1891 / 235 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 06 Oct 1891 18:00:01 GMT) scan diff

stellte sih bald große Unruhe ein, welche bis 3 Uhr anhielt. Von da an s{hwand das Bewußtsein, das vorher schon viel- fah benommen war. Um 6 Uhr 50 Minuten verschied Seine Majestät sanft unter den Erscheinungen der Herz: lähmung, ohne daß das Bewußtsein zurückgekehrt war.“

Die Königliche Familie war von Mitternacht bis zum Verscheiden des Königs um das Sterbelager versammelt. Auch der Minister-Präsident von Mittnaht war anwesend.

König Karl I. Friedrih Alexander, geboren am 6. März 1823, wax der Sohn des Königs Wilhelm I. und dessen zweiter Gemahlin Pauline, geborenen Herzogin von Württemberg, und folgte seinem Vater am 25. Juni 1864 in der Regierung. Allerhöchstderselbe war in kinderloser Ehe mit der Groß- fürstin Olga von Rußland, Tochter des Kaisers Nicolaus und der Kaiserin Alexandra Feodorowna, geborenen Prinzessin von Preußen, vermählt. Seine Erziehung erhielt der hohe Verstorbene unter Leitung des Generals Hardegg und dann besuchte Allerhöchstderselbe die Universitäten Tübingen und Berlin. 1866 ein Gegner Preußens, hat König Karl \ich später Preußen mehr und mehr genähert und namentlih im Kriege von 1870 sowie seit der Begründung des Reichs seine aufrihtige Bundestreue stets in hervorragendem Maße bewährt. Er war Chef des Grenadier: Regiments König Karl (5. Württembergisches) Nr.123, des Ulanen-Regiments König Karl (1.Württembergisches) Nr. 19 und des Feld-Artillerie-Regiments König Karl (1. Württem- bergishes) Nr. 13, des Königlih Preußishen FJnfanterie- Regiments von Lüßow (1. Rheinisches) Nr. 25, des Königlich Bayerischen 4. Jnfanterie-Regiments König Karl von Württem- bera, des Kaiserlih und Königlich Desterreichish-Ungarischen Husaren-Regiments Nr. 6 und des Kaiserlich Russischen Dragoner-Regiments Nischni-Nowgorod Ne. 16. i

In der Regierung folgt dem Hochseligen König Karl I. Seine Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm von Württem- berg, Sohn des verstorbenen Prinzen Friedrich und der Prinzessin Katharine, geborenen Prinzessin von Württemberg, geboren am 25, Februar 1848, |

Hefen.

Darmstadt, ©. Oktober. Seine Königliche Hoheit der Großherzog und Jhre Großherzogliche Hoheit diePrin zessin Alix fuhren, wie die „Darmst. Ztg.“ meldet, gestern Vor- mittag zum Besuch Jhrer Majesiät der Kaiserin Friedrich nah Homburg, von wo Höchstdieselben zusammen mit Jhren Königlichen Hoheiten dem Prinzen und der Prin- zessin Heinrich von Preußen des Abends hierher zurück- kehrten.

MeckeXlenburg-Schwerin.

Sch{werin, 5. Oktober. Nach einer den „Meckl. Nachr.“ unter dem heutigen Datum aus Cannes zugegangenen Mits- theilung hat die Besserung in dem Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs angehalten, namentlih verliefen die Nächte fast ungestört. Bei herrshendem guten Wetter hält Allerhöchstderselbe sich täglih einige Stunden im Freien auf.

Mecklenburg-Strelitßz.

Neu-Strelitß, 4. Oktober. Jhre Königliche Hoheit die Großherzogin ist gestern von ihrem Sommersiße Keppshhloß bei Pillniy in Sachen hierher zurücgekehrt. Seine König- liche Hoheit der Erbgroßherzog empfing den „M. N.“ zu- folge Jhre Königliche Hoheit am Bahnhofe.

Braunschweig.

(K) Braunschweig, 6. Oktober, Ueber die Krankheit Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Albrecht von Pre ußen ging heute Mittag folgendes Bulletin ein:

Ihre Königliche Hoheit hat eine sehr gute Nat gehabt. Bet leiGtem, seit vorgestern fieberfreiem Krankheitsverlauf ist das AU- gemeinbefinden ganz befriedigend.

Dr. S{aper, Ober: Stabs- und Leibarzt. Sachsen - Meiningen.

Meiningen, 5. Oklober. Jn Hildburghausen wurde, nach der „Ger. Ztg.“, von den Höchstbesteuerten Amts- verwalter Rath Heym (nat.-lib.) gewählt. Fn Saalfeld wurden bei der Wahl der Großgrundbesißzer mit Ÿ 17 Stimmen gewählt A. Radenacker in Camburg und L. Grimm in Aue bei Camburg. Jn Sonneberg wählten die Höhstbesteuerten Amtsrichter deu Thomas (freis.)

Scchwarzburg-Nudolfstadt.

Rudolstadt, 5. Oktober. Seine Durchlaucht der Für st ist nah der „Schwrzb. Rudolst. Lds.-Ztg.“ von Jagdshloß Raths- feld am Sonnabend wieder in Schwarzburg eingetroffen.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 6. Oktober. Der Minister des Auswärtigen, Graf Kälnoky, hat \sich gestecn für einige Lage auf seinz Besißung Prodliy in Mähren begeben. Sf

Das „Fremdenblait“/ ist kompetenter Seits ermächtigt, die Meldung des „Temps“ zu dementiren, daß der öster- reichish-ungarische Botschafter Freiherr von Calice einen anderen Posten erhalten dürfte. Das „Fremdendlatt“ fügt hinzu, daß die bezüglihen Angaben vielleicht auf die- jelben Quellen zurückzuführen seien, aus welchen gewisse Kon- stantinopeler Korrespondenten ihre tendenziösen und persönlichen Nachrichten zu s{höpfen pflegten. :

n dem zweiten Theile seiner vorgestern in der Konferenz der liberalen Pariei gehaltenen Rede, deren erster Theil bereits in der gestrigen Nummer des „R.- u. St.-A.“ erwähnt worden ist, eniwidckelte der ungarische Minister-Präsideri Graf Szapary das Programm dex Regierung. Es wird darin die Nothwendigkeit der Erhaltung des Gleihgewihts im Staats- M dhale betont, sowie die EntwidLelung der Volkswirth- haft, die Erleichterung des Verkehrs und der Transporte. Die Regierung halte an der Verwaltungsvorlage fest und werde dieselbe sobald als möglih wieder auf die Tages- ordnung seßen. Graf Szapary bekämpft die Politik der Unabhängigkeitspartei, welhe durch staatsrechtiihe Debatten die auf eine ordentliche Entwickelung des Landes gerichtete Thätigkeit verhindern wolle, und erklärt, die beste und einzig rihtige nationale Politik liege in der Förderung der Er- starkung des Landes, wozu er die weitere Unterstügung der Partei erbitte.

Zur Erhebung des objektiven Thatbestandes der an der Brücke bei Rosenthal versuchten Sprengung hat ih nach dem „Prag. Abdbl.“ am 1. d. M. eine Kommission des Reichenberger Kreisgerichts an den Ort des Attentats begeben. Die Wirkung der durh die Sprengbomben hervor- gebrachten Explosion ist eine sehr starke gewesen, da selbst

die Grundmauern der Brücke bei dem Wasserdurhlaß neben der Straße größere Risse zeigen. Ein Glück ist es bei alledem zu nennen, daß fnch die Expansivgewalt der Bomben, von denen eine Menge Eisenstücke in der Nähe der Brücke gefunden wurden, mehr nach auswärts richtete und nah dem Lokalaugenschein die Explosion nach beiden Seiten des Straßendurchlasses Steine herausschleuderte, während nur die geringere Gewalt des Expansivstoffs sich gegen die innere Wölbung und den Bogen der Brücke richtete.

Die Bezirkshauptmannschaft in Reichenberg hat vorgestern folgende Bekanntmachung erlassen:

„Auf die Ausforschung und Zustandebringung der Thäter des auf das Bahnobjekt näcst der Station Rosenthal in der Naht vom 30. September auf den 1, Oftober 1891 verübten Bomben-Attentats wird hiermit eine Prämie von 3000 Fl. ausges{rieben. Von diesem Betrage erhält die Summe von 1000 Fl. {on Jener, welcher den Behörden solche Anhaltspunkte liefert, die zur Eruirung des oder der Thäter führen. Reicenberg, 3. Oktober 1891. Der K. K. Bezirk8- hauptmann: S@&lôgl.“ i

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ von gestern hat der Statthalter Graf Thun diese Prämie auf 10 000 Gulden erhöht.

4 Nach Meldungen der Blätter aus Triest fand vorgestern der Portier des dortigen bischöflihen Palais im Vor- hause einen rauchenden Gegenstand, welchen er als eine Petarde mit glimmender Lunte erkannte. Durch \{leuniges Austreten der Lunte wurde eine Explosion ver- hindert. Die Petarde bestand aus einer kleinen 20 Deka- gramm Schieß pulver enthaltenden und mit Draht umwundenen cylindrischen Blechschachtel, mit einer brennenden Lunte. Wie angenommen wird, sollte durch die Petardenlegung gegen die Avhaltung von Predigten in slovenishec Sprache in der nahe gelegenen Kirche demonstrirt werden. : O

Jm Anschluß an die vorgestrige Enthüllungs feier in Melk fand gestern eine Festtasel statt, bei welcher der russishe Botschafts:Rath Fürst Kantakuzenos als Vertreter der russishen Regierung einen Toast auf den Kaiser Franz Joseph ausbrachte, wobei die Kapelle die österreichische Nationalhymne spielte. Der Abt des Stifts Melk erwiderte unter den Klängen der russishen Nationalhymne mit einem Toast auf den Kaisex Alexander.

Großbritannien und Frland.

Die Prinzessin Heinrih von Battenberg ift am Sonntag Morgen im Schlosse Balmoral von einem Knaben entbunden worden. Mutter und Kind befinden sich wohl. Der junge Prinz is vas vierunddreißigste Enkelkind der Königin und der zwölfte Enkel. Am Abend zündeten die Hoihländer auf dem Berge Craiggowan ein Freudenfeuer an; ein Fackelzug begab sich vor das Königliche Schloß, um den Gefühlen dex Loyalität Ausdruck zu geben. E

Am Montag ist der Erbgroßherzog von Hessen in London eingetroffen und im Buckingham-Palast abgestiegen.

tah einem Aufenthalt von einigen Tagen wird sih Seine Königliche Hoheit dem „W. T. B.“ zujsolge nah Schloß Balmoral begeben.

Der Earl von Portsmouth ist, 66 Fahre alt, auf seinem Landsit Eggeford House in Devonshire einem Schlag- anfall erlegen. Die Herzogswürde geht auf seinen Sohn, den Viscount Lymington, über. Der Leßtere ist zur Zeit Abgeordneter für den Wahlkreis Süd:Molton. Es wird in Folge dessen eine Ersa wahl stattfinden. L

„Reuter’s Bureau“ meldet aus Simla: es sei daselbst ein vom 15. September datirtes Schreiben des englischen Forschungsreisenden Hauptinanns Younghuskand ein- gegangen, wona derselbe die Nückreise nach Fndien ange- treten habe. Man erblickt hierin eine Widerlegung des in Bombay aufgetauchten Gerüchts, daß Younghusband von den Nussen in Pamir getödtet worden sei.

Aus Birma wird berichtet, daß die Häuptlinge, welche im April die Truppen des Lieutenants PMocatta an- griffen, derzeit die Bevölkerung in den außenliegenden Tlang- tlang-Dörfern anreizen, der gegenwärti, in der Ausrüstung begriffenen Expedition nah den Chin- Distrikten Widerstand entgegenzuseßen, wenn diese bei Beginn der kalten Jahreszeit dorthin abmarschirt.

Frankrei.

Paris, 6, Oktober. Der Präsident Carnot trifft der „Köln. Ztg.“ zufolge morgen von Fontainebleau wieder in

aris ein.

5 Fn einer den Zeitungen aus Regierungskreisen zugegan- genen Note heißt es, von mehreren Blättern würden Be- rihte veröffentliht, wehe Auffassungen und Wür- digungen der Schiedsrichter bei den leßten großen Manövern an der ODsigrenze enthielten. (Siehe Nr. 233 N A v S FOtee Berichte seien vollständig erfunden. General. Saussier allein habe einen Bericht an den Kriegs-Minister zu erstatten, und die Vollendung dieses Berichts sei nicht vor Unsang Dezember zu erwarten. S

Jm Monat September betrugen die Einnahmen aus den indirekten Steuern und Monopolen 11300000 Fr. mehr als der Voran)chlag festsezte, und 8500000 Fr. mehr als im Vorjahre. Die Zölle ergaben 4000000 Fr., die Zudersteuer 3500000 Fr. mehr, als im Budget ver- ansh!lagt.

S icli der Frage, was aus der boulangistishen Partei nah dem Verschwinden ihres Führers werden werde, bemerkt der „Temps“ am Shlusse eines längeren Artikels :

„Augen!ceinlich hatten die boulaagistishen Führer noch nicht die Zeit, ih über thr zukünftiges Auftreten zu verständigen. Aber man erfennt aus dem, was sie sagen, daß sie fest entschlossen sind, das Programm der bou!langistishen Politik «ufrechtzuerhalten und durh- zuführen, Diese Politik aber, nämlich die Unterdrückung des Parlamen' tariémus oder mit axderen Worten der politischen Fceiheit und der freien Ausübung der Volkssouv?eränetät, läuft auf nihts Anderes hin- aus als auf Volkêabsiimmung und Diktatur. Durch ih selbst sinv die Trümmer dieser Partei wenig furchtbar. Sie werden nur ge- fährlich werden, weun sie das Bündniß der Radikalen erlangen, um d3s sle ofen buklen Ob das gelingen wirb, ist heute die Frage

Der „Temps“ giebt der Hoffnung Ausdruck, daß die Enthüllungsfeier in Nizza von ausgezeichneter Wirkung auf die Beziehungen zwischen Frankreich und Jtalien sein und, wenn sie auch nichts auf dem europäishen Schachbrett ändern, die Ftaliener wie die Franzosen veranlassen werde, sich gegenseitig gerehter und sympathischer zu beurtheilen. Die Rede des Ministecs Rouvier werde ohne Zweifel den Eindruck korrigiren, welchen der Zwischenfall im Pantheon hervorgerufen habe. Der „National“ dagegen hält die Feier in Nizza angesihts der antifranzösishen Kundgebungen in Ftalien überhaupt für inopportun.

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 5. Oktober. Wie die Blätter melden sollen auf Kaiserlichen Befehl in dieser Saison keine Hofbälle stattfinden und die füc dieselben ausgeworfenen Summen zum Besten der Nothleidenden in den von dey Mißernte betroffenen Gegenden verwendet werden.

Die finnishen Amtsblätter veröffentlichten jüngst Kaiser- lihe Ukase, betreffend die Reform in der Geschästs- ordnung der höheren Behörden Finnlands und be treffend die Ansiellung von Beamten dieser Behörden. Danach hat der Minister - Staatssekretär für Finnland finnishe Geseßvorlagen, welhe die Fnteressen Ruß- lands berühren, auch den russishen Ministern zur: Meinungsäußerung mitzutheilen. Die Kaiserlihen Be- schlüsfse und Gesetzentwürfe , betreffend Finnland, sowie die Vorlagen für dea finnishen Landtag und die Resolutionen und Eingaben des finnischen Senats sind dem General-Gouverneur in russischer Sprache mitzutheilen. Als Beamte des finnischen Staatssekretariats und der Kanzlei des General - Gouv:rneurs können hinfort nux Russen mit Universitätsbildung oder Finnländer mit höherer Bildung e werden, welche die russishe Sprache gründlich ver- tehen.

Ftalien.

Nom, 5. Oktober. Wie die „Tribuna“ meldet, wird der Finanz-Minister morgen von Mailand hier ankommen und mit dem an den Handelsvertrags-Verhand- lungen in München theilnehmenden und hier eingetroffenen italienishen Delegirten Malvano eine Besprehung haben.

Jn dem Vatikan nahestehenden Kreisen wird versichert, der päpstliche Sekretär habe an die Nuntien ein ver- trauliches Schreiben gerichtet, in welhem der Standpunkt des Vatikans zu dem Zwischenfall im Pantheon präzisirt und alle Umstände auseinandergeseßt würden, die dem Zwischenfall vorangingen, ihn begleiteten und ihm folgten, Daran sei die Folgerung geknüpft, daß der Papst beschränkt sei in seiner Freiheit, die Pilger zu empfangen. Jn denselben Kreisen werde bestimmt angenommen, daß die kirhlihe Ge- walt das Jnterdikt über das Pantheon nit aussprechen werde,

He2ute Vormittag wurde in der St. Peterskirche eine stille Messe gelesen, welher 1200 Pilger aus Langres und Limoges beiwohnten. Der Papst, welcher in offener Sänfte die Reihen ter Pilger passirte und mit lebhaften Zurufen begrüßt wurde, richtete, wie dem „W. T. B.“ be- rihtet wird, an einzelne Gruppen Aeußerungen joines bez sonderen Wohlwollens.

Die Demonstrationen aus Anlaß des Zwischenfalles im Pantheon wurden in den hervorragenden Provin zial- städten auch gestern Abend fortgeseßt. Die Ruhe wurde indessen nirgends gestört.

Der nunmehr fertiggestellte Gesetzentwurf über die Neuordnung des Zettelbankwesens, welher der Kammer bei ihrem Wiederzusammentritt von der Negierung vorgelegt werden soll, verlangt der „Köln. Ztg.“ zufolge zunächst die Genehmigung der hierauf bezüglichen, vor einigen Monaten erxlassenea Königli*en Dekrete. Außerdem soll den kleineren Anstalten eine größere Freiheit gelassen werden, sich zu verschmelzen, dergestalt, daß sie zu diesem Zweck ihr Kapital erhöhen dürfen, um leichter diejenigen Aktiven und Jmmobilien abzustoßen, weiche mit der Natur der Zettelbanken nicht vereinbar sind. Die gemeinschastlihe Notenausgabe soll für Rechnung des Gesammtkonsortiums stattfinden, wie es der vorläufige Eclaß vom Juli d. F. bereits vorschreibt.

Nah einer Meldung der „Agenzia Stefani“ aus Massovah haben Nas Mangascha und Nas Alula am 29. v. M. Debeb bei Ambagarima angegriffen. Debeb und viele seiner Leute wurden in diesem Treffen getödtet. Die Häuptlinge seiner Partei zerstreuten sich.

Dänemark.

Kopenhagen, 6. Oktober. Der Reichstag ist gestern wieder eröffnet worden. Das Landsthing sowohl wie das Folkething wählten ihre bisherigen Präsidien wieder. Heute wird dem Reichstage die Budgetvorlage zugehen. i

Die russische Kaiserlihe Yaht „Polarsiern“ hat heute früh 63/4 Uhr Dragör passict.

Ameri?a-

Chile. Nach einer in New-York eingegangenen Meldung des „R. B.“ aus Santiago befanden sih am 1. d. M. noch immer politishe Flüchtlinge im dortigen Gesandt- schaftsgebäude dexr Vereinigten Staaten. Die Junta wollte ihnen kein siheres Geleit bewilligen. Spione bewaten das Haus, um jeden Flüchtling abzufassen, sobald er sih hinauswagte. Der Befehi, Jeden zu verhaften, der das Gesandt- \chaftsgebäude verläßt oder betritt, war auf den Protest Mr. Egan's hin zurückgenommen worden. Mehrere Per- sonen, darunter Egan's eigener Sohn, waren schon verhcftet

worden.

Guatemala. Der New-Yorker „World“ wird aus Mexiko vom 3. Oktober telegraphirt: Am Mittwoch v. W. habe ein Kamp f der Truppen des Präsidenten von Guatemala Barillas mit den Jnsurgenten stattgefunden. Der Prd9- sident von San Salvador Ezeta halte 5000 Mann an der Grenze in Bereitschaft, um zur Unterstüßung der Jnsurgeaten in Guatemala einzufalleii.

Usien. L Afghanistan, Aus Kabul wird dem „R. B.“ über Simla gemeldet, daß der Emir von Afghanistan keine An- sprüche auf das Khanat Wakkhan erhebe und wegen des Zuges der Russen nah Pamir keine Schritte thun wolle.

Afrika.

Congostaat. Ein bei der Regierung des Congostaals in Brüssel eingegangenes Telegramm berichtet, der Kön1g von Msiri habe sich dem Congostaat unterworfen; n A0 tanga seien Seitens des Congostaats Wachtposten errichte worden. Die Regierung des Congostaats hat, wie „L. L- it aus Hamburg meldet, Hrn. Eduard Bohlen daselbst n Generalkonsul des Congostaats für Deutschland mit Sitze in Hamburg ernannt,

Australien. # Auf einigen Jnseln dex Neuen Hebriden N 1 Telegramm des „R. B.“ aus San Francisco vom - olge ein Krieg unter den Stämmen ausgebrochen. Ja F dessen soll die Menschenfresserei dort wieder grassiren.

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Nr. 40 des „Centralblatts der Bauverwaltung*, herausgegebenimMinisteriumderöffentlihenArbeiten, hat folgenden Inhalt: Joachim Ludwig Schultheiß ron Unfried und der Königsberger Schloßbau. Berechnung der Erdarbeiten dur Zahlenreihen oder Zeichnung? Ausführung der Eisenbahn-Vor- arbeiten. Vermischtes: Erhaltung des Heidelberger Schlosses.

Einführung einer Einheitszeit in Deutshland. Wettbewerb für cine reformirte Kirhe nebst Pfarrhaus in Osnabrück. Wieder- besezung des Spielberz's{en Lehrstuhles an der Tehnischen Hochschule in Berlin. Erhaltung mittelalterlichec Wandmalereien aus Baden- weiler. Valentino's Verfahren für Ausführung pompejanisher Wandmalereien. Flußeiserne Ueberbauten der Weichselbrücke bei Fordon. Federlose Vorhängs{lösser. Neue Patente.

Entscheidungen des Reichs8gerichts.

Streitigkeiten eines felbständigen Gewerbetreibenden mit seinen Arbeitern in Bezug auf eine Leistung aus dem Arbeits- verhältnisse sind nah §8. 120a der Reihs-Getwerbeordnung, insoweit besondere Behörden füx diefe Angelegenheiten nit bestehen, durch die Gemeindebehörden zu entscheiden. Diese Bestimmung findet nah einem Urtheil des Reich8gerihts, T. Civilsenats, vom 1. Juli 1891, feine Anroendung auf derartige Ansprücbe des Arbeitgebecs, nachdem der Konkurs über den biéherigen „Arbeiter“ eröffnet is und wenn die Klage auf Feststellung der angemeldeten und bestrittenen Forde- rung gegen den Konkursverwalter erhoben wird, In dicsem Falle ist für die Klage des früheren Arbeitgebers das Amtsgericht bezw. das Landgericht 1n dem Bezirke des Konkursgerichts aus\chließ- lih zuständig.

Na § 38 des Preußischen Eigerthumserwerb-Geseßes vom 5, Mai 1872 fönnen Ginreden, welche der Grundschuld oder der Hypothek anhaften, dem dritten Erwerber dieser Rechte nur unter besonderen Vorausseßungen cntgegengeseßt werden. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, V. Civilsenat, durch Urtheil vom 4. Juli 1891 ausgesprochen, daß dieselben fich nur auf Hypotheken und Grundschulden besckränkt; auf sonstige di nglihe Rechte findet sie keine Anwendung. Der dritte Erwerber cines dinglicdden Rechts im engeren Sinne muß demnach Einreden ohne Beschränkung gegen sich gelten lassen, gleichviel, cb das dingli@e Recht rorsbriftsmäßig in der zweiten Abtheilung oder versehentlich in der für Hypotheken und Grundschulden bestimmten dritten Abtheilung des Grundbuchs ein- getragen ift. Eingetragene wiederkehrende Geldleistungen, welche nicht bloß Nebenleistungen zu einem in einer bestimmten Sum e bestehenden Kapital bilden, sondern deren Entcichtung während der festgeseßten Zeit die Hauptleistung darstellt und ers&öpft, sind nicht Hypotheken im Sirne des §. 38, sondern dingliche L im Sinne der §8. 12 bis 17 des Srundeigenthumserwerb- He eßes,

Kunst und Wissenschaft.

Aus Gurlitt’s Kunstsalon.

4 Jun dén oberen Räumen des Kun stsalons von L, Gurlitt ist der künstlerishe Nachlaß des im vergangenen Sommer verstorbenen begabien Bildhauers Bernhard Römer ausgestellt. Unter den fünfundsehzig Nummern des von einem warmen Nachruf Robert-Tornow's begleiteten Katalogs verdienen insbes ondere die zahlreichen kleinen Terra- cottabüsten, meist Porträts aus der Berliner Gesellschaft, die Aufmerksamkeit des Beschauers. Die kleinen griechischen Tanagrafiguren, welhe Römer auch in einzelnen Motiven kopirte, boten ihm den Anlaß, auch für bas Porträtfach dieje gefügige, dur zarte Tönung belebte Technik in kleinem Maßstabe nugbar zu machen. Die feinsinnige Art des Künstlers, die Charakteristik der einzelnen Köpfe en mi- niature festzuhalten, ohne doch dabei ins Kleinliche und Spißige zu verfallen, kommt in ihnen am besten zum Ausdruck. Zu- gleih bietet diese Gruppe seiner Kanstwerke ein {hon als historishes Dokument werthvoolles, lebendiges Abbild der heuligen Berliner Gefellshast. Da begegnen wir den geistreich- liebenswürdigen Zügen der Novellendihterin Marie von Olfers, dem weltmännisch vornehm-:n Antliÿy des Staats - Ministers von Stelling, der fesselnden Künstler- physiognomie der Frau Annette Essipoff, den gemüthvollen Kopf des Kladderadatsh - Gelehrt2zn Loewenstein u. \. f. All’ diese Arbeiten zeichnet ein lebhaftes Ecfassen des indivi- duellen Charakters und eine troy des kleinen Formats flotte und keineswegs ängstliche Behandlung aus. Daß der Formen- sinn Röômer's bei diesen Miniaturarbeiten nicht verkümmerte, beweisen auch die lebensgroßen Büsten, unter welhen wir nur bas im Auftrage des Grafen Pourtalès geschaffene feingetönte Marmorbildniß der Kaiserin Augusta, die charakteristish auf- gefaßten Porträts des Staats-Ministers von Puttkamer, Anton Rubinstein's und Ludwig Barnay's, als Marc Anton, hervorheben wollen. Das Porträt des Historikers Wattenbah und dasjenige einer Shwägerin des Künstlers, Frau Julie Hensel, sind etwas vershwommen in der Formbehandlung und minder kraftvoll charakterisirt. Seine durchaus diskreten und in wohl- erwogenen Grenzen fih haltenden Versuche auf dem Gebiet plastisher Polyhromie sind größtentheils hon von früheren Ausstellungen bekannt. Wir möchten als Vorbild für eine besonnene Marmortönung nur den als „Jugend“ bezeihneten weiblihen Jdealkopf, der auch bildnerisch zu den liebenswürdigsten Schöpfungen des ver- storbenen Meisters gehört, herausheben, während z. B. die braungrau getönte Cassandra mit ihren weit offen stehenden Augen etwas zu absichtlih wirkt. Das Gipsmodell der in der National-Galerie aufgestellten Nixenbüste, sowie der Kopf der Mnemosyne, troy des klassishen Formenadels voller Leben und Ausdruck, geben neben den Jdeaigruppen „Lebenshöhen“ und „Lyrik“ ein treffendes Bild von dem Gedankenkreise, in dem sih die Einbildungsfkraft Römer's mit Vorliebe bewegte. Ur eigentlich monumentale Schöpfungen, wie sie in dem tandbild Geibel's für Lübeck und dem Dessauer Mendels- sohn-Denkmal intendirt sind, versagte die Kraft des Künstlers, dessen Bedeutung als Porträtbildhauer wohl für seine Stel- anß in der zeitgenössishen Kunstgeschihte ausschließlich aus|hlaggebend sein dürfte. Ein Vergleih mit der im unteren Saale befindlihen Marmorausführung des auf der tlésjährigen Ausstellung als Thonmodell ausgeführten Bild- t von N. Tobereny „die Bildhauerin“, dessen Formen ros aller Sauberkeit der Ausführung doch durhaus monu- mental gedacht sind, macht diesen Mangel der Werke Römer's vesonders empfindlich. ü Unter den übrigen Kunstwerken der Ausstellung fällt eine Infangreiche Gruppe von Skizzen und Entwürfen J3mael Male -, des jugendlichen Sohnes unseres berühmten Orient- Po ers, 1ns Auge. Von den Bleistiftskizzen möchten wir den orträts, so insbesondere demjenigen At Fontane's, den “if zuerkennen. Auch das etwas asketish aufgefaßte, in e ausgeführte Selbstporträt des Künstlers * verräth

Selbständigkeit und Ernst der Auffassung, während die größeren Frauengestalten noch die Sicherheit des Farbenurtheils vermissen lassen, das Geny gleihwohl in seinen zahlreihen meist orientalisch-n Skizzen auszu- bilden sih bemüht hat. Darunter begegnen uns Entwürfe zu seinem so gelungenen diesjährigen Ausstellungsbilde, der Synagoge zu Tripolis, sowie einige trefflihe Jaterieurs ; ins- besondere fällt unter diesen kleineren Arbeiten eine Jnnenansiht einer Dorfkapelle mit shönem schmiedeeisernen Gitter, das den Kapellenraum gegen das Hauptschiff der Kirche abschließt, auf. Durchschnittlich tragen indeß diese Vorstudien eine zu wenig ausgeprägte Physiognomie, um ihre Ausstellung zu rechtfertigen. Auch unter den Porträts von Paul Beckert kann nur das- jenige des Admirals von der Gol in voller Uniform An- spruch auf eingehendere Beachtung erheben.

. Saporetti hat eine Reihe Arbeiten in Oel-, Pastell- und Aquarellfarben ausgestellt; am besten gelungen erscheint das Pastellporträt einer Dame im oberen Ausstellungssaal, wo auch eine liebens8würdige Pietà, eine jugendlihe Mädchen- gestalt mit einem todten Täubchen im Schooß, aufgehängt ift. Zwischen den Stulpturen Röômex's begegnen wir in diesem Saal, dessen ungünstige Beleuhtung troy des Glühlichts den Genuß der ausgestellten Kunstwerke stark beeinträchtigt, den noch vom Schluß der vorigen Saison zurückgebliebenen Land- shasten des Neapolitaners Brancaccio und dem aus der internationalen Ausstellung bekannten Aquarell Zezzo's: „Willst Du mir Modell stehen?“ Jm unteren Zimmer seien noch die s{haxrf und klar beleuchtete nordische Hafenlandschaft Gunnar Berg's, ein s{helmishes Genrebild des Dänen Vigo Johannsen „Besuch bei der Großmutter“, sowie eine Reihe zart stimmungsvoller landschaftliher Aquarelle von Kappstein erwähnt. Daß die beliebten Seestücke von A. Achenbach in dem Salon nicht fehlen dürfen, ist bekannt; wenn man die Schaffenskrast des greisen Meisters ledig- li nach diesen kleineren Arbeiten beurtheilen wollte, würde man schon über ihre Ausdauer und Unverwüstlichkeit staunen müssen. Nicht minder staunenswerth ist die Beständig- keit des Geshmaockes unseres Publikums dieser. Leistungen geg-nüber. Anselm Feuerbach, dessen Andenken eine geistreihe Farbenskizze zu einer Kreuzabnahme wachruft, hat leider die Launen des Publikums von ihrer weniger an- genehmen Seite kennen gelernt, vielleiht gerade weil sein Genie sh in zu s{chro} wechselnden Auffassungen gefiel. Goethe schildert in einem Bciefe an Schiller sehr treffend die Schwerfälligkeit und den Eigensinn der Massen in Sachen des Geshmacks: „Was ihnen gleich einleuchtet, das nehmen sie wohl willig an, aber Alles, woran sie sfih nah ihrer Art stoßen, urtheilen sie auch s{chnell ab, ohne vor- noch rüdckwärts, ohr.e auf den Sinn und Zusammenhang zu sehen, ohne zu bedenken, daß sie cigentlich den Dichter (oder Maler) zu fragen haben, warum er dieses und jenes so und nicht anders machte.“ Gerade Feuerbah's durhdahten Schöpfungen aber ist man eine solhe Ueberlegung in besonderem Maße

schuldig.

+4 Zum 18. Oktober, dem Geburtstage des hochseligen Kaisers Friedrich, soll der von Professor Reinhold Begas modellirte und von Vanelli in Carrara in Marmor ausge- führte Sarkophag seines Grabmals in dem Mausoleum bei der Friedenskirhe in Potsdam seine Aufstellung finden,

4 Ja Meißen wird dieser Tage das dem Erfinder des Porzellans Johann Friedrich Böttger (1682—1719) er- rihtete Denkmal, ein Werk Prof. Andresen's, enthüllt werden. Auf einem vier Meter hohen Postament aus rothem Granit erhebt sih die Bronzebüste, die der gleichzeitigen Bildnißdarstelung des Alchymisten im japanischen Palais zu Dresden nachgebildet ist, während ein in den Sockel ein- gelassenes Relief aus Meißner Porzellan die Erfindung und Herstellung der ftostbaren leramishen Masse versinnbildlitht.

Auf den neun preußischen Universitäten und der theologischen und philosophischen Afademre zu Münster werden während des Winter) emesters 1891/92 die nachstehenden Vorlesungen über deutsche bezw. preußishe Geshichte im Besondern gehalten :

1) Friedrich - Wilhelms - Universität zu Berlin. Deutse Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Tode Friedrih's des Großen, Professor Dr, Delbrü ck. Deutsche Geschichte vom Beginn dec staufishen Periode bis zum Ende des Mittelalters, Professor Dr Scheffer-Boichorst, Wirthschafts- und Sozialgeschichte Deutschlands im Mittelalter, Dr. Hoeniger. Geschichte des preußishen Staats, Professor Dr. von Treitschke. Geschichte BraundenburgsE und Preußens bis auf den Broßen Kurfürsten, Dr. Stern- feld. Deutsche Geschichte vom Tode Friedrih's des Großen bis zur Neugründung Preußens unter Stein und Hardenberg, Dr. Viar ck8. —- Deutshe Geschichte von 1806—1871, Professor Dr. Naudé. Deutshe Verfassungsge[{hihte. Dr. Liesegang. Historische U:bungen mit Erklärung von Widakind's Sachsengeschihte. Professor Tr. Wattenbah. Historisde Uebungen auf dem Gebiete der preußishen Geschichte, Professor Dr. Naud é. Historische Uebungen aus der Zeit Friedrih's des G-oßen, Professor Dr Delbrü.

2) Rheinishe Friedrih-Wilhelms-Universität zu Bonn. Deutsche Geschichte im Zeitalter der Ottonen und Säalier, Dr. BuGholz. Geschihte der Jahre 1840—1871, Profissor Dr. Kos er. Deutsche Wirthschaftsgeschichte, Professor Dr. G othein. Uebungen über Quellen ver deutshen Wirthschaftsge\ cite, Professor Dr. Gothein. Lehre von den Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Professor Dr. Menzel. Kursus deutscher Gescbichtsquellen vom 6. bis 9. Jahchundert, Professor Dr, Ritter. N M aus der Geschichte der Reichsverfassung, Professor

r. Koser.

3) Universität Breslau, Die deutshe Bewegung der Jahre 1848 und 1849, Professor Dr. Kaufmann Brandenburgish- preußishe Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte von 1500 bis 1806, Dr. Kruse. Geschichte Friedrih's des Großen, Professor Dr. Grünhagen. / E E ;

4) Georg-August-Universität zu Göttingen. Deutsche Geschichte vom Untergang des alten bis zur Gründung des neuen Reichs (1806 bis 1871), Professor Dr. v. Kluckhohn. L

5) Universität Greifswald. Interpretation der wichtigsten deutshen Verfassungsgeseße, Professor Dr. Bernheim. —— Branden- burgish-preußische Geschichte von den ältesten Leiten bis zum Re- gierungsantritt des Großen Kurfürstea, Dr. Schmit t. Historische ÜVebungen über : von Barsewish: Meine Kriegserlebnisse während des siebeajährigen Krieges 1757—1763, Dr. Schmitt, :

6) Vereinigte Friedrihs-Universität Halle-Witten- berg. Geschihte des deutshen Volks von den ältesten Zeiten bis 1871, Professor Dr. Lindner. Ueber soziale und religiöse Be- wegungen Deutschlands im Mittelalter und in der Reformationszeit, Dr. von Heinemann. Die Entstehung des neuen Deutschen Reichs, Professor Dr. Droysen. Geschichte des brandenburgisch- preußischen Staats bis 1815, Dr. Brode, Diplomatik der mittel- alterlihen Kaiser- und Papsturkunden mit praktishen Uebungen, Dr. von Heinemann. Historishe Uebungen zur brandenburgis{h- preußishen Geschichte, Professor Dr. Ewald.

7) Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Ge- \hichtêquellen des deutschen Mittelalters, Professor Dr. Sch irren.

| scheinen

Deutsche Geshihte von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwark, Beo tos Dr. Shum. Geschichte des dreißigjährigen Krieges, r. Unzer.

8) Albertus-Universität zu Königsberg. Geschichte des deutshen Volkes bis auf die Gegenwart, Professor Dr Pruyßz. g rf der neueren deutshen Geshichts\{hreibung, Professor

r, Prut.

9) Universität Marburg. Deutsche Verfassungsgeschichte, Professor Dr. von der Ropp. Geschichte des Zeitalters von 1660—1789, unter besonderer Berücksichtigung des preußischen Staats, Professor Dr. M. Lehmann.

10) Theologische und philosophishe Akademie zu Münster. Ueber das Verhältniß zwishen Kaiserthum und Papst- thum im Mittelalter, Professor Dr. Niehues. Ueber Kaiser- und Papsturkunden. Professor Dr. Finke. Geschihte Westfalens im Reformationszeitalter, Professor Dr. Finke.

Nat einer Mittheilung der „Allg. Shweizer Ztg.“ wurde in Basel (Elisabethensiraße) bei Grabungen für einen Bau eine Reihe alter Gräber aufgedeckt, worin sich über zwanzig Skelette mit den Häuptern nach Osten und zum Theil sehr interessante Grabbeigaben befanden. Eines der Gräber hatte Seitenwände aus rômishen Dachziegeln, Boden und Decktel aus roh behauenen Platten von rothem Sandî|tein. Ueber das Alter der Gräber giebt eine wohlerhaltene fleine Münze von Kaiser Theodosius uagefähren Aufs \{luß. Es handelt sih ohne Zweifel um einen Theil des Begräbniß- feldes der alten römischen Ansiedelung vom Ende des vierten Jahr- hunderts n. Chr. auf dem Boden der ältesten Stadttheile. Ueber ähnlihe Gröberfunde in den 50er und 60er Jahren hat W. Vischer („Basel in der römisHen Zeit“) berichtet.

Ueber die bereits kurz gemeldete Aufdeckung alter Fresken in einer Kirhe zu Lugano wird dem Berner „Bund“ von dort jeßt folgendes Nähere berichtet: Gegenwärtig wird die Kirhe von Santa Maria degli Angioli festlich ges{chmückt, weil irgend ein Heiliger seinen Geburtstag feiert, und der mit der Aus\{hmüdckung beauftragte Sakristan gab {ih viele Mühe, den Staub wegzuwischen ; dabei kam er mit dem Besen in der vierten Kapelle, rechts vom Eingang aus gerenet, in zu ungestüme Berührung mit dem losen Mauerkalk, eine Pariie desselben fiel herab, und dem erstaunten Jüngling wurden Umrisse cines Madonnabildes enthüllt. Nun sind nah und nach die drei Felder der Kapelle theilweise bloßgelegt worden, und eine Menge Figuren und Gruppen kamen zum Vorschein. Es Darstellungen der Flut aus Egypten. des Ein- zugs der heiligen drei Könige und eine Scene aus dem Leben des heiligen Timotheus zu sein. Die Höhe der ein- zelnen Fresken ist ca, 3 m. Die Figuren, und namentlich die Ges sichter, find fein gezeihnet und gut erhalten, die Farben der Gewänder jedo theilweise von der Einwirkung des Kalkes abgeblaßt Die Urtheile der hiesigen Künstler darin übereinstimmen, daß es kein Originalwerk Bernardo Luini's sein könne, da in der Manier und Auffassung starke Unterschiede zwischen den neu entdeckten Fresken und den schon bekannten Werken des berühmten Künstlers bemerkbar find. Die Einen behaupten, es sei das Werk eines Schülers Luini's, die Yndern glauben es mit einem Vorgänger desfelben zu thun zu haben. Gegenwärtig ist die Kapelle geschlossen und verhängt, und es werden SGacbvezrständige und Fahmänner aus Mailand erwartet, welche die Fresfen restauriezren sollen. Aus alten Chroniken des Luganefer Kapuzinerklosters, welche man bei dieser Gelegenheit konsultirt hat, geht hervor, daß noch an vershiedenen anderen Stellen der Kirche uralte Fresken existieren müssen, welche sfetinerzeit übertünht wurden, a das Kolossalwerk Luini’s, die Kreuzigung, besser zur Geltung zu

ringen.

__— Hr, Halsey C. Joes, der Vorsißende der Kunstkommission für die Chicagoer Weltausstellung, ist der „K. Ztg.“ zufolge in Berlin eingetroffen, um sih mit den Künstlern wegen der Be- \ckickung der Ausstellung in Verbindung zu feten.

_— Das am 39, v. M. in Dessau enthüllte Denkmal für Wilhelm Müller, den Dichter der Griechenlieder (vgl. Nr. 232 d, Bl.), besteht, wie man der „Köln. Ztg.“ schreibt, aus einer 1,14 m hbohen, in weißem Marmor ausgeführten Büste. Sie ruht auf einem marmornen Postament, das mit Kranzgewinden aus Bronze, Eichenlaub, Rosen und ODelbaumblätter darstellend, verziert: ist. Auf der Vorderseite liest man die Inschrift „Wilhelm Müller. 1794 1827“, die Hinterseite zeigt die griehi{hen Worte: 721 THY EAAHNIKHN EAEYOEPIAN AOIARI TON AI90N E TRN ATTIKSNN Al AAKRNIK2N AATOMEIRN H EAAAY EYEFNQMONOYYA. (Dem Sänger der hellenishen Freiheit weiht diesen Stein aus den attishen und lakonischen Steinbrüchßzn das dankbare Hellas). Der untere Theil des Postaments ist aus lakonishem, der obere aus attisem Marmor hergestellt; das Postament ruht auf einem granitnen Soel und zeigt vier allegorishe Frauengestalten, die Dichtkunst, die Wissenschaft, die gerüstete Germania und den Genins ves befreiten Griechenlands. Das im Ganzen etwa 43 m hohe, von dem anhaltischen Bildhauer Schubert ge\s{chafene Denkmal steht auf der Stelle des al S auf dem Plate vor dem neuen Gymnaßal- gehäude,

Theater und Musik,

Beritiner Theater.

_ Die beiden am Sonnabend zur Aufführung gelangten Novitäten eSabbath des Herzens“ und „Der Garnisonsteufel“ fanden beim Publikum. eîne recht freundlihe Aufnahme. Der Stoff zu dem einaktigen Lustspiel „Sabbath des Herzens“, mit welchem die Vorstellung begann, ist einer Junke r’\{hen Novelle entnommen und von H. Edelmann und Dr. E. A. Lute für die Bühne bearbeitet worden. Ein kluger Grundgedanke und eine reine gefühlswarme Stimmung, die die Handlung durchzieht, vereinigen sih zu einem poetishen Seelengemälde, zu einer friedlihen und freudebringenden Feter des Sabbaths d:8 Herzens, wie es, an ein Schleiermacher’sches Wort gemahnend, in dem Stücke heißt. - Eine junge Frau gewinnt in diescr festlihen und erhobenen Stimmung das Herz des etwas flatterhaften Gatten zurüd, zit dessen Wiedergewinnung sie neben dem ceich und tief quellenden Born ihres Herzens auch zarte kleine Koketterien, und der menschlichen Shwäche Rehnung trägend ver- führerische materielle Genüsse, wie Austern und Bekassinen, ins Treffen [ühri. Der Grundgedanke der Handlung ift, wie man sieht, niht neu; man wird unioillkürlih an das ziemli alte und doch in der Wirkung jung und frisch gebliebene Lustspiel Töpfer's „Der beste Ton“ er- innert, und unter den neueren hat Ludwig Fulda in seinem graziösen Lustspiel „Unter vier Augen“ einen äbnlihen Siof behandelt; aber Geist, Gemüth und Stimmung ist auch dem am Sonnabend zur ersten Aufführung gelangten „Sabbath des Herzens“ eigen, dessen Reiz die vornehme und seelenvolle Darsteüung Nuscha Bubßbe's zu. erhöhen und zu bereiŸhern verstand, Hr. Stahl hätte in der Rolle des zu den heimischen Penaten zurücktehrenden Gemahls weniger nüchtern und frischer sein können.

Der Titel der zweiten Novität, des Shwankes von Heinri Stobiter „Der Garnisonsteufel* kennzeihnet {on das dra- matishe Genre, dem die Handlung entspriht. Man glaubt, in der Ferne die Muse auftauhen zu sehen, welhe die Herren Moser, S@önthan und Kadelburg zu dem „Veilchen- sresser“, dem „Krieg im Frieden“, den „Goldfischen® begeistert hat; und wenn der „Garnisonsteufel* sein gewinnendes Spiel beginnt und keck und gutherzig zugleich fortsezt, s{chwebt diese Kamöne immer näher heran und enthüllt immer eindringlicher ihr erinnerungsreiches Antliß., In den Ursahen und Wirkungen wie in den Charakterähnlihkeiten und in der besonderen Gattung der Wite weist Stobiger auf feine Vorgänger hin; von einer stärkeren Eigen- art des Dichters geben fast nur zwei Figuren Zeugniß, die des zank- süchtigen, erfindungstollen Majors a D, Winter und die des fich selbst ‘als „idealer Mens“ carakterisirenden, in Wahr- heit aber feigen und boshaften Hrn. Leisting, welchen beiden Personen ein bedeutendes Maß froher Laune eigen ist. Das Stück war auf eine komische Wirkung berechnet , die es auch in vollem Maße in fast