1891 / 138 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Jun 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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1 E S E A d a E E E E T B E D R T A I T E A

Heute, als am Todestage des Hochseligen Kaisers Friedrich, besuchten Beide Majestäten, nah vorhergegangenem Gottesdienst im Neuen Palais, das Mausoleum an der Friedenskirhe, um einen Kranz an dem Sarge des Entschlafenen

niederzulegen.

Aus Potsdam liegt ferner folgende Mittheilung des ¿e W, T. B,“ vor: j

Heute früh um 81/2 Uhr fand im Sterbezimmer des Hoch- seligen Kaisers Friedrich im Neuen Palais eine Gedächtniß- feier statt, an welher nur die Kaiserlihe Familie Theil nahm. Die Andacht hielt Kandidat Keßner. Um 9 Uhr erschienen Jhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin mit den drei ältesten Prinzen im Mausoleum bei der Friedenskirhe und legten daselbst Kränze nieder, die Majestäten einen mächtigen Kranz aus weißen Nelken und Sedum mit Palmenwedeln und einer Schleife mit den SFnitialen der Allerhöchsten Herrschaften; die Prinzen widmeten einen Kranz aus weißen Seerosen mit einer Schleife und der Aufschrift: „Von den Enkeln“, Erbprinz und Erbprinzessin von Meiningen spendeten ebenfalls Kränze; auch von den Offiziercorps der hier garnisonirenden Regimenter und vielen Privatpersonen trafen im Laufe des Morgens Blumen- spenden ein.

Heute traten die vereinigten Ausschüsse des Bundes- raths für das Landheer und die Festungen und für Rech: nungswesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für Rechnung?wesen zu Sißungen zusammen.

Jm Anschluß an unseren Bericht in Nr. 135 des „R. u. St.-A.“ über den Beginn der Spruchthätigkeit des R ei chs- Versicherungsamts in Nevisionssahen auf Grund des Jnvaliditäts- und Altersversiherungsgeseßes theilen wir Näheres über das Ergebniß der Verhandlungen vom 11. und 12. d. M. mit, in welchen durchgehends für die Durchführung des Geseßes grundsäßliche Fragen zur Ent- scheidung gelangt sind. 4

Sn ter Revisionssache S. gegen die Versicherungsanstalt Baden nahm das Reichs-Versiherungsamt in Uebereinstimmung mit den Norinstanzen an, daß die Klägerin, welhe in dem Haushalt ihres Sohnes die Küche und die Wartung der Kinder besorgt, von dem Sohne aber nur freie Station und ein Taschengeld von jährlich 24 M bezieht, während der vorgcseßlichen drei Jahre niht in einem die Versicherungspfliht begründenden Dienstverhältniß gestanden habe (8. 3 Absay 2 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesehzes). Der Geldbezug wurde lediglih als eine unselbständige Ergänzung des freien Unterhalts angesehen. j ;

In Sachen eines S{hreibgehülfen U. gegen die Versicherungs- anstalt Baden war festgestellt, daß der Kläger „Sustentation“, das ist eine na badisbem Landesgeseß widerrufli}) bewilligte Zuwen- dung aus staatlichen Mitteln, bezieht, welche ibm aus Anlaß seiner lang- jährigen Dienstleistungen für eine Staatsbehörde gewährt worden war. Entgegen den Vorinstanzen is angenommen worden, daß diese Susten- tation das Ruhen der Alterërente gemäß §. 34 Absaß 2 des SInvaliditäts- und Altersversiherung®geseßes nicht zur Folge hat. Eine nur widerruflich gewährte, mithin rechtlich nicht erzwingbare Zuwendung set keine Pension; die Begriffe „Pension“ und „Warte- geld“ im §. 34 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgeseyes seien nit extensiv auszulegen. Die Rente des U. rute also niht zum Theil, sondern sei demselben voll auszuzahlen. :

In der Revisions\sache S. gegen die Versicherungeanstalt Berlin hat das Reichs-Versicherungësamt angenommen, daß, wenn auch gemäß 8, 158 des Inbaliditäts- und Altersversierungsgese es für die Berechnung der vorgeseßlihen Wartezeit eine bescheinigte Krankheit (§. 17 Absay 2 a. a. O) einem Arbeits- oder Dienft- verhältniß gleih zu achten sci, gleihwohl bei Berehnung des für die Höhe der Rente maßgebenden durchschnittlißen Jahresarbeitsverdienftes (8. 159 a. a. O.) diese Krankheitézeiten außer Ansaß bleiben müssen. Nur der in der kritischen Zeit thatsählich bezogene Lohn komme in Betract, und das Gesetz gebe keinen Anhalt, für Zeiten vorgesegliher Krankheit, in welchen ein Lohn nit bezogen ist, einen fingirten Ver- dienst in Ansa zu bringen. Auch wurde in dieser Revisionsfache ausgesprochen, daß die Berücksichtigung neuer Thatsachen in der Re- visionsinstanz ausgeschlossen sei. N :

In einer anderen Sache gegen die Versicherungsanstalt Berlin ist folgender Grundsay ausge|prohen worden: Ein dauerndes, von 7 bis 1 Uhr täglich währendes Arbetitsverhältniß einer Aufwartefrau fällt nit unter I. A. 4 des Bundesrathsbeschlusses vom 27. Novem- ber 1890, Au dadurch wird die Versicherungspfliht einer derartig beschäftigten Person nicht beseitigt, daß sie die ihr außerhalb des festen Dienstverhältnisses verbleibende freie Zeit zu vorübergehenden Dienstleistungen bei anderen Arbeitgebern verwendet. Die Klägerin Ee auf Grund jenes Arbeitsverhältnisses für altersrentenberechtigt erklärt.

In der Revisions\sahe I. gegen dieselbe Versicherungs- anstalt war gerügt worden, daß die Art der Berehnung einer von der Versiherungsanstalt festgestellten Altersrente den geseßlichen Bestimmungen nicht entsprohen abe, wenngleih das Ergebniß der Berechnung hierdurch nicht beeinflußt worden sei, dieses vielmehr mit dem bei rihtiger Berehnung sich ergebenden Vitrage übereinstimme. Die Revision ist zurückgewiesen worden, weil nur die E.tscheidung über die Unsprüche der Rentenanwärter selbst, nicht auch die Ent- O e zum Gegenstand der Revision gemacht werden önnen.

In Sachen H. gegen die Versicherungsanstalt Berlin handelte es sich um die Frage, ob ein von der zu Berlin domizilirenden Englis@en Bibelgesellshaft an einem Orte des Königreihs Sawbsen beschäftigter Bibelbote als ein im Bezirk der Versicherungsanstalt Berlin beschäftigter Gehülfe der Bibel- gesellshaft anzusehen sei. Das Reis Versiherungsamt hat diese Frage im Hinblick auf §. 41 Absay 3 des Invaliditäts- und Alters- versicherungsgeseßes bejaht, indem es annahm, daß in dem sächsischen Ort eine selbständige Zweigniederlassung nit bestehe.

“In der Revisionsfache A. gegen die Versicherungsanstalt Hess en- Nassau kat das Reichs-V ersiherungsamt angenommen, daß der Berehnung des „durchs{nittli&en Jahreéarbeitsverdienstes" im Sinne des S, 159 des Invaliditäts- und Altersversiherungsgesctes nur der Cffektivverdienst während der vorgefeßlickchen Zeit zu Grunde zu legen sei. Auch Naturalbe;üge, welhe Versicherte in der vorgeseßlichen Zeit als Entgelt für ihre Besbäftigung erhalten haben, seien nah ibrem thatsählich geleisteten Umfange und nach ihrem ortsüblihen Werthe zur Zeit des Bezuges in Ansay zu bringen, und es können die von den unteren Verwaltungëbehörden gemäß §. 3 des Invaliditäts- und Altersversicherung8gesezes für die nahgeseßliche Zeit festgesetzten Dur@{schnittswerthe der Naturalbezüge bei jenem Werthansaß nicht ohne Weiteres zur Anwendung kommen.

__ In der Revisions\sache F. gegen die Versi(erungsanstalt W e - falen wurde ausgesprochen, daß als „Versicherte“ im Sinne des S. 157 des Invaliditäts- und AlterEversiherungsgesetzes nur diejenigen Personen angesehen werden können, welche nah dem Inkrasttreten des Geseßes in ‘inem die Versicherungëpfliht begründenden Arbeité- und Dienstoerhältniß that\ählih gestanden haben. Das Sied8geriht hatte eincm Rentenanwärter, der kurz vor dem Inkrafttreten des Gesehes von eirer mit

Erwerbsunfähigkeit verbundenen Krankheit befallen worden war, welche au nah dem 1. Januar 1891 noch fortdauerte, gleihwohl die Rente lediglich auf Grund der Feststellung zugesprochen, daß derfelbe nah einem ärztlichen Gutachten noch im Stande und nur zeitweise be- hindert sei, das im §. 4 Absay 2 des Invaliditäts- und Altcrs- versiberungsgesctzes vorgeschriebene Lohaminimum zu verdienen.

In einer Revisionssahe gegen die Versiderungsanstalt Brandenburg handelte es sih um die Auslegung des Begriffes des Hausgewerbetreibenden im Sinne des §. 2 des Invaliditäts- und Altersver\icherung8geseßes. Das Scdiedögericht hatte angenommen, daß der Kläger ein ehemaliger selbständiger Gewerbetreibender in einem die Versicherungspfliht begründenden festen Arbeits- verhältniß zu verschiedenen Handwerksmeistern gestanden habe und von diesen nur deshalb, weil es an Plaß in ihrer Werkstätte gemangelt, in seiner Wohnung beschäftigt worden sei. Die Revision wurde verworfen, wobei, in der Begründung der Entscheidung die Zweifelhastigkeit des auf der Grenze liegenden Falles betont wurde; es sei jedoch nit ersichtli, daß das Sóiedögeriht den Begriff des Hausgewerbetreibenden verkannt habe, auch habe die beklagte Versicherungsanstalt selbst sich für Gewährung der Rente ausgesprochen.

Zwei Revisionen der Versiberungéanstalt Posen befaßten das Reichs-Versicherungsamt mit der Frage, wer als Beamter eines Bunde®8- staats im Sinne des § 4 Absaß 1 des Invaliditäts- und Alters- versicherungs8geseßzes anzusehen sei. Hierbei wurde anerkannt, daß diefe Frage nah den einschlägigen dienstpragmatischen Vorschriften zu be- antworten sei dergestalt, daß, wenn eine Behörde gewisse Klassen ihrer Angestellten als Beamte im Sinne des Inpvaliditäts- und Altersversicherungsgeseßes bezeichne, dies für die Beurtheilung ibrer Versicherungspfliht maßgebend sei. Jn einer der verhandelten Sacen lag eine Cirkularverfügung des preußischen Justiz- Ministers vom 22. Dezember 1890 vor, der zufolge Kanzleigehülfen, wele zur Befriedigung eines dauernden Bedürfnisses und mit der Aussicht auf dauernde Beschäftigung bei den Gerichten angenommen sind, Beamteneigenschaft besitzen, während dieselbe solchen Kanzlei- gehülfen abgeht, die nur vorübergehend und aushülfsweife beschäftigt werden. Da das Schiedsgericht es unterlassen hatte und die Aktenlage es nit ermöglichte, festzustellen, zu welcher dieser beiden Gruppen der Kläger gehört, so wurde das Urtheil aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen, In der zweiten Sache wurde eine weitere Aufklärung darüber beschlossen, ob die zuk Bewachung der kleinen Gerichtsgesängnisse angenommenen Nat- wächter, deren Beschäftigung zwar einem dauernden Bedürsniß ent- spricht, indeß für jede Nacht besonders vergütet wird, Beamteneigen- schaft besizen oder nicht. i

In der Revisionssahe S. gegen die Versiberungsanstalt Hannover nahm das Neich8-Versicherungsamt an, daß zum Nah- weise des „Versihertseins“. im Sinne des §. 157 des Invaliditäts- und Aitersversiherungsgesetzes die Ertheilung einer Quittungskarte an sich niht genügt, Voraussetzung ist vielmehr, daß der die Altersrente Beansyruchende nah dem 1. Januar 1891 thatsächlick in einem die Versicherungspfliht begründenden Arbeits- oder Dienstverhältniß ge- standen habe.

Das Armee-Verordnungsblatt veröffentlicht folgende Be- kanntmachung * des Kriegs-Ministers, betreffend die Ver- einigung von Helgoland mit dem Deutschen Reih:

Auf Grund der Gefeße a. vom 15. Dezember 1890, betreffend die Vereinigung von Helgoland mit dem Deutschen Reih (Reichs- Geseyblatt Nr. 36 für 1890), und b. vom 18. Februar 1891, be- treffend die Vereinigung der Insel Helgoland mit der Preußischen Monarchie (Preußische Geseß-Samml. Nr. 4 für 1891) wird Nach- stehendes zur Kenntniß der Armee gebracht : i L

I, Die Insel Helgoland nebst Zubehörungen ist dem Bundes- gebiete hinzugetreten und dem preußischen Staat einverleibt worden. IT. Die Verfassung des Deutschen Reichs, mit Au?nahme des Ab- schnitts VI über das Zoll- und Handelswesen, sowie die preußische Verfassung sind auf der Insel in Geltung getreten. TII1, Die von der Insel herstammenden Personen und ihre vor dem 11. August 1890 geborenen Kinder sind von der Wehrpflicht befreit. (Z. 3 des Geseßzes vom 15. Dezember 1890) IV. In Bezug auf die staatliche Vere waltung is Helgoland der Provinz Swleswig-Holstcin und dem Kreise Süderdithmarschen (Landwehcbezirk Rendsburg) zugetheilt worden.

Ferner {ind auf Grund der Allerhôchsten Verordnungen vom 22, März 1891, betreffend die Einführung von Reihs- bezw. preußishen Landesgesetzen in Helgoland (Reichs-Geseßblatt Nr. 8 bezw. Preußische Gesez-Sammlung Nr. 7 für 1891), nachstehende Gesche daselbst in Kraft getreten:

1) Das Gesey über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870, vorbehaltlih des Rechts der von der Insel herstammenden Perfonea, vermöge einer vor dem 1, JIanuar 1892 von ihnen selbst ober bei minder- jährigen Kindern von deren Eltern oder Vormündern ab- zugebenden Ertlärung, die britishe Staatsangehörigkeit zu wählen; 2) die Gesetze über das Militärwesen und die Kriegêmarine, unbe- \chadet der Bestimmung im §. 3 des Geseßes vom 15, Dezember 1890 (siehe vorstehend unter 111); 3) das Geseg vom 29, Juni 1886, be- treffend die Heranziehung von Militärpersonen zu Abgaben für Ge- meindezwecke; 4) das Geseß vom 20. März 1837 über den Waffen- gebrauch des Militärs; und 5) das Gese vom 4. Juni 1851 über den Belagerungszustand. J. V.: y. d. Boeck.

Nah einer Allerhöchsten Kabinetsordre haben die an Kaiser- manövern theilnehmenden Kürassier-Regimenter zu den bei A A: stattfindenden großen Paraden fortan ohne Kürasse zu erscheinen.

Das „Armee-Verordnungsblatt“ veröffentliht mit AAllerhöckster Genehmigung von dem Kriegs-Minister erlassene Lestimmungen über die Vorbildung und Ergänzung der Stabshoboisten, Stabs- hornisten und Stabstrompeter. Der erste Theil regelt die Kommandirung zur akademishen Hochschule für Musik, der zweite Theil die Beseßung von Stabshoboisten- 2c. Stellen.

Der Königliche Gesandte in Dresden, Wirkliche Geheime Nath Graf Carl von Dönhoff ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäste der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Königliche Gesandte in Weimar von Derenthal[l ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäste der Gesandt- schaft wieder übernommen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische ari lean ged Freiherr von Stengel ist von Berlin ab- gereist.

_ Der Chef des Jngenieur- und Pionier-Corps, General- Lieutenant Golz hat eine Dienstreise angetreten.

Bayern. _Münqhen, 14, Juni. Die Gemahlin des Minister- Präsidenten Freiherrn von Crailsheim ist nah einer Mel- dung des „V. T. B.“ in der vergangenen Nacht gestorben.

Baden,

Karlsruhe, 13. Juni. Jhre E Hoheit die Prinzessin Wilhelm von Baden hat jich, wie die „Karlsr. Ztg.“ meldet, auf einige Wochen nah St. Peter s- burg begeben. (2

Das „Geseß- und Verordnungsblatt“ veröffentliht einen Großherzoglichen Erlaß, wonach Kandidaten des geist- lihen Standes und Geistliche der christlihen Kirchen, welche nah Maßgabe des Geseßes vom 5. März 1880, betreffend die allgemein wissenschaftlihe Vorbildung der Kandidaten des geistlihen Standés, und der zu diesem Geseße erlassenen Vollzugsvorschristen zur ständigen öffentlihen Ausübung. kirhliher Funktionen im Gebiete des Großherzogthums staatlich zugelassen und außerdem von der obersten im Großherzogthum befindlichen oder für das Großherzogthum anerkannten kirhlihen Behörde ihres Bekenntnisses als befähigt zur Ertheilung des Religions=- unterrihts für alle Klassen von Mittelshulen erklärt sind, in der Eigenschaft als wissenschaftliche Lehrer an Mittelshulen angestellt werden können, sofern sie durch eine vor der zu- ständigen Prüfungsbehö:de abgelegte Prüfung Lehrbefähigung nahgewi-sen haben. Dasselbe Blatt bringt ferner die Mitthei- lung, daß zwischen der Großherzoglihen Regierung und den GroßherzogliÞh und Herzoglih sächsishen Regierungen die gegen/eitige Anerkennung der Prüfungszeugnisse für das Lehramt an höheren Schulen mit alsbaldiger Wirkung vereinbart und dabei wegen einer Prüfung in der Religionslehre der gleihe Vorbehalt gemaht werde, wie in der entsprehenden Vereinbarung mit dem Königreih Preußen.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 15. Juni. Seine Majestät der Kaiser hat am Sonnabend Vormittag in der Hofburg-Pfarrkirche den feier- lihen Akt der Ectheilung des Kardinalsbaretts an dem Kar- dinal Fürst - Erzbishof von Wien Dr. Anton Josef Gruscha vollzogen. Nach. Schluß der Ceremonie empfing der Kaiser den Kardinal in Audienz. Die ursprünglihch für den 9. Juli beabsichtigte Reise des Kaisers nach Prag ist wegen ber Erkrankung des Statthalters Grafen Thun, dessen völlige Wiederherstellung voraussichtilih längere Zeit erfordern Er bis zur zweiten Hälste des September verschoben worden.

Der Minister des Auswärtigen G Kálnoky hat sih gestern auf einige Tage nah Mähren begeben.

Das gestrige Amtsblatt veröffentliht auf Grund der dur das Gesammt-Ministerium angeordneten theilweisen Auf- hebung der Ausnahmeverfügungen eine Verordnung des Statthalters von Nieder-Desterreih, durch welche die be- schränkenden polizeilihen Anordnungen für die Gerichtsbezirke Wien, Korneuburg und Wiener Neustadt aufgehoben werden.

Der neue Vertrag mit dem österreichisch- ungarischen Lloyd wurde am Sonnabend von dem Volks- wirthschaftsausshuß des Abgeordnetenhauses unter Ablehnung des Antrages auf Verstaatlichung des Lloyd genehmigt, nachdein der Handels-Minister Marquis Bacquehem die id namentlich aus internationalen Verhältnissen ergebenden Gründe gegen die Verstaatlihung entwickelt und die nam- haften Erweiterungen des Fahrplans des Lloyd hervor- gehoben hatte. i

Das „Vaterland“ erklärt die Nahriht von dem angeb- lihen Austritt von vier istrischen und dalmatischen Abgeordneten aus dem Hohenwart-Klub und von deren Eintritt in den Jungczechen-Klub für durhaus unbegründet.

Im ungarishen Unterhause entstand am Sonn- abend bei der fortgeseßten Berathung der Verwaltungs- vorlage ein Zwischenfall dadurch, daß der Abgeord-

nete Polonyi (äußerste Linke) dem Minister-Präsidenten

Grafen Szapary vorwarf, er sei durch den Bruch eines Versprehens Minister-Präsident geworden. Graf Szapary wies diese Behauptung energisch zurück. Jm Laufe der Debatte wurden mehrere Ordnungsrufe ertheilt.

Großbritannien und Frland.

Unter dem Vorsiß Chamberlain's fand am Freitag Abend eine weitere Versammlung von 20 bis 30 Parla - mentsmitgliedern statt, in der fernere Besprehungen über die Ausarbeitung eines Alters-Versicherungsge}eßes gepflogen wurden. Der Vorsizende theilte mit, daß viele Ab- eordnete aller Parteischattirungen mit dem Projekt einver- tanden seien. Es wurde entschieden, daß der Staat einen gewissen festen Beitrag entrihten und daß allen Versicherten über 60 Jahre eine Pension von nicht mehr als 10 Schilling per Woche gezahlt werden sollte. j

Der Text des am 11. d. in Lissabon unterzeichneten english-portugiesishen Vertrages ist am Freitag den Parlamentsmitgliedern zugestellt worden, Das Ueberein- fommen besteht der „A. C.“ zufolge aus 15 Artikeln. Die 88. 1-—7 handeln über die Vertheilung der streitigen Gebiete in Afrika, Jn Artikel 8 verpflichtet sih jede der Mächte, in -der Jnteressensphäre der anderen keine Erwerbungen vorzu- nehmen und keine Verträge mit den Eingeborenen abzuschließen. Die beiden folgenden Paragraphen behandeln die kommerziellen Konzessionen und die Missionare, §, 11 bestimmt, daß Portugal in den nächsten 25 Jahren für den Transit von nach der Ostküste gelan Waaren nicht mehr als 3 Proz. Zoll erheben darf. England steht das Recht zu, innerhalb sünf Jahren völlig freien Durchgang von Waaren zu ver- langen. Alsdann wären die Zölle mit 30 000 Pfd. Sterl. per Jahr zu kapitalisiren. Die übrigen Artikel des Vertrages geben Bestimmungen über die Schiffahrt. Der Zambesi und Shire werden künstig allen Nationen zugängig sein.

Die „Times“ konstatirt eine Bewegung zur Bildung einer katholish-klerikalen Partei im nähsten Parlament. Speziell die irischen Bischöfe seien entschlossen, das System der bezahlten nationalen Abgeordneten abzuschaffen und diese durch Aufstellung wohlhabender Kandidaten, welche neben der natio- nalen Gesinnung zugleich die Jnteressen der katholischen Kirche speziel wahrnehmen sollen, zu erseßen.

Nach einem Telegramm des „Reuter'shen Bureaus“ aus Manipur vom Freitag ist der Prozeß gegen den Manipur- Prinzen, genannt Senaputty, beendet. Der Gerichtshof habe denselben s{huldig befunden, gegen die Kaiserin von Jndien Krieg begonnen zu haben, jowie an der Ermordung der eng- lishen Offiziere betheiligt gewesen zu sein, und ihn zum Tod durch den Strang verurtheilt. Die Verurtheilung soll | der indischen Regierung zur Bestätigung vorgelegt werden.

Frankreich. Paris, 15. Juni. Der Admiral Gervais is}, wie W. T. B.“ meldet, heute Morgen in Paris eingetroffen, um

die Befehle der Regierung bezüglich der Reise des Geshwaders

nah Rußland entgegenzunehmen. Das Geschwader wird am Freitag oder Sonnabend abgehen.

Dem „Echo de Paris“ zufolge wird die Zahl der Feld - artillerie-Regimenter im nähsten Jahre von 38 auf 40 erhöht werden, doch follen die nöthigen 24 Batterien nicht sofort hergestellt, sondern vorläufig theilweise den be- stehenden Regimentern entnommen werden. :

Die Deputirtenkammer nahm in ihrer vorgestrigen Sizung die Zuckersteuervorlage an, indem sie den vom Senat gestrichenen Artikel wiederherstellte, welcher einen Abfall von 15 Proz. für die Campagne 1890/91 er- laubt. Jm weiteren Verlauf der R wurde ein Geseß- entwurf angenommen, nah welchem Behufs Anregung zur Seiden- kultur eine Prämie von 50 Centimes jür jedes Kilo-

ramm von erzeugten Cocons gewährt werden soll. Die

ammer seßte sodann die Berathung der Zollgeseßvor- lagen fort und nahm für zahlreiche Artikel die von der Kom- mission beschlossenen Zollsäße an, namentlih die auf Eier, Käse, Buiter und Fische, }

Am Freitag begann der Prozeß gegen Turpin und Triponé in der Melinit-Angelegenheit. Die Verhand- lungen werden nah einer Mittheilung der „Köln. Ztg.“ unter Ausschluß der Oeffentlichkeit geführt. Der Präsident ließ den Saal noch vor dem Eintreten der Angeklagten räumen. Die Zahl der Zeugen betrug etwa ein Dußend. Turpin ließ die Generäle Ladvocat, Nisme und Lecontaye vorladen. Triponé hatte den Jngenieur Marsogham von den Armstrong'shen Geschüßwerkstätten als Zeugen berufen lassen. Um 61/2 Uhr war das Zeugenverhör beendigt. Heute werden die Reden des Staatsanwalts und der Vertheidiger gehalten werden.

Wie von unterrichteter Seite hervorgehoben wird, hätten die von Freycinet seit längerer Zeit eingeführten neuen Zünder nichts mit denen gemein, deren Plan von Triponé preisgegeben worden sei. Auch das ursprünglihe Melinit Turxpin's sei ohne dessen Vorwissen verbessert worden.

Der mit der Untersuchung in der Panama- Angelegen - heit beauftragte Richter hat für Montag, den 22. d. M., erdinand Lesseps und Charles Lesseps, für Dienstag, den 3. d. M., die Verwaltungsräthe der Panama-Gesellschaft s Lesseps, Marius Fontanes und Henri Cottu vor- geladen.

Nußland und Polen.

Nach in St. Petersburg eingetroffenen Meldungen aus Chabarowka hat der Großsürst-Thronfolger am 12, Juni diese Stadt verlassen und mittels Dampfers seine Reise den A mur aufwärts fortgeseßt.

Wie der „Grashd.“ wissen will, ist das Projekt einer Verstaatlihung der Apotheken in Rußland im O Den des Ministeriums des Jnnern eingereicht worden.

Allen Juden in Libau werden, wie die Libauer Blätter melden, in Gemäßheit eines kürzlih erlassenen Tages- befehls des dortigen Polizeimeisters gegenwärtig die Pässe abgenommen, damit E werden könne, wer das Recht zum Ausfenthalt daselbst hat. Alle Nichtberehtigten werden die Stadt verlassen müssen.

Ftalien.

__ Vei der Berathung des Budgets des Auswärtigen in der Senatssißung am Sonnabend gab der Minister- Präsident Marchese di Rudini auf eine Anfrage Negri’s eine Erklärung über die auswärtige Politik JFtaliens und übec den Dreibund ab. Der von „W.. T. B.“ übermittelte telegraphishe Auszu der Rede lautet: „Die Politik der e gestatte Stalien, seine Rüstungen auf mäßiger Höhe zu halten. Das Bündniß lege Ftalien keine außergewöhnlihen Rüstungen auf. Jn ‘dieser Erklärung liege die hauptsäthlihste Antwort auf die Angriffe, welhe die Gegner des Dreibundes gegen die Regierung vorbringen, Es sei aus- geschlossen, daß der Dreibund einen aggressiven Zweck habe, derselbe jei vollflommen friedlih; dies bewiesen die zehn Jahre seines Bestandes.“ (Sehr lebhajter allgemeiner Beifall). Ctwas ausführlicher berichtet ein Telegramm der „Voss. Ztg.“ über die Rede Rudini's in Folgendem:

„Die Regierung will entschteden einen Budgetausgleih und starke Finanzen, demzufolge auch eine gesammelteauswärtige Politik. Sie hat si nur in einer Rihtung gebunden, nämli keinen Krieg anzu- fangen, das heißt, nit Abenteurerpolitik zu treiben. Die Politik der Sammlung bedeutet für einen Großstaat nicht Abrüstung und Fsolirung, sondern nur Mäßigung der Rüstungen und Sicherung des Friedens durch Bündnisse. Der Dreibund verpflichtet uns nicht zu Rüstungen. Dies versichere ih mit Manneswort und Ministerwort. Alle Vorwürfe gegen vie jeßige auswärtige Politik entspringen nur aus einem Mißverständniß und unbegründetem Arg- wohn. Die Jfolirung würde uns gereuen, Die Dreibundpolitik ift die Friedenspolitik, Rüstungen “in gewissem Umfange sind nöthig, um den Gefahren zu begegnen.“

Im weiteren Verlauf der Debatte sprachen sich noch mehrere Redner zu Gunsten der Regierungspolitik aus. Alfieri wünschte, Jtalien möge bei der Erneuerung des Bündnißvertrages der jevigen Lage Europas mehr entsprechende Formeln finden, und hofft, daß das Kabinet seine Politik auf gerechte und bestimmte Grenzen einshränken werde. Der Minister-Präfident dankle den Vertheidigern der Regierungspolitik und erklärte, er glaube, daß die Abrüstung oder Jsolirung Jtalien zum Ruin führen würde. Ec versicherte, er werde der Empfehlung Alfieri's Rechnung tragen, sobald er sih in der entsprechenden Lage befinde. Die Generaldebatte wurde hierauf geschlossen.

Die italienishe Abordnung zu den Ende Juli in Bern beginnenden Handels vertrags - Unterhandlungen fon den Delegirten Deutschlands, Jtaliens, Oesterreich-

ngarns und der Schweiz wird, wie der „Popolo romano“ u aus dem General-Sekretär im Ministerium des Aeußern Malvano und ander n höheren Beamten zusammen- geseht werden.

Der Papst erblickt, wie der „Köln. V.-Ztg.“ aus vatika- nishen Kreisen mitgetheilt wird, in dem Vorfall in Beth- lehem (vgl. „Türkei“ in den leßten Nrn. d, Bl.) vom 23. Mai eine empfindlihe Schädigung der katholischen Kirche. Die Schuld daran mißt er dem französishen Konsul in Jeru- salem zu, der sich die Wahrnehmung der katholischen Jnteressen lehr wenig angelegen sein lasse und anscheinend so zar die Griechen bevorzuge. Der fa st habe nunmehr die französische Regierung ersucht, bei der Pforte folgende zwei Anträge zu stellen: 1) Die Pforte erkennt das Besizreht der Franziskaner auf die zur Krippe Jesu führende Haupttreppe an und verbietet

den Schismatikern das fernere Betreten derselben. 2) Die Pforte erkennt die Franziskaner als „Patrone des heiligen Grabes“ an, während sie bisher von der türkishen Regierung nur als „Tolerirte“ angesehen wurden. Der päpstliche Stuhl hege die feste Zuversiht, daß Frankrei diese Forderungen der Kurie mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln ver- treten werde.

__ Der _ „Osservatore romano“ publizirte am 12. d. M. ein päpstlihes Breve, in welhem der heilige Vater das Werk der Erhaltung des Glaubens in den italienischen Schulen billigt und empfiehlt. Die Bildung dieses Werkes wurde im vorigen Jahr auf dem katholishen Kongreß in Lodi

beschlossen. Portugal.

Der Gesetzentwurf über die Einnahmen und Aus- gaben für das Etatsjahr 1891/92 wird, wie man dem „W. T. B.“ aus Lissabon meldet, den Cortes demnächst vorgelegt werden. Durch die Berathung dieses Geseßes würde diejenige des allgemeinen Budgets erübrigt werden. Der Minister der öffentlihen Arbeiten wird beträchtliche Ersparnisse in Vorschlag bringen.

Schweiz.

Die gegen den neuen Zolltarif entstandene Bewegung O “wie man der „N. Zürch. Ztg.“ aus Bern meldet, is jezt auf den Gang der Handelsvertrags-Unter- handlungen mit Deutschland und Oesterreih keinen nach- theiligen Einfluß zu üben vermoht. Der bisherige Verlauf lasse eine Verständigung mit den beiden Staaten hoffen. Bundes-Rath Dr oz habe sich alle Mühe gegeben, die Liguisten vom Referendum abzuhalten. Daß die Sammlung von 30 000 Unterschriften im Sinne eines sofort zu stellenden Referendumsbegehrens beschlossen wurde, habe man wesentlich den Genfern zuzuschreiben, die sich für jeglihe Belehrung unzugänglich erwiesen.

Luxemburg.

Luxemburg, 12. Juni. Die Kammer hat den von der

Regierung beanspruhten Kredit von 500000 Fr. zur Er- weiterung des Großherzoglichen Palastes einstimmig ge- währt. Der Großherzog hatte, wie man der „Köln. Ztg.“ schreibt, den Wunsch kundgegeben, die bei dieser Gelegenheit der Staatskasse erwachsenden Ausgaben möchten in keinem Falle den erwähnten Betrag übersteigen. Zugleich hatte er sich erboten, alle Mehrkosten aus eigenen Mitteln zu bestreiten ; auc die Ausstattung des Fnnern will er auf seine Privatkasse übernehmen. Man zweifelt nicht daran, daß die in Aussicht genommenen Bauten den Betrag von 500 000 Fr. wesentlih überschreiten werden. Der Generaldirektor der öffentlichen Arbeiten, der die Vorlage bei der Kammer zu befürworten hatte, {loß im Hinblick auf das roßmüthige Anerbieten des Großherzogs seine Rede mit den Worten: „Wir können der Vorsehung nur danken, daß sie unsere Geschicke in die Hände eines Fürsten gelegt, dessen Hingebung für das Land ih von dem ersten Augenblicke der Regentschaft an bis auf diesen Tag nicht verleugnet hat.“

Türkei.

Der „Agence de Constantinople“ zufolge find am Sonn- abend dort Nachrichten von einem Aufstande in Yemen (West-Arabien) eingetroffen. Der Aufstand jei veranlaßt durch den Stamm der Asyrs unter Scheikh Seiff-Eddin, den mächtigsten aber auch unruhigsten Stamm von Yemen. Die militärischen Abtheilungen, welhe damit beaustragt waren, den Stamm zur Ruhe zu bringen, sollen geschlagen sein und etwa 100 Mann, darunter mehrere Offiziere, verloren habeu. Der Gouverneur von Yemen hätte bei der telegraphi- schen Mittheilung der Vorfälle berichtet, daß die Asyrs Schnell- feuergewehre und Kanonen besäßen, und habe um s{leunigste bedeutende Verstärkungen gebeten. Ein am Sonnabend ab- gehaltener außerordentlicher Ministerrath soll die Entsendung s 10000 Mann des syrishen A. nee-Corps beschlossen aben.

Numänien.

Bukare s, 14. Juni. Der König, die Königin und der Thronfolger haben sich, wie „W. T. B.“ meldet, auf drei Tage nah Kimpolung begeben.

Der Senat genehmigte einstimmig die Konvention, be- treffend den österreichisch-rumänishen Eisenbahn- anfchluß und betreffend die Revision der Konvention vom Jahre 1873 über den Eisenbahnanshluß bei Jykany.

Montenegro.

Cettinje, 13, Juni. Der türkische Gesandte am hiesigen Hofe Tevfi T-B a hat nah einer Mittheilung des „Corresp. Bur.“ den aus Gesundheitsrücksihten erbetenen Abschied er- halten. Zu seinem Vertreter ist der türkishe Militär-Attaché in St. Petersburg, Oberst-Lieutenant Achmed-Tewsy-Bey ernannt worden.

Schweden und Norwegen.

(F) Stoccholm, 13. Juni. Das Kriegsdepartement hat unter dem 5. d. M. eine Kommission mit dem Austrage niedergeseßt, für die Befestigungen in den Stockholmer Scheeren sowie für die Festung Carlsborg mit den Va- bergspositionen neue Bestückungspläne auszuarbeiten. Zum Vorsißenden der Kommission ist der General-Commandeur im drilten Militärdistrikt, General-Major Ryding ernannt worden.

Die Einnahmen der Postverwaltung im ver- gangenen Jahre haben 7 301 784 Kronen und die Ausgaben 6 826 081 Kronen betragen, sodaß mithin ein Uebershuß von 475 703 Kronen verbleibt.

Amerika.

Mexiko. Der frühere Vertreter der mexikanischen Re- gierung in London Benito Gomez Farias ist, laut Mel- dung des „W. T. B.“, an Stelle des verstorbenen Finanz- Ministers Dublan zum Finanz-Minister ernannt worden.

Brasilien. Nah in Paris eingetroffenen Meldungen aus Rio de Janeiro sollen in Belem, der Hauptstadt von Grand Para, Unruhen lokalen Charakters au2gebrochen sein, welhe von den Behörden jedoch alsbald unterdrüt worden seien.

Argentinien. Der Senat beschloß, einem Wolff’ schen Telegramm aus Buenos-Aires von gestern zufolge, nah neuerliher Prüfung das für in Gold oder Silber zahlbare Effekten festgeseßte sech8monatige Moratorium auf ein dreimonatiges zu reduziren.

Parlamentarische Nachrichten.

Jn der heutigen (23.) Sißung des Herrenhauses, welcher der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Staats- Minister Dr. von Boetticher, der Minister des Fnnern Herrfurth, der Justiz-Minister Dr, von Schelling, der Finanz-Minister Dr. Miquel und der Minister der geistlihen- 2c. Angelegenheiten Graf von Zedliß- Trüßschler beiwohnten, stand an erster Stelle die Berathung des Geseßes, betr. die Ausführung des §. 9 des Ge- seßes, betressend die Einstellung der Leistungen ausStaatsmitteln für die römisch-katholishen Bis- thümer und Geistlihen, vom 22. April 1875.

Dazu beantragt der Berichterstatter Fürstbishof D. Kopp:

Das Herrenhaus wolle beschließen :

dem vorgenannten Gesetzentwurf mit Ausnahme des Artikels 5 in der vom Hause der Abgeordneten beshlossenen Fassung unver- ändert, dem Artikel 5 dagegen in der nachfolgenden Fassung die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen,

Der abgeänderte Artikel 5 soll lauten:

Die nach Erledigung der Anträge und nah Abzug der Kosten des Verfahrens in der einzelnen Diözese übrig bleibende Summe wird an das betreffende Bisthum ausgezahlt und zu einem Diözesanfonds angelegt, aus w el ch em nach Vereinbarung zwischen dem Minister der geistlihen Angelegenheiten und den Diözesanobern emeritirte Geist- lihe und Theologiestudirende sowie die geistlichen Bildungsanstalten unterstüßt, das Einkommen zu gering dotirter Hülf8geistlihen (Kapläne, Vikare, Kuraten) in staatlich anerkannten Pfarreien sowie der Beamten der bishöflihen Verwaltung aufgebessert oder Unter- stüßungen an arme Kirchengemeinden Behufs Wiederherstellung kirhliher Gebäude (Kirhen, Kapellen, Häuser für Geistliche und Kircendiener) gewährt werden können.

Die Vereinbarung hat den für den einzelnen Zweck verwend- baren Gesammtbetrag festzustellen. Innerhalb des Letzteren bleibt die Einzelverwendung dem Diözesanobern überlassen. Die Ver- einbarung bleibt so lange in Geltung, bis eine Abänderung ver- einbart ift. : ;

___ Nath dem Berichterstatter Fürstbishof D. Kopp, welcher seinen Antrag befürwortete, erhielt das Wort der Freiherr von Manteuffel. (Schluß des Blattes.)

Jn der heutigen (104.) Sizung des Hauses der Ab: geordneten, welcher der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums taats-Minister Dr, von Boetticher, der Minister des Ls Herr furth, der Minister für Handel und Gewerbe reiherr von Berleps\ch, und der Minister für Landwirth- schaft 2c. von Heyden beiwohnten, stand zunächst auf der Tages- ordnung die dritte Berathung des Geseßentwurfs, etrieb die Königlichen Gewerbegerichte in der Rheinprovinz.

In der Generaldiskussion sprach Abg. von Strombeck die Befürchtung aus, daß dieses Geseß in einzelnen Punkten die Interessen der Rheinprovinz schädigen könne.

Der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsc erwiderte, daß diese Befürchtung in den Kreisen der Rheinprovinz selbst nicht getheilt werde.

Jn der Spezialdebatte wurden die einzelnen Paragraphen und sodann das Gesey im Ganzen unverändert nah den Be- s{chlü}ssen zweiter Lesung angenommen.

Es folgte die Fortsezung der Berathung des vom Herren- hause in abgeänderter Fassung zurückgelangten Entwurfs eines Wildschadengesetzes. _

Es wurde zunächst die Abstimmung über den §, 4a wiederholt, welhe am Sonnabend die N des Hauses herbeigeführt hatte. Der Paragraph wurde mit geringer Mehrheit abgelehnt. (Schluß des Blattes.)

Der Erb-Landhofmeister im Herzogthum Schlesien, Graf Ludwig Schaffgots\cch auf Kynast und Greiffenstein, erblihes Mitglied des Herrenhauses, ist nah mehrwöchigem Krankenlager heute in Warmbrunn gestorben.

Im 3. hannoverschen Reihstags-Wahlkreife (Meppen, Lingen 2c.) ist für den verstorbenen Abgeordneten Dr. Windthorst der Amtsgerihts-Rath Brandenburg zu Bersenbrück (Centrum) mit 16382 Stimmen zum Mitgliede des Reichstages gewählt worden. TDoelke zu Dortmund, Sozialdemokrat, erhielt 59 Stimmen.

Jm Herrenhause hat Graf Udo zu Stolberg- Wernigerode mit Unterstüßung von 16 Mitgliedern folgende Resolution zum Geseßentwurf über die außerordentliche Arme nlast eingebracht :

In Erwägung, daß nach dem Ergebnisse der Volkszählung vom 1, Dezember 1890 eine Entvölkerung des flachen Landes und der fleineren Landstädte zu Gunsten der großen Städte und der Industriebezirke stattgefunden hat, und daß durch das vorliegende Gesep den Ortsarmenverbänden neue Lasten auf- erlegt werden, die Staatsregierung zu ersuven, im Bundesräth eine Abänderuyg des Unterstüßungswohnsißz-Geseßes zu beantragen, dahin gehend, daß die Fähigkeit, einen eigenen Unterstüßung8wohnsitz zu erwerben, bereits in einem jüngeren Lebensalter und bei einem kürzeren Aufenthalt als bisher, beginnt.

Entscheidungen des Reichs8gerichts.

Die Pflicht der Dienstherrschaft, für das in ihrem Dienste oder bei Gelegenheit desselben zu Schaden gekommene Gesinde auch über die Dienstzeit hinaus zu sorgen, erstreckt sch nah §. 9 der preußishen Gesinde-Ordnung nur auf die Kurkosten und auf den nothdürftigen Unterhalt des Gesindes, so lange bis dasselbe sih sein Brot selbs zu verdienen wieder in den Stand kommt. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgeriht, VI. Civil- senat,| durch Urtheil vom 30. April 1891 ausgesprochen, daß bei Berechnung dieses „nothdürftigen“ Unterhalts eines Dienst- boten neben den Verhältnissen des Ortes, an welchem er gedient hat, au die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse des Dienstboten, seine bisherige Stellung im Hause des Dienstherrn, die Frage, 2b er zum städtishen oder ländlichen Gesinde gehört, und dergl, in Betracht gezogen werden muß.

Kunft und Wissenschaft.

- Die „Laibacher Zeitung" vom 11. d. M. berihtet: Im Laibacher Moor wurde am 6. d, M. bei Ilovca nähst Rudnik von Torfgräbecn ein antikes Schiff, ein sogenannter „Einbaum“ gefunden. Auf die vom Besigzer der betreffenden Parzelle dem Landes- Museum gemachte Mittheilung begab sich Hr. Ferdinand Schul; an Ort und Stelle, wo das fraglihe Schiff vorgestern ausgehoben wurde. Es lag 7,5 m tief im Torf. Unter dem Schiff fand sih noh eine 80 ecm dide Torfshiht, sodann aber brauner Lehm vor. Das aus einem mächtigen Eichenstamm hergestellte Schiff ist 8,6 m lang, 1,6 m breit und ziemli gut erhalten. Da sonstige Funde in der Umgebung des Schiffes niht gemacht worden sind, dürfte das Alter des interessanten Fahrzeuges {wer zu bestimmen sein.“

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