1891 / 192 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 17 Aug 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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sei, in der Frage der Aufhebung beziehung2weise Ermäßigung der Getreidezölle von dem bisher eingenommenen und von dem Minister-Präsidenten in der Sißung des Hauses der Ab- geordneten vom 1. Juni d. F. dargelegten Standpunkie ab- zugehen.

Das Ergebniß der Berathung geht dahin, daß eine solche Veranlassung nicht vorliege, daß jener Standpunkt vi:lmehr auch gegenwärtig festzuhaltzn sei. Für diese Auffassung sind folgende Erwägungen entscheidend gewesen :

Die an das ungünstige Wetter der leßten Wochen ge- knüpften Besürhtungen einer ungenügenden Verior- gung des Landes mit Nahrungsstoffen entbehren der hin- reichenden Begründung. Wie die im verflossenen Früh- jahr lautgewordenen Besorgnisse, daß die vorhandenen BRorrätbe an Brotstoffen nicht groß genug seien, um die Er- nährung der Bevölkerung bis zur nächsten Ernte sicher zu stellen, sich niht bestätigt haben, so isi auc die damals weit verbreitcte Annahme, daß der Einflus des außerordentlich strengen Winters auf den Ertrag des Feldbaues ein sehr verderblicher sein werde, durch die weitere Entwickelung der Früchte widerlegt worden. Diese Entwickelung ist, abgesehen von einzelnen verhältnißmäßig wenig umfangreichen Distrikten, eine über Erwarten günstige gewesen. Ebensowenig wie damals liegt aber im gegenwärtigen Augenblicke, in welhem noch nit einmal die Roggenernte überall beendet ift, ein Grund vor, die Hoffnung aufzugeben, daß der Gesammternteertzag hinter dem Durhschniitsergebniß früherer Jahre nicht zurückbleiben werde. Den lauten Klagen über die Behinderung der Erntearbeiten durch die Ungunst der Witterung stehen zahlreihe Meldungen über einen reih- lichen Erdrush des eingebrahten Korns gegenüber.

Ein völlig zutreffendes Bild über den Ertrag der Ernte wird sih erst nah ihrer Beendigung gewinnen lassen, und für die Frage, ob ein Mangel an Nahrungsstoffen zu besorgen sei, wird inébesondere das thatsählihe Ergebniß der Kartoffel: ernte ins Gewitht fallen. Wenn auhh die bisherige Entwicke- lung der Kartoffelfruht in manchen Gegenden duraus nicht befriedict, so entbehrt dech zur Zeit die Annahme eines völlig ungenügenden Ectrages der Begründung.

Auch das von der Kaiserlich russishen Regierung erlassene Verbot der Ausfuhr von Roggen vermag die Forderung einer Herabseßung oder Aufhebung der Getreidezölle niht zu unterstüßen. Als Ersay für den Ausschluß russishen Roggens von den deutshen Märkten wird einerseits die Verwendung des Weizens zur Volks- ernährung in erweitertem Umfange, sodann aber die Zufuhr von Roggen aus anderen zur Abgabe dieser Getreideart fähigen Ländern in Ausficht genommen werden können.

Die vielfa geforderte Aushebung oder Herabsezung der Getreidezólle würde aber weiter, wenn überhaupt, bei der gegenwärtigen Höhe der Getreidepreise eine merkliche Ein- wirkung auf den Preis des Brotes gar nicht zu äußern vermögen.

Schon die im Früh ahre dieses Jahres gemachte Erfahrung, daß die Erwartung einer solchen Maßregel eine Hausse- bewegung im Auslande hervorgerufen hat, läßt kaum einen Zweifel darüber, daß jede Herabminderung der deutschen Zölle zunächst zu einer Erhöhung der Preise auf den ausländischen Märkten führen wird, . sodaß, zumal bei der gleichzeiti- gen Betheiligung des Zwischenhandels an den Vortheilen der Maßregel, für den inländishen Konsum nur ein äußerst geringer, vielleicht gar kein Nußen erwachsen würde. Sodann aber ermäßigt si dieser Nußen naturgemäß umsomehr, je höher die Getreidepreise sind, je niedriger sich also das Ver- hältniß des Zolles zu ihnen stellt.

Endlich aber kommt in Betraht, daß für Deutschland, au wenn die durhaus nothwendige Erhaltung und Hebung der Leistungéfähigkeit der vaterländischen Landwirthschast der Regierung eine sorgfältige Pflege ihrer Jnteressen nicht in so hohem Grade, wie gegenwärtig, zur Pflicht machte, doch Angesichts der s{chwebenden Handelsvertrags- verhandlungen jede Veränderung des Getreidezolltarifs für die mit gleihem Eifer verfolgten Jnteressen der ein- heimishen Jndustrie bedrohlih sein würde.

Die Regierung hält es nihl für anaängig, durch eine autonome Herabseßung der Getreidezölle die Erfolge möglicherweise in Frage * zu stellen, welche von jenen Verhandlungen für eine fruttdare Entwicelung der vaterländishen Arbeit erwartet werden dürfen.

Am Sonnabend vershied nah langem Leiden die ehe- malige Palastdame Jhrer Hochseligen Majestät der Kaiserin und Königin Augusta, Adelaide Gräfin von Hatcke. Die Verstorbene hat über fünfzig Jahre im Dienste Ihrer Hothseligen Majestät gestanden und das Ver- trauen Allerhöchstderselben in hohem Grade besessen. Sie hat \sihch während ihrer langen Dienstzeit der ehren- vollsten Anerkennungsbeweise beider Hochseligen Majefläten zu erfreuen gehabt und namentlich in Koblenz das vielseitige Wirken der Königin Augusta mit unermüdlicher Hingebung unterstüßt.

Jhr Ableben erfolgte im dortigen Königlichen Schlosse, welches fie, seit einigen Jahren {wer erkrankt, nicht mehr verlassen hatte. Sie hinterläßt das Andenken einer in treuer Pflichterfüllung langjährig bewährten Dienerin des König- lichen Hauses.

Der Kaiserlihe Gesandte am Königlich belgischen Hofe, Wirkliche Geheime Rath Graf von Alvensleben hat einen ihm Allerhötst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Brüssel fungirt der Legations-Sekretär Frei- berr von Mengtzingen als Geschäftsträger.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich s{hwedis{ch-norwe- gischen Hofe, Wirklihe Geheime Rath Dr. Busch hat einen ihm Allerhöhst bewilligten Urlaub angetreten. Für die Dauer seiner Abwesenheit von Stockholm fungirt der der Gesandtschaft zugetheilte Attahé Graf von Linden als Geschäftsträger.

Der General-Jnspecteur des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens, General der Jnfanterie von Keßler ist von Dienstreisen hier wieder eingetroffen.

Der Commandeur der Garde-Kavallerie-Division, General- Lieutenant Edler von der Planit hat Behufs Ueber- nahme der Führung der Kavallerie-Divifion des XI. Armee- Corps während der Herbstübungen Berlin verlassen.

Der Wirkliche Geheime Ober - Regierungs - Rath im Ministerium der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-

Angelegenheiten Dr, Schneider ist aus S@llesien hier wieder eingetroffen.

Breslau, 16. August. Seine Königliche Hoheit der Prinz Georg von Sawsen, General-Feldmarschall und General-Jnspecteur der 11. Armee-Fnspektion, zu der das V. V1. und XII. Armee-Corps gehören, trifft der Schweid- niger „Täglichen Rundschau“ zufolge in der Zeit vom 90. bis 25. August d. J. in Schlefien behufs JInspizirung von Truppentheilen des VI. Armee-Corps ein. Voraussihtlih wird Seine Königlih2 Hoheit den Uebungen der bereits manövrirenden Truppentheile beiwohnen und hierbei mehrere obershlefishe Garnisonen berühren.

Kassel, 16. August, Heute Natmittag fand unter militärishen Ehren die feierlihe Ueberführung der Gebeine des dur seine Bravour in der Schlacht von Zorn- dorf bekannten Obersten von Wackenißz nah dem Bahnhofe statt. Der Ueberführung ging, wie „W. T.B.“ meldet, eine kirch: liche Feierlichkeit in der Garnisonkirhe voraus, bei welcher Oberpfarrer Osterroth die Rede hielt. Hierauf erfolgte die Uebergabe der Gebeine an die hier eingetrsffene Deputation von Offizieren des Regiments der Gardes du Corps.

Fulda. 15. August. Ueber die Bishofskonferenz, welch: am Mittwoch und Donnerstag hier versammelt war, schreibt die „Germania“: Die Bischofskonferenz, deren Ergeb: nisse vorläufig geheim gehalten werden, wird, wie zu erwarten stand, in der Presse vielfah besprohen. Wenn betont wird, daß u. A. die Ausführung des Sperrge]eßes, soziale Angelegen- heiten und das Volksshulgeses Gegenstand der Berathung waren, so kann das als selbstverständlih gelten. Bezüglich des Sperrgesezes treten ja eine Reihe von Aufgaben an die Oberbirten heran, und die Bedeutung der Schulfrage liegt ebenfalls auf der Hand, zumal ein neuer Entwurf im Kultus- Ministerium ausgearbeitet wird. Die soziale Frage endlih aber steht noch nah wie vor im Vordergrund. Sie wird denn au, wie die „Köln. Volksztg.“ erfährt, vornehmlich den Ge- genstand des Hirtenbriefes bilden, den die versammelten Bischöfe an ihre Diözesanen auch in diesem Jahre zu erlassen beshlosen haben,

Bayern.

“München, 15. August. Seine Königliche Hoheit der Prinz-Regent verläßt heute das Revier Linderhof und begiebt sih, wie die „Allg. Ztg.“ meldet, nah der Vorderriß, woselb der Aufenthalt bis zum 23. d. M. dauert; vom 23. bis 27, d. M. verweilt der Prinz-Regent in dem Revier Fisch- bah und danach nochmals vom 27, bis zum 30. d. M. in der Vorderriß. Am 30. d. M. begiebt si der Prinz-Regent nach Berchtesgaden, woselbst die Jagden bis zum 6. September dauern; am 6. September erfolgt die Rückkehr in die hiesige Residenz.

Das „Geseß- und Verordnungsblatt für das Königreich Bayern“ vom 11. August veröffentlicht folgende Königliche Alierhöhste Verordnung vom 23. Juli 1891, die Schulordnung für die humanistishen Gymnasien im Königreich Bayern betreffend:

Im Namen Seiner Majestät des Königs. Luitpold, von Gottes Gnaden Königlicher Prinz von Bayern, Regent. Wir haben auf Antrag des Staats-Ministeriums des Innern für Kirchen und S6ulangelegenbeiten die bezüglich der Ordnung der [lateinishen Schalen und Gymnasien des Landes bisher geltenden Vorschriften einec Revision unterstellen lassen und biernach der in der Anlage bei- gefügten „Schulordnung für die humanistishen Gymrasien im König- rei Bayern“ Allerböcht Unsere Genehmigung ertheilt,

Hierbei verordnen Wir, was folgt:

Diese S(ulordnung für die humanistisben Gymnasien im König- reib Bavern tritt mit dem Beginn des Schuljabres 1891/92 vor- bebaltlih der nabstebenden Ueberg1ngsb-ftimmunzen in Wirksamkeit.

In Föllen, in welchen die Durchfübrung im Einzelnen von der vorauégebenden Willigurg neuer budgetmäßiger Mittel bedingt ift, bat das Staats-Miristerium des Innern für Kirhen- und Schul- anzelegenbeiten das Weitere zu veranlaffen.

Das Lebrproaramm für Ar thmetik, Mathematik und Physik (§. 13 der neuen Sthuldordnung) gelangt mit dem Schul- jahre 1891/92 in den Klassen 1 mit 6 zur Einfühcung und wird in der Folge successive in den Klassen 7—9 von Stulj2br zu Sguljahr mit den aufrückenden Swülern fort- gesetzt, sodaß die volle Geltung des Lehrprogramms erst mit dem Schuljabre 1894/95 erfolgt. Diejenigen Schüler, welhe im nâbsten Schuljabre die 7., 8. und 9. Klasse besuchen, haben bis zur BVellendurg ibrer Symrasialstudien ten Unterricht in der Mathematik und Phvsik nah Maxgabe der Bestimmungen in §. 13 der SYulordnung vom 29. August 1574 unter Beachtung der Z!fferI1l der mit U aferer Geneb- migung erlassenen Ministerial-Bekanntmacung vom 28. Ianuar 1891 Nr. 688 (Ministerialblatt Seite 40) zu empfangen ; jedoH ift in diesen Klassen der Unterriht in der Pbysik, soweit dies die an der Anstalt vorhandenen Instrumente und Apparate gestatten, dur ein- fahe Exverimente zu beleben und zu veranshauli@en.

Der Unterricht in der Naturkunde hat, wofern ein solcher niht \{on in den Vorjadren stattfand, in den Klassen 1—s nach dem Lebr- programm für das Winterscmester der erften Klasse zu beginnen und ist demgemäß semesterweise bis zum Schlusse der füniten Klasse fortzufübren. In den Klassen 4 und 5 bat übergangsweise, wofern nit an einen vorauêgegangenen Unterricht angeknüpit werden kann, ein abgifkürzter Lehrgang Plas zu greifen, sodaß die Schüler einen Ueberblick über die drei Naturreiche erbalten.

Der Pflibtunterriht im Zeibnen ist im S&uljabre 1891/92 au in der ¿weiten Klasse nah dem Lehrprogramm für die erste Kiafse zu ertbeilen

Wenn an einer Anstalt einzelne der vorgesekenen neuen Maß- nabmen, zumal aus dem GBesidbtspunkte mangelnder budagetmäßiger Mittel, zur Zeit nicht durchführbar find, it btierüber bis spätestens 1, September d. I. unter Begutachtung entsprewender sonstiger Be- nütung der betreffenden Unterrichtsstunden an das Staats-Ministerium des Innern für Kirben- und Schulangelegenheiten zu berichten.

Non den Bestimmungen der Schulordnung vorn 20. August 1874 bleibt Titel 1X „Von den ifolirten Lateins{ulen“ bis zu ander- weitiger organischer Regelung dieser Schulen mit der Abänderung in Kraft, daß § 47 fortan lautet :

„Schüler, wel&e von einer isolirten Lateinschbule an ein huma- nistisches Gymnasium übertreten wollen, werden auf Probe in diejenige alie aufgenommer, für welce sie das Zeugniß der Reife mit-

ringen.“

“Sia Uebrigen treten mit der Schulordnung vom 20. August 1874 aub alle zu ihrem Vollzuge ergangenen, in die neue Schulordnung übernommenen oder dieser entgegensteßenden generellen Vorschriften außer Wirksamkeit, insbesondere auch die Ziffern II, IV, VI—XFVI der mit Unserer Genebmigung erlassenen Ministerial - Bekanntmawurg vom 28. Januar 1891 Nr. 688 (Ministerialblatt Seite 39 ff.).

Müncben, den 23. Juli 1891. Luitpold, Prinz von Bayern, des Körigrei&s Bayern Verweser. Dr. v. Müller. Auf Allerböchsten Befehl : Der General-Sekretär : Ministerial-Rath Dr. v. Giehrl.

Es folgt der Wortlaut der Schulordnung, welche 47 Paragraphen umfaßt und folgende Titel enthält: I. All-

gemeine Einrihtung und Umfang des Unterrichts. Ik. Zahl der Unterrichtsstunden und Veriheilung des Unterrichtsstoffes (Lehrplans) (Religion, Deutsch, Lateinisch, Griechisch, Französisch, Arithmetik, Mathematik, Púysik, mathematishe Geographie, Geschichte, Geographie, Naturkunde, Turnen, Kalligraphie, Zeichnen, Stenographie, Gesang und Musik, Hebräisch, Englisch und Ztalienish); Lehrbücher. IIT. Ordnung des Schuljahres ; Schul: und Hausaufgaben. IŸ. Gymnasialabsolutorium. VŸ, Besondere Vorschrifien für Privatstudirende. VI. Schul- zut. VIT, Vorstand und Lebrer der humanistishen Gymna- sien, Lehrerrath. VIII. Oberauffiht. IX, Besondere Unter- rihts- und Erziehungsanstalten.

Sachsen.

Dresden, 14. August, Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz Georg, die Prinzen Johann Georg und Max, die Prinzessin Mathilde und Prinz Albert, welche zum Besuhe am Großherzoglich toskanishen Hofe in Lindau weilten, unternahmen, wie die „Lpz. Ztg.“ - berichtet, dort täglih Auëflüge in die Umgebung. Vorgestern Vormittag 11 Uhr trafen mit dem Kurs: von Lindau die Großherzogin- Wittwe von Toscana, Erzherzog Leopold und die Braut Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrih August, Erzherzogin Luise, sowie Jhre Königlichen Hoheiten Prinz Georg, Prinzessin Mathilde und Prinz A‘bert, ferner die Fürstin zu Zsenburg-Birstein, geborene Erzherzogin von Oester- reih, mit deren Tohter, Prinzessia Antoineite zu Jsen- burg, auf Schloß Mainau ein. Gegen 12 Uhr kamen noH, vom Schloß Heiligenberg kommend, der Fürst und die Fürstin Amelie zu Fürstenberg und Fürst Karl von Lichnowsky eben- falls auf SHloß Mainau an. Sämmtliche hohen Herr- schaften nahmen an der Grofherzoglihen Tafel Theil. Die Großherzoglih toskanishen Herrschafien und Ihre Könizlihen Hoheiten Prinz Georg, Prinz Albert uad Prinzessin Mathilde fuhren am Nachmittag wieder nach Lindau zurück. Gestern haben nun Seine Königliche Hoheit der Pcinz G:org und Familie Lindau wieder verlassen, sind, wie shon gemeldet, heute Vormittag hier angekommen und haben si alsbald nah Hosterwiß begeben.

Die Landtagswahlen werden, der „Lpz. Ztg.“ zufolge, dieêmal in der zweiten Hälfte des Oktober staitfinden.

Vaden.

Karlsruhe, 15. August. Jhre Königlichen Hoheiten die Großherzoglihen Herrschaften unternahmen gestern Nachmittag mit Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog von Oldenburg eine Rundfahrt auf dem Ueberlinger See und besuhten dann die Stadt Ueberlingen, wo das Münster, das Stadthaus und die neuen Anlagen besihtigt wurden. Gegen 8 Uhr erfolgie die Rückehr nah Schloß Mainau. Heute Abend wird der Besuh Seiner Kaiserlihen Hoheit des Großfürsten Michael von Rußland erwartet, welcher von Waldleiningen kommt.

Hefen.

Darmstadt, 15. August. Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist, wie die „Darmst. Ztg.“ meldet, gestern früh in Bamberg eingetroffen und von dem General Pafsavant, Commandeur der 4. Königlich bayerischen Kavallerie- Brigade und Kommandant von Bamberg, von dem General-Major und Flügel-Adjutanten Seiner Königlichen Hoheit des Prinz- Regenten Grafen Lerchenfeld, dem zum Ehrendienst kom- mandirten Major Grafer? Dürkheim vom Königlich bayerischen 5. Infanterie - Regiment und dem Bürgermeister der Stadt Ritter von Brandt empfangen worden. Zur Be- grüßung Seiner Königlichen Hoheit war ferner anwesend die Baron'n von Thüngen, geborene Prinzessin von Fienburg- Büdingen. Seine Königliche Hoheit stieg sofort na Ankunst zu Pferde und begab si dur die Stadt nah dem eine Stunde entfernten neuen großen Ererzierplay, wo das Regiment in Parade: Aufstellung seinen hohen Chef erwartete. Seine König- liche Hoheit nahm die Parade sowie den Vorbeimarsh in Compagniefront ab und besihtigte das Regiment in dem darauffolgenden formalen Exerzieren, Am Schluß führte das Negiment eine größerz jelbstgestellte Gefehtsaufgabe im Feuer aus, und die wohlgelungenen Uebungen endigten mit einem Parademarsch in Regimentskolonne. Seine König- lihe Hoheit versammelte nah S@W{hluß das ganze Offizier-Corps und sprach demselben und dem Regiment seine besondere Anerkennung über die gute Haltung und die ausgezeihneten Leistungen des Regiments aus. An der Spiße des Regiments reitend, rückte Seine Königliche Hoheit sodann in die Stadt ein und ließ am „Bamberger Hofe“ das Regiment noch einmal in Marschkolonne vorbei- marschiren. Seine Königlihe Hoheit empfing darauf den Bürgermeister der Stadt und begab sich dann in die Kaserne des Regiments, einer Einladung des Offizier Corps ¿um Frühstück in dessen Kasino folgend. Der Commandeur des Regiments, Oberst von Lossow brachte einen Tuinkspruch auf den anwesenden bohen Chef aus, welcher in herzlih:r Weise von dem hohen Herrn erwidert wurde. Nah dem Früßstück besichtigte Seine Königliche Hoheit die Kasernen und Kammern des Regiments und überreichte dem Flügel-Adjutant-n, Grafen Lerchenfeld, dem Commandeur des

egiments, mehreren Offizieren und Unteroffizieren Höchstselbit Dekorationen. Begleitet von dem Bürgermeister fuhr der Großherzog alêdann nah dem Bibliothekgebäude und nahm in 11/„stündigem Aufenthalt daselbst die berühmten Schätze dieser alten Bibliothek in Augenschein. Nachdem Seine Königliche Hoheit der Baronin Thüngen einen Besuch abgestattet, begab Höchstderselbe sich in das Hotel zurück und empfing den General Passavant, dea General-Major Grafen Lerchenfeld und die Stabsoffiziere, Hauptleute und älteren Lieutenants Höchst: seines Regiments, die kommandirten Ordonnanzoffiziere, sowie den Bürgermeister der Stadt zum Diner. Seine Königliche Hoheit brachte hierbei einen fehr herzlih gesprochenen, enthufiastish aufgenommenen Trinkspruch auf Seine König- lihe Hoheit den Prinz-Regenten aus. Am Abend wurde dem hohen Chef von seinem Regiment ein solenner Fackelzug mit Serenade gebracht, wozu sich der größte Theil der Einwohnerschaft ebenfalls v:rsammelt hatte. Am Schlusse wurde dem hohen Gaste von allen Anwesenden eine begeisterte Ovation dargebraht. Auch später am Bahnhof, wo zur Abfahrt sich das ganze Offizier-Corps und viele Ber- sonen aller Stände der Stadt eingefunden hatten, bereitete man Seiner Königlihen Hoheit nochmals enthusiastische

Ovationen. Meekienburg-Schwerin. Schwerin, 16. August. Ueber das Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs wurde gestern das nachstehende Bulletin aut gegeben:

„In dem Bífinden Seirer Königlihen H-beit des Großherzogs ist geîtern eine erfreuihe Wenturg zum Befsern eingetreten. Die Anfälle von Athemnoth werden weniger häufig und beftig. Die Nabrungsaufnahme konnte ¿twas gefteigert werden. Die Scbwäte ift jedo6 noch garof. Die elektrishe Vebandlurg der Lähmungs- ersheinungen wurde wieder aufaerommen. Müller Martius“

Nah dem heutigen Bulletin ist im Zustande Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs seit gestern keine wesentlihe Aenderung eingetreten, und find Appetit und Schlaf genügend. Zur Zeit weilt der Geheime Medizinal-Rath Professor Dr. Gerhardt aus Berlin zum Zweck einer erneuten

Konsultation in Gelbensande. Mecklenburg-Strekitß.

Jhre Königliche Hoheit die Großherzo gin, Höchsiwelche zur Zeit das sogenannte Keppshloß in Hosterwiß bei Dresden bewohnt, hat sih, wie das „Dresd. Journ.“ meldet, am 15. d. M. Nachmittags von dort nah Bayreuth begeben.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Coburg, 15. August. Morgen Abend 8 Uhr treffen Jhre Kaiserlihe Hoheit die Herzogin und Jhre Königlichen Hoheiten die Prinzessinnen von Edinburg aus Devonport wieder hier ein. _ / 1 :

Der „Halberst. Ztg.“ zufolge empfing der Mikado von Japan in Tokio den Rittmeister im Kürassier-RNegiment von Seydliz und Adjutanten Seiner Hoheit des Herzogs, Baron Campbell-Laurengz in besonderer Audienz und nahm aus dessen Händen ein St&reiben Seiner Hoheit ent-

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gegen. Hrn. Baron Campbell ift während seines Aufenthalts daselbst ein japanisher Offizier zugetheilt worden, der ihm alle militärishen Einrichtungen 2c. gezeigt hat; auch hat der

Mikado ihm eine Ordensauszeihnung verliehen. Lübeck.

Lübeck, 14. August. Der Senat macht im heutigen „Amtsblatt“ bekannt, daß die kirhlichen Feiern zur Erinnerung an Sedan am Sonntag, 30. August, stattfinden. Die Geist- lihen haben des Tages mit Dank und Fürbitte zu gedenken ; nah dem Gottesdienst läuten die Glocken sämmtlicher Haupt- firhen und von den Thürmen der Marien- und Jakobikirhe wird „Nun danket Alle Gott“ geblasen. Der Ertrag der beim Gottesdienst veranstalteten Kirchenkollekte is der Kaiser Wilh-lm-Stiftung zu überweisen. Die Ober-Shulbehörde ist beauftragt, am 2. September Sculfeierlihkeiten zu veranstalten.

Deutsche Kolonien.

Das „Deutsche Kolonialblatt“ veröffentlicht in Folgendem die vom Kolonialrath gefaßten Beschlüsse, betr ffend die S ausländisher Gesellshasten zum

eshäftsbetrieb in den Schußgebieten und die Be- rechtigung der Eingeborenen zu Verfügungen öffentlich rechtliher Natur: :

A. Iuristishe Persoren des Auslandes, infofern sie Erwerb2- gescllihaften sind, inébesondere Aktiengesell?chaften und Kommandit- gesellihaften auf Akticn, bedürfen zur Ausübung ibres Geschäfts- betricbes innerhalb des Schutgebietes der Genehmigung der Regierung. Es sollen Anordnungen getroffen werden, damit diefer Grundfaßz unverzüglih auch in den deutschen öInteressensphären in Kraft gesetzt werde.

B. Aueländis@e Gesellschaften (A) baben vor ibrer Zulaffung im Scutzgebiet den Nachweis genügender Mittel (genügenden werbenden Kapitals) zu erbringen.

C. Ausländische Gesellschaften (A) haben eine Zweigniederlassung in demjenigen Shhutzgebiete zu begründen, in weldem fie Zulaffung ¡um Betriebe beantragen, Nach dem Ermessen der Regierung kann die Bestellurg cines Vertreters und die Begründurg eines Gerichts- standes im Schutzgebiet als genügend erachtet werden.

D. 1) Die von den eingeborenen Häuptlingen gewährten Befugnisse öffentli rechtlicher Natur sind nit als rechtébeständig anzuerkennen. Insbesondere gilt dies für: a. ausschließliche Wege- und Cisenbahnkonzef- soren, b. Handelêmonovpocle, e. das auës{ließliche Net zum Bergbau, d. tie Verleibung von Bergwerksberechtigungen und Re&ten an Grund und Boden über das gesammte Gebiet eines Stammes oder einen größeren oder unbestimmten Theil desselben 2) Sofern die Regierung Rechte der vorstehend unter a bis d besbriebenen Art einer Erwerbs- gesellshait einräumt, muß die Ausübung foicher Reckte unter der Form ciner in Deutschland oder im S ußgebiet na deutschem Rechte begründeten Gesellschaft erfolgen.

Der Kaiserlihe Gouverneur von Ostafrika hat folgen- den Gouvernements befehl erlafen:

„An Stelle der durch Ko:umandanturbefehl vom 6. August 1890 angeordneten Abgrenzung der deutsch-ostafrikanishen Küste in Pro- vinzen und Station2 bezirke tritt vom heutigen Tage ab die fclgende Eirtheilung. : :

Das gesammte Küstengebiet zerfällt in 5 Bezirke, nämli: 1) Den Bezirk Tanga; derselbe umfaßt die bisberigen S tationsbezi:ke Tanga und Pangani; 2) den Bezirk Baga- meyo; derselbe umfaßt die b1éberigen Stationsbezinke Saadani und Bazamcyo; 23) den Bezirk Dar-es-Salaam; derselbe wird im Norden durch den Bezirk Bagamoyo, im Süden durch die nördliche Rufidji-Mündurg begrenzt; 4) den Bezirk Kilwa; derselbe reit von der nördliben Rufidji-Mündung bis zu einem Purkt, welcker in der Mitte zwis{en den Lrten Kisiwani und Kiswere lieat ; 5) den Bezirk Mgan ; derselbe wird im Norden dur den Bezirk Kilwa, im Süden durch den Rowuma-Fluß begren t.

Eine genaue geographishe Abgrenzung der genannten Bezirke wird seiner Zeit noch erfolgen; desgleichen behalte ich mir die Gr- nenzung der einzelnen Bezirksbehörden, welhe ihren Siß in Tanga, bezw. Bagamoyo, Dar-es-Salaam, Kilwa und Lindi baben werden, sowie weitere Bestimmungen über die künftige Amtsthätigkeit dieser Bebörden, ibr Verhältniß zum Gouvernement fowie zu dessen einzelnen Vermwaltungézweigen vor, bis Seitens des Commandeurs der Schuß- truppe die auf die militärische Beseßung der einzelnen Bezirke bezüg. lichen Befehle erlaffen sind. Dar-es:Salaam, den 9. April 1891. Der Kaiserlihe Gouverneur. (gez.) Freißerr von Soden“

Die bisher dur die Deutsh-Ostafrikanische Ge- sellschaft im Namen und für Rehnung des Reichs geführte Zollverwaltung ist vom 1. Juli 1891 ab an das Kaiserliche Gouvernement übergegangen. Die mit der Peeung betrauten Beamten find vom gleihen Tage ab

ouvernementsbeamte geworden und genießen alle Rechte der- selben. Die im Zolldienst beschäftigten farbigen Beamten und Askaris, welche durch äußere Abzeichen kenntlich sind, werden nach einem Gouvernementsbefehl gleihfalls als Beamte des Gouvernements angesehen, sodaß Zuwiderhandlungen gegen dieselben im Dienst ebenso geahndet werden, wie Zuwider- handlungen gegen die deutshen Zollbeamten. Die bisherigen Haupt-Zollämter, über welche nur der direkte Auslandsverkehr gestattet ist, sind mit Ausshluß von Saadani bestehen ge- blieben. Dieselben find: Tanga, Pangani, Bagamoyo, Dar- es-Salaam, Kilwa, Lindi und Mikindani. Nach der quel Mafia dürfen gleihfalls Waaren direkt über das Neben- Zollamt Schole aus- und eingeführt werden. Für den Küstenverkehr, das heißt von Ort zu Ort längs der deutsh-ostafrikanishen Küste, sind nur folgende Orte als Neben-Zollämter geöffnet: Moa, Tangata, Mkwaja, Saadani, Winde, Bueni, Tshunga-

Bueni, Kisfiju, Kivumangao, Sindhaji, Njemsati, Simbau- | ranga, Bungue (Mohoro), Kisiwani, Kiswere, Mischinga | und Sudi.

Jn Kamerun hat am 4. Juni d. J. die feierliche Ent- hüllung des auf der Joß-Platte für die in den Jahren 1883 bis 1890 im Schußtgebiete in Ausübung ihres Berufs ver- storbenen deutshen Beamten, Offiziere und Gelehrten errichteten Denkmals in Gegenwart der anwesenden Gouvernementsbeamten, der Besaßzungen der in Kamerun stationirten Kriegsschiffe, sowie der deutshen Missionare und Kaufleute ftattgesunden. Na6dem die Kapelle S. M. Kreuzers „Habiht“ einen Vers des Luther'’schen Chorals „Ein! feste Burg is unser Gott“ gespielt und der stellvertretende Gouverneur in kurzer R-de das Monument der Oeffentlichkeit übergeben hatte, fiel die Hülle des leßteren unter den Klängen des Präsentirmarshes und dem drei- maligen Salvenfeuer einer aus den Besazungen der Kriegs: chie gebildeten Ehren-Compagnie.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 16. August. Prinz Nikolaus von Griechen- land ist, wie „W. T. B.“ meldet, heute an Bord des Lloyd- dampîers „Venus“ in Triest angekommen.

_gJn Prag trafen geîtern Abend 5000 Ausstellungs: besuher aus Wien unter Führung des Reichsraths-Ab- geordneten Schneider ein. Später kam ein wei- terer Zug mit 300 Besuchern aus Wien, der Mehr- zahl nah Czehen. Der Reichsraths - Abgeordnete Va- shaty und der Stadtverordnete Brzesnowéky erwarteten die Gäste. Vor dem behördlich abgesperrten Bahnhof waren Tausende von Menschen angesammelt, welche „Nazdar“ und „Slava“ riefen. Auf den Straßen wurden Ansammlungen durch die Polizeiorgane zerstreut, ohne daß Zwischenfälle vorgekommen wären. Wie dem „Frdbl.“ telegraphish ge- meldet wird, hatte fich auf dem Perron des Bahnhofs nur der gewesene Stadtverordnete Vilimek und der Vorstand der Schuhmachergenossenshaft Ottokar Vrana eingefunden.

Die Wiener „Presse“ giebt die Bemerkung der Prager „Politik“ wieder, daß die radikale Strömung unter den Jungczehen die Oberhand gewonnen habe. Vasati und Konsorten seien H:rren der Situation. Wahrscheinlich würden sih die gemäßigten Elemente und die „Realisten“, um ihre Popularität besorgt, den Radikalen bis auf Weiteres fügen,

Einem Telegramm der „Presse“ aus Budapest zufolge werden die Delegationen auf den 3, November nah Wien einberufen werden.

Großbritannien und Frland.

Die Königin hat der Wittwe des vor einigen Monaten verstorbenen langjährigen fonservativen Premier-Ministers von Canada Sir John Macdonald den Titel einer Baronin Macdonald von Earnscliffe verliehen. Am Donnerstag empfing Jhre Majestät in Osborne die Delegirten der verschiedenen Länder zu dem gegenwärtig in London tagenden hygieni- hen Kongreß. Von den deutschen Delegirten wohnten, der „A. C.“ zufolge, dem Empfange bei: General-Stabsarzt Dr, von Coler, Geheimer Regierungs-Rath Sell, Geheimer Medi- zinal-Rath Dr. Pistor, Professor Dr, Büchner, aus München, General-Arzt Professor Dr. Roth aus Dresden und Professor von Koch aus Württemberg.

Der Kronprinz von Jtalien reiste am Freitag Abend von Edinburg nah Newcastle, wo er vom italienischen Botschafter Grafen Tornielli, dem italienishen Konsul und dem Bürgermeister empfangen wurde. Der Prinz ist in New- castle Gast Sir C. M. Valmer's. Vorgestern fuhr der italienische Thronfolger nah Jarrow, um die dortigen großartigen A Schiffsbauhöfe und Maschinenwerkstätten zu be- sichtigen.

Dem Vernehmen nach will die Admiraliät in Folge des Berstens der Kanone auf dem Kriegsschiff „Cordelia“ nicht nur alle sechszölligen Geshüge von Modell 1, sondern auch alle fünfzehnzölligen Kanonen von Modell I. zurück- ziehen. Von den Geshüßen der leßteren Art sind noch viele im Gebrauch.

Die „Dubliner Amtszeitung“ zeigt an, daß Lord Lurgan seine Güter in der irishen Grafschaft Armagh an seine 806 Pächter gemäß den Bestimmungen der Ajhbourne' schen Landakte verkauft hat. Einige der vertriebenen Pächter der Güter Coolroe und Tottenham, welche vier bis fünf Jahre aus dem Feldzugsplanfonds Unterstüßung erhielten, haben nunmehr, nahdem die Kasse leer ist, Frieden mit ihren Gutsherren gemacht und werden demnächst in ihre alten Farmen wieder einziehen.

Der qchilenishe Kreuzer „Errazuriz“ ist am 8. August in Saint Vincent eingetroffen und nimmt daselbst Kohlen ein. Der Kreuzer befindet sich noch dort; die Offiziere bewahren über die Bewegungen des Schiffes Stillshweigen. Wie nah dem „R. B.“ verlautet, erwartet das Schiff die Ankunft weiterer Offiziere und eines Chef-JFngenieurs. Auch würde dasselbe das Eintreffen des Dampfers „Presidente Pinto“ abwarten.

Der Pariser Korrespondeñt der Londoner „Times“ hatte vor einiger Zeit einen Bericht über eine angeblihe Unter- redung mit dem deutshen Bo:schafter in Paris Grafen zu Münster veröffentlicht, die sih bejonders mit den Vorgängen bei der Entlassung des Fürsten Bi2marck beschäftigte. Jett erklärt der „Daily Telegraph“, ersei vom Grafen zu Münster, der gegen- wärtig auf seiner Besizung Derneburg bei Hannover weile, ermähtigt worden, den vor etlihen Wochen in der „Times“ veröffentlihten Bericht über eine Unterredung mit dem Pariser Berichterstatter der „Times“ in Abrede zu stellen, Der Bericht sei ohne sein (Münster's) Wissen und Willen veröffentliht worden; er weise eve Verantwortlichkeit für die darin gemachten Angaben zurüd.

Frankreich.

Paris, 16. August, Der Präsident der Republik Carnot kam gestern Nachmittag 2 Uhr aus Fontainebleau in Paris an, um dem König von Griechenland einen Gegenbesuch abzustatten. Der Präsident wollte, wie ein Wolff'shes Telegramm mittheilt, Abends nah Fontainebleau zurückfehren. N

Der König Alexander von Serbien ist mit seinem Vater gegen 7 Uhr Abends in Paris angelangt und Namens des Präsidenten Carnot von dessen Adjutanten, Oberst-Lieutenant de Chamoin begrüßt worden. Die zahlreich auf dem Bahnhofe versammelte Menge empfing den König mit leb- haften Hochrufen.

Der Prinz von Wales ist Abends nah Frankfurt a. M. abgereist, ; i

Der Finanz-Minister Rouvier wohnte, wie O, T. B“ qus Antibes meldet, gestern der Enthüllung des für den General Championnet errihteten Denkmals bei und hielt dabei eine Rede, in welcher er hervorhob, daß Frankrei seine Armee und seine Marine rekonstituirt habe und, ohne Jemanden zu bedrohen, immer bereit sei, die Un- verleßlihkeit seines Gebiets um den Preis jeden Opfers zu vertheidigen. C

Am gesiriaen Napoleonstage hatte das bonapartistishe Comité ein Festmahl veranstaltet, an welhem fi etwa 600 Personen betheiligten. Als einer der Redner erwähnte, daß Prinz Louis Napoleon Soldat in der russishen Armee sei, wurde unter lautem Beifall die russishe Nationalhymne ge)pielt. Später wurde eine Adresse an den Prinzen Victor Napoleon beshlofsen.

Der Stadtrath von Vichy dankt, wie wir der „Köln. Zta.“ entnehmen, in einer begeisterten Kundmachung der Be- völkerung für den EmPfdáng des Großfürsten Aleris, fordert aber zugleih auf, dem Wunsche des Großfürsten entsprechend, während seiner Anwesenheit alle Kundgebungen zu unterlassen.

Der monarthistishe „Soleil“ veröffentliht einen Artikel, der eine begeisterte Lobpreisung der Erfolge der Republik ist. Sie habe in den legten Jahren mit großem Glü ge- arbeitet, in der Wiedererhebung des Volkes und in der aus- wärtigen Politik Staunenswerthes geleistet und alle innersten Herzenswünshe der Monarchisten erfüllt. Das dur die Schicksalsshläge von 1870 gebrohene Ansehen Frankreichs fei wiederhergestellt, und Angesichts dieses Umstandes müßten die Monarchisten zwar an ihrer theoretishen Ueber- zeugung von den Vorzügen des Königthums fest- halten, dürften aber die Republik nicht mehr bekämpfen, sondern als etwas Gegebenes hinnehmen. Der Schluß- ja lautet: „Wir wohnen in philosophisher Ruhe der Bewegung bei, welhe die breiten Massen des Volkes der Republik zuführt. Wir erkennen an, daß die monarbishe Partei durch den Strahlenkranz, der die Stirn der Republik umgiebt, vernichtet ist. Wir beklagen uns niht. Das Volk geht zur Republik, wie es immer zum Erfolge geht. Das ijt ganz natürlih. Bei der gegenwärtigen Laae fönnen wir für die Wiederherstelung der Monarchie nur noch auf die Vorsehung renen, deren Absichten geheimnißvoll und unerforshlich sind.“

Der Unter-Staatssekretär der KolonienEtienne erhielt heute ein Telegramm de Brazza's aus Libreville, wonach neuerdings eingegangene Nachrichten zu Zweifeln an der Richtigkeit der bisherigen Meldungen über die Expe- dition Crampel (vergl. Nr. 184 d. Bl.) berehtigen.

Von dem Abgejandten des Syndikats vom Benito Mizon, über dessen Mission nah dem Tschadsee seit dem 26. Januar cr. jede Nahhrichten fehlten, find jegt dem Syndikat wie dem Comité für Französisch - Afrika Mit- theilungen zugegangen. Mizon zeigt darin an, daß die Mission fich zur Zeit in Lokodia, am Zusammenfluse des Nigers mit dem Benue befinde, berihtet ferner von großen in der Region von Adamaua herrshenden Unruhen und klagt über die Royal Nigercompany, welche, troy des zugeficherten Sqhutes, sih ihm feindselig erweise.

Rußland und Polen.

Der Großfürst-Thronfolger is, wie „W. T. B.“ meldet, am Sonntag Vormittag unter enthusiastishem Jubel der Bevölkerung in Moskau eingetroffen, nachdem ihn der General-Gouverneur Großfürst Sergius Alexandrowitsch in Faustowo, einer Station der Moskau-Rjäsan: Eisenbahn, begrüßt und dorthin geleitet hatte. Bei dem Empfang auf dem Bahnhof waren alle Militär- und die Civilbehörden ver- treten: zahlreihe silberne Shüsseln mit Salz urd Brod wurden dem Thronfolger daselbst überreiht. Nach dem Be- su mehrerer Kirchen begab fih der Großfürst Alexander nah dem Nikolai-Palais, wo der Empfang der Deputationen von Moskau und anderer Städte stattfand. Um 3 Uhr fuhr der Thronfolger nah dem Troitky-Kloster in Sergiewo, wo er die höchste Geistlihkeit empfing. Abends 71/5 Uhr erfolgte die Rückehr nah der Stadt.

Die „Nordische Telegraphen-Agentur“ erfährt, das Finanz- Ministerium plane eine Erhöhung des Zolles auf vom Auslande nach Rußland importirtes Ob st.

Nach einer Meldung aus Tiflis ist der dortige türkische Konsul nah Konstantinopel berufen worden und überbringt dahin einen Entwurf über die Betheiligung der türkishen Armenier an der bevorstehenden Wahl des Katholikos aller Armenier.

Ftalien.

Der König wird fih, wie man der „Köln. Ztg.“ schreibt, für einige Tage zur Jagd nach Valdieri, dann nah Racconigi, Moncalieri und Mondovi begeben. Eine Besichtigung der Alpenbefestigungen durh den König, die von einigen Blättern fälschlich angekündigt worden war, wird nicht beab- sihtigt. Der Finanz: Minister Colombo is von seinem Beinbruch soweit wiederhergestellt, daß er binnen Kurzem zu mehrwöchigem Aufenthalt wird an den Comersee reisen fönnen. Am 12. August hat in Neapel der Vize-Admiral Martinez die Offiziere des britischen Geshwaders zur Tafel eingeladen. Unter Trink\prüchen auf die beider- jeitigen Herrscher verlief das Fest in großer Herzlichkeit.

Zu den Kundgebungen des „Osservatore Romano“ und dem von der „Germania“ dagegen erhobenen Protest liegt in dem leßtgenannten Blatt folgende Depesche aus Rom, 14, August, vor:

„Der Artikel der „Germania* gegen den „Ofservatore Romano hat im Vatikan tiefen Eindruck gemaht. Man versichert im Ein- flanae mit dem deutshen Blatt, daß die antideutswen Artikel des vatifaniswen Organs dur@aus nit die Billigung des Papstes batten, und daß dasselbe auch den späteren Weisungen, sih zu mäßigen und A zu redtfertigen, nicht so nabgefommen sei, wie es der Wunsch des Papîtes gewesen wäre.“

Ferner werden die Urtheile der Presse in Rom über diese D in folgendem telegraphishen Bericht zusammen- gefaßt:

Die rômishen (liberalen) Blätter beschäftigen ch mit der An- gelegenheit des „Ofservatore Romano* und dem Adbsage- Artikel der „Germania“. „Opinione“ schreibt, die hinkende Rectfertigung des vatikaniswen Blattes werde die Katholiken Deutschlands nit ver- mögen, Religion und Politik zu vermishen. Die deutshen Katbo- liken hegten den nationalen Gedanken tief in ibrer Brust, und sie würden, follte der Vatikan wirkli einen Bund mit Frankrei eingehen, keine ihrer politishen Ueberzeugungen aufgeben, wobl aber würde der Glaube an das Pavstthbum einen Stoß er- halten, „Riforma* sagt, Frankreih denke gar niht daran,