1891 / 193 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 18 Aug 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamtliches.

Deutsches Reich

Preußen. Berlin, 18. August.

Der zum Range eines außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Ministers der Republik Haïti am hiesigen Allerhöchsten Hofe erhobene bisherige Viinister-Resident dieses Freistaates Hr. Delorme hat dem Auswärtigen Amt sein neues Beglaubigungsschreiben Behufs Uebermittelung an Seine Majestät den Kaiser und König am 12. d. M. übergeben. Dieses Schreiben is Seiner Majestät inzwischen vorgelegt worden.

Die „Norddeutsche Allgemeine Ztg.“ berichtet :

„Die s{chweizerishen Handelsvertragsverhand- lungen zu Wien haben ein einen endgültigen Abschluß ge- stattendes Resultat bisher nicht ergeben.

Troy der erzielten Einigung über den wesentlichsten Theil der beiderseitigen Tarife gehen doch bei einer Reihe von wichtigen Artikeln die gegenseitigen Wünsche noch immer aus- einander, und ihre Erörterung und Austragung dürfte immer- hin noch einige Zeit erfordern.

Da nun der Beginn der Verhandlungen mit Jtalien auf den 17. d. M. festgeseßt war und aus allgemeinen Gründen nicht weiter verschoben werden konnte, so haben die deutschen, österreihish- ungarischen und s{weizerishen Kommissarien die einstweilige Vertagung der Wiener Verhandlungen beschlossen und deren bisheriges Ergebniß durch ein Protokoll festgestellt, auf Grund dessen nah Abschluß der Handelsvertragsverhandlungen zwischen Jtalien, Deutschland und Desterreih:Ungarn die weiteren Be- spretungen soglei fortgeseßt werden sollen. Es ist begründete Hoffnung vorhanden, daß es dann gelingen wird, die noch vorhandenen Differenzpunkte zu beheben.

Die Delegirten Deutschlands und Oesterreich: Ungarns haben sich am Sonntag Abend nach München begeben, wo die Verhandlungen mit den bereits daselbst eingetroffenen italieni- {hen Kommissarien sofort beginnen werden.“

Ueber die Beschifung der Welt-Ausstellung in Chicago äußert sich die Vertretung des großbritannischen Handels und Gewerbes durch das „Chamber of Commerce Journal“ vom 10. August d. F. wie folgt:

„Durch die Tageëpresse werden die Interessenten bereits darüber unterrichtet sein, daß eine besondere Abordnung des Chicagoer Comités3 Europa besucht, um auf eine rege Betheiligunz hinzuwirken Bei den in London mit den Deputirten gepflogenen Erörterungen ist unter Anderem festgestellt worden, daß alle für die Schaustellung bestimmten Güter, so lange dieselben unverkauft bleiben, als unter Zoll- kontrole stehend behandelt werdea und keinerlei Zöllen unter- worfen sind.

Diese Einrichtung beseitigt jealichßen Grund zu etwaigen Streitic- keiten, da somit die bestehenden Zölle, mag im Jahre 1893 der jetzige Me. Kinley-Tarif oder eine gemäßigte Form deéselben zur Anwendung gelangen, bei einer würdigen Darstellung der ausländischen Industrie- Erzeuçcnisse nit in Betracht kommen. Die Ueberzeugung, daß das Unternehmen mit einem unzweideutizen Ecfolge enden werde, hat die Londoner Handelskammer veranlaßt, demselben ihre moralische Unterstüßung angedeihen zu lassen ; sie giebt der Erwartung Ausdru, daß alle britishen Industriellen, welche si zu betheiligen in der Lage sind, die nothwendigen Maßnahmen hierzu sobald als möglich treffen werden. Die Regierung Ihrer Viajestät hat, gleihwie andere Länder der alten Welt, die Einladung der Unionsregierung zur offiziellen Vertretung bei der Ausftellung angenommen und demgemäß cine britische Kommission ernannt. Angesihts der großartigen Darstellung der einzelnen Erzeugnisse, welche vermuthlich aus der allseiticen Annahme der Einladung Seitens unserer Konkurrenten in Nord- und Süd-Amerika si ergeben, und im Hinblick auf die Ent- faltung, welhe voraussichtliÞ für den internationalen Handel folgen wird, wenn in naber Zukunft eine günstigere Zollgeseßgebung zur An- wendung kommen sollte, wird die Londoner Handelekammer es mit Freuden begrüßen, wenn die britishen Industriellen fich zu einer regen Theilnahme entschließen und für eine der

hohen Stellung, welche die britishen Erzeugnisse in der gange Welt

behaupten, entsprehende Vertretung Sorge tragen. Es follen in Chicago Einrichtungen ins Leben treten, mittels welcher stündlich 100 000 Besucker nach dem PYVYusfstellung8gebäude bifördert werden können; die Ausftellung wird also eine einzigartige Gelegenheit zur Anknüpfung neuer Beziehungen bieten.“

Ueber die Frage, welche britischen Fnduftrie-Erzeugnisse mit Vortheil ausgestellt werden können, äußert sich dieZeitschrift generell dahin, daß nur die Zur|haubringung von Waaren bester Qualität und Ausführung zur Erweiterung des Absatzgebietes beitragen werde. Für Großbritannien hebt sie, ohne damit eine Ab: grenzung vornehmen zu wollen, u. A. folgende Jndustrie- klassen hervor: Cheviots, Tweeds, Homespuns, Alpakka, Poplin, Leinen zu Tisch- und Leibwäsche, Web-, Spinn- und Bergwerks-Maschinen, Porzellan, Zimmer- und Kunstmöbel, Glas, Messershmiedewaaren, Ziegel, Juwelen, Gold- und Silberwaaren und kunstgewerblihe Erzeugnisse aus Metall, Wagen und Geshirr, Teppihe und Dekorations- stoffe, Mosaik und gepreßtes Leder. Daß die vorstehende Auf- zählung von Waaren nicht die für die deutshe Beschickung in Betracht kommenden Jndustrie Erzeugnisse ershöpft, sondern ‘daß für uns noch eine große Reihe sonhiiger Fndusiriezweige von Wichtigkeit ist, wird Jedem, der mit unserer Ausfuhr nah Au Vereinigten Staaten vertraut ist, ohne Weiteres ein- leuchten.

Jn einer Verfügung der Minister des Fnnern und für Handel und Gewerbe wird Betreffs des Geschäftsbetriebes von Konsumvereinen ausgeführt, daß Zuwiderhandlungen gegen das Verbot des §. 8 Abs. 4 des Geseyes vom 1. Mai 1889, betreffend die Erwerbs- und R Ves Getibia Senft durch Festseßung von Ordnungsstrasen des Gerichts gemäß 8. 152 des genannten Geseßes nicht wird entgegen getreten werden können. Auch erscheine ein Vorgehen im Wege eines Zwangsverfahrens, ledigli au Grund des

. 132 des Landesverwaltungsgeseßes, nicht angebracht. Ès werde jedoh in denjenigen Fällen, in welchen sih die Lagerhalter von Konsumvereinen gewerbepolizeilicher Uebertretungen, 5. B. durch den unconceffionidén gewerbs- mäßigen Verkauf von Spirituosen an Nichtmitglieder, schuldig machen, sich empfehlen, dieselben auf Grund der Straf- bestimmungen der Gewerbeordnung zur strafgerihtlihen Ver- folgung zu ziehen und die Fortseßung des Geschäftsbetriebes gemäß 8. 15 Abs. 2 dieses Gesetzes polizeilich zu verhindern.

Der Termin für die Niederlegung der Ratifikations-:Ur- funden der General-Akte der Brüsseler Anti- \sklaverei- Konferenz ist, wie das „Deutsche Kolonial- blatt“ mittheilt, für die Vereinigten Staaten bis zum 2. Fe- bruar 1892, für die übrigen Mächte, welche noch nit rati- fizirt haben, bis zum 2. Januar ' 1892 verlängert worden.

Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Wirkliche Geheime Rath Freiherr Marschall von Biberstein is vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte wiedec übernommen.

Der Staats-Minister und Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten von Heyden ist von einem kurzen Ausfluge zur Besichtigung von Ansiedelungsgütern in der Umgebung von Gnesen und Wreschen hierher zurückgekehrt.

Der General-Lieutenant von Kleist, Inspecteur der 1, Kavallerie-Juspektion, hat Behufs Theilnahme an den Herbstübungen des IV. Armee Corps Berlin verlassen.

Der Königlich bayerische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe Graf von Lerche nfeld-Köfering ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandt- schaft wieder übernommen.

Der Regierungs-Assessor Freiherr von Wrede is der Königlichen Regierung zu Aachen zur einstweiligen dienstlichen Verwendung überwiesen worden.

Die Regierungs-Referendare Simon aus Posen, Reh- feld und von Heimburg aus Potsdam, Wittich aus Stade, Fleischauer aus Königsberg und Dr. jur. Schreiber aus Breslau haben am 15. d. M. die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.

Homburg, 18. August. Seine Königliche Hoheit der Prinz von Wales ist gestern Abend von Frankfurt a. M., wo Höchstderselbe dem Rennen beigewohnt und die Opern- vorstellung besuht hatte, zu Wagen hier eingetroffen.

Köln, 17. August. Jn Bezug auf den Mosel- kanalbau theilt die „Kölnische Volkszeitung“ mit: Neuer- dings werde verlangt, die Jnteressenten sollten bei mäßigen Gebühren für die ersten fünf Jahre eine wenigstens drei- prozentige Verzinsung des Anlagekapitals verbürgen. Der Verein zur Wahrung der Jnteresser für Rheinland und West- falen habe dem Ministerium vorshußweise 75000 M6 für die definitiven Vorarbeiten der Kanalisirung mit der Bitte an- geboten, in den Etat pro 1892/93 die erste Nate für den Bau einzustellen. Die Bauzeit werde auf vier Jahre geshäßt, auf die Vorarbeiten rechne man höchstens 11/5 Fahre. Das Anlage- kapital auf der preußischen Strecke Koblenz—Perl einschließlich der Häfen werde auf 32 511 000 # und die jährlichen Unter- haltungs- und Betriebskosten auf, 510 000 M geschäßt.

Paderborn, 17. August. Der Domkapitular Dr, H. S chhulte ist, wie „W. T. B.“ meldet, heute gestorben.

Vayern.

München, 17. August. Seine Königliche Hoheit der VYrinz-Regent hat an den General von Fries anläßlich dessen fünfzigjährigen Dienstjubiläums ein Handschreiben ge- richtet, welches nach der M. „Allg. Ztg.“ lautet:

„Mein lieber General der Infanterie von Fries! Ste vollenden am 17. d. M. eine fünfzigjährige Dienstzeit, auf welhe Sie mit großer Befriedigung zurückblicken dürfen. In Anerkennung der wesent- lihen Dienste, welbe Sie während Ihrer langjährigen Wirksamkeit in verschiedenen Stellungen geleistet, verlethe Ih Ihnen das Ehren- kreuz des Ludwigs-Ordens und spre@te Ihnen zu dieser Feter Meine aufribtigsten Glückwünsche aus. Als weiteren Beweis der Werth- \chäßung Ihrer Dienste stelle Ich Sie à la suite des 2. Feld- Artillerie-Regiments, in welchem Sie Ihre ehrenvolle militärische Laufbahn begonnen haben. Mit den huldvollsten Gefinnungen bin Ih Ihr wohlgeneigter Luitpold, Prinz-Regent von Bayern. Linderhof, den 10, August 1891.“

Jhre Königlichen Hoheiten die Herzogin Jsabella von Genua nebst Schwester, Prinzessin Elvira von Bayern, trafen am Sonnabend Abend mit dem Schnellzuge über Kusstein aus Venedig hier ein und reisten alsdann nah Bayreuth weiter. Von dort aus' werden ih die Prinzessinnen nah Berchtes- gaden begeben.

Sachsen.

Dresden, 17. August. Seine Majestät der König hat den Wüklihen Geheimen Rath und Kammerherrn von Zehmen auf Stauchiy in den erblihen Freiherrnstand erhoben.

/ Der außerorbentlich günstige Erfolg, welchen der vor- jährige Aufenthalt Jhrer Majestät der Königin in dem Seebade Blankenberghe für das Allgemeinbefinden der Monarchin hatte, giebt jet, wie die Dresdner Blätter melden, die Veranlassung, daß Fhre Majestät Ende dieses Monats sih wieder auf einige Wochen nah genanntem Kurorte be- geben wird.

Württemberg.

Friedrihshafen, 15. August, Der „St.-Anz. f. W.“ schreibt: Jhre Majestäten der König und die Königin sind durch das am 14. d. M. zu Caxlsruhe in Schlesien erfolgte Ableben Jhrer Königlichen Hoheit der Frau Herzogin Ma- thilde, Wittwe des Herzogs Eugen Erdmann von Württem- berg, in schmerzliche Trauer verseßt worden. Die Verehrung für den Herzog Eugen Erdmann und die Verbindung Jhrer Kaiser- lichen Hoheit der Frau Herzogin Wera mit dem Sohne, dem im Jahre 1877 verstorbenen Herzog Eugen, bildeten so viele Bande gegenseitiger herzlicher Anhänglichkeit, durh welche die Verewigte dem Königspaare besonders nahe stand. Jhre Majestäten haben sich deshalb bewogen gesehen, den von der hohen Frau noch zu Lebzeiten ausgesprohenen Wunsch, in aller Stille und ohne Gegenwart irgend welcher Repräsentanten beigeseßt zu werden, durhaus zu ehren und von der Abordnung von Vertretern zu der in Carlsruhe in Sghlesi-n stattfindenden Beisezung Umgang zu nehmen.

Meckienburg-Schwerin. Schwerin, 17. August. Das heutige Bulletin über U Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs autet: Obwohl die Anfälle von Athemnoth an Heftigkeit entschieden ab- genommen haben, ist das Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs heute doch insofern weniger befriedigend, als bei geringerer

Nahrungéeaufnahme ter allgemeine Kräftezustand wieder etwas gesuzken ist. Die Nacht war unruhig und brahte nur wenig Shlaf. Müller. Martius.

Oldenburg.

Oldenburg, 17. August. Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat sih der „Wes.-Ztg.“ zufolge von Mainau nah München begeben. Anfang September trifft Höchstderselbe auf Schloß Güldenstein im Eutin'’schen ein. Von dort siedelt der Großherzogliche Hof Anfang Oktober na Eutin über und kehri dann etwa Anfang November nah Oldenburg zurück. Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog, welcher Sonnabend Abend von seiner Seereise nach Kopenhagen hier- her zurückehrte, ist gestern Mittag zum Manöver bei Salz- wedel abgereist. j

Auf Anregung aus dem Landtage heraus stellt die Re- gierung in Aussicht, über folgende Gegenstände eventuell dem nächsten Landtage Vorlagen einzubringen oder Mit- theilungen zu machen:

1) Üeber den etwaigen Wegfall der Chaufsseegelderhebuna, Falls die Finanzlage dies alsdann irgendwie gestattet ; 2) über die Revision der Stempelaebührenordnungz 3) über die Heranziehung des Staats mit seinen Einnahmen aus den Eisenbahnen, Forsten, Domänen u. \. w. zu den pasönlihen Kommuralsteuern; 4) über eine Zu- \sammenstellung der Resultate der neuen Einkommensteuershäßung ; 5) über die nähere Art und Weise der Verwendung der zur Beschaffung von Güterwagen zur Ve:fügung gestellten 890 000 #4, fowie der in dem Voranschlage des Erneuerungsfonds bewilligten 250 000 M4; 6) über die Aufhebung der Wittwen-, Waisen- und Leibrentenkasse ; 7) über die Reoision des Brandkafsenzesetzes; 8) über einen Wege- geseßentwurf für das Großherzoathum Oldenburg ; 9) über die Umgestal- tung des landwirthschaftlihen Unterrihtswesens; 19) über Aufhebung des selbständigen Vorar schlags des Erneuerungsfonds der Eisenbahn- verwaltung und U-eberleitung der betreffenden Position in den Vor- anschlag der Ei'enbahnbéetriebtkasse; 11) über die den Landtags- Abgeordneten während der Lauer der Lzndtasversammlung auf den oldenburaischen Bahnen zu gewährende freie Eijenbahnfahrt ; 12) über eine Petition aus Cloppenburg, betreffend den Schutz nüßlicher Vögel; 13) über eine Petition aus Birkenfeld, betreffend Abänderung des Iagdgesetzes.

Sachsen - Meiningen. i Meiningen, 17. August. Jhre Durchlaucht die Prinzessin Friedrih von Sachsen-Meiningen is gestern Vor- N um 11 Uhx von einer Prinzessin glücklih entbunden worden.

Oesterreih-Ungarn.

Wien, 17. August. Die Meldungen verschiedener Blätter über angebli bevorstehende Aenderungen in der Oberleitung der österreihish- ungarischen Kriegsmarine werden, wie „W. T. B.“ nah dem „K. K. Telegraphen-Correspondenz- Bureau“ berichtet, für vollkommen grundlos erklärt. (Vergl. Nr. 191 d. Bl.)

Der Minister-Präsident Graf Taaffe traf einer Mit- theilung des „Pg. Abdbl.“ zufolge heute Morgen aus Cllischau wieder in Wien ein.

«Fn Reichenau fand gestern dur den Kardinal Gru scha die Firmung der Erzherzogin Maria Annunziata, geboren den 31, Juli 1876, Tochter des Erzherzogs Kark Ludwig, statt.

Aus Prag berichtet ein Wolff’ {hes Telegramm, die Festvorstellung in dem neuen deutschen Theater an- läßlih des morgigen Geburtsfestes des Kaisers habe sih zu einer großartigen Ovation Seitens des gesammten Publikums gestalte. Auf dem Ausstellungsplaße fanden ebenfalls patriotische Kundgebungen statt.

Im ungarishen Oberhause und Unterhause wurde, wie telegraphish aus Budapest gemeldet wird, heute ein Königliches Reskript verlesen, durch welches der Reichstag auf den 3. Oktober vertagt wird.

Der „Köln. Ztg.“ wird über die Untersuchung in der Angelegenheit des Hauptmanns Uzolacz Folgendes als Ergebniß mitgetheilt : Uzolacz wollte einen Zusammenstoß ver- hüten. Er befahl den Soldaten, in die Kasernen zu gehen, und sagte: „Schämt euch, mit dem Pöbel zu streiten, der nur werth ist zum Hineinpfeffern.“ Die im Parlament Uzolacz untergeshobenen Redenstarten sind unbegründet.

Großbritannien und Jrland.

Der Kronprinz von Jtalien besichtigte am Sonn- abend die großen Palmer'shen Schiffsbauhöfe in Yarrow, wo zur Zeit mehrere Dampfer für die FJtalo-Britannische Dampfschiffahrts-Gesellshaft im Bau begriffen sind. Der Prinz war von dem italienishen Botschafter Grafen Tornielli begleitet. Nachmitiags besuchte der italienishe Thronfolger das Schulschiff „Wellesley“ und die Geshüßfabrik von Elswick. Am Abend reiste der Prinz sodann nah Bergen in Nor- wegen ab.

Prinz Heinrih von Battenberg hat auf seiner Yacht eine neue O nach der südwallisishen Küste angetreten und wird der Gast Mr. Graham Vivian's auf Schloß Clyde sein.

Frankreich.

Paris, 17. August. Nachdem gesiern Morgen der Gesandten- Einführer Graf d'Ormesson mit demKönigvon Serbien die nothwendigen Verabredungen für denBesuch in Fontainebleau getroffen hatte, reiste der König Alexander heuie dorthin und wurde, wie „W. T. B.“ meldet, in Fontainebleau mit den üblichen Ehrenbezeugungen empfangen. Der Präsident Carnot begrüßte den König am Bahnhofe. Während des Déjeuners, welches bei dem Präsidenten statt- fand, hatte Madame Carnot den König Alexander zur Rechten und den König Milan zur Linken. ; h

Die Session der Generalräthe ist heute eröffnet worden. Von den meisten der Vorsißenden wurde in den Eröffnungsreden die Politik überhaupt nicht erwähnt, nur einzelne derselben betonten die Ruhe im Fnnern oder thaten der Vorgänge in Kronstadt Erwägnung. So sagte in der Sizung des Generalraths in Alby (Departement du Tarn) der Präsident Barbey, Frankceih wäre jeßt wieder zur vollen Lebenskraft erstarkt. Sicher seiner selbst, habe es Europa zur Achtung gezwungen und die ihm gebührende Stellung wieder eingenommen; die Manifestationen zu Kronstadt stellten es ins hellste Licht, daß Frankreich niht mehr isolirt sei. Fm Generalrath zu Digne gab der Präsident Cogordan der Genugthuung über die freundschajtlihen Beziehungen zwischen Frankreich und Rußland Ausdruck. Jn Epinal gab der Deputirte Ferry, nahdem ex im Generalrath die

Präsidentshaft übernommen hatte, in einer Anrede der Befriedigung darüber Ausdruck, daß in der inneren Lage Frankreichs jeßt eine Beruhigung eingetreten sei, welche eine tavilität dec Verhältniss? bewirkt habe. Dank dieser Stabilität habe si die öffentlihe Meinung in Europa, welche von unbeständigen Regierungen und anarchiswen Zuständen nihts wissen wolle, Frankreih wieder zugewendel.

Ueber den Eindruck, den der Besuch der franzöfischen Flotte in England in Frankreih mat, shreibt man der „Köln. Ztg.“, daß man sich jeßt lebhaft mit diesem Besuche beshaftige und, wenn auch keine Begeisterung dafür vorherrsche, so sei doch auch die zuerst ausgesprochene shlechte Stim- mung geshwunden, Man empfinde die englishe Ein- ladung als eine dem zu neuer Macht auferstehenden Frank- reih dargebrahte Huldigung, die man mit einem gewissen Wohlgefallen entgegennehme, immer natürlich mit der Ver- wahrung, daß der russishe Besuh denn doch etwas ganz anderes gewesen sei. Eine Ausnahme bilden nur einige grund- fäßlih mit Allem unzufriedene Boulangisten und einige „Patrioten“, die stets und überall die Eatdeung machen, daß Frankreich sich irgendwo etwas vergebe.

Jm Cirque d'Hiver fand hzute eine Versammlung von Sozialisten und Boulangisten statt, welche von etwa 5000 Personen besucht war. Nach Reden der Deputirten Laure und Millevoye nahm die Versammlung unter allge- meiner Zustimmung eine Tagesordnung an, in welcher Rußland der Dank Frankreihs für den Empfang des französishen Geschwaders in Kronstadt ausgesprochen, gleichzeitig aber der Beschluß, die französishe Flotte einen Besuch in Portsmouth machen zu lassen, bedauert wird. Den Elsaß-Lothringern wurde die unwandelbare Hoffnung an eine Wiedervereinigung mit Frankreich ausgesprohen. Als der Depu- tirte Laur nah dem Schluß der Versammlung auf der Straße einen Wagen bestieg, um davon zu fahren, wurde ein Schuß auf denselben abgegeben. Laur blieb unverleßt, der Kutscher wurde leiht verwundet. Die Person, welhe den Schuß ab- gegeben hatte und der anarchistishen Partei angehört, wurde sofort verhaftet.

An der gestrigen Gedenkfeier der Schlahttage von Mars la Tour und Gravelotte nahmen, wie „W. T. B.“ berihtet, gegen 20000 Personen Theil. Die Musik spielte ab- wedselnd die Marseillaise und die russishe Hymne. Der Unter- Präfekt Giraud von Briey feierte in einer Ansprache am Fuße des Denkmals die russische Allianz. Ueber andere

Undgebungen der Sympathie für Rußland berichtet die „Köln. Ztg. “: Bei einem Turnfest in Voiron hielten gestern der Deputirte Rey und der Bürgermeister patriotishe Reden. Der Deputirte Rivet verlas ein Gedicht Über das französis russishe Bündniß und erntete natürlich stürmischen Beifall. Während der Preisvertheilung durch den Präfekten spielte die Musik unter dem Jubel der Zuhörer ab- weselnd die russishe Hymne und die Marseillaise. Jn Vichy

ab ein Musikfest die Gelegenheit zu ähnlihen Kundgebungen. lle Gesangvereine hatten neben ihren Bannern die russische ahne aufgepflanzt, und den ganzen Tag über wurde auf den traßen und auch während der Preisvertheilung die russische Hymne gespielt.

Der gestern an dieser Stelle erwähnte Artikel des mon- archistishen „Soleil“ lautet nah der „Köln. Ztg.“ in seinen wesentlichen Punkten:

Es ist nit der Zar allein, der Herrscher über bundert Millionen Menschen, welcher Hrn. Carnot, dem Präsidenten der Französischen Republik, die Hand bietet und ihn als seines Gleichen behandelt, die Französische Republik hat \sich nit damit begnügt, den Zaren zu ge- winnen, sie hat vor dem Kaiser von Rußland noch einen Mähhtigern gewonnen, den Papst, das geistlihe Oberhaupt von zweihundert Millionen Seelen. Msgr. Lavigerie hat nach feiner Rückkehr aus Rom mit Ermächtigung des Papstes die Marseillaise von seinen „weißen Brüdern“ spielen lassen, ehe noch der Zar sie vor sih bei den ewig denkwürdigen Festen von Kronstadt vortragen ließ. Auf Seiten der Französishen Republik stehen somit im Jahre des Heils 1891 die zwei größten autokratishen Mächte, die es auf der Welt giebt: der Papst und der Zar Als Patrioten freuen wir uns aufrichtig Über das Geschehene, und als Philosophen sehen wir der Bewegung zu, welhe die französische Nation zur Republik hinreißt. Wir erkennen an, daß die monarchis@e Partei durÞ die Morgenröthe, welche die Stirn der Republik bekrän;t, verdunkelt is, und wir beklagen uns darüber nit, denn das Volk wendet sih zur Republik, weil es sich stets dem Erfolge zuwendet. Das ift ganz natürli. Bei dieser Lage der Dinge können wir, was die Wiederherstellung der Monarchie an- geht, nur auf die Vorsehung rechnen, deren Zwecke geheimnißvoll und deren Pläne unergründbar sind, und die sih vielleiht niht immer mit den Ereignissen dieser niedern Welt beschäftigt. Wir beglück- wünschen uns zu den Erfolgen der Republik, weil sie Frankreih zu Nuge kommen, aber diese Vorgänge ändern nit unsere Meinungen. Die französishe Monarchie von Philipp August, Ludwig dem Heiligen und Heinri IY. bleibt unser Ideal.

_ Prinz Damrong, der Bruder des Königs von Siam, wird am 23. d. M. in Paris eintreffen.

Rußland und Polen.

Jm Marine-Ministerium wird, der „Pet. Wed.“ zufolge, zur Zeit der Umbau des Ssewastopoler Kriegs8- hafens und die Absicht, Ssewastopol zu einer Festung ersten Ranges zu machen, ventilirt. Der Bau des Panzer- \chisfes „Georg Pobedonoszew“ nähert sih seiner Voll- endung und der Stapellauf steht nah dem „Now. Tel.“ im September oder Oktober bevor. Demselben Blatt zufolge

at unlängst auf der Werft in Newcastle der Stapellauf des ür die Freiwillige Flotte neuerbauten Dampfers „Ssara tow“ stattgefunden. Die Ausrüstung wird etwa noch vier Monate in Anspruch nehmen, sodaß er Ende November oder Anfang Dezember in See gehen kann.

Schweiz.

_ Der Bundesrath hat den Kantonen Uri und Glarus für eine Klausenstraße zwishen Altdorf und Linththal 1 708 000 Fr. Bundesbeitrag bewilligt.

Niederlande.

_ Wie man der M. „Allg. Ztg.“ aus dem Haag meldet, wird der Kronprin von Ftalien am 25. d. M. dort erwartet und von der Regentin und der Königin, welche dazu vom Königlihen Sommerschloß „Het Loo“ herüberkommen, esnplangen werden, Vor einigen Jahren bildete fih in den i lederlanden ein Verein zur Vorbereitung der Trodcken- A B des Zuidersees. Wie nun aus der Mittheilung gs er Verwalter des Vereins hervorgeht, wird derselbe die

-rodenlegung einer Oberfläche von 280 000 ha, bis zu etwa vier Fünstel Lehmboden bester Qualität, beantragen. Die Dauer dieser Riesenarbeit wird auf nur aht Jahre und die Kosten werden auf 42 Millionen Gulden veranschlagt.

Luxemburg.

Luxemburg, 15. August. Wie die „Luxb. Ztg.“ ver- nimmt, beabsichtigt Seine Königliche Hoheit der Großherzog, am 20. d. M. das Land auf einige Zeit zu verlassen. Gestern Morgen is der Großherzog mit seiner Familie nah Ehternach gereist. Der Großherzog soll die Hoffnung ausgedrückt haben, daß günstiges Wetter thm noch ermöglichen werde, verschiedene andere Kantonal-Hauptorte zu besuchen.

Wie der „Magdeb. Ztg.“ aus Luxemburg gemeldet wird, hat eine Versammlung von Gemeinderäthen luxemburgischer Moselstädte empfohlen, das Projekt der Moselkanalisirung finanziell niht zu unterstüßen.

Die „Luxemburger Zeitung“ macht in einer Besprehung des zwischen Frankreih und Belgien kürzlih abgeschlossenen Uebereinkommens über die Leistung der Militärpflicht darauf aufmerksam, daß zur Regelung der Konflikte, welche in ähnlicher Weise wie zwischen beiden genannten Staaten auch zwischen Frankceih und Luxemburg vorkommen, eine ähnliche Vereinbarung wünschenswerth sei. n diesem Verhältniß habe es gelegen, daß Staats-Minister Eyshen in der vorjährigen Kammersession die Vertagung beantragte, als der Bericht- erstatter der Vorlage über das Naturalisationsgesez die Kodi- fizirung der in Luxemburg in Betreff des Jndigenats geltenden Geseßesbestimmungen verlangte. Es werde shwer halten, meinte Hr. Eyschen, die luxemburgishe Gesezgebung zu kodifiziren, ohne daß bei dieser Veranlassung die shwebenden internationalen Schwierigkeiten gleichzeitig ihre Beilegung fänden. Die Schweiz und Belgien seien gegenwärtig beschäftigt, eine Lösung dieser Fragen zu suchen, und das Großherzogthum habe ein FJnteresse daran, diese Lösung abzuwarten. Jn einem oder zwei Jahren treffe das vielleicht zu. Die belgishe Deputirtenkammer habe nunmehr das fragliche Uebereinkommen einstimmig gutgeheißen ; die Schweiz und Luxemburg würden voraussihtlich eine gleiche Konvention mit Frankreich zu erhalten suhen. Dann werde dem Antrage des Berichterstatters der Kammer gewillfahrt werden können. Für Luxemburg selb, das keine Rekruten einstellt, habe die Sache allerdings nicht dieselbe Bedeutung, welche die Frage anderwärts besize; allein für die in Frank- reih wohnenden Luxemburger, die ihrer Nationalität nicht verlustig Ee und einem fremden Staate nicht dienen wollen, sei sie von höchster Wichtigkeit. Die „Luxb, Ztg.“ ist überzeugt, daß die Regierung die Sache niht aus den Augen verlieren und die günstige Gelegenheit zur Beseitigung der obschwebenden Schwierigkeiten niht unbenüßt vorübergehen lassen werde.

Serbien. Belgrad, 17. August. Der Kaiser von Oesterreich

übersandte heute laut Meldung des „W. T. B.“ sein Bildniß mit eigenhändiger Unterschrift für den König Alexander.

Vulgarien.

__ Sofia, 18. August. Gestern wurden im ganzen Lande die Wahlen für die Generalräthe vorgenommen; sie verliefen in vollster Ordnung. Die die gegenwärtige Regierung unterstüßenden Kandidaten wurden, dem „W. T. B.“ zufolge, fast ohne Opposition gewählt.

Schweden und Norwegen.

(F) Christiania, 15. August. Das Fest zu Ehren der französishen Marine-O ffiziere, das gestern Abend von dem französishen Konsul Reinhardt in Christiansand veranstaltet worden war, zählte gegen 300 Theilnehmer; der französishe Gesandte Millet und der General-Konsul Mimaut waren nebst Gemahlinnen anwesend. Stiftsamtmann Stang toastete auf den Präsidenten Carnot, General-Konsul Mimaut auf A Oscar, welchen Toasten noch eine ganze Reihe anderer olgten.

17. August. Der Kronprinz von Ftalien is gestern in Stavanger und heute Morgen in Bergen an- gekommen und wurde an der Landungsbrücke von einer großen Menschenmenge begrüßt. Am Nachmittag erfolgt, wie „W. T. B.“ meldet, die Abreise von hier über Land nach dem Sognefjord, wo der Kronprinz sich auf dem „Neptun“ einschiffen wird.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Der „Chicago Herald“ vom 15. d. M. meldet in einem Spezialbericht aus dem Seebade Cape May: er sei zu der Mittheilung ermähtigt, daß Präsident Harrison noch vor dem Zusammentritt der republifanishen National-Konvention im Jahre 1892 eine Wiederkandidatur für die Präsidentschaft ablehnen werde. Der Präsident, heißt es in dem Bericht, sei in den leßten vierzehn Tagen zu diesem Entschluß gekommen und habe bereits Hrn. Stephen Elkins und den Vorsißenden der National-Konvention Hrn. Clarkson davon verständigt.

Asien.

China. Das „Reuter’she Bureau“ meldet aus Tientsin vom 17, August: Die Gesandten der fremden Mächte be- ständen nah wie vor bei der chinesishen Regierung auf der angemessenen Bestrafung der Personen, welhe an den neuerlihen Ruhestörungen in Wuhu, Wusich und anderwärts theilgenommen, sowie auf der Be- strafung derjenigen Beamten, welhe außer Acht gelassen hätten, die Fremden und ihre Habe zu schügen. ie Frage der pekuniären Schadloshaltung sei eine davon unabhängige Frage, welhe man in den dem Tsungli-Yamen überreichten Noten nicht berührt habe. Die Zahlung der Ent- shädigung für die in den WMissionsanstalten im Jnnern von China verübten Beschädigungen sei {hon früher zwischen den englishen Vertretern und den Lokalbehörden erledigt worden, bevor die auswärtigen Gesandten ihre Kollektivnote dem Tsunali:-Yamen überreicht hätten.

_ Aus Bombay, vom 18, August meldet „R. B.“, daß eine russishe Erforshungs-Expedition, 600 Mann zählend und aus Kosaken, Jnfanterie und zwei Berg- geshüßen bestehend, im Gebiete von Pamir eingetroffen ift.

Kunft und Wissenschaft.

4 Jm dritten Heft des Jahrbuchs der König- li Preußischen Kunstsammlungen berichtet Jaro Springer über ein neuerdings vom Königlichen Kupferstich- kabinet aus England erworbenes Skizzenbuch von Marten van Heemsfkerk, jenes Haarlemer Meisters, von welchem die Berliner Sammlung bereits einen Band mit Zeichnungen aus seiner röômishen Studienzeit (1532—1538) besißt. Gleich diesen Zeihnungen hat auch das neuerworbene Skizzenbuch durch die Aufnahme römischer Alterthümer und Bauten einen

oten antiquarischen Werth. Springer untersucht mit Ueber- gehung des rein archäologishen Materials, das voraussfihtlich von Adolf Michaelis in Straßburg eine fahkundige Be- arbeitung erfahren wird, die für die Baugeshihte und Topographie Roms im sechzehnten Jahrhundert wichtigen Auf- nahmen Heemskerk's, wobei sich namentlich für den Bau der Peterskirhe und die Renovirungsarbeiten des Pantheon be- deutsame Resultate ergeben. Von hervorragendem Jnteresse ist auch eine große Gesammtansiht Roms von Heemskerk, vom Jahre 1536 datirt, da sie in ihren Einzelheiten einen durchaus zuverlässigen Eindruck macht. Max Lehrs untersuht an der Hand einiger italienischer Kupfer- stihkopien nach deutshen Originalen die Wechsel- beziehungen zwischen nordisher und wälsher Kunst im fünf- zehnten Jahrhundert, wobei er der Ersteren die führende Rolle zuweist. Die Abhandlung begleitet eine Reproduktion eines oberitalienishen Kupferstihs, einen „Liebesbrunnen“ darstellend. Ein sehr umfangreiher und mit dokumentarishem Material reihlih ausgeslatteter Aufsaß von Paul Seidel beschäftigt sich mit der Herstellung von Wandteppichen in Berlin, insbesöndere mit der Thätigkeit des Tapissiers des Großen Kurfürsten Pierre Mercier aus Aubusson. Die zahlreihen Urkunden lassen uns den Verlust der in ihnen erwähnten Gobelins lebhaft bedauern. W. von Seidligtß beseitigt in einer kritishen Studie über die Holz\chnitt- Jllustrationen der deutschen Petrarca- Ausgaben endgültig die seit Passavant's verworrenen Ausführungen in der Literatur noch immer wieder auftauchende Zuweisung dieser Holz- snittfolgen anden bekannten Augsburger Maler und Holzschneider Burgkmair, dessen breiter malerisher Behandlung de3 Holz- shniites die genannten Jllustrationen durchaus fernstehen. Ein Jugendwerk Michelangelo's suht Bode in einem den verstorbenen bekannten Florentiner Sammler und Kunst- forscher K. v. Liphart gehörigen Marmorrelief mit der Darstellung des Apollo und Marsyas nachzuweisen, dessen Abbildung in Lichtdruck dem Heft beigegeben is. Der Aufsaß ist im Sinne eines pietätvollen Nachrufes an den greisen und doch bis in seine leßten Tage unermüdlih thätigen Besißer geschrieben, dessen Anschauungen über das fragliche Bildwerk er Ausdruck giebt. Der meisterhafte Stih von Geyger nach dem Jünglingsporträt von Antonello da Messina in der Gemäldegalerie zu Berlin giebt dem Direktor der Galerie Veranlassung, in einer kurzen, das Heft beschließenden Notiz die hohe tehnishe Begabung des Kupferstehers, welcher mit dieser Arbeit für das große im Verlage der Grote'’shen Buch- handlung erscheinende Galeriewerk betraut war, in aner- kennender Weise hervorzuheben.

Aus Weißenburg a. S. vom 14. August wird der M. „Allg. Ztg." geschrieben: Die Ausgrabungs8arbeiten an unserem Römerkafstell förderten wicder recht \{öône Funde zu Tage; so unter Anderem einen eisernen Zirkel, Bronze Zierblebe mit ge- triebenen figürlih:n Darstellungen und fast den ganzen Gesichtstheil eines sogenannten Maskenhelms aus Bronze in getriebener Arbeit. Ein folher Maskenhelm bestand ursprünglih aus einem Theile für Gesicht und Vorderhaupt, sowie aus einem Theile für den Hinterkopf und wurde beim Aufseßzen und Abnehmen ver- mittelst eines am Scheitel befindlihen Scharniers aus8einandergeklappt. Unser Stück reiht vom rechten Ohr nah links bis über die \{ön geformte Nase hinweg, die Haare sind mit Slangen dur{flohten, und auf dem Stirntheil ist noch der Rest, besonders der Flügel, eines Adlers zu erkennen, Dieser äußerst feltene und hoh- interessante Fund ift gleich allen anderen zahlreichen, hier {on genannten Fundgegenständen in unserer reihhaltigen und vielbesuhten Sammlung aufbewahrt.

Die britische Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften wird in dieser Woche ihre 61, Jahresversammlung in Cardi ff abhalten. Der Präsident der diesjährigen Versamm- lung ist der Astronom William Huggins. Jn der mathematisch- physikalishen Sektion wird Professor O. J. Lodge den Vorsigß führen und über die für Chemie Professor Roberts-Austen. An der Spitze des Empfangscomités steht der Marquis von Bute, welcher dieses Jahr Bürgermeister von Cardiff ist.

J1 den am Freitag abgehaltenen Sektionssizungen des Kongresses für Hygiene und Demographie wurden, wie aus London berichtet wird, die nachstehenden Vorträze gehalten. In der Sektion für Präventivmedizin sprahen der Hülfs-General- arzt Boston und Sir Vincent Kennett - Barrington über die „Hospital- und Ambulanz - Organisation der hauptstädtishen Armenbehörden in Hinsiht auf Entfernung und FJsolirung der ansteckenden Krankheiten“. In der Abtheilung für Kinderkrankheiten sprach Dr. Shuttleworth aus Lancaster über geistes\{chwache Kinder. Diese seien oft die Opfer ihrer Umgebung. Zur Hebung des Ver- standes und Geistes sei eine Besserung der Nahrungsmittel unerläßlich. Wie man am Besten Erhebungen über den Geisteszustand \{chwach- sinniger Kinder veranstalten könne, legten Dr. Strumpell (Leipzig), Dr, Koh (Würltemberg), Dr. Emil S@{miy (Leipzig) und Dr, Hasse (Leipzig) dar. An der folgenden Debatte nahmen Dr, Down, Prof, Guye und Dr von Hofmann Theil. Dr, Gußmann aus Berlin sprach über „die Hygiene der Sprache in der Jugendzeit“, „Influenza und Wetter von London“ bildeten das Thema der nähsten Vorträge, zu welchen Sir Arthur Mithell und Alexander Busham in der cwemishen Sektion das Wort ergriffen. Jhren Angaben zufolge fordert die Influenza bei warmem Wetter mehr Opfer als bei kaltem, wenngleih sie hauptsählid im Winter vorkommt. In der Gebäudesektion bildete die „JIsolation der Hospitäler“ den Gegenstand -der Besprehung. Wie Hr. R. Thorne Thorner vor der Selbstverwahrungsbehörde ausführte, sind vor Allem dreierlei Mittel nothwendig, um das Publikum vor an- steckenden Krankheiten zu {üßen: 1) Sofortige Angabe, wo die an- steckende Krankheit ausgebrochen ift ; 2) sofortige Ueberführung der mit ansteckenden Krankheiten behafteten Personen nah dem Hospital, \o- weit sich die betreffenden Fälle nicht in dem Hause des Kranken isoliren laffen, und 3) Vorkehrungen, um die Ausbreitung der an- steckenden Krankheiten auf die Nachbarschaft zu verhindern. Die Sektion für Staatshygiene hielt es für wünschenswerth, daß von ansteckenden Krankheiten amtlich Kenntniß gegeben werde und daß der behandelnde Arzt und der Hauseigenthümer diesem Ersuchen nah- fämen. In der Sektion für Demographie führten die zur ärztlihen Abtheilung der Vereinigten Staaten-Armee gehörigen Herren Oberst

Greenleaf und Major Smart aus, daß Bertillons anthropometrische Methode sih vor einem Kriegsgeriht nicht bewähre, weil sich bei dem Maß und der Abschäßzung der Rekruten verschiedene Irrthümer ergeben könnten. In der gestrigen Schlußsißung wurde P est zum Ort der nächsten gelang erwählt.

Am 16. September wird in dem alten Canterbury die Enthüllung des zu Ehren des englishen Dichters Marlowe, des Verfassers des „Dr. Faustus*, errihteten Denkmals stattfinden. Das Monument stellt die Göttin der Poesie dar, welche einen Lor- beerkranz auf dem Haupt, eine Leyer in der Hand trägt. In Ab- lenheit von Lord Coleridge wird Henry Irving das Denkinal ent-

üllen.

Theater und Musik.

i __Kroll's Theater. _Die Großherzoglih hessishe Kammersängerin Fräulein Jettka Fink enstein gab gestern zum ersten Male in dieser Saison die Rolle des Fidelio in Beethoven's gleihnamiger Over. Die Klangfarbe

der Stimme sowie die äußere Erscheinung kommen ihr in der