1891 / 190 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Aug 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Ehrensaal des Hauptgebäudes aufg lt, niht weniger als \sehszehn der belgishen und holländishen Schule angehören. Weniger die Zahl, als der Umstand, daß diese \echs- zehn Bilder ohne Ausnahme wirklich ihren Ehren- play verdienen, fihert der niederländishen Abtheilung unserer Ausstellung die Aufmerksamkeit und Bewunderung der Besucher. Dazu kommt, daß, wie an anderer Stelle jüngst betont wurde, auch in der Münchener Ausstellung dieses Jahres die belgishe Schule einen hervorragenden Play behauptet.

reilih hai uns Belgien heute niht mehr, wie vor einem

alben Jahrhundert, das Evangelium einer neuen malerischen Richtung zu verkünden, aber eine anjehnlihe Schaar bedeu- tender künstlerischer Jndividualitäten tritt uns dafür entgegen, die mit feinem Sinn für koloristishe Wirkungen eine solide Squlung verbinden, selbständige, geistvolle Auffassung auch in der Stoffwahl bekunden und auch da, wo sie uns nichts Neues zu sagen haben, uns Achtung abnöthigen.

Die staailiche Kunstpflege in Belgien ist eineüberaus rege, was Für die Ausbildung der Künstler begreifliher Weise von größter Bedeutung ist. Jn dem großen Reichthum an Museen, welche nicht nur die unershöpflihen Schäße der ruhmreichen künstlerischen Vergangenheit des Landes als Vorbilder der Gegenwart sammeln, sondern auch der zeitgenössishen Pro- duktion bereitwillig ihre Pforten öffnen, liegt allerdings für das unbefangene Schaffen des Nahwuhses so seltsam es klingen mag eine gewisse Gefahr. Uns begegnen in der belgischen Abtheilung der Ausstellung eine Reihe Bilder, welchen man ihre Bestimmung für öffentlihe Sammlungen allzu deutlih anmerkt. Der Künstler scheint unter dem Drucke der äußeren Veranlassung oder Bestimmung eher etwas von seiner Schaffensfreude und Freiheit ein- gebüßt als gewonnen zu haben. So leiden die Geschichts- bilder des ungemein beanlagten Antwerpener Malers Albrecht de Vriendt an einer gewissen Befangenheit. Es kommt hinzu, daß de Vriendt, welcher der von Hendrik Leys angebahnten archaisirenden Richtung der Kostüm- malerei mit gebundener Marschroute folgt, s{ließlich in den für das Brügger Rathhaus bestimmten Schilderungen aus der Geschichte der Stadt völlig in der spielerishen Nahahmung des strengen Stils des fünfzehnten Jahrhunderts seine Selb- ständigkeit preisgiebt, um nur dekorativ seine Malereien dem Stil der Umgebung völlig anzupassen. Und de Vriendt steht mit dieser Auffassung, die auch aus dem großen Bilde des Ehren- saales „die Genter huldigen dem in der Wiege liegenden Karl V.“ zu uns spricht, in Belgien keineswegs vereinzelt da. Thé0o- phile Lybaert erweist fich vielmehr in seinen beiden Madonnenbildern direkt als Kopist, dessen Geist und Begeiste- rung völlig in den Kinderschuhen des fünfzehnten Jahrhunderts steckden geblieben ist. Daß die Schöpfungen der damaligen flandrishen Schule unsere höchste kunsthistorische Bewunderung verdienen, ändert an unserem Urtheil über eine noch so treue, aber niemals die Naivität jener Zeit ersegende Nachahmung derselben nihts. Dieser Widerspruch zwischen modernem Geist und archaisher Formensprache beeinträchtigt auh den Genuß der Arbeiten Edmond van Hove's, welcher in einem Ln den Gedankeninhalt mittelalterlicher Geistesrihtungen, der Scho- lastik Alchymie und des Hexenglaubens, in modern reflek- tirender gelehrter Allegorie festzuhalten sucht. Und doch fällt die Gestalt der in jugendlicher Schönheit prangenden Hexe D aO aus dem Rahmen der van Eyck'’schen Formensprache

eraus.

Wie viel liebenswürdiger und lebensvoller erscheint da der Namen3zvetter des Künsilers, Victor van Hove, in seinen Beguinenschwestern, die sich an geistlicher Lektüre erbauen! Das is} wirklich flandrisher Charakter, weil aus Leben und Anschauung erwachsen, nit jene shwächlihe und im Grunde empfindsame Nachbeterei kunsthistorisher Raritäten. Selbst diejenigen Maler, welche ihre Einbildungskraft an Rubens" Schöpfungen begeisterten oder, wie Ernest Slingeneyer in seinem großen Bilde „Der leßte Tag von Pompeji“, den genialen Phantastereien von Antoine Wierß nachstreben, zeigen vielmehr nationales Wesen und Temperament. So be- weist Gustave Vanaise’'s „Gesang“, daß man von den alten Meistern sehr viel lernen kann, ohne sie shlechtweg zu kopiren. Auch Julian de Vriendt in seinen zwei großen bel encat von denen das feingestimmte „die heilige

äcilie“ vor der „Erweckung des Töchterleins Fairi“ mit seiner gezierten Christusgestalt den Vorzug verdient, steht durchaus auf eigenen Füßen, ohne an historischer Haltung da- durch einzubüßen. Henry Luyten mit seiner „Sißung eines Antwerpener Künstlerklubs“ erhebt ih, gleih den großen holländishen Meistern in ihren Schüßenversamm- lungen, durch die lebensvolle Haltung und die scharfe Charakteristik seiner Gestalten vom Gruppenporträt zum Historienbilde, und das „große Manöver“ L. Abry's ein dem belgishen Staat gehörendes Gemälde, beweist, ‘daß auch das zeitgenössishe Leben an historischen Motiven feinen Mangel leidet. Freilich wäre diesem Bilde eine kräftigere Betonung der bei so großen Kompositionen unerläßlichen Gegensäße in Farben und Massen zu wünschen.

Eine ganz moderne Physiognomie zeigt die belgische Kunst auf dem Gebiet des Sittenbildes, das von allen Schulen mit besonderer Vorliebe als Versuhsfeld für neue technische Experimente ausersehen ist. An erster Stelle verdient hier . van Leemputen's „Palmsonntag“ genannt zu werden. Die das Gotteshaus einer belgischen S stadt verlassende Schaar der Kirchgänger, in deren Ge- sihtern sich die Wirkung der eben gehörten Predigt sehr mannigfach widerspiegelt, fesselt nicht nur dur diese reiche Charakteristik des Ausdrucks, sondern ebcnso sehr dur die Klarheit der Farben und Linien, unter welcher die Stimmung des durchaus en plein air gemalten Bildes keineswegs leidet, wie die Jmpressionisten anzunehmen scheinen, denen jede scharfe Contour aus tiefster Seele verhaßt ist. Anspruchslose Aufrichtigkeit bei tüchtiger Schulung verräth auch das kleinere Bildchen Leemputen's „Jm Felde“, das zugleihvon der land- schaftlichen Befähigung des Künstlers ein beredtes Zeugniß ablegt. Pessimistishe Tendenz und ihr angepaßte trübselige malerische L spricht aus den von der Arbeit heimkehren- den Bergleuten Meunier's , deren fahle Physiognomien als e Jllustration der strikesüchtigen Arbeiterstimmung

d Hs dienen können. Auth:die von Carpenti er geschilderte theatralishe Scene „ein Drama im Dorfe“ Polizisten dringen in die Hütte eines Dorfbewohners, der zur Gegen- wehr gerüstet ihnen entgegenstürzt und nur durch seine vom Krankenstuhl aufgesprungene abgehärmte Frau von Thätlich- keiten zurülgehalten wird bewegt sich in sozialistishem Fahrwasser, während aus: dem Bilde desselben. Malers „die Rüben“ der nüchternste Verismus || ohne Nebengedanken oder vielmehr ohne jeden Gedanken überhaupt zu uns

spriht. Fast durhgängig seßen sonst die belgishen Sitten- maler eine grämliche Miene auf, wenn sie das Volk 4 der Arbeit \hildern, so Verhey den in seiner „Holzsammlerin im Walde“, dessen P Laub nur eine Schattirung zu roth gerathen ift, oder Léon Frédéric, der das Elend der Kreidefabrik- arbeiter in drei gans impressionistish E e ‘Bildern schildert, unter welhen das ungünstig gehängte Mittelbild „Mittagsmahl“ am Krassesten ih in pessimistisher Haltung gefällt, zugleiÞh auch malerish geringwerthiger erscheint als die Flügelbilder, die deutlich die Pariser Schulung des Malers erkennen lassen; stimmungsvoll und ohne sentimentales Pathos schildert dagegen Ver straete ein greises Bauern- paar, das am Spätabend eines Novembertages noch seiner ländlichen Arbeit nahgeht. Die große goldene Medaille hat Alexander Struys mit seinem schon von der vorjährigen Münchener Ausstellung bekannten Bilde „die Betrübten trösten“ errungen, das im Motiv ein fkatholishèr Seel- sorger spricht einer Arbeiterwittwe Trost zu a in der malerishen Behandlung dagegen mit seinen raunen Fleischtönen und den nicht ret plastishen Gestalten etwas gar zu trübselig wirkt. Daß die Heiterkeit auf flämischem Boden nit ganz verstummt ist, bezeugt uns Gaston Linden in seinem köstlihen kihernden Buben mit schalkhaft zwinkern- dem Blick, gleichzeitig eine hervorragende technische Leistung, deren Werth sich namentlih an der geschickten Ablösung der weißen Kleidungsstücke von dem ebenfalls weißen Hinter- grunde ermessen läßt. Auch Dskar Halle s{lägt in seiner „Vergeblihen Mühe“, einem Mädchen, das den Porträtirungs- versuchen eines Malers durch ihre unwillkürlich ausbrehende Heiterkeit unüberwindlihe Schwierigkeiten entgegenseßt, einen heitern Ton an, während die sehr flott gemalte „Bibellesung im Alt- männerhaus““in ihrer geshickten Behandlung an Liebermann's Ar- beiten erinnert. Daß Alfred Stevens in der Ausstellung mit seinen etwas verblaßten Salonporträts, deren Empfindungs- inhalt leider auch in einer „Ophelia“ keine nennenswerthe Vertiefung erfährt, ebensowenig fehlt, wie die ihm gespendete ehrenvolle Anerkennung, ist begreiflih, aber die ausgestellten Proben hinterlassen den Eindruck, als habe seine Kunstweise an pikantem Reize wesentlihe Einbuße erlitten.

Zwei absonderliche Erscheinungen der belgishen Künstler- welt stehen mit ihren ausgestellten Werken auf der Grenze zwischen Porträt und Allegorie: es ist Fernand Khnopff und J. Leempoels. Ersterer hat zwei Bilder ausgestellt: das Porträt eines ganz in s{hwarz gekleideten Knaben, der vor einem dunkeln Vorhang steht, über welchen eine weiße Gipsbüste herüberblickt, überaus fein gemalt, aber den Beschauer wie ein unheimliches Räthsel anmuthend sowohl in der ängstlih zusammengezogenen Gestalt, von der nur der Kopf aus der |chwarzen Kleidung hervortrilt, wie auch in der wunderlichen Umgebung. Völlig im Mysticismus verliert sich der Künstler aber in der „Einsamkeit“ genannten Porträtstudie in Pastell, einer in modernes s{hwarzes Gewand gekleideten Dame mit unverständlichen Attributen in einen beängstigend s{chmalen Raum hineingezwängt, den der Kopf sprengen zu wollen scheint. Derartig bizarre Launen vermögen dem Beschauer, der keine Dedipuznatur in sih verspürt, nur ein Lächeln des Bedauerns abzu- gewinnen, daß ein anscheinend reiches Talent an solhe Träumereien vergeudet ist. J. Leempoels ist der Wirklichkeitssinn keineswegs in dem Maße abhanden gekommen wie Khnopff, aber die Art, wie er die Porträts der Familienangehörigen in einem Triptychon ohne Raumsinn zur Huldigung für das Elternpaar zur silbernen Hochzeitsfeier zusammenstellt, hat darum gleih- wohl einen abjonderlihen Beigeshmack. Das auf dem linken Flügel angebrachte Selbstporträt des Malers in seinem mystish verinnerlihten Ausdruck und der asketishen Tracht, sowie die dem Gemälde beigefügten Worte der Widmung geben einiger- maßen Au {luß über die Stimmungswelt, der dieses merk- würdige Bild entstammt. Weit erfreulicher sind die Leistungen der eigentlihen Bildnißmalerei. Nicht weniger als fünf Porträls von der Hand Emile Wauter's zieren den Ehrensaal der Ausstellung. Jn allen tritt uns eine geistreihe Auf- fassung, gepaart mit eminentem tehnishen Können, entgegen ; namentlich die Pastellbildnisse in vornehmer liter Farben- stellung und forgfältigster Durchführung verdienen lebhafteste Anerkennung. Freilih haben die Arbeiten Wauters' nicht den hinreißenden Zug, wie etwa ein Lenbach'shes Porträt; eine gewisse kühle Zurückthaltung läßt sich niht verkennen, fie steigert aber, dem Charakter der Dargestellten angepaßt, den vornehmen Gesammteindruck ungemein. Und doch find diese Arbeiten weit von der faden Eleganz eines Stevens , die auhch unter den deutschen Bildnissen oft genug ihre Analogien findet, entfernt. Man möchte vielmehr aus ihnen auf die ge att Be Gleichstellung des Malers mit seinen Modellen schließen. Die gleichen Vorzüge LMG auch das Porträt des Obersten O'Sullivan von rend A. Cluysenaer in dem lebhaft aufgefaßten Kopf des greisen Senators van Schoor Uünd dem Porträt einer Mutter mit ihrer Tochter die Pose nicht ganz überwinden kann. Sehr flotte und frishe Porträtstudien hat auch Herman Rihir ausgestellt; namentli das Bild seines Lehrers Hermans, der auf der Palette die Farben zu mischen scheint, um den Beschauer, den sein lebhafter Blick fixirt, elbst zu porträtiren, ist glücklich gerathen. Ein Kinderporträt in Wasserfarben von Louis Ludwig, das leider ziemlih ungünstig in einem der Nebensäle hängt, verdient dieser Aus- MCE der großen Zahl belgisher Bildnisse hinzugefügt zu werden.

Auch von den zahlreihen Landschaftsbildern wollen wir an dieser Stelle nur die hervorragendsten erwähnen. Es ist nament- lih die Vereinigung von Landschaft und Thierstück, die uns oft begegnet, so in Courten's meisterhafstem, wenn auch in der Formengebung, besonders im Baumschlag etwas manierirtem „Auszug der Heerde“, dem breitgemalten, an Verlat's Schöpfungen im Antwerpner Museum erinnernden „Ochsengespann“ von A. Ver Wee und der durch ihren origi- nellen LGIQN Et überrashenden Viehheerde im Mond- hein in den Polders, jenen von Deichen umsäumten flachen

arshen der holländishen Küstenniederung, von Léon Massaux. Vorzüglih is die Spätherbstftmmung einer Landschaft im ersten Schnee von Denduyts festgehalten, auch in der perspektivishen Vertiefung der von kahlen Stäm- men eingefaßten Landstraße ein Meisterstück. Daß gerade die erspektivishe Wirkung pa den Gesammteindruck einer Land- schast von einschneidender Bedeutung is, lehrt die sonst tref}flich gemalte große Leinwand von J. T. Cooseman's „Oktober-Nahmittag im Park des Grafen von Stolberg- Wernigerode bei Tervueren“/, deren ps gelie Baum- massen durchaus flächenhaft wirken und in Folge dessen dem Bilde die rechte Tiefe nehmen. Mit weniger starken Mitteln, dafür aber außerordentlih zart gestimmt, wirkt die Flachland:

¿on Herbo aus, wäh-

schaft von F. Lamorinière, der durch Verleih des Ehrendiplomes zwölf Jahre nah ihrer Entsielung sie wurde im Jahre 1879 gemalt ein unwiderleglihes Ehren- h Mtiae, s A [erei fi

| ne- U itekturma nd in der belgischen Abtheilung gut it E ‘die Arbeiten Le Mayeur's und die hier und da etwas harten aber gleihwohl meisterli gezeihneten Ansihten von F. Stroobant, denen si noch zahlreihe andere anreihen ließen, wenn wir nicht die Ausmerksamkeit des Lejers durch Aufzählen von Namen zu ermüden fürchten müßten. Denn das ist der gemeinsame Charakter aller in der belgischen Abtheilung vereinigten malerishen Schöpfungen, daß sie niht owohl dur besonders ins Auge fallende Eigenschaften \ih em Beschauer aufdrängen, sondern, daß sie ein feinfühliges Organ voraussezen, welches den oft unscheinbaren Spuren künstlerisher Selbständigkeit folgt, um dann allerdings um so reicher belohnt zu werden.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Kohlengewinnung im Halleschen Ober - Bergamtsbezirk hat ih im zweiten Quartal wie folgt gestellt :

An Steinkohlen sind neu gefördert worden 4849 t (210 mehr als im 2. Quartal 1890) bei 128 Arbeitern mittlerer Belegschaft, so daß auf den Mann 38 (îim Vorjahr 34) t entfallen; der durch\{chnitt- oe e für eine Tonne betrug 10,12 46 (gegen 10,48 A im

orjahr).

An Braunkohlen sind neu gefördert worden 3570882 t (gegen 3 182 021 im Vorjahre), also 388 861 mehr als im Vorjahre. Die mittlere Belegschaft betrug 24 086 (im Vorjahre 22 206) ; auf den Mann kamen 148 t (gegen 143 im Vorjahre). Der Preis stellte sich für die Tonne auf 2,62 4 (gegen 2,59 im Vorjahre).

Salzgewinnung.

Im Halleshen Ober-Bergamtsbezirk wurden im zweiten Quartal 82534 (gegen 53 661 im Vorjahr), also 28 873 t Steinsalz mehr als im Vorjahr, an Kalisalz 225353 t (230641 im Vorjahr), also 5287 t weniger als im Vorjahr, an Speisesalz 26 192 (23275 im Borjahr), also 2916 t mehr als im Vorjahr, und an Vieh- und Gewerbesalz 2615 t (gegen 2334) gefördert.

Die wirthschaftlice Lage im Jahre 1890.

Ueber die allgemeine Lage von Handel und Jndustrie im Jahre 1896 äußert sih der JIahresberiht der Handelskammer zu Saar- brüden folgendermaßen : Die dreijährige allgemeine Blütheperiode der deutshen Gewerbe- und Handelsthätigkeit, welche Mitte 1887 begann, hat Mitte 1890 mit einer ziemli A eingetretenen Ruhepause einen vorläufigen Abschluß gefunden. oweit die Montan- und Hüttengewerbe in Betracht kommen, hat nur im Kohlen- bergbau die günstige Lage in Bezug aúf Nachfrage und Verkaufs- preise sich von längerer Dauer erwiesen. Die Ursachen, welche nach verhältnißmäßig so kurzer Zeit zu einem Stillstande des wirthsaftlihen Aufschwunges beigetragen haben, sind haupt\ächlih in den zahlreichen theils sehr umfangreichen, theils sehr hartnädckigen Arbeiterausftänden zu suchen, welche das Vertrauen auf die Beibehaltung gesunder Zustände untergruben. zu einer überfstürzten Ausnuzung von augenblicklich vorhandenen, günstigen Konjunkturen verleiteten und zur rashen Beendigung vieler Unternehmungen im Gebiete des Bauwesens führten, wodurch die Preise und Whne unverhältniß- mäßig gesteigert wurden. Auch die Ungewißheit über die \ch{ließlihe Ge- staltung unserer s\ozialpolitishen Gesezgebung wirkte in ähnlichem Sinne. In Folge Mangels an neuen Unternehmungen mahte sh in der ersten Jahreshälfte, als die es triebe meistens mit der Beendigung noch \{chwebender Auf- träge angespannt zu thun hatten, eine Abnahme der Bestellungen fühlbar, welhe sich im zweiten Halbjahr immer weiter verbreitete und einen fortgeseßten Fall der Verkaufspreise für Hüttenerzeugnisse nah fich zog. Der matte Geschäftsgang vertiefte {ih Jahres\{chluß immer mehr und mehr; vershont davon blieben nur einzelne Betriebszweige, wie die Schienenwalzwerke, welche in Folge von umfangreihen Eisenbahn-Neubauten im Jn- und Auelande gut beschâftigt waren, Maschinenfabriken, Chamottefabriken und Ziegeleien, soweit derartige Betriebe den Verschleiß an aschinen und Fabrikationsanlagen, wie er nah mehr- jähriger f\tarker Abnußzung eintritt, zu erseßen hatten. Wenn troß dieses Rückschlags, welher nah der als ungesund zu be- zeihnenden Steigerung des Geschäftsganges von Vielen erwartet wurde, der im Berichtsjahre von den meisten Werken erzielte Ge- winn als ein guter bezeihnet werden muß, s\o liegt das wesentlih daran, daß frühere, zu hohen Preisen aufgegebene Bestellungen erst im Laufe des Jahres zum Abschluß gelangten. Dafür ist auf eine erhebliche Gewinnreduzirung im neuen Jahre mit Sicherheit in den meisten Fällen zu rechnen. Was den Steinkohlenbergbau anbetrifft, so hat die För- derung der staatlichen Saargruben im Berichtsjahre eine Steigerung von 2,1 90 gegen 1889 erfahren, immerhin aber die Höhe der Förderung von 1888 noch nicht wieder erreiht, obwohl die Belegschaft um mehrere Tausend Köpfe vermehrt worden ist. Die nach dem Ausftande von 1889 eingéführte Herabseßung der Arbeitszeit auf neun Stunden ein\{ließlich Ein- und Ausfahrt hat also die Be- hauptung der Strikeführer nicht bestätigt, daß in der verkürzten Arbeitszeit in Folge besserer Ausnüßung der Kräfte dasselbe geleistet werde, wie in der zehn- bis zwölfstündigen Schicht. Der sehr erhebliche Ausfall in der Förderung hatte zur Folge, daß die Kohlennachfrage stark hervortrat und zum Theil nit befriedigt werden konnte, zumal als der Winter 1890/91 s\ehr eitig und mit großer Strenge R Die Preise für Saarkohlen, welhe dem Aufshwunge der Industrie und den durch höhere Löhne und verkürzte Arbeitszeit gesteigerten Selbstkosten der Gruben anfänglich langsam gefolgt waren, erfuhren für das erste Halbjahr 1890 eine ganz beträchtlihe Erhöhung, von der sie auch im zweiten Halbjahr, in welhem fast alle Industriezweige bereits einen er- lahmenden Geschäftsgang zu verzeihnen hatten, niht wieder herab- gingen. Erft für das I. Semester 1891 stellte die Königlihe Berg- werks-Direktion eine Preisermäßigung in Aussicht, und auf Ver- anlassung des Handels - Ministers wurde für die Eisen-, Glas- und Koksindustrie eine weitere Ermäßigung bewilligt. Einen wesentlihen Rückhalt fand der allgemeine hohe Preisftand der Kohlen in der Thatsache, daß die Ruhrzechen im Herbst 1890 ein I B Zehen Westfalens umfafsendes WVerkaufss\yndikat

deten.

Zur Arbeiterbewegung.

Der Entwurf zu einem neuen Faro der sozialdemokratishen Partei Deutschlands bildete in den leßten Tagen wieder den Gegenstand der Verhandlun

in zahlreihen großen Versammlungen hier in Berlin un

auswärts. Die T ammlungen pflegen dann in Resolutionen si mit den wesentlichen Elementen des Entwurfs einverstanden u erklären. Eine Versammlung in Leipzig, in welcher der \ozialdemokratishe Reichstags-Abgeordnete Liebk net sprach, na einstimmig folgende, vom „Vorwärts“ mitgetheilte Re- olution an:

| Die Versammlung stimmt mit dem vom Parteivorstand aus- gearbeiteten Programmentwurf im Großen und Ganzen überein und erwartet, L durh den Erfurter Parteitäg etwaige Mängel aus- emerzt werden. Es ist Pflicht der Leipziger Parteigenossen, dafür zu soren, daß zum Parteitag Vertreter entsendet werden, welhe dafür bürgen, daß ein der Partei würdiges Programm zu Stande kommt.

gegen den

Aus der Rede Liebknecht's seien nah dem „Gen.-Anz.“ folgende Bemerkungen angeführt : 7 f

Die deutsche sozialdemokratishe Partei könne nicht vom Aus- lande aus gelenkt werden, wenn au eine Person in geistiger Beziehung noch fo hoch ftehe. Die deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei werde si{ch nur selbst regieren und, wenn sie auch international sei, sid niht von auswärts lenken lassen. Die Marx'shen Befürchtungen n Folge der vollzogenen Einigung der beiden Richtungen hätten ih nit bewahrheitet. Von der von den Gegnern so gern betonten Spal- tung der Partei, bemerkte Liebknecht weiterhin, könne keine Rede sein. Sobald si eine Partei auf die Wissenschaft süße, könne eine Spaltun nie eintreten. Eine Partei ohne Opposition müsse versumpfen; da die Sozialdemokraten ‘alle einig seien, wenn es gegen den Feind gehe, darüber bestehe kein Zweifel. Es existirten allerdings einige faule Elemente in Berlin, die indes mit der Partei nichts zu thun und andere Interessen im Auge hätten. Zu schaden vermöten dieselben aber der Partei nicht.

Hn einer Bergarbeiter-Versammlung in Schiff- weiler Saarrevier), welche zur Besprehung der Lage des Rechhtsschußzvereins resp. zur Sag gegen den derzeitigen .Vorsta nd gu! ¿lezten Sonntag einberufen war, waren etwa hundert Personen, darunter auch die Vorstands- mitglieder Thome und Berwanger anwesend. Die Versamm- lunghatte nahder „S.- u. Bl.-Ztg.“ zeitweise einen unruhigen Ver- lauf, zumal im Anfang. Während ein Vertrauensmann für den beschuldigten Vorstand eintrat, richtete ein anderer wegen des sonderbaren Ausganges des Prozesses Wunn und vor Allem wegen der sozialdemokratishen Haltung von „Schlägel und Eisen“ heftige Angriffe gegen denselben, lebhaft unterstüßt von einem dritten Bergmann, der über das eigenmächtige Ver- fahren des Vorstandes bei der Gründung und Fortführung von „Schlägel und Eisen“ klagte. Das Vorstandsmitglied Ber- wanger suchte in längerer Rede die Vorwürfe zu widerlegen und betonte namentli, daß die Verwaltung in reinen Händen liege, die Kasse stimme und die behaupteten Mißstände nicht beständen. Die Versammlung ließ \ich nach längerer Debatte zu dem Beschlusse bewegen, daß der jetzige Vor- stand auch künftig im Amte bleiben soll. Auf einer anderen Versammlung ging es stürmischer zu. Auch hier wurde gegen die sozialdemokratishe Leitung von „Schlägel und Eisen“ Protest erhoben und die weitere Unterstüßung des Blattes verweigert. Aber auch hier kamen die Anfangs beabsichtigten Beschlüsse gegen den Vorstand niht zu Stande; nur der Wunsch wurde ausgesprochen, daß die allgemeine Vertrauens- männer-Versammlung demnächst „zur Abstellung der Miß- stände“ einberufen werde.

Aus Weißenfels wird der „Ger. Ltg.“ unter dem 11, d. M. E Die sozialdemokratishen Bemühungen, die Arbeiterschaft durch häufige Veranstaltung öffentliher Versammlungen in steter Bewegung zu erhalten, schießen entshieden Über das Ziel hinaus und erreihen deshalb erfreuliherweise zumeist den entgegen- geseßten Erfolg, So war eine dieser Tage hier einberufene Ver- sammlung des „Vereins deutscher Shuhmacher“ nur von fünfundzwanzig Personen besuht und eine der „Deutschen Taba ck- arbeiter“ gar nur von fünf Arbeitern, sodaß die leßtere Versamm- lung vertagt werden mußte,

In Leipzig beschäftigte ih am Mittwoch eine Versammlung der Töpfergehülfen mit dem Ausstand. Der Vertrauensmann theilte, wie die „Lpz. Ztg.“ berichtet, mit, daß in 10 Ge- {äften mit 100 Gehülfen der“ 1888er Tarif wieder ein- geführt worden sei, während 11 Geschäfte mit 33 Gehülfen noch Widerstand leisteten, Von den ausständigen Gehülfen wären 27 abgereist, während 8 noch keine anderweite Beschäftigung ge- funden hätten und unterstüßt werden müßten. Ferner wurde ein Schreiben des Vereins der Arbeitgeber verlesen, in dem dieser zwar die Wicdereinführung des 1888er Tarifs ablehnt, dagegen vergleih8weise die Erhöhung einzelner Säße des Arbeitgebertarifs von 1891 vorshlägt. Dieser Vorschlag wurde von der Ver- sammlung einmüthig abgelehnt und beschlossen, den Strike bis zur allgemeinen Wiederanerkennung des 1888 er Tarifs fortzuseßen. Die von den Arbeitgebern bei mehreren Zeitungen eingesandte und von diesen abgedruckte Darlegung der streitigen Lhnverhältnifse wurde in

mehren wesentlichen Punkten als unrihtig bezeihnet. (Vgl. Nr. 188

Hier in B erlin haben, wie der „Vorwärts“ mittheilt, die

Justirer der Nähmaschinen-Fabrik von Lämmethirt u. Comp. wegen Lohnabzugs die Arbeit t nEt: _ Wie der „Köln. Ztg.“ aus Brü j sel telegraphish gemeldet wird, überbrachten Abgesandte ca fe cher Grubenarbeiter am Dienstag 17 050 Fr. als Ergebniß einer freiwilligen Sammlung der Grubenarbeiter Lancashires zur Unterstützung der belgishen Gruben- arbei'er, die durch den Aus ftand gelitten haben. Der „Mgdb./Z.“ wird aus Brüssel telegraphirt, daß der belgishe Bergmanns- bund beshlossen hat, am 1. Oktober einen neuen allgemeinen Grubenausstand zu beginnen.

ck. Zur hamburgishen Volkszählung vom S . Dezember 1890.

Die beiden leßten Volkszählungen ergaben für das hamburgishe Staatsgebiet eine ortsanwesende Bevölkerung von 518 620 bezw. 622 530 Seelen. In dem dazwischen liegenden Jahrfünft hat fih demna dieselbe um 103 910 Seelen = 20,04% oder um rund ein SInEE “g oa i

._ Nach den in der vierten Ausgabe des „Statistishen Jahrbuhs für den Hamburgischen Staat“ mitgetheilten Hauptergebnissen der vorjährigen Volkszählung berehnet si der Prozentantheil des männ- lihen Geshlechts an der Bevölkerung auf 49,6, derjenige des weib- lihen auf 50,4, während dies am 1. Dezember 1885 mit 48,8 bezw. 51,2 der Fall war; somit hat seitdem in dem numerishen Verhältniß der beiden Geschlechter zu einander eine Verschiebung zu Gunsten des männlichen stattgehabt.

Dem Religionsbekenütniß nach sind von der Bevölkerung 89,8 9% evangelish-lutherish, 1,4 %/o reformirt, 3,7 9/0 katholis, 1,3 9/6 anderen christlihen Bekenntnisses, 2,9 % jüdish, 0,1 % Mitglieder anderer Bckenntnisse, 0,5 %% religionslos, Atheisten u, dergl. und endli 0,3 % ohne Angabe des Religionsbekenntnisses.

__ Hinsichtlich der Gebürtigkeit sind unter der Bevölkerung 50,01 9% Einheimische, d. h. im hamburgishen Staat Geborene, und 49,09 %/ Fremde, d. h. außerhalb des hamburgishen Staats Geborene; es ift mithin das fremde Element nur um einen vers{windend kleinen Bruchtheil weniger zahlreich vertreten als das einheimische.

Der Antheil der einheimishen Bevölkerung ist in Folge des ge- steigerten Zuzuges in stetiger Abnahme begriffen. Im Jahre 1871, für welches zum ersten Male die Gebürtigkeit der Bewohner fest- gestellt wurde, waren noch 59,04 9% derselben im bamburgishen Staat selbst geboren, 1880 sank der Prozentsaß auf 55,35, 1885 auf 53,80 und 1890 fogar auf 50,01.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks an der Ruhr und in Obersw{hlesien. In der Ruhr sind am 13. d. M. gestellt 10281, nit recht- zeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 12. d. M. gestellt 3947, ni@t rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Der Aufsichtsrath der We stfälischen Draht-Industrie hat nach Vorlegung der Bilanz per 30. Juni bei reihlichen Ab- schreibungen die Dividende unter Vorbehalt der Prüfung dur die Revisoren und der Genehmigung der Generalversammlung auf 7} 9/0 wie im Vorjahre festgeseßt.

Der Aufsichtsrath der Rosißer Braunkohlenwerke Aktiengesellschaft zu Rosiß bei Altenburg hat beschlossen, der Generalversammlung für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Dividende von 6 9/0 bei reihlihen Abschreibungen vorzuschlagen.

Der „Köln. Ztg.“ zufolge erzielte die Rheinis ch- Nassauishe Bergwerks- und Hütten-Aktien-Gesell- \chaft in Stolberg im ersten Halbjahr einen Reingewinn von 330 000 M gegen 678490 M im ganzen Vorjahre.

Köln, 13. August. (W. T. B.) Eisenmarkt. Die in Düssel- dorf bestehende Verkaufsstelle für Thomaseisen verkaufte in den leßten Tagen, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, 130 000 Tons Thomaseisen; Über weitere Posten wird unterhandelt. Aus dem Siegerlande werden bedeutende Verkäufe an Spiegelecisen für den Inlandbedarf gemeldet.

Leipzig, 13. Augusk. (W. T. B.) Kammzug-Termin- handel. La Plata. Grundmuster B. per August 4,10 4, per Sep- tember 4,127 4, per Oktober 4,15 #, per November 4,17} 4,

per Dezember 4,177 #4, per Januar 4,15 4, per Februar 4,15 #, per März; 4,15 4, per April 4,15 .% Umsay 105 000 kg. - Ruhig.

Hamburg, 13. August. (W. T. B.) Der Senat hat das am 2, Januar 1888 erlafsene Verbot der Einfuhr von Keh- riht und Abfällen mit den aus \{wedischen, norwegishen und dänishen Häfen ankommenden Schiffen wieder aufgehoben.

London, 13. August. (W. T. B.) An der Küste 17 Weizen- ladungen angeboten,

Bradford, 13. August. (W. T. B.) Wolle feft, ruhig. Garne fr stetig; Stoffe ruhig.

Wars au, 13. August. (W. T. B.) Die Einnahmen der Warschau-Wiener Eisenbahn-Gesellshaft betrugen im Juli 58 000 Rbl. weniger als in demselben Monat des Vorjahres.

, New-York, 13, August. (W. T. B.) Die Börse verkehrte bei lebhaften Umsäßen in fester Haltung. Der Umsatz von Aktien betrug 207 000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 5 000 000 Unzen geschäßt, die Silberverkäufe betrugen 85 000 Unzen.

Mannigfaltiges,

Bremen, 14. August. Zu dem in Nr. 189 des „N.- u. St.-A.* gemeldeten Unfall des Hansadampfers „Trifels* erfährt die „Wes.-Z.“ noch, daß die Strandung während Nebels bei Pierres Noires, Insel Molène, erfolgte. Die Insel Molène liegt zwischen der von Seefahrern gefürhteten Insel Quessant und der Nordwest- spize Frankreihs. Das Schiff, welhes von Kapitän Meyerdierk geführt wird, war am 13, Juli von Bombay nah Ham- burg-Bremen abgegangen und hatte am 7. August Gibraltar passirt. Der Dampfer „Trifels“, 2785 Registertons-Brutto, ift im Jahre 1888 in Sunderland aus Stahl erbaut worden. Nach den leßten Meldungen des],W. T. B." ist es noch nit gelungen, den Dampfer dur S{hlepper loszubringen, der Maschinenraum und das Vorder- theil des Schiffes sind voll Wasser. Der Kapitän hegt wenig Hoff- nung auf Rettung des Dampfers. Die Seepräfektur beorderte gestern hundert Arkeiter, um den gestrandeten Hansadampfer wieder flott machen zu helfen. Vier Torpedoboote wurden am Abend abgesandt, um die Arbeiten mit elektrishem Lichte zu erhbellen.

Toulon, 13. August. Der Waldbrand im Departement du Var (vergl. Nr. 189 d. Bl.) ist laut Meldung des „W. T. B.“ nunmehr gelö\ch{t. Die Truppen sind hierher zurückzekehrt. Der sehr beträhtlißhe Schaden läßt fich bis jeßt noch nit berechnen.

Konstantinopel, 11, August. Die „Agence de Constantinople“ meldet folgende Details zu dem bereits erwähnten räuberischen Ueberfall bei Heraklea: Zwei Franzosen, Namens de Ray- mond, Verwalter des Pachtguts Sultan - Tschiflih bei Omurdje in der Nähe von Rodosto (am Marmarameer), und dessen Bediensteter Rouffier, wollten Sonnabend den Pathof verlassen, um die Kulturen zu besihtigen, auf welchen sämmtliche Arbeiter des Gutes beschäftigt waren. Der Meierhof war somit ganz verlassen. Plößlich wurden die Genannten von einer aus sechs Räubern bestehenden Bande angegriffen. Als sie h energisch zur Wehre seßten, erhielt de Raymond einen starken S{hlag mit einem Gewehrkolben auf den Kopf, während Rouffier von einem Flintenshuß in die Brust getroffen wurde. Die Ueberfallenen wurden geknebelt, in einen Wald ges{leppt und vor den Anführer der Bande gebracht, der Kapitän Thomas nannte, aber, wie es fden Gefangenen schien, Niemand anders als der bekannte Athanasius ist. Thomas fragte die Gefangenen nach deren Namen, Vornamen, Nationalität und der Höhe ihrer Be- züge. Als de Raymond fein monatlihes Einkommen mit 10 türki- \hen Pfunden und Rouffier das seinige mit 3 Pfunden angaben, be- stritt Thomas die Höhe dieser Ziffern, indem er behauptete, daß ihre Einkünfte gerade das Dreifahe der genannten Summen betrügen, was, wie man sagt, auch thatsächlich der Fall ist. Auf die Ver- siherung der Gefangenen, daß man für sie Mangels jeglihen Ver- mögens kein Lösegeld erhalten könnte, erwiderte Thomas, daß das Lösegeld von anderer Seite aufgebracht werden würde. Hierauf wurde Rouffier in Freiheit geseßt und beauftragt, sch naG Rodosto zu begeben und den französishen Konsul zu benachrichtigen, daß man ein Lösegeld von 5000 Pfund, das sind 115 090 Fr., verlange, widrigenfalls de Raymond getödtet würde; außerdem ertheilte Thomas die üblihen Mahnungen in Betreff der Absendung von Truppen. Ueber die Schritte des französishen Botschafters Grafen Dep zur Befreiung des Gefangenen is bereits berichtet worden.

. Untersubung8-Sahen. :

/ gebote, Zustellungen u. dergl.

. Unfall- und Invaliditäts- 2c. Versicherung. . Verkäufe, Verpachtungen, Verdingungen 2c. . Verloosung 2c. von Werthpapieren.

Deffentlicher Anzeiger.

6, Kommandit-Gesellshaften auf Aktien u. Aktien-Gesells®. 7. Erwerbs8- und Wirth\hafts-Genofsenschaften

8. Niederlaffung 2c. von Rechtsanwälten.

9. Bank-Auswe Le: 10, Verschiedene Bekanntmachungen.

1) Untersuhungs-Sachen.

[29070] Steckbriefs-Erneuerung.

Der gegen die unverehelihte Johanne Juliane Hoffmann, geboren am 1. April 1844 zu Schicho- gora, Kreis Posen, wegen Vollstreckung einer Ge- fängnißstrafe von einer Woche unter dem 27. April 1880 in den Akten H. 682/73 rep. erlaffene und zuleßt unterm 4. Oktober 1886 erneuerte Steckbrief wird hiermit wiederum erneuert.

Verlin, den 4. August 1891.

Staatsanwaltschaft beim Königlichen Landgericht. I.

[29069] Steckbriefs-Erneuerung.

Der gegen den Webergesellen Wilhelm Döring aus Zinna wegen dringenden Verdahts bes Ver- brehens wider die Sittlihkeit nach §8. 1763 Straf- geseßbuchs unter dem 4. Juli 1891 erlassene Steck- brief wird erneuert.

Potédam, den 11. August 1891.

Der Untersuchungsrichter beim Königlichen Landgericht.

[29071] Veschluf. Nach Einsicht des Ersuhens des Gerichts der Königlichen 33. Division zu Meß vom 23. Juli 1891, Nach Einsiht des Antrages der Kaiserlichen Staatsanwaltschaft hierselbst vom 24. l. M. wird das gegenwärtige und künftige im Deutschen Reiche befindlihe Vermögen des fahnenflüchtigen Rekruten Franz Cremmel, geboren am 29. Ja- nuar 1862 in Zabern, für den Militärfiskus mit Bes(hlag belegt. Zabernu, den 29. Juli 1891. Kaiserliches Landgericht, Ferienkammer. gez. Munzinger, Fürst. Aron. Für richtige Ausfertigung : (L, §.) Der Landgerichts\ekretär: Hoffmann.

Mad Ginsiót des Crsud a n e 8 Königlichen 33. Division A Meg, vor 93 SUlE 189A

Nah Einsicht des Antrages d Staatsanwalt saft hierselbst O 4 L Aaiaalihen

wird das gegenwärtige und künftige im Deut- schen Reiche befindlihe Berg bes fabnén-

fluühtigen Rekruten Florenz Froesch, geboren | fahrens herbeizuführen, widrigenfalls nach erfolgtem

am 28. Oktober 1863 in Shweinheim, für den Militärfiskus mit Beschlag belegt. Zabern, den 29. Juli 1891. Kaiserliches Landgericht, Ferienkammer. gez. Munzinger. Fürst. Aron. Für rihtige Ausfertigung. (L. §8, ) Der Landgerichtssekretär: Hoffmann.

2) Ausgebote, Zustellungen und dergl.

[29299] Zwangsverfteigerung.

Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von den Invalidenhausparzellen Band 11 Blctt Nr. 387 auf den Namen der Ehefrau des Maurermeisters Liebert, Agnes, geborenen Maschner, hier eingetragene, in der Wöhlertstraße angeblich Nr. 18 belegene Grundstück am 13. Oktober 1891, Vormittags 10 Uhr, vor dem unterzeihneten Gerit, an Gerihts\telle, Neue Friedrichstraße Nr. 13, Hof,

ügel C., Erdge/. choß, Saal Nr. 40, versteigert werden.

s Grundftück ist für das Rechnungsjahr 1892/1893 mit 15000 A Nußztungswerth zur Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grund buchblatts, etwaige Abshätßzungen und andere das Grundstück betreffende Nachweisungen, sowie besondere Kaufbedingungen können in derGerihts- chreiberei ebenda, Flügel D., Zimmer Nr. 42, eingesehen werden. Alle Realberechtigten werden aufgefordert, die niht von selbst auf den Ersteher übergehenden Ansprüche, deren Vorhandensein oder Betrag aus dem Grundbuhe zur Zeit der agung des Versteige- rungsvermerks nicht hervorging, insbesondere derartige Mahii ug von K , Zinsen, wiederkehrenden

ebungen oder Koften, \pätestens im Verfteigerungs- ¿ermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Ge- R de Gecihte elenbbaft ju machen, ger widerspriht, dem e aft zu y widrigenfalls dieselben bei ellung des geringen Gebots niht berücksihtigt werden und er-

eilung des Kaufgeldes gegen die berücksihtigten nsprühe im Range zurüdcktreten. enigen, welhe das Eigenthum des Grundstü be» anspruchenñ, * werden aufgefordert, vor Schluß des Versteigerungstermins die Einstellung des Ver-

Zuschlag das Kaufgeld in Bezug auf den Anspruch an die Stelle des Grundstücks tritt. Das Urtheil ber die Ertheilung des Zuschlogs wird am 13, Oktober 1891, Nachmittags 124 Uhr, an obenbezeihneter Gerichtsstelle verkündet werden. Verlin, den 3. August 1891. Königliches Amtsgericht 1. Abtheilung 53.

[29297]

Nah heute erlassenem, seinem ganzen Inhalte nah dur Anschlag an die Gerichtstafel bekannt gemachtem Proklam finden zur Zwangsversteigerung des dem verstorbenen Maurer Johann Neumann jun. hieselbst gehörigen, an der Bahnhofstraße hieselbst belegenen Wohnhauses Nr. 751 mit Zubehör Termine

1) zum Verkaufe nah LNeTer endliher Re- gulirung der Verkaufsbedingungen am Mag, den 26. Oktober 1891,

2) zum Ueberbot am Montag, den 16. No- vember 1891, jedes Mal Vormittags 107 Uhr, statt.

Auslage der Verkaufsbedingungen vom 12, Ok- tober d. J. an auf der Gerichtsschreiberei und bei dem zum Suquesier bestellten Herrn Rechtsanwalt Monich hieselbst, welcher Kaufliebhabern nah vor- gängiger Anmeldung die Besichtigung des Grundstücks mit Zubehör gestatten wird.

Grevesmühlen, den 10. August 1891. b Großherzoglich Mecklenb -Schwerin\ches Amtsgericht.

[29081]

Na heute erlassenem, seinem ganzen Inhalte nach durch Anschlag an die Gerichtstafel bekannt gemachten Proklame finden zur Zwangsversteigerung der zur Konkursmasse des Erbpächters Luhmann zu Scchwanheide gehörigen Erbpahthufe Nr. 6 daselbst mit Zubehör Termine 1) zum Verkaufe nah zuvoriger endliher Regu-

lirung der Verkaufsbedingungen am Mou-

tag, den 19. Oktober 1891, Vormit- tags 11 Uhr, 2) zum Ueberbot am Sonnabend, . den

Tue 1891, Vormittags

r, 3) zur Anmeldung dinglicher Rehte an das

desselben gehörenden Gegenstände am Mitt- woch, den 30. September 1891, Vor- E mittags 10 Uhr, im biesigen Amtsgerihtsgebäude statt. Auslage der Verkaufsbedingungen vom 5, Oktober d. J. an auf der Gerichtsschreiberei und bei dem zum Sequester bestellten Konkursverwalter Herrn Rentner A. Burg- dorf zu Boizenburg, welcher Kaufliebhabern nah vorgängiger Anmeldung die Besichtigung des Grund- üdcks mit Zubehör gestatten wird. Voizeuburg, den 6. August 1891. Großherzoglihes Amtsgericht.

[29080]

In Sachen des Lederhändlers Heinrich Wiedefeld in Alfeld, Gläubigers, vertreten dur den Rehtsanwalt von Harlefsem daselbft, wider den Bergmann Heinri Sturm zu Grünenplan, als Kurator der minder- jährigen Alma Blinne, Tochter des Schuhmachers Friedri Blinne zu Grünenplan, Schuldnerin, wegen Hypothekzinsen, wird, nahdem auf Antrag des Gläubigers die Beschlagnahme des der Schuld- nerin gebörigen Antheils zu 1/5 an dem sub No. ass. 77 zu Grünenplan belegenen Wohnhause nebst Garten, zum Zwecke der Zwangsversteigerung durch Beschluß vom 10. August cr. verfügt, auch die Ein- tragung dieses Beschlusses im Grundbuchße am 10. August cr. erfolgt ist, Termin zur Zwangsversteigez rung auf Dienstag, den 6. Oktober 1891, Nach- mittags 23 Uhr, vor Herzoglihem Amtsgerichte Eschershausen in der Lampe’shen Gastwirthschaft zu Grünenplan angeseßt, in welhem die Hypothek- gläubiger die Hypothekenbriefe zu überreichen haben. Eschershausen, den 11. August 1891.

Herzoglihes Amtsgericht. H. Hu.

[29082] Bekanntmachung.

Das Verfahren der Zwan F versegerung, betreffend das Busch’\he Grundstück, Tegelerstraße 2/3, Grund- bu von den Umgebungen im Kreise Niederbarnim Band 28 Nr. 1478 und die Termine am 7. Oktober 1891 werden aufgeboben.

Berlin, den 8. August 1891,

Grundftück und an die zur Immobiliarmasse

Königliches Amtsgericht 1. Abtheilung 52.

S E E une eia E e Tal ss R

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