1911 / 126 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 30 May 1911 18:00:01 GMT) scan diff

Deutscher Reichstag. 186. Sißung vom 29. Mai 1911, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Fortseßung der dritten Beratung des Entwurfs einer Reichsversicherungs- ordnung.

Ueber den Anfang der Sißzung ist Nummer d. Bl. berichtet worden.

Es folgt das zweite Buch „Krankenversicherung““.

8 177 bestimmt den Umfang der Versicherungspflicht. Außer den Arbeitern, Gehilfen, Gesellen, Lehrlingen und Dienstboten follen auch Betriebsbeamte, Werkmeister usw., Handlungsgehilfen, Bühnen- und Orchestermitglieder, Lehrer und Erzieher versicherungspflichtig sein, ebenso Schiffer, wenn ihr regelmäßiger Jahresverdienst 2000 /6 an Entgelt nicht übersteigt. '

Die Kompromißparkeien haben jegt einen Antrag einge- bracht, die Einkommensgrenze auf 2500 6 zu erhöhen.

Abg. Dr. Thoma (nl.): Der \inkende Geldwert hat einen be- deutenden Kreis von Angestellten dem Krankenversiherungszwang ent- ¿ogen, der nah den Intentionen des Gesetzgebers von 1883 von diefem Zwange mitbetroffen werden sollte. Es wird niemand bestreiten, daß heute 2500 M in ihrem Geldwerte noch nicht das sind, was 1883 9000 M waren. Ich darf nur daran erinnern, daß mit Wirkung vom 1. Avril 1910 ab dur die Zivilprozeßnovelle die amtsgericht- lie Zuständigkeit unter anderem gerade mit Hinweis auf diefes Argument des sinkenden Geldwertes um nicht weniger als 100 9% erhöht ist. Niemand hat damals danach gefragt, wie es dabei mit den Interessen der Nechbtsanwälte bestellt war, und zwar mit Necht hat man nit danach gefragt, denn wenn das allgemeine Interesse eine solche Erhöhung verlangt, so haben die Sonderinteressen eines ein- zelnen Standes zu \{weiaen. Es handelt sich aber auch nach einer anderen Nichtung um die Wiederherstellung eines früberen Zustandes. Der Standpunkt der Negierung hatte sich in erster Lesung schon ge- ändert, und aus Gründen, die nicht zutreffen, wurde erst in zweiter Lesung wieder auf die Gehaltsgrenze von 2000 F zurückgegangen. Weiter handelt es #ch um die Aufrechterhaltung des Bestehenden insofern, als zweifellos ein ganz erhebliher Teil von denjeniaen, welche \ich in Geha!tsflassen von 2000 bis 2500 f befinden, {on jeßt, sei es im Wege der Ersatzkassen oder der freiwilligen Fort- versicherung, der freien ärztlihen Behandlung entzogen sind. Auf der anderen Seite erkenne ich an, daß die ärtlihen Taren der modernen Z°-it angepaßt werden müßten. Wo Krankenversierungs- zwang besteht, wird aber in weit mehr Fällen ärztlihe Hilfe in Anspruch genommen, so liegt es auch direkt im Interesse der Aerzte, die Versicherungsgrenze auf 2500 4 ‘zu erhöhen. Ferner findet das ärztliche Interesse seinen Ausgleich darin, daß es möglich ist, durch Vertrags\{hluß mit den einzelnen Kassen eine Differenzierung der ärztlihen Honorare eintreten zu lassen für diejenigen, die über 92000 46 Einkommen beziehen. Nach Lage der Dinge hat ein weiter aehender Antrag als der auf 2500 4 keine Aussicht auf Annahme. Durcb die Behauptung, es würden 95 9/9 der Bevölkerung der freien ärztlichen Behandlung entzogen, wie sich aus der preußischen Staats8- steuerstatistik ergebe, soll man sich nicht verblüffen lassen. Ver- \icherungspflitig ist überhaupt nur der dritte Teil der Bevölkerung, auch sind in der Staatss\teuerstatistik Untershäßungen enthalten. 2500 4 follten jedenfalls genehmigt werden, ohne Präjudiz für die Invaliden- versicherung.

Abg. Hod (Soz.) befürwortet einen Antrag Albrecht, die Grenze auf 3000 A zu bemessen. Daß ein folher An- trag aussihtslos wäre, treffe nicht zu. In der ersten Lesung der Kommission babe das Zentrum denselben Antrag gestellt. In der ganzen Debatte sei auch kein einziger Grund angeführt, der die Be- rechtiguug dieser Forderung irgendwie in Zweifel stellen könnte. Angestellte mit 3000 4 Gehalt seien noch weniger als Arbeiter, für die manche Ausgaben sid erübrigten, in der Lage, Rücklagen zu machen. Eine ganze Reibe von Verbänden kaufmännischer An- gestellter habe \ih für die 3000--Grenze auêsgesprochen, ebenso der deuts{che TeMnikerverband. Gerade die Nationalliberalen trügen die Schuld, daß die Anaestellten {wer geschädigt würden, denn wenn sie ñch den Sozialdemokraten angeschlossen hätten, so wäre eine Mehr- beit vorhanden gewesen. Eine Verständigung sei sehr wohl möalich gewesen, denn die Sozialdemokraten bätten dem Zentrum ausdrücklih in der Kommission angeboten, das Gesetz mit ihm zu machen und ungenügende Verbesserungen in Kauf zu nebmen. Unbedingt nötig sei die Erhöhung wenigstens auf 3000 (4. Er beantrage zugleich nament- lihe Abstimmung über diesen Antrag.

Aba. Dr. Potthoff (forts{r. Volksy.): Die ganze Arbeiterschaft it durchaus nit entzückt, wie es die Mehrhbeitsparteien darstellen. Weite Kreise der nicht s\ozialdemokratisben Arbeitnehmerschaft steben auf dem von der Linken geltend gemachten Standpunkt. Namentlich find die Privatangestellten außerordentlich wenig zufrieden mit dem, was ihnen dur die Neichsversiherungsordnuna geboten wird. Am 19. Mai i} auf einer Versammlung in Berlin, der 14 Tausend Mitalieder der verschiedensten Technikerverbände beiwohnten, eine Nesolution aefakßt, in der diese Anaestellten energisch vrotestieren gegen die unwürdige Behandlung durh Neichstag und Regierungen, sie seien empört über die Nichtberücksichtigung der Angestelltenwünsche, besonders über die Ablehnung der von der Regierung zugegebenen Erhöhung der Einkommensgrenze in der Kranken- und Invalidenversicherung. Die Resolution klingt sehr \charf und radikal. Ich betone daher, daß es si nicht um eine sozialdemokratische Volksversammlung handelte oder um folhe eines einzelnen als besonders radikal * verschrienen Technikerverbandes. Es waren vielmehr Angehörige von mehr als einem Dutzend von Technikervereinen anwesend. Wenn Sie 9500 M besbließen, so hindern sie nur, daß die Versicherung nicht wesentlich \{lechter ist, als sie bereits vor einem Menscbenalter ein- geführt wurde. Wenn fie nur eine ganz bescheidene Verbesserung gegenüber den 80er Jahren herbeiführen wollen, so müssen sie mindestens den sozialdemokratishen Antrag auf 3000 é annehmen. Gs gibt auch nit einen einzigen, noch so kleinen und bescheideven Nerein, der nicht für diese Grenze eingetreten wäre. Die meisten wiinschen 5000 M, aber es ist zwecklos, darauf zurückzukommen. Was wird gegen die Erhöhung auf 3000 überhaupt von saclichen Gründen geltend gemacht? Die Behauptung des Kommissions- berihtes, daß 95 9% der Bevölkerung der freien ärztlihen Be- handlung entzogen würden, ist völlig unribtig. Es bandelt sich nur darum, die Privatangestellten bis zu 3000 F einzubeziehen. Bei Selbständigen kann es \ich nur um eine freiwillige Versicherung handeln, und es ist absolut nit notwendig, auch hier die Grenze auf 3000 M hinaufzuseßen. Die freiwillige Versicherung kann ruhig an 92000 A geknüvft bleiben. Nur etwa 300 000 Angestellte kommen in Betracht : eine vergleihsweise kleine Zabl im Gesamtkreise der Versicherten. Für die Arbeiter besteht ja eine Einkommensgrenze nicht, die Zahl der. Arbeiter aber, die zwishen 2000 und 3000 M Einkommen haben, ist viel größer als die der Privatangestellten. Die Reichsregierung kann doch aub nit grundsäßlih gegen eine Maßregel sein, die sich als zur Verbesserung der Volksgesundheit aecignet erweist: es fann ihr Widerstand nur erklärt werden mit ibrer Befürchtung, daß eine Schädigung des Aerztestandes, der Aerzte- {haft eintreten würde. Eine solche Schädigung träte aber doch nur ein, wenn jeder dieser Hunderttausende von Angestellten bei jeder kleinsten Schädigung seiner Gesundheit sofort den Arzt zu Nate zieben würde : das ist aber ebensowenig zu besorgen, wie es bei dn Arbeitern eingetreten ist. Der Reichstag aber bat doch ein außerordentliches Interesse daran, daß niht nur die Gesundheit der Arbeiter, sondern au der Angestellten mit kleinem Gehalt fürforglih behandelt wird. Die Berufung auf das ärztliche Interesse wäre also sowobl tatsächlich unrichtia, als auch sozialvolitisch unberechtigt. Ich versönlih werde daber für die Erböhung auf 3000 M stimmen und würde mi freuen, wenn auch das Zentrum und derjenige Teil der Nationalliberalen,

in der gestrigen

der dieser Erhöhung geneigt ist, so stimmten; wir bekämen dann doh vielleicht bei der iamenti@ben Abstimmung eine Mehrheit, und die Negterung könnte dann nihts mebr dagegen machen.

Abg. Dr. Mugdan (fortshr. Volksp.): Ich werde meinerseits au gegen den Antrag Schul stimmen. Mit der Nedewendung vom hohen sozialen Interessé ist es hier nicht getan. Schon der Kollege Thoma hat darauf hingewiesen, daß der gesunfene Geldwert doh auch die Aerzte betroffen hat. Wenn es sih aber um die Verhandlung zwischen den Kassen und den Aerzten handelt, dann wird eine Mehrforderung an Honorar für die Aerzte als undurchführbar, als unerfüllbar bezeichnet. Wenn auch der Geldwert gesunken ist, zahlreiche Gebrauchsgegen- stände, z. B. Möbel, sind heute nur halb so teuer als vor 30 Jahren, ebenso Textilwaren; richtig is aber, daß die Menschheit heute im allgemeinen einen etwas größeren Luxus braucht als vor 30 Jahren, daß sie, und mit gutem Grunde, besser wohnen will als früher. Die Schwärmer für die Zwangösversicherung übersehen, daß auch die Versicherungsberechtigung nah dem Antrage Schult ent- sprehend erhöht werden foll. Geht man noch weiter, fo wird namentlich bei den Landärzten der Wunsh nach Verstaatlihung immer stärker hervortreten. Es ift dann aber auch mit der fozialpolitischen Großtat, die in der Erhöhung auf 2500 4 liegen soll, nicht so sehr weit her. Der Neichskasse koitet der Antrag Schultz keinen Pfennig, darum stimmt sie ihm zu, während sie sih aufs heftigste gegen die Erhöhung bei der JInvaliditätsversiherung wehrt. Die Sozial- politik, die die Mehrheit treibt, treibt sie also auf Kosten anderer. Die Lage der Angestellten mit Einkommen von 2000 bis 2500 ist gar niht so übel, man darf in dieser Hinsicht den stark auf- getragenen Farben der Petition nicht ohne weiteres vertrauen. Man soll diese Schicht niht der Zwangsversicherung überantworten, sondern für sie die freiwillige Versicherung ofen halten. Für die Handlungsangestellten ist die beste Versicherungsform die Form der freien Hilfskassen. Dazu kommt noch das in Aussit genommene Gesetz über die Versicherung der Privatangestellten, die den Begriff der Berufsunfähigkeit neu einführt. Es ist auch daran zu denken, daß eine Erhöhung der Arbeitgeberbeiträge leicht dazu be- nußt werden fann, Gehaltsverbesserungsansprüche zurückzuweisen. Jch werde auch gegen den Antrag Albrecht stimmen.

Abg. Dr. Fleischer (Zentr.): Der Abg. Hoch warf uns vor, wir wären allzu \{chwächlich. Ich hatte mich bereits zum Worte gemeldet, bevor der Abg. Hoch sprah. Ich stelle nur einige Tatsachen fest. Der Kollege Hoch hat durchaus recht, daß wir es waren, die in der Kom- mission in der ersten Lejung beantragt hatten, die Gebaltëégrenze auf 3000 M zu erhöhen. * Dieser Antrag wurde aber abgelehnt. Ein nationalliberaler Antrag wollte die Grenze auf 2500 4 erhöhen, aber auch dieser Antrag scheiterte. Für uns handelt es sih niht bloß um die Erweiterung der Krankenversicherung, sondern auhch der Unfall- versicherung zu gunsten der Angestellten. Wenn es sich nun fragt, was notwendiger wäre, so muß jeder zunächst für die Erhöhung der Unfallgrenze stimmen. Das Elend ift doch weit größer, wenn einen Angestellten ein Unfall trifft, und deshalb haben wir uns zunächst entschlossen, die Forde- rung durchzuseßen, die Gehaltsgrenze auf 5000 f auszudehnen. Der Abg. Potthoff meinte, es wäre außerordentlich leiht, bei der Kranken- versicherung eine Mehrbeit für die Erhöhung der Gehaltsgrenze auf 3000 A zu finden. Seine eigene Fraktion ist der beste Beweis dafür, wie {wer das ist. (Widerspruch links.) Wenn das wirklich so leicht ist, warum haben Sie denn die Kommission nicht anders zusammengeseßt? Die von dem Abg. Potthoff vorgelesene Nefolutron richtet sh gegen seine eigene Fraktion. Meine Freunde haben sich ents{lossen, nunmehr auf den Boden des Kompromisses zu treten. Wichen wir davon ab, fo würde den Privatangestellten damit kein Dienft erwiesen; es wäre hier die Klippe, woran die ganze Neichs- Verfi erunggordngng scheitern könnte, dann hätten die Privatangestellten gar mtchts.

Abg. Molkenbuhr (Soz.): Der Hinweis auf die Erhöhung der Gehaltêgrenze bei der Unfallversiherung zieht nicht, da nur ein Teil der 5000 6 bei der Berehnung der Rente in Anrechnung kommt. Außerdem wird jeßt von anderer Seite eingewendet, diese Bersicherung belfe den Angestellten niht, da das Haftpflichtgeset ibnen mehr biete. Nach den Darlegungen des Abg. Dr. Mugdan fönnte es seinen, als sei die Vorlage nichts weiter als eir Fluch für die Aerzte. Als das Mittel von Ehrlich erfunden war, sagten auch manche Aerzte, dics Mittel würde die Aerzte schädigen. Der Abg. Mugdan wird nicht bestreiten, daß in den Aerztekreisen eine Ansicht verbreitet ift, über die man staunen muß. Es ist gcsagt worden, daß, wenn die 2500 F angenommen würden, nur 7 9/9 der Bevölkerung für die freie ärztlihe Praxis übrig bleiben würden. Wäre das ein so großes Unglück? Mit der Zunahme der Ver- sicherten würden doch auch die Aerztebonorare bei den Krankenkassen steigen. Es bleiben aber noch die 79% reiche Leute für die freie Praxis, so daß die Aerzte erheblih weiter kommen würden. Den Angestellten ist nur durch eine möglichst hohe Heraufseßzung der Ge- haltêarenze für die Versicherung geholfen.

Damit schließt die Diskussion.

Ueber den Antrag der Sozialdemokraten (Erhöhung der Gehaltsgrenze auf, 3000 4) wird namentlich abgestimmt. Der Antrag wird mit 235 gegen 71 Stimmen bei drei Stimmenthaltungen abgelehnt. Der Kompromißantrag Schuly (Erhöhung auf 2500 4) wird fast einstimmig an- genommen.

Jn 8 195 wird als Maßstab für die Barleistung - der Krankenkasse der Grundlohn festgeseßt, als solchen seßt die Satzung das durchschnittlihe Tagesentgelt bis 5 4 für den Arbeitstag fest. (Eventuell nach der verschiedenen Lohnhöhe der Versicherten stufenweise auf 6 A.)

Abg. Göhre (Soz.) befürwortet cinen AAtrag Albrecht, den Grundlohn beziehungeweise den Individuallohn auf 6 beziehungsweise S J festzusezen.

Nachdem auch der Abg. Molkenbuhr (Soz.) den Antrag empfohlen hat, wird er abgelehnt.

Nach § 199 kann die Kasse an Stelle der Krankenpflege und des Krankengeldes Kur und Verpflegung in einem Kranken- hause gewähren. Der Paragraph wird nach kurzer Debatte, an der sih dec Abg. Hoch und der Geheime Oberregierungs- rat Spielhagen beteiligen, unverändert angenommen.

88 210-—213 betreffen die „Wochenhilfe“.

Nach den Beschlüssen zweiter Lesung soll ein Wochengeld in Höhe des Kranfkengeldes für 8 Wochen, von denen mindestens 6 in die Zeit nah der Niederkunft fallen müssen, gewährt werden.

Éin Antrag der Kompromißparteien, Schul u. Gen., bezweckt die Einfügung folgenden Zusates :

„Für Mitglieder der Landkrankenkfassen, die niht der Gewerbe- ordnung unterstehen, bestimmt die Satzung die Dauer des Wochen- geldbezuges auf mindestens 4 und höchstens 8 Wochen.“

Von den Abgg. Ablaß und Genossen (fortshr. Volksp.) ist beantragt, §8 212 und 212a, die nah den Beschlüssen zweiter Lesung den Kassen fakultativ das Recht der Gewährung auf Hebeammendienste und ärztlihe Geburtshilfe sowie der Gewährung von Schwangerengeld bis zur Gesamtdauer von 6 Wochen zusprechen, dahin zu ändern, daß Hebeammendienste und ärztliche Geburtshilfe sowie Schwangerengeld obligatorisch gewährt werden müssen.

Abg. Dr. David (Soz.): Die Zahl der Todeéfälle an Kindbett- fieber ist in den leßten Jahren in Deutschland gestiegen. Naments- lih auf dem Lande, wo die Herren von 1echts die Herrschaft haben, sind die Zahlen erschreckend boch. Der Antrag Ablaß bleibt ja auch noch weit hinter dem, was die Aerzte und was wir fordern, zurü, aber er bewegt sih doch in der Richtung unserer Bestrebungen und

gesteht wenigstens ein Schwangerengeld von sechs Wochen zu. Daß es Abgeordneète geben könnte, die hier zur- dritten Lesung noch einen Antrag aushecken würden, der selbst die Bes Iüsse zweiter Lesung noch verschlechtert, hätte ih wahrlih niht erwartet. 8 soll dangch den Landkrankenkassen das Recht gegeben werden, die Wöthnerinnen- fürsorge auf die M zu reduzieren; und da in diesen Kassen die Versicherten nihts zu sagen haben, so wird das die Norm werden. Der Abg. Sul soll gestera in Dresden auf der Hygiene- Ausstellung ‘gesagt haben : „Eng sichts der Hygiene treten alle partei- politishen Anschauungen zurück“, „und derselbe Abg. Schulß ztert jeßt mit seinem Namen einen Antrag, der die kümmer- lihen Beschlüsse zweiter Lesung für die landwirtschaftlihen Ar- beiterinnen und Dienstboten nech verschlechtert, und der ganze Ver- sicherungsblock ist darunter vertreten, nachdem die Abgg. Irl und Huf- nagel ihren gleichen Antrag in zweiter Lesung in einer Anwandlung von Schamgefühl zurückgezogen hatten! Gerade in den ländlichen Bezirken ist ja- die Säuglingösterbli feit stärker als in den Städten, wie auh wieder das neueste statistishe Jahrbuch des Deutschen Reichs nachweist. Ueber den Durchschnitt von 15 9/9 erhoben sfih vor allem die Domänen des ostelbishen Junkertums, woher die Abgg. Schul u. Gen. im wesentlichen ihre Mandate beziehen; Schlesien hat 20,8, Westpreußen 21,2, Pommern 22,1 9/0, mehr als doppelt so viel. wie Hessen- Nassau. Bayern steht gegenüber Preußen sehr viel {limmer da mit einem Durchschnitt von 21,7 und auch da stehen die ländlichen Teile des rechtsrheinischen Bayern mit 22,7 weit voran, sie gehen noch über Pommern hinaus ; in den Bezirksämtern des bayerischen Schwabens betrug sie sogar 28 9%. Und- diefen Zahlen gegenüber wagen die Herren solhe Anträge einzubringen! Durch unfern Antrag auf namentliche Abstimmung wollèn wir die Herren, die dafür eintreten, vor ganz Deutschland an den Pranger stellen. Unter den Petitionen, die uns noch in leßter Zeit zugegangen sind, finden wir den Leibarzt des Kaisers, den Leibarzt der Kaiserin, den Kabinettssekretär der Kaiserin, auch die Frau Gräfin von Schwerin - Löwiß, kurz die allerfeinste Gesellschaft; sie fordern dasselbe, was die Anträge wollen, obligatorisdßes S{wangerengeld, obligatorischWe Hebeammen- und ärztlihe Geburtshilfe. Und die Folge dieses Appells? Die Abgg. Schulß und Genossen beantragen weitere Verschlechterungen ! An diesem Fall können allé die hochgestellten Herrschaften erfahren, was man von den Sozialpolitikerno der Rechten zu halten hat, denen sie in den Salons begegnen. Um diesen Eingaben wenigstens im . Reichétage Gehör zu * verschaffen, muß s{on die Sozialdemokratie eingreifen, \onst verschwände alles in dem Papierkorbe. An der Spiße der s{hönen Komitees sür Margueritentage, für den Wohltätigkeits\sport auf dem Gebiete der Säulingspflege tehen ja auch : viele Herren von der Rechten. Die Annahme der Anträge Ablaß wäre mehr wert als Tausende von Margueritentagen. Der ganze Wohltätigkeits\port bedeutet nihts wie einen Fortschritt auf dem Wege der Bekämpfung der Säuglings- sterblihkeit. Wenn das rihtig wäre, was der Staatssekretär uns vor- erzählt, daß das Deutsche Reich finanziell die daraus entspringende Belastung nicht tragen könnte, so wäre das eine Schmach für das Deutsche Reih. Daß die Regierung das Geseh scheitern lasscn könnte, ist eine politische Unmöglichkeit ; das glaubt sie selber nit. Deshalb rubt die ganze Verantwortung bei der Abstimmung auf der Mehrheit. Sonst spricht die Negierung ihr Unannehmbar. Der Antrag Schulz freilich ist eine Verschlechterung der Vorlage und stößt daher niht auf ein folches Unannehmbar. Befördern Sie wenigstens diesen Antrag Schultz in den Orkus, er ist der Ausdruck antinationaler Gesinnung. Wenn der Appell an Ihr nationales und foziales Gemüt feine Wirkung hat, so appelliere ich an Jhr Gefühl als Männer. Es sind manche Ideale früherer Weltanschauungen in den Staub ge- funken, aber vor cinem müßten- wir gemeinsam bei allem Gegensatz der Weltanshauung und des politishen Standpunktes heute noch Chrfurcht empfinden, vor ter werdenden Mutter. Diese Ehrfurcht sollte Sie abhalten, zu einem folhen Antrage ja zu sagen. Wir appellieren an Ihr NRitterlichkeitsgetühl.

Abg. Fegter (fortshr. Volksp.): Der Antrag Schult, der die Kassenorgane ermächtigt, für die in der Landwirtschaft Beschäftigten durch Statut eine Wöchnerinnenunterstüßung von 4 bis höchstens 8 Wochen festzusetzen, bedeutet eine Schlechterstellung der ländlichen Arbeiterschaft gegenüber der gewerblichen um die Hälfte. Wenn man einen solchen Antrag liest, ist man im innersten Herzen empört, daß in leßter Stunde noch der Versuh gemacht wird, auf diesem Ge- biete noch mehr Entrehtung zu schaffen, als bereits geschehen. Sie geben vor, die Sozialdemokratie bekämpfen zu wollen, weil Sie sie für staats- und gesellshaftsgefährlih halten. Stellen Sie mehr solhe Anträge Schul und Genossen; es gibt kein besseres Mittel, die Sozialdemokratie zu stärken. Oel gießen Sie ins Feuer durch solhe Anträge, und es ist nicht möglich, Ihnen zu glauben, daß Sie wirklih die Absicht haben, die Sozialdemokratie zurü- zudrängen. Wer behauptet, die ländlichen Schwangeren gerieten nicht so leiht in die Gefahr der Unterernährung wie die gewerblichen, der kennt die Verhältnisse auf dem Lande nicht. Auch hier sind fie in einer außerordentlich bedauerlichen Lage; sie- müssen arbeiten, um das täglihe Brot für \sih und ihre Kinder / zu verdienen. Anstatt die Gelegenheit zu benußen, hier eine Erleichterung zu bringen, stellen Sie diese Leute unter ein s{lechteres Recht. T fürchte, mit dem Präsidenten in Konflikt zu- kommen, wenn ih meinem Gefühl für diese Handlungsweise . mit passenden Worten Ausdruck geben würde. Sie untergraben die Wehrhaftigkeit des deutshen Volkes. Ueber Landflucht klagen Sie. Glauben Sie, daß Sie auf diesem Wege die LUndflucht eins{ränken? - Daß der - Antrag Schultz keinem Un- annehmbar der verbündeten Regierungen begegnet, wundert mich nicht. Wir wissen, daß die Herren von der Nechten immer lieb Kind sind bei den Regierungen, und - diese „daber iunmer von vorn herein die Neigung haben, den Herren sehr höflih und entgegenkommend gegen überzutreten. So s\{lucken Sie- auch diesen Antrag Schulz, an- statt zu sagen, wir müssen dafür sorgen, daß- nicht die Minderheit von der Mehrheit unter die Füße getreten wird. Vie erwähnten Wobltätigkeitsderänstaltungen, "mit denen es tmmer eine eigentümlide Säché ist, sind keinen Pfiffferling werl gegenüber der Neichsversicherungsordnung. Man kann hie nur charafterisieren mit dem Nameñ der Scheinhßeiligkeit und Heuchelei. Im Interesse der Gesundérhaltung des Volkes und unseres Nah wuchses, im Interesse der Aufrechterhaltung der Wehrpflichtigkeit werden Sie i herbeilassen müssen, mit uns zu arbeiten an Gesegen, die für diese Ziele geeignet sind, " und. nicht etwa Ihre ganze Geistes- fraft und Jbr ganzes Siñúnen darauf richten dürfen, diefe Ge]eBe so auézugestalten , daß sie das gerade Gegenteil zur Folge haben müssen. (Wiederholte ironishe Bravorufe bei der Mehrheit.)

Abg. Bebel (Soz.): Durh die eben gehörte Kundgebung brantmarken Sie selbst Ihre .Handlungéweise. Mir is es eine sehr ernste Sache; Sie scheinen gar nicht zu begreifen, wie ernst fie ist. ie man bei der Mehrheit vorgeht, isf daraus erkennbar, daß die Antrausteller troy der scharfen und gründlihen Angriffe es noch niht ter Mühe für wert gehalten haben, bis jeßt auch nur ein Wort der Begründung zu sagen. Wenn man einen so ungehörigen Antrag stellt, soll man wenigstens den Versuch machen, Gründe .dafür beizubringen. Die Hauptautrag- steller, die vor einigen Minuten noch im Saale waren, find in diesem Augenblick wiedex vershwunden. Dr. . David richtete etnen sehr warmen Appell an Ihr soziales und nationales Gewissen, an Ihr Gewissen als Männer. Eins aber hat er vergessen, €r hätte auch appellieren, müssen an Ihr christlihes Gewissen. —= Bertreter des Christentums - par: excellenca hier îm Hau] sollten fich regen, denn wenn , sie au nit alle Frauen hahen, Mütter haben sie. doch alle gehabt, die vielleicht infolge ihrer E gestorben oder ihr, Leben lang, sieh. geworden sind. Tausende dheit Müttern sind verurteilt, infolge ihrer traurigen Lage ihre Gesundy L und ibr Leben opfern zu müssen. Wenn das Wort von S Stunden je berechtigt ist, so fann man es aus die Mütter , wenden. Goethe sagt, eine Mutter erträgt zehmal ms als ein Mann je ertragen kann. Gs ijt unerhört p Sie die Menschlichkeit so mit Füßen treten , das 1

Sfandal. -Sie machen uns die Abstimmung gegen das Geses ehr Sit b Saß au zwei fkatholishe Geistlihe einen folchen EU unterzeihnen können, harte 1ch nit für möglich gehalten. Auch der Abs, Horn-Reuß hat den Antrag mitunterzeichnet, obgleich er weiß, daß. in seinem Lande die stärkste Kindersterblichkeit ist. Sehr hoh ist die Sterblichkeit auch in Bayern, z. B. in Augs- burg-Land 35 9/0. Gerade in den Landbezirken und vorwiegend fatholishen Bezirken sieht -es am \{limmsten aus, und doch hat den Ankrag auch ein bayerischer katholischer Geistlicher unterzeihnet. Jch verstehe nicht, wie den bon meinem Parteigenossen Dr. David festgestellten Tatsächen gegenüber es jemand wagen fonnte, einen folchen Antrag zu stellen. Diese Zumutung ist eine Ungeheuerlichkeit fondergleihen, und ih protestiere gegen einen Antrag, der, wenn er angenommen würde, eine Shmach für Deutschland sein würde.

Abg. Freiherr v on Gamp -Massaunen (Rp.): Diese Angriffe über- steigen das Maß so bedeutend, daß man nicht \{weigen kaun. Ueber die Bedeutung der Fragè denke ih nit anders als Dr. David, nur über den Weg sind wir verschiedener Meinung. Der Abg. Fegter wird uns doh_ nicht für so minderwertig halten, daß wir uns die Frage nit auch überlegt haben. Ich habe mi einige Dezennien länger betätigt, bevor er ins parlamentarische Leben getreten ist. Kennen Sie die R Ag): im Osten, die Stellung der Arbeiter- frauen auf den großen Gütern im Osten, Herr“ Fegter? Sie schweigen. Sie erkennen ‘also an, daß Sie die Verhältnisse nicht fennen. Bei uns in Pommern werden die Frauen nur 4 bis 6 Wochen während der Ernte und auch nur einen halben Tag beschäftigt. Wäre ihnen das bekannt, dann müßte ich Ihnen einen Vorwurf machen, den die Glocke des Präsidenten nicht gestattet. Die ver- heiratete Frau arbeitet nur weiter 4 bis 6 Wochen Nachmittags mit der Harke. Die Fürsorge für die ländlihe Arbeiterin hat eine ganz andere Bedeutung wie für die Industriearbeiterin, die das Jahr hin- dur arbeitet. Bei uns sind die Frauen fast das ganze Jahr über ihr eiaener Herr. Der Abg. Fegter hat wirklich keine Ahnung von den ländlichen Verhältnissen. - Auf unserer Bäuerin ruht die ganze Last. Die Zeit ist lange vorüber, daß die Bäuerin die leichte Arbeit und das Dienstmädchen die {were Arbeit machte. Die Sache ist gerade umgekehrt. Solhe maßlosen Angriffe foll man mit Ruhe anhören; es if geradezu empörend, daß man solche Angriffe macht. ‘Die ländliche Arbeiterin nährt sich besser als die ÎIndustriearbeiterin und hält \fich lange im Freien auf. Die Entbindung vollziebt sh deshalb auf dem Lande, Gott fei Dank, viel leichter als in der Stadt, wo die Arbeiterin in gebückter Stellung arbeiten muß. Worauf ih besonderen Wert lege, ist, daß den Ge- bärenden die Hebammenfürsorge in größerem Umfange ‘zuteil wird. Es ist höchst bedauerlich, daß die Hälfte der Gebärenden den \{chweren Zustand überwinden müssen ohne Hilfe einer Hebamme. Hier ist wohl eine Aenderung notwendig ; vielleicht ist sie auf einem anderen Wege anzustreben zweckmäßig, indem man nämlih das Geseß dahin ändert, die Saßung könne bestimmen, daß statt des Wochen- geldes oder eines Teiles desfelben die obligatokische Hebammenfürforge cintritt, weil ih es auch für die Industriearbeiterin für vorteilhaft halte, daß dieser eine Hebamme zur Seite steht. Der Antrag Schulz liegt auf der Richtlinie, die ih in der zweiten Lesung bezeichnet habe. Durch die Reduzierung von 8 auf 4 Wochen werden die Mittel disponibel, die verwandt werden sollen für die obligatorische Hebammenfürsorge. Wenn fie obligatorisch acht Wochen festlegen, so rechnet man damit, daß die Frau das Geld für vier Wochen zur Bezahlung der Hebamme verwendet; es ist doch viel zweckmäßtger, die obligatorische Entschädigung auf vier zu beshränken und dafür die obligatorishe Hebammenfürsorge durch Statut einzuführen. Ich \prehe die Erwartung aus, daß die Regierung dahin wirken wird, daß diese obligatorische Einführung in dem Statut erfolgt. Es spielen hier auf dem Lande auch die Transportkosten für die Hebamme eine erhebliche Rolle. Kommt die Lösung so, wie ih sie mir denke, so können wir mit gutem Gewissen für den Antrag Schulß stimmen und brauchen uns-- die Vorwürfe des Abg. Bebel nicht ge- fallen zu lassen.

Abg. Irl (Zentr.): Ich will niht in den Fehler des Abg. David verfallen, der seine Nede aus zweiter Lesung heute wieder- bolt hat, und in den Fehler des Abg. Fegter, der auh dasselbe wiedergekäut hat. (Vizepräsident Spahn rügt diesen Ausdruck.) Wir haben in der Kommission diese Anträge angenommen, wir mußten sie! zurückziehen vor dem Unannehmbar der Negierung. (Stürmische Unterbrehungen links. Rufe aus dem Zentrum: Nuhe! Stürmische Heiterkeit.) “In Bayern geschieht auf dem Gebiete der Säuglingsfürsorae gerade soviel wie anderswo auch. (Gelächter und fortdauernder Lärm links.) Die Festseßung der Wochenhilfe auf vier Wochen bedeutet {hon gegenüber dem heutigen Zustande einen großen Fortschritt, denn in der Gemeindeversicherung hatten wir die Wochenhilfe gar niht. Wo es die Verhältnisse gestatten, foll die Ausdehnung auf 8 Wochen gesehen ; aber man kann die Bauern nit zwingen , diesen großen Schritt auf einmal zu tun, weil diese Fürsorge in diesem Umfange nicht so notwendig ist wie in der Stadt.

Abg. Bebel (Soz.): Ih habe doch soeben die Zahlen aus Bayern angeführt. In Oberbayern ist die Zahl in den Städten 95,7, auf dem Lande abér- 30,5 9/. Wenn die 4 Wochen schon ein Fortschritt sind, \o- doch ein ganz ungenügender. Sie fragen immer: Wo soll das Geld hberkommen ? Sie vergessen, daß das meiste davon die Arbeiter felbst zahlen werden. Auch das Argument, daß man die Bauern niht zwingen könne, ift absolut wertlos. Wenn es den Arbeiterinnen und Arbeiterfrauen fo gut geht auf dem Lande, warum laufen sie denn zu Taufenden und Abertausenden aus Ostelbien fort und gehen nach dem Westen? In den Arbeitsverträgen, die, die Landwirtschaftskammern berausgegeben haben, muß die Frau des Instmanns allerdings ständig Arbeit leisten, wean der Mann nicht eine anderweitige Arbeitskraft stellen kann, und die Arbeitszeit ist ‘die übliche, also 13 Stunden täglich! Auch Sonntags muß die Frau arbeiten. Die Situation für die Frau ist also eine ganz andere und eine sehr viel \{chlechtere als der Abg. von Gamp fie darstellt!

Abg. Fegter (forts{r. Volksy.): Der Abg. Irl hat das Wort vom Widerkäuer gebraucht; ih habe ihn meinerseits bisher noch nicht für einen Wiederkäuer eingeshäßt. Wenn man die Bauern nicht zwingen kann, ist ¿s doch viel besser, die Sache obli- gatorisch zu machen, dann fallen alle örtliben Schwierigkeiten fort. Die Necbte hat ja aber die Landkrankenkassen \o gestaltet, wie sie gestaltet sind, damit alles in der Hand des Landrats bleiben soll; da weiß man denn, wohin die Neise geht. Daß gerade der Abg. von Gamp \ich fo als Kenner der Landwirtschaft aufspielt, nimmt mich, von dem Referendar, Gerichtsassessor, Regierungs-, Cifenbahn- und Wirklichen Geheimen Oberregierungsrat außerordentlich wunder; er will mir Belehrung in“ landwirtschaftlihen Dingen erteilen, mir, der ich mein ganzez Leben auf dem Lande zugebracht habe. (Große Unruhe und Zurufe rets.) Ausgerechnet der Ge- heime Eisenbahnrat will mich belehren. (Große Unruhe rets.) Der Abg. von Gamp “hat mich gefragt, ob ih von der Sache etwas verstände. "Ih habe nur konstatieren wollen, daß 2 priori vorauszuseßen ist, daß ein Bauer, der seit Jahren in den Verhältnissen steht, von der Sache mehr- verstehen muß als ein Geheimer Eisenbahnrat. Er sagte, die ländlichen Arbeiterinnen bätten das ganze Jahr Nube- und Ferienzeit und nur einen halben Tag Arbeit. Vielleicht halten sie sih auch einen Wagen. Der Abg. von Gamp sagte, die Bâäuerin wäre dié am \{chwersten Belastete im ganzen Volke. Das ist richtig, und. darum habe ih an Ihr Nitterlichkeitêgefühl appelliert, den Anträg Schul abzulehnen. Unter der Klasse der Bäuerinnen befinden sih außerordentli viele, die in jungen Jahren Lohnarbeit verrichtet baben. Sie können sich dann allerdings mit der Wodchenhilfe eine Stütze verschaffen. Ueber Sachen, die ih nicht verstehe, rede ich nit; ich habe mir nicht gestattet, über Eisenbahnsachen zu reden, das versteht der Geheime Eisenbahnrat besser. Weiß er nicht, daß durch die Ausbildung der Molkereien die Ernährung auf dem Lande außerordentlih gelitten hat? Der Abg. von Gamp hat es wobl nur vergessen. Er versteht eigentlich alles, au solche Dinge, die sonst nur Aerzte kenuen. ‘Vielleicht ist er auf dem Gebiete der Ge-

bürtshilfe au eine Autorität. Er .\prach von maßlosen Angriffen. Aber seine Eingangssätße beweisen, daß er selber solche Angriffe macht. Ich möchte Sie bitten, den unsozialen, ih möchte beinahe sagen un- sittlihen Antrag Schul abzulehnen. (Vizepräsident Dr. Spahn rügt diesen Ausdruck.)

Abg. Dr. Mugdan (forts{r. Volkv ): Der Abg. von Gamp wies zum Teil nur auf die ländlichen Verhältnisse hin und behauptete, daß ja die Verhältnisse auf dem Lande besser seien als in der Stadt. Er wies darauf hin, daß die Bauern in frischer Luft leben. Das mag ganz richtig sein, aber gerade auf dem Lande hat die Zahl der Frauenkranfheiten erheblich zugenommen. Darum gehen auf dem Lande die Geburten so zurück, und dieser Geburtenrückgang ist für die Zukunft unseres Volkes höchst bedenklih. Kinderreiche Familien werden finderarme Familien immer übertreffen. Darum ift auch Deutschland bisher Frantreih überlegen. Darum ist die Pflege des Muttershußzes auf dem Lande von der höchsten Wichtig- keit. Der Abg. von Gamvy muß wissen, daß die Kinder auf den Dörfern jeßt fast immer \{lechtere Milch bekommen als die städtischen, weil die beste Mil nach den Städten geht. Der Antrag Schultz hat wenigstens ein Gutes, er is zwar niht gut, aber der in zweiter Lesung zurückgezogene Antrag Hufnagel war ungleih \ch{lechter. Wenn der Abg. von Gamp sich so sehr für die Hebammenfürsorge er- wärmt, so braucht er bloß für unseren Antrag zu § 212 zu stimmen.

Abg. Horn-Reuß (nul.): Den Vorwurf des Abg. Fegter, daß es G hier gewissermaßen um einen unsittlihen Antrag handle, muß ich zurückweisen. Er entspricht der hbistoristen Ent- wicklung, die die Regelung dieser Frage bisher genommen hat. Waren es etwa unstili®e Gesetze gewesen, als man drei, vier, scch8 Wochen Hilfe gewährte? Die landwirtschaftlichen Dienstboten pflegen doch am Tische der Herrschaft zu essen, sie werden doch nicht, au wenn sie das Krankengeld bekommen, für bessere Nahrung für sich sorgen: kein Mensch wird so etwas glauben.

Abg. Dr. David (Soz.): Es ist unrichtig, daß die Lebensverbält- nisse der Arbeiterin im Often in jeder Beziehung zufriedenstellend sind, „und daß die Arbeiterin nur 4—6 Wochen während der Erntezeit zur Arbeit hinzugezogen wird. Wenn wir hier Frauen vom Often haben würden, sie hätten den Abg von Gamp ins Gesicht gelacht, seine Behauptungen sind einfach läcberlich. Und kommen denn hier blos oftpreußishe Verhältnisse in Betracht ? Jst nicht das ganze übrige Deutsde Reih auch noch da, wo die verheirateten landwirtschaftlichen Tagelöhnerfrauen das ganze Jahr bindurch schwer arbeiten müssen? Frauen, die bloß 4— 6 Wochen auf Er- werbsarbeit gehen, sind ja meistens gar nicht versichert; hier bandelt es sich doch un diejenigen, die auf 6 Monate auf Grund der Reichsversiherung gegen Krankheit versichert find. Mit den Blumentagen für die Säuglingsfürsorge ist man im Süden, so in Hessen, bis in die kleinsten Dörfer vorgegangen, doch wobl aus der Erwägung heraus, daß die Sache für das Land ebenfo wichtig ift wie für die Städte. Der Abg. von Gamp bekannte sich ja als Anhänger der obligatorischen Hebammenhilfe ; aber wenn er, um sie zu erreichen, für den Antrag Schulz stimmt, so ist das ein logisher Sprung, den uiemand verstehen wird. Er stimme für den Antrag Ablaß, dann hat er, was er will und beweist gleichzeitig damit, daß es ibm mit seiner Erklärung ernst ist. Der Abg. Irl konnte die bayerische Statistik nicht entkräften und ist deshalb bei seinen längst widerlegten Be- hauptungen geblieben ; was er von den Kostkindern dem Abg. Bebel zwischenrief, ist bedeutungslos, denn die Kostkinder sind zumeist nicht mehr Söuglinge. Für die Landarbeiterin ist das Abrackern noch kurz vor der Geburt eine für Mutter und Kind ebenso verderbliche Sache wie für die gewerbliche Arbeiterin. Die Freunde des Abg. Schultz haben eine sehr \{lechte Sache mit noch s{chlechteren Gründen ver- treten. Es handelt fich hier lediglich um einen Konflikt des Privat- interesses mit dem Volkswohl ; die Freunde des ersteren lassen lieber Kinder und Mütter sterben, als am Profit das geringste abstreichen. Dennoch wage ih zu guter Lett noch einen Appell an das Anstands- gefühl der Rechten. Jeder, der auch nur cinen Funken von Anstands- gefühl hat, muß den Antrag Schultz ablehnen. (Präsident Graf Lisa erin erklärt diese Ausdrucksweise für parlamentarisch unzu- ässig.)

Abg. Frhr. von Gamp (Np.): Mit Nücksilt auf die Geschäfts- lage des Hauses verzichte ih auf eine Erwiderung und überlasse das Urteil dem Lande.

Abg. Frl (Zentr.): Den tiefbeleit igenden Vrrwurf der Engel- macherei, den Dr. David erhob, muß ih auf das allerschärfste zurüd- weisen.

Abg. Fegter (fortschr. Volksp.): Der Abg. David hat ganz übersehen, daß dieses ganze Gesek, soweit die Landkranken- fassen in Frage kommen, auf die Ostelbier zugeschnitten ist. Für die getamte Landwirtschaft im Deutschen Reih wären die Anträge, die wir gestellt und mit Löwenmut verteidiat haben, von Nutzen gewesen, allerdings nicht für die Ostelbier. Wir sind aber Vertreter des ganzen Volkes. Auch Frhr. v. Gamp beurteilt dicsen Paragraphen nur von feinem ostelbishen Standpunkt.

Abg. Dr. Südekum (Soz.): Als ih in einem Zwischenruf auf die hohe Kindersterblichkeit in Bayern hinwies, erwiderte mir der Abg. Irl mit der geistreiden Bemerkung, ih wohnte doch in Berlin und könnte das nicht wissen. Ich habe im vorigen Jahre eine Statistik über die Kindersterblichkeit in den deutshen Gemeiaden publiziert, in der sich dokumentiert, daß die bayerishen Gemeinden in diesem Zweige der Fürsorge weit hinter den anderen zurükstehen. Die Logik des Abg. Irl geht nicht so weit, daß er begreift, daß man von einer hoben Kindersterblihkeit immer nur vergleichsweise \sprehen kann. Wenn er behauptet, Bayern habe keine hohe Kindersterblichkeit, so maßt er sih damit also ein Urteil über die Sterblichkeit in den anderen Landesteilen an, und ih darf ihn fragen: was verstehen Sie denn davon? Aber nicht der beklagens- werte intellektuele Mangel des Abg. Irl läßt mich das Wort ergreifen, sondern die Empörung über seine Herzens- härtigkeit. Er wendet ein, daß die Kostkinder von München aufs Land gebracht würden. Sind denn diese Kost- finder feine Menschen? Daß Kostkinder nicht ohne weiteres eine hohe Kindersterblichkeit zeigen, ist festgestellt. Die Zentrale für Sauglingsfürforge biel® fürzlich ihre Jahresversamm- lung in Nürnberg ab. In dem ausführlichen Referat über die Kost- finderpflege wurde mitgeteilt, daß diese Kinder in Nürnberg eine niht über 5 9/9 hinauêégehende Sterblichkeit aufweisen und damit 9% % über der Säuglingssterblichkeit in denjenigen Gebieten stehen, in denen der Abg. Irl sein Domizil und seinen politischeu Einfluß hat. Aber malträtierte, \{chlecht gehaltene Kostkinder sind einer hohen Sterblichkeit ausgeseßt. Mit seiner Bemerkung über die Kostkinder hat der Abg. Irl der Landbevölkerung seines Bezirks eiu Sittlichkeitszeugnis ausgestellt, wie ich es mir nie anmaßen würde. Es is die Herzenshärtigkeit, die niht will, daß ge- holfen wird, die sich hinter Scheingründe von Mittelstands- retterei und Bauernfreundlichkeit flüchtet, nur im Portemonnaie interesse derer, die viel haben, gegen die, die wenig haben. Die Armenverhältnisse und die Säuglingspflege liegen in den Teilen Bayerns, wo das Zentrum seinen Stützpunkt hat, sehr im argen. (Es gibt gewiß rühmlihe Ausnahmen, aber das Zentrum hat den dringendsten Anlaß, sich mit uns gegen diese {hrecklichen Zustände zu wenden.

Abg. Dr. Heim (Zentr.): Die Vorwürfe gegen unsere engere Heimat sind derart, daß ih troß der vorgerückten Stunde darauf erwidern

muß. Zunächst muß ih den Abg. Irl dagegen verwahren, daß er aus Herzlosigkeit den Umstand erwähnt hat, daß Kinder als Kost- kinder hinausgegeben werden. Es ist ein Jrrtum des Abg. Dr. Südekum, daß es ih bei diesen Kindern um solche handelt, die über die Säuglingsjahre hinaus sind. Die Kinder kommen wenige Tage nach der Geburt auf das Land. Der Gedanke des Abg. Irl wär der, daß bei der Kinderdichtigkeit in dem fraglihen Alter auch die Sterblichkeit größer sein muß. Die Tatsache, daß wir in gewissen LUndesteilen bei uns cine größere Kindersterblichkeit haben, ist nicht zu leugnen und ist von mir {hon vor 8 Jahren im bayerischen Land- tag betont. Sie hat aber Gründe, bet denen die Sozialdemokraten selbst mithelfen könnten. Zunächst is die einseitige Ernährung schr verhängnisvoll. Das zeigt sich schon beim WMolkerei-

wesen, das . ih öffentli fritisiert habe; ich habe mir dadurch sogar Feindshaft auf dem - Lande zugezogen. Es fommt weiter in Betracht die Dienstbotennot. (Zwischenrufe bei den Sozial- demokraten.) Das Verhältnis zwi\hen Arbeitgebern und Dienst- boten liegt bei uns anders. Es gibt gewiß Bauern, die ihre Pflicht versäumen, aber bei uns besteht ein Verhältnis, das man vei Ihnen (zu den Sozialdemokraten) niht erwähnen darf, auf das ich als Bayer aber f\tolz bin, ein patriarchalishes, und zwar ein patriarchalishes im guten Sinne, wo sich Bauer und Dienstbote noh duzen und am gleichen Tische essen. Wir haben etwa 650 000 wirk- liche Bauern, und wenn in diesen Familien die Kindersterblichkeit eine so große Nolle spielt, so hängt dies damit zusammen, daß die Frau mitarbeiten muß, und ferner mit der Geburtenhäufigkeit. (8 ist eine alte Tatsache, daß, wo die Geburtenhäufigkeit groß ist, auch die Sterblichkeit größer ist. Um zu einer Besserung zu gelangen, muß in erster Linie der Bauer, der selbst au ein Arbeiter ist, für seine Arbeit einen solchen Lohn erhalten, daß er sich Dienstboten halten fann und die Frau nicht mitzuarbeiten brauht. Diese Hilfe würden Sie (nach links) uns aber sofort ver}agen. Damit schließt die Debatte.

Persönlich bemerkt der E

Abg. Pauli- Potsdam (dkons.): Die Unruhe und die Zurufe, die der Abg. Bebel moniért hat. kamen von der Linken her. Dort hatte man dem Abg. Fegter nicht zugehört. Wer soll ihm auch zuhören ? (Große Heiterkeit ; Unruhe und Zwischenrufe, während der Redner fich noh weiter gegen den Abg. Fegter wendet. Präsident Graf Schwerin bittet den Redner, zur Sache zu sprehen.) Ich habe das Necht, mich gegen den Abg. Fegter zu wenden, wenn seine Be- hauptungen unrichtig sind wie alle seine Reden.

Abg. Frhr. von Gamp (Np.): Der Abg. Fegter hat sich mit meiner Persönlichkeit und meinem Entwicklungëgang beschäftigt. J bin ibm danfbar dafür. Hätke er aber meine ganze Lebensgeschichte gelesen, so würde er gefunden haben, daß ih mich {on Anfang der 80er Jahre mit landwirtschaftlihen Fragen auch literarish beschäftigt habe, also niht ganz unerfahren darin bin. Ich war bereits vor 25 Jahren im Mitbesiß und bin seit 18 Jahren im Alleinbesiz von Grundbesiß. Da habe ih genügend Zeit und Ge- legenheit gehabt, mi zu informieren. Ich gebe aber gern zu, daß manche Leute noch länger in der Landwirtschaft sind und doh nichts verstehen.

Abg. Fegter (forts{hr. Volksp.): Die leßte Bemerkung muß ih dem Freiherrn von Gamp zurückgeben. Wenn ich jeztim Nahmen einer persön- lichen Bemerkung vielleicht einige Säße spreche, die nicht ganz persönlich sind . . . (Andauernde Heiterkeit, Unruhe und Zwischenrufe, Gl o cke des Präsidenten, der augenscheinlih den Redner darauf hin- weist, daß dies " niht zulässig sei ) Jch werde nur Ausführungen machen, die vielleiht als nicht ganz persönlih aufgefaßt werden könnten. (Lachen rechts und“ im Zentrum ,- ironische Bravorufe und Nufe: Lauter! Der Nedner wird, nachdem er angefangen hat, weiter zu sprehen, wieder vom Präsidenten unterbrochen.) Ich konstatiere, daß auch jeßt wicder die Unruhe auf der rechten Seite des Hauses war. Die Acußerungen des Abg. Pauli in der „Kreuz- zeitung“ und seine Ausführungen hier stehen in einem diametralen Verhältnis . ... (Stürmische Heiterkeit; die Unruhe im Haufe steigert sich immer mehr.) Die unrichtigen Darstellungen des Abg. Pauli werden hier wiederholt, um fie auf diese Weise glaubhaft zu machen.

Abg. Paul i (kons.) (wird mit Nufen: Verzichten! empfangen): Ich fann die Zeugen nennen, die festgestellt haben, daß die Unruhe auf der linken Seite des Hauses war. Eine ganze Reihe von Abgeord- neten der Nechten haben dieselbe Wahrnehmung gemacht. Der Abg. Fegter hat die Tatsachen vollkommen auf den Kopf gestellt.

Abg. Fegter (fortshr. Volksp.) nimmt das Wort zu einer nochmaligen persönlihen Bemerkung. Aus dem im Hause herrschenden Lärm ertönen stürmische Schlußrufe, besonders aus dem Zentrum. Seine Ausführungen bleiben größtenteils unverständlih, werden mebr- fach durch Heiterkeit und Zurufe unterbrochen. Am Schlusse ertönen ironishe Bravorufe.

Jn namentliher Abstimmung wird der Antrag

Schulß und Genossen mit 192 gegen 119 Stimmen an- genommen ; 2 Abgeordnete enthalten fich der Abstimmung. Die Anträge Ablaß werden abgelehnt. Nach §8 325 erlischt die Mitgliedschaft, sobald der Ver sicherte Mitglied einer anderen Krankenkasse oder einer Knapp- \chaftskrankenkasse wird; § 326 regelt die Frage der Zugehörig- keit zur Kasse im Falle des Ausscheidens aus der verjicherungs- pflichtigen Beschäftigung.

Nachdem auf eine Anfrage des Abg. Hoch über das Ver* hältnis der Fristen zur Anmeldung der freiwilligen Fortseßung der Mitgliedschaft nah dem geltenden Recht und in der neuen Reichsversicherungsordnung der Geheime Oberregierungsrat Spielhagen Auskunft gegeben hat, werden die §8 325 und 326 in der Fassung der Beschlüsse zweiter Lesung angenommen. 8 361a. enthält die Neuregelung für die Beseßung der Kafssenbeamtenstellen.

Abg. Sch midt- Berlin (Soz.) kommt ausführlich auf die i zweiten Lesung erörterten angebliden Mißbräuche in den krankenkassen von Braunschweig, Essen und München z Die behaupteten Mißbräuche scien in allen diefen Fäller entweder gar niht vorgekommen, oder fle fallen Sozialdemokratie nicht zur Last. In München sei ein Sozialdemokrat wegen Unfähigkeit entlassen Die Behauptung des Abg. Cuno, daß die Sozialdemokraten Stellung in der Hagener Ortskrankenkasse mißbraucht hätten, sei völlig unhaltbar.

Braunslweigisher Geheimer Legationsrat Boden: Die braun- \{chweigishe Regierung ist bei der ganzen Angelegenheit der Braun- \{chweigi\hen Ortskrankenkasse unbeteiligt. Die Aeußerung der Auf- ichtsbehörde über diese Kasse ist letiglich pflihtgemäß erfolgt Ich muß fie gegen den Vorwurf unrichtiger Berichterstattung wahren.

Abg. Behrens (wirts{ch. Vgg.) weist den Vorwurf zurück seine Freunde kee Spur von Beweisen für ihre Behauptu1 die Ortbkrankenkassen von den Sozialdemokraten mißbraucht wit beigebraht hätten. Ueber den Fall in Essen werde fundigungen etnziehen und später darauf zurückkommen ne früber Behauptung in bezug auf die Fälle Stegerwald und Hattingen er aufrecht erhalten.

Abg. Gie sberts (Zentr.): Sollten christlih organisierte Ar an dem Beschluß der Essener Krankenkasse, dem Rendanten Sicherstellung von 52000 #6 zu bewilligen, mitgewinkt ba würden wir das auf das entschiedenste mißbilligen. Die Be der fozialdemokratishen Vorstandsmitglieder der Krankenkaf Hausagitation könne nicht in Abrede gestellt werden. ) ih die Minorität in den Kaffen, die doch sclicßlih träge bezahlen muß, nicht gefallen zu lassen.

An der weiteren Debatte beteiligen sich nod Hue, Hoch (Soz.) und Giesberts (Zentr.).

8 361 a wird nah dem Beschluß zweiter nommen.

Nach § 385 der Beschlüsse zweiter Lesung kann die Saßung den Vorstand ermächtigen, innerhalb des Kassenbereihs wegen Lieferung der Arznei Vorzugsbestimmungen mit einzelnen Apothekenbesizern oder Großhändlern zu vereinbaren.

Abg. H o ch (Soz.) hat Bedenken über die Tragweite der Worte „innerhalb des Kassenbereihs“.

Geheimer Oberregierungsrat Spielbagen führt a Apotheker des Bereihs dadur vor völliger Ausschaltung werden sollen, daß aber die Kasse das Recht bat, and

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händlern innerhalb des Kassenbereihs Verträge abzuschlic}