1911 / 79 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 01 Apr 1911 18:00:01 GMT) scan diff

wenn andere Staaten Vorshläge machen, die deutsche Regierung ibre Geneigtheit zu Abmachungen über eine Entlastung aus}prehen soll. Der Reichskanzler zeigte fich dankbar für die rorfihtige Form

unserer Resolution; ih glaube, daraus die Bitte ableiten zu dürfen, daß das Haus der Resolution zuftimme. Ein Ver- sub muß doch endlih einmal gemaht werden. Berechtigte

Wünsche der Beamten aller Staaten können erft erfüllt werden, wenn in der Rüstung niht mehr so fortgefahren wird wie bisher. Wenr unsere Resolution nicht abgelehnt wird, fo wird der Eindruck nit auffommen, als ob Deutschland der Störenfried sei. Graf Kaniß s\priht sib gegen das Prinzip der langfriftigen Handels- vertrage und der Meistbegünstigung aus. Unser Land ift aber ein erportierendes Land, unsere Industrie muß deshalb auf mehrere Jahre voraus den Export übersehen können. Graf Westarp und der Abg. Noeside baben sh bemüht, den Abg. Bassermann zu widerlegen, anzugreifen, runterzumahen, und baben gesagt, daß Bassermann den guten Ton nicht hebe. Ah Gott, wie oft haben Sie auf der Rechten das Niveau niht heruntergedrückt, ehe der Hahn dreimal gefräht hat. Der Abg. Roesicke spriht von dem Stroh, das der Sturmwind bei den Wahlen wegwehen werde, und dabei ist ibm im Süden so heiß unter den Füßen geworden, daß er ih nach einem fs{chleêswig-bolsteinishen Wahlkreis umgesehen hat. Die Herren rets, besonders Graf Westarp, baben sich in endlosen Rüdekblicken auf die Finanzreform ergangen; es ist jeßt die Zeit, wo vornebhmlich mit Zeitungsausschnitten die Debatten dieses Hauses be- s{wert werden. Graf Westarp \prach von einem Rüdczugêgefecht : o nein, es ist niht ein Rückßzugsgefeht, sondern das Vorpostengefecht or der Hauptshlaht, vor der Sie (rechts) Angst baben.

Der Abg. Graf Westarp meinte, die Wähler bätten ein kurzes Gedächtnis; vielleiht ist das der Grund, weshalh Sie die Wablen noch ein Jahr kbinausschieben. Ihre ganze blau-s{hwarze

Mehrheit ist ja schon verschwunden; die 6 Stimmen, die die Ab- lehnung der Grbschaftssteuer entihieden haben, sind ja {hon in den Nachwablen verloren gegangen. Den beweglichen Bitten der Rechten, daß der Kanzler ibnen doch atteftieren möchte, daß sie eine gute Finanzreform gemacht haben, hat er jeßt insoweit nahgegeben, als er gestern von „gesunden Finanzen® sprach. Diese „gesunden Finanzen* werden nicht nur în den Punkten desavouiert, die der tg. Fuhrmann anführte, sondern auch durch die 147 Millionen neuer Anleihen, die aufgenommen werden mußten, durch den Ruin der Zündbolzindustrie und ihrer Arbeiter; die Schecksteuer hat dem Schec{verkehr einen ganz bedeutenden Stoß verseßt. Es gibt ja viel Heuchelei und besonders politishe Heuchelei, was aber an solcher bei den Stichwablen geleistet wird, geht über alle Begriffe; ih darf nuk an den aid Württemberg gebörigen Fall Vogt erinnern. In unserer Partei haben die Wahlkreise felbst die Entscheidung über ibre Haltung in den Stihwablen. Wir gehen in den Wabl- kampf mit bester Ents{lofsenheit und mit dem denkbar besten Mut;

wir haben das Bewußtsein, daß die öffentlihen Interessen in iner Weise in den leßten zwei Jahren dur die Rechte geschädigt

worden sind, daß der ganzen Wäblerschaft die Augen darüber auf- aeben müssen; das war die Lebre, die die Finanzreform als An- \hauungsunterricht erteilt bat. Graf Westarv stellt ih als Hüter der konservativen Gedanken bin. Die Rechte predigt gegen den Materialis- mus und lebnt die Grbschaft2steuer aus Familientinn ab; sie schafft fich Kalikulis aus öfentlihen Mitteln, um ihre Geschäfte zu betreiben. Die Rechte stürzt einen Minister, der auch die Mitarbeit der Linken in Anspruch nebmen wollte ; fie protestiert gegen den Parlamentarismus und tritt für die Kronrehte ein, und sie stürzt wisientlih mit parla- mentaris{en Mitteln den Kanzler Bülow. Das ift auch ein Stück politischer Heuchelei. In wenigen Monaten gebt der Reichétag auseinander, und noch weiß kein Mensch, welche Gesetze noch zustande gebracht werden sollen; immer überläßt ein Reichskanzler dem anderen ein Trümmer- feld. Die Sozialdemokratie bat die Gewerkschaften als Hilfstruppen,

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das Zentrum verfügt über die ganze katholis{-kirblihe Organi- sation; das sind außerordentliqe Machtmittel, die es erklaren,

r Liberali9mus nicht ftärkere Ziffern aufzuweisen hat. Aber für die öffentliche Meinung ist der Liberaliëmus immer noch das fiärkste Ferment. Bei den nächsten Wahlen werden wir eine Stärkung erfahren dur die Niederlage, die Sie ficher erleiden werden.

Ein Schlußantrag wird hierauf von der gesamten Rechten und dem Zentrum angenommen.

Zur Geschäftsordnung stellt der Abga. Dr. Frank - Mannheim (Soz.) fest, daß es durch den {bios der Debatte dem Herrn Reichskanzler unmögli geworden E (Vizepräsident Sch ult: Das war keine Bemerkung zur Geschäftscrdnung.) Abg. Gröber (Zentr.): Der Abg. i nit ; danach kann der Reichs

Dr. Stresemann (nl.): daß der Schlußantrag von konservati n ist, nahdem der dritte Redner d (

in Angriffen auf die nationalliberale Partei ergangen auf einen Zwischenruf von mir zugegeben hat, ß Aeußerung wiederhole , zur Antwort Gelegenheit

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d beutigen Vorkommnifsen zu der Erkenntnis gekommen find, daß der gegenwärtige Reichskanzler absolut unfähig ift, sein Amt zu Be Vizepräsident Schul§: Ein soler Antrag bedarf keiner Begründung und eine solche ist auch

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lie Unfähigkeit“ in bezug auf den Reichskanzler gebrauht haben;; das ist ordnung8widrig ; ih ruse: SE zur Edu

Das Gehalt des Reichskanzlers 100 000 4 wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Polen bewilligt. Hierauf erfolgt die Abstimmung über die zu diesem Ausgaben- titel vorgelegten Resolutionen. Angenommen wird 1) die Reso- lution des Zentrums, „den Reichskanzler zu ersuchen, die Zusammen- stellung der Entschließungen des Bundesrats auf die Beschlüsse des Reichstags alljährlih mit dem Reich3haushaltsetat vorzulegen“; 2) die Rejolution der wirtshaftlihen Ver- einigung, - wonach die Reihsverwaltungen angewiesen werden sollen, bei Vergebung von Arbeiten und Lieferungen für das Reich möglichst nur solche Firmen zu berüccksichtigen, die sh verpflichten, auf den Abschluß von Tarifverträgen hinzuwirken, und bei den Bundesstaaten in derselben Richtung hingewirkt

werden soll; 3) die Resolution der Deutschkonser- vativen auf endlihe Bereitstellung der Mittel zur Errihiung eines Kolonialkriegerdenkmals in Berlin;

4) die Resolution der Polen wegen Vorlegung eines Geseßzes behufs Regelung des Aufenthalts der Ausländer im Deutschen Reiche; 5) die Resolution der fortschrittlihen Volkspartei, „den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, die Bereitwilligkeit zu erklären, in gemeinsame Verhandlungen mit anderen Großmächten ein- zutreten, sobald von einer Großmacht Vorschläge über eine gleichzeitige und gleichmäßige Begrenzung der Rüstungsaufgaben gemacht werden““, diese durch eine aus der gesamten Linken, der Mehrheit des Zentrums und einem Teil der Reichspartei bestehende Mehrheit; 6) die Resolution derselben Partei, betreffend den Abschluß von Schiedsgerichts- verträgen. A bgelehnt werden gegen die Stimmen der Antragsteller nd der Polen die sozialdemokrattiche Resolution auf sofortige

Einleitung von Schritten zur Herbeiführung einer inter- nationalen Verständigung über die allgemeine Einschränkung der Rüstung und Abschaffung des Seebeuterehts, und die sozial- demokratische Resolution, die den aas agg at ersuchen will, Arbeiten und Lieferungen für die einzelnen Zweige der Reichs- verwaltung nur an solhe Firmen zu vergeben, die die geseß- fen Vorschriften über die Arbeitsbedingungen einhalten und sich verpflichten, auf den Abschluß von Tarifverträgen hinzu- wirken usw., diese gegen die Stimmen der Antragsteller, der Polen, der fortjchrittlichen Volkspartei und einiger National- liberalen. : E

Der Etat für die Reichskanzlei wird ohne Debatte be- willigt.

Es folgt der Etat für das Auswärtige Amt.

Zu den fortdauernden Ausgaben liegt folgende Resolution der Abgg. Eickhoff (fortshr. Volksp.), Dr. Görcke-Brandenburg (nl.), von Liebert (Rp.) und Genossen vor:

den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, den in diesem Etat zur Förderung deutsher Schul- und Unterrichtszwecke im A uslande ausgeworfenen Betrag von 900 000% im Rechnungs- jahre 1912 auf mindestens 1 Million Mark zu erhöhen.

Bei den Ausgaben für das Gehalt des Staatssekretärs n (Zent sere Hanbeltbizieh

Abg. Dr. Pfeiffer (Zentr.) auf unsere Handelsbeziehungen zum Auslande zu îprehen und lec sich namentlich über die Be- lästigung deutscher Reisenden durch die Zollbehörden in Rußland. Für den Fall, daß Finnland zu einer russishen Provinz gemacht werden follte, sei eine noch weitergehende Schädigung unseres Exportes. dorthin zu befürhten, und er bitte deshalb den Staats- sekretär um Auskunft, wie weit die Regierung in der Lage sei, die Interessen unseres Handels in Finnland wahrzunehmen. Der Redner et- klärt fich für die Resolution Eickbhoff und bringt \{ließlich noch einen Fall zur Sprahe, wo die Interessen deutscher Kaufleute in Alaska geschädigt worden sind.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Kiderlen- Waechter:

Ih möhte glei den leßten Fall, den der Herr Abgeordnete zur Sprache gebracht hat, vorwegnehmen ; uns is von diesem Fall absolut nichts bekannt. Der Herr Abgeordnete hat mir zwar gestern gesagt oder geschrieben, daß er einen Fall wegen mangelnden Schutzes seitens eines Konsuls zur Sprache bringen werde, wir haben in unseren Akten nahgesehen und nichts gefunden. Jh kann also den Herrn Abgeordneten nur bitten, uns schriftlich die Sache genau anzugeben, daß wir ibr nachgehen können, vor allem auch den Namen des jungen Herrn aus Alaska, wir werden ihn vielleiht noch finden.

Was unsere Handelsbeziehungen zu Finnland betrifft, so kat der Herr Abgeordnete etwas vorgegriffen, Finnland ist noch nicht in das russische Zollgebiet einbezogen worden, es ist nur die Möglich- feit dazu gegeben durh ein Gesey aus dem Juni v. J.;

ob die russishe Regierung zu dem Zollanshluß schreiten" wird, ist noch sehr fraglih. Gs gibt natürlih in Rußland Stimmen, die dafür sind aus nationaliftishen Gründen, €s

sind aber gerade in Rußland sehr starke Strömungen dagegen, weil eine Menge russisher Industrieller niht wünschen können, daß Finnland dasselbe Zollgeßiet mit Rußland bildet, Finnland, das für die industriellen Betriebe billige Wasserkräfte bat und daher den Ruffen ein sehr unangenebhmer Konkurrent werden kann. Es gelten daber in Finnland noch immer die alten Zölle, die allerdings in einigen Punkten erhöht worden sind, und zwar nicht uf russishe Anregung,

sondern auf Betreiben finnländisher Industrieller; es sind wie Sie wissen werden namentlich zwei Positionen : Schubzeug und Tauwerk.

Wir können es natürlih niht Hbindern, wenn Rußland seine finnishe Provinz (Zuruf von den Sozialdemokraten) seinem all- gemeinen Zollgebiet einverleibt. Wir haben uns aber dagegen ge- sichert, daß unsere Interessenten überrascht werden, indem wir in dem Vertrag mit Rußland vorgesehen haben, daß uns Rußland zwei Jahre zuvor unterrihtet, wenn es diese Ginverleibung vornehmen will. Ich glaube, mehr können wir niht tun. (Bravo!)

Abg. Dr. David (Soz.) führt aus, daß die Ginverleibung Finnlands mit Rußland den Widerspruch der ganzen zivilifierten

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Welt erfahren müßte, die den Tag mit Jubel begrüßen würde, wo das russishe Schandregiment den längstverdienten Zusammenbruch er- leide. Der Redner bringt dann zwei Fälle zur Sprache, die bereits in der öôsterreihishen Delegation durch den Abg. Dr. Ellenbogen zur Sprache gebracht worden sind. Gs handelt sich dabei um einen Handelsgebilfen und um ein Brautpaar, die von Wien kommend nach London reisen wollten, aber in Rheine an der holländischen Grenze von einem Polizeibeamten untersucht und in Haft genommen worden find. Der Beamte soll versuht baben, ihnen Billette des Norddeutshen Lloyds aufzudrängen. Dem Brautpaare wurden 80 Kronen abgenommen, und fie wurden dann nah der Kontroll- station in Bingerbrück in 12 stündiger Fahrt transportiert und dort bon einem Arzt untersucht, obwobl fie gar nicht krankbeitsverdächtig waren. Auf ihre Kosten wurden sie nah der österreihishen Grenze nach Paffau transportiert. Sie mußten sogar die Transportkosten bezahlen. Personen, die einen Schnellzug benugen, können bis zur bolländishen Grenze durhfahren, Personen mit einem gewöhnlihen Billett werden aber in Leipzig oder Bingerbrück angehalten und gezwungen, ein Billett des Norddeutschen Lloyds zu nehmen. Das sei ein Zustand, dessen sch das Deutshe Reich schämen

müsse. Bas würde man dazu sagen, wenn so etwas in Frankreich oder Italien passierte? Gegen eine solche Konfiskation des Eigentums und gegen eine solde Freiheits- beraubung müsse die entschiedenste Verwahrung eingelegt werden. Was ift und was soll geschehen, um solhe schmählihen Vorkomm- nisse zu verhindern? Solche Dinge müssen ja auch unsere aus-

rtige Politik, zumal unser Verhältnis zu Oesterreih berühren ; sind eine JIllustration, wie die preußishe Polizei das Verhältnis esterreich zu pflegen und zu würdigen weiß. Sollte hier nicht e Gelegenheit für den Reichskanzler sein, sh zu fragen, wie ches auf das Volksempfinden in Oesterreih wirkt? Es liegt bier nicht bloß ein Bruh mit den Gesetzen der Humanität, sondern auch ein Bruch der internationalen Verträge vor. Wäre der Staatssekretär ein Mann (Heiterkeit) ich bezweifle das noch nicht (Erneute große Heiterkeit), so wird er in diese das Ansehen des Deutschen Reiches so \{chwer schädigende preußische Polizeiwirtschaft mit einem Donnerwetter dreinfahren !

Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Kiderlen- Waechter :

Der Herr Abgeordnete hat eine Beschwerde österreihisch-unga- rischer Untertanen (Rufe bei den Sozialdemokraten: Staatëbürger!) gegen die preußishen Behörden vorgebracht. Das geht zunäch st das Reich nichts an, da wir nicht in der Lage sind, in die den Einzel- staaten zustehende Fremdenpolizei einzugreifen. (Hört, hört! und Zu-

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rufe bei den Sozialdemokraten: Schwach!) Schwach mag es sein, aber rihtig ist es (Sehr richtig! - rechts), und der Herr Ab- geordnete übershäßt mi, wenn er glaubt, ih könnte in die preußische Regierung wie ein Donnerwetter hineinfahren. (Heiterkeit.) Das ift

niht meine Sache. (Zurufe bei den Sozialdemokraten. Glote des Präsidenten.)

Wir sind mit der Sache nur so weit befaßt worden, als der österreihisch-ungarishe Botschafter vor einiger Zeit bei uns angefragt hat, wie die Sache liege, und darauf haben wir das getan, was wir allein tun konnten qua Auswärtiges Amt; wir haben bei dem preußischen Minister des Innern angefragt : wie steht die Sache ? und bis jeßt ist die Sache noch nit ganz aufgeklärt. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Wenn Sie das nicht glauben, ih kann Jhnen nichts weiter sagen. (Wiederholte Zurufe bei den Sozialdemo- fraten. Glode des Präsidenten.)

Daß wir noch keine vollständige Antwort haben, das sage ih Ihnen, und das ist so, und was wir da anderes hätten tun follen, wüßte ih nicht. Wir hatten in der Sache vor allem bei dem preu- ßishen Minister des Innern anzufragen : wie steht die Sache? Die Auskunft, die wir darauf bekommen, die wir teilweise haben, aber noch nit ganz haben, bin ih gern bereit, Jhnen mitzuteilen. Wenn der Herr Abgeordnete mir vorher gesagt hätte, daß er diesen Spezialfall, den ih niht so genau im Kopfe haben kann, vorbringen wollte, dann bätte ih ihm beute hon dasjenige Material, das wir bekommen haben, zur Verfügung stellen können. (Sehr ridttig ! rets.)

Abg. Dr. Görcke - Brandenburg (nl.): Die Klagen über Be- handlung der Deutschen im Ausland, die auch ih bisher mehrfah vortragen mußte, scheinen ja in den lezten Jahren weniger geworden zu sein. In manchen Fällen erbält man immer noch den Eindruck, daß dem Umstand, daß es sih um deutsche Rei an eor de handelt, niht genügend Rechnung getragen wird. Der Titel im Etat, der die Mittel zur Rückbeförderung mittelloser Auswanderer hergibt, wird in auffallend geringem g in Anspruch genommen. Das neue Berufskonsulat in Wladiwostok begrüßen wir mit großer Genugtuung und möchten nur wünschen, daß auch in Weftsibirien ein jolches errihtet wird. Für die außerordentlihe Tätigkeit, die unjere Konsuln bet der chinesishen Gewerbeausftellung in Nanking ent- faltet haben, können wir nur die größte Anerkennung aussprechen, es ist ihnen au gelungen, einen Katalog in deutscher und chinesiser Sprache berzustellen, der einen brauhbaren Führer für die Aus- stellung abgab, den Guan übrigens, der den Besuchern zur Ver- fügung stand. Die Ausstellung gab einen Se Ueberblick über die gesamte GEntwicklung des Gewerbes und der Induftrie in ganz China und war ein sehr wesentliher Fingerzeig für unfere deutschen Industriellen. Weshalb is denn der Bericht der Jadustrie fo spät herau8gekommen? Der Konsulatsneubau in Tientsin ist nicht fo aus- gefallen, wie man es wohl gewünscht bätte; der Bau ift sebr teuer geworden. Die deutshe Schulfrage hat sich in den leßten Jahren immer mebr als eine der wichtigsten für die Ausbreitung deutscher Sitte und Kultur sowie deutshen Handels und Exports im Auslante erwiesen. Wir haben nicht nur in Ostasien sol&e deutschen Schulen, sondern auch sonft auf dem Erdenrund in großer P Gs muß aber ein neuer Anstoß gegeben werden, den Fonds hierfür im nächsten Jahre auf eine angemessene Höbe zu bringen; deshalb haben wir beantragt, den Reichskanzler zu ersuchen, in den Etat für 1912 den Fonds mindestens in Höhe von 1 Million einzustellen. Den diplomatischen Verkehr soll man nicht als ein Reservat exklusiver Kreise betrachten; man soll auch Kaufleuten den Weg in den Konsularberuf ebnen. Einem früheren deutschen Reichéangehörigen, der aus Deutschland forigegangen und nah 35 Jahren mit einem bedeutenden Vermögen ¡urückgekehrt ist, ist die Reichsangebörigkeit niht wieder zuge}pr worden! Wo bleibt das längst, feit langen Jahren in Ausficht ge- stellte Gese über den Erwerb und Verlust der Reichsangehörigkeit ?

Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Kiderlen- Waechter:

Dem Herrn Abgeordneten kann ih bezüglich des Staats- angehörigkeit8geseßes nur sagen, daß das Geseß von den Behörden vollständig fertiggestellt ist und fertig daliegt. Mit Rück- siht auf die Geschäftslage dieses Hauses if aber vorläufig tarauf verzichtet worden, es den gesetzgebenden Körpern vorzulegen.

Was die Anfrage wegen einer Anzabl noch nicht erledigter Reklamationen betrifft, möhte ih antworten, daß tas alles Reklamationen sind, die sich auf den Krieg in British-Südafrika be-

ziehen. Wie Ihnen wohl aus der Presse bekannt ist wir haben das bekannt gegeben —, hat die englishe Regierung alle unsere Reklamationen, die vor den britishen Kommissionen in Süd- afrikfa verhandelt worden sind, abgelehnt, und zwar hat sie es auch abgelehnt, dieselben schiedägerihtliher Entscheidung zju- zuführen. (Hört, hört!) Sie hat gesagt es ift das ein Beweis,

wie manchmal auch Schiedsverträge versagen —, sie bat gesagt, das ist niht Gegenstand für eine \hiedsrihterlihe Entsheidung; denn was Gngland bewilligt und gegeben hat, hat es nur aus gutem Willen getan. Wir haben daraufhin und darauf steht die Ant- wort noch aus den Antrag bei der englischen Regierung gestellt, die Frage schiedsgerihtliher Entsheidung zu unterwerfen, ob es \ich bei unseren Ansprüchen um streitige Recht s fragen im Sinne des deuts{-britishen Schied8abkommens von 1904 handelt. Diesen Vor- shlag baben wir jeßt gemaht, und darauf erwarten wir noch die Ant- wort. (Hört, hört !)

Abg. Kämpf (fortshr. Volksp.): Den Beschwerden des Abg. Dr. Pfeiffer {ließe ih mich vollkommen an. Der Resolution Eickhoff und Senofsen bitten wir zuzustimmen. Der deutshe Gewerbefleiß in fremden Ländern bedarf jeder Förderung. Im vorigen Jahre babe ih mich schon beflagt über die Unbilden, denen Kaufleute jüdishen Glaubens in Rußland ausgeseßt sind. Diese Beschwerden beziehen ih auf die Bestimmungen über den Aufenthalt und die Pafvorschriften. Worüber wir uns beshweren, ist, daß die deutihen Behörden den russishen dadurch entgegenkommen, daß fie bescheinigen, daß der Betreffende ein Jude ist. Das ist eine Bevormundung, die nicht gercchtfertigt ist. Es muß jedem überlassen werden, ob er eine Be- zeihnung über seinen Glauben baben will oder nicht. Die Amerikaner und Engländer jüdishen Glaubens follen in Rußland besser behandelt werden ; ich glaube das nicht. Aber die amerikanischen und englishen Behörden kümmern fih um die Religionsangehörigkeit der Reisenden niht. Im vorigen Jahre hat der Staats}ekretär gesagt, die rufsise Regierung babe neue Paßvorschriften in Aussicht

gestelt. Sind neuerdings der teutshen Regierung Aenderungen in der Behandlung deutsher Angehöriger bekannt geworden? Eine andere Frage betrifft die Ausweisung galizisher Arbeiter.

Diese ¡Frage tangiert_ das Ansehen des Deutschen Reichs wesentlich, und der Staatssekretär bätte wohl Veranlaffung, den preußischen Minister des Innern auf diese Mißstände binzuweisen. Auf einzelne

Fâlle gehe ih niht ein, weil ih sonst die einzelnen Fälle dem Staatssekretär bätte vorher mitteilen müfsfen. Mich interessiert

Es wird vielfach über Härten bei der Auéführung der Auêweifungen geklagt. Wiederholt ift ein Aufshub der Ausweisungen auf Reklamationen erfolgt. Das ift erfreulich. Aber ih frage, warum wird denn der Aufshub, wenn der Betreffende sich nihts hat zu \{ulden kommen laffen, dann nicht verlängert ? Vor kurzem ist einem fleißigen Arbeiter, der seit Jahren hier tätig war, eine Frist gewährt worden, aber mit dem ausdrüdlihen Be- merken, daß er auf eine Verlängerung niht rechnen dürfe. Solche Härten müßten vermieden werden.

(SWhluß in der Zweiten Beilage.)

die generelle Seite der Frage.

Hweite Beilage zum- Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußishen Staatsanzeiger.

Berlin, Sonnabend, den 1. April

(S@hluß aus der Ersten Beilage.)

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Abg. Fr ank - Ratibor (Zentr.): Ich kenne einenGeisfilichen, der im âftsmann wird

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Schwierigkeiten hatte, einen Paß zu bekommen. kreise haben Mafsenausweifungen ausländisher Arbeiter stattgefunden, denklih find, die doch zu unliebsamen l auf Ausfertigung 2 länder sind Klagen laut geworden, Uebershwemmung der Grenzbezirfe mit Zigeunern. über die Zigeunerplage wird auch in Elsaß-Lothringen erhoben. Sache sollte auf internationalem Wege geregelt werden; Fâlle mehren si, wo Ueberfälle und tätlihe Angri ffe durch Z vorkommen.

Abg. Go thein (fortshr. Volkép.): Unsere Generalkonsul ? von denen anderer Staaten da f an die Kaufleute nit franfieren. Hierin müßte endlich Wand paar Groschen

Aniwortschein beizuleger n dem Kausmann, ter, ohne Freimarken b nkiert zurückschreibt. nech die Koslen einziehen foll jaufig dann nicht bekemmen würden. (Heiterkeit.)

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