1891 / 169 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 Jul 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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Sachsen - Meiningen.

Meiningen, 20. Juli. Zur Entschädigung der Ge- meinden für Abschaffung des Chausseegeldes hat der Staat nach der „Th. C.“ 60000 zur Verfügung gestellt. Davon kommen im laufenden Halbjahr 20 000 # und 40 000 «4 im Jahr 1892 zur Vertheilung, Von den jeßt zu veriheilenden 20000 F erhält der Kreis Meiningen 4453 M, Saalfeld 5233 M, Hildburghausen 3530 F und Sonneberg 4711 M.

Sachsen-Altenburg. ,

Altenburg, 2. Juli. Seine Hoheit der Herzog hat der „Magd. Ztg.“ zufolge den Geheimen Staatsrath Göpel zum Vorstand des Herzoglichen Viinisteriums, Abtheilung der Finanzen, an Stelle des verstorbenen Geheimen Staatsraths Sonnenkalb ernannt. Derselbe behält außerdem feine Stel- lung als Vorstand der Justizabtheilung bei.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Coburg, 20. Juli. Jhre Hoheiten der Herzog und

die Herzogin haben si, wie die „Cob. Ztg.“ meldet, heute auf ihre Besißungen in Oesterreich begeben.

Anhalt.

Dessau, 19. Juli, Jhre Hoheit die Erbprinzessin Leopold hat sich dem „A. St. A.“ zufolge geftern nah Bayreuth begeben.

Elsaß-Lothringen.

Straßburg, 20. Juli. Gestern Nachmittag, gleih nach Beendigung der Veêéper und Komplet, fand im Münster dec „Straßb. Post“ zufolge, die Fnthronisation des Bischofs von Straßburg Dr. Frißen statt. Derselbe schritt zwischen dem Capitular-Vikar Straub und dem Weihbishof Dr, Marbach. Nur Dr. Frißzen trug die Bischofstracht. Hinter diesen drei schritten noch Kapitular-Vikar Schmitt und mehrere Domherren. Die übrigen Domherren standen in den Chorstühlen. Als der Bischof vor dem Hochaltar an- gekommen war, wurde die päpilihe Bulle über die Ein- seßzungen der Bischöfe verlesen und dann wandte sich Bischof Dr, Frißen, ohne den bereitstehenden Bischofssiß, neben welhem übrigens eine Stufe tiefer ein zweiter goldener Sessel Auf- fellung gefunden hatte, einzunchmen, und verließ wieder den Chor, geleitet von den eben genannten.

Oefterreich-Ungarn.

Wien, 21. Juli. Dem „Fremdenblatt“ zufolge wird der Termin für die Handelsvertrags- Verhandlungen mit Serbien erst im Herbst eintreten, da nach dem Ab- {luß der s{hwebenden Verhandlungen mit der Shweiz bereits der Beginn der Verhandlungen mit Ftalien bestimmt worden sei. Möglicher Weise würden die Verhandlungen mit Serbien in die Zeit während der Verhandlungen mit Jtalien einge- schoben. Demselben Blatte zufolge beginnen hier im Siber die Verhandlungen zwishen dem Handels-Ministe- rium und der „Telephone-Company of Austria“ weiche die Konzession für die Herstellung des Telephons na Prag, Graz, Triest und anderen Städten besizt. Die Konzes- sion läuft am 1. Fanuar 1892 ab. Ueberhaupt beabsichtige die Regierung, das ganze österreichishe Telephonneß zu ver- staatlichen. y N :

Das Herrenhaus genehmigte in seiner gestrigen Abendsizung ohne Debatte das Budget und das Finanzgeseß für 1891 sowie folgende Vorlagen: den Geseßentwurf, be- treffend die Befreiung von Gebühren bei der Erwerbung eines Palais für die russishe Botschaft, das Berliner internationale Uebereinkommen über den Eisenbahn- Frachtenverkehr sowie die Durchführung des Uebereinkommens. Nach der hierauf vorgenommenen Wahl für die Delegationen erklärte Minister-Präsident Graf Taaffe im Auftrage des Kaisers den Reichsrath für vertagt. e

Bei einem in Triest anläßlich der fünfundzwanzigjährigen Gedenkfeier der Seeschiacht bei Lissa abgehaltenen Bankett aedachte der Korvetten-Kapitän Labres des helden- müthigen Todes der Offiziere der Schiffe „Kè d’Jtalia“ und „Palestro“, hob hervor, wie aus dem tapferen Gegner von einst Oesterreich einVerbündeter entstanden sei,und trank aufdie herrliche italienishe Flotte und ihr ausgezeihnetes Offizier- corps. Der Toast wurde mit stürmischem Beifall aufge- nommen, der sich noch steigerte, als die italienishe National- hymne gespielt wurde. Bei einem in Pola aus der nämlichen Veranlassung veranstalteten Diner im Militärkasino brachte der Hafen-Admiral Pitner cinen Toast auf die alliirte Königliche Flotte von Jtalien aus.

Großbritannien und Frland.

Prinz und Prinzessin Aribert von Anhalt sind gestern über Vlissingen nah dem Haag abgereist. :

Zu Beginn der gestrigen Sißung des Unterhauses wurde eine Eingabe des Anwalts des erkrankten Abgeordneten De Cobain zur Kenntniß gebracht, in wel&er das Haus er- sucht wird, die an De Cobain gerichtete Aufforderung, sih im Unterhause zu stellen, bis dahin zu vertagen, wo De Cobain im Stande sei, den gegen ihn erhobenen Anklagen vor Gericht zu be- gegnen. Der Kanzler der Schaßkammer Goschen erklärte, Falls die Opposition den Nachtragskredit von 20 000 Pfd. Sterl. zur Vermessung der Eisenbahn von Mombasa nah dem Victoria Nyanza bekämpfen wolle, werde der- selbe bis zur nächsten Session zurückgestelt werden. Die Politik der Regierung werde dadurch in keiner Weise eine Aenderung erfahren. Jm Laufe der Sißung wurde durch die Beawien ein Jndividuum entfernt, welches von _der Zuhörertribüne aus eine Broschüre 1n den Sißungssaal geworfen hatte. 7

Zum ersten Mal seit seiner Krankheit nahm am 17. d. der Führer der irischen Patrioten Justin McCarthy wieder an den V:rhandlungen des irishen Pächtervertheidi- gungsbundes theil, Das Meeting kam dahin überein, die gesammten verfügbaren Mittel, etwa 3500 Pfd. Sterl,

für die sofortige Unterstügung ausgewiesener Pächter zu verwenden. Seine politishen Freunde benuß-

ten die Gelegen heit, Mc Carthy ihren Wunsh aus- zusprechen, daß cer auch fernerhin an der Spiße der Partei bleiben möge. Nachdem er seine angegriffene Ge- sundheit vorgeshütßt, erklärte McCarthy si schließlich bereit, seine Stellung bis zum Sc&luß der jeßigen Session zu behalten. Die Führerschaftsfrage dürfte kaum vor dem Wiederzusammen- tritt des Parlaments endgültig geregelt werden.

Die „Times“ enthält weitere Einzelheiten über die Art und Weise, in welcher Baron Hirsch seinen Kolonisations- plan auszuführen gedenkt. Er äußert sih zunächst über den Bericht des von ihm nach Rußland gesandten Hrn. Arnold White und fährt dann fort: /

„Hrn. White's Bericht macht es klar, daß bei der Organisation meines Planes jeder vermeidbare Auf!chub vermieden werden muß. Es ift meine Atsi&{t, damit mein pbilanthropishes Unternehmen in praftisher Weise angefaft werde, cine große englische Geselischaft zu gründen, deren Atien id sämmilich oder zum größten Theil übernehmen will. Es nimmt vielleiht Wunder, wenn id mittheile, daß mir hierbei nickt die Geldfrage, wohl aber die Frage, die aceigneten Persönlichkeiten zu finden, Schwierig- Feiten bereitet. Mir fehlen die Direktoren dieser Gesellschaft. Männer, welche die erforderli&e Gewisscnhaftigkeit und gleichzeitig die geistigen Fähigkeiten besißen, mit einer fo komplizirten \{chwierigen Aufgake fertig zu werden, lassen si{ nur schwer aufireiben. Jch bin jedoch temü“t, sie zu finden. Der nôöchste Punkt meines Programms ist die Bildung eines großen, aus hervorragenden Mitgliedern der jüdischen Gemeinden in der oanzen cirilifirten Welt zusammengeseßten Avs\{usses, welcher eine Ex:kutive ernennen foll, die im Verein mit den jett ia Rußland in der LVildung begriffenen Aus- \chüfsen die methodishe Auêwardcrung der Juden zu leiten hat. Man hegt vielleibt Vedenken, ob es mögzlihH sein werde, Men’chen in so großen Massen mit Erfolg von einem Theil der Weit nah einem anderen überzufübren. Es kommt jedo momertan nicht bierauf an. Hauptsate ift es, zunächst organisirte Gemeinwesen a1s erste Stationen für die in größerem Maßftab erfolgende Aus- wanderung zu gründen, welche niht ausbleiben wicd, sobald der Erfoig der ersten Organisationen fi stgestellt ist.“

Frankreich.

Paris, 21. Jali. Der Präsident Carnot empfing laut Meldung des „W. T. B.“ gejtern Vormittag d2n deutschen Botschaster Grafen Münster.

Dem Minister des Auêwärtigen Ribot ist die amtliche A nzeige zugegangen, daß die Regierung von Haiti sich bereit ecflärt hat, die von Frankreich geforderte Genu g- thuung zu leisten und der Wittwe des ershossenen Rigaud einen Schadenersaz von 30 000 Frcs. zu zahlen.

Fn der gestrigen Sißung der Budgeikommission ver- las Brisson seinen Bericht über das Marinebudget, empfahl außer merkbaren Erspzrnissen eine Anzahl Reformen und hob namentlih hervor, Frankreichs Streitkräfte zur See seien stets bereit aus3zulaufen. Brisson fordert zunächst die Schaffung verschiedener Torpedo Stationen sowie die einer zweiten Divi- sion und eines Reservegeshwaders im Kanal La Manche.

Die Professoren Charcot und Poncet sind an das Krankenlager des Kaisers Dom Pedro nah Vichy berufen worden,

Nuß;land und Polen.

Der Großfürst-Thronfolger wird erst Anfangs August in St. Petersburg eintreffen. Der Kaiser und die Kaiserin gedenken, ihm, wie „W. T. B.“ erfährt, bis Moskau entgezen- zureisen, dort einen Tag zu verbleiben und dann mit dem Thronfolger nah Gatschina zurückzukehren. Fm August begiebt sich der Kaiser dann zum ersten Male zu einem Manöver der finländ!shen Truppen nah Finland.

Ftalien.

In einem am 17. Juli abgehaltenen Ministerrath wurde ausschließlich die Finanzla ge erörtert, Der Schaßz- Minister Luzzatti gab, wie der „Köln. Ztg.“ geshrieben wird, cine allgemeine Uebersicht und erstattete Bericht über die Pläne der einzelnen Ressort-Minister zum Zweck neuer Ersparnisse. Die Absicht, das Gleichgewicht auf diesem Wege dauernd zu befestigen, wird nah wie vor festgehalten. Für das Finan:jahr 1891/92 nimmt der Schaß - Minister einen Fehlbeirag von 15 Millionen an, dem er aber sogleih Ersparnisse gegenüber zu stellen vermochte, die denselben auf 51/7 Millionen herabdrücken, Zur weiteren Ausgleihung des Budgets wurden für die einzelnen Ressorts Ersparniß- maßregeln besprochen, welche allgemeine Billigung fanden und in einer heute abzuhaltenden weiteren Berathung endgültig festgestellt werden sollen. Darnah ist das Ministerium über- zeugt, das Gleichgewicht im Etat für 1891/92 erhalten und den Voranschlag für 1892/93 troy der Vermehrung der noth- wendigen Ausgaben in völigem Gleichgewicht vorlegen zu können.

Belgien.

Jn der Kammersißung vom Sonnabend kamen die neuen Handelsverträge zur Sprache. Klerikale Deputirte forderten, wie man dem „Hamb. Corr.“ berih:et, Schuß für die Landwirthschaft und unter dem Protest der Liberalen Einfuhrzölle auf Mehl und auf alle niht zur Ernährung ge- hörigen Cerealien. Der fklerikale Deputirte Dumont erklärte rundweg, seine Partei würde jeden Handelsvertrag abweisen, welcher nicht für die Landwirthschaft günstig sei. Der Arbeits- Minister erwiderte, das Alles könne erst im November, wenn die Erneuerung der Handelëverträge zur Frage stehe, erörtert werden. Die Regierung werde ihr Möglichstes für die Land- wirthschaft thun.

Schweden und Norwegen.

(F) Christiania, 18. Juli. Der König ist gestern bend mit dim Dampfer „Kong Ring“ von hier abgereist, um den Städten Christiansand, Kragerö, Risör u. st. w. einen Besuch abzustatten. Die Rückkehr erfolgt am nächsten Donners- tag. Am 25. d. M. wird der König sih dann nach Moß begeben und von dort mit seiner Dampfsyacht „Drott“ nah der s{chwedishen Westküste abreisen. Die Ankunft des Königs in Stockholm dürfte erst am 8. September erfolgen. Die Königin reiste gestern Mittag nah Skongum ab und gedenkt dort längere Zeit zu verweilen,

Amerika.

Argentinien. Die Deputirtenkammer genehmigte, wie „W. T. B.“ aus Buenos-Aires meldet, gestern in erster Lesung die Herabseßung der Steuern und Zölle auf rohen Zvcker, Petroleum, Thee, Reis, Talg und Lichte.

Chile. Eine der chilenishen Gesandtschaft in Paris zu- gegangene Meldung besagt, daß zwei von Cornelio Saavedra befehligte Shwadronen von der Reiterei der Kongressi sten - partei von dem Befehlshaber der Kavallerie der Regie- rungstruppen bei Huasco vollständig geshlagen worden seien. Saavedra befinde sich auf der Flucht; von seinen Truppen seien 150 Mann gefallen und 70 zu Gefangenen zemaht worden. Auch eine große Menge Waffen habe Saavedra auf dem Plate gelassen.

Afrika. Sansibar. Nach einer Meldung der „Times“ aus

Sansibar -ist Tippu Ti pp aus Dar es Salaam zum Besuch i des Sultans dort eingetroffen.

Australien.

Samoa. Nach in Me!bourne eingetroffenen Briefen aus Samoa wurde, wie „R. B.“ meldet, Mataafa von König Malietoa nah Apia berufen; Mataafa weigerte sih indes zu kommen, urter dem Vorwande, daß er befürchte, verhaftet zu werden. Jn Apia habe man einen Angriff auf die Stadt besorgt; Ansammlungen zahlreiher unzufriedener Ein- geborener hätten stattgefunden. Jn Folge dessen trafen die Behörden Vorsichtsmaßregeln, wobei sie durch das Kanonenboot „Sperber“ unterstüßt wurden. Auch erließen die Konsuln von Deutschland, England und Amerika zur Unterstüßung der Stellung Malietoa's eine Proklamation. Seitdem hat die Beunruhigung nachgelassen, zumal auch die Anhänger Mataafa's die Steuern weiter zu entrihten nicht unterließen.

Amtliche Nachrichten des Reihs8-Versiherungsamts, Nr. 14. Amtlicher Theil. Rundschreiben an die Vorstände der aus\{liezlich dem Meichs - Versiderungsamt unterstellten Berufs- genossenschaften, betreffend einige Punkte des Verfahrens bei Fest- stellung der Unfallents{ädigungen. Vom 20. Juni 1891, T 13 419. Bescheide und Besclüfsse,

Nr. 29 des „Centralblatts der Bauverwaltung herausgegeben tim Ministerium der ösffentlihen Arbeiten, hat folgenden Inhalt: Amtliches: Personalnahcibt?-n,. Nichtamtlies: Elektrotehnishe Ausstellung in Frankfurt a. M. T. Die Stadipfarrkirhe in Neisse und ihre Neggewdöibe. Einsturz der Birsbrücke bei Mönwenstein. Vorrihtung zum Aufhängen von Stleusenthoren Vermischtes: Prefsbewerbung für Entwürfe zu einem Kaiser Wilh:lm-Museum in Krefeld. Preisbewerbung für eine Lutberkirhe in Breélau, Preiébewerbung um ein Kreiskbaus in Königsberg N.-M. Eßtbrenbezeigu igen, Besucziffer der Tech- nischen Hotshule in Berlin. Louis Boissonnet - Stiftung. Preisauë\Þhreiben zur Erlangung eines Stadterweiterungsplans für Mürchen. Innere Ausstattung des Hamburger Rathhauses. Klagen gegen die Cily- und Südlondonbahn. Staatseisenbahnbauten in Siam.

Heft VII bis IX der „Zeitschrift für Bauwesen“, heraus- gegeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, hat folgenden Ine halt: Der Neubau des Reitébankgebäudes in Leipzig, vo:n Regierungs- Baumeister Hasak in Berlin Die Klosterkirhe St. Stephani und St, Sebastiani in Frose, vom Baurath F. Maurer in Bernburg. Die Hauptbahnhofsanlagen in Frankfurt a. M., mit Zeichnungen vom Regierungs-Baumeister H Wegele in Frankfurt a. M_ Fortsegung : III. Der Haupt-Personenbahnhof. Die Reinigungs- (Desinfektions-) Anstalt für Viehwagen auf dem Gütirbahnhof ia Düsseldorf, vom Regierungs- Baumeister Platt in Düsseldorf. Der Bau der neuen Kaimauern im Hafen von Bordeaux, mit Zeichnungen vom Regierungs- Baumeister L. Brenneke in Kiel Die Eisenbahn von J3mid nah Angora, mit Zeichnungen vom Professor Dr. ForGheimer in Aachen. Berechrung freitragender Wellblehdäher, von Prof. Th. Landsberg in Darmstadt. Die Anwendung der Photographie und Bildmeß- kunst in der Wasserbautecnik, von Meliorations-Bauinspektor Danck- werts in Königsberg i. Pr, Statistishe Nachweisungen, betreffend die in den Jahren 1881 bis eins{ließlich 1885 vollendeten und abge- rechneten preußischen Staatsbauten aus dem Gebiete des Hochbaues. Im Auftrage des Staats-Ministers der öffentlichen Arbeiten aufge- stellt von Hrn. LandeBauinspektor Wiethoff in Berlin. (Fortseßung - Tabelle XVIG. Ställe für Pferde und Rindvieh. Tabelle YVI H. Stallgebäude, für verschiedene Zwecke eingerihtet, und Speicher. Tabelle XVI I. Gewerblihe Anlagen )

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Entscheidungen des Reichsgerichts.

S@. ftand in Verbandlung mit einer Aktiengesells{aft zu Breslau wegen Ankaufs eincs dieser Gesells&aft gehörigen Grundstücks. Obgleich die Hausverwalterin und deren betde Töchter ihm erklärten, daß der Shwamm im Hause sei, so hielt er dies nur für ein leeres Gerede, weil er bei der Besibtigung der zu Tage liegenden Bestand- theile des Gebäudes vom Schwamm nichts wahrnahm. Ebensowenig legte er der Bemerkung von anderer Seite, daß die Untersuhung auf Shwamm mit sicherem Erfolge nur dann angestellt werden könne, wenn die Dielen aufgerissen werden, ein Gewicht bei, Sch. kaufte das Grundstück, und es ftellte sih sodann heraus, daß im Hause der Shwamm war. Sch. klagte nun gegen die Verkäuferin auf Rücktritt vom Vertrage, und er erstritt in der Berufungsinstanz ein obsicgendes Urtbeil. Auf die Revision der Beklagten hob das Reichsgeriht, V. Civilfenat, durch Urtheil vom 2. April 1891, das Berufungeurtheil auf, indem es begründend autführte: „Wenn J,., wie er b¿kundet, dem Kläger bei der Besichtigung des Hauses gesagt bat, die Untersuhung auf S&wamm fönne mit fßicherem Erfolge nur dann ancestelt werden, wenn die Dielen aufgerissen werden, und der Kläger H bei der Besihtigung der zu Taçe liezenden Bestandtheile des Gebäudes beruhigt, obwohl ihm die Hausverwalterin und deren zwei Töchter erklärten, daß der Schwamm im Hause sei, so muß in diesem Benehmen des Klägers ein Mangel von Aufmerksamkeit gefunden werden, wie sie in den Geschäften des bürgerlichen Lebens von einem Jeden bei gewöhnlichen Fähigkeiten verlangt werden muß. Hat Kläzgec sih einen solchen Mangel an Aufmerksamke:t zu Schulden kommen lassen, welcher das Charafkteristishe des groben oder mäßigen Versehens bildet, und ist er dadurch zu der, wie sich später herausgeftelit bat, irriyen Ansiht ge- langt, das Haus sei s{chwammfrei, so kann er niht vom Vertrage zurücktreten.“

Die Herstellung einer Wurst aus dem FleisLe eines k res virten Hundes zum Zwecke der Täus&ung im Handel und Ver- febr ist, nah cinem Urtheil des Reichsgerichts, IT. Strafsenats, vom 12 Mai 1891, als das Nachmachen eines Nahrungsmittels aus §. 10 Z. 1 des Nahrungêmitteigesezes zu bestrafen.

Kunst und Wissenschaft.

Sitzung der Gesellschaft für Erdkunde vom 4. Juli 1891, Der Vorsigende Dr. W. Reiß berichtete zunähst über die am 28, Iunt in Stendal erfo!gte feierlihe Enthüllung des Nachtigal- Denkmals und legte dann unter Anderem das Programm für den vom 10.—14. Auguit tattfindenden internationalen G:ozraphen-Kongreß in Bern vor. : L E E Premier-Lieutenant Morgzen berichtete über seine Reise von Kamerun nav dem Benuës Im Sommer 1889 wurde Lieutenant Morgen als Ersaß für den damals verstorbenen Lieutenant Tappenbeck der Kund'shen Kamerun-Expedition zugetheilt, deren Führung er alsbaid, nahdem auch Hauptmann Kund dienftuntzuglid ge- worden war, übernehmen mußte. Obwohl in afrikanischen Dingen gänzlich unerfahren, gelang es ihm do, die Expedition durch den 9 Tage langen menschenleeren Urwald, in dem man niemals die Sonne erblidt und welcher tie Batangaküste von dem Innern trennt, glüd- li hindur zu bringen und dann nach Norden über den Sannaga bis zu dem mächtigen Wute-Häuptling Ngila vorzudringen. Von hier aus versu§hte der Neisende direkt nach Westen bis Kamerun zit gelangen, Nachdem er aber den großen, aus Adamana komménden Mbamitrom enideckt uad überschritten hatte, hinderte ihn der Wider- stand eines besonders kriegerisden Stainmes, der Bati, an der Aus- führung dieses Planes; er mußte längs des vereinigten Sannaga und Mbam nach Südwest marshiren und erreichte fo auf einem

änzlid neuen Wege bei Malimba die Küste. Am 2 Juni 1890 Frad Lieutenant Morgen in Begleitung ciner Handelekarawane abermals von der Baiangaküste auf, errichtete bei Ngila eine neue Station und fuchte nun die Erlaubniß zu erhalten nach Norden weiter vordringen zu dürfen. Als dieselbe ibm unter allerhand Vor- wänden ftets abgesblagen wurde, brach Morgen, die Abwesenheit des Häuptlings auf einem Krieg8zug benußend, obwohl {wer an Dysenterie leidend, ohne Führer allein gen Norden auf. In 8tägigen Eil- märschen dur ein ebenes, monotones Graëland gelangte der Reisende nach dem erften Tibatidorf „Joko*. Hier mußte er 5 Wochen auf die Erlaubniß des Herrschers von Tikati zum Betreten des Landes warten. Amalamu, der Herscher von Tikbati, ein no sehr junger Mann, befand sich s{chon seit drei Jahren im Kawpfe mit einem etwa vier Tagemärshe südwestliG von der Hauptftadt sißenden Volksftamm und hatte seit dieser Zeit seine Residenz nicht betreten. Am 1. Dezember gelangte der Reisende endli in das etwa 12000 Menschen zählende Kriegélager des mädhtigen Häuptlings, der ibn auf das Festlihste empfing. Unter den Feierlihkeiten spielte die Vorführung von Reiterspielen cine große Rolle. Am 25. Dezember brach der Reisende wieder auf und zog in großem Bogen nah NO,. zu dem bier noch 150 m breiten Mbam. Diesen überschreitend, knüpfte er in dem besuhtesten Handelsplaß Banjo an die Routen von Robert Flegel an und gelangte in Eilmärschen über Gascheka, Beli, Bakundi nach Ibi, wo er, von allen Mitteln entblößt, bei den dortigen Beamten der Royal Niger Company die freundli{ste Avfnahme und Unterstüßung fand. Redner nahm Eelegenheit, den Einrichtungen dieser mächtigen, den deutschen Interessen freilih sehr feindlißen Ge- sellshafi, die mit einem Kapital von zwei Millionen Pfund arbeitet, das wärmste Lob zu spenden. Es kann nach den Beoba®tungen des Reisenden keinem Zweifel unterliegen, daß der Mußammedaniêsmus in tem deutshen Hinterland von Kamerun im ficgreiGen Vordringen gegen das Heidenthum begriffen ift und daß dasfelbe durch die eifrig betriebenen Sklaven- jagden der Adamene-Häuptlinge rasch entvölkert wird. Die Sultane von Tibati, Banjo, Gascheka sind oft Jahre lang von ihren Wohn- sißen auf Sklavenraubzügen abwesend und leben aus\{ließlich von den Erträgnissen dieser Jagden, die immer weiter nah Süden aus- gedehnt merden. Die erbeuteten Sklaven wandern über den Benuë hinüber auf die großen Sklavenmärkte von Sokoto, Kano und Kuka. Diesem Unwefen kann nur im Verein mit England refp, mit der Niger Company gesteuert werden.

Professor W. Ioeft spra sodann über Guayana. Redner führte zurähst aus, daß dieses große, im Norden und Nordosten vom Orinoco und Atlantishen Ozean, im Süden vom Amazonas3, im Westen vom Rio Negro begrenzte, etwa 1 760000 gkm große Gebiet eine“ vortrefflihe Gelegenheit biete, die Erfolge der Kolonisations- thätigkeit von 5 europäis{chen Nationen, der Spanier, Engländer, Holländer, Franzosen und Portugiesen in geographis{ch und klimatish beinahe gleiWartigen Provinzen des\elben Landes mit einander zu ver- gleihen. Politisch zerfällt das von der Natur vershwende- risch ausgestattete, aber von den Mershen in unverantwort- liher Weise vernahlässigte Guayana, das entschieden eines der reisten, schönsten und merkwürdigsten Länder des Neuen Kontinents ift, îin einen venezolanishen Theil, auch Estado Bolivar genannt, in das englische Demerara mit der Hauptstadt Georgetown, in das holländishe Surinam mit der Hauptstadt Paramaribo, in das französische Guayana, nach der Hauptstadt gewöhnlich Cayenne ge- nannt, und in das brasilianische Guayana, welches Theile der Pro- vinzen Para und Amazonas bildet. Die volitishen Grenzen feten vielfah urklar und heftig umfstritten. So bestehe seit vielen Jahren ein Grenzstreit zwisWen Frankreiß und Brasilien. Der GSrenzstreit zwishen Frankreih und Holland sei erft seit einigen Wochen durch den SchiedsspruÞch des Zaren zu Gunsten Hollands entschieden, nachdem der Streit durch die Auf- findung reicher Goldminen in dem umstrittenen Gebiet akut zu werden drohte. Neuerdings babe England die Grenze von Demerara über den Essequibo nah Westen vorschoben, als in diesem Theil Guayanas ebenfalls Goldminen entdeckt wurden.

Geographish zerfällt Guayana in zwei Theile: das gebirgige Hoc!and, welches meist mit Urwald bestanden ist, in dem vereinzelte Indianerstämme hausen, welhe mit den in der Nähe der Küste wohnenden Eingeborenen in keiner Verbindung stehen, da \sih zwischen beide die Buschneger, Nachkommen enitlaufener Negersklaven, gesetzt haben, und das wunderbar fruchtbare Alluvialgebiet der Küste. Hier haben fi die Europäer na Niederlegung des Urwaldes angesiedelt, um Zucker-, Kaffee-, Kakao- und Baumwollplantagen anzulegen. Die Millionen, die hier bis zur Aufhebung der Sklaverei verdient wurden, sind ganz unberechenbar. Gegen zwei Feinde haben fch die Pflanzer vor Allem zu s{ütßen: erstens vor dem Meer, welches bei Hochfluth fast überall höher steht, als der fruchtbare Küstensaum Guayanas, und dann vor den in der Regenzeit aus dem böheren Innern herab trömenden Wafser- massen. Die Meister der Wasserbaukunst, die Holländer, baben es ver- standen, die Plantagen dur Dämme gegen das Meer und gegen das Innere durch meilenlange Wälle zu \{üßen ; durch kunstvolle Shleusen wird die Be- und Entwöfferung des ge\{üßten Plantagenlandes ge- regelt, Um Ebbe und Fluth dreht \sih das ganze Leben und Treiben der Bewohner Guayanas. Man darf nicht vergessen, daß es z. B, in Surinam, abgesehen von der nähsten Umgebung Paramaribos, keine Landstraßen, Pfade 2c. gtebt, daß vielmehr der ganze Verkehr auf die Wasserwege angewiesen ist uad das in einem Lande, wo alle Flüsse täglih während 12 Stunden stromaufwärts fließen und wo der Unterschied des Wasserstandes der meisten Flüsse zwischen niedrig- slem Stand bei Ebbe in der Trockenzeit und böchstem Stand bei Fluth in der Regenzeit da, wo die Wasser sich f‘auen, d. i. 30 bis 40 Meilen von der Mündung, über 10 m, am Orinoco oft 20 m beträgt, Durch die ganz unberehenbaren Erdmassen, welche alljährlich von den mähtigen Flüffen dem Meere zugeführt werden, haben fich längs der ganzen Küste Sand- und Shlammbänke gebildct, und nur mit Hülfe ortskundiger Piloten ist es bei boher Fluth mögli, die häufig wech{selnde, stets {male Einfahrt in die breite Mündung der Ströme zu finden. Es giebt daher kaum einen öderen Anblick wie die Küsten Euayanas mit ihren allmäbhlich über das Meeresniveau anwahsenden Shlammkbänken. f

Surinam ist das einzige Land, welhes mit demselben Recht als als eine jüdische Kolonie bezeichnet werden kann, wie z. B. Australien cire englise. In dem kleinen seit 1868 bestehenden Parlament sitzen unter 15 Mitgliedern 13 Juden. Sie stammen meistens von jenen 1644 aus Brasilien vertriebenen portugiesisch-amerikanis{chen Iuden ab, die in Surinam freundlich aufgenommen wurden. Schon 1696 haiten diese Ansiedler 40 Plantagen, 1750 bereits 115 mit 9500 Sklaven in Besiß. Als 1863 die Sklaverei aufgehoben wurde, zogen es die meisten holländishen Plantagenbesißer vor, sich mit dem Geld (300 Gulden), welhes ihnen von der Negierung für jeden befreiten Sklaven ausgezahlt wurde, zu begnügen und ent- weder ihre Besißungen einfa in Stich zu lassen, oder dieselben für ein Svottgeld zu verkaufen. Damals versank Surinam in den Sälaf, aus dem es bis heute noch nicht wieder erwacht ift. Ueberall erblickt man verlassene Plantagen, eingeslürzte Fabriken. Die Juden verließen damals Guayana niht. Sie blieben, kauften für billiges Geld verlassene Plantagen, parzellirten dieselben und per- kauften oder verpahteten dieselben an die befreiten Neger, die hier bis auf den heutigen Tag ein faules. armseliges, aber immerbin freies Leven führen, So kommt es, daß die ganze Bevölkerung dieses frucht- baren, von mit kferrlich:n Fischen belebten Strörmnen dur{zogenen Landes neben Bananen ausschließlich von importirtem amerikanishem Stodfish, Salfleisch und Riis lebt.

Ganz anders liegen die Verhältnisse in Demerara. Es ist heute cine der blübendsten Kolonien Englands, wo 115 Zuckerfabriken trotz ungünstiger Konjunkturen noch reQt viel Geid einbringen, während in Surinam, wo vor 60 Jahren 188 Fabriken bestanden, nur nochH 8

existiren und in Cayenne nur eine Staatsfabrik, die jedes Iahr einen

erheblichen Zuschuß erfordert. Ja Demerara verbindet eine 34 km lange Eisenbahn den Plantagenb:zirk mit der Hauptstadt George- town, wo 8 Zeitungen ersheinen, 11 mehr oder minder gute Hotels cxistiren, Gasbeleuhtung, Wasserleitung, Telephounct, Docks,

ein prä&tiger botanischer Garten, Rennbahnen 2c. vorhanden find, während in Paramaribo die Regierung stolz darauf ist, es er- zwungen zu haben, daß in mondscheinlosen Nächten die Straßen mit Petroleumlampen erleuchtet werden. Georgetown hatte im Zahre 1890 53 400 Einwohner, Paramaribo 27 700. Das Klima von Guayana ift besser als sein Ruf. Georgetown hat allerdinçs zuweilen von dem aus Westindien importirten Fieber zu leiden ; sonst ist aber die Sterb- lihfeit nit größer als in vielen Städten Europas. Es ftarben nach der offiziellen Statistik 1890 von 1000 Menschen 27,2, in Paramaribo 32,0.

__— In dem dieser Tage hierselbst verstorbenen Maler und König- lichen Professor Albert Kretshmer hat die Kostümkunde einen ihrer berufensten Vertreter verloren. Geboren am 27. Februar 1825 zu Berghof bei Schweidniß als Sohn eines Oekonomen, kam er mit 17 Jahren mit seinem Bruder, dem bekannten Thiermaler Robert Kretshmer, nach Berlin, genoß bier auf der Kunst- Akademie vor- wiegend den Unterricht von Karl Begas und bildete si zum Genre- maler aus. S{on damals aber brach sich, wie das „Dr. J.“ schreibt, sein Interesse für Kostümwesen Bahn, und be- stimmend für seine ganze weitere Künstlerlaufbabn wurden (Ende der 1840 er Jahre) Aufträge Seitens der General-Intendantur der Königlichen Schauspiele, die für die Kostümirung neuer Opern und Dramen erforderlihen Entwürfe herzustellen. Bald stellte fch die Nothwendigkeit heraus, für das immer anspruhsvoller werdende Ge- biet cine künstlerishe Kraft ständig zur Verfügung zu haben, und fo wurde Krets{mer 1851 (noch durch Theodor von Küstner) als technishes Mitglied an die Königlihen Theater berufen. Wie er von diesem Zeitpunkt an das Kostümwesen zu seiner Lebentaufgabe mate, so bildete es aud den Schwer- punkt seiner _künstlerisch - literarishen Thätigkeit. Die erste reife Frucht dieser Studien war das 1864 erschienene große, in Farbendruck ausgeführte Prahtwerk „Die Trachten der Völker“, welces zum ersten Male die Trachten sämmtlicher Kulturvölker zur Darstellung brate. Noch wichtiger und werthvoller war das 1870 erschienene große Werk „Die deutschen Volkstrahten", die Fruht eines Jahrzehnte langen Quelenstudiums, von dem H. Weiß in seiner Kostün:kunde in Ausdrücen der hötsten Anerkennung spricht. Der Werth dieser Sammlung wird vadur® noch erhöht, daß mit dem zunehmenden Verkehr die alte bâäuerise und Volks- traht immer mehr von der städtishen Trat zurückgedrängt wird. Im Jahre 1889 pensionirt, wendete Professor Kretshmer zunähft seine Thâtigkeit der Begründung des „Museums für deutshe Volks- traten“ zu; ein {on länger vorbereitetes weitshichtiges Werk über die hiftorishe Entwickelung der einzelnen Theile der Tracht vom Mittelalter an ist Torso geblieben,

In Benz wurde, wie der „N. St. Z.“ berichtet wird, kürzli ein zur Zeit des dreifigjährigen Krieges in die Erde gegrabener Schatz von etwa 250 Münzen gehoben. Die Münzen, Thäler und Stillinge im Gewicht von Über ein Kilogramm, waren in einem grau und blauen, bauchigen, {steinernen Bierfruge verborgen und sind Gepräge aus der Zeit der Kaiser Rudolph 11, und Matthias (1576 bis 1619). Der Fund ift rom Grafen Flemming-Benz an das Alterthume- D in Stettin zur Reinigung und Bestimmung eingesandt worden.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

__ Spanien. /

Die Königlich spanishe General-Direktion für das Gesundheits- wesen hat durch eine in der „Gaceta de Madrid“ vom 11. Juli 1891 veröffentlihte Verordnung die für Provenienzen von Bonn y (Golf von Guinea) unterm 12, März 1888 angeordneten Quarantäne-Maß- regeln aufgehoben.

Schweden. : :

Nach einer Bekanntmachung des Königlich \{chwedischen Kommerz- Kollegiums vom 3. Juli 1891 ift der preußische Kreis Herzogthum Lauenburg als vom Rote oder Springwurm nicht mehr befallen erklärt worden.

Der Gesundheitsstand in Berlin blieb in der Woche vom 5. bis 11. Juli ein guter und die Sterblichkeit eine mäßig hohe. Zwar war die Zahl der an akuten Darmkrankheiten gestorbenen Kinder eine erheblih größere als in der Vorwoche (191 gegen 134), doch blieb die Theilnahme des Säuglingsalters an der Gesammt- sterblihkeit eine mäßig hohe, sie war sogar etwas geringer als in der vergangenen Wotde, indem von je 10000 Lebenden, aufs Jahr be- berechnet, nur 90 Säuglinge (gegen 94 der Vorwoche) starben. Dagegen kamen akute Entzündungen der Athmungsorgane wesentlich seltener zum Vorschein und nahmen in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ein:n günstigen Verlauf. Die Infektionskrankheiten zeigten meist ein selteneres Vor- fommen. Erkrankungen an Unterleibstyphus blieben vereinzelt; an Masern, Scharlach und Diphtherie kamen weniger neue Erkrankungen als in der Vorwoche zur Anzeige, und zeigten ch Masern nur in der Tempelhofer Vorftadt in nennenswerther Zahl. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden ebenfalls weniger gemeldet, auch Erkrankungen

an Keuchhusten wurden weniger bekannt und zeigten einen milden

Verlauf. Weitere Erkrankungen an Potken kamen drei, an evidemischer Genickstarre eine zur Anzeige. Zablreicher gelangten dagegen rosenartige Entzündungen des Zellengewebes der Haut zur ärztlihen Beobachtung, wie auch akute Gelenkrheumatiêmen in gegen die Vorwoche gesteigerter Zahl zur Behandlung gelangten.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 20. d. M. geftellt 10 140, nit recht- zeitig gestellt keine Wagen.

Das Polizei-Präsidium veröffentlibt das Regularcv für den Geschäftsbetrieb der öffentlihen Konditionir- Anstalt zu Berlin. Die öffentliche Konditionir-Anstalt bezweckt danath : 1) die

rüfung sämmtlicher Spinnfasern, als: Wolle, Seide, Baumwolle,

lachs, Hanf, Jute 2c. und der daraus gewonnenen Garne auf ihren

euchtigkeits- und Fettgehalt (Schmelze); 2) die Untersuchung der Gespinnstfasern auf künstlihe Beshwerung, d. h. die Feststellung der Menge fremder Stoffe, welhe künstlich in die Garne eingeführt sind; 3) a die Bestimmung der Nummer sämmtliher Garn- arten und ihrer Fadenlänge; b, die Prüfung der Garne auf Festigkeit und Elastizität; c. das Abkochen der Seiden; d. die Ermittelung der Art und des Prozentgehaltes der einzelnen Bestandtheile in gemischten Garnen und Geweben (z B. der Baumwolle in halbwollenen Garnen und Geweben, der Komponenten in bhalbseidenen Garnen und Geweben, Prüfung der Kunstwolle u. \. w.), Der Leiter der Konditionir-Anstalt wird von den Aeltesten der Berliner Kaufmannschaft gewählt, von dem Königlichen Polizei-Präsidium bestätigt, vereidet und dessen Namen amtlich befannt gemacht. Als Leiter der Konditionir-Anstalt darf nur eine solhe Person gewählt werden, welche außer den zu einem ordnungs- mäßigen Betrieb des qu. Geschäfts erforderlihen Fähigkeiten voll- ständige Zuverlässigkeit besißt und unbescholten ist. Die Konditionir- Anstalt stellt lediglih das thatsächlihe Ergebniß ihrer Untersuhungen fest. Zur Entscheidung von Streitigkeiten ist sie befugt, wenn die Parteien sich dabin geeinigt haben, daß die Entscheidung des Streit- falles durch Schiedsspruh des Leiters der Konditionir-Anstalt er- folgen soll. Die Konditionir- Anstalt is alltäglih, mit Ausnahme der Sonn- und geseßlichen, Feiertage, geöffnet. Auf Verlangen eines Jeden, welcher eine Quantität der in Betracht kommenden Waaren vorlegt oder einsendet, muß die Untersuhung derselben gegen Zahlung der in dem Tarif festgeseßten Gebühren ausgeführt werden,

Bradford, 20, Juli. (W. T. B) Wolle und Garne rubia, in Stoffen ziemli®er Begehr.

Genua, 20. Juli. (W.T.B,) In der gestrigen Gläubiger- Versammlung der falliten Gesellschaft Lavarello wurde der mit der italienischen Dampfschiffahrts-Gesellschaft „La Veloce* geschlossene Borvertrag wegen Verkaufs der ge- sammten Flotte an die Gesellschaft „La Veloce“ genehmigt, In der heute stattgehabten außerordentlichen Generalversammlung der Gesell- schaft „La Veloce“ wurde dieses Abkommen gleihfalls genehmigt ; sämmtlihe auf der Tagesordnung stehenden Anträge wurden eins stimmig angenommen.

Madrid, 21. Juli. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach wird Ende dieses Monats die Ausgabe von 2 Millionen Pesetas fünfprozentiger mit Verfallzeit zu Eade Januar k. J. laufenden Schayobligationen erfolgen.

Lissabon, 21. Juli. (W. T. B.) Wegen des andauernden Mangels an Zablungsmitteln ift die Situation des G eld- marktes gespannt. Das Agio auf 1 L betrug gestern 15 °/.

New-York, 20. Juli. (W. T. B.) Heute wurden 600 000 Dollars Gold für Frankrei ch bestellt.

__ Visible Supply an Weizen 12 472000 Bufhels, do. an Mats 3365000 Busbels.

Verkehrs8-Anstalier

Am Sonntag, den 26, Juli d. I., kommt ein Sonderzug zu ermäßigten Fahrpreifen von Berlin nah Coswig i. Anbalt (Park von Wörliß) und Defsau zur Beförderung. Derselbe fährt 6 Uhr 30 Min. Vorm. vom Bahnhof am Askanishen Play ab und trifft in Coëwig 9 Uhr 15 Min., in Dessau 9 Uhr 46 Min. Vorm. ein. Die Rückfahrt ift am 26. Juli d. I. nur mit dem Sonderzuge, 10e bens aus Dessau L e 17 M Nasts in Berlin, zulässig, dieselbe kann aber au erst am 27. Ult d D: mit fämmilihen Perfonenzügen angetreten werden. Der leßte am 27. zur Benußung mit Sonderzugsabrkarten gültige Perfonenzug Nr. 95 von Dessau, welcher in Wittenberg um 6 Uhr 259 Min. Nachm. eintrifft und Ans{luß an den 7 Uhr 33 Min. Nam. von Wittenberg abgehenden Personenzug 21 nah Berlin hat, fährt von Dessau 5 Uhr 23 Min. Nachm., von Coswig 6 Uhr 5 Min. Nachm. ab. Die Benutzung von Schnellzügen ist auch nit unter Nachlösen von Zusc(hlagfahrkarten gestattet. Fahrkarten zu 5 für die IT und 3 # für die III. Klasse, für Hin- und Rück- fahrt gültig, werden am Sonntag früh von den Bahnhofs-Fahr- kartenausgabestellen hier, Askanisher Plaß und in Groß-Lihterfelde, sowie au \ch{chon vorher im Bureau des Invalidendank, Markgrafen- straße 51 a, verausgabt.

Bremen, 20. Juli. (W. T. B.) Der Verein der Rheder des Unterwesergebiets nahm in einer Nahmittags abgehaltenen Sitzung mit großer Majorität den Antrag des Rhede:s Shhiff- Elsfleth an, daß eine Einigung innerhalb der deutshen Handels- Marine in Betreff der RNuderkommandos nah dem Vorgehen des Norddeutschen Lloyd wünschenswerth fet.

Norddeutscher Lloyd. Der Swnelldampfer „Aller“ ift gestern Nachmittag von Southampton na New-York weiter- gefaßren. Der SwHnelldampfer „Eider“, von New-York kommend, seßte gestern Nachmittag von Southampton die Heimreise fort. Der Dampfer „Preußen“ ift auf der Fahrt nach Ost-Asien vor- gestern in Aden angekommen. Der Lampfer „Berlin“, von Brafilien kommend, ift vorgestern von Antwerpen weiter beim- gefahren. Der Dampfer „Köln“ passirte heute Dover. Der Sénelldampfer „Saale“ hat vorgestern Nachmittag von New- York die Rückreise nah der Weser angetreten.

21. Juli. (W. T. B) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „München*, von Baltimore kommend, hat am 20, Juli 11 Uhr Vorm. Dover passirt,

London, 20. Juli W.D- B) Der Castle-Dampfer „Pembroke Castle * ist heute auf der Heimreise inSoutham p- ton angekommen.

Theater und Musik,

Im Kroll’schen Theater wird die Indierin Maecth Piazza \{hon am Donnerstag ihr Gastspiel in der Oper „Lakme* beschließen, da anderweitig eingegangene Verpflichtungen fie abrufen. Hr. Heinrich Bôötel fett sein Gastspiel am Freitag als „Alefsandro Stradella“ fort und tritt morgen nochmals als Lyonel neben Ernestine Heink als Nancy in „Martha“ auf. Am Sonnabend findet die erste Auf- führung der Oper „Der Haideschacht* von Franz von Holstein statt.

Die erste Voraufführung des neuen Ausftattungstückes „Jung- Deutschland* im Belle-Alliance-Theater wird voraussihtlih am 30, Juli stattfinden. Vormerkungen auf Billets werden von heute ab an der Kasse in den Vormittagsstunden von 10—1 Uhr entgegen- genommen.

Das Thomas-Theater beginnt seine nâbste Saison am Sonnabend, 1. August, und zwar mit einer neuen großen Gesangs8- posse. Das Personal des Theaters ist um einige bedeutende Kräfte vermehrt worden. Wie \ch{chon früher mitgetheilt, ist Fre. Gisela Schneider als erste Gesangs\oubrette gewonnen worden. Ebenfalls als Soubrette wurde Frl. Dulço, für das jugendlih komische Fach Frl. Dorny, als Naive Frl. Pügner und als erste Liebhaberin Frl. Wagen verpflichtet. Ferner sind die Hrrn. Willy Peters als Bon- vivant und P. Barthold als Liebbaber in den Verband des Thomas8- Theaters getreten. Hr, Johannes Doebber wird als Kapellmeister ein- treten.

Die erste „Parsifal*-Aufführung fand, wie der M. „Allg. Ztg.“ aus Bayreuth gemeldet wird, am 19, d. M. vor völlig auvêverkauftem Hause unter Leitung des General-Virektors Levi statt. Die Begeisterung steigerte sih von Aft zu Akt, und {ließli gab sich ein minutenlanger Beifall kund. Die Beseßung war folgende: Amforta8: Hr. Schzidemantel; Titurel: Hr, Sthlosser ; Gurnemanz: Hr. Grenggz; Parfifal: Hr. van Dyck; Klingsor: Hr. Liepe; Kundry: Fr. Materna. Der Vorstellung wohnten der Erz- herzog Ludwig Viktor von Oesterreich, die Großherzogin Marie von Mecklenburg-S{&werin, die Erbprinzessin Leopold von Anhalt und andere Fürstlihkeiten sowie viel? Amerikaner und Engländer bei,

In Jena findet die erste Aufführung des Devrient'shen Volks- \chauspiels „Gustav Adolf“ am 25. Juli statt. Die Proben zu den Aufführungen, in denen Studenten, Lehrer und Bürger von Jena mit- wirken, sind in vollem Gange.

Der „Stuttgarter Liederkranz“, dessen Sängerhor, wie bereits mitgetheilt, eine Sängerfahrt nach Berlin anzutreten und biec am 27. und 29. Juli in der Philharmonie, am 30. Juli im Kroll’schen Theatersaale große Concerte zu geben und den dafür er- zielten Ertrag der Stadt Berlin zu wohlthätigen Zwecken zu über- weisen beabsichtigt, ist durch Stadelbauer am 22. Juni 1824 be- gründet worden. Von Anfang an hat der Verein €s ih zur Aufgabe gemacht, das Andenken berübmter Mänrer dur alljährlihe Feste zu feiern und die Erträgnisse dieser Feste zur Errichtung von Denkmälern für die Gefeierten zu sammeln. Das erste derartige Fest fand am 9. Mai 1825 Sthiller zu Ehren statt, dem fünfzehn Jahre sväter tin würdiges Denkmal in Stuttgart ge- setzt werden konnte. Im öffentlihen Leben Stuttgarts ist der Lieder- kcanz ein unentbehrlihes und bervorragendes Glied geworden, denn bei allen Festen steht er voran, und unter den großen deutschen Gesangs» vereinen nimmt er überhaupt eine der ehrenvollsten Stellungen ein. Be- sonders zwei Männer sind es, denen der Verein in künstilerisber und gesell- {caftliher Bezichung zu großem Dank verpflichtet ist : Im. Faißt und Pro- fessor Blum. Faißk, der im Iabre 1847 die musikalische Leitung des Vereins übernahn, verstand es in seltener Weise, scine Sängerschaar zu begeistern und zu® edler fkünstlerischer That zu entflammen. Besonders waren es die großen Mendelsfohn'schen Chorwerke „Anti- gone* und „Oedipus*, die Faißt mit feincn Sängern einübte und mit großem Erfolge in Stuttzart und Heilbronn zur Aufführung

! brachte. Als im Jahre 1857 Faißt scine Stellung niederlegte, folgte

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