Maßnahmen und beabsichtigt, die Garnison zu verstärken. Vorläufig herrscht jedoch tiefite Ruhe.
Rumänien.
Bukarest, 31. Mai. Der König hat laut Meldung des „WT D. alt ven Minister-Präsidenten ein S chreiben gerichtet, worin er denselben beaufiragte, allen Denen zu danken, welhe anläßlih seines Jubiläums ihm Beweise der Liebe und Ergebenheit geliefert hätten. Diese Beweise seien eine Entshädigung für seine dcr Hebung des Vaterlandes während eines Vierteljahrhunderts ge- widmete Arbeit, sie seien ein Beleg für die mättigen Bande, welche Volk und Dynaftie einigen. Das Echo, welhes das Jubiläum im Auslande gefunden, beweise, daß das Aus- land mit Vertrauen und Sympathie sehe, daß das monarchische Prinzip in Rumänien Wurzel fasse.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (92.) Sißung des Hauses der Ab- geordneten, welcher der Präsident des Staats: Ministeriums, Reichskanzler von Caprivi, der Vize-Präsident des Sîaats- Ministeriums, Staats-Minister Dr. von Boetticher, der Minister des Jnnern Herrfurth, der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlep\ch, der Finanz-Minister Dr, Miquel und der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden beiwohnten, gab vor Eintritt în die Tagesordnung der Präsident des Staats-Ministeriums, Reichskanzler von Caprivi die heute oben an erster Stelle unter Berlin mit- getheilte Erklärung ab. i
Die Abgg. Rickert und von Eynern bedauerten, in eine sofortige Besprehung dieser hohwichtigen Erklärung ge- \häftsordnungsmäßig nicht eintreten zu können.
Abg. Richter verlangte die sofortige Besprechung.
Der Präsident von Köller sowie die Abgg. Graf zu Limburg-Stirum und Dr. Freiherr von Heereman hielten dies nah der Geschäftsordnung für unzulässig ; dagegen sagte der Präsident zu, die Rede des Reichskanzlers sofort drucken und zur Vertheilung gelangen zu lassen.
Auf der Tagesordnung stand die Berathung des vom Herren- hause in abgeänderter Fassung zurückgelangten Entwurfs einer Landgemeindeordnung für die sieben östlichen Provinzen der Monarchie.
In der Generaldiskussion bemerkte Abg. von Meyer (Arnswalde), daß das Gesez durch die Aenderungen des Herrenhauses zwar verbessert worden sei, daß er aber gleich- wohl gegen das ganze Gesey noch Bedenken habe.
Jn der Spezialdiskussion wurde §. 1 ohne Debatte an- genommen. l
8. 2 hat im Herrenhause am Schluß den Zusatz erfahren:
„Wird eine leistungëunfähige Gemeinde einem leistungsfähigen Gutsbezirk zugelegt, so bleibt Letzterer als solcher bestehen.“
Hierzu beantragten die Abgg. von Dziembowski und Ge- N hinzuzufügen: „sofern der betreffende Gutsbesißer dies zantragt“.
Der Minister des Junnern Beer fuvty gab zu diesem Antrage seine Zustimmung und erklärte auf Anfrage des Abg. Rickert für leistungsunfähig diejenigen Gemeinden und Guts3- bezielo, die öffentlih:rehtlihe Verpflihtungen niht erfüllen önnen.
Ein Antrag des Abg. Hansen wurde während der Dis- kussion zurückgezogen, der §. 2 mit dem Amendement von Dziem- bowski angenommen.
, 3 bis 12 wurden unverändert angenommen.
Bei 8. 13 gab auf Anfrage des Abg. von Bey Lenrans und der Lasa der Minister des Jnnern Herrsurth die Er- klärung ab, daß die bisherigen Censiten unter 300 M. bei der ersten Versammlung mitbeschließen sollten. :
Nach kurzer Debatte, an der noch die Abgg. Dr. Freiherr von Heereman, Freiherr von Huene und Dr. Krause ih betheiligten, wurde 8. 13 unverändert angenommen, ebenso die 88. 14—48. (Schluß des Blattes.)
— Die Wegeordnung für die Provinz Sahsen ist nah der „Nat.-Ztg.* von der mit der Vorberathung betrauten Kommiision des Hauses der Abgeordneten auch in zweiter Lesung unver- ändert nàá& den Beschlüssen des Herrenhauses angenommen worden. Sämmtliche Abänderungsanträge wurden abgelehnt.
Mannigfaltiges.
Die grcße Vorführung von Rettungsübungen, welche ._ die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger gestern Nachmittag auf dem Wannsee veranstaltete, batte zahlreiche Scaulustige herbeigelockt. Unmittelbar am Ufer, rechts vom großen Steg erhob sich der vom Tapezierer Wiedemann aufgestellte Kaiser- Pavillon. Vier von Laubgewinde umzogene Masten trugen den mit versishen Teppichen belegten weißen Baldawin, auf dem der preußische Adler angebraht war. Auch die Brüstungen und der Fußboden waren mit kostbaren Teppichen belegt. Oben an den Masten waren Rettungs8- ringe und Riemen (Ruder) angebracht, und von den Masten herab wehten Ständer der Gesellschaft zur Rettung Schiffbrühiger und die Flaggen fremder Staaten. An den Kaiser-Pavillon {lossen sich rech18 die Tribünen für die geladenen Damen. Das ganze Ufer war mit Flaggenmasten geschmüdckt, auf dem groben Signalmast wehte der Stander des Wannseeklubs. Au das Seglerhaus selbst war rei mit Flaggen, Nettung8ringen und dergleichen verziert. Die Zille, welche das gefährdete Schiff vorstellen solite, war eiwa 165 m weit vom Ufer inmitten des Sees vor Anker gelegt. An Rettungs» apparaten waren zur Stelle ein großer MRaketenapparat, der aus Bremen herbeigeschafft war, sowie ein ganz neues Rettungéboot modernster Bauart aus Wellblech und mit Selbstentleerung8vorrihtung versehen. Das Boot ist in Bremen erkaut und für die Station Pillau bestimmt. Zur Bedienung der RettungLapparate roaren elf Mann der Mannschaft der Station in Travemünde bestimmt worden. Sie standen unter der Führung der Gebrüder Nicolaus und Heinrih Grabau, von denen der Erstere den Naketen- apparat, der Litztere das Rettungsboot unter sich hatte. om Marine-Detachement der hiesigen Admiralität waren zehn Matro’en und ein Soldat des See-Bataillons unter Befehl des Ober-Steucrmannsmaats Korthaus zur Uebung abgeordnet. Aus ihren Reihen war au die „Mannschaft“ des gefährdeten Scifffes ausgewählt; zwei der Matrosen standen am Signalmast zur Be- dienung des Flaggensignals. Die Oberleitung der ganzen Veranstaltung lag in der Hand des Kapitäns Pfeiffer, des Ænspektors der Gesell- haft. Neben dem Seglerhaus war die Wannsee-Flottille vor Anker gegangen. Alle Yachten waren rei ausgcflaggtz auf dem Polborn- {wen Bootéplaß sammelten sch die Ruderer, um hier ihre Boote zu besteigen und alsdann an der Bahnhofss-ite des Sees Aufstellung zu nehmen. Der See selbst war abgesperrt. An der Absperrungs- linie hielten ¿zwölf dichtbeseßte Dampfer. Als Orcdonnanzboote waren auf dem See die Motoren - SchneUbootie der Aktien- gesellshaft für automatischen Verkauf. Das eine dieser Boote ertwidckelte eine Fahrgeshwindigkeit von zwölf Knoten. Die Mannschaften keider Boote waren mit einem neuen automa- tishen Rettungsring ausgerüstet, welcher sich erst aufbläht, sobald er mit dem Wasser in Berührung kommt. — Auf dem Plaß vor dem Seglerhaus sammelten sich ‘inzwis@en die Mitglieder der Gesellshaft und die geladenen Ehrengäste, unter denen sih der Staats-Minister Dr. von Boetticher, der Präsident des Reihs- Snvalidenfonds Dr. Rösing, der Kapitän zur See Mensing, der Chef der Central-Abtheilung des Generalstabes Dberst von Goßler u. A befanden. Ein Salutschuß kündigte das Erscheinen des Kaiserpaarcs an. Unmittelbar darauf ertönte als Gegengruß jener eigenartig \{rille, an den Schrei cines Clepbanten erinnernde Pfiff des Torpedovoots, das alsbald mit der Kaiserflagge am Topp um die Ecke der Karß bog. Seine Majestät der Kaiser \tand in kleiner Marineuniform und mit der weißen Müße am Heck. Im Allerhöchsten Gefolge
waren der Chef der Admiralität Frhr. von der Golÿ, der Staatssekretär des Reichs-Marineamts Hollmann, die Admirale Karcher und Freiherr von Holleben, der Kapitän zur See Sack und die dienstthuenden Flügel - Adjutanten Freiherr von Seckendorfff und von Lippe. Geführt wurde das Boot von Lieutenant Gckermann. In kurzem Abstand folgte die Kaiserliche Yacht „Alexandria“, an deren Bord Sich Ihre Majestät die Kaiserin mit den drei ältesten Prinzen befand. An Bord der „Alexandria* befanden sich ferner Seine Hoheit der Herzog Ernst Günther zu Eúlesmig-Polliein Seine Dur@&lau@t der Erbprinz Reuß þ L, mit Gemahlin und zahlreiche andere Damen und Herren der Hofgesellshaft. Es folgten alsdann noch ein Dampfer mit dem Offizier-Corps der Potsdamer Garnison, der die Musik der Garde- Ulanen an Bord genommen hatte ; ein Dampfer mit den Spandauer Offizieren, . gleichfalls mit Musik, und zwei Dampfer mit den Pots- damer Kadetten. Als beide KaiserliGen Dampfer an der Zille vorüber waren, wurde vom Ufer aus, in_ einer Ent- fernung von 210 m, die Rakete abgeshossen, die mit Sicherheit das gefährdete Boot traf. Die Kaiserdampfer waren nanmehr an der Westseite des Sees vor Anker gegangen, und das Rettungswerk nahm seinen Fortgang. Nachdem auf dem gefährdeten Schiff das dur die Rakete entsandte Iölltau am Mast unter der Sahling befestigt war, wurde am Lande das starke Rettungstau an dem Lauf des Jölltaus befestigt und vom Lande aus an Bord gezogen, mo es um 3 Uhr 58 Minuten erfaßt werden konnte. Um 4 Uhr 17 Minuten war die Boje am Bord und nunmehr begann das für die Zuschauer interefsanteste Scausptel. Der Matrose Maäusling stieg mit beiden Beinen in die Hosensäcke der Boje ein, hielt ih mit den Armen an dem Ring der Boje fest, und in s{hneller und gefahrloser Fahrt ging es zuerst dur die Luft, dann, als die Last der beseßten Boje immer mehr auf das Tau dröckte, durch das Wasser herüber an das rettende Land, wo der „Sciffbrüchige“ um 4 Uhr 194 Minuten unter dem Hurrah der vieltausendköpfigen Menge anlangte, um sofort troß seiner triefenden Kleider an dem weiteren Rettungswerktheilzunehmen. Die Boje wurde sofort zurückgeleitet, und um 4 Uhr 22 Minuten war der zweite der Schiffbrüchigen, der Seesoldat Klose, glücklich „gereitet“. Nunmehr ging es zum Nettungtboot „Düsseldorf“. Um 4 Uhr 24 Minuten war das Boot klar, die L legte die Rettung8gürtel an, die Taue, die das Boot an der fahbrbaren Leiter hielten, wurden gelöst, und unter erneutem Hurrah stieß das Boot um 4 Uhr 26 Minuten von der Leiter herab in den hoh aufsprudeln- den See. In der Nähe des gefährdeten Schiffes wurde der Anker ausgeworfen und das Boot festgelegt, um cin Zerschellen des Bootes an der Bordwand des Shhiffcs zu vermeiden. Langsam näherte man sich dann dem Stif, und um 4 Uhr 29 Minuten war au der dritte der gefährdeten Mannschaft, der Matrose Karb, im sihern Boot, das 4 Uhr 30 Minuten den Anker lihtete und nach zwei Minuten ans Land stieß. Damit war die Rettungsübung beendet, und die Nuderer rüfteten sich zur Auffahrt. Dabei ereignete si ein kleiner Unfall, indem der Polizeidampfer ein Vierer-Gigboot der „Union“ übcrfuhr, jedoh konnte sich die Mann- schaft des Bootes noch ans nahe Land retten. Als Bahn zur Aufs fahrt wurde die schmale Wasserfläche zwischen den beiden Kaiserlichen Dampfern gewählt. Unter lautem „Hip-Hip-Hurrah“ befuhren über 30 Boote die Babn, zuerst die Skiffs und Skuller, dann Zweier, Vierer und zuleßt die Achter, unter ibnen au ein \chneidiges Rennbeot. Die Allerhöchsten Herrschaften begrüßten die Ruderer aufs Freundlihste. Nachdem die Auffahrt beendet war, entbot Seine Majestät der Kaiser das auf dem Ordonnanzboot be- findlide Auss{ußmitglied Paul Leist zu sh und beauftragte ihn, dem Vorsißenden der Gesellschaft, Konsul Meier-Bremen, ' den herz- licgen Dank für die große Mühberoaltung und den Herren des Segler- hauses die - Anerkennung tür die reiche Auss{müdckang auszu- sprehen. Dann, um 4} Uhr, wurden die Anker ge- lihtet; tas Torpedobooi fuhr, während die Musikkapellen die Nationalhymne anslimmten, sofort nach Potsdam, die „Alexandria* aber mate zunächst am Bahnsteg Halt, um den Herzog Ernst Günther und die Erbprinzlih Reußischen Herrschaften aus- zuseßen, die zu Wagen nach Potédam zurückkehrten. Der Kaiserin wurde hier noch von einer mit Trommlercorps anrückenden Potédamer Sgule eine Huldigung dargebracht. Dann folgie die „Alexandria“ nach Potsdam.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Stuttgart, 1. Juni. (W. T. B.) Wie der „Staats- Anzeiger für Württemberg“ meldet, zeigte sich bei dem Könige, nachdem die beiden leßten Tage durchaus zufrieden- stellend verlaufen waren, in der lezten Naht wiederum Fieber, in Folge dessen Seine Majestät genöthigt ist, wieder im Bett zu bleiben. v
(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
E —__S_ R —————————————
Wetterbericht vom 1. Juni, Morgens 8 Uhr.
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Stationen. Wind. Wetter.
Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeres\p red. in Millim
Temperatur _ | in % Celsius
bedeckt Nebel
Mullaghmore | 757 |SO noch fortdauern.
Aberdeen . . | 763 |OSO
e D De e n e m vor- wiegend heiter und trocken bei durhschnittlich wenig
veränderter Temperatur, im Binnenlande ist stellen- Der verlorene Sohu. weise etwas Regen gefallen. In Oesterreich fanden Sohn a Dumas ne et O im E iz
sten zahlreihe Gewitter statt; au emniy un : i:
Kassel hatten gestern Gewitter. Unter dem Einfluß von C. Bestein. Vorher: Zum 4. des hohen Luftdruckes im Norden dürfte das vor- wiegend heitere Wetter mit Erwärmung zunächst
Sommer-Preise: Parquet 3 4 Großes Garten-Concert.
Deutsche Seewarte. Mittwoch und die folg. Tage:
09 [5 =49R.
Christiansund | 766 |NO Kopenhagen . | 765 |OND Stolcktholm . | 767 Haparanda . | 769 Petersburg . | 766 Moskau... | 7583 Cork, Queens- o (1% 4706 Bf i a C M Srlt 764 Qua... | (783 Swinemünde | 763 Neufahrwasser| 761 Memel ... | 760 S IUeY, :« | TOL Karlsruhe. . | 760 Wiesbaden . | 761 heiter München . . | 762 ill halb bed. Chemniy .. | 761 wolkig!) Wen «e ¿e COL halb bed. Wien .….. | 760 | bedeckt Breslau... |_760 halb bed. Ile d'Aix .… | 755 (6 bedeck1 Iizia .... | 761 til [Dunst STIET » ¿61 400 il |wolkenles
1) Gestern Nahm. Gewitter.
; Uebersicht der Witterung. Gin barometrisches Maximum von 770 mm liegt
Nebel beiter wolkenlos heiter beiter
pumk pu I
bi b O P D E bd Pck
von G. Verdi.
halb bed, wolkenlos
pentos | 12 | gnale
roolkenios balb bed.
O D D S 5 I L d jd D O
wärts nah der Alpengegend entsendend ; Depressionen lagern vorm Kanal und im Nord-Osten des Schwarzen
M P r T e rere ag Ae Terr erden g
I A E B E T E A O E:7 Theater-Anzeigen. Königlihe Schauspiele.
heiter 3 | deuts von Adolf Strodtmann. bededckt vom Ober-Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr. Mittwoch; Opernhaus. 139. Vorstellung. Flick und Flock. Komisches Zauber-Ballet in 3 Ukten Dunst und 6 Bildern von Paul Taglioni. P. Hertel. Anfang 74 Uhr. ; Shausvielhaus. Herr. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernst von Wildenbruch. Anfang 7 Uhr.
Deutsches Theater. Dienstag: Die Kiuder bei der Excellenz. Arfang 7 Uhr. E,
Mittwoch : Faust, L. Theil.
Donnerstag: Der Weg zum Herzen.
Die näâcste Aufführung von König Heinrich der Vierte findet am Freitag statt.
Berliner Theater. Dienstag: Der Veilchen- über dem Bottnishen Busen, einen Ausläufer süd- | frefser. Anfang 74 Uhr.
Mitiwoh: Der Hütteubesitzer.
Donnerstag: Der Hüttenbefitzer.
Sohn. Vorher: Das Modell.
Dienstag: Nanon.
Für die
145, Vorstellung. Kronprätendenten. | von. Douglas.
auf der Themse.
—
Musik von 146. Vorstellung.
Täglih: „Großes p brillanter
Belle-Alliance-Theater.
der Residenz) : M Auftreten sämmtli. Spezialitäten.
Modell. Lustspiel in 1 Akt von G. Cohniß.
Der verloreue
Friedrich - Wilhelmstädtisches Dienstag: Opern- | 3 Akten von F. Zell und Ol Wene, Musik von L bedeckt haus. 138. Vorstellung. Othello. Oper in 4 Akten | Richard Genée. jette Text von Arrio Boito. Nebel deutsde Bül, ne übertragen von Max Kahlbeck. In Scene ge}\eßt vom Ober-Regisseur Teßlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 Uhr. *
S chauspielhaus.
Vicvetbolt2- i Die Zum ersten | Geheimniß. Engl. Sensat -Drama in 8 Bildern
Historishes Schauspiel in 5 Aufzügen von H. Ibsen, | 1 ley-R ita e L Dar iidiffe und Boote i istorishes Schau]ptel in zügen . Îbsen, e j ürl. i oote t Fn Scene geseht | auf natürl, Wasser, Natürl. Regen. 2) Nacbtbild | Verehelicht: Hr. Wsiftenzarit Dr. Oskar Seyffert
Kroll's Theater. Dienstag: Gasispiel von zx. Marcella Sembrih. Lakme.! (Lakme: Fr.
MeE ene Scmbrih ; Gerold: Hr. Birrenkoven.)
Mitiwoh: Der Waffeuschmied.
Donnerstag : Gastspiel von Fr. Marcella Sembrih.
Concert* im Sommergarten,
elektrischer
desselben. Anfang 5ck, der Vorstellung 7 Uhr.
Wallner-Theater. Dienstag: Zum 4. Male: mination des ganzen Garten-Etablissements. Anfang
Musikalishes Schauspiel — ohne Worte — in 3 Akten von Michel Carré Mask von A. Wormser. Pierrot: Helene Odilon als Gast.
des Concerts 6 Ubr. Anfang des Theaters 74 Uhr. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung. Der junge
Concert-Flügel Adolph Ernst-Theater. Dienstag : Keine Male: Das | Vorstellung. n Mittwos : Ensemble- Gastspiel der „Münchener“. A ge Me RI von Ammergan. Anfana L. Donrerstag : Dieselbe Vorstellung.
Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes - Ausstellungs - Park (Lehrter Bahnhof).
O A Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglih Vorstellung im p wissenschaftlihen Theater. Näheres die Anschlag-
Fm prachtvollen Park: Große Militär-Concerte.
Auftreten von Gesangs- und Instrumentalkünstlern,
Mittwoch: Dieselbe Vorstellung. Sonnabend A L an Tage: Ein dunkles Verlobt: Frl. Anna von Lenthe mit Hrn. Fre-
Familien-Nachrichten.
derick Frhr. von Dörnberg (Lenthe—Lauenau). — Frl. Laura Kreßner mit Hrn. Reg.-Assessor Stiller (Berlin—Posen).
mit Frl. Amalie Esperstedt (Berlin), — Hr. Frit von Zollikofer-Altenklingen mit Frl. Louise Wollank (Werlin). — Hr. Oberst-Lieut. vou Wiwtendorff mit Ädine Gräfin Bafsewitz (Perlin).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Landrath Bredt (Uelar). — Eine Tochter: Hrn. Bankier Friedrich von Einem (Reichenbach i. Schl.).
Gestorben: D R. van Sintruyen (Weimar). — Hr. Major Hugo Gaede (Ulm).
Redacteur: - Dr. H. Klee, Direktor. Berlin:
Verlag der Expedition (Scholz).
Beleuchtung
Dienstag: Zum | Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verla 16. Male: Tricoche und Cacolet. Posse in i s ge 5 Aufzügen von Meilhac und Halévy. Im prachtvollen, glänzenden Sommergarten (vor- nehmstes und Gron Is Sommer-Etablissement roßes Militär-Doppel-Concert. | uud der Sommer - Fahrplan für den Bezirk
Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen
(eins{ließlich Börsen-Beilage), (9404)
Brillante Illu- ! der Königl. Eiseubaghn : Direktion Hauunover.
Erste Beilage
zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.
2 126.
Berlin, Montag, den 1. Juni
1891.
I —————————__
Haus der Abgeordneten. 91. Sißung vom Sonnabend, 30, Mai.
Der Sitzung wohnen der Minister der öffentlichen Arbeiten von Maybach und der Finanz-Minister Dr. Miquel bei.
Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Erweiterung, Vervoll- Can G und bessere Ausrüstung des Staats- Eisenbahnnegzes.
Im 8§. 1 I. werden 36 008 000 6 zum Bau neuer Bahnen
unv zur Beschaffung von Betriebsmitteln für dieselben gefor- dert und zwar 1) für eine Eisenbahn von Fordon nah Schönsee die Summe von 12 347 000 /( Die Budget- Kommission beantragt die Bewilligung. Diese Bahn sol als Vollbahn ausgebaut werden, sie bildet die naturgemäße Fortseßung der Zweigbahn Bromberg- Fordon und soll in ulmsee an die Linie Thorn—Marienbur und in Schönsee an die Linie Thorn—Jnsterburg Anschlu erhalten. Für die neue feste Ueberbrückung der Weichsel find 9 800 000 #6 erforderlih, von welchen jedoch das Reich mit Rücksiht auf die militärishe Bedeutung dieses Stromüber- ganges 60 Proz. zuschießt. ___ Die Petitionen des Magistrats und der Stadtverordneten in Gollub, der Shmidt'’schen Erben, Rihnau und Anderer, endli des Königlichen Wirthschaftsdirektors Goedicke in Rynsk und Genossen, welhe eine anderweitige Führung der Linie befürworten, beantragt die Kommission der Regierung als Material zu überweisen. ,
Abg. von Czarlinski verlangt die Zurückverweisung der Posi- tion an die Kommission, da die dortige Gegend an einer südlicheren Linie als die in Aussiht genommene interessi:t sei.
Geheimer Ober-Regierungs-Rath Micke führt zu Gunsten der in Aussiht geuommenen Linie an, daß sie kürzer und billiger sei als die vom Vorredner empfohlene. Die Erwägungen der Regierung seien aber noch nit abgeschlossen. Í
Abg. Graf zu Limburg-Stirum is für den möglichst billigen Bau ; wollten die Interessenten eine theuerere Linie, so müßten sie den Unterschied bezahlen. Um den Wünschen des Abg. von Czar- linsfi gerecht zu werden, könne man, ohne die Position an die Kom- mission zurück;uweisen, in der dritten Berathung die Worte einschieben : „südlih von Kulmsee“.
Abg. Dr. Sattler spricht si gleihfalls gegen die Zurückweisung und für den Bau der billigeren Linie aus. Die Orte, welhe von der südliheren Linie berührt werden würden, hätten gute Chaussee- Verbindungen.
Abg. Dr. Gerlih schließt sich den Ausführungen des Grafen zu Limburg-Stirum an und ersucht die Regierung, da wo Chaussee- Verbindungen existirten, keine Bahnen zu bauen» Es handele si hier um eine Bahn im militärischen Interesse, bei welher es auf die kurze Verbindung der Endorte ankomme.
- Abg. Frhr. von Huene ertlärt, er werde heute für die Position stimmen in der Erwartung, daß in der dritten Lesung nähere Aus- kunft über die zu bauende Linie gegeben werde.
Abg. von Czärlinski zieht scinen Antrag in der gleichen Er- wartung zurü.
Die Linie wird bewilligt und über die Petitionen nach '
dem Kommissionsantrage beschlossen.
Zum Bau einer Bahn von Lissa i. P. nah Woll stein werden 3 240 000 M gefordert. Die Forderung wird bewilligt, nachdem Abg. von Tiedemann (Bomst) der Eisenbahn- dn den Dank der Jnteressenten zu erkennen gegeben
at.
Für eine Linie von Meseriß nah Landsberg a. W. oder einem in der Nähe belegenen Punkte der Bahnlinie Küstrin—Kreuz sind 430 000 #6 ausgeworfen. Die Linie wird bewilligt.
Bei der Linie Sorau—Christianstadt spricht __ Abg. Freiherr von Wacerbarth den Dank der Interessenten für die Ünie aus und bittet um deren späteren Ausbau nach Rothenburg. : e S
Die Linie wird bewilligt, ebenso die Linie Lauban— Marklissa.
Bei der Linie Walsrode—Soltau bemerkt
Abg. Wattenberg: Es sei merkwürdig, daß, nach einer Petition der Stadt Walsrode vom März dieses Jahres zu urtheilen, diese Stadt gar kein Interesse an der Linie Walsrode—Soltau zu haben scheine. Doch wolle er sch darüber niht weiter auslassen, sondern nur noch einige Worte über einen Wunsch dieser Petenten auf gleichzeitigen Bau der Bahn von Visselhövede nah Rotenburg sagen. Die Bahnstreckde Hannover—Walsrode—Visselhövede, welche zu 5100000 M projektirt gewesen sei, sei für eine um circa 1500000 M geringere Summe gebaut und im August v. J. dem Betriebe übergeben worden. Mit diesen gesparten 1 500 000 # fönnten nun sehr wohl die Kosten der Verlängerung der Bahn von Visselhövede nah Rotenburg bestritten werden. Diese Verlängerung sei auch, wie aus den Motiven der Sekundärbahn Hannover—Visselhövede hervorgehe, von der Regierung beabsichtigt. Hierdurch würde die sehr erwünschte Verbindung mit A nbiea her- gestellt werden. Das Haus werde zweifellos einer Verwendung dieser ersparten Summe für diesen Zweck zustimmen. Er bitte also die Regierung, dem hohen Hause eine Vorlage zu unterbreiten, wonach diese ersparten Mittel zur Weiterführung der Bahnstrecke
annover—Walsrode—Visselhövede bis Rotenburg verwendet würden. s liege diese Strecke im wohlverstandenen Interesse der Stadt Walsrode und dieselbe habe um so mehr Berechtigung auf die Er- füllung dieses Wunsches zu hoffen, als das Zustandekommen der Bahn Hannover—Visselhövede vornehmlih den großen Opfern der Stadt Walsrode zu verdanken sei. Abg. Bödicker bittet um den Weiterbau der Linie nach Osten.
Die Position wird bewilligt und über die Petitionen nah dem Antrage der Kommission beschlossen. a Für eine M untergeordneter Bedeutung von assel nah Volkmarsen fordert die Vorlage 5 920 000 M s Die Kommission hat fih nah eingehender Berathung, S welche ein eigener \chriftliher Bericht erstattet ist, für Re Bewilligung ausgesprochen, beantragt aber zugleich, die N um eingehende Prüfung der Frage einer thunlichst irekten Vollbahnverbindung zwischen Kassel und Köln zu ersuchen, die eingelaufenen Petitionea durch diese Resolution für erledigt zu erklären. S 7 g. Dr. Enneccerus; Die Landestheile zwishen Köln und assel entbeh1ten seit langer Zeit einer direkten durchgehenden Eisen- bahnverbindung. Es handele Ach hier um ein sehr großes Gebiet, welches von einer sehr industriellen Bevölkerung, deren Zahl 1 120 000 betrage, bewohnt sei. Da fehle jede größere Verbindung von dem Westen nah dem Norden unserer Monarchie hin und
d _ durch die Art der sonstigen Scienenwege sei die vollständige Ausnüßzung derselben un- möglich gemacht. Seit Jahren petitionirten Kreise, Städte,
andelskammern um eine Vollbahn Köln-Kassel. Alles vergeblich!
tatt dessen werde nun das vorliegende Sekundärbahn-Proiekt vor- gesblagen; diese Bahn würde das Anfang8glied der großen Route Kassel-Köln bilden. Aber dazu sei sie ungeeignet wegen ihrer starken Steigung und zahlreihen Krümmungen mit kleinem Krümmungs- radius, welbe sie zum großen Courierzug8verkehr zu be- nußzen verbieten. Außerdem solle noch zu der projektirten Route ein \chon vorhandenes Stück Sekundärbahn benußt werden, sodaß diese Linie von jeder Störung der älteren Linie, welche die gleiche Route benute, mit abhängig sein würde. Die Auffassung, das Bahnprojekt sei vollständig geeignet, als Anfangsglied der großen Strecke zu dienen, sei au erst in der Kommission hervorgetreten;. in der Begründung der Vorlage sei davon nichts zu lesen. Au sei bei der Herstellung des Projekts keine von den Kautelen beobachtet, welche bei Vollbahnen nöthig seien. Man habe die Sache nicht, was bei einer strategis{ so wichtigen Bahn nötbig gewesen wäre, dem Generalstab vorgelegt ; auch nicht dem Reichs-Eisenbahnamt, was doch mit jedem Vollbahn- E geshehen müsse, bei dem Steigungen im Verhältniß von me
nit allein das, fondern
r als 1:80 vorkämen. Erst als die Regierung die starke Oppo- sition gegen das vorliegende Projekt bemerkt habe, habe man sich zu einer Erklärung herbeigelassen. Es handele sih ja niht darum, die Interessen der zwishen Kassel und Volkmarsen liegenden Ge- meinden zu schädigen, sondern darum, die Anregung zur weiteren Prüfung der technishen Fragen zu geben. Gr fkomme nodmals auf die strategishe Wichtigkeit der Vollbahn Köln—Kassel zurück; der Bundeskanzler habe im Jahre 1867 in einem Brief an den Handels-Minister dies militärische Interesse hervorgehoben und deswegen die Errichtung diefer Bahn- strecke angeregt. Auch der {eßige Chef des Generalstabes habe in einem Schreiben vom 15, April d. I. das Gleiche gethän. Er sei ein Freund des Staatseisenbahnsystems von Anfang an gewesen, aber dies System dürfe keine Einseitigkeit auffommen lassen; seit seinem Bestehen seien nur Sekundärbahnen errichtet worden, aber keine neue Vollbabn; hier nun handele es si{ nicht bloß um die Frage, solle eine Sekundärbahn oder solle eine Vollbahn errichtet werden, sondern darum, ob eine Sekundärbahn gebaut werden solle, welche das Zustandekommen der Vollbahn auf absehbare Zeit unmöglich mache. Hier sei, wenn die Regierung selbst die Bahn niht bauen wolle, ge- nügendes Privatkapital bereit, die Sache zu unternehmen — die Inter- effsenten warteten nur auf die Konzession, und eines werde der Staat thun müssen: entweder selbst bauen oder die Konzession geben. Es solle ja die Hoffnung der zwischen Kassel und Volkmarsen liegenden Ortschaften niht vernichtet, es solle die Sache nur um ein Jahr aufgeshoben werden, um eine nohmalige Prüfung vornehmen zu fönnen. Deshalb bitte er, keinen voreiligen Schritt zu thun, die Vorlage abzulehnen und nur die von der Kommission vorgeschlagene Resolution, welche die Vollbahn anrege, anzunehmen.
Abg. Althaus: Die hier vorgeschlagene Sekundärbahn könne wobl als erstes Glied der Verbindun Köln—Kafsel gelten. Jeden- falls werde der Errichtung einer solchen Vollbahn dur diese Bahn in keiner Weise präjudizirt, aber die Interessen der einzelnen Land- schaften dort seien bei der Errihtung der hier vorgeschlagenen Sékundärbahnen stark bètheiligt. Auch der Magistrat von Kassel habe si deshalb für das Projekt ausgesprohen. Er bitte also die Vorlage anzunehmen.
Abg. Pleß! Er sci immer ein Freund des Staatsbahnsystems gewesen , allein das Staatsbahnsystem müsse die berechtigten Inter- essen der Industrie befriedigen, und nun werde es ihm durch die Vorlage \chwer gemacht, seine Freundshaft gegenüber dem Staats- bahnsystem aufrecht zu erhalten, Wenn die Regierung die Bahnlinie Köln— Kassel niht selbst in Angriff nehmen wolle, dann möge fie doch wenigstens der betreffenden Eisenbahngesellshaft die Konzession dazu geben, nit aber durch die hier projektirte Sekundärbahn die ganze Sache auf lange Zeit vereiteln. Er \chließe sich also dem Abg. Enneccerus an und bitte, die Vorlage abzulehnen, dagegen die von der Kommission vorgeschlagene Resolution anzunehmen.
Abg. Knobel (Wolfshagen): Er habe sih in den betreffenden Kreisen in der Bevölkerung genau umgesehen und sei überall dem Wunsch begegnet, die hier vorgeshlagene Sekundärbahn bald möglichst errichtet zu sehen. Auch, der Bürgermeister von Kassel habe si für dieses Projekt ausge\sprohen. Für die Vollbahn Köln-Kassel sprächen zur Zeit keine so dringenden Gründe, wie für die Sekundärbahn, die hier gefordert werde. Er bitte also, dieselbe zu genehmigen. i
Abg. Simon (Waldenburg): Aus dem Abgeordnetenhause seien im Allgemeinen nur die Bewohner der einzelnen Kreise genaue Kenner der ihre Landestheile berührenden Bahnprojekte, während eine allgemeine Uebersiht nur bei der Regierung zu finden sei. Darum sei er im Allgemeinen dafür, der Regierung die Verantwortung für die Auswahl der Bahnprojekte zu überlassen. Im vorliegenden Falle liege die Sache aber anders. Hier handele es sich um die Ausführung eines Planes, welcher der späteren Errichtung einer Vollbahn präjudizire. Sie sei ein zwei Dezennien altes Projekt ; diese sehr wictige Verbindung fehle, sie würde das Bindeglied zwischen dem Westen und Norden Deutschlands abgeben. Auch das strategishe Interesse komme in Betraht, wenn er au niht glaube, daß die Vollbahn Köln—Kafsel strategisch unbedingt nothwendig sei, denn sonst würde Graf Moltke nicht 25 Jahre gewartet haben, ohne sein gewihtiges Wort bei der Staatsregierung für diese Bahn einzulegen. Er möchte die Regierung bitten, dem Hause im nächsten Jahre ein neues Projekt vorzulegen. Dazu sei es aber nicht nôthig, die Vorlage abzulehnen, sondern, wenn das Haus die Resolution annehme, werde die Regierung sich wohl hüten, dite Sekundärbahn jeßt {hon in Angriff zu nehmen. Er empfehle also die Annahme des Kommissionsvorschlages. ;
Abg. Graf zu Limburg - Stirum: Die Position würde ohne Weiteres bewilligt worden sein, wenn nicht das Projekt einer direkten Hauptbahn Kassel—Köln, unterstüßt von den Handelskam- mern beider Städte, hinausgeworfen wäre. Er bedauere, daß diese Handelskammern mit solchen unreifen Anträgen an das Haus heran- träten. Die Herren hätten einfah auf der Karte einen Strich gemacht und zur Regierung gesagt: Baut uns die?e Bahn. Die von den Herren vorges(lagene Linie gehe aber über den höchsten Berg des Westerwaldes und würde durch die Steigung fo theuer und so {wer zu befahren sein, daß die Entfernungen zwishen Köln und Kassel niht näher gestaltet würden, als auf der bestehenden Bahn über Arnsberg. Werde die Bahn über Arns- berg ganz zweigeleisig gemaht und erhalte sie au Courierzug8» verkehr, so würde den Wünschen der Kasseler und Kölner in besserer Weife entgegengekommen sein, als durch die neue Linie. Da Preußen einmal ein Staatsbahnsystem habe, sei er auch nicht damit einverstanden, daß eine Privatbahn konzessionirt werde. Das Haus könne nur fragen, ob im Verkehrsinteresse eine solhe Bahn nötbig sei, oder ob den Interessen der Betheiligten am Besten durch eine Ausgestaltung der Bahn über Arnsberg gedient werde? Er bedauere, daß der General- stab sih in diese Frage eingemist habe, ebe sie von den zuständigen Behörden vollständig erledigt gewesen sei. Die Sache müsse erft im Schooße der Regierung \pruchreif werden, ehe man nah Außen trete. Für die Refolution stimme seine Partei in dem Sinne, daß die Regierung erwägen möge, ob niht die Bahn über Arnsberg zur Bollbahn ausgestaltet werden sollte.]
Geheimer Ober-Regierungs-Rath Mie: Der Bau der ver- langten Bollbahn würde über 90 Millionen kosten; die Aufwendung eines solhen Betrages für eine Luxusbahn, wie man sie fast nennen fönne, würde die Regierung der Vittel berauben, um die in diesen und anderen Landestheilen hervorgetretenen dringenden lokalen Be- dürfnisse zu befriedigen. Zwischen den Interessenten und den Be- hörden sei über die Art der Erreihung des Zweckes einer Bahn Köln—Kassel kein Einverständniß erzielt. Die Einen wollten den Bau einer direkten Linie, die Anderen einen zweckmäßigen Aus- bau der vorhandenen Linie. In der Kommission sei die Sache bereits na allen Richtungen geprüft. Ein Schnellzug auf der neuen direkten Linie würde immer noch 12 Minuten länger fahren als auf der jeßigen Linie über Arnsberg. In dem gebirgigen Terrain komme es nit darauf an, welches dié kürzeste“ Linie sei, sondern welche am S(nellsten befahren werde. Die Regierung meine mit Recht, daß ein Bedürfniß für eine direkte Linie nicht vorhanden sei. Gleichwohl habe die Eisenbahnverwaltung bei ihren Vor- ermittelungen immer gesagt, daß die Verkehrsverhältnisse sich weiter entwickeln könnten und ein Bedürfniß für eine direkte Linie sich herausstellen könne. Es bleibe immer die Möglichkeit des Baues einer direkten Verbindung Köln-Kassel. Man habe hierbei mit ungünstigen Terrainverhältnissen zu rechneu. Es würde ohne Aufwendung ganz unwirth\caftliher Kosten unmöglich sein, eine Linie zu finden, die die Steigung von 1:60 vermeiden würde. Ein volles Drittel der Länge der Bahn würde solhe Steigungen zu überwinden haben. Ein weiterer Einwand gegen die Vorlage sei, daß bereits 1867 die Militärverwaltung die Nothwendigkeit jener Voll- bahn dargethan haben solle. Graf Moltke habe nur erklärt, daß eine direkte Linie zwishen Kassel und Köln mehr wünschenswerth als dringend sei. Die Militärverwaltung habe seitdem nie beantragt, diese Linie zu bauen. Das Anerbieten, eine Privatbahn zu bauen, set niht ernsthaft, sondern soll wohl nur ein Druckmittel gegenüber der Regierung sein. Die Aufgaben einer folchen Linie könnten einer Privat- bahngesellshaft nicht überlassen werden. Außerdem würde die Rentabilität dieser Bahn sehr zweifelhaft sein, denn der neuen Privatbahn zu Licbe würde die Staatsbahnverwaltung den durchgehenden Verkehr nicht auf dieselbe überleiten, sie würde also auf den Lokalverkehr zwischen Kassel und Köln angewiesen sein, dabei würde eine wesentliche Rente nicht herauskommen und die Gesellschaft das Unternehmen nicht lange halten können. Lehne das Haus die Poktion ab, so erreiche es weiter nihts, als daß dem Landestheil die Wohlthat der Ver- bindung vorenthalten werde, das andere würde es vor der Hand nicht erreichen.
Abg. Rickert: Es sei sehr \{chwierig, in dieser Frage Stellung zu nehmen. Die militärisen Gesichtspunkte könne man ruhig der Militärverwaltung überlassen. Wenn Graf Moltke gesagt habe, die Bahn sei mehr wünschenëwerth als dringend, so müsse man zunächst wissen, welche Frage an den Grafen Moltke gerichtet worden sei. Er vermutbe, der Minister habe ihn gefragt, ob die Herstellung dieser Bahn sofort nothwendig und dringlih sei. Der Regierungs-Kom- missar habe erklärt, daß Alles darauf eingerichtet sei, daß die Bahn Kassel - Wolfhagen einmal als Vollbahn ausgebaut werde. Aber seine sonstigen Ausführungen bätten \sich direkt gegen das Projekt Kassel-Köln gerichtet, denn er habe sie eine Luxusbahn genannt, die über 90 Millionen kosten würde. Bei dieser so zweifelhaften Frage möchte er den Minister bitten, die Sache vorläufig fahren zu lassen und erst einen speziellen Kostenanschlag vorzulegen, damit das Haus Klarheit in die Sache bekomme. Das Privatkapital habe die Konzession für cine Privatbahn verlangt ; die Regierung habe fie aber verweigert. Welches Recht habe also der Kommissar zu_ sagen, daß das ein Druckmittel sein solle? Das seien die Folgen des Staats- bahnsystems, daß Privatbahnen verhindert würden. Wenn die Regierung es ni6t dulden wolle, daß das Privatkapital herangehe, dann müsse der Staat es machen. Nicht nur das Großkapital in Kassel und Köln wünsche die Linie, sondern große Interessen großer Bevölkerungskreise verlangten sie. Ein weiterer Grund, heute non liguet zu sagen, liege darin, daß der gegenwärtige Moment, wo im Eifen- babn-Ministerium ein Wechsel bevorstehe, der ungeeignetste sei, eine solhe Entscheidung zu treffen, die ein Präjudiz enthalten würde. Die Fnteressenten verlören nichts, wenn sie noch ein paar Monate warreten, ein klares Urrheil sei nicht mögli, ehe niht die nöthigen Vorarbeiten gemacht seien.
Minister der öffentlihen Arbeiten von Maybach:
Ich muß um Ihre Nachsiht bitten, wenn ich — durch mein Be- finden genöthigt — weder laut noch anhaltend spreche ; ih beshränke mi deshalb auf wenige Worte.
Zunächst danke ih dem Hrn. Abg. Rikert für die freundlichen Worte, die er an mi gerihtet hat, im Hinblick auf ein mir bevor- stehendes Ereigniß.
Sodann möchte ich die Bitte an Sie rihten, sich in diesem Falle doc daran zu halten, daß der Sperling in der Hand besser ift, als die Taube auf dem Dach. Ich habe die große Besorgniß — und deshalb warne ih Sie vor einem solhen Beshluß, wie er vorge- schlagen ist —, daß Sie die Landestheile, um die es ih handelt, und für die ih persönlich die lebhaftesten Sympathien habe, wie man zu sagen pflegt, zwischen zwei Stühle seyen.
Der Accent in der ganzen Vorlage liegt, wie mein Herr Kommissarius und der Hr. Abg. Simon ganz richtig gesagt haben, auf der Frage: präjudizirt dieses vorliegende Pro- jekt einem größeren von Ihnen gewünshten oder doch für beachtenswerth gehaltenen in einer solchen Weise, daß das Eine das Andere verhindert? Und da darf ih Ihnen ganz bestimmt sagen: ein solches Präjudizirea liegt nicht vor. Wir können das Eine thun und das Andere vielleiht do wollen.
Das gebe ih ja zu — und ih korrigire damit nicht eine frühere Aeußerung, die ih gethan habe, — daß eine Bahn von Kassel nach Köln zu den Möglichkeiten gehört.
Die Militärverwaltung hat — ih habe niht direkt, wie ih be- merken will, mit dem General-Feldmarschall Grafen von Moltke korrespondirt, sondern es ift dies vom Reichskanzler geshehen — allerdings eine Linie von Kassel nach Köln als wünschenswerth bezeihnet, das ist au kürzlih noch geshehen. Ueber solche Dinge verhandle ich als Minister niht mit dem General- stab direkt, sondern ich habe mich an meinen Kollegen den verantwortlihen Herrn Kriegs-Minister zu wenden. Der hat mir allerdings sein Interesse kundgegeben, allein die Wünsche wurden doch niht damit motivirt, daß eine solhe Linie als Nothwendigkeit zu bezeihnen sei. Wäre dies der Fall gewesen, dann würde ich viellei@t die Rückfrage an ihn gerihtet haben: was will denn das Reich dazu thun, eine Linie für militärische Zwecke herzustellen, die auf große Leistungen eingerichtet sein muß? Denn das wollen wir uns do nicht verhehlen, daß, wenn eine direkte Linie von Kassel nach Köln ein