1891 / 127 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 02 Jun 1891 18:00:01 GMT) scan diff

E E E Led L E a Ta iC Ara L T E P a

abfälligen Kritik unterzoaen. Au das gesammte Bureau der leßten öfentlihen Quaiarbeiter-Versammlung vom Sonntag, den 24, Maid. J,, hat im Laufe der leßten Woche seine Entlassung erhalten. Ein Theil der Entlafsenen hat si klageführend an das gewerblihe Scieds8- geridt gewandt; die Leute wurden aber mit ihren Ansprücen gegen die Quaiverwaltung abgewiesen. Eine Resolution, die das Vorgehen der Quaiverwaltung mißbilligt und die Entlafsungsgründe als nicht stihhaltig bezeihnet, wurde einstimmig angenommen. Ein anderer Vorschlag, die entlassenen Quaiarbeiter dem Centralvorstande des Verbandes der Hafenarbeiter Deutschlands zur Unterftüßung an- zuempfehlen, gelangte gleichfalls zur Annahme. j

Wie im „Vorwärts“ mitgetheilt wird beruft die Agitations- Kommission der Sozialdemokratie Thüringens auf den 12. Juli 1891 nach Erfurt in den Kaisersaal einen Parteitag der Sozial- demokraten Thüringens ein auf dessen Tagesordnung u. A. steht : Stellungnahme zum Brüsseler internationalen Arbeiterkongreß und Stellungnahme zum bevorstehenden Iahreskongreß der sozialdemokra- tishen Partei Deutschlands. s

Die Getreidearbeiter von Mannheim und Ludwigs- hafen haben, wie dem ,W. T. B.“ gemeldet wird, die Arbeit niedergelegt, weil mehrere bei dem vor einigen Wochen wegen Lohn- diffferenzen stattgehabten Strike betheiligte Wortführer von den Ober- arbeitern entlaffen wurden.

In Leipzig fand am Sonnabend im Jabin’s{chen Saale eine öfentlihe Versammiung der Schriftgießergehülfen ftatt mit der Absicht, die dortgen Scriftgießer zu den Beschlüssen der Pfingst- Konferenz der deutshen Schriftgießer in Berlin Stellung nehmen zu lassen. Die Versammlung {loß si, nah einem Bericht der „Lpz. Z.“, den Konferenzbeschlüssen infofern an, als sie der Einführung des Neunstundentages und der Erhebung einer Agitationsfteuer zustimmte. Dagegen beschloß sie, in die Durcbführung der neunstündigen Arbeits- zeit gleichzeitig mit den Bucdruern einzutreten, während die Konfe- renz beschlossen hatte, in diese Bewegurg ers nach Beendigung der Buchdrukerbeweaung einzutreten, und sich gegen das Fortbestehen der Gentral-Kommission zu erklären.

Der „A. C.“ wird aus London vom gestrigen Tage beritet : Der oft vershobene Strike der ScHneidergesellen im Oft- ende Londons ist nunmebr eine Thatsache geworden. Am Sonnabend fand cine Massenversammlung statt, auf der bes{lossen wurde, vom Sonntag ab die Arbeit einzustellen. Die Ursachen, die zu dieser Bewegung führten, find ziemlich dieselben wie die, welhe den Strike im Westende herbeiführten. Die Schneider- gesellen verlangen in erster Linie die Einrihtung von gesunden Werkslätten , fordern zweitens die Abschaffung von Zwoischen- männern und wünschen drittens, daß Frauen nach demselben Lohnsaße bezahlt bekommen wie Männer. S(ließlihß wird no§ auf Aner- kennung des Gewerkvereins bestanden. Im Ostende befinden si etwa 14 000 Personen (darunter 7000 Frauen), die von dem Strike be- troffen werden. Viele von ihnen kaben noch Arbeit in der Hand, die noc zu vollenden ist. Von der wirklihen Ausdehnung der Bewegung dürfte man daher erst in wenizen Tagen ein Bild gewinnen. Der O im Westende Londons {eint endgültig beigelegt zu sein.

Nach einer Meldvng des „W. T. B“ baben die Angestellten der Omnibus- und Pferdebahn-Gesellshaften Londons gestern Abend eine Versammlung abgehalten, um ihre Forderung Be- treffs des zwölfstündigen Arbeitstages zu formuliren. Es sind für diese Woche an jedem Abend Versammlungen in Auësiht genomtnen, um die Angestellten zu organisiren. Ein Comité ist mit der Vor- bereitung eines Striks beauftragt, falls sich ein solcher als noth- wendig erweisen solite.

În Bilbao dauert, wie ,W. T. B.“ mittheilt, die durch den gestern im „R.- u, St.-A.* gemeldeten Zusammenstoß der Strikenden mit der Polizeimaht vom 31 Mai bervorgerufene Erregung fort. Die berbeigeholten Truppen-Abtheilungen mußten wiederholt Gewalt brauchen, um die Menge zu zerstreuen.

Gewerbliwe Schulen in Bremen.

; Die beiden Abtheilungen der in Bremen bestehenden gewerb- lien Schulen, die gewerbliche Fortbildungsscule und die gewerb- lie Zeichensckchule, haben, wie wir dem Jahresberichte der Bremiscken Gewerbekamimer für die Zeit von Ende April 1890 bis Anfang Mai 1891 entnehmen, auch im verflossenen Jahre die denselben zugewiesene Aufgabe: die Ausbildung der angehenden Gewerbtreibenden den Ansprüchen der Jettzeit enisprehend, im Anschluß an die praktische Thätigkeit in der Werkstatt 2c. zu ergänzen, bezw. in den für das gewerbli@ze Leben erforderlihen allgemeinen Kenntnissen und Fertigkeiten zu vervollständigen, nah Maßgabe der Verordnung vom 12. Januar 1886 zu lösen gesucht. Die gewerb- lie Fortbildungs\@ule bot Que Den Ut Den Eintritt in die gewerbliwe Zeichenshule erforderlihen vorbereitenden Zeichenunterziht an Lehrgegenständen: Schreiben, Rechnen, deutsche Sprache (Geschäftsaufsäße), einfahe Buchführung und Physik, An leßteren Unterrichtsgegenständen nahmen auch verschiedene Gewerbe Theil, für welche das Zeichnen nit die Wichtigkeit, wie für die in der gewerblihen Zeicwenschule vertretenen Gewerbe besißt, Die ge- werblihe Zeichenshule, welche die angehenden Gewerbe- treibenden in dem für bestimmte Fächer erforderlichen Zeichnen und Modelliren auszubilden hat, gliederte ch in zwölf Fachklassen. Jm Interesse eines gedeihlihen Zusammenwirkens beider Anstalten fand ein enger Anschluß an den Zeichenunterricht der gewerblichen Fortbildungs- \{hule statt. Die Knaben- Zeihenschule is mit der gewerb- lichen Zeichenshule verbunden. Des gesteigerten Besuchs wegen mußte die gewerbliche Fortkildungs\{chule um 2 Klassen, je eine für Zeichen- und Rechen-Unterricht, vermehrt werden ; die gewerblie Zeichenschule erhielt zu Oftober 1890 eine neue Fachklasse für Bauhandwerker ; außerdem mußte der Modellirunterriht für Bauhandwerker in zwei Kurse, je einen für Maurer und Zimmerer, der gestiegenen Frequenz wegen getrennt werden. Der Besuch der gewerblichen Fortbildungs- \{ule war im Sommer 1890; Sonntagsshule 332 Schüler in 9 Klassen, Abendunterrihi 177 Schüler in 6 Klassen, im Winterhalbjahr 1890/91: Sonntags\chule 336 Schüler in 9 Klassen, Abendunterriht 214 Schüler in 8 Klassen, Die gewerbliche Zeichen- schule benußten im Sommerhalbjahr 1890: Sonrtagsschule 210 S@üler in 9 Klassen, im Winterhalbjahr 1890/91: Sonntags- \chule 277 Schüler in 10 Klassen, Malschule Mittwohs 22 Schüler in 1 Klasse, Abendunterricht 364 Scüler in 13 Klassen. Die Knaben- Zeichenscule war im Sommerhalbjahr 1890 von 245 Schülern, im Winterhalbjahr 1890/91 von 277 Swcülern in je 5 Klassen zu 2 Kursen ktesuHt.

GesundheitSwesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

_ Der Gesundheitéstand in Berlin war in der Woche vom 17, bis 23, Mai cr. ein sehr günstiger und auch die Sterblichkeit eine niedrige (von je 1000 Einwohnern starben aufs Jahr berechnet 16,9). Etwas häufiger als in der vorangegangenen Woche kamen akute Er- krankungen der Verdauungsorgane zum Vorschein und endeten in fast gleiher Zahl wie in der Vorwowe tödtlih. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterbli&bkeit war eine kleinere, als in der vorhergegangenen Wode, von je 10000 Lebenden starben, aufs Jahr berehnet, 63 Säuglinge. Auch akute Entzündungen der Athmungêorgane zeigten sich in glei großer Zahl, wie in der Vorwothe, als Todesursachen. Das Vorkommen der Infektions- krankheiten blieb meist ein beschränktes. Erkrankungen an Scharlach und Diphtherie kamen noch seltener, Erkrankungen an Masern ein wenig mehr als in der Vorwoche zur Anzeige und zeigten sich in keinem Stadttheile in nennendwertber Zahl. Erkrankungen an Unterleibstyphus famen 4, an Kindbettfieber 3 zur Meldung. Es gelangten auch 2 Erkrankungen und 1 Todesfall an Genidstarre zur Kenntniß; aus der der Berichtswoche vorangegangenen Woche wird ein Todesfall an Influenza berichtet, Erkrankungen an Keuchhusten kamen weniger zur Behandlung, die Zahl

an akutem Gelenkrheumatismus zur ärztliGen Beobahhtung gebracht, während rheumatische Beschwerden der Muskeln im Vergleih zur Vorwoche keine wesentliche Veränderung in ihrem Vorkommen zeigten. Erhebli seltener als in der Vorwoche gelangten rosenartige Ent- zündungen des Zellgewebes der Haut zur ärztlihen Behandlung.

Handel und Gewerbe.

Bei den AbrechnungEstellen der Reichsbank sind im Mai 1891 1 338 052 000 # abgerechnet worden.

Täglihe Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in OberswGlesien. An der Ruhr sind am 1. Juni gestellt 9418, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

; Subhastations-Resultate.

Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 1. Juni 1891 die nachverzeihneten Grundstücke zur Versteigerung: Paulstraße 25, dem Kaufmann H. A. Freise hier gehörig und mit 18 700 #4 Nugungswerth_ zur Gebäudesteuer veranlagt. Das geringste Gebot wurde auf 357 600 festgeseßt. Ersteher wurde der Rentier Theodor Scheer zu Berlin für das Meistgebot von 358 000 4 Ferner Pflugstrafße 11, dem Zimmermeister Friedr. Wilh. Swneider hier gehörig. Das geringste Gebot wurde auf 194 700 G festgeseßt. Für dasfelbe wurde der Bankier Joseph Seelig, Charlottenstraße 31, Ersteher.

Der Einlöfungscours für OesterreihisbeSilber- Coupons is auf 173 ( für 100 Fl. erhöht worden.

Königsberger Maschhinen-Fabrik, Aktiengesell- \chaft. Am Sonnabend fand in Königsberg die ordentliche General- versammlung statt, in welcher der Rechnungsabschluß pro 1890 vor- gelegt, die Decharge ertheilt, sowie Auszahlung der Dividende mit 40/0 einstimmig beschlossen wurde. Auf Interpellation eines Aktionärs wurde Seitens der Direktion konstatirt, daß die Gesellschaft zur Zeit gut beschäftigt ist und daß auch für die Ectragsfähigkeit der im Besiß der Gesellschaft befindlichen, wegen der Anfangéeröffnung der Wasser- werke im Vorjabre noch wenig rentablen Wasserwerke-Afktien fich dur den neuerdings fortschreitenden, umfangreihen Betrieb derselben die Ver- bältnisse günstiger stellen. Es wurde das im Vorjahre in die Direktion delegirte Mitglied Hr. Heinri Magnus wieder- und an Stelle des im Vorjahre verstorbenen Hrn. Direktor Zeitshel Hr. Bankier Julius Goldberg bon der Firma I. Simon Wwe. Söhne, Königsberg, neu in den Aufsichtsrath gewählt. Die Umwandlung der bisherigen Hypothekenshuld in cine glei hohe Prioritätsanleibe, sowie der E A Bau des Wafsserwerks in Skutari wurden einstimmig genehmigt.

N Vom rheinisch-westfälishen Kohlenmarkt berichtet die „Nhein.-Westf, Ztg.“ : Die Bericht8woche begann mit der sehr lebhaft besuhten Koblenbörse vom 25, d. M. in Essen; es mate sih dort sowobl, wie während der ganzen Woge bei den Verkaufs- vereinigungen und den Zechen eine äußerst lebhafte Nachfrage ebenso für sofortige, wie für spätere Lieferung geltend, obwohl endli mil- dere Temperaturen das Heizbedürfniß aufzubßeben begonnen haben. So wurbde es auch mögli, dem Begehr der weiten Absaßgebiete im Ober-undNiederrhein, der bis dabin nicht erfüllt werden konnte, mit größeren Lieferungen zu den Nbeinbäfen nahzukommen. Das Verschiffungsge|chäft hat sich daher ungemein gehoben, in erster Linie zum Oberrhein hin, wo die Bestände sehr zusammenges{molzen waren; von Holland her ist die Nachfrage geringer. Seitens der Verkaufsvereine sind Ver- handlungen mit Vertretern der Eisen-Großindustrie gepflogen worden, welche zuz Theil die Jahreslieferungen pro 1. Juli 1891 bis 1, Juli 1892 zum vollendeten Abschluß gebracht, zum Theil letzteren schr nabe gerückt haben. Kleinere Geschäfte mit der Cisenindustrie, wie mit allen übrigen Fabrikationszweigen sind während der Berichi8woche reihlich verhandelt und abgeschlossen worden.

__— Vom westfälischen Cisenmarkt wird der „B. B.-Z.“ ge- s@rieben: Der Eisenmarkt zeigt nunmehr au für Roheisen eine etwas bessere Nachfrage, nachdem für Fertigeisen {on mehrere Wochen eine größere Regsamkeit des Verkehrs eingetreten, auch wer- den die Preise in fast allen Bran hen etwas fester gehalten. Was die einzelnen Geschäftszweige betrifft, so geben heimische Eifenerze etwas besser ab, weshalb die Preise fester und vielfa bereits eine Kleinig- keit böber gebalten werden. Im Walzeifengeschäft bleitt Stab- eisen bevorzugt, indem die Nac!rage fortdauernd zunimmt, und recht ansehnli®e Posten in Bestellung gegeben worden. Auch in Winkeleisen, Grob- und Feinblechen, ganz besonders aber in Träger: und sorstigem Baueisen hat das Arbeitéquantum zugenommen, aber die Preise sind in Stabeisen anhaltend gedrückt und wenig lohnend. Für Draht und Drahtstifte erhält sich cine ziemli befriedigende Nachfrage und Beschäftigung, aber die Preise sind wegen der großen Konkurrenz zu niedrig. Die Stahlwerke sind noch mit Aufträgen in Cisenbaznmaterial hinreihend versorgt und haben weitere auch noch bestimint von heimiscen Eisenbahnen zu erwarten. Ebenso verhält es sich au mit den Lokomotiv- und Waggon- Fabriken. In den Maschinenfabriken und Eisen- gießereten läßt die Beschäftigung langsam nach, da sih das Arbeitsquantum vermindert ohne in entsprehender Weise durch neue Austräge ergänzt zu werden. Die Kesselshmieden und Konstruktions- Werkstätten haben in leßter Zeit vielsah schr umfangrcihe Be- stellungen erhalten und sind daher wieder besser beschäftigt. Mon notirt; Eisen: Deutsches Gießerei-Roheisen Nr. 1, 71 4, do. Nr. I1. 65 d, do. Nr. III. 60 M, weißstrahliaes Roheisen 50—53 H, Thomageisen 49,50 s, deutsches Bessemer Roheisen 63 46, Spiegeleisen 60 , englishGes Gießerei-Roheisen Nr. 111. 39—40 „6, do. Bessemer Hematite-Noheifen 51—52 M, beides ab Verschiffungshafen. Stab- eisen (Grundpreis) 135—140 frei engeren Bezir, Feinkorneisen (Grunhpreis) 155 4, Winkeleisen (Grundpreis) 150 #4, Trägerei]en (Grundpreis) 105 Æ ab Burba, Feinblewe (Grundpreis) 130 6, KesselbleWe (Grundpreis) I. Qualität 160—175 , do. II, Qualität 140 é, Feinkornbleche (Grundpreis) 200 4, Holzkohlenbleche (Grund- preis) 230 M, Lowmoorqualität (Grundpreis) (Feuerblehe) 260 A, Eisenbahnschienen (Bessemerstahl) 125—129 #, do. mit Schönheits- feblern 110 M, Grubenschienen (Befsemerstahl) 112 Æ les per 1000 kg und, wo nicht anders bemerkt, ab Werk.

__— Aftien-Gesellschaft für Bergbau, Blei- und Zinkfabrikation zu Stolberg und in Westfalen. Die Generalversammlung genehmigte die Bilanz nah dem Vorschlage des VerwaltungêratHs. Demnach erhalten die rrivilegirten Aktien 8# °% und die Stammaktien 3F 9/9 Dividende, während 5 %/o des Rein- gewinnes dem im Jahre 1886 gebildeten neuen Reservefonds zu- geschrieben werden. Die ODipidende, welche statutgemäß am 1. Oktober 1891 erfällt, kann vom 1. Juni cr. an, abzüglich 3 % Sconto per Jahr erhoben werden. Die Ver- fammlung genehmigie ferner die in dem Gescäftsbericht bespro&ene Abtretung von Immobilien. Sie beschloß, daß der Nük- fauf von privilegirten Aktien in der bisherigen Weise an der Börse geschehen folle, insoweit dieses zu einem den Paricours nicht über- steigenden Preife geschehe könne, Die ausscheidenden Verwaltungs- rathsmitglieder, Hrrn. Graf de Pinto und Justizrath Maas wurden wiedergewählt und der Vertrag mit dem General-Direktor der Ge- selishaft verlängert, Zu Rechnungskommissaren und deren Stell- vertretecn für das Geschäftsjahr 1891 wurden die Herren ebenfalls wiedergewählt, welhe a!s solche bisher fungirten.

Dem Geschäftsbericht, welcher der Generalversammlung der Bremer Lebensversicherungs-Bank vom 29, Mai cr. vor- gelegen hat, ist zu entnehmen, daß der Bank die Konzession zum Ge- \chästébetrieb in Preußen ertheilt worden ist. Das Vermögen der Bank ftieg im leyten Jahre von 6 672 848 #6 auf 7 653 971 4, die Prämieneinnahme von 1456 622 A4 auf 1545720 Æ, der Reserve- fonds von 6 236 793 6 auf 7 209 648 # Auf Hypotheken waren 5 772 663 M, in Staatspapieren 811 072 f belegt. Recbnungêmäßig rwoar eine Sterblichkeit von 358 476 M zu erwarten, dagegen trat eine folche von 352370 4 ein, Die Versicherungssumme stieg von

der Todesfälle sank auf fünf. Erheblih seltener wurden Erkrankungen

s

Ilse, Bergbau-Aktiengesellschaft zu Grube Ilse. In der am Sonnabend stattgefundenen Generalversammlung wurde der Geschäftsabshluß mit Stimmeneinhelligkeit genehmigt, die sofort zahlbare Dividende auf 7°/ festgeseßt und die Entlastung ertheilt. Der aus dem Aufsichtsrathe ausscheidende Hr. Julius Ertel-Hamburg wurde wiedergewählt.

Frankfurt a. M., 1. Juni. Prämienziehung der Badischen 100 Thaler-Loose: 120000 4 auf Nr. 78965, 24000 A auf Nr. 52 817, 12 000 Æ auf Nr. 78069, 4800 Æ auf Nr. 52812, je 2400 M auf Nr. 5593 99990, ie 600 Æ auf Nr. 6519 15604.

Kassel, 1. Juni. Serienziehung der Kurhessischen

40 Thaler-Loose: 53 64 108 270 332 436 527 689 673 688 750 777 825 850 862 1051 1089 1092 1099 1124 1126 1191 1200 1251 1264 1299 1358 1418 1525 1622 1639 1644 1646 1717 1739 1806 1820 1821 1824 1829 1833 1855 1859 1941 1980 2009 2019 9046 2070 2148 2156 2188 2275 2306 2311 2398 2437 2451 2534 92581 2651 2703 2764 2770 2785 2802 2870 2893 3021 3032 3033 3040 3057 3151 3203 3237 3248 3266 3296 3305 3388 3473 3480 3521 3535 3611 3641 3642 3666 3783 3812 3836 3845 3867 3884 3886 3893 3949 3992 4121 4192 4201 4236 4241 4245 4432 4433 4480 4520 4589 4595 4601 4682 4843 4877 4879 4895 5052 5112 5113 5250 5392 5451 5498 5532 5799 5827 5835 5982 6010 6075 6104 6157 6189 6209 6260 6280 6308 6309 6328 6385 6393 6411 6417 6451 6482 6483 6553 6587 6608 6630 6696 6708, __ Köln, 1, Juni. Bei der vorgestrigen Verdingung von 200 Rads- säßen für die württembergischen Staatsbahnen gab ein belgishes Werk, wie die „Kölnische Volk3zeitung® meldet, die billigste Preis- oferte von 293 Æ franko Heidelberg ab; den Preis von 298 M. stellte Krupp in Essen als die nächst billige Offerte.

Die „Kölnishe Volkszeitung“ meldet, die österreichischen Staatsbahnen sck{reiben auf den 19. Juni eíne Verdingung von 809 000 Tonnen Kohlen aus, die italienische Mittelmeerbahn eine folhe von 700 Personen: und Güterwagen und 50 Lokomotiven und die rutmnänishe Staatitbahn 500 Eisenbahnwagen.

Leipzia, 1. Iuni, (W. T. B.) Kammzug - Tecmin- gZandel. L Plata, Grundmuster B. pr. Junt 4,30 #, pr. Juli 4.324 4, pr, August 4,375 6, pr. September 4,40 #, pr. Oktober 4,421 „« pr. November 4423 4, pr. Dezember 4,423 , pr. Jas nuar 4,424 (6 Umsatz 65000 kg. Behauptet,

Hamburg, 1. Juni. Serienziehung der Kö! n-Mindener Loose: 2279 2651 2759 3056.

Wien, 1. Juni. Gewinnziebvung der öoöfterreihischen 1864er Loo fe: 150 000 Fl. Nr. 58 Ser. 3108, 20000 Fi. Nr. 7 Ser. 3548, 10 000 Fl. Nr. 68 Ser. 3948, je 8090 Fl. Nr. 10 Ser. 1674, Nr. 8 Ser. 2457. Weitere Serien: 184 1266 1274 1311 1363 1486 1564 1856 1861 1977 2074 2119 2130 2224 2448 2636 2759 2815 2829 3033 3826.

Ausweis der Südbahn in der WoEe vom 21. Mai bis 27. Mai 831 365 F1.,, Mindereinnahine 70 843 Fl.

Ausweis der vosterreichish-ungarischen Staat3bhahn in der Wo§e vom 21. Mai bis 27. Mai 707 330 Fl, Mehrein-

nahme 19 669 F. (W. T. B.) An der Küste 3 Weizens-

London, 1. Juni. ladungen angeboten.

Bradford, 1. Juni, (W. T. B.) Markt ohne Veränderung.

Paris, 1. Juni. (W T. B.) An der Börse ist die Liguidation für die Baissepartei \{wierig verlaufen. Es wurde auf die 3/0 Rente (alte) ein Deport von 20 Centimes çezahlt.

9, Juni, Hier eingegangene Nachrichten aus Buenos Aires lassen die finanzielle Situation nah wie vor als ernst erscheinen; die Eigenthümer der Depots belagern die Banken, um ihre Guthaben zurüczuziehen.

Nom, 1. Juni. (W. T. W.) Senator Gadda, Vorsigender der Banca Unione ÎItaliana, wurde zum Präsidenten des neuen C re- dito fondiario gewählt.

Mailand, 1. Juni, (W. T. B.) Das Swhiedsgeri@t in der Streitsahe zwishen der Regterung einerseits und der Mittel- meerbahn und der Meridionalbahn andererseits hat ent- \cicden, daß erstere verpflihtet sei, den Eisenbahngesellschaften die von denselben in Folge Wagenmangels an ausländische Eisenbahnen gezahlte Wagenmiethe zurüchzuerstatten. Es handelt sich hierbei für die Mittelmeerbahn allein um einen Betrag von mehr als 3 Millionen Lire. e

Antwerpen, 1. Juni. (W. T. B) Wollauktion. Ange- boten wurden 1863 Ballen Laplata, 336 B. Capwolle, wovon 87 unverkauft blieben. Die Stimmurg war lustios. Die Auktion gegen März unverändert. Washington, 1. Juni. (W. T. B.) Die Schuld der Vereinigten Staaten hat im Monat Lai um 622915 Doll. zugenommen, im Staats\chay befanden sich ult. Mai 697 077 366 Doll. :

New-York, 1, Juni. (W. T. B.) Für Europa wurden zu O per Dampfer „Laln“ abermals 200 000 Dollars Gold cstellt.

Verkehrs-Anstalten.

Den Biiefen an Personen oder Behörden im Auzelande (z. B. an die deutschen Fonsuln) wird von den Abfendern häufig der Portobetrag für die Antwort in deutshen Freimarken bei- gefügt, Es ist an sich fraglih, ob die Empfänger in der Lage und geneigt sind, hierfür die Frankirung der Antworten mit den auslän- dishen Freimarken zu bewirken. Jedenfalls follten aber die Absender nicht übersehen, daß in den fremden Ländern das in der Landesmünze zur Erhebung kommende Porto für Briefe nah Deutschland das Acqui- palent von 20 den deutschenPortosat für Briefe voa einfawem Gewicht nach dem Weltpostverein mitunter übersteigt. Beispielêwcise wird in British-ÎIndien sür einen Brief na Deutschland von ein- fahem Gewicht das Porto mit 25 Annas (ungefähr 25 «) erhoben. Für solche Fälle müßten also die Absender zur Vergütung der Porto» auélage für die von ihnen gewünschte Artroort wenigstens den ent- \prehend höheren Betrag in deutschen Freimarken beilegen, Bremen, 1. Juni. (W. T. B) Norddeutscher Lloyd. Der Dampfer „Sach|\ en“ ist gestern von Southampton nad) Oft- asien weitergefahren. Der SHnelldampfer „Eider“ ist heute früg 3 Uhr ab Southampton nach New-York weitergefabren. Der Shnelldampfer „Saale“ ist auf der Nückkehr von New-York gestern Vormittag 11 Uhc in Southampton argekommen und hat Nat- mittag 1 Uhr die Reise nah der Weser mit 451 Passagieren fort- gesezt. Der Dampfer „Weser“ hat gestern Las Palmas passirt. Der Dampfer „Amer ika“ hat gestern Lizard passirt. Der Dampfer „Preußen“ ist vorgestern in Aden angekommen. Der Dampfer „Braunschweig“ ijt heute in Genva angekommen. Der Dampfer „Stettin®* mit der Post für Australien ist von Brindifi beute Bormittag in Port Said angekommen. Der Dampfer „Hohen- staufen“ ist heute von Port Said nach Australien weitergefahren. 2, Juni. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd, Der Swnelldampfer „Saale“, von New-York kommend, ist am 1, Juni 4 Uhr Naÿmittags auf der Weser angekommen, Der Postdampfer „Amerika“, von Baltimore kommend, hat am 1, Jani 3 Uhr Nad- mittags Dover passirt. _ Der Postdampfer „Hannover“, nach dem La Plata bestimmt, ist am 1. Juni 8 Uhr Morgens in Corunna ani 16

__Hamburg, 1, Juni. (W. T. B.) Hamburg-Amerika - nische Packetfahrt- Aktiengesellschaft. Bee Postdampfer „Dania/ hat, von New-York kommend, heute Nachmittag 4 Uhr Lizard passirt. Der Postdampfer „Suevia* ist, von Hamburg i gern s 74 % L in New-York eingetroffen. Der D „California“ hat, von New-York kommend, 6 Morgen 4 Ubr Lizard passirt. OSIE R M London, 1. Juni. (W. T. B) Die Union-Dampfer „German und „Athenian“ sind heute auf der Heimreise in Southampton angekommen, Der Un ion-Dampfer „Mexican“

40 968 728 Æ auf 33 311 457 A6

ist heute auf der Ausreise voa Lissabon abgegangen.

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Kunst und Wissenschaft.

Fnternationale Kunstausstellung. IV.

Karlsruhe Weimar Dresden Stuttgart. L, K. Karlsruhe, das sich in jüngster Zeit als fünstlerishe Hohschule einer großen Beliebtheit erfreut, darf als Filiale Münchens gelten. Der langjährige, erst vor Kurzem zurückgetretene Leiter der dortigen Akademie, Ferdi - nand Keller, ist allerdings geborener Badenser, hat au in seiner Vaterstadt vorzugsweise seine Ausbildung genossen, aber nah dem in unserer Ausstellung si darbietenden Bilde zu urtheilen, ist die Nachfolge, welche er an der Stätle seiner Wirksamkeit gefunden, keine große. Die kolossale „Apotheose Kaiser Wilhelm'sI.“/,die für diesenSommer aus derNationalgalerie in den Kaisersaal der Ausstellung übergesiedelt ift, kennzeichnet die Vorzüge und Shwächen ihres Schöpfers treffend. Die pomphaste, an Tiepolo's Palette erinnernde lihte Farbenpraht, j das wirkungsvolle Arrangement der oft nur etwas zu ballet- mäßig tänzelnden Gestalten wirken im Ganzen so stark in theatralish-dekorativem Sinne, daß der Beschauer die fehlende innere Größe und Monumentalität beim ersten Anblick kaum vermißt. Aber dieser Eindruck hält nicht Stand; geschickte nstrumentirung erseßt nicht echte Musik. Woran es dem Künstler fehlt, zeigt recht deutlich das Pastellbrustbild Friedrich's des Großen mit seiner verschwommenen Modellirung und dem energielosen Ausdruck in Blick und Hal: tung. Bei der malerish blendenden Behandlung der Stoffe, vollends in der seinem Rococogeshmack zusagenden Pastelltechnik, ist der Künstler offenbar viel mehr in seinem Element. Daß ein bescheidenerer Gegenstand, wie das Kinderporträt 572 a in solcher Auffassung dekorativ überaus gefällig wirkt, ist erklärlich, und der Künstler, der wie Wenige diese keineswegs unwesentliche Seite seiner Kunst be-

herrst, könnte bei einer Beschränkung in seiner Stoffwahl unseres Erachtens nur gewinnen.

Besonders reiche Pflege genießt an der Karlsruher Kunst- \hule die Landschastsmalerei, und auf diesem Gebiet läßt sih die oben erwähnte Abhängigkeit von der älteren Münchener Richtung besonders nachweisen. Hermann BaischundGustav Schönleber, die beiden Hauptvertreter der Landschastsmalerei an der badischen Akademie, sind Schüler Adolf Lier's in München, der nah Scleich's Tode dessen landschaftlicher Auf- fassung durch reiche Lehrthätigkeit Verbreitung verschaffte. Baisch's energish gemalte „Brandung“ mit dem gegen die Wogen anstürmenden berittenen Lootsen läßt sich freilih nicht unmittelbar von den melanolish zarten Stimmungsbildern Sdhleich's ableiten ; indeß lehrt uns ein Vergleich der beiden nebeneinander hängenden Bilder Baisch's und Hellwag's, daß man den Einfluß des Lehrers auf seinen Schüler au bei verhältnißmäßig selbständigen Naturen nicht zu gering an- schlagen darf. Oder ließe sich etwa Kanoldt's griechish stilifirte Uferlandschaft oùzne das Vorbild der Homer- landshaften Preller's in einer dieser Richtung völlig fremden Zeit und Umgebung erklären? Wie dieser Künstler zurückshaut in das Land der Romantik, richtet ein anderer Karlsruher Meister seinen Blick voraus in die heran- nahende neue Epoche malerisher Kunst: Fr iedrich Kall- morgen, der seit 1881 neben Baish und Schönleber wirkt, ist von Hause aus auch Landschaster und als solcher nicht unberührt geblieben von den Schöpfungen der genannten beiden Maler, aber neuerdings entnimmt er, dur seine holländischen Studienreisen angeregt, dem Leben der dortigen Landbevölkerung vorzugsweise seine Motive, zugleih der impressionistishen Malweise Rechnung tragend. Unter den ausgestellten vier Bildern will uns das „Betende Kinder“ auf holländischer Dorsstraße darstellende am Besten gefallen, während das kleinere „Nathbarskinder“ mehr wie eine Studie wirkt, technisch aber doch zu wenig interessant ist, um für die völlige Jnhaltlosig- keit zu entshädigen.

Unter den jüngeren Landschaftern der Schule seien noch Alfred Scherres, ein Sohn des Berliner Malers, erwähnt, der in seinem „stürmischen Herbstabend in Litthauen“ bei gleiher Grundstimmung sih do freier bewegt als sein Vater und sier in Karlsruhe zu immer größerer Unabhängigkeit fih durcharbeiten wird. E |

Hans von Volkmann isst mit vier Landschasten ver- treten, welche kräftigere Charalterisirung zeigen als die meisten anderen Karlsruher Landschastsbilder; gleih diesen Werken zeihnet sich auch Gustav Kampmann's Lübecker Hafen- bild durch gesundes energishes Kolorit aus, während sein „Birkengehölz“ ganz in die lihten Töne einer impressionistish aufgefaßten Vorfrühlings-Landschaft getaucht ist. Als Hell: maler auf landschaftlihem Gebiet bekennt sich auch Paul Ravenstein in seinen beiden italienischen Veduten, von denen die Kürbisverkäufer in Venedig besonders dur ihre klare und sichere Farbengebung vortheilhaft auffallen. Ein- seitig bis zur Manier wirkt die Weißmalerei in den se{chs orientalische Stoffe behandelnden Bildern A. von Meckel's; dasselbe Farbenproblem, weiß auf weiß zu malen, is zwar niht ohne Geshick variirt, aber diese milchigen Tône ver- mögen in dem Hauptbilde, dessen Gegenstand „die Auffindung des Erschlagenen durch eine Karawane“ dramatische Handlung und Gegensäße auch im Kolorit verlangt, auf den Beschauer kaum eine andere als ermüdende Wirkung auszuüben. Der- artige Einförmigkeit verräth meist einen Mangel an geistiger Frische und Beweglichkeit, wenn man nicht gar annehmen will, daß äußerlihe Erwägungen, die sih an den einmal éï- rungenen materiellen Erfolg knüpfen, dabei ausschlaggebend sind, Auch der seit zwei Jahren von München an die badishe Hochschule berufene Claus Meyer kann dem Fluh der Einseitigkeit, die bei ihm allerdings mit hoher künstlerisher Durchbildung si verbindet, nicht ganz entgehen. Diese zusammensißenden Raucher und Trinker, Würfler, Kartenspieler und Kannegießer, auf deren Gruppe aus dem hohen Seitenfenster das Licht lben kennen wir bereits mit allen ihren Grillen und humoristishen Absonderlichkeiten, ihren Thonpfeifen und Schlapphüten, so

Zweite Beilage zun Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Dienstag, den 2 Juni

erscheint uns der Künstler in seinem jene typischen Gestalten vorführenden Bilde „die Urkunde“ entschieden glüdlicher als in der „Wachtstube“, wo er ein anderes Stoffgebiet aufsucht, indem er eine. Scene aus dem modernen Kriegsleben, einen von der Wache eingefangenen Spion bei unheimlihem Laternenshein im Vorraum des Wachtlokales ängstlich zu- sammengekauert, darstellt. Das Schwanken zwischen Charafk- teristik und Komik, das in seinen anderen Schilde- rungen einen Hauptreiz bildet, verursaht hier, wo der Künstler nur scharf charakterisiren will und dem Gegen- stand nah auch sollte, daß der Beschauer mit der anekdotish zugespitten Situation nihts Rechtes anzufangen weiß; ein L D aa daß die gleihe Auffassung nit für alle Stoffe i idt. erhältnißmäßig klein ist im Karlsruher Saal die Anzahl der Bilder, welche das moderne Leben von einer ernsten oder heiteren Seite zu s{hildern unternehmen. Neben dem düstern und beziehungsreichen Bilde Heyl's „vor der Sektion“ er- cheint die Flachheit der Auffassung in Tyrahn's „altem Lied“ doppelt s{wächlich. Auch die Komik in Huisken's „Kasernenbild“ hat etwas Gezwungenes, es ruht in dem Gegensaß zu dem frischen ungekünstelten Humor Röchling's auf diesem Gebiet, von dem wir in der Berliner Abtheilung so köstlihe Proben kennen lernten. Wenden wix uns aus dem Karlsruher Saal rechts, so betreten wir den Raum, wo die zur Ausstellung gesandten Erzeugnisse der Stuttgarter und Dresdner Malschulen ein kümmerliches Zeugniß von der Kunstpflege in Sachsen und Württemberg ablegen. Einige wenige Landschaften der Dresdner Schule er- heben \sich über das Mittelmaß, aber die Historienmalerei, wie sie Theodor Große in seinen beiden farbenscheuen biblischen Kompositionen vertritt, dürfen wir Gottlob als einen überwundenen Standpunkt Os Wie Keyereien, die aber den von München und Karlsruhe kommenden Beschauer sehr wohlthätig berühren, erscheinen daneben die impressioninischen Versuche einer Dresdner Künstlerin, Dora Hiv, welche aus der Bretagne ihre Motive geholt und fiherlih auch im Aus- lande ihre Ausbildung genossen hat. ——

Noch bescheidener, auch der Zahl nach, ist die Vertretung Stuttgarts, wo, wie es scheint, troß aller Anstrengungen ein kräftiges Kunstleben niht aufkommen kann. Wie viel mehr leistet da bei verhältnißmäßig kleineren Verwaltungs- mitteln die Weimarer Akademie! Man hat jüngst wieder ein hervorragendes Talent an diese Kunstshule zu ziehen ge- wußt: den in München ausgebildeten Norweger Fritjof Smith, dessen Bilder berechtigtes Aufsehen erregen, mcht durch Absonderlihkeiten der tehnishen Manier, sondern dur den Scharfblick und die Treffficherheit, welche seine Bildnisse ver- rathen, durch die Frische und Herzlichkeit, die in seinen Darstellungen aus dem Kinderleben sich ausspriht. Das Porträt seines Lands- mannes Jbsen ist von packender Lebendigkeit und do ohne Ueber- treibung der gerade bei diesem Charafterkopf so merkwürdigen Abweichungen von dem Gewöhnlichen. Shlichte Haltung, energischer Blick in dem von buschigem Haar umrahmten Greisenantliy zeihnen das Bild vor Allem aus. Jn den Porträts einer vornehmen älteren Dame und einer jugendlichen Klavierspielerin kommen die gleichen Vorzüge, die uns die Persönlihhkeit in ihrem Kern vor Augen führen, ohne das Beiwerk absichtlih zu vernachlässigen wie vorzüglich stimmt z, B. die altmodische Umgebung bis auf die goldene Empire- tasse auf dem Tisch zu dem Wesen der alten Dame —, eben- falls treffflich zum Ausdruck. Jn koloristischer Beziehung zeigt sich Smith in dem gegenständlih an Lenbach's Hirtenknaben in der „Schackothek“/ zu München erinnernden „Gänjeliesl“ und den auf sonniger Stadtwiese spielenden Kindern als Meister, der die Errungenschasten der neuen malerischen Technik in den Dienst einer wirklih empfundenen Stimmung zu stellen versteht. Dieses richtige Abwägen zwischen Mittel und Zweck ist Fri ß Fleischer in seinem nur als technische Leistung imponirenden Bilde „die Hundehexe“ nicht eigen. Für einen derben Wiß ist das gewaltige Format doch etwas zu unverhältnißmäßig. Auch die Landschaftsstudien von Ludwig Frhrn. von Gleichen- Rußwurm, einem Enkel Schiller's, wirken mehr als gewagte technishe Experimente, denn als Kunstwerke, während die zahlreichen breitgemalten, aber in der Färbung hie und da zu harten Landschasten Ludolf Berkemeyer's cine große Sicherheit in der Beherrshung der malerischen Mittel ver- ten Neben den süßlihen Oeldrucken ähnlih sehenden Leistungen der älteren Weimarer Landschaftershule, wie den stets in irgend eine unmöglihe Abendstimmung etauchten Landschaften Friedrih Albert Shmidt's berührt iese kräf- tige Behandlung doppelt wohlthuend. Daß Zierlichkeit und Fleiß in der Durchführung darum nicht immer Anzeichen künstlerischer Schwäche sind, beweisen zur Genüge der Weimarer Altmeister Albert Brendel in seinen Thiexbildern, und auf dem Gebiet der Genremalerei Max Thedy in dem auf Holz gemalten holländischen Jnterieur, das gleih den Schöpfungen Terborch's und der modernen Feinmaler Claus Meyer und Harburger den Beschauer die Behaglichkeit eines vom Sonnenlicht durh- wärmten anspruchslosen Raumes, in welhem eine Magd beim Puten eines Kupferkessels beschäftigt ist, mitempfinden läßt. Thedy's Schüler Ras ch, der sonst gleih seinem Meister gern holländisches Leben schildert, zeigt in dem Bilde „aus der Jugendzeit“ eine etwas derbere Physiognomie, der ein keder Zug frishen Humors wohl ansteht. : L

Zahlreih sind im Weimarer Saal die Werke dilettirender Damen, meist niht zum Vortheil des Gesammteindrucks, Vver- treten. Zu den Dilettanten möchten wir auch troy jeines ererbten Künstlernamens Lucas von Cranach rechnen, der aus antiquarischer Liebhaberei ein Damenporträt in die steifleinene Frauentracht des sechzehnten Jahrhunderts kleidet, außer der Kleidung aber seinem Maler-Ahnherrn nichts ab- gesehen zu haben scheint. : :

Wenn wir noch die Aquarellstudie von N einen arabishen Märchenerzähler im Café, und ein vielver)prehen- des Bild eines junyen Holsteiners Momme Nissen „am Web- stuhl“/ erwähnen, dürften wir den bedeutenderen Leistungen der Weimarer Schule ohne wesentlihe Ausnahme gereht ge-

189.

L, K. Die Kunstwissenschaft hat in diesem Jahre

{were Verluste zu beklagen. Vor kaum zwei Monaten starben

kurz nacheinander zwei der tüchtigsten Kenner italienischer

Kunst, Karl von Liphart und Giovanni Morelli;

am vergangenen Sonntag, 31. Mai, folgte ihnen der unl-

versellste und hervorragendste Universitätslehrer der Kunst-

geschichte, Geheime Rath Professor Anton Springer in

Leipzig, im Tode nah. Obwohl er bereits im sechsund-

sehzigsten Lebensjahre stand und seit Jahrzehnten ein {hweres

Leiden an seiner Lebenskraft zehrte, hat ihn der Tod mitten

aus rüstigster Arbeit hinweggerissen. Wohl selten hat ein

Lehrer gleich dem Verstorbenen es verstanden, seine

Zuhörer bis zur Leidenschaft für die Sache zu

begeistern und neue Anregung auf einem Gebiet aus-

zusäen, das er selbst erst dem streng wissenschaftlihen Studium

erobert hatte. Von rein geschichtlihen Studien kommend,

hatte er hon als junger Privatdozent in Prag in den „Kunst-

historischen Briefen“ einen universellen Ueberblick über das

Arbeitsgebiet gegeben, welhes er mit lebhaftestem Eifer und

unausgeseßter Rührigkeit anbauen half. Seine Lehrthätigkeit

in-Bonn, wo er mit Dahlmann und Jahn in engem, anregen-

dem Verkehr stand, verschafste ihm im Jahre 1860 die Er- nennung zum ordentlichen Professor der Kunstgeschichie an der

rheinishen Universität; diesen Lehrstuhl vertauschte er 1872

mit dem der neu gegründeten Hochshule zu Straßburg, deren Einweihung seine begeisterte und begeisternde Festrede einen besonderen Glanz verlieh. Aber s{hon im folgenden Jahre 1873 siedelte Springer nach Leipzig über, wo er bis zu seinem Tode, verehrt von einer immer mehr an- wachsenden Schülerschaar, eine an äußern wie innern Erfolgen überreihe Wirksamkeit entfaltete. Seinen Verdiensten an dieser Stelle in vollem Umfange gereht zu werden, ist un- möglich. Von den zahlreihen auch in weiteren Kreisen die Begeisterung für seine Wissenschaft wekenden und fördernden literarishen Schöpfungen Springer's seien hier nur die Doppelbiographie Raffael's und Michelangelo's, seine erst vor wenigen Jahren in zweiter Auflage erschienenen „Bilder aus der neueren Kunj|tgeschichte“, sowie das troy seines bescheidenen Titels und Umfanges eine Fülle von Wissen und Anregung in meisterhafter Form bergende „Textbuch u Seemann's funsthistorishen Bilderbogen“ erwähnt. Welche Bedeutung seine ikonographischen Studien für die geschichtliche Betrachtung der mittelalterlihen Kunst besißen, brauht für die Fach- kundigen, an welche si diese Arbeiten Springer's zuvörderst wenden, niht besonders hervorgehoben zu werden. _Ein würdiges Seitenstü4 wird die Lebensbe\chreibung Raffael's in einer Monographie über Albrecht Dürer erhalten, deren Se Ur für den Druck den Altmeister der Kunstwissen- haft bis in die leßten Stunden seines stets in lebhastester geistiger Arbeit sich bewegenden Lebens beschäftigte.

—s, In der Maisitzung der Philosophishen Gesell- \chaft, welche am Sonnabend Unter den Linden 27 abgehalten wurde, \prach Professor G Engel über die psychophysishe Be- deutung der Ton” tanzen. Nachdem der Vortragende den ctwas abstrakten Char- seines Themas betont, welches auch speziell musikalishe Kenntnis ¿oausseße, wies er auf den vor etwa einem Jahre in psychophysishen Kreisen entbrannten Streit hin, ob bei der natürltchen Beurtheilung von Tonhöhedistanzen ein arithmetishes oder ein geometri\ches Verhältniß zu Grunde zu legen sei. In dieser Richtung sind in dem Wund’schen Laboratorium an der Leipziger Universität Beobachtungen angestellt worden, die indessen {on insofern

sie nicht von erprobten Musikern, sondern von jungen Studirenden vorgenommen worden, unter denen si sogar ein völlig unmusikalischer Musensohn befand. Von Erzeugnissen der Literatur, welche sih mit dieser Materie beschäftigen, waren es die folgenden, die der Vor- tragende in den Kreis seiner Betrachtungen z0g: Eine Abhandlung von Lorerz in den von Wilhelm Wund herausgegebenen „Philo- sophishen Studien“, eine von Stumpf in der „Zeitschrift für Psyho- logie und Physiologie der Sinnesorgane“ veröffentlicht- itik der Lorenz’\chen Abhandlung und eine Schrift von Wund, in». Ar dieser selber die Vertheidigung von Lorenz führt. Während Lorenz uno Wund das arithmetishe Verhältniß als maßgebend für die subjektive Empfindung von Tondistanzen bezeihnen, mat Stumpf vielmehr hier das geometrishe Verhältniß geltend. Der Vortragende selber ist auf Grund eingehender Untersuchungen und Beobachtungen zu der Ueberzeugung gelangt, daß für die in Rede stehenden Tondistanzen eine geometrishe Differenz anzunehmen sci, bei welcher das Verhält- niß beider Endtöne zu einander in Betracht gezogen werde, während die arithmetishe Differenz lediglich mechanisch die Mitte bestimme ; das geometrishe Verhältniß stelle sich als das konkret Allgemeine, das arithmetishe als das abstrakt Allgemeine dar. Die Lage der Tône ecsheint vershieden je nah der Modulation, und in den Kreisen namhafter Musiker wundert man sih, wie man überhaupt habe glauben können, auf dem Wege der Leipziger Beobahtungen zu einem positiven Resultate zu gelangen. Während ih diese Beobachtungen überall nur über den Umfang von zwei Oktaven ausdehnen, hat Pro- fessor Engel seine Untersuhungen an etnem drei und eine halbe Oktave umfassenden Apparate und, unbeeinflußt von störenden Ober- tônen, mit Zuhülfenahme der vorzüglihsten Stimmgabeln angestellt, welche die moderne Technik kennt. Eine Beobachtung, nah welcher man sich bei diesen nur für ein sehr geübtes musikalisches Ohr be- rechneten Untersuhungen rihten kann, ist die geringere Tonfülle eines tiefen und die größere Kraft eines bohen Tones. Nicht selten sheint auch die Neigung vorhanden zu sein, die Mitte zwischen zwei gegebenen Tren etwas höher zu schäßen, als es der Wirklichkeit entspricht. Der Vortragende, welcher seine Untersuchungen u. A. im Verein mit den Professoren Trendelenburg und Urban angestellt, welche Beide über ein außerordentli ausgebildetes musikalishes Gehör verfügen, bezeihnet die Wahrnehmung einer Drittelshwingung in der mittleren Lage für ein gutes Ohr noch als möglich. Hr. Professor Engel hatte von dem reihen Material über die noch nicht zum Abschluß gebrachte Frage nur einen Theil zum Vortrage gebracht, troßdem knüpfte sichG an seine Ausführungen eine angeregte Diskussion.

Land- und Forstwirthschaft.

i Ernte-Aussichten.

Die Ernte-Ausfichten in Bulgarien sind Nawrichten vom 23. v. M. zufolge bisher recht günstig. Die Herbstbestellung ist Pas von Statten gegangen und den Winter haben die Saaten, mit usnahme von Gerste, welche in einigen Gegenden vom Frost gelitten hat, ohne Schaden überstanden. Auch die Frühjahrsbestellung ist

vom Wetter begünstigt gewesen. In Folge der sehr günstigen Witterungsverhältnisse haben \ich,

gut wie Grügner's Klosterbrüder oder Defregger's Tiroler- urshen und Dirnen. Aber wenn wir aufrichtig sein sollen,

worden jein.

dec „Th. C.“ zufolge, die Ernte-Aussichten in Thüringen wesentlih gebessert. Doch erhalten si die Preise auf ihrer Höhe,

eine Gewähr für ein objektives Grgebniß kaum zu bieten vermögen, al2——--—