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zweite Abschnitt bietet eine allgemeine Uebersit über Lage, Grenzen, Größe, Inseln, Küsten und Höhen dieses Erdtheils. Nach dem Plan der Berlagshandlung soll das ganze Werk den vorbandenen Steff in den weiteren Abschnitten bewältigen: Abschnitt 3. Oberflächengestalt ; 4. Klima; 5. Die Pflanzenwelt ; 6. Die Thierwelt; 7. Die nicht staatenbildende Bevölkerung; 8. Die Staaten; 9. Die euro- päischen Kolonien ; 10. Verkehr und Verkehrêmittel. — Außer 130 Ab- bildungen im Text find dem Buch 12 Karten und 16 Tafeln in Chromodruck und Holzshnitt von E. Comption, E. Hagen, W. Kubnert, G. Mügel u. a. beigegeben. Die fkartograpbishen Dar- stellungen sind dur@weg neu. Die Abbildungen werden im Text dur zahlreiche Citate aus den Reisewerken anshaulih \cildernder Reisen- den nah dem bewährten Muster von „Brebm's Thierleben“ ergänzt, welche, wie die Abbildungen felbst, bie sachlihen Darstellungen außer- ordentlich beleben. Nach Fertigstellung von Sievers? Afrika dürfte die deutshe Literatur um ein Werk bereihert sein, mit welchem Deuts(land allen übrigen Kolonialmächten vorausgeeilt ift.
Wörterbücer.
Das sich mehr und mehr dem Abschluß nähernde große Unter- nehmen ciner vollständigen Sammlung des Wortschates der deutschen Sprache, das von den Brüdern Jakob und Wilhelm Grimm ins Leben gerufene, von einer Anzabl anderer Gelehrten fortgeseßte Deutsche Wörterbuch wies seit Jahren in seinem vierten. Bande eine empfindlihe Lücke auf. Während nämlih die zweite,
die Buchstaben H bis I behandelnde und von Dr. Moriz Heyne-
bearbeitete Abtheilung längst vollständig war, schien die erste Akthei- lung fragmentarisch bleiben zu sollen. Zwar war die erste Hälfte, umfassend die Artikel „Forschel“ bis „Gefolgsmann“ (bearbeitet von K, Weigand und R. Hildebrand) ebenfalls fertig, die zweite Hälfte (bearbeitet von R. Hildebrand) kam aber in Folge Todes des Ersteren Jahre hindur nit über die sieben Lieferungen mit den Artikeln „Gefovpe“ — „genug“ hinaus, jodaß ein nicht ganz ohne Grund {chließlih ungeduldig gewordener Fahmann, an diese ominösen Worte wißig antnüpfend, im Interesse der Abonnenten dringend die Fort- führung in der Presse urgirte. Durch die jeßt erfolgte Ausgabe der achten Lieferung wird diesem Wuns nunmehr genügt. Dr. RudolfHildebrand, derum die Fortseßung des Grimm's{henWörter- bus hbochverdiente Gelehrte, dem es wie seinem Genossen Karl Weigand noch vergönnt war, mit den Begründern zusammen an dem Riesenwerk zu arbeiten, und der diesem seitdem seine ganze Kraft und tiefe Gelehrsamkeit gewidmet bat (der mit musterhafter Gründlichkeit bearbeitete fünfte Band „K“ ift sein alleiniges Werk; außerdem hat er mit K. Weigand, wie {on angegeben, Theile von „F“ und „G“ bearbeitet), sah sich nach dem 1878 erfolgten Tode seines Mitarbeiters genöthigt, zur Förderung der Arbeit eine jüngere Kraft zu Hülfe zu nehmen, Diese erscheint in dem Namen Dr. K, Kant zum ersten Male auf der neuen Licferung neben denen der anderen Fortsetzer. Die Lieferung buingt die Sammlung der Worte mit der Vorsilbe „ge“ von „genug“ bis „Geriesel* und enthält außer den verwandten und Zusammenseßzungen von „genug“ an größeren und wichtigeren Artikeln folhe über die Worte „gerade“, „gerathen“, „Geräusch“, „gerben“, „gerecht*, „Gericht“, „gereuen“ und ihre zahl- reien Derivata und Komposita; der Artikel „Geri@t“ nebst Zu- sammen}eßungen beansprucht allein ca. 590 Spalten, woraus fi ein Sthluß auf die große Summe der dabei aufgewendeten Mühe ziehen läßt. Daß die Weiterführung des Wörterbuchs in neuester Zeit in anerkennenswerther Weise beschleunigt wird, beweist übrigens die Anzeige der Verlagsbuhhandlung (S. Hirzel in Leipzig), daß sich bercits gleichzeitig wieder drei neue Lieferungen der Bände 8, 11 und 12, bearbeitet von Dr. Moriz Heyne, Dr. Matthias Lexer und und Dr. Ernst Wülcker, unter der Presse befinden. Scnach ist wohl mit Bestimmtheit zu erwarten, daß das große nationale Werk noch vor Ablauf des Iahrhunderts beendigt sein wird.
Unterhaltung.
Auteurs Français. Gammlung der besten Werke der französishen Unterhaltungs-Literatur mit deutsWen Anmerkungen, her- ausgegeben von Dr. Richard Mollweide, Oberlehrer am Lyceum zu Straßburg i. E, Straßburger Druckerei und Verlagsanstalt, vormals R. S@&uly & Co. — Das vorliegende dritte Bändchen ent- bâlt wie die beiden vorbergehenden einige kleinere ausgewählte Er- zählungen (La Vendetta von Balzac, Lidivine, Euloge Schneider und Le Songe d’or von Charles Nodier), welche vorzügli geeignet sind eine unterhaltende, belehrende und die Kenntniß der französischben Sprache fördernde Lektüre zu bieten, Neben denen, welche ih eine gründlie Kenntniß des Französiswen erwerben wollen, dürfte diese Sammlung namentli auch iolhen zu empfehlen sein, welche eine müßige Stunde zu Hause, im Warte- saal oder im Eisenbahnwagen unterhaltend zu verbringen wüns{hen. Da richts Ansftößiges darin aufgenommen ift, so können die Bändchen au jungen Leuten beiderlei Ges(lechts ohne Bedenken in die Hand gegeben werden. Die unter dem Texte angebrahten Anmerkungen find zumeist lexikographisher Art und machen Ungeübten den zeit- raubenden Gebrauch des Wörterbuches ganz oder doch zum großen Theil entbehrli, so daß auch sie obne besondere Arstrengung einen französischen Schriftsteller zu verstehen vermögen. Die Ausstattung ist eine elegante.
Dihtkun f.
An den Kaiser. An Bismarck. Zwei Gedichte von Ernft Rethwisch. Norven, Verlag von Hinricus Fisher Nabfolger. — Was der Verfasser will, gcht aus dem Titel hervor. Wäbrend er in dem ersten Gedicht den Kaiser als den energischen, thatkräftigen Herrscher zeigt, der seine Zeit voll und garz versteht, weist er in dem zweiten darauf hin, wie dies Gefühl, welches den Kaiser beseelt, in Folge der Einigung der deutschWen Volksstämme zu einer selbstbewußten Nation, das eigenste Werk des Fürsten Bismarck ist und diefer sih somit zu dem, was er geschaffen, in Gegensaß gestellt hat. Leider ist die Sprache vielfa bolprig und \chwer verständli, au scheint manchmal lediglich des Reims wegen eine Phrase benußt zu fein, die sons wohl unterblieben wäre.
_— König Hafki. Dictung nah altnordischen Sagen von Friedrich Zander. Königsberg i. Pr, Buchhandlung von Wil- belm Koch, 1891. — Die kleine Dihtung mit ihren 21 kurzen Gesängen bietet ein fesselndes epishes Gemälde der nordishen Wikingerzeit, das jedem Leser, der niht durch Voru1 theile gegen die Gattung von vornherein fich abschrecken läßt, die geringe Mühe vollauf lohnen wird, es zu lesen ; die Nachwirkung der uralten Sage in dieser gefällig moternisirten Form aber ift eine wirklih erhebende und reinigerde. Wer in der altnordishen Göôtterlehre und ihrer Bibel, der „Edda“, deren Namen, Vorstellungs- und Ausdrucksformen der Dichter zur Erreihung des rihtigen Zeit- kolorits und Stils vielfa anwendet, niht genügend Bescheid weiß, der findet alle wünschenswerthen Erläuterungen in einem Anharge, Der Dichter hat in seiner Bearbeitung den düsteren Charakter der nordishen Reckenzeit mit Glück gewahrt, aber aus der rauben Schale sowohl das rein Merschliche als auch den der Gegen- wart genießbaren Kern herauszubheben verstanden. Durch Anwendung der verschiedensten epischen und lyrishen Verésformen wußte er das Ganze mannigfach zu gestalten und dur Kontraste die Wirkung zu heben. Der Hexameter, die Nibelungen-, die Ubland'\he Balladen- \trophe, fünffüßig gereimte Jamben 2c. wechseln mit lyrishen Formen in anziebender Weise ab; auch die Alliteration is in den Skalden- gesängen geschickt gehandhabt. Mane Unebenheiten im Ausdruck und Verstöße gegen die Metrik werden sich wie einzelne Druckfehler bei einer nochmaligen genauen Durchsicht be- seitigen laffen. Auf einen Swhreib- oder ODruckfehler ist wohl au die Stelle in der leßten Strophe des febenten Gesanges zurückzuführen, wo von „der Thiere Tode“ die Rede ift.
i Zeitschriften.
Das Iunibeft der von Paul Lindau herausgegebenen, in der Swlesishen Buchdruckerei, Kunst- und Verlags - Anstalt vorm. S. Sottlaender in Breélau erscheinenden Monats\{@rift „Nord und Süd“ wird mit einer Soldaten-Novelle „Der kleine Löß“ von G. von Lieres und Wilkau in Berlin eröffnet. Es felgt ein bio- graphis{er Artikel über den Breslauer Fürstbishof Dr. Kopp und
seine politishe Thätigkeit aus der Feder eines Anonymus,. — Von dem interessanten Jugendtagebu Lassalle’s, zu dem Paul Lindau die Vorrede geschrieben, erhalten wir den leßten Tbeil, in welhem der jugendlihe Ferdinand bereits vorahnend sein späteres Lebeneprogramm entwickelt. — Eine von feinem Humor durchwehte Reiseplauderet ift die unter dem Titel „FederzeiGnungen aus Holstein 1.“ ges@ilderte Dampferfahrt von L Siegfried in Kiel. — Der bekannte Dichter Detlev Freiherr von Liliencron f\teuert ein sehr stimmungsvolles Gediht „Der s{wermüthige König“ bei und der Schwede Ola Hanfson, der glei fruchtibar in \{wedischer wie in deutsher Sprache ift, veröffentliht eine Novelle „Meervögel* von feiner psychologischer Zeihnung. Es ift eine Meeretidylle, aus der uns frische Seelust entgegenweht. — Sehr reihhaltige bibliographische Besprebungen und Notizen bilden den Swluß des Heftes, welches mit dem Porträt des Fürstbishofs Kopp ges{müdckt ift. i
— Das Junibeft der „Deutschen Rundschau“ \chlieft in unterhaltendster und anregendster Weise das Quartal dieser Monats- {rift ab und dürfte mandem Sommerfrishler und Touristen ein willkommener, zeitkürzender Begleiter sein. Aus dem reihen Inhalt des Heftes erwähnen wir: „Scenisher Evilog zur Festvorstellung des Weimarer Theaters* von Ernft von Wildenbruch. — „Unwieder- bringlih“. Roman von Theodor Fontane. (S{luß.) — „Niels W. Gade“ von Philipp Spitta. — „Briefe ron Darwin“. Mit Erinnerungen und Erläuterungen von Professor W.
Prever in Berlin, — „Invenal, der rôömiswe Satiriker“ von Hübner. — „Zeitphrasen“ von Otto Seeckl. — „Leben, um zu lieben“. Erzählung von Salvatore Farina. I. — „Graf
Moltke“. — „Woßhlfahrtseinrihtungen der Poft“ von Georg Adler. „Die Berliner Theater“ von Karl Frenzel. — „Politishe Rund- sau“. — „Grillparzer's Gedichte“. — „Graf Caylus* von C. G. Bruno. — „Zur englishen wissenschaftlichen Literatur“ von Anton E. S{önbach. — „Antike Städtebilder im Süden Kleinasiens* von Gustav Hirsch&feld.
— Im sechsten Heft der Monats\ch{rift „Unsere Zeit“, herausgegeben von Friedrich Bienemann (Leipzig, F. A. Brockhaus), begegnen wir weiteren „Nordseeskizzen eines Naturforschers*, in denen E Heine die Erlebnisse und Ergebnisse der von ihm geleiteten
rpedition zur Erkundung der Bedingungen für die deutsche Howbseefischerei zur lebensvollen Anschauung brinat. Ferner werden „Talleyrand’'s Denkwürdigkeiten“ nah den bisher erschienenen ersten Bänden der deutshen Ausgabe Ebeling's in ihrem fkultur- geshidtlihen Werth gewürdigt, Friedrih Carl Petersen wirft einen Blick auf „Die bildende Kunst in Frankreih“ während der leßten zwei Jahre. „Reiseeindrücke und Stiwmmungsbilder aus der Türkei* beschäftigen fh mit den wirthshaftliben und Verwaltungs- zuftänden des osmanischen Reis, mit den Aufgaben und dem Wirken der deutshen Offiziere und Beamten in seinem Dienst und mit der deutshen Kolonie in Konstantinopel. Heinrich Martens, der Spezialist für skandinavische politishe Verhältnisse, läßt in dem Aufsatz «Die politishe Gesundung Dänemarks“ den Kampf der Opposition des Folketbing gegen das Ministerium Estrup, die Abwendung der Mehrheit unter der Führung BVojsen's vom Agitator Berg und seiner „Verwelkungs8politik®“ und das Ergreifen der Verhand- lungspolitik wie das Entgegenkommen der Regierung während der leßten Reichstagstagung am Leser vorüberziehen. Von allgemeinster Theilnahme wird des Majors a. D. Ioseph Scho!t „Rüblick auf Leben und Wirken Graf Moltke's*“ begleitet sein. Das Gleiche gilt von dera Nekrologe, den Karl Krumbacher dem am 1. Mai verstorbenen berühmten langjährigen Mitarbeiter der Zeitschrift Ferdinand Gregorovius gewidmet hat. Mit einer Todtenshau und dem Register zum ersten Bande des laufenden Jahrgangs {ließt das Heft.
— Die Maihefte der Leßmann’shen „Allgemeinen Musik- zeitung“ sind wieder sehr reich an interessanten Aufsäßen. Ein Mahnwort des Redacteurs über Elementarunterriht, eine Charakteristik Minna Wagners, der ersten Frau des Meisters (nebs Porträt) von A. Heint, Bericht über die erste Aufführung der Oper „Gunlöd“ von Peter Cornelius (nebst dem woblgetrofenen Porträt des Ton- dihters) und andere den neuesten Kunstersheinungen angehörende Ab- bandlunaen bilden den Inhalt dieser Maihefte.
— Trotz des Wiener Buchdruckerstrikes ist das pünktliwe Er- scheinen der „Wiener Mode“ nit gestört worden. Die Aus- stattung der neuesten Nummer läßt nichts davon merken, daß die Herstellung eines fo reichbaltigen Hefts in der großen Auflage der Zeitschrift nur mit den größten Anstrengungen ermöglicht werden konnte. Der farbige Ums(lag, cine Amazone auf der ersten Seite, ein Kopf in Farben (im Texte) und vieles Andere sind Illustrationen, die sih dem Besicn în dieser neuen Technik würdig an die Seite stellen. Das Heft entbält u. v. A. einen sehr interessanten Holzschnitt, der die Königin Victoria von England im Salon ihres Reisewaggons dar- stellt. Das treffflih ausgeführte Bild gewährt einen Einblick in den ges{mackvollen Comfort, mit dem die Herrscherin auf ihren Reisen umgeben ist,
Mannigfaltiges.
Ueber die Erlebnisse der von denBriganten freigelassenen Berliner Herren und ihrer Schicksalsgenossen ist hiesi- gen Blättern folgender Bericht Seitens des Herrn Stangen zugegan- gen: Nah der Sprache und Kleidung sind die Räuber unzweifelhaft Griechen. Die sechs im besten Mannesalter stehenden Räuber, be- fonders der Arführer, waren kräftige \{öne Gestalten und hatten ¡war ctwas Finsteres, aber niht gerade Bösartiges in ihren Zügen. Der Räuberbauptmann, etwa vierzig Jahre alt, trug einen großen Vollbart. Die Räuber gehorchten dem Chef auf das Wort und lebten untereinander in steter Einigkeit. Sie batten gute Martini- Gewehre, der Hauptmann dagegen eine Art Chafsepot, außerdem trug jeder von ihnen einen Yatagan und um den Leib in einem Gürtel eine große Anzahl Patronen. Der Hauptmann war noch mit einem Revolver versehen. Nachdem wir uns in der Gewalt der Räuber befanden und die Aus- raubung des Zuges vollzogen war, ertönte das Kommando „Haidi“, worauf wir eine halbe Stunde marschiren mußten. Dann breiteten die Räuber ihre Mäntel aus und befahlen uns, uns darauf nieder- zulegen. Sie erlaubten uns, zu rauhen und eine Flashe Wein, die der Maschinenführer Freudinger mit seinem Tabak noch aus dem Zuge geholt batte, zu trinken. Indessen hörte man eine Lokomotive pfeifen, was die Räuber wohl bewogen haben muß, den Weitermars\ch zu beshleunigen. Erst nach einem Marsche von zwei bis drei Stunden wurde wieder Halt gema@t, und es trat nun eine Berathung ein, in welcher Weise das Geld ¡u beshaffen sein werde. Wir wußten damals nicht, daß die türkiihe Regierung möglicherweise die Ersaßpflicht übernehmen werde, und glaubten, daß man sich rur an uns halten werde. Da erklärte fich Hr. Itrael bereit, wenn er freigelassen werde, die verlangte Summe durch Hrn, Vleichröder in Bérlin sofort anweisen laffen zu wollen, was von uns Anderen mit großem Dank und auch von dem Bander führer angenommen wurde, Mit Hrn. Jsrael wurde au der Kübenchef Kiok, der glei Anfangs fi krank gestellt hatte, entlafsen, weil dieser für die Räuber ein zu geringer Werthgegenstand war. Eigentlih sollte ihm der Kopf abgeschnitten werden, um ihn Tos zu sein, aber vielleicht wollten die Räuber nur vorläufig eine Blutthat vermeiden Wir Anderen wurden von den Räubern unter der öfteren Ermunterung durch das uns manchmal ganz unheimlih klingende Wort „Haidi“ zum Weitermarsch gezwungen. Wir betrahte- ten es als ein besonderes Glüd, daß e: Freudinger bei uns bleiben mußte, denn ohne diesen wäre eine Verständigung gar niht mögli gewesen, Zuerst befürhteten wir, gefefselt zu werden, denn hierauf be- züglihe Andeutungen waren bereits gemacht worden, doch wurde uns diese Pein erspart. Jndefsen erklärten uns die Räuber in sehr be- stimmter Form, daß jeder Fluhtversuch von unserer Seite und jede Widerseßlichkeit die Trennung des Kopfes vom Rumpfe zur unmittel- baren Folge haben würde; auch für den Fall einer Erkrankung war uns dasfelbe Verfahren in Ausficht gestellt, und man konnte aus den Gesichtern unserer Peinigec deutli lesen, taß sie es vollkommen ernst
meinten, Die ersten zwei Tage hatten die Räuber für uns Nichts als Wasser und Brot, wir haben au nit bemerkt, f sie lbt
in dieser Zeit andere Nahrung zu #fich genommen hätten. Nachdem bekamen wir auch Fleisch, indem die Räuber von einer uns begegnenden Hammelheerde zwei Stück entnahmen und am Spieß braten ließen. Später kamen zwei Schafe in unser Lager, und als wir baten, uns eiwas Anderes als Wasser zu verscaffen, erhielten wir auh einige Male warme Milch. Die Felle der Hammel gab man den Hirten zurück, wir konnten jedo® nit bemerken, ob das Fleis bezahlt worden war. Die Milh {eint den Kühen auf den Feldern einfach abgemolken worden zu sein. Wenn Uebergänge über Landstraßen nit zu vermeiden waren, so durfte keine Spur zurüdck- celafien werden, wir mußten daher öfter von Rasen zu Rasen springen. Ortschaften oder auch nur einzelne Häuser haben wir niemals ge- schen, nur sahen wir einige Male Hirten und ihre Heerden, Die Berge waren meistentheils mit niedrigem Gebüsch, zumeist Eichen, zwishen denen aber auch andere Sträu&er, Buchen, Akazien u. f. w. und besonders Dorngehege \sich befanden, keftanden. Die Leßteren erschwerten uns bäufig den Weitermar|ch, während unsere Peiniger uns immer mit ibrem finsteren „Haidi“ antrieben, und waren so Veranlaffung, daß wir uns die Hände, das Gesicht und auch die Kleider oft verleßten. Wenn Gebirgëbäche unseren Mars hinderten, fo trugen uns die Räuber selb von einem Ufer zum anderen. Vielmals überraschten uns Gewitterregen, sodaß wir von Innen durch S#weiß und von Außen durch den ftrömenden Regen ganz durchnäßt wurden; au war die in folden Fällen in den Wäldern zunehmende Finsterniß so groß, daß wir kaum vorwärts konnten. Einige Male zündeten die Räuber an sehr versteckËten Stellen Feuer an und trockneten dann avch uaserè Schuhe und Kleider. Hr. Kot, der, als die Räuber das Geld abforderten, einige Goldstüte in seine Schuhe hatte verschwinden laffen, kam bei diefer Gelegenheit in eine große Verlegenheit, indem ihm der eine der Räuber die Schuhe ausziehen wollte, was aber glüdckliwer Weise unterblieb, Dadurch, daß Hr. Freudinger uns von Allem, was die Räuber vorhatten, ver- ständigen konnte, sind uns viele Unannehmli(keiten erspart geblieben, überhaupt trug dieser brave Herr fehr viel dazu bei, daß wir nit muthlos wurden, ja, er behielt immer einen guten Humor und war bemüht, diesen auf uns zu übertragen. Der Capitano der Bande hatte ganz genau vorgeschrieben, wie die Ueberaabe des Geldes zu erfolgen habe, und Sonntag Mittag als leßten Termin für die. Be- zablung der ganzen Summe bestimmt. Da Freudinger dos Geld, das achtzig Kilogramm Gewicht batte, nicht allein trag{+n konnte, so wurde ihm von dem Bandentbef gestattet, vier Be- gleiter zu Pferde, die aber keine Waffen tragen soliten, mit- zubringen. Zu diesem Zweck sollten Leute ausgewählt werden, welche in dortiger Gegend. Mebl und Wein tranéportiren und taßber mit den Wegen genau bekannt find. Der Führer dieser Leute follte einen Schimmel reiten und bei Ankunft im Lager verkehit \sißen, am Kopfe follte er ein weißes Tu tragen. Hr. Kotisch trug noch eine Ubr bei fi, er batte am Tage, als der Ueberfall ge\{chab, den Haunt- mann um die Kette gebeten, weil sie ihm ein theures Andenken iet, jedo zu seinem Erstaunen von dem Bandenführer mit einem gewissen Schein von Großmuth au die Uhr erbalten. Dagegen war uns nach unserer Abführung auch das Geld, welches ?ch noch in unserem Besiß befand, abgefordert worden. Alles hatten wir indessen iht abgegeben, nur mit Ausnahme des Hrn. Graeger, der sih verpflichtet fühlte, au einer Räuberbande gegenüber ganz gewissenhaft zu fein, und in Folge dessen eine Rolle mit dreißig Zwanzigmarkstücken herausholte. Wir anderen Zwei konnten noch etwas Gold verbergen — Hr. Kotsch in seinem Schuh — und gaben daber zusammen nit so viel als Hr. Graeger ; Papiergeld wollten die Räuber nit. Spôäter ließ man uns vollkommen in Ruhe, aber Hr. Kotsch wagte immer nur ganz unbemerkt nach seiner Uhr zu schen, indem er besorgt war, daß der Anblick der Uhr das Verlangen der Räuber nach deren Vesiß von Neuem erwecken könne. Die Leßteren liefen abwechselnd, ¿wei hielten aber beständig Wache und standen, Gewehr bei Fuß, dicht neben uns. Wenn sie geschlafen hatten, maten fie gewöhnli Toilette, wobei wir ihre große Eitelkeit wahrnehmen konnten. Jeder hatte Spiegel und Haarbürste bei sich und benutzte diese Gegenstände sehr bäufig. Um jeden Theil des Kopfes beim Toilettemachen genau sehen zu können, nahmen sie die erdenklich \chwierigsten Stellungen ein. Manhmal legten sie sich ganz auf den Rücken und hielten den Spiegel über den Kopf, um sich au oben genau sehen zu können. Der Mittag kam beran, aber immer noch spähten unsere Blicke na dem fehnsüchtig Erwarteten vergebens aus. Endli nach noch fünf bangen Stunden kam das weiße Pferd mit dem Reiter und vier Begleitern. Froh jauchzten wir auf, und noch mehr erfreut als wir, zeigten sich die Räuber. Das Geld befand sich in acht kleinen und zwei großen Beuteln, von denen einige ausgeleert und auf die richtige Zahl der Geldstücke geprüft wurden. Alle Beutel ¿ählten die Räuber nicht na sondern der Hauptmann wog sie nur prüfend auf seiner Hand ab und erkläre sich dann mit der Summe zufrieden. Wir athmeten nun wieder frei auf und sahen unserer Entlaffung entgegen, erfuhren auch feine Ent- täushung, da uns der ftolze Banditenchef jeßt für frei ertlärte und uns mit einer Umarmung sowie Friedenskuß beglückte. was wir uns widerstandslos gefallen lassen mußten. Jett erkielt sogar noch jeder von uns sowie auch Hr. Freudinger fünf türkishe Lire (123 Francs) e für die Reise, und nab diesem heuclerishen Beweise von
roßmuth entfernten sich die Räuber wieder tiefer in das Waldes- dickiht. Wir waren dur die ungewohnten achttägigen Strapazen sehr ers{chopft, aber wir sahen ebenso ein, daß wir nicht in so unmit- telbarer Näbe der Räuber bleiben konnten. Vielleiht hätten sie doch Luft bekommen, uns nach Sicherung ihres Geldes abermals zu belästigen. So müde wir au waren, bestiegen wir dennoch fofort die Pferde der Männer, welche mit Freudinger das Geld gebrat hatten, und traten den Weg nach Kirkelifje an. Die Leute waren, gegen die ausdrüdcklihe Instruktion des Räuberchefs — mit Revolvern verschen gekommen, hatten die Waffen jedoch unter ihren Kleidern verborgen gehalten, bis_ wir den Rückweg antraten. Spât in der Nacht erreichten wir den Ort Sergent, wo uns die Be- höôrde freudig begrüßte und uns mit Speise und Trank sowie mit einem Nactlager versehen ließ. Am Montag, den 9. Juni gelangten wir nach dem Orte Staphastow, wo uns durch den Metropoliten ein hôdhst feierliGer Empfang bereitet war. Unser Aussehen war keines- wegs salonfähig zu nennen. Die Kleider waren zum Theil zerrifsen, unsere Wäshe \{mußig und unsere Frisur ließ ebenfalls eigentli Alles zu wünschen übrig. Dennoch mußten wir die Glüdckwünshe des Metropoliten und seiner Familie noch beson- ders im Hause des Ersteren entgegennehmen. Uns trieb die Sehnsucht nah Hause rastlos weiter nah Uskii, wo uns der dortige Pächter der türkischen Tabackregie Hr. Ralamara mit vier berittenen Begleiterr empfing. Inzwischen hatte der Telegraph bereits die Nachricht von unserer Befreiung na Kirkelifse getragen, was uns für den folgenden Tag die Annehmli({keit vershaffte, von unseren \{lecht gesattelten Pferden ab- und dagegen in zwei bequeme Reisewagen, die uns der Gouverneur von Kirkelisse nebst einer Bedeckung von etwa dreißig
. Mann Kavallerie entgegengeschickt batte, einsteigen zu können. So
erreiwten wir Dienstag Vormittag Kirkelisse und wurden dort von dem Dragoman der deutschen Botschaft, dem österreihishen Konsul und den türkischen Behörden feierlihst empfangen. Hr. von Edart sorgte
für unjere Verpflegung aufs Beste und stellte uns Wäsche zur Verfügung. -
Nachmittags 3 Ubr ging die Reise in drei Wagen wiederum mit der- selben Bedeckung weiter nah Adrianopel, wo außer der Frau von Hrn. Graeger auch Hr. Direktor Solitander und seine Frau auf uns warteten. Zugleih mit uns fuhren auh Hr. von Eckart und der Dragoman Petrowitsch von dem österreihishen Konsulat in Adrianopel, welche si um unsere Befreiung sehr bemüht haben, nach Adrianopel zurück. Die Freude, als wir am Bahnhof von Adrianopel bekannte Gesichter wiedersahen, ift eine unbeschreiblihe gewesen, das zu ver- sichern, ist uns wohl erspart.
Dritte Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.
2 137. Berlin, Sonnabend, den 13. Juni
5 910 74146 362 731 6 397 539
134 196
4 881 139 so ift
128 750 159 173 455 547
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Zucker anderer Art (Sp. 14 +17 bis 19). 21.
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9 454 75 1 052 1970 317 4 973 g e Bi tik des Waarenverkehrs des
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14 607 173 439 272
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Kaiserliches Statistishes Amt.
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17
) nagewie , fo erschei
als Einfuhr (au zuleßt veröffentlichten bezw, von der vorjährigen Uebersicht beruhen auf nachträglich eingegangenen Berichtigungen.
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Versteuerte Rübenmengen, sowie Einfuhr und Ausfuhr von Zueker im deutschen Zollgebiet im Monat Mai 1891. Zahl der im Betrieb befind- lichen Rüben- zucker- Fabriken.
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1891.
Anzeigen. 1) Untersuchungs-Sachen.
(16926] Vermögeusbeschlagnahme.
Durch Urtheil des Königlihen Militärrevisions-
O Stuttgart vom 2. Juni 1891 wurde der
ahrer Eugen Robert Weigel aus Neu-Ulm eines
Vergehens der Fahnerflucht, in contumaciam für s{uldig erklärt und bemgemäß das ibm gegenwärtig zustehende oder später anfallende Vermögen mit Beschlag belegt.
Feldartillerie-Regiment König Karl (1. Württemberg.) Nr. 13.
EREE E N S E T I E T S I E E I SESET 2) Aufgebote, Zustellungen und dergl.
[16804] Bekanntmachung.
Das Verfahren der Zwangsversteigerung, betreffend das Gerb'sbe Grunditück, Grundbuch von den Um- gebungen Band 9s Nr. 4790, Straße 31 (Langen- bedstraße) und die Termine am 18. September 1821 werden aufgehoben.
Berlin, den 10, Junt 1891,
Königliches Amtsgericht L, Abth. 52.
[16803] _
In Sawen, den Zwangsverkauf des der Ebefrau des Cigarrenfabrikanten Theodor Freise, Ida, geb. Müller, zu Seesen zugehörigen, zu Seesen sub No, assec. 115 a/293 belegenen Wohnhauses nebst Zubehör betreffend, werden die Gläubiger auf- gefordert, ihre Forderungen unter Angabe des Be- trages an Kapital, Zinsen, Kosten und Nebenforde- rungen binnen zwei Wochen bei Vermcidung des Aus|ch{lusses hier anzumelden.
Zur Erklärung über den Vertbeilungsplan, sowie zur Vertheilung der Kaufgelder wird Termin auf den 6. Juli 1891, Morgens 10 Uhr, vor dem unterzei(neten Amtêgerihte anberaumt, wozu die Vetheiligten und der Ersteher hiermit vors- geladen werden.
Seesen den 4. Iuni 1891.
Herzogliches Amtsgericht. v, Rosenftern.
[15814] _ Aufgebot.
Das Sparkafsenbuch Vir. 769 der Kreissvarkafse Neidenburg, ausgestelt für die Wilhelmine Libuda’she Curatelmafse L. 153 (Aktenzeicen der früheren Kreisgerihts-Kommission Soldau) über ur]prüngli 45,95 „# ist verloren gegangen.
Auf Antrag der Berecbtigten, Bergmaznéfrau Amalie Lazarz, geb. Libuda, im Beistande ibres Ebe- mannes Wilhelm Lazarz in Gelsenkirchen werden alle diejenigen, wel&e Rehte an die Einlage bei der Kreissparkasse zu haben vermeinen , aufgefordert, dieselben spätestens im Termin den 20. Februar 1892, Zimmer Nr. 11, anzumelden, au das Spar: fafenbuch vorzulegen, widrigenfalls dasselbe für kraftlos erklärt werden wird.
Neidenburg, den 17. Mai 1891.
Königlies Amtsgericht. Reisler.
[14984] __ Aufgebot.
Der Tischlermeister August Eichhorn hieselbst bat das Aufgebot der ihm abhanden gekommenen Obli- gation vom 10. April 1818 bezw. Cession vom 4, Mai 1840 über 50 Thaler = 150 4, welche für den Kaufmann Löhrs bier auf dem Wohnhause No, ass. 367 hieselbft eingetragen sind, deren Tilgung aber glaubhaft gema@t ist, beantragt. Der Inbaber der Urkunde wird aufgefordert, spätestens in dem auf den 14. Dezember 1891, Vormittags 10 Uhr, vor dem unterzeihneten Gerichte anberaumten Auf- gebotstermine seine Rechte anzumelden und die Ur- kunde vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung E EIe und die Löschung ter Hypothek erfolgen wird.
Holzminden, den 30. Mai 1891.
Herzoglihes Amtsgericht. H. Gleve.
[16807] Oeffentlihe Aufforderung.
Im Hypothekenbuche für die Steuergemeinde Beiderwies Bd. 11. S. 357 befindet si{ auf dem Anwesen Hs.-Nr. 99 des Anwe]entbesißzers Franz Gruber zu Hammerberg eingetragen :
„17, Juni 1856; 150 Fl. unverzinsliches Darlehen des Dienslknechts Iosef Heindl von Wegscheid, zahlkar in halbjäbrigen Fristen — Jakobi und Lichtmeß — ad 15 F[l., [t. Uebereinkunft vom 26. Mai 1856.*
Da die Na®forshungen nah dem rechtmäßigen Inhaber fruchtlos geblieben und vom Tage der leßten auf diese Forderung \sich beziehenden Hand- lung an gerechnet 30 Jahre verstrihen sind, fo er- geht auf Antrag des Besißers der verbvpothecirten Sache Aufforderung an Diejenigen, welche auf die Forderung ein Ret zu haben glauben, zur Anmel- dung innerhalb 6 Monaten unter dem Recis- nahtheile, daß im Falle der Unterlassung der An- meldung die Forderung für erlos{hen erklärt und im Hypothekenbuche gelö\{cht würde.
Der Aufgebotstermin wird auf Donne:,stag, deu 25. Februar 1892, Vormittags 2 Uhr, Sißungsfaal 18/7, anberaumt.
Paffau, am 7. Juni 1891.
Kgl. Amitsgeriht Passau. gez. Thürauf, K O A. R.
Votftehendes Aufgebot wird gemäß ®'8 82 und 187 R. C. P. O. hiermit öffentli de”, annt gemaht.
Paffau, am 8, Juni 1891.
Der K. Gerihts\ch{r?" ber : Scherer, K, Se“retär.
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