1891 / 133 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 09 Jun 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Oesterreih-Ungarn.

Der Beginn der Handelsvertragsverhandlungen zwishen Deutschland, Oesterreich - Ungarn und Jtalien steht nah einer der „Pol. Corr.“ aus Rom zu- gegangenen Mittheilung für Ende Juli in Aussicht.

Die erste Kommission des Weltpostkongresses hat, wie „W. T. B.“ meldet, die Revision des Hauptvertrages des Weltpostvereins beendigt. Sieempfsiehlt die Regelung des Sortirens der von dem Kommandanten eines Kriegsschiffes aufgegebenen Correspondenzen und \s{lägt die Einführung einer neuen Vertrag2bestimmung vor, nach welcher sich die Vereinsstaaten gegenseitig zur Verfolgung von Nachahmung und Mißbrauch von Postwerthzeichen verpflichten. Die dritte Kommission beendigte die Revision des Ueber- einktommens bezüglich der Postanweisungen und der zugehörigen Reglements, wodurch Dank dem Ent- gegenkommen der französishen Delegirten ein neuer wichtiger Schritt zur Vereinheitlihung des Vereinsverkehrs geschieht. Die vierte Kommission beschloß, den ersten Theil des österreihishen Vorschlags, betreffend die Codificirung der gesammten Bestimmungen in einem Hauptvertrag und einem Ausführungsreglement, einer Enquete- Kommission zu überweisen; über den zweiten ist noch kein Beschluß gefaßt.

Die Junspizirung der Truppen im Lager bei Bruck a. d. Leitha durch Seine Majestät den Kaiser beginnt nach einer Meldung des „W. T. B.“ heute. Eine Deputation deutscher Offiziere ist bereits in Bruck eingetroffen.

Die „Wiener Zeitung“ von heute veröffentlicht eine Ve r- ordnung des Gesammt-Ministeriums vom gestrigen Tage, durch welche die für die Gerihtssprengel Wien, Korneuburg und Wiener Neustadt im Jahre 1884 ge- troffenen Ausnahmeversügungen mit dem heutigen Tage theilweise aufgehoben werden. Demnach treten die Be- stimmungen übex die Vornahme von Haussuchungen, die Be-

shlagnahme von Briefen,“ ferner betreffend die Vereine, Ver-

sammlungen, Drucfschriften und Verhaftungen ohne richter- lihen Befehl außer Wirksamkeit. Dagegen bleiben die auf Grund des Ausnahmegeseßes erfolgten Ausweisungen aufrecht, insofern niht den Ausgewiesenen in jedem einzelnen Falle die Rückkehr bewilligt wird.

Der Budgetaus\chuß beendete in seiner gestrigen Sitzung die Berathung des FUangeeues mit Ausnahme der Berathung des gesammten Budgets. Bei der Berathung über den Dispositionsfonds erklärte der Abg. Heilsberg Namens der Linken, die Linke werde im Ausschuß ohne Präjudiz dafür flimmen, sich indeß vorbehalten, bei der Generaldebatte im Plenum ihre Parteistellung zu kennzeichnen. Der Jungczehe Herold warf der Regierung vor, daß sie die wesentlihsten Punkte des Programms der Czechen mißachte; sollte ein solhes Verhalten andauern, so werde in Böhmen kaum eine czehishe Partei zu

finden sein, die im Reichsrath mitzuarbeiten gewillt sein würde; die Zungczehen würden dann, ohne auf die übrigen Verhältnisse in Oesterreih Rücksicht zu nehmen, ihr Ret L E trahten. Der Abg. Bareuther erklärte Namens

der Deutshnationalen, daß dieselben gegen den Dispositions- fonds stimmen würden. Der Minister-Präsident Graf Taaffe hob hervor, daß der in der Thronrede gewünsŸhte Waffenstillstand zwishen den Parteien Behufs ihrer An- näherung zu einer sorgfältigen Lösung der wirhschcstt- lihen, nur budgetären Aufgaben vielfach bereits erreiht worden sei ; zaubern könnten allerdings weder die Regierung noch die Parteien. Bei der darauf erfolgenden Abstimmung wurde der Dispositionsfonds mit allen gegen drei Stimmen (zwei Jungczehen, ein Deutschnationaler) be- willigt. Zur Erwerbssteuer beantragte Dr. von Plener eine Resolution, dahin gehend, daß bei derx Reform der Erwerbssteuer diejenig-n Gewerbetreibenden, welhe nur einen oder keinen Gehülfen hielten, von der Ecwerbs- steuer befreit bleiben sollten; ferner legte derselbe Ab- geordnete einen Geseßentwurf vor, wonach vom 1. Januar 1892 ab die kleinsten Steuerzihler bis einschiießlih 91/4 Fl. von außerordentlihen Zuschlägen, unbeschadet des politishen Wahlrechts, befreit bleiben sollen. Der Finanz- Minister Dr. Steinbach wies auf die wachsenden Staats- ausgaben und die Gefahr der Verminderung einzelner Staate- einnahmen hin, machte verschiedene Bedenken, insbesondere die nicht unbeträchtlihen Steuerausfälle in Folge ver Plener'’schen Anträge, geltend und ersuhte ihm in diesen Fragen Zeit zu lassen. Die Resolution Plener wurde alsdann angenommen, die Entscheidung über dèn Geseßentwurf einer späteren Be- s{chlußfassung vorbehalten.

Die „Wiener Abendpost“ veröffentliht eine Reihe von Bestimmungen Betreffs der Verzollung der am 1. Juli mit der Aufhebung des Freihafengebietes Triest daselbst vorhandenen Waarenvorräthe. Hiernah unterliegen die ausländishen Waaren einer Nachverzollung nach dem österreichisch - ungarishen Zolltarif mit Berücksichtigung der am 1. Juli eintretenden Modifikationen. Die Nach- verzollung erfolgt nah den für die Einfuhr aus den meist- begünstigten Staaten geltenden vertragsmäßigen Zollsägen, beziehungsweise nah den Zollsäßen für die Einfuhr zur See, ohne nähere Nachweisung. Die Waaren rumänisher Pro- . venienz jedoch werden den bisher festgeseßten Zollgebühren uiiletwortea,

Großbritannien und JFrland.

Das Oberhaus nahm in seiner gestrigen Sißung die Bill, betreffend den Nobbenfang, in allen Lesungen an. Im Laufe der Debatte erklärte der Premier Marquis von Salisbury: er glaube Rußland werde dec Suspendirung des Robbenfangs beitreten.

Im Unterhause beantragte Hart Dyke eine Reso- [lution als Basis einer demnähst einzubringenden Bill, be- treffend den freien Unterricht. Danach joll die staatliche Beisteuer von einem halben Pfund Sterling für jeden Schüler der Elementarschulen von 5 bis 14 Jahren gewährt werden und für diese Altersperiode der Sculbesuch obligatorish sein. Das Haus nahm nach längerer Debatte den Antrag an.

Fn gewissen wohlinformirten konservativen Kreisen ver- lautet nah der „Times“ und den „Daily News“, daß die Regierung si ernstlih mit dem Gedanken trage, dem im lebten Jahre gegebenen Beispiel hinsihtlih einer Wintecsession des Parlaments auch in diesem Jahre wieder zu folgen. „Einige Minister“, schreibt die „Times“, „hoffen zwar, mit der Erziehungsbill wie mit den andern unerledigten Vorlagen früh. genug Jertig zu werden, um die Vertagung des Hauses gegen Ende Juli zu ermöglichen. Jn Rücksicht jedo auf die Wichtig- keit mehr als einer der Bills für die nächste Session heißt es,

daß das Kabinet entschieden für Wiederzusammentritt des Parlaments nicht später als im November is}. Die wiederholt von Herrn Smith ausgesprochene Hoffnung, das Parlament Ende Juni vertagt zu sehen, hat, zusammen mit dem er- wähnten Gerücht, den Glauben hervorgerufen, daß die Er- ziehungsvorlage bis nah dem Wiederzusammentritt des Hauses zurückgelegt werden würde, Falls man es versuchen sollte, dem Fortschritt der Vorlage Hindernisse in den Weg zu legen.“

Aus Melbourne (Australien) wird gemeldet: Das Parlament von Victoria wird am 23. Juni zusammen- treten und sich zunächst mit dem Föderationsplan be: schäftigen, welcher von beiden Seiten des Hauses unterstüßt wird. Von Victoria hat \ich ein Neue nah dem König-Georgs-Sund begeben, um daselbst Forts anzu- legen. Die australishen Kolonien werden die Bemannung und das Kriegs: Ministerium die Geschüße liefern.

Frankreich.

Paris, 9. Juni. Der Minister-Präsident de Freycinet ist laut Meldung des „W. T. B.“ zu einem zehntägigen Aufenthalt nah A ix-les-Bains abgereist.

Der Senat nahm gestern nah längerer Debatte mit

208 gegen 49 Stimmen die von der Kammer bereits geneh- migte Vorlage, betreffend die Herabseßung der Getreidezölle, an. Die Deputirtenkammer genehmigte den Gesezentwurf, betreffend die Zustimmung zu dem in der internatio- nalen Telegraphen - Konferenz zu Paris festgeseßten Telegraphentarif, sowie zu dem am 18. Februar d. J. in Paris von dén Vertretern Deutschlands und Frank- reichs unterzeihneten Vereinbarungen, betreffend die Rege- lung des telegraphishen Verkehrs. Die Deputirten Vian und Genossen haben zu dem Budgetgesey ein Amendement eingebracht, mit dem 1. Januar 1892 eine Steuer von 1 Prozent auf die Prämieneinnahmen der Feuer - Versicherungs - Gesellschaften zu legen und aus den Beträgen einen vom Minister des O zu verwaltenden Unterstüßungsfonds für verunglückte ¿Feuerwehrleute zu bilden. Eine Anzahl jozialistischer Deputirten hat einen Anirag eingebracht, die Sacré:coeur- Kirche auf dem Montmartre zu schließen. _ Der-Untersuhungsrichter hat die Akten, betreffend die Melinit-Affaire, der Staatsanwaltschast übergeben; wie verlautet, sollen die Angeklagten vor die zehnte Zuchtpolizei- Kammer gestellt werden.

Der Arbeits - Minister Yves Guyot soll nah Meldung einzelner Abendblätter erklärr haben, dec Direktor der Orleans: bahn beabsichtige für den Fall eines Strikes, den gesammten Dienst durch Genrietruppen versehea zu lassen.

Jtalien.

__Dhre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prin- zessin Leopold von Preußen sind mit der Prin- zessin Victoria Margarethe einem Wolff'schen Tele- gramm zufolge gestern in Venedig eingetroffen. Das englishe Geshwader ist von Venedig nah Triest ab- gegangen.

Ja der gestrigen Sizung der Deputirtenkammer antwortete der Minister-Präsident Marchese di Nudini auf eine Interpellation des Deputirten Barzilai über die Aus- weisung des italienishen Journalisten Cantalupi aus Dester- reih: exr könne und wolle keine Aufklärungen geben und habe auch von Wien keine verlangt, weil er in einem ähnlichen Falle es auch nicht zulassen würde, daß andere Staaten in Rom anfragten. Betreffs des Zwischen- falls beim Verkauf der Bildnisse der Königlichen Familie habe die öôsterreihishe Regierung freiwillig die weit- achendsten Aufklärungea gegeben. Wenn die Subskription in Triest für die Opfer der Pulverexplosion in Nom wirklich verboten sci, so dürften dafür viele triftige Gründe vor- handen gewesen sein. Die Freundschaft Jtaliens mit Oesterreih - Ungarn sei eine solche, daß ein UÜebel- wollen Seitens des Allücten Jtalien gegenüber gänz- lich ausgeschlos\en sei. Die Jnshrist an dem Denkmal Andreas Hofer's jei auf Anordnung der Regierung erneuert worden, weil es sich um eine der wahrhaftesten Berühmtheiten gehandelt häite. Andreas Hofer sei für die Unabhängigkeit seines Vaterlandes gefallen, Die Regierung glaubte, ähntich wie sie den bei Novara und Solferino gefallenen Oesterreichern e exwiesen hab2, auch Andreas Hofer dadurch ehren zu ollen.

Jn der Kammersißung am leßten Sonnabend entspann sih eine längere Debatte über die Neubewaffnung des Heeres. Jm Verlaufe derselben erklärte der Kriegs-Minister, der M. „N. Z.“ zufolge, der gegenwärtige Vorrath von anderthalb Millionen Gewehren sei niht genügend. Für dieses Jahr werde man 50 000 neue Gewehre herstellen, im nähsten Jahre aber werde er eine die ganze Heeresbewaffnung umfassende Vorlage einbringen und der neuen Schießwaffe, welche er für die höchste Leistung dex modernen Schießwaffentehnik halte, eine größere Geldsumme zuwenden, Die Kammer begleitete diese Erklärungen mit Beifall und nahm die Vorlage über die Neubewafsnung des Heeres mit 165 gegen 52 Stimmen an. Fn der Nacmittagssißzung seßte die Kammer die Debatte über das Marine-Budget fort. Abg. Contre-Admiral Morin sprach scin Bedauern darüber aus, daß die Finanzlage ein Budget einzuschränken zwinge, welches eine Hauptbedingung der Reihswohlfahrt genannt werden müsse. Die Flotte, wenn auch in ihrer Entwicklung behindert, sei indessen stark genug, um das Reich zu hüten. Thue man noch ein Geringes, fo we1de sie in den Stand gesetzt sein, au in offener Seeschlaht gegen wen immer zu bestehen. Dizzenigen, welche die Flotte nur zur Küstenvertheidigung be- stimmt sehen möchten, wüßten nicht, wie unheilvoll für das Land, wie exniedrigend für die Flotte ein derartiges Ansinnen sei. Die Flotte müsse das Meer frei beherrschen können. Der Marine-Minister Saint-Bon erklärte: er werde das Mög- liste thun, um die Entwicklung der Flotte zu fördern, welche stark, dennoch aber nicht so stark sei, wie beispielsweise die französishe. Es besecele ihn indessen die Zuversicht, daß die Matrosen und Offiziere im Falle eines ungerechten Angriffs für die eigene Ehre un5 ‘des Reiches Wohl mannhaft ein- stehen würden.

Schweiz.

Der Nationalrath hat in seiner gestrigen Sizung mit 82 gegen 32 Stimmen den Ankauf von 50000 Aktien derCentralbahn genehmigt und mit 90 gegen 15 Stimmen beshlossen, das Bundesgeseg über das Rechnun gswesen der Eisenbahnen in dem Sinne abzuändern, daß bei Eisenbahnen, bei welchen der Bund odcx die Kantone als Aktionäre betheiligt sind, die geseßlihe Beschränkung des

P t

Stimmrehts der Großaktionäre auf ein Fünftel dex an der Generalversammlung vertretenen Stimmrete beseitigt sei. Joos stellte den Antrag, der Bundesrath solle untersuchen, ob nicht in die Bundesverfassun folgender Zusaß aufzunehmen sei: „Der Bund wird die Grund- jäpe feststellen, gemäß welchen die Verstaatlichung der Eisenbahnen zu geschehen hat.“ Der Antrag Brenner: „Der Bundesrath möge über die Amnestirung der wegen Theilnahme an den Tessiner Ereignissen (Frühjahr 1889 und Herbst 1890) den eidgenössishen Assisen überwiesenen Perfonen Bericht und Antrag einbringen“, wurde mit 69 gegen 58 Stimmen für erheblich erklärt.

Der Bundesrath hat der Bundesversammlung einen Gesegentwurf, betreffend die Errichtung von Rad- fahrer-Abtheilungen im Heere, zugehen lassen, welcher nah dem Berner „Bund“ lautet:

I, Organisation und Rekrutirung. Artikel 1. Zar Besorgung des Staffeten- und Ordonnanzdienstes werden den Stäben der höheren Trupvenverbände Nadfahrer zugetheilt, und zwar: dem Armecestakte* ein Offizier und 15 Radfahrer, worunter ein Adjutant- Unteroffizier und zwei Wachtzneister oder Korporale; im Urmee- Corps-Verbande dem Armee-Corp2-Stabe 8 Radfahrer, worunter ein Adjutant-Unteroffizier und ein Wachtmeister oder Korporal; den Divisionsstäben für sich und zur Abkommandirung zu den ihnen unterstellten Stäben oder Truppencorps je 15 Radfabrer, worunter ebenfalls je ein Adjutant - Unteroffizier und zwei Wachtmeister oder Korporale; jedem Landwehr: Brigadestabe vier Radfahrer, worunter ein Unteroffiziec. Der Gesammtbestand kann bis auf 10% Ueberzählige erhöht werden. Artikel 2, Im Landsturm cines jeden Divisions-Kreises wird eine besondere Rad- fahrer-Abtheilung gebildet zur Verwendung im Etappen- und Terri- torialdienst und zur Ergänzung für Auszug und Landwehr, Artikel 3, Wenn das Bedürfniß es erheischt, können weitere Rad- fahrer-Abtheilungen gebildet werden. Artikel 4. Die Radfahrer werden in erster Linie aus Wehrpflichtigen rekcutirt, welche aus irgend einem Grunde sih nicht zum bewaffneten Dienst eignen. Je nach Bée- darf wird die Zahl aus Soldaten anderer Truppengattungen, die si als Radfahrer eignen, ergänzt. Artikel 5. Die Radfahrec werden dem Generalstabe unterstellt. :

II. Bekleidung und Ausrüstung. Artikel 6 Die Aus- rüstung des Radfahrers besteht aus einem Bicyclette, welches von ihm selbst zu stellen ift. Jn Bezug auf dié Bekleidung und weitere Aus- rüstung ist der Bundesrath ermächtigt, die nöthigen Bestimmungen

zu erlassen.

IIZ. Unterriht. Artikel 7. Die Radfahrer haben vor ihrer definitiven Annahme als solche eine Rekrutenshule der Infanterie oder einer anderen Truppengattung und fodann eine spezielle Rat- fahrershule von drei Wochen Dauer zu bestehen; die Unter- offiziere überdies vor ihrer Ernennung eine Unteroffiziershule für Radfahrer von ebenfalls drei Wochen Dauer. Im Außs- zuge haben die Radfahrer je das zweite Jahr einen Wiederholungs- kurs mit ihren Stäben, oder, wenn leßtere nicht in den Dienst berufen werden, einen Radfahrer-Wiederholungskurs von 10 Tagen Dauer zu bestehen. Jn der Landwehr werden die Radfahrer zu Wiederholungskursen einberufen, so oft eine Einberufung der In- fanterie der Landwehr des betreffenden Divisionskreises stattfindet. Die Dauer dieser Kurse entspricht derjenigen der Wiederholungskurse der Cadres der Landwehr-Infanterie. Die NRadfakbrer des Armeestabes werden abwechslungêweise den Leitenden der größeren Manöver zu- getheilt. Der Spezialunterriht der Radfahrer {teht unter dem

Generalstabsbureau.

IV. Besoldung und Kompetenzen. Art. 8. Jn Bezug auf Befoldung und Kompetenzen gelten die Bestimmungen der Militär-Drganisation und des Verwaltungsreglements, welche füx die Infanterie festgeseßt sind. Ueberdies erhalten die Radfahrer die laut Art. 5, Litt. d, des Gescßcs vom 21. Februar 1878 für die Guiden rorgesehene tägliche Zulage von 1,50 Fr. Art. 9. Der dem Armee- stabe zugetheilte Offizier ist beritten und zu einer Pferderation be- rechligt. Art. 10, Die Maschinen der Radfahrer werden in jedem Dienst ein- und abgeshätt, und es soll der im Dienst ohne Ver- \chulden des Radfahrers entstandene Minderrwoerth demselben vergütet werden. Für gewöhnli®e Abnüßung wird überdies eine vom \chweizerischen Militärdepartement zu bestimmende Entschädigung ge- leistet. Art. 11, Referendumsvorbehalt.

Türkei.

Der deutsche Botschafter von Radowiß hatte, wie dem

T. B.“ aus Konstantinopel gemeldet wird, am Sonntag eine längere Konferenz mit dem Großvezier.

Der Staatssekretär des Neichs:Postamts Dr. von Stephan hatte vorgestern mit verschiedenen Faktoren des Verkehr s- wesens, türkishen und österreichishen, Unterredungen über die Herstellung eines direkten Packetverkehrs auf dem Land- wege nah Europa. Gestern stattete der Staatssekretär in Begleitung des deutschen Botschafters dem Großvezier Kiamil Pascha einen Besuch ab und trat sodann die Reife nach Athen an. :

In Folge eines Ende Mai zwischen den Franziskanern und den Geistlihen der griechischen Kirche wegen un- berechtigten Gebrauchs der Thür dzr Nativitätskirche zu Bethlehem entstandenen Streits, wobei beiderseits zahl- reie Verwundungen vorgekommen sind, richtete der \rangzösische Botschafter Graf von Montebello éine Note .an die Pforte, worin er beklagte, daß die Pforte die Griechen den Lateinern gegenüber stets begünstige, und strengste Untersuhung sowie Besirasung der Schuldigen verlangte, indem er nur eine kurze Frist für die Antwort gewährte. Da diese für die Griechen günstig ausfiel, erk.ärte sie der Botschafter für un- genügend.

Schweden und Norwegen.

Der Kronprinz ist, wie „W. T. B.“ aus Stockholm meldet, am Sonntag nah zweitägigem leihten Unwohlsein an hestigen Kopfschmerzen und an Gelenkschmerzen erkrankt, sodaß Seine Königlihe Hoheit das Bett hüten muß. Die Aerzte bezcihnen die Krankheit als Jnfluenza. Nah dem gestern CEusgegebenen Bulletin betrug die Temperatur 391 /9 Grad C.

(F) Christiania, 7. Juni. Bei der gestrigen Beraihung des Zolltarifs wurden vom Storthing noch folgende Beschlüsse gefaßt: Unter „anderen Baumwollenwaaren, gans einfarbig oder gebleiht,“ wurde der jeßige Zoll auf Buchbinder- leinwand (Buchbindercloth) aufgehoben, dagegen der Zoll (27 Oere per Kilogramm) für „andere“ beibehalten. Nach dem jeßigen Tarif kann das Zolldepartement die zollfreie Einfahr von Brannt- wein zu technishem Gebrauch unter der Bedingung gestatten, daß der Branntwein durch Zusaß als Genußmittel unver- wendbar wird. Nach dem Beschluß des Storthings soll der Zoll künftig für denaturirten Spiritus 10 Dere per Liter und für Spiritusfirnis (jeßt 2 Kronen per Kilogramm) 10 Oere per Kilogramm betragen. Der Regierungsantrag wegen Er- höhung des Kakaozolls. wurde vom Staats-Minister Steen zurückgezogen. i

Der Artillerie-Construkteur Kapitän: W. Olssön hat si nah Finspong in SGweden begeben, um einen Kontraï wegen Lieferung einer Batterie 57mm shnellfeuernder Kanonen mit Laffeten, Munition u. #. w. abzuschließen. Die

ollen nah der Konstruktion des Jngenieurs Thronsen aci werden und sind für die Küstenvertheidigung be- stimmt; sie werden auf der Festung Oscarsborg am Dröbaksund Aufstellung finden. Amerika».

Vereinigte Staaten. Der Sekretär des Ackerbaues Rus k hat ein ausführlihes Reglement für Vieh-Trans- portschiffe erlassen. Die Schiffe müssen dana, von Rusk ein auf ein Jahr lautendes Certifikat einholen, in welhem anter Anderem die Anzahl der Viehstücke angegeben ist, welche das Schiff tragen darf. Das Realement schreibt ferner den dem Vieh auf D:ck zu gebenden Raum vor und bestimmt die zur Bequemlichkeit und Sicherheit des Viehs dienenden Ein- rihtungen. f :

Chile. Ja London eingetroffenen Meldungen aus JFquique vom 8. d. M. zufolge haben die chilenishen Kriegsschiffe „Almirante Lynch“ und „Almirante Condell“ mit zwei bewaffneten Transportdampfern aus der Ferne den Versuch gemacht, Pisagua zu bombardiren. Einige Ge- \cosse hätten die Stadt auch erreiht. Die Schiffe der Auf- [ol den hätten die Verfolgung der Angreifer aufgenommen.

Haiti. Aus Haiti in New-York eingelaufene Berichte des „W. T. B.“ vom 31. Mai geben von den {hon kurz ge- meldeten dortigen Vorgängen (vgl. Nr. 127 des „N.- u. ie folgende ausführlichere Darstellung: „General Hippolyte lie 80 Personen unter dem Verdachte der Theilnehmerschast an einem revolutionären Komplot verhaften. Es verbreitete sich das Ge- rüht, der Präfident beabsichtigte, eine Gatling - Mitrailleuse gegen das Gefängniß richten und die 80 Gefangenen tóôdten zu lassen. Die Freunde der Leßteren begaben sh in Folge dessen ins Gefängniß, um dieselben zu be: freien. Der Versuch mißglückte. Hierauf begann ein Blutbad, dessen erstes Opfer ein angesehener Kaufmann, Namens Rigaud, war. Der Präsident ließ ihn ergreifen, auf den Kirchhof führen und dort erschießen. Ein 16 Jahre alter Neffe Rigaud's wurde ebenso erschossen. Die Massenhinrichtungen wurden fortgesctt, obgleih kein Widerstand geleistet wurde.“

Asien.

China. Das „Reuter’she Bureau“ meldet aus Shanghai vom 8. Juni: Ernste Unruhen hätten in Wuhu bei Kinkiang stattgefunden. Die eingeborene Be- völkerung hätte cinen Zollbeamten und einen Missionar er- mordet und mehrere Häuser in Brand gesteckt ; die Frauen und Kinder der Europäer hätten sich nah Kinkiang gerettet.

Einem Telegramm des „Standard“ aus Shanghai zu: folge haben die Gesandten Frankreihs und der Ver- einigten Staaten die Aufforderung an die chinesische Regierung gerichtet, den Vertretern ihrer Staaten einen wirksamen Schutz beizugeben. Die Gesandten hätten zugleich angekündigt, ein ablehnender Bescheid auf ihr Verlangen würde eine N Aktion des französischen Geschwaders und ein Bombardement Nankings zur Folge haben, wofern die chinesishe Regierung fich nicht zur Genugthuung und Schadlos- haltung herbeiließe.

Parlamentarische Nachrichten.

Jn der heutigen (99.) Sißung ‘des Hauses der Ab- geordneten, welcher der Minister des Jnnern Herrxfurth, und der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden beiwohnten, wurden ohne Debatte in dritter Berathung die drei Geseyentwürfe, betr. die Heranziehung der Fabriken 2. mit Vorausleisiungen für den Wegebau in der Provinz Brandenburg, in der Provinz Schleswig-Holstein mit Ausnahme des Kreises Herzogthum Lauenburg und in der Rheinprovinz, ange- nomnmien.

Hierauf folgte die erste Berathung des Antrages der Abg. Walther und Genossen auf Annahme eines Geseß- entwurfs, betreffend die Beseitigung der durch die Hochwasser im Sommer und Herbst des Jahres 1890 herbeigeführten Verheerungen.

Der Antrag lautet: : “a

Das Eeset vom 13. Mai 1888, betreffend die Bewilligung von Staatsmitteln zur Beseitigoung der dur die Hohwasser im Früßbjahr 1888 herbeigeführten}¡Verheerungen((Geseß-Samml. S&.103), wird, unbeschadet des Geseßes vom 8. Mai 1889 (Gesey-Samml. S. 102), auf die Bcseitigung derjenigen Verheerungen ausgedehnt, weldhe dur die Hochwasser im Sommer und Herbst des Jahres 1890 herbeigelührt worden sind.

Abg. Freiherr von Huene stellt folgenden Antrag:

Die Gesehe vom 13. Mai 1888 und vom 8. Mai 1889, bes treffend die Bewilligung von Staatsmitteln zur Beseitigung der durch Hochwasser im Frühjahr beziehungsweise im Sommer 1888 herbeigeführten Verheerungen (Ges.-S. von 1888 S. 103 und von 1889 S. 102) werden auf die Beseitigung derjenigen Ver- heerungen ausgedehnt, welhe dur die Hohwasser im Sommer und Herbst 1890 und im Frükt jahr 1891 herbeigeführt worden sind.

Zu letzterem beantragt Abg. Graf von Kaniß, den Schluß folgendermaßen zu fassen:

, wele bur die Hohwasser im Sowmer 1889, im Sommer e Herbst 1890 und im Frühjahr 1891 herbeigeführt worden n a

Abg. Barth begründete den Antrag Walther, wobei er eingehend die Verheerungen durch das Hochwasser im Jahre 1890 schilderte. : 00 B Der Minister des Jnnern H errfurth hielt eine Beihülfe Seitens des Staats für gerechtfertigt; sie sei zum Theil bereits gewährt, zum Theil in sichere Ausficht genommen. Die Staats- regierung sei deshalb mit der allgemeinen Tendenz des An- trages Walther und seiner Erweiterung durch den Antrag von Huene einverstanden; den Weg, den die Anträge vorshlügen, halte sie abec nicht für angemessen und könne deshalb die Annahme der Anträge nicht empfehlen. Einmal seien aus dem Gesezß von 1888 keine disponibeln Gelder mehr vorhanden; dann aber seien zur Erhaltung . von einzelnen Personen im Nahrungsstande Beihülfen in dem mfange wie 1888 und 1889 nicht nöthig. Ueber die geleisteten Unterstüßungen von Seiten des Staats in dieser Beziehung hinauszugehen, sei wirthshaftlich und moralisch ni t empieblenswerth Anders liege die Sache bei Wieder- herstellung der Deih- und Uferschußzwecke. Wenn hierzu bisher Gelder noch nicht gewährt seien, so liege das nux daran, daß die tehnishen Vorarbeiten noch nicht beendet seien. Sollten die Mittel des Extra- ordinariums nicht ausreichen, so würde die Regierung in einer besonderen Vorlage Gelder zu dem Zweck fordern. (Schluß

thätigen Peilvorrihtungen. Elektrishe Rammen.

Von den Abgg. Richter und Genossen ist in dem Hause der Abgeordneten nachstehender Antrag eingebracht worden :

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen :

In der Geschäftsordnung des Hauses naWfolgenden 8§. 35 a anzunehmen: ;

An Mittheilungen der Regierung, welche im Plenum des Hauses außerhalb der Tagesordnung erfolgen, darf si eine sofortige Be- \prehung des Gegenstandes der Mittheilungen anschließen, wenn min- destens 50 Mitglieder darauf antragen. Die Stellung eines Antrages bei dieser Besyrehung is unzulässig. Es bleibt aber jedem Mit- gliede des Hauses überlassen, den Gegenstand in Form eines Antrages weiter zu verfolgen. Anträge im Sinne des Artikels 60 der Ver- fassungsurkunde Alinea 2 sind jederzeit zulässig.

Die Budgetkommission des Hauses der Abge- ordneten berieth gestern die von der Lotteriekomnission beschlossene, vom Plenum an die Budgetkommission verwiesene Resolution, betreffend die Vermehrung der Staatslotterielo ose. Die Kommission beschloß, in Erwägung, daß es der Staatsregierung über- lassen ist, mit Vorschlägen zur Einnahmevermehrung vorzugehen, R vorzuschlagen, über die Resolution zur Tagesordnung über- zugehen.

Die Kommission des Hauses der Abgeordneten zur Vorberathung des Geseyentwurfs, betreffend die Verlegung der Landes-Buß- und Bettage, hat heute in zweiter Lesung beschlossen, dem Hause zu empfehlen 1) den vorliegenden Geseßentwurf abzu- lehnen, 2) der Staatsregierung anheimzustellen, mit den Landes- regierungen und Kirhenbehörden beider Konfessionen in erneute Ver- handlung zu treten, statt des bisherigen Bußtages einen anderen Tag als solchen, womöalih den Mittwoch in der vorleßten Woche des Kircenjahrcs, zu bestimmen.

Nr. 23 des „Centralblatts der Bauverwaltung“ herausgegeben im Ministerium der öffentlihen Ar- beiten, hat folgenden Inhalt: Umgestaltung der Drainage- bauten von Längsdrainagen zu Querdrainagen. Beziehung zwischen Scienenquerschnitt und Schwellenabstand. Koch's Institut für Infektionskrankheiten in Berlin (Schluß). Breitfußschiene oder Stuhlschiene? Erweiterungöbau für das Provinzial-Schulkollegium in Münster i. W. Vermisctet : Abgeordneten-Versammlung des Verbandes deutscher Arh.- und Ing.-Vereine ia Nürnberg. Neubau der Großh. technishen Howshule in Darmstadt. Nordthurm der St. Maria Magdalenenkirche in Breslau. Neuerung an selbst-

Entscheidungen des Reich8gerichts.

Die unrichtige Deklaration von Frachtgütern zum Eisenbahntransport Behufs Ersparung der an si geschuldeten FraMt- gebühren ist, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 111. Strafsenats, vom 19. Februar 1891, als Betrug zu bestrafen, auh wenn die Eisenbahnverwaltung auf Grund des Reichs - Eisenbahn - Betriebs- reglements berechtigt ist, bei unrichtiger Angabe des Gewichts oder Inhalts eine Konventionalstrafe nah Maßgabe des Reglements von dem Versender zu erheben und auch thatsählich von diesem erhoben hat.

Hat sh der Aussteller eincs Wecsels, auf wel@em die Angabe des Zahlungsortes fehlt, darait einverstanden erklärt, daß vom Wewselnechmer der Wesel einer Bankanstalt als Sicher- heit für eine Forderung derselben an den Wechselnebmer übergeben werde, so ist, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Civilsenats, vom 21. Februar 1891, entsprechend der bei der Bank bestehenden Uebung, nur solche Wechsel als Sichecheit anzunehmen, welche bei ihr dowmkzilirt find, sowohl der Wechseinehmer als auch die Bank h Aussteller gegenüber zur Vornahme der Domizilirung efugt.

Kunst und Wissenschaft.

44 Der Ausbau des Hochshlosses in Marienburg ist durch Wiederaufnahme der Maurerarbeiten im Aeußern des Kreuzgauges, der S an dem Dach über der Marien- kfirhe, durch Herstellung der Grabenvertheidigungsmauer auf der Ost- und Südseite, durch Abbruch der neueren Fortisikations- werke, der Grabencaponiere und des Sperrthores am Schnigthurm wieder in Angriff genommen. Während des Winters sind die Kostenanshläge zur Ausschmückung der Kreuzgänge, des Kapitel- saales, des Ausbaues des Herren-Dansk und der Kirchengiebel gefertigt, welhe im Laufe dieses und des folgenden Jahres ur Ausführung kommen sollen, Der frühere militärfiskalische esip der Marienburg mit Wällen, Gräben, Mauern, Thürmen 2c. ist in s{loßfiskalischen Besiß übergegangen, au der Schanzenp!aß gegen den neuen, von der Stadt Marien- burg angekauften Postbauplay eingetauscht und in die Staats- verwaltung übernommen.

Das Kaiser Wilhelm-Denkmal auf dem Kvff- häuser hat, wie der Urheber des Entwurfs Bruno Schmiß in der „Parole“ berihtet, im Gange des Studiums einige Abänderungen erfahren, die vor Allem der Erscheinung des Monuments für die Ferne zu Gute kommen. Vorerst wurde die Richtung des Monu- ments von Westen nah Often verlegt, und durch eine an leßterer Seite in der Breite von 110 m ausgeführte Ningterrasse erhielt das Denkmal einen wirksamen Unterbau, Zugleih ergaben ih auf dieser Terrasse die günstigsten Standpunkte für die Be- trahtung des Reitecbildes aus der Nähe. Weiterhin hât die Treppenanlage von der Mittel- zur Hochterrasse eine veränderte Lage insofern erhalten, als sie von der nördlichen und südlihen nah der östlihen und westlihen Seite verlegt wurde, Dadurch, daß sich nun- mehr das Postament der Reiterfigur mit der Linie des Treppen- aufganges an der Ostseite verbintet, erhält es eine wirksame Fort- seßung und eine größere Bedeutung in der Gesammtanlage. Die früher die Holterrasse flankirenden Thürmen sind nun zur Höhe der Mittelterrasse hinuntergerückt, wodurch der ganze Thurm eine freiere Stellung und Loslôsung, sowie eine sheinbar größere Höhe vom Berge ab erhalten hat. Die Mittelterrasse, auf welcher sih die allergünstigsten Standorte für die Betrahtung des Standbildes ge- winnen lassen, ist in der Neuanordnung zur Hauptterrasse geworden, während die Hochterrasse nunmehr eine Sockelerweiterung und Fort- seßung des Thurmes bildet. Die Seitenansichten dés Monuments tbaltel durch die ausgebauhte Erweiterung der Mittelterrasse und die auf dem Zinnenkranz angeordneten Wappen der Bundesstaaten eine interessante Belebung, Die ganze Haltung des Denkmals ist dur die Aenderungen für die Nähe von lebhafterer Wirkung, für die Ferne von größerer Klarheit geworden.

Land- uno Forftwirthschaft.

Die preußishe Staatsforstverwaltung betrachtet es als eine ihrer Aufgaben, im Jnteresse der Landeskultur auf den Holzanbau in den Waldungen der Gemeinden, öffentlichen Anstalten, Privatgrundbesiger 2c. anregend und fördernd auch

dadurch einzuwirken , daß fie gutes Pflanzenmaterial zum

Felder ein guter.

die Gelegenheit haben, sich die erforderlihen Pflanzen selbst

zu erziehen. S : Zin der Zeit vom 1. April 1890 bis dahin 1891 find auf

diese Weise an Holzpflanzen aus den Staatsforsten abgegeben worden :

Laubholz- Nadelholz- pflanzen. pflanzen. Hunderte. Hunderte.

1 623,65 7 369,26 3 279,95 35 442,15 Brandenburg . 2 362,40 142 377,96 Pommern... 750,35 23 967,97 Doe O N 895,68 15 339,05 Sélesien . 1 010,09 15 621,18 Sadlhsen . 974,67 25 068,12 Schleswig . 364,05 1 003,38 Hannover . 13 172,63 83 564,62 Westfalen . . 971,63 3 325,41 Hessen-Nassau 2 449,39 16 394,20 18 843,59 Rheinprovinz . 173661 | 6888,82 8 625,43

Im ganzen Staat 3959110 | 376 362,12 | 405 953,22.

Zusammen. Hunderte.

8 992,91 38 722,10 144 740,36 24 718,32 16 234,73 16 631,27 26 942,79 1 367,43 96 737 25 4 297,04

In der Provinz.

Ostpreußen Westpreußen .

Viehzucht.

Die Viehzu§t im Regierungsbezirk Oppeln hat sich Dank der reihlihen Futterernte des Vorjahres wieder gehoben, und es ist bei den augenblicklichen Aussichten die Erwartung begründet, daß dies so bleiben wird. Insbesondere in den südlichen Kreisen des Bezirks hat sich eine ret erhebliGe Schweinezucht entwickelt. Die Preise sind ge- drückte, sodaß jenseits der Grenze in Oesterrei der Preis für Ferkel böber steht, als hier. In Folge" hiervon ift ein Shmuggel von Ferkeln nah Oesterreih bemerkbar geworden,

Ern te-Aussichten. :

Ueber die Ernteaussihten in einigen Theilen des nord- westlichen Rußlands erhalten wir folgende Mittheilungen vom Ende Mai d. I.: „Im Gouvernement Kowno wird der Saatenstand, namentlich für Weizen als befriedigend bezeihnet. Ebenso zeigt der Winterroggen in den Pernauschen Distrikten des Gouvernements Livland einen befriedigenden Stand. Lie Bestellung mit Sommersaat hat daselbst unter günstigen Witterungs- vechältnissen begonnen. In Estland haben die Saaten den Winter im Allgemeinen gut überstanden und ist das Wachsthum derselben durch das warme, mit Regenfällen verbundene Wetter der ersten Maiwochen merklich gefördert worden. Die bevorstehende Ernte dürfte ein mittleres Ergebniß liefern.“ :

Ueber die Ernte-Aussichten in Italien brachte die italienische Presse zu Ende vorigen Monats folgende Mittheilungen:

„Die Kälte in den leßten Tagen des zweiten Drittels des Monats Mai hat die Vegetation hintangehalten und an einzelnen Stellen, namentlich im Pothale, geshädigt; immerhin ist der Zustand der Die Weinrebe läßt fast überall Gutes hoffen und die Olivenbäume blühen und gedeihen. Die Getreideaussihten find fast überall günstig.“

Theater und Musik.

Im Kroll’ schen Theater is für Freitag die dritte Auf- führung von „Lakme“ mit Fr Marcella Sembrih angese, Morgen findet eine Wiederholung der Nicolai'’schen Oper „Die lustigen Weiber von E: statt, und am Donnerstag wird Verdi’s „Maskenball“

egeben.

cs Die „Münchener * sind mit den Vorbereitungen zu dem neuen Anzengruber’shen Stück „Der ledige Hof" eifrig beschäftigt und werden den „Herrgottshnißer von Ammergau* nur noch diese Woche im Adolph Ernst-Theater zur Aufführung bringen.

Mannigfaltiges.

Heute früh um 8 Uhr hat der Bli, wie uns von einem Berichterstatter mitgetheilt wird, in die hinter Tempelhof übende 1. Compagnie des Kaiser Fraaz-Garde-Grenadier-Regiments Nr. 2 eingeshlagen. Die Compagnie war unter Führung des Haupt- manns. von Quast nah dem Gelände zwischen Tempelhof und Marien- dorf abgerückt, um hier Pionierübungen auszuführen. Gegen Ende der Uebung ertönte bei srömendem Regen plöplich ein furchtbarer Krach und die halbe Compagnie lag betäubt auf der Erde. All- mählich erhoben sih die Ershreckten wieder und sahen, daß das Pferd des Hauptmanns vom Bliß ershlagen war. Von den Mannschaften ist der Spielmann Gefreiter Bärs am S{wersten ver- leßt. Der Bliy hatte den Helm getroffen, im Hinterkopf einen ein Fünfmarkstück großen Theil der Schädeldecke aufgerissen, die Kleider und den Leib an der rechten Seite versengt und endlih den einen Stiefel aufges{lißt und drei Schritte weit weggeshleudert. Gleich- falls {wer verleßt ist der Tambour Benier, der unter das Pferd zu liegen kam und Kontusionen erlitten hat. Der Hornist Becker, der das Pferd geführt hat, hat {were Wunden am Bein davon- getragen, Gefreiter Lossen und Spielmann Humbert sind leihter verleßt. Der Hauptmann von Quast lag lange Zeit bewußtlos. Auch Vize-Feldwebel Steil und Sergeant Kortkamp waren lange besinnungslos. Die übrigen Mannschaften erholten sich {nell von der Betäubung und maten \ich.sofort an die Bergung der Ver- wundeten, Inzwischen waren {on die in der Nähe | befindlichen Majors von Bönigk und von Stedmann nah dem Garnison-Lazareth gesprengt, sodaß auch von dort bald Hülfe herbeikam. Die Verleßten wurden in Mäntel gelegt und nah dem Lazareth getragen. Der Rest der Compagnie trat den Rückmarsck nach Berlin an.

Dec Preußische Beamten - Verein zu Hannover, Lebensversiherungs- Anstalt für den Beamtenstand Preußens, der deutschen Bundesstaaten und des Deutschen Reichs, einshließlich der Geistlihen, Lehrer, Aerzte und Rehtsanwälte, welcher unter dem Protektorat Seiner Majestät des Kaisers steht, hielt am 6. Juni jeine YIV. ordent.ie Generalversammlung ab, in welber der Geschäftsberit über das für den Verein wiederum so günstige Geschäftsjahr 1890 “entgegengenommen, der Verwaltung Decharge ertheilt, die erforderlihea Wahlen vorgenommen und über die Vertheilung des Geschäftsgewinns von 483 612 #6 52 H Z Be- \chluß gefaßt wurde, Der Verwaltungsrath besteht, nachdem die ausscheidenden Mitglieder wiedergewählt find, aber- mals aus folgenden Herren: 1) Ober-Präsident und Wirklicher Ge- heimer Rath Dr. von Bennigsen, Vorsißender, in Hannover. 2) Kon- sistorial-Direktor Hagemann, stellvertretender Vorsitzender, in Hannover. 3) Ober- Rendant Bode in Hannover. ‘4) Geheimer Regier .ings-Rath Kühnemann in Hannover. 5) Rehnungs-Revisor Morich in Hannover. 6) Eisenbahn-Direktions-Präfident Thielen in Hannover. 7) Senator Wülbern in Hannover. 8) Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Staatssekretär im Reichsamt des Innern und Staats-Minister Dr. von Boetticher in Berlin. 9) Staatssekretär im Reichs-Justizamt und Staats\ekretär des Staatsraths Dr. jur. Bosse in Berlin. Der Ver- siherungsbestand stellte sich ult. 1890 auf 26 548 Versicherungen üker 76 063 760 «6 Kapital und 116310 M TJahresrente und zeigt in 1890 einen reinen Zuwahs um 2595 Ver- fiherungen über 7 900 650 „#6 Kapital und 17750 Jahresrenite. Die Sterblichkeit verlief günstig. Es erloschen dur Tod 123 Lebens- versicherungs-Policen über 450 700 6, während rechnungsmäßig erlöschen konnten 197,1 Polizen über 762 204 46 Die Vilanz {ließt in Aktivis und Passivis mit 17 221 615 4 11 Z und ergiebt einen Gewinn von 483 612 4 52 Z. Die Generalversammlung beschloß, aus dem Gewinn 332 835 # 77 H zur Zahlung von Dividenden an die Lebensversicherten zu verwenden, überwies von dem Restbetrage die Summe von 145 083 Æ 76 „Z dem Sicherheitsfond und den

des Blattes.)

Selbstkostenpreise denjenigen Waldbesißern abgiebt, welche nicht

dann noÿ verbleibenden Betrag der Extra-Sicherheitsfonds, Sicher-