1891 / 157 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 Jul 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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Der hiesige Hezrzoglih braunshweigishe Gesandte, Wirk- lihe Geheime Rath Freiherr von Cramm-Burgdorf hat einen ihm von seiner Regierung bewilligten längeren Urlaub angetreten. Während der Abwesenheit desselben hat die biesige Königlich bayerische Gesandtschaft die Führung der Geschäfte der Herzoglich braunshweigishen Gesandtschaft mit übernommen.

Der Bevollmächtigte zum Bundeërctz, Großherzoglich medcklenburgishe Ober-Zolldirektor Oldenburg iffst von hier abgereist.

Der hiesige Gesandte der Argentinischen Republik Carlos Calvo, welcher sich im Auftrage seiner Regierung mit dem Gesandtschaftepersonal nach Wien begeben hatte, iît von dort nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Direktor der Krieg2-Akademie, General: Lieutenant von Brauchitsh hat einen längeren Urlaub nah Schlefien angetreten.

Der Regierungs-Rath Fuhrmann zu Köslin ist an die Regierung in Osnabrücck verseßt worden.

S. M. Yat „Hohenzollern“, Kommandant Kapitän zur See von Arnim, ist am 4. Juli d. J. in Port Victoria (Themse) und am 5. dess. Mts. in Vlissingen eingetroffen und beabsichtigt, am 6. dess. Mts. nach Felixstowe bei Harwih in See zu gehen.

Danzig, 6. Juli. Gestern Abend trafen der Finanz- Minister Dr. Miquel und der Minister für Handel und Ge- werbe Freiherr von Berlepsch hier auf dem Legethor- Bahnhofe ein, woselbst sie nah der „Danz. Allg. Ztg.“ von dem Regierungs-Präfidenten von Holwede und dem Polizei- Direktor von Reiswit begrüßt wurden. Nachdem die Minister eine Fahrt durch die Allee nah Jäschkenthal unternommen, folgten sie einer Einladung der Kaufmannschaft nah dem Artushof, wo etwa 60 Vertreter der Königlihen und Kom- munalbehörden und der Kaufmannshaft versammelt Wan. Qcute lh - 9/1, Uhr begaben #|ch die Minister nah dem Regierungsgebäude, woselbst im großen Saale eine Sizung mit dem Vorsteheramt der Kaufmann- chaft und Mitgliedern der Königlichen und Kommunalbehörden stattfand, und fuhren dann um 121/, Uhr Vormit!ags mit dem Dampfer „Drache“ vom Johannisthor aus auf die Nhede und nach der Bucht bei Gdingen, um den dort liegenden Krieg®schiffen einen Besuch abzustatten. Für heute Abend hat der Regierungs-Präfident von Holwede Einladungen zu cinem Diner ergehen lassen.

Hannover, 6. Juli. Vorgestern fand hier ein von der Königlichen Eisenbahn-Direktion v-ranstaltetes Festessen zu Ehren des Vinisters der öffentlihen Arbeiten Thielen statt, an welchem dem „Hann. Cour.“ zufolge etwa 130 Personen Theil nahmen. Den Toast auf Seine Majestät den Kaiser brachte der Ober-Präfident von Bennigsen aus, während der Ober-Regierungs-Rath För ster ein Hoh auf den Minister Thielén und dieser ein solches auf seinen Vorgänger den Staats-Minister von Ma ybach ausbrachte, Gestern Abend wurde dem Minister anläpuc jeines SWeidens von hier von nahezu 4000 Beamten des Eisenbahndirektions Bezirks Hannover ein glänzender Fackelzug dargebracht. Der Minister dankte für die berzlihe Ooation, ermahnte zu weiterem ein- müthigem Zusammenwirken und {loß seine Ansprahe mit einem begeistert aufgenommenen Hoh auf Seine Majestät den Kaiser. Später begaben sich die Theilnehmer an dem Fadcelzuge nah dem Concerthause, wo ein Kommers die Ab- ichiedsfeierlichkeiten abshloß. Die Sympathie der Beamten für den scheidenden Präsidenten des Eisenbahn-Direktions- bezirks fand in den gehaltenen Neden einen warmen Ausdru. Der Minister dankte herzlich, indem er wiederholt äußerte, daß ihm der Abschied sehr {wer falle.

Sachsen.

Dresden, 6. Juli. Jhre Majestäten der König und die Königin und Jhre Königliche Hoheit die Herzogin von Genua find aus Sybillenort na Pillniß zurückgekehrt. Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich August ist aus Lindau hier wieder eingetroffen.

Im Hinblick auf die neuen Aufgaben, welche der Ge- werbebeaufsihtigung aus dem dur die Novelle zur Gewerbe- ordnung herbeigeführten Ausbau des Arbeitershußes erwachen, ist dem „Dr. F.“ zufolge für das Königreih Sachsen eine Erweiterung der Gewerbe-Jnspektion in Autsicht genommen worden, bei welher sowohl eine Vermehrung der Aufsichtsbezirke wie auch der Jnspektionsbeamten beabsichtigt ist.

Medcklenburg-Schwerin.

Schwerin, 6. Juli. Wie die „Meckl. Nachr.“ erfahren, bat sich das Allgemeinbefinden Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs zwar erheblih gebessert, doch halten unlieb- same Nachwirkungen der Krankheit die Rekonvaleszenz noch auf.

Oefterreich-Ungarn.

Wien, 7. Juli, Der Minister des Auswärtigen Graf Kälnoky hat sih gestern nah Mähren begeben.

Anläßlih des Hinscheidens des Kardinals Haynald ist demDomfkapitelin Kalocsa einBeileidstelegramm des Kardinal-Staatssekretärs Rampolla im Auftrage des Papstes, sowie ein solches des Ministers tes Aeußern Grafen Kälnoky zugegangen.

Großbritannien und Frland.

Die „Times“ s{reibt: „Es besteht kein Zweifel über die Aufrichtigkeit der Empfindungen, welche die große Menge des englishen Volkes anläßlich der sichtbaren Beweise beseelt, daß die Elemente jener großen Allianz, welche vor dreiviertel Jahrhundert Europa befreite, zu bestehen niht aufgehört habe. Das eng- lische Volk nimmt niht ohne Befriedigung wahr, daß das Element dieser Allianz eine Stärkung durch das Band erfahren hat, welches die Herrscherhäuser von Deutschland und England verknüpft. Diese Festigung der teutonishen Staaten birgt in fih keine Bedrohurg irgend welcher anderen Macht ; dieselbe ist nur eine weitere Siherung dafür, daß der Welt der Friede bewahrt bleibe. Nicht mehr und niht weniger,“

Im Oberhause ecrklärte gestern der Unter-Staats- sekretär im Kriegsamt Brownlow in Beantwortung einer bezüglichen Anfrage: Wenn den Freiwilligen, die an der Revue vor Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser am nächsten Sonnabend theilnähmen, eine Löhnung gegeben würde, so würde dies den Werth der Revue beeinträchtigen, da der Zweck derselben sei, dem Kaiser eine Anzahl Bürger zu zeigen, die dem Staat unentgeltlich dienten. Zur Deckung der Reise- und Verpflegungskosten wolle die Regierung indeß den an der Revue theilnebmenden Corps zwei Schilling pro Mann vergüten.

“Au Unterhause erwiderte der Unter-Staatssekretär des Auswärtigen Fergusson einem Fragesteller: Das von diesem genannte Einvernehmen zwischen England und Ftalien sei ein solches im Sinne der wiederholt erwähnten Mit- theilungen, &lhe als gemeinsames Ziel die Aufrechterhaltung des Status quo im Vittelmeer bezeihneten ein Prinzip, zu dem sih die britishe Regierung im Parlament öffenilih bekannt habe. : s

Dem Vernebmen nach is es wenig wah1scheinlich, daß Gladstone noch in dieser Session an den Sitzungen des Unterhauses wieder theilnehmen wird.

Frankreich.

Paris, 7, Juli. Der Präsident Carnot empfing laut Meldung des „W. T. B.“ gestern den BotsYafter in St. Petersburg de Laboulaye.

Der Minister-Präsident de Freycinet begiebt sih heute nach Verdun, Nancy und Toul zur Besichtigung der Arsenale, Magazine und Befestigungswerke.

Die Einnahmen im Monat Juni aus den indirekten Steuern haben 16 900 000 Fr. mehr ergeben als im Budget veransh!agt waren und 4700000 Fr. mehr als im Juni 1890.

Der Petitions-Ausshuß des Senats hat, der „Sr. C.“ zufolge, über die zahlreihen Gesuhe von Jnhabern von Panamawerthen, die von der Regierung verlangen, daß sie dem Gouverneur des Crédit foncier Austrag ertheile, eine die Interessen der G-schädigten schütende Kombination ins Leben zu rufen, eben Bericht erstattet. Dieser lautet, der Senat könne sich nicht offiziell in die Angelegenheit mischen, aber der Ausshuß werde dea Vor- schlag maGen, daß das Haus den Gesuchstelern seine Theil- nahme dur die Verweisung ihrer Petitionen an den Finanz- Minister beweise.

Die Deputirtenkammer genehmigte, nah einer Mit- theilung des „W. T. B.“, in der heutigen Vormittags- Sißung alle Zollsäße für Töpferwazaren, Glaswaaren und E und begann sodann die Berathung der Zölle für

arne.

Der Armee-Ausschuß der Deputirtenkammer hat, wie die „Fr. C.“ berihtet, einmüthig den Antrag der UAbag. Millevoye und Déroulède verworfen, demzufolge jeder Offizier, der sich in seiner Ehre angetastet fühlt, das Recht bätte, einen Enquete-Ausîhuß zur Prüfung seiner Angelegen- heit zu verlangen. Die Kommission bes{chloß ferner, das neue Spionagegeseß baldigst auf die Tages- ordnung der Kammer stellen zu lassen. Wie es heißt, haben einige Abgeordnete, noch niht zufrieden mit den {weren Drohungen dieses Gesezes, den Antrag eingebracht, die Be- amten der Ministerien des Krieges, der Marine und auch des Aeußern in Spionagefällen den Kriegsgerichten zu unterstellen.

Ftalien.

In Venedig hat gestern in Gegenwart des Königs, der Königin, des Herzogs von Genua, der Prinzessin Elvira von Bayern und der Offiziere des englishen Ge- shwaders der Stapellauf der „Sicilia“ stattgefunden. Jhre Majestäten haben zugesagt, am Mittwoch früh an Bord des britishen Admiralschiffes einen Lunch einzunehmen. An dem- selben Tage giebt der König ein Diner zu Ehren der höheren Offiziere des britishen Geshwaders, an dem auch die Mit- glieder der Militärbehörden von Venedig theilnehmen werden.

Veber die „Sicilia“ schreibt man der „Pol. Corr.“: Das gewaltige, ganz aus Stahl gebaute Fahrzeug, hat fol- gende Dimensionen: Länge des Schiffes zwischen den Perpen- dikeln 122 m, größte Breite 2344 m, Tiefgang am Vorder- theil 863 m, am Hintertlheil 8,83 m, Die Maschine der „Säcilia“ wurde von der Firma Ansaldo in Sampier- darena geli:fert und foll von musterhafter Konstruktion sein. Die Schnelligkeit des Schiffes wird achtzehn Knoten per Stunde betragen. Das Panzershif „Sicilia“ kommt in seinem Umfange dem „Ne Umberto“ gleih, welches Schiff am 17. Oktober 1888 in Gegenwart des Deutschen Kaisers in Neapel vom Stapel gelassen wurde. Es ist jedoch um etwa 3,13 m kleiner als die „Sardegna“, welhe am 20. September v. F. in Spezia zum ersten Mal in See stah und die das größte Schiff der Welt ist. Die „Sicilia“ ist mit 35 cm starken, in Terni erzeugten Platten gepanzert. Jhre Bemannung wird sich auf 673 Mann beziffern (21 Offi- ziere des Generalstabes inbegriffen); eine gleih starke Be- mannung besißen die „Sardegna“ und der „Re Umberto“; der „Dandolo“ und der „Duilio“ zählen um 250 Mann weniger. Armirt wird die „Sicilia“ mit achtundvierzig Geschüßen, ohne die lcihte Artillerie, wie Nevolverkanonen, Mitrailleusen 2c. zu rehnen. Der Bau der „Sicilia“ begann vor sechs Fahren und sie wird im Jahre 1894 vollständig ausgerüstet sein. Die Schnelligkeit, mit der die „Sicilia“ gebaut wurde, legt ein sehr günstiges Zeugniß ab für die Leistungsfähigkeit der italienischen Schiffswersten und den Fortschritt der Schiffsbaukunst in Ftalien. Die Kosten des neuen Panzerschiffs beziffern sich ungefähr auf 25332052 Lire. DieseSumme muß Angesichts der gegenwärtigen Finanzverbältnisse Ftaliens gewiß als sehr beträchtlich bezeichnet werden; dafür wird aber die italienishe Marine ein neues Schiff erhalten, auf welches sie stolz sein kann. Man is übrigens in Jtalien, obwohl über di. den Steuerträgern durch die Rüstungen auferlegten Lasten sehr viel geklagt wird, gerade für die Marine, wie dies auch die Kammerverhandlung über den Marine-Etat leßthin bewiesen hat, zu den größten Opfern bereit. Die F'aliener haben denn auch auf diesem Gebiete eine staunenerregende Thätigkeit entwickelt und innerhalb weniger Jahre Schiffe gebaut wie „Duilio“, „Dandolo“, „Jtalia“, „Lepanto“, „Lauria“, „Doria“, „Morosini“, „Re Umberto“, „Sardegna“, so daß Jtalien nunmehr über cine der shönsten und stärksten Flotten der Welt verfügt,

Portugal.

Der gesirige Ministerrath beschäftigte sh mit den nah dem Erlöschen des Moratoriums (10, Juli) zu er- greifenden Maßnahmen. Der Gesammtbetrag der in Folge des Moratoriums von den Tribunalen zu Lissabon und Oporto als gestundét registrirten Handelspapiere stellt sh auf

801 Contos Reis; die große Mehrzahl derselben ist auf zahlungsfähige Firmen gezogen; man b.fürhtet daher keine ernsilihen Stockungen.

Numänien.

Bukarest, 6. Juli. Der Senat beendigte, wie „W. T. B.“ meldet, in seinen beiden leßten Sißungen nah furzer Debatte die Berathung des Zolltarifs und genehmigte die Militär- vorlagen der Regierung. Der Schluß der Session erfolgt voraus sihtlich am Mittwoch.

Serbien.

Belarad, 7. Juli, Der Handels-Minister hat dem „W. T. B.“ zufolge bzi dem Minister des Auswärtigen die Kündigung der noch nicht gekündigten Handelsver- träge nachgesucht.

Bulgarien.

Sofia, 6. Juli. Heute wurden die am Sonnabend be- gonnenen Schießversuche mit Shnellfeuer-Kanonen des Grusonwerkes bei Magdeburg in Gegenwart des Kriegs-Ministers, der Offiziere des Generalstabes, der Artillerie und des Genie:Corps sowie anderer Notabilitäten auf nicht vorber fixirte Distanzen fortgeseßt. Von dreißig auf der Scheibe dargestellten, in einer Entfernung von zwei Metern von einander liegenden Soldatenköpfen wurden vierzehn von Ringkugeln und Shrapnelstücken getroffen. Die zweite Scheibe, welche zwei Feldkanonen darstellte, wurde in einer Distanz von 1809 m von 25 Schüssen getroffen. Die Schießversuche vom Sonnabend auf vorher bestimmte Distanzen ergaben ein vorzüglihes Resultat bezüglih der Schnelligkeit des Schießens und der Treffsicherheit. Der Kriegs-Minister sprah bei dem nach den Versuchen eingenommenen Frühstück den Vertretern des Grusonwerks seine vollste Zufziedenheit aus.

Schweden und Norwegen.

(F) Stodcholm, 3. Juli. Der Kronprinz wird, wie le „Post- och Jar.-Tidn.“ meldet, den König auf seiner be- vorstehenden Reise nah Norwegen nit begleiten, da seine Kräfte nach der Fnfluenza noch sehr {wah sind und die Aerzte ihm gerathen haben, während der nähsten Zeit in Nuhe auf dem Lande zu verweilen.

_ (F) Christiania, 4. Juli. Das Storthing nahm vor- gestern nach längerer Verhandlung einen Antrag seines Zoll: ausschusses an, die Regierung zu ersuchen, dem nächsten Stor- thing einen Geseßentwurf, betreffend die Einführung von direftten Steuern an Staat und Kommune von Einkommen und Vermögen, vorzulegen. Ferner bewilligte das Storthing auf Antrag seines Militärausshusses 31200 Kronen zur Erwerbung von Grundstücken auf der Fnsel Haas Behufs Anlage von Seebefestigungen zum Schutze der Einfahrt nah dem Hafen von Christiania.

_Dr, Güßfeldt ist heute hier angekommen. Nach kurzem Aufenthalt hierselbst begiebt er sich über Telemarken nah Bergen.

Die Zolleinnahmen in dem mit dem 30. Juni endenden Finanzjahre 1890/91 betrugen 22 791 985 Kronen oder gegen das vorhergehende Finanzjahr 547 911 Kronen weniger und gegen den Voranschlag 1 291 985 Kronen mehr.

Dänemark.

Kopenhagen, 6. Juli. An dem heute von dem König zu Ehren der Offiziere des französishen Ge- \chwaders gegebenen Diner nahmen, wie „W. T. B.“ meldet, die ganze Königliche Familie, die höchsten Hofbeamten und höheren Marine-Offiziere Theil. Nah einem Toast des Königs auf den Präsidenten Carnot spielte die Musik die Marseillaise, Der französishe Gesandte Graf d’'Aunay toastete auf den König und die König- lihe Familie, hieran {loß sich die dänische Nationalhymne. Später trank der König nohmals auf das französishe Ge- \hwader, worauf der Geschwader: Chef, Vize-Admiral G er vais dankte. Der König hat dem Vize-Admiral Gervais das Großkreuz ‘des Danebrog: Ordens verliehen. Das Geschwader geht Nahts nah Stockholm weiter.

Afrika.

Egypten. Einem Telegramm des „R. B.“ aus Kairo zufolge hat der Ministerrath gestern die neuen Gesegze, betreffend das Vagabundenwesen und den Waffen- transport, mit den von dem gesetzgebenden Rathe be- schlossenen Abänderungen endgültig genehmigt.

Nr. 26 der Veröffentlihungen des Kaiserliwen Ge- sundbeitsamts vom 30. Juni bat folgenden Inbalt: Gesund- beitsftand. Mittheilungen über Bolkskcankbeiten, Bewegung der Bevölkerung in Italien 1888. Sterbefälle in deutshen Städten von 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutshen Stadt- und Landkezirken. Infektionskrankheiten in Bavern 1890, 3. und 4. Vierteljahr. Norwegische Irrenstatistik, Witterurg. Zeitweilige Maßregeln gegen Volkskrankheiten. Thierseuden in Frankrei, 1. Vierteljahr. Veterinär-polizeilihe Maßregeln. Medizinalgeseßgebung u. . w. (Deutsches Reich.) Befähigung ais Seeschiffer 2c. Untersuchung der Seeschiffer 2c. auf Farbenblindheit. (Preußen.) Prüfung der Apothckergebülfen. Zerkleinerungésiebe und Perfolatoren in Apothiken. Robhâäute. (Reg. Bez. Bromberg.) S{ul-Gesundheits-Regeln. (Sachsen. Amtshauptmannschbaft Chemnitz.) Schlafstelenwesen. (Oesterreich.) Haar färbemittel Hair restorer. Apothefkerlehrlinge. (Schweiz ) Sterblichkeitsftatistik. (Basel-Stadt.) Feuerbestattung. (Frank- rei.) Verschreiben antiseptisGer Mittel durch Hebammen. (Belgien.) Frauen- und Kinderarbeit. Verhandlungen von gesetz- gebenden Körverschaften. (Preußen.) Apotheken-Vermehrung. Zu- laffung von Frauen zum Avothekerberuf. Vermischtes. (Deutsches Reich.) Ausführung des Unfallversiherungsgesetes 1888 und 1889. H Gerichtl. Entscheidungen zum Nahrungsmittelgeseß (Tuber- ulose).

Entscheidungen des Reich8gerichts.

Die Haftung des Arrestsuchers für den dur einen er- wirkten grundlosen Arrest verursachten Schaden regelt si{ch, nah einem Urtheil des Reichégerichts, VI. Civilsenats, vom 20. Aptil 1831, nah dem Rechte desjenigen Ortes, an welchem der Arrest angeordnet ift; das Ret des davon verschiedenen Ortes der Vollstreckung des Arrestes ist nicht maßgebend.

Wird bei einem Kauf der Kaufgegenftand wegen mangel- bafter Beschaffenheit zurückgegeben, nahdem der Käufer bis zur Zurückgabe von dem Gegenstande Nußen gezogen batte, so fann Käufer nach einem Urtheil des Reichsgerihts, V. Civilsenats, vom 29. April 1891, im Sebiet des Preuß. Allg. Landrechts keine Zinsen

des vom Vaikäufer zurückzuzablcnden Kaufgeldes verlangen. „Den Zinsen- anfpruh gründet der Kläger ledigli auf das der Redhibition zu Grunte liegende Prinzip der Wiederherstellung des früheren Zustandes. Aber dieses Prinzip ift im Allgemeinen Landrecht durch die Bestimmung des S. 337, I, 5 modifizirt, wonach der Zurückgebende die genossenen Früte bebalten darf. Daß das nicht eine einscitige Begünstigung des Wandelungsklägers sein soll, ergiebt sich aus §8. 338, wona derselbe sh dabei nicht mit dem Schaden des anderen Theils bereichern darf. Eixe folche Bereiherung würde ihm aber zu Thl werden, wenn er außer dem Nugzen, den er von der Sache gezogen, noch für die gleide Zeit die Zirsen für das von ihm gezatlte Kaufgeld beanspruhen dürfte. Hier muß ein Ausgleich stattfinden, der sih naturcemäß in der Kompensation des beiderseits gezogenen V ortbeils vollzieht. Wird aber dur das Prirzip der Reft itution der Zinsenanspruh des Klägers nit gerecht- fertigt, so fehlt es an jedem Titel für diefen Anspru. Daß Kläger das erfaufte Grundstück benußt bat und ni&t daran gehindert gewesen ist, hat der Berufurgériter unangefockten festgestellt.“

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Jn einer Dortmunder Correspondenz der „Rh.-W. Ztg.“ vom 6. d. M. wird, wie bereits in einer Meldung des „D.- B. H.“ (vgl. Nr. 153 d. Bl.), auf das geringe Jnteresse, welches die Bergleute gegenwärtig an den öffentlihen Berg- arbeiterversammlungen nehmen, hingewiesen. Die Mitglieder der Zahlstellen 1, 2, 3 und 4 sowie der Zahlstelle Derstfeld des Verbandes deutscher Bergleute waren von dem Bergmann Bunte auf vergangenen Sonnabend Abend zu einer öffentlihen Bergarbeiter:Versammlung eingeladen worden, um die Wahl eines Delegirten für die am 19. d. M. in Bochum stattfindende Generalversammlung vorzunehmen. Obwohl fünf Zahlstellen zur Theilnahme eingeladen waren, erschienen im Ganzen nur 38 Bergleute zur Versammlung.

In Barmen wählte eine von etwa 1200 Perfonen besuchte Volfsversammlung den fozialdemokratischen Reichstags-Abgeord- neten Harm zum Delegirten für den Brüsseler internatioralen Arbeiterkongreß. : : :

Die sächsi]hen Textil - Arbeiter haben, wie der „Hamb, Korr.“ berichtet, es abgelehnt, zum internationalen Arbeiterkongreß in Brüssel einen Delegirten zu senden.

In Leipzig bat am Sonntag eine Metallarbeiter - Versammlung beschloffen, tem auf dem Metallarbeiter-Kongreß in Frankfurt a. M. gegründeten Allgemeinen deutschen Metallarbeiter-Verband als Einzelmitglieder beizutreten. Der Vertreter der Smiedegebülfen erklärte der „Lpz. Ztg.“ zufolge, daß diese sich erst nach dem näcksten Gewerkschafts- Kongreß über ihre Stellung zum Verbande \{chlüssig maden würden.

Hier in Berlin sind, wie der „Vorwärts* mittbeilt, 27 Maurer auf einem Vau in der Prinzen-Allee wegen Lohnforderung „gemaßregelt* worden, Dem Anschein nah haben diese Maurer die Arbeit niedergelegt.

Wie der „N. Pr. Ztg.“ aus Paris gemeldet wird, wurde auf einem am Sonntag abgehaltenen Meeting von 370 Delegirten von 395 Syndikatskammern beshlossen. auf dem_ bevorstehenden Atbeiterkongreß in Brüssel entschieden für die Verbesserung der Lage der Arbeiter und ihre Emanzipation einzutreten.

Aus Brüssel wird der „Voss. Ztg. * geshrieben: Im belgi- schen Justiz-Ministerium is ein aus Rechtskundigen und Nationalökonomen bestehender Aus\{uß eingeseßt worden, um ein Gesetz über den Arbeitsvertrag auszuarbeiten. Das Gesetz soll diesen Vertrag genau bestimmen, die Verpflichtungen, welche er den Arbeitgebern und Arbeitern auferlegt, festseßzen und die Verantwort- lihkeit bei Arbeitsunfällen regeln. Auch soll der Auëschuß ein System für Arbeiterversicherung aufstellen. Das Gesetz foll noch vor dem S@{luß der Kammertagung eingebracht werden.

Aus Edinburg theilt man demselben Blatte mit, daß die Arbeiterunruhen am Clyde, welche sich friedliÞ zu lösen schienen, mit erneuter Heftigkeit auësgebrohen sind; 6000 Schiffs- bauarbeiter baben die Arbeit niedergelegt, urd es steht zu er- warten, daß der Ausstand bedeutend größere Ausdehnung gewinnen wird, da die Auëständigen keine Lohnermäßigung annehmen wollen und Alles aufbieten, um die Fortarbeitenden aufzubeßen.

Kunst und Wissenschaft,

S. Natdem bereits in der ersten Besprehung die Reichbaltigkeit des Forschungsmaterials, welches das erste Heft der „Mittheilungen“ der Gesellschaft für deutshe Erziehungs- und Shul- geschichte lietet, angedeutet und gleichzeitig darauf hingewiesen worden, daß im Hinblick auf die der diesjährigen Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner Seitens der Stadt Münwen ewährte Gastfreundschaft bei der Auswabl der bezüglihen Beiträge i onders Stoffe aus der bayerischen Vergangenheit Berül- sihtigung gefunden, si e gestattet, einige der her- vorrazgexderen Abhandlungen in Kürze zu beleuchten, In einem Beitrage zur Geschihte der Erziebung und des Unter- richts im Witteltbacbischen Regentenhause betont Gymnasfial-Professor Dr. Friedrich Scchmidt-München die bisher von den meisten Geschihtsshreibern entweder vernahlässigte oder verkannte Bedeutung der Erziehung8geschihte Fürstliher Persönlichkeiten, die nicht nur dur ihre Geburt zu Leitern des Volkes und gewissermaßen zu Vor- bildern für Tausende berufen seien, sondern auch in Folge der Macht- stellung und Mittel ihrer Väter und Verwandten in der Regel einer bevorzugten Erziehung theilhaftig würden. Die Leitung der Monumenta Germaniae Paedagogica babe gewiß mit Ret diesen Theil der Geschichte der Pätagogik unter ihre Auf- gaben aufgenommen, und dieselbe sei bemüht, das dazu gehörige Material, welches in großer Menge in den Archiven und Bibliotheken verborgen liege, ans Tageslicht zu ziehen und zur allgemeinen Kenntniß bringen zu lassen. Eine im vorigen Iahrgange der „Blätter für das bayerishe Gymnasialshulwesen“ gegebene Uebersicht über einen Theil des Urkundenmaterials, soweit es si auf die Erziehung der Angehörigen des bayerishen Regentenhauss er- ftreckt, sowie die vorliegende Arbeit, in welcher ein Ueberblick über eine zusammenhängende Gruppe von Akten und Urkunden, die sich auf die Erziehung der Mitglieder der kurpfälzishen, nev- burgishen und sulzbahishen Linie des Wittelsbachishen Regenten- hauses beziehen, gegeben werden solle, seien als Proben und Vorläufer der im Auftrage der Leitung der Monumenta Germaniae Paedagogica übernommenen Erziehungsgeshihte der Mitglieder des Wittels- badishin Regentenbauses zu betraten, von welcher der erste Theil im Manuskript fertig vorliege und demnächst gedruckt werden solle; außerdem sind nach einer Anmerkung des Herausgebers entsprehende Werke über die Hohenzollern, die Habsburger und die Sawsen- Ernestiner in Angriff genommen. Der Verfasser bringt sodann eine umfassende Sammlung von Amts-Instruktionen und Bestallungen für die Erzieher der jungen Fürsten der drei ge- nannten Lixien des Wittelsbahishen Regentenhauses. Die- selben erftrecken sich auf den Zeitraum vom Jahre 1578 bis zum 27. Oktober 1717; das erste der gesammelten Schriftstücke aus dem Jahre 1578 betrifft die Thätigkeit des am kurpfälzishen Hofe wirken- den Gelehrten Joahim Struppius, welchem die Erziehung der beiden Kinder des Kurfürsten Ludwig VL, Friedrich und Christine, anver- traut worden war, während unter dem zuleßt bezeihneten Datum für den Hofmeister des Prinzen Johann Christian, zweiten Sohnes des Pfalzgrafen Théodor, Namens Franz Anton von Sliederer, eine ausführliche Instruktion ausgestellt worden war, Da ch nun innerhalb einer und derselben Familie - eine Art

Tradition der Ans{hauungen und Verordnungen herausgebildet und in Folge defsen bei Anfertigung neuer Instruktionen auf die zu der Väter p entstandenen unter Berücksichtigung der jedes- maligen Bedürfnisse und Umstände zurügegriffen wurde, so wird fast in allen jenen S{riftstücken die Wichtigkeit und Nothwendigkeit einer streng sittlihen Erziehung, sowie der Anweisung zu echt fürstlichen Tugenden mit mehr oder minder gleichlautenden Ausdrücken betont. Den dankenswerthen Mittbeilungen des Verfassers wird voraus\i@tlich eine gelegentlihe Veröffentlichung weiterer derartiger Doku- mente foigen. In einer ferneren Abhandlung erörtert Dr. Ludwig Muggentbaler - Münhen die Ver- dienfle des bayerishen Bisbofs Clemens Wenzeslaus um das Er- ziehungs- und Unterrihtewesen. Nachdem der Verfasser zunächst bervorgehoben, daß eine ershöpfende Darstellung der geshichtlichen Entwickelung des Schul- und Unterrihtswesens in Bayern ohne Heranziehung des in den Archiven der bis{öflichen Ordinariate auf- bewahrten Quellenmaterials und ohne die Würdigung der aktiven Antheilnahme von Bischöfen an der Entwickelung des niederen und böôheren Sgtulwesens nit mögli sei, giebt er ein erschöpfendes Bild von der rübrigen und vielseitigen Thätig- keit, welWe der genannte Sohn FriedriH August's von Polen und Satsen zur Förderung der Werke des Friedens entfaltet, nachdem derselbe zu Beginn des sieberjährigen Krieges, noG K. K. General bei der Armee in Böhmen, im Alter von 22 Jahren in den geistlißen Stand getreten, Unter den Ver- dienften des Bischofs Clemens Wenzeslaus nehmen diejenigen um die Hebung des Erziehungs- und Schulwesens einen hervorragenden Plaß ein, und seine na dieser Richtung aufgewendeten Bemübungen standen in bewußtem unmittelbaren Zusammenbange mit dem Be- streben, für Volksbildung und damit für das Volkswobl zu sorgen. In einem au für die Swulgeschihte bedeutsamen Hirtenbriefe an seine Geistlichkeit aus dem Jahre 1783 bezeichnet der Bischof die Seelsorger als Religions- und Volkslebrer, deren Aufgabe es sei, den Gemeinden das Wort Gottes mit Aufrichtigkeit und obne Verfälsbung zu verkünden, zu welhem Zwecke sie Katechesen für die Kleinen wie für die Erwatsenen zu halten und diese dazu ernstlich und fleißig anzutreiben hätten. Als Volkslehrer kaben jedoch die Geistlihen nach der Auffassung des Vischofs Clemens besonders die Aufgabe, die Sorge für die Schule zu über- nehmen, denn die öffentliben Schtulen seien Pflanzshulen, in denen Tugend und Wissenschafi, diese zwei Lebenébäume aller Glüdseligkeit, erzogen würden und in denen die Kinder die Wabhrbeiten des Glaubens, die Grundsätze der Frömmigkeit und die zum Vorrücken in jeder Kunst und Wissenschaft unentbebhrlihen An- fang8gründe erlernen könnten und müßten. Die Notbwendigkeit solwer Schulen lehre die Erfahrung, denn in solchen Pfarreien, in denen s keine oder \ch{lechte S{ulen befänden, bingen die Kinder dem Müßiggange und die Jünglinge allen Aus\chweifungen) nach ; die besten Köpfe müßten aus Mangel an Gelegenheit, si zu bilden, mit dem härtesten S&icksal kämpfen und, ohne sichG selbst oder dem gemeinen Besten etwas nügen zu können, darben. Daher fei es Pflicht der Pfarrer, durch Ermahnen, Bitten, Bestrafen oder Befehlen Alles beizutragen, damit da, wo keine Schulen seien, solche errichtet und der SHhulstand, wo er gering sei, vermehrt, daß Lehrer, die in der Religion und den Wissenschaften die gebörige Einsicht und im Lehren besondere Geschicklichkeit besäßen, an- gestellt und binlänglih besoldet würden. Sthließlih sei aus dem reiGen Inhalt der lehrreihen Abhandlung noh hervorgehoben, daß der bis{öflihe Schutz- und Schirmberr des bayerischen Schulwesens in dem Jahre des Erlasses des gekennzeihnetenHirtenbriefes verordnete, daß au in seinem Hochstifte Augsburg und den damit verbundenen Orten die in den öôfterreihishen Landen gegründete Normalschule eingeführt werden sollte, und daß er mit der Einführung dieser Normalschulen den rafilos thätigen Schulmann und Profeffor an der Universität Dillingen Ioseph Anton Swneller betraute, welcher zu Dillingen den Anfang damit machte und unera#Ëtet der größten Hindernisse, die si scinem Streben entgegenftellten, diese Anstalten {nell in dem Hochftift verbreitete.

Professor Langelongue theilte, wie ,W. T. B.“ meldet, in der gestrigen Sitzung der Akademie der Wissenschaften zu Paris mit, er babe mittels Chlorzinks eine Transfor- mation der tuberkulosen Gewebe der Gelenke und anderer Körpertheile erzielt ; die erhaltenen Erfolge seien derartig-, daß er seine Methode einer allgemeinen Prüfung übergeben könne. Lange- longue, welcher heute weitere Mittheilungen über die tehnische Metbode machen wolite, gab bekannt, er wende das Chlorzink in der Umgebung des Tuberkelheerdes an Behufs Sklerotisi-ung des tuberku- losen Gewebes. Diese Umkiidung trete bereits am nähsten Tage ein.

(F) Ein neuer Beweis für die Ansicht, daß eine andauernde Senkung der Südküste Swwedens stattfindet, \cheint kürzlich beim Baggern im Hafen von Limhamn gefunden zu sein. In einer Entferaung von 280 m vom Strande wurde nämlich ein sehr merkwoürdiges Torflager angetroffen und - darin eine Menge Geräth- haften aus Feuerstein, meistens aus dem älteren Steinalter sowie Austernshalen und Ueberreste von Wildschweinen gefunden. Der Fundort wurde wifsenschaftlih untersucht und alle Fundstücke für das bistoris@e Museum in Lund erworben.

Land- und Forstwirthschaft.

Saatenstandsberichte aus Bayern.

Oberbayern: Roggen, Gerste, Kartoffeln, Futterrüben stehen sehr gut; Heuernte großentheils in guter Qualität eingebrabt. Klee- felder und Wiesen stehen {ôn; Hagelschlag hat an manten Orten Schaden gebracht; Hopfen ist in der Entwickelung zurück. In einigen Bezirken, wie z. B. Aibling, stebt das Wintergetreide durchweg dünn; die Sommergetreide stehen \chôn; Kartoffeln s{ôön; in den Bezirken Dachau, Freising, Moosburg stebt der Hopfen gut. Auf nafsen Wiesen war der Schnitt wie bei Ingolstadt 2c. gering. Im All- gemeinen ift der Futternoth vorgebeugt.

Niederbayern: Das Wintergetreide kann man als mittel- mäßig bezeihnen, während das Sommergetreide durchweg aus8gezeihnet steht. Beim Klee versvriht der zweite Schnitt besser zu werden als der erste. Der erfte Wiesenschnitt ist großentheils gut eingebracht. Der Stand der Kartoffeln, Hülsenfrühte und Hopfen wird großen: theils gelobt. Jm Ganzen sprechen sich die Berichte dahin aus, daß die noch vor zwei Monaten laut gewordenen Befürhtungen gehoben sind und einem guten Ernteresultat entgegengesehen wird, -

Pfalz: Die Winterfrüchte entwickeln ih noch in den meisten Bezirken gut. Die sämmtlichen Sommergetreide haben einen sehr guten Stand; Kartoffeln und Hülfenfrüchte vorzügli; Rüben und Tabak wurden bei günstiger Witterung geseßt; die erste Klee- {ur in vielen Bezirken sehr gut; die Heuernte ist größtentheils sehr gut auszefallen. i Î

Oberpfalz: Das Wintergetreide hat sh noch sehr gut erholt, steht vielfach etwas dünn; Kartoffeln haben in nassen Lagen an- gefangen anzufaulen; der Stand der Sommerfrüchte ift in den meisten Bezirken zu loben; warmes Wetter wird gewüns{t ; Wiesen- ernte hat theilweise durch Näffe gelitten; in sonnigen Lagen sehr zufriedenstellend; im Ganzen besteht begründete Hoffnung auf eine gute Ernte. L ; : ;

Oberfranken: Die Wintergetreide stehen in den meisten Be- zirken etwas dünn, doch verspriht Roggen noch gute Ernte. Der Stand der Sommerfrüchte läßt nach vielen Berichten „nichts zu wünschen übrig“ und ift gute Ernte zu hoffen; Kartoffeln ftehen in trockenen Lagen gut, ebenfo ift Klee theilweise sehr s{chön, theilweise sehr gering; Hopfen durcschnittlich gut entwickelt, desgleichen gute Obsternte, besonders in Aepfeln und Birnen, zu erwarten; Futter- pflanzen theilweise befriedigend; die Heuernte liefert bei Berg- und Feldwiesen \{önen Ertrag; Hafer auf nassen Feldern dünn; erster Kleeschnitt gut ; Kraut entwickelt si gut : : 3

Mittelfranken: Auch hier stehen die Winterfrüchte durch- \hnittlich dünn; die Sommerfrübte dagegen lassen gute Ernte

hoffen ; Hopfen entwickelt fich gut; Obsternte sehr befriedigend; Heu-

ernte in nassen Lagen nicht gelobt, in trocknen Lagen ret gut; Kar- toffeln und Rüden entwickeln si befriedigend ; Rothklee mittelmäßig; Raps in einigen Bezirken nur mittelmäßig.

Unterfranken: Winterfrüchte dünn und mittelmäßig; die Sommergetr eide haben si in voliftändig befriedigender Weise ent- wickelt ; Kartoffeln je nah der Zeit des Legens und der Lage mittel- mäfig, aber au recht gut versprehend. Wein is dur die Witterung zurückgeblieben, hat vielfa® durch Frostshäden gelitten und wenn nit außerordentli günstiges Wetter eintritt, so wird voraus- sichtli ein sehr geringer Herbst werden. Hülsenfrüchte und Runkeln befriedigen; Gerste, Hafer und Weizen berechtigen zu großen Hoff- nungen; Futterrüben und Klee gut.

Schwaben: Sommergetreide steht durchweg sebr gut; Winter- fru@t dünn ; Kartoffeln und Futterrüben durch\Snittlih befriedigend, in bielen Bezirken sebr \{sön; Heuertrag auf nafsen Wiesen gering, auf besser gelegenen Wiesen sehr befriedigender Ertrag; Roggen, Gerste, Hafer meist sehr gut; im Allgäu wird das Futter als ausgezeichnet bezeibnet ; Obsternte läßt nit viel erwarten, Im Allgemeinen ift warmes Wetter nothwendig.

_St. Petersburg, 7. Juli. (W. T. B.) Aus Simferopol wird gemeldet, daß in Taurien das. Sommergetreide eine gute Ernte erwarten läßt, wodurch die Ausfälle des Wintergetreides ausgegli®en würden Im Gouvernement Nishni Nowgorod bessert sich der Stand des Getreides nach einem fruchtbaren Regen. In den Gouvernements Charkow, Poltawa und zum Theil Jekaterinoslaw verspriht der Stand des Wintergetreides na reiblihem Regen eine mittlere, das Sommergetreide sogar eine gute Ernte. Der Hafer und die Gerste stehen größtentheils vorzüglich.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Der Gesundheitsstand in Berlin war in der Wothe vom 21. bis 27. Juni ein günstiger und die Sterblich- keit eine niedrige (von je 1000 Einwohnern starben aufs Fabr berechnet 18,6). Etwas bâufiger als in der Vorwoche famen afute Darm- krantheiten zum Vorschein, führten jedoch in fast gleiher Zabl wie in der VorwoHe (62 gegen 61) zum Tode. In der entspreWenden Wodte des Vorjahres erlagen diesen Krankheitéformen 116 Personen. Die Theilnahme des Säugling2alters an der Sterblichkeit war eine nur wenig böbere als in der Vorwotde; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jabr berechnet, 66 Säuglinge. Häufiger als in der Vorwohhe traten akute Entzündungen der Athmungsorgane zu Tage und endeten auch etwas häufiger 1ödtlich. Von den Infektionskrankbeiten blieb das Vorfommen von Unterleibstyphus, von Masern und Scarlah ein beshränktes. Erkrankangen an Divbtberie wurden etwas mehr, am meisten aus dem Stralauer Viertel und der jen- seitigen Luisenstadt zur Meldung gebracht; auch Erkrankungen am Kindbettfieber waren wieder häufiger. Dagegen waren Erkrankungen aa rosenartigen Entzündungen des Zellgewebes der Haut seltener und au Erkranfungen an Keuchkusten, die in sech8 Fällen zum Tode führten, haben abgenommen, In der Königlihen Charité fanden zwölf Erkrankungen an Pocken aus den zur Zeit ih hier befindenden rufsishen Auëwanderern Rufnahme. Erkrankungen an akutem Gelenk- rheumatismus famen seltener, an rbeumatisGen Beschwerden der Muékeln etwas bâufiger zur ärztlihen Beobachtung.

Handel und Gewerbe,

Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks an der Ruhr und in Obersw(lesien. _ An der Ruhr sind am 6. d. M. gestellt 9802, niht recht- zeitig gestellt 24 Wagen.

Subhbastation3-Resultate.

Beim Königlichen Amt3gerihti T Berlin ftand am 6. Juli 1891 das Grundstück in der Pappel-Allee 129, dem Maurermeister Franz Mes und dem Baufübrer Franz Conrad gebörig, zur Versteigerung. as geringste Gebot wurde auf 198 000 4 festgeseßt. Ersteher wurde der Fabrikant Reinhard Mohr, Gräfe- straße 31, für das Meistgebot von 216 000

Vertagt ist das Verfahren, betreffend das Grundftück in der Gräfestraße 35, dem Zimmermeister Hermann Fitßner gehörig.

Berlin, 5, Juli. (Wollberiht d. Ctrbl. f. d. Textil-Ind.) Die Stille im Geschäft bielt auch in der vergangenen Woche an. Indeß deuten einzelne Anfragen, die namentli für Kammwollen bervorgetreten sind, darauf bin, daß größerer Bedarf darin zu decken ist, Das Geschäft mit Fabrikanten dürfte wobl noch einige Zeit ruben, da dieselben in den Märkten ihre Vorrätbe ergänzt haben und, wie sie es bisher zu thun pflegten, erst abwarten, bis für den einen oder anderen Genre Bedarf nothwendig wird.

Vom Berliner Pfandbrief - Institut sind bis 22. Juni cr. 16 487 400 A 34% ige, 20754900 A 49%%oige, 45 329 400 Æ 429/oige und 9667200 A 5% ige, zujammen 92 238 900 A Pfandbriefe ausgegeben, wovon noch 15 661 800 4 34 9/oige, 14 273400 49/oige, 17557500 439%ige und 2978400 Æ 5 /oige, zusammen 50471 100 A Pfandbriefe Seitens der Grundstück8eigenthümer verzinslich sind. Es find zugesichert, aber noch nit abgehoben 1 034 109 #

Der Einlösung2cours für die Coupons der 3 9/0 Prioritäts- Obligationen der ODesterreihish-ungarishen Staatsbahn ift auf 80,56 Æ für 100 Fr. festgeseßt worden,

Der Aufsitsrath der vereinigten Breslauer Oel- fabriken hat die Dividende pro 1890/91 auf 10% (gegen im Vorjahre) und die Abschreibungen auf 170 000 # (gegen 67 650 im Vorjahre) festgeseßt. Die Generalversammlung wurde auf den 29. d. M. anberaumt.

Der Aufsihtsrath der Allgemeinen deutschen Kredit- anstalt in Leipzig bat beschlossen, der am 27. d, M. einzuberufen- den Generalversammlung den Antrag zu unterbreiten, daß von der zweiten Hälfte des statutenmäßigen Aktienkapitals ein Theilbetrag von zwölf Millionen ausgegeben werde. Die neuen Aktien follen zu 150 den alten Aktionären derartig zur Verfügung gestellt werden, daß auf zehn alte Aktien im Nominalbetrage von 3000 4 eine neue Aktie im Nominalbetrag von 1200 entfällt. Die Einzablungen werden auf verschiedene Termine bis zum 30. Juni 1892 vertheilt.

Leipzig, 6. Juli. (W. T. B.) Kammzug - Termin- handel. La Plata. Grundmuster B. per Juli 4,35 , per August 4,35 F, per September 4,374 Æ, per Oktober 4,40 é, per Nos- vember 4,427 #, per Dezember 4,42} #, per Januar 4,37È #, per Februar 4,374 M E 80 000 kg Ruhig. i

Wien, 6. Juli. (W. T. B) Die Verwaltung der Busch- tehrader Eisenbahn erklärt in einer Eingabe an die Regie- rung wegen Konversion ihrer L E und Ausgabe von vierprozentigen bis zum Jahre 1946 zu amortisirenden Prioritäts-Aktien, daß gleichzeitig mit der Amortisation der neuen Prioritäten auch die Tilgung der Aktien beginnen foll,

London, 6. Juli. (W. T. B.) Wollauktion. Preise fest, unverändert.

An der Küste 9 Weizenladungen angeboten. : Glasgow, 6. Juli. (W. T. B.) Die Vershiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 4133 Tons gegen 9400 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 6. Juli. (W. T. B.) - Markt rubig. Woll- preise fester, jedoh unter Londoner Preisen.

New - York, 6. Juli. (W. T. B.) Visible Supply an Weizen 129584 000 Busbels, do. an Vais 4020000 Busbels. Zur Ausfubr nach Europa sind für morgen 500009 Dollars

Gold bestellt.

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