1891 / 225 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 Sep 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Hefsen.

Darmstadt, 23. September. Seine Majestät der Kaiser hat nah der „Darmst. Ztg.“ an Seine Königliche Hoheit den Großherzog folgende Allerhöhste Schreiben

gerichtet : Dur(hlauthtigster Fürst, freundlich lieber Vetter, Bruder und Onkel!

Der heutige Tag und die Anwesenheit Eurer Königlichen Hoheit bei den Manövern giebt Mir ten gewünschten Anlaß, Eurer König- lihen Hoheit ein Zeichen Meiner besonderen Hohahtung und Zu- neigung zu geben, indem Jch Sie zum General-Obersten der Infanterie mit dem Range eines General-Feldmarshalls befördere. Jh verbleibe mit den Gesinnungen unveränderliher Freundschaft

Eurer Königlichen Hoheit freurdwilliger Vetter, Bruder und Neffe Wilhelm. Swloß Wilbelmskböhbe, den 12. September 1891.

Durhlauwtigster Fürst, freundlih lieber Vetter, Bruder und Onkel! Am S{hluß der diesjährigen Herbstübungen, an denen Eure

Königlicbe Hoheit mit so lebhaftem Interesse Theil genommen haben, ist es Mir ein erwünschter Anlaß, Eurer Königlichen Hoheit mit Meinem Dank hierfür zugleich die hohe Befriedigung über die vor- treffliche Haltung und den ausgezeibneten Zustand auszusprehen, in denen Ich fämmtlihe Truppentheile der hessishen Division vor- gefunden habe. Ich verbleibe mit den Gesinnungen unveränderliher Hochahtung und Freundschaft Eurer Königlichen Hoheit freundwilliger Vetter, Bruder und Neffe Wilhelm. Mühlhausen i. Th., den 19. September 1891.

Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prin- zessin Heinrih von Preußen fuhren heute Vormittag nach Homburg zum Besuch Jhrer Majestät der Kaiserin

riedrich. Höchstdieselben werden auf der Rückreise in rankfurt a. M. die elektrishe Ausstellung besichtigen und im aufe des Abends hierher zurückehren.

Mecklenburg-Schwerin.

—Schwerin, 24. September. Seine Königliche Hoheit der Großherzog und Jhre Kaiserliche Hoheit die Gro ß- herzogin verlassen heute Nachmittag Gelbensande, um sich mit turzen Aufenthalten an mehreren Zwischenstationen nah Cannes zu begeben. Die Genesung des Großherzogs hat in der leßten Zeit we)entlihe Fortschritte gemacht, sobaß die von den behandelnden Aerzten schon seit der Erkrankung des Groß- herzogs gewünschte Ueberführung in ein südlihes Klima nun- mehr ohne Bedenken zur Ausführung gebracht werden kann.

In Doberan fand am 22. d. M. die Taufe der jüngst geborenen Prinzen von Hohenzollern statt. Anwesend waren nah den „Meckl. Nachr.“ Seine Könizliche Hoheit der Fürst von Hohenzollern, die Hohen Eltern, JZhre Königlichen Hoheiten die Großherzoginnen Alexandrine

und Marie, Jhre Hoheit die Herzogin Elisabeth und Rumänien. Die Taufe vollzog

der Prinz Ferdinand von der katholishe Pastor Brinckwirth aus Rosto. Den Prinzen Wen O Namen Friedrich Victor und Franz Joseph eigelegt.

Sachsen-Altenburg.

Altenburg, 23. September. Seiner Hoheit dem Herzog ist der „Magd. Ztg.“ zufolge das nathstehende Schreiben Seiner Majestät des Kaisers zugegangen :

Durck&lauchtigster Fürst, freundlih lieber Vetter! Am Sé{luß der diesjährigen Herbstübungen ift es Mir ein erwüns({ter Anlaß, Eurer Hoheit die hohe Befriedigung über die vortreffliche Haltung und den ausgezeichneten Zustand auszusprehen, in denen JIch das altenburgishe Kontingent vorgefunden labe. Empfangen Eure Hoheit bei diesem Anlaß zugleih die Versicherung der aufrihtigen Freund- saft, womit Ich verbleibe

Eurer Hoheit freundwilliger Vetter Wilhelm R. Müßlhausen i. Tb., den 19. September 1891,

Sachsen-Coburg-Gotha.

Coburg, 23. September. FJhre Kaiserlihe Hoheit die Herzogin von Edinburg und die M De Maria und Victoria haben sih heute nah Friedrichshafen begeben. Seine Hoheit der Erbprinz und Jhre Königliche Hoheit die Erbprinzessin vonSachsen-Meiningen sind heute von hier nah Darmstadt abgereist.

__ Eingetretener Umstände halber ist nah der „Goth. Ztg.“ die Einberufung des gemeinschaftlihen Landtags- ausschusses für die Herzogthümer Coburg und Gotha bis zum nächsten Monat vertagt worden.

Schwarzburg-Rudolstadt.

_ Rudolstadt, 23. September. Seine Durchlau§t der Fürst hat fi, der „Schwzb.-Rud. Lds.-Ztg.“ zufolge, heute nah Jagdschloß Rathsfeld begeben.

‘Der Landtags-Aus\{chuß des Fürstenthums is behufs Revision der Rehnungen von 1888/90 auf den 3. November einberufen worden.

Reuß: ä. L.

__ (+4) Greiz, 23. September, Gestern Nachmittag 3 Uhr fand im hiesigen Fürstlichen Residenzshlosse die Taufe der jüngft geborenen Prinzessin, welhe die Namen Jda Emma Antoinette Charlotte Victoria erhielt, statt. Jhre Durhlauchten der Fürst und die Fürstin zu Schaumburg-Lippe wohnten den Tauffeierlihkeiten bei.

Im Befinden Fhrer Durchlauchßt der Fürstin ist keine wesentlihe Veränderung eingetreten. Nach dem Bulletin von

heute Morgen hatte die verflossene Nacht einen ruhigen Verlauf.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 22. September. Nach einer im „Gesetz- blatt für Elsaß Lothringen“ erschienenen Verordnung Dee die Bezirkstage am 16. November eröffnet und spätestens

am 28. November geschlossen werden. Die erste Sizungs- periode der Kreistage beginnt am 12. Oktober, die zweite

Earl of Lytton würde demnächst von dem Botschafterposten in Paris zurücktreten und durch den permanenten Unter- Staatssekretär im Auswärtigen Amt Sir Philipp Currie erseßt werden.

zufolge voraussihtlich Ende Oktober nah Nizza begeben und daselbst drei Wochen verweilen. O ,

Hamilton in einem! Brief an einen Korrespondenten ver-

Deutsche Kolonien.

Ueber die Wah ehe in Ost-Afrika sagt Pater Shynse in seinem Buch: „Mit Stanley und Emin Pascha dur Deutsch- Ostafrika“ S. 67:

ir marschirten (von Dambi) 45 Stunden über die Vorhöhen der hohen Bergkette, jenseits welher die Straße nach Momboya führt, und erreihten dann offenes Land und zerstörte Dörfer im Thale. Bewohner scheinen keine mehr hier zu sein. Vor kurzer Zeit waren die südlich wohnenden Wahehe eingebrochen, haben die Heerden geraubt und die Tembe zerstört. Die Bewohner sind geflüchbtet. Die Wahebe bilde:n den Schrecken von Ufagara. Den Massai ähn- lih haben sie große Heerden und unternehmen jährli Raubzüge in die benahbarten s{wächeren Stämme. Diese fortgeseßten Ein- fälle sind es, welhe Usagara nit zu dem werden lafsen, was es sein könnte, reih an Heerden und Lebensmitteln. Aengstlih verbergen die wenigen Bewohner ihre Hütten im dichten Bushe und wagen nur kleine Strecken anzubauen, um nit die Beutegier der Nachbarn zu reizen. Aus demselben Grunde haben die Wasagata fast gar keine Heerden, nur wenige Ziegen und keine Ohsen. Wenn der dcutsche Einfluß einmal so stark geworden ist, daß diese Einfälle verhindert und bestraft werden können, wird dieses Bergland sich wieder be- vöôlkern und reih werden.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 24. September. Der Kaiser ließ sich, wie „W. T. B.“ meldet, gestern nah dem Befinden des erkrankten Minister-Präsidenten Grafen Taaffe erkundigen.

Für den Zusammentritt der Delegationen ist dem „Sremdenbl.“ zufolge der 7. November in Aussicht genommen. Der ungarische Reichstag nimmt am 3. Oktober seine Thätigkeit wieder auf.

Der Statthalter von Nieder-Oesterreich bat der Donauregulirungskommission angekündigt, daß die Einleitung vertraulicher Besprehungen bevorstehe über ein Seitens der Re- gierung in der Ausarbeitung begriffenes Stadtbahnprojefkt unter Heranziehung von Experten aus den Kreisen der betheiligten

aktoren. Gleichzeitig wurde mitgetheilt, die Regierung beab- ihtige die Stadtbahn, die Regulirung des Wien-Flusses, die Ausgestaltung des Donaukanals sowie von Sammelkanälen einheitlich durch Zusammenwirken des Staates, des Landes und der Gemeinden auszuführen, die Geldmittel durch eine ge- meinsame Finanzoperation nah Art der Donauregulirungs-: An- lehen zu beschaffen und für die Ausführung durch eine spezielle Organisation vorzusorgen. Hierbei solle dem Lande und der Kom- mune ohne Rücksicht auf die Höh: ihrer Beitragsleistung ein weitgehender Einfluß auf die Verwaltung gesichert werden. Wie verlautet, werden die Kosten für die Errichtung der Wiener Stadtbahn nebst allen dazu gehörigen Bauten auf ca. 50 Millionen Gulden geschäßt, von welhem Betrage die Regierung 30 Millionen bewilligen dürfte. Gestern erfolgte die Exhumirung der Leiche des fran- zösishen Generals Lasalle Behufs Ueberführung ‘der- jelben nach Frankreich. Eine Eskadron Husaren be- gleitete den Kondukt bis zum Westbahnhof. Bei der Annäherung des Zuges an den Bahnhof erwiesen die dort aufgestellten Truppen die militärishen Ehren, die Musik spielte einen Trauermarsch. Der Einhebung des Sarges in den an Ln wohnten die Erzherzoge Albrecht und Wilhelm, der Kriegs - Minister, der Corps- Kommandant FZM. von Schönfeld sowie zahlreiche Generale n e bei. Ein Fnfanterie-:Bataillon gab eine Ehren- olve ab.

Großbritannien und Frland.

Zu der in Nr. 223 d. Bl. gebrahten Meldung, daß die russishe Expedition nah Pamir dem englishen Hauptmann Younghusband und dem Lieutenant Davison das Be- treten des Gebiets von Pamir verboten habe, schreibt die „Morning Post“:

Die Ausweisung Kapitäns Younghusband's aus Pamir auf Grund der souveränen Rechte Rußlands über Klein-Pamir und das Alichar Thal ift eine Thatsache, welhe diplomatishe Interrention erfordert, da England Angesichts des mit der russishen Regierung vor mehr als 15 Jahren ges{chlossenen Uebereinkommens unmöglich das russis&e Auf- treten in dem vorliegenden Falle oder die jeßt zum erften Mal erhobenen Ansprüte gutheißen kann. Die volle Bedeutung der russishen For- derungen ift ohne eine genauere Kenntniß der Geographie des Pamir- P'ateaus, wie sie der Durchschnittsleser kaum besißt, niht ver- ständlich. In unseren Bemerkungen über die Expedition, welche kfür;lih die Altai-Gebirgskette übershritt, wiesen wir kurz auf das große Ziel und Streben aller russischen Forschungen in diesem Theil Central-Asiens hin. Son vor zwanzig Jahren warnte ein Mit- arbeiter der „Quarterly Review“ die Engländer vor den russisGen Abjichten auf Pamir, „da es nicht unwahrscheinlih sei, daß der bequemste Weg nach Indien durch die Thäler Wahan und Peshawur führen könnte“, Daß dem fo ift, hat sih jeßt thatiäGlih herausgestellt, wie aus einem Briefe Grombshewsky's hervorgebt, welcher das Plateau erst vor zwei Jahren überschritt. Dieser schreibt : „Ih habe mich darüber cefreut, daß meine Voraussetzung hinsichtlich der wenig müßsamen Passage über den westlihen Himalaya odec den östlihen Hindukush sih so voll bestätigt hat.“ Das Altai-Plateau ¿wisben dem Khanat von Bokhara im Westen und dem von Kafhgar: im Often bildet die Grenze des russishen Turkestan und ist nit mehr als 250 Meilen von der Grenze Britisch-Indiens entfernt.

Die Ansprüche Rußlands auf die Oberberrschaft über Klein- Pamir bedeuteten, heißt es dann weiter, nihts mehr und nichts weniger als eine Ausdehnung der russishen Besitzungen in Central- Asien bis innerhalb 100 Meilen oder noh weniger von den Grenz- provinzen Hindustans. Es sei jedo absolut kein Grund für die jeßt von den Rufsen erhobenen Ansprüche vorhanden. Groß- und Klein-Pamir bildeten zusammen den Staat Wakhan, wel{er dem zu Afghanistan gehörigen Badakshan untergeben i. Daß die Afghanen die Rechte Rußlands auf den auss{ließlichen Besiß des bean- sprubten Gebiets zugestehen würden, sei mebr als unwahr- \ceinlid und die Zustimmung Großtritanniens, alle Umstände in Erwägung gezogen, oöllig ausgeschlofsen. Die russishe Aktion sei ein offenbarer Versuch, das zwischen den beiden Ländern in Hinsicht auf Afghanistan und seine Besitzungen geschlossene Abkommen zu verleßen. Der rufsishe Anspru habe zudem auch nicht die geringste Berechtigung und könne nur dazu beitragen, dem in England ge- fühlten allgemiänen Mißtrauen gegen russishe Pläne und Absihhten weiteren Grund zu verleihen.

Der „Daily Chronicle“ erfährt aus zuverlässiger Quelle,

Der Marquis von Salisbury wird sich der „A C.“

Wie der Chef der britischen Admiralität Lord George

am 14. Dezember. Die Dauer einer jeden dieser Sizungs- perioden ist auf höchstens fünf Tage festgeseßt, E

sichert, t ite fan

absihtliß die britishen Kriegs-

Offiziere in Portsmouth besichtigen lassen, um

ihnen Gelegenheit zu geben, sich eine P cuiaas

rihtige Vorstellung von der Stärke und Leistungsfähigkeit

der britishen Marine zu bilden. Der Besuch des Ports-

mouther Arsenals dürfte die französischen Offiziere davon über-

zeugt “das daß England noch immer die erste Seemacht der elt ift.

Wie ein vorgestern veröffentlihter amtliher Ausweis kon- statirt, betrug der Effektivbestand der regulären britishen Armee am Ende des Jahres 1890 210860 Mann. Die Hülfstruppen und Reserven seßten sich wie folgt zu- sammen: Armee-Reserve 60 233, Miliz 113 163, Veteranen 10 692 und Freiwillige 221 048.

__ Der Staatssekretär für die Kolonien Lord Knutsford hielt am Mittwoch in Saxmundham eine Rede, in welcher er auf die von dem Führer der Liberalen hatte Morley

kürzlich gehaltene Rede anspielte. Leßterer hatte behauptet : England sei durh seine auf unbestimmte Zeit fort esebte Ofkkupation Eg yptens ein verwundbares England, beständi der Gefahr ausgeseßt, in den Wirbel eines der Kriege au dem Kontinent hineingezogen zu werden. Lord Knutsford seinerseits protestirte dem „W. T. B.“ zufolge heftig gegen die Räumung Egyptens vor der Ausführung aller nöthigen Reformen und vor Einseßung eines, stabilen Regiments.

Frankreich.

_ Paris, 24. September. Der Minister des Auswärtigen RNibot empfing dem „W. T. B.“ zufolge gestern den Bot- Ee L EIE E n

er Kriegs-Minister de Freycinet hat an den Prä- sidenten der Ostbahn-Gesellshaft ein Dankschreiben für En Leistungen während der leßten Manöver gerichtet.

Der ehemalige Minister-Präsident Goblet hat nach der „Fr. C.“ am 21. d. M. auf einem Bankett des radikal - jozialistishen Comités des ersten Pariser Arrondi}se- ments eine Rede gehalten, in der er die gemäßigte Richtung der jeßigen Maththaber bekämpfte. Was ihm besonders mißfällt, ist das Bestreben sowohl des Präsidenten der Re- publik als der Minister, die Dissidenten zur Republik heranzuziehen und zwischen Kirche und Staat ein leid- lihes Einvernehmen herzustellen. Nah Ansiht des Hrn. Goblet lege man in dieser Angelegenheit einen übertriebenen Eifer an den Tag, weil die Kirche sih aller wünshenswerthen Freiheiten erfreue und das jeßige Auftreten maßgebender Per- jönlihkeiten das Gegentheil glauben lasse. Daß eine all- gemeine Bcshwichtigung manches Gute haben würde, gab Hr. Goblet zu, meinte aber, man sei geneigt, ihr allzu große Opfer zu bringen und seße sih dadurch bitteren Enttäuschungen aus.

Rußland und Polen.

__ Die Großfürstin Alexandra, Gemahlin des Groß- fürsten Paul, 1st laut Meldung des „W. T. B.“ heute früh um 3 Uhr in Jljinskoje bei Moskau ihren Leiden erlegen. Nach dem legten Bulletin hatte die hohe Verstorbene noch im Verlauf der Natht vom Dienstag zum Mittwyoch drei verhält- nißmäßig schwache, zwei bis vier Minuten anhaltende Krampfanfälle zu bestehen, Das Bewußtsein war nicht zurücgekehrt. Die Großfürstin war eine Tochter des griehijhen Königspaares, welches an ihr Sterbelager geeilt war. Sie hat ein Alter von nur 21 Jahren erreiht und ihren Gemahl, den jüngsten Bruder des Kaisers, dem sie am 17. Juni 1889 in St. Petersburg angetraut wurde, mit einem Töchterchen, der am 19. April 1890 geborenen Groß- fürstin Maria-:Paulowna, und dem vor wenigen Tagen ge- borenen Prinzen Dimitri beschenkt.

Wie die „Nowoje Wremja“ meldet, werde dem Reichs - rath demnächst eine Vorlage des Ministers des Ven über die „Hebräerfrage“ zugehen. Die Vorlage basire auf dem Material, welhes durch die Konferenz der General- Gouverneure von Wilna, Warschau und Kiew sowie anderer Funktionäre unter dem Vorsiß des Adjunkten des Ministers des Jnnern von Plehwe zusammengestellt wurde.

Jtalien.

Rom, 23. September. Bei dem heutigen Empfange der spanischen Pilger ließ der Papst, welher sich ermüdet fühlte, na einer stillen Messe für dieselben durch den Sekretär Nocella eins die Adresse der Pilger beantwortende lateinishe Allokution verlesen, welhe dem „W. T. B.“ zufolge mit den Worten \{loß: „Wir bitten Gott, den jungen König, auf den Spanien seine Hoffnung seßt, und die erhabene Königin- Regentin zu {üßen. Wir segnen das ganze katholishe Spanien.“ Der Papst empfing heute au den neu ernannten Ordens- General der Minoriten Caratelli, welher nunmehr sein Amt übernimmt, und spendete ihm seinen Segen. Portugal.

Jn Aussührung des ministeriellen Programms is, wie man dêm „Hamb. Corr.“ aus Lissabon meldet, der Etat der Marine und der Kolonien für das mit dem Juli 1892 schließende Finanzjahr um 45 000 Pfd. Sterl. herab- geseßzt worden. Jn dem Budget sind ferner für den Militär- Etat 50 000, für Kriegsmunition 7000, für Marineausgaben 32 000, für die Polizei 15000 und für die Hospitäler 5000 Pfd. Sterl. ausgeworfen.

Schweiz. Bern, 23. September. Die geseßlih erforderlihe Zahl von Unterschriften für das Referendum gegen den N der Centralbahn durch den Bund is, wie „W. T. B.“ meldet, bereits überschritten, Man rechnet auf 70 000 Unter-

schriften. Niederlande.

Haag, 23. September. Die Zweite Kammer hat den Entwurf der in Beantwortung der Thronrede an. die Königin zur richtenden Adresse unverändert angenommen. In der Adresse wird betont, daß die Kammer die Revision des Wahlrehts erwartend, inzwishen andere Reformen in Angriff nehmen - könne. Die Adresse wird der Königin- Regentin überreiht werden,- welche sih zu deren Entgegen- nahme hierher begeben wird. Türkei.

Die angebliche Besegung von Sigri auf der Jnsel Mytilene(Mytilini) our die engli he Flotte wird der, Polit. Corresp.“ aus Konstantinopel in einem Bericht vom 19. Sep- tember dahin aufgeklärt, daß nach den bisher vorliegenden Mit- theilungen die Offiziere der englishen Flottille, die bei Sigri Halt machte, aller Wahrscheinlichkeit nah auf dér kleinen nsel eine Rebhuhnjagd unternommen hätten, während blinde

und Arsenale durh die französishen

orpillos in den Gewässern manövrirten. Die Pfort e habe

die seltsame Nachricht ziemlich ruhig aufgenommen und sei alsbald durch den ersten Dragoman der englishen Botschaft, Sir Alfred Sandison, über den Vorfall aufgeklärt worden, soweit es na den an Sir William White gelangten Mittheilun- gen möglih war. Jn den unvoreingenommenen diplomatischen und türkischen Kreisen zweifele man niht daran, daß es fih nur um ein Mißverständniß handeln könne. Sir William White habe sih an den Befehlshaber der inzwishen in Rhodos eingetroffenen Flottille, den Admiral Kerr, mit dem tele- aren Verlangen um einen eingehenden Bericht gewendet. it diesem Bericht in Händen werde der englische Botschafter in der Lage sein, das Lügengewebe, das man um ein harm- loses Ereigniß gesponnen, vollständig zu zerreißen. Rumänien.

Jm Ministerium des Jnnern wird, der „Wiener Presse“ zufolge, gegenwärtig eine Gesezvorlage bezüglih Ver- leihung der vollen staatsbürgerlihen Rechte an die Bewohner der Dobrudscha vorbereitet. Obwohl mit den Altrumänen bezüglich ihrer staatsbürgerlichen Pflichten auf ganz den gleihen Fuß gestellt, haben die Bewohner der Dobrudscha bisher keine Vertretung im rumänischen Parla- ment besessen. Diesem Mangel soll nun abgeholfen werden, und zwar soll die Wählershaft der beiden Distrikte Tulcsa und Konstanza je zwei Vertreter in die Deputirtenkammer

entsenden. Dänemark.

Kopenhagen, 23. September. Bei dem heute zu Ehren des Kronprinzen von Jtalien in Fredensborg statt- gehabten Diner brachte der König einen Toast auf den König, die Königin und den Kronprinzen von Ftalien aus. Letterer erwiderte mit einem Trinkspruh auf den König und die Königin von Dänemark und die Königliche E Dem Kronprinzen von Jtalien wurde, wie „W. T. B,“ meldet, vom Könige der Elefanten-Orden verliehen, Prinz Waldemar erhielt den italienishen Annunziaten-Orden.

Amerika.

Vereinigte Staaten. New-York, 22. September. Heute Mittag wurden die neuen Ländereien in Ofkla- homa eröffnet, und sofort ergossen si zahlreihe Schaaren Ansiedler, welche bereits seit Monaten auf die Gelegenheit geharrt hatten, über die Grenze. Während in dem Terri- torium nur 5000 Heimstätten von je 160 Acres verfügbar sind, beträgt die Zahl der Anwärter auf dieselben volle 15 000. Wie „R. B.“ berichtet, trugen sich hon heute aufregende Scenen zu, doc kam es bisher noch zu keinem ernstlichen Konflikt. Der ganze Weg zwishen Guthrie und der Reservation ist von Ansiedlern erfüllt, welhe in Wagen, zu Pferde und zu Fuß dem neuen gelobten Land zuströômen. Fn Langston haben sih Hunderte von bewaffneten Negern angesammelt, welche nöthigenfalls mit Gewalt von dem Cimarron- Thal, dem frucht- barsten Theil der Reservation, Besiy ergreifen wollen. Weiße sowohl wie Jndianer sind indessen fest entschlossen, die Aus- führung des Vorhabens der Neger zu verhindern.

Chile. Von Santiago wird dem „New - York Herald“ unter dem 21. September gemeldet: Gestern kam eine Meuterei unter den Truppen vor, welche den geistigen Getränken, die ihnen während des Nationalfestes geliefert worden waren, zu stark zugesprochen hatten. Die Meuterei nahm jedoch keine große Ausdehnung an und wurde bald unterdrückt.

Afien.

China. Der „New-York Herald“ vom 23. September meldet aus Shanghai: die Lage vershlimmere sich; in JFtschang und im ganzen Yanagtse-Thal seien die Un- ruhen im Wachsen begriffen. Die Bevölkerung von Wut- \chang, Hankow und Tschung-King sei im Begriff sih zu em- pören. Unter den Ausländern herrsche daher große Aufregung. Die fremden Kriegsschiffe sei:n in Shanghai vereinigt, welches selbst sich in Gefahr befinde. Drei Kriegsschiffe seien nah Wutschang abgefahren. Der französishe Gesandte Lemaire sei nah Peking abgereist. Der „Timet“ wird aus Singapore von gestern berichtet: Nachrihten aus Shanghai vom 9. d. M. zufolge wäre der Aufstand in Jtschang ein von Soldaten

unans organisirtes Werk. Die Centralregierung sei nicht im

tande, den Aufstand zu unterdrücken, und könne nur auf die Gefahr eines Bürgerkrieges Truppen aus entfernten Stationen heranziehen. Fn Nanking würden die Christen durh Mauer- anshläge verschiedener}in den den Europäern geöffneten Häfen begangener Verbrechen beschuldigt; das Eintreffen fremder Streit- kräfte allein könne die Unruhen unterdrücken. Fn Focchow fei ein geheimer Plan zur Bemächtigung des Arsenals von den auswärtigen Beamten entdeckt worden. Die Ausländer meinten, daß die Gegenwart eines Kanonenbootes unumgäng-

lih nöthig sei. Afrika.

Egypten. Die lezten Nachrichten, welhe Deserteure und Andere aus dem Süden Egyptens nach Kairo ge- bracht haben, lauten: i

Auf dem Bairam- Feste hielt der „Khal if * eine Ansprache an etwa 15000 den verschiedenen Stämmen des Sudan an- gehörige Personen. Er legte ihnen die Nothwendigkeit dar, die Aecker zu bebauen, um große Vorräthe anzubhäufen. Den Emirs jagte er, sie sollten in die Heimath zurückchren und ihre Truppen lediglich dazu verwenden, einen etwaigen An- griff der Egypter am oberen Nil zurückzuweisen, Als Osman Digma um Erlaubniß bat, ein Kontingent anzumustern, vm etnen Zug na dem Norden zu unternehmen, eiuklärte der Khalif, die Vor- gänge bei Tokar hätten sein Vertrauen erschüttert, und er müsse si bedenken, ob er Osman noch einmal an die Spitze eines Zuges stellen sollte. Abu Girgeh, der große Rivale Osman's, bat gleichfalls um die Gunst, Tokar wicder erobern zu dürfea. Die Antwort des Khalifen darauf ist nit bekannt.

Aus Kairo wird ferner gemeldet: :

__ Der heilige Teppich trifft diese Woche von Hedjaz in Kairo ein. Bis dahin find aüe Pilger zurückgekehrt. Das Quarantäneamt glaubt, daß die Gefahr ter Einshleppung der Cholera nah Egypten leßt vorüber ist.

Kunft und Wissenschaft.

Die erste Versammlung der Comenius-Gesellschaft,

Über deren Stiftung wir schon früher berichtet haben, wird am

10. Oftober zu Berlin (Hotel Magdeburg) stattfinden. Die Ein-

radungen und die Tagesordnung sind soeben zur Versendung ge- men,

. Altgermanische Gräber sind hiesigen Blättern zufolge

leßt au bei Dea drei I tien nördlich von Berlin liegenden Dorfe

Urnen nebst kleineren Bronzeftückchen wurden dem Märkischen Pro- vinzial-Museum überwiesen. ;

In Badenweiler wird demnäthst die alte evangelische Kir che abgebrochen werden. Die zum Theil interessanten und werthvollen fteinernen Grabtafeln bleibzn, wie Josef Durm in der „Karlsr. Ztg.“ mittheilt, erhalten und finden beim Neubau passende Wiederver- wendung. Von den alten Malereien in der Thurmbauvorhalle, die auf der linken Langseite desselben einen Todtentanz darstellen, auf den \. Z. Wilhelm Lübke aufmerksam machte und der neuer- dings vielfah in der Tagespresse besprochen wurde, find früher {on Pphotogravhishe Aufnahmen im Auftrage der Grofß- herzoglich Badischen Staatsverwaltung gemacht worden, welche dem Inventarisations8werk einverleibt werden sollen, und auch genaue Be- \{reibungen der Darstellungen wurden mit diesen angefertigt. Man begnügte si aber niht mit dieser Festlegung der ehrwürdigen Reste ; das Großherzoglihe Minifterium der Justiz, des Kultus und Unter- rihts bewilligte vielmehr eine recht ansehnliße Summe, um den Versuch einer Ablösung der Fresken zu wagen. Die Großherzogliche Bau- Direktion seßte sich zu diesem Zwecke mit dem bekannten Farben-Chemifer Keim in München-Grünwald in Verbindung, der zusammen mit Josef Semmelmayer die Arbeit unter- nahm. Diese is in allea Theilen vollständig geglückt. Am 15. September war das heikle Geschäft beendigt, und die alten Bilder, die zum Theil aus dem 14., zum Theil aus dem 15. Jahrhundert herrühren, find nun der Nachwelt erhalten. Eigen- thümlich ist die Technik der Malerei. Es scheint zuerst auf einen etwas erhärteten Verpuß eine starke Kalktünhe aufgetragen worden zu sein, auf welche dann noch naß die farbige Zeichnung aufgetragen wurde. Die Farbe ifff nur in einer ganz dünnen Schicht aufgelegt bezw. eingedrungen. Ueber den künftigen Verbleib der Fresken, ob diese der Großherzoglichen Sammlung in Karlsruhe einverleibt werden sollen, oder ob fie in Badenweiler verbleiben werden, fteht noch die böbere Cntschließung aus.

Submisfionen im Auslande.

Spanien.

6. Oktober. Direccion general del Tesoro publico y Ordenacion general de pagos del Estado. Madrid: Sieferung von 50000 kg Feinsilber fur die Münftättee. Im Ganzen oder in Loosen zu 1000 kg. Kaution 1%/%. Näheres beim „Reichs-Anzeiger“ in \panischer

Sprache. Niederlande. I. 29. September, Mittags 12 Uhr. Directie der Artillerie- Inrichtingen zu Delft im Direktions-Bureau : 2 kleine Feuersprißen nebst Zubehör und Verpackung für Nieder- U Gadien, Civilabtheilung für öôfentlihe Arbeiten in Bedingungen kostenfrei im genannten Bureau. Einschreibung muß dur in Holland wohnhafte Personen erfolgen. IT. 6. Oktober, Mittaas 12 Uhr. s Ryks Centraal Magazyn van Militaire Kleeding, Uitrustieg enz in Amsterdam: a Lieferung verschiedener Kleidungs-, Ausrüftungs- 2c. Gegen- stände für die Truppen, 4 b. 5000 Bettlaken, 1000 Decken, 1600 Paar Pantoffel, 3200 Taschentücher, 1600 Wärtershürzen, 500 Müten und 4000 m graue Futterleineward zu Matratzen für Lazarethzwecke Auskunft an Ort und Stelle. Einschreibung muß durch in Holland wohnbafte Personen erfolgen III 16 Oftober, Vormittags 11 Uhr. Ministerie van Water- staat Handel en Nyverheid im Gebäude der Pcovinzial-Bestuur zu Middelburg : : L Nr. 184, Lieferung und Aufshüttung von Stein für Ufer- bau vor LTerneuzen Schätzungswerth 17 450 Fl. : “ra ora fäuflich bei den Buachhändlern Geb. van Cleef im Haag.

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 23. September. (W T. B,) Norddeutscher Lloyd. Der Dampfer „Preußen“ ist gestern in Suez an- aekommen. Der Scnelldampfer „Spree“ hat gestern Vormittag die Heimreise von New-York angetreten. Der Schnelldampfer „Trave“ ist Mittags in Southampton eingetroffen, Der Dampfer „Danzig* ift heute Vormittag mit der Poft von Australien von Port Said ia Brindisi eingetroffen.

24 September. (W. T. B.) Der Schnelldampfer „Trave“, von New-York kommend, hat am 23. September Morgens Lizard, der Schnelldampfer „Havel“, nah New-York bestimmt, Vormittags Dover passirt. Der Postdampfer „Preußen“, von Ost-Asien kommend, ift am 22 September Nachmittags inSuez angekommen.

Hamburg, 23. September. (W. T. B) Hamburg- Amerikanische Packetfahrt-Aktiengesell\schaft. Der Post- dampfer „Rhenania“ ift, von Hamburg kommend, heute in St. Thom as eingetroffen. /

24 September. (W. T. B.) Der Poftdampfer „Scandia“ hat, von New-York kommend, heute Morgen Lizard passirt.

London, 23. September. (W. T. B.) Der Caftle-Dampfer „Li8more Caftle“ hat heute auf der Ausreise Lij sabon passirt. Der Castle-Dampfer „Dunbar Castle“ ist gestern auf der Heimreise von Capetown abgegangen.

24. September. (W,. T. B.) Der Union - Dampfer „Tartar“ ift auf der Ausreise gestern von Madeira abgegangen.

Theater und Musik.

Königliches Schauspielhaus.

Die hundertjährige Wiederkehr des Geburtstages Theodor Körner'’s wurde gestern in ganz Deutschland würdig gefetert. Das Königli®e Schauspielhaus hatte zu dem nationalen Festtage um- fassende Vorbereitungen getroffen. Ein scenisher Prolog von Emil Taubert eröffnete die Feier des Abends, und die Ouverture zu „Zriny“ von Ludwig Deppe leitete mit ihrer machtvollen charakte- a vas Musik zu der Darstellung des Trauerspiels „Zriny“

nüber.

Der Prolog wurde von zwei allegorishen Personen, dem Sieg und dem Frieden, gesprochen. Mitten hinein in das wonnige Be- wußtsein des Friedens klingt die alte s{metternde Siegesfanfare, er- weckt von der festlihen Erinnerung an ihn, der ein Sänger war und ein Held zuglei. Die alte große Zeit steht wieder auf, gezeichnet mit den Heldenliedern Theodor Körner's, welhe E. Taubert in kurzen Anklängen geshick in seinen Prolog ver- woben hat. Wir böôren wieder den Aufruf zu dem beil’gen Kriege „Das Volk fteht auf, der Sturm brich: los*; das preußishe Freicorps wird feierlid in der kleinen Kirhe zu Rogau eingesegnet unter den Klängen des Liedes „Wir treten hier im Gottes- haus mit frohem Muth zusammen“; in stürmishem Brausen zieht Lüßow's wilde, verwegene Jagd vorüber, jauhzend und jubelnd [öft sih das Schwertlied aus des Sängers Seele, die sich im „Gebet wäh- rend der Schlacht“ lebend und sterbend in Gottes Hände giebt. In diesen Kriegöliedern, welhe den Ruhm Körner's in der Geschichte und in der Dichtkunst begründen, spiegelt sich getreulih die bewegte Zeit der himmelstürmenden Begeisterung für Freiheit und Vaterland wider, die die deutshe Jugend mit Jubelrufen auf den Lippen zum Siege führte und ihr den Tod verklärte. Daß der Sänger seine glühende Vaterlandsliebe in muthigem Kampfe mit dem Tode erge e giebt seinen Liedern erst die rechte Kraft und die erhebende Weihe: Und sollt’ ich eins im Siegesbeimzug fehlen: Weint niht um mich, be- neidet mir mein Glück! Denn was, berausht, die Leyer vorgesungen, das hat des Schwertes freie That errungen. b

Kamwpfesluft und todesmuthige Opferfreudigkeit hallt aus Körner's „Zriny“ wider, welher nur im Zusammenhang mit der jugendlichen Idealgestalt des Dichters eine tiefe Wirkung auskibt. Der Held Zriny spricht in beinahe episher Breite, nur in anderen Worten die Gefühle aus, welche die deutshe Jugend, als deren prophetischer

Juranitsch hat \sich Körner selbst gezeihnet; auß Ju-

ranitsch reißt \sich, in Jugendkraft / prangend, von einer

holden Braut los, um auf dem Altar-“ des Vaterlandes sein Leben

zu opfern. Dieselben Empfindungen, fast dieselben Worte kehren in

den Liebesworten des Juranitsch an seine Braut und in dem be-

rühmten Briefe Körner's an seinen Vater wieder, in welchem er

seinen Entschluß ankündigt, sein Leben zu wagen, sein Leben, welches

mit allen Blüthenkränzen der Liebe, der Freundschaft, der Freude

geshmüdt sei. Das Trauerspiel „Zrioy* übt denn auch

eine wahrhaft tief gehende Wirkung besonders in den

Scenen aus, in welchen in der Seele des Hörers

die jugendlichen Gestalten des Juranitsch und des Heldensängers in

einander verschmelzen. Ueber die Shwätben und Vorzüge der drama-

tishen Dichtungen Körner's und hier im Besonderen des „Zriny“ zu

urtheilen, giebt die Festvorstellung keine geziemende Gelegenheit. Das

kritishe Bewußtsein weicht der festliben Stimmung, der ergreifenden

Erinnerung an die so {nell dahingeraffte, wie ein Symbol leuhtende

edle Blüthe deuts{er Jugend. Erwähnt sei jedo, daß die Zuhörer mit ebrfurcht8voller Hingebung der Darstellung? lauschten, und daß die vom

Dichter geschickt bherausgearbeiteten Akts{chlüfse, die große Schwurscene des zweiten Aktes, die Verabschiedung des türkishen Abgesandten im

dritten und das in Flammer aufgeheide Sigeth, welbes das Helden-

bäuflein unter feinen Trümmern begräbt, im leßten Akt, ihre kräftige theatralische Wirkurg nicht versagten. E

Dem gleichen Zwecke, einer Erinnerungs8feier an den geliebten Todten, hat die erste Aufführung des „Zriny“ auf der Königlichen Bühne im Jahre 1814 gedient. Viele Wiederholungen hat das Werk nicht erlebt, denn \{chon im darauf folgenden Jahre, 1815, ver- \{chwand es von den Brettern, wenigstens in Berlin, obwohl der Dichter vorher, als sein Trauerspiel „Zriny“ im Wiener Hofburg- Tbeater die Feuerprobe der ersten Aufführung bestand, seinem Vater von einem glänzenden Erfolge berihten fonnte.

Die gestrige Darstellung des Trauerspiels vereinte Kraft mit Würde. Die Heldengestalt des Zriny verkörperte Hr. Nesper, dem es dazu weder an äußeren noch inneren Vorzügen fehlt; der markigen Kraft, dem gottergebenen Opfermuth weiß er in einfaher Weise wahren und der Wirkang sicheren Auëdruck zu geben. Hr. Purschian mäßigte erfreulicher Weise seinen jugendlihen Eifer so weit, daß er in künstlerishen Grenzen ein gut getroffenes Bild des Heldenjünglings Juranitsch bot. Hr. Matkowsky brachte als Peter Vilacky in der Scene mit Soliman den ganzen Stolz und die glühende Vaterlandéliebe des jungen Kriegers sowie den glühenden Haß gegen den feindliden Tyrannen mit den gewaltigen Mitteln seiner Kunst ¿ur Anschauung. Die fkriegerishen Gestalten des Alapi und Paprutowitsch wurden von den Hrrn. Krause und Arndt mit Auszeihnung gegeben. Den fterbenden Löwen, Soliman den Großen, spielte Hr. Kahle wobldurchdacht und kräftig in Bewegung und Sprache. Vie weiblihen Rollen waren durch die Damen Stollberg (Eva, Gräfin Zriny) und von Hochenburger (Helene) beseßt; besonders die leßtgenannte Künstlerin ließ sich öfter zu einer klangschönen Deklamation verleiten, unter welher der warme Gefühl8ausdruck nicht voll zur Wirkuna kam _

Um die Inscenicung hat sich Hr. Ober-Regisseur Grube hervor- ragend verdient gemaht Die Dekorationen, besonders der Shloßhof von Sigeth bei hereinbrehender Abenddämmerung, das reih ge- \{müdckte Zelt Soliman's und zum Schluß das in Flammen auf- gehende Schloß boten fkünitlerisch vollendete Bilder dar. In der Anordrung der Mafsenscene, der Shwur- und Kampfscene, blieb die gewandte Hand des trefflichen Leiters gleihfalls niht unerkannt. Der jubelnde Zuruf der Zuschauer, als unter dem Donner der Geschüße, unter heißem Schlahtgetümmel und dem krahenden Zufammensturz der Veste Sigeth der Vorhang fiel, legte Zeugniß ab, von der freudigen Theilnahme, welche die ganze, wohlgelungene Feier begleitet hat. Sehr langsam, nach langem Beifallklatshen und vielen vergeblichen Rufen nach dem Ober- Regisseur Hrn. Grube, verließen die Zuschauer das Haus. Die Eriynerung an eine große Zeit und an die Gestalt des jungen Helden-Sängers hatten einen weihevollen und dankerfüllten

Ausdruck gefunden. Berliner Theater.

Zur Feier von Körner's hundertstem Geburtstage wurde geftern Ernst von Wildenbruch's Schauspiel in vier Akten: „Väter und Söhne“ gegeben. Vorher ging ein für den Tag von demselben Dichter verfaßter Prolog, dessen patriotishe und poetishe SpraHe dur den \chlichten und eindrucksvollen Vortrag des Hrn. Ludwig Barnay zu treffendem Ausdruck gelangte. War hierdurch der Festes- stimmung würdig Rechnung getragen und wurde diese auch noch dur den Vortrag der Melodien und den Gefang Körner'scher Lieder er- höht, so war damit der oünfligste Boden für die Aufnahme eines Schauspiels gelegt, welches in den Jahren 1806 und 1813 spielt, und welches also den patriotischen Empfindungen dur eine dramatische Bearbeitung von Begebenheiten jener großen Zeit, wie man annehmen durfte, einen mähtigen Impuls gewähren follte. Das Publikum ließ es au nit an Anerkennung fehlen. Jadeß ist, wie wir einzu- gestehen nicht “umhin können, dieser Erfolg einmal auf die vortrefflichen shauspielerishen Leistungen der Mitwirkenden und die geshickte und sorgfältige Inscenirung, sodann auf die Thatsache zu seten, daß es sih dabei nit im eigentlihen Sinne um eine Première handelte denn „Väter und Söhne“ sind bereits an einem hiesigen Vorstadt-Theater gegeben worden, sodaß damals also bereits das Publikum gewissermaßen sein Urtheil über den Werth des Stücks gefällt hat; ferner aber und das fällt am Meisten ins Gewicht an dem Erfoig trug zu sehr wesentli®em Theile der Name des ge- {hätten Dichters bei, dem gegenüber das Publikum nit mehr ganz unbefargen ist. Die Kritik aber hat gerade wegen der hervorragenden Stellurg, welche sich Ernst von Wildenbruch als Diduter errungen, die Aufgabe, einen etwas höheren Maßstab an seine neueren Werke anzulegen und sich nicht von dem Eindruck bestimmen zu lassen, den der Glanz \eines dicterishen Namens seit einer Reihe von Jahren auf seine Zeitgenossen ausübt. Dies vorausgeschickt, dürfen wir nicht verschweigen, daß das Schau- spiel „Väter und Söhne“ ein Mifgriff ist. In den ersten zwei Akten werden uns die „Väter“ im Jahre 1806 in fo abschreckender Weise geschildert, daß man si nur wundern kann, wie es mögli war, daß die Söhne im Jahre 1813 in der Geschichte sich so erheben fonnten. Persönlißhe Rachsuht treibt einen Dorfscullehrer, welcher es nicht verwinden kann, daß sein Sohn vor zwanzig Jahren von dem Kommandanten der Festung Küstrin, Obersten von Ingersleben, als Deserteur die verdiente Strafe erhalten hat, zu s{ändlihem Verrath, und zu einer gleich {ändlichen Handlung läßt sich sein anderer jüngerer Sohn Heinri bestimmen, indem er dem Sohn des Festungs-Kommandanten wichtige Nachrichten vorenthält und ihn in den Verdacht bringt, selbsst Verrath verübt zu haben. Nicht minder abscbreckend werden die in der Festung Küstrin ver- sammelten älteren Offiziere als gewissenlos und dumm dargeftellt. Weder diese noch der Dorfshullehrer können als ein Typus ihrer Zeit hingenommen werden. Aber man würde diese etwas allzu stark auf- getragenen Farben, so sehr man sich au dagegen innerlich auflehnt, ich gefallen lassen, wenn in den beiden leßten Akten durch eine dem großen Jahre 1813 entsprechende patriotishe und opfermuthige Hand- lung die gerehte Sühne einträte. Aber an einer solhen Katharsis fehlt es ganz. Denn daß der alte Dorfshullehrer, der noch immer seinen Haß gegen sein eigenes Vaterland nicht verwinden kann, im dritten Akt an einem Schlaganfall stirbt, und daß sein Sohn Heinri, der allmählich Reue empfunden hat, durch eine pfiffige Handlung den jungen Ingersleben rettet, wobei ec selbs den Tod er- leidet, ersheint doch gegenüber der {weren Schuld, die Beide ih aufgeladen haben, niht als eine genügende Wiedervergeltung; die Scwähe der Handlung wird nur dadur verdunkelt, daß als deus ex machina die Preußen in das von den Franzosen beseßte Berlin einziehen, wodurch allein der pfiffige Streich zu glückliwem Gelingen führt, Von der nationalpatriotishen Begeisterung des Jahres 1813, welhe den Werth der „Söhne* in das hellste Licht hätte seßen köznen, bekommt man nur durch Nebenumstände etwas zu hören; sie durchzieht aber nicht die sihtbare dramatishe Handlung. Welch’ ein großerZund ges

tolzenhagen durch den Pfleger des Märkishen Provinzial- useums, Hrn. Grunow aufgefunden worden, Die gewonnene

Sänger Körner auftrat, befeelte, In dem {ungen Lorenz

waltiger Gegenstand für die Behandlung ift das Thema, aber in