1911 / 145 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 22 Jun 1911 18:00:01 GMT) scan diff

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Im Beurlaubtenstandé. Besördert: zu Hauptleuten die Oberlts.: Bacmeister (Heilbronn) der Res. des Feldart. Negts. König Karl Nr. 13, Müller (Gmünd) der Landw. Feldart. 1. luf- ebots; zu Nittmeistern die Oberlts.: Schulte-Oestrich (Ludwigs- urg) der Nes. des Trainbats. Nr. 13, Frowein (Ludwigsburg) des UAmndw. Trains 1. Aufgebots, Herdegen (Stuttgart) des Landw. Trains 2. Aufgebots; Ebner (Navensburg), Lt. der Landw. Kav. 2. Aufgebots, zum Oberlt., Lump p (Reutlingen), Vizefeldw., zum Lt. der Res. des 9. Inf. Negts. Nr. _ 127. Ntiethammer (Neutlingen), Oberlt. der Landw. Inf. 2. Auf- gebots, der Abschied bewilligt.

Beamte der Militärverwaltung.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums. Heisch, Militärbauregistrator bei der Bauleitung für die evang. Garnison- ktirhe in Ulm, zum 1. Juli 1911 zur Bauleitung für die Ulan. Kaserne daselbst versetzt.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Besißer des „Seydelschen Familienfideiklommisses (Gosda)“ Erdmann Walter Hubert Curt Seydel, Ritt- meister der Landwehr außer Dienst zu Gosda im Kreise Sprem- berg, den erblichen Adel zu verleihen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Baugewerkschuldirektor Gürschner zum Regierungs- und Gewerbeschulrat zu ernennen und infolge der von der Stadtverordnetenversammlung zu Neu- ruppin getroffenen Wahl den Ersten Bürgermeister Marx Warzecha daselbst in gleicher Eigenschaft auf fernere zwölf Jahre zu bestätigen.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Dem Regierungs- und Gewerbeschulrat Gürschner ist die etatsmäßige Stelle eines Regierungs- und Gewerbeschulrats bei der Regierung in Danzig übertragen worden.

Ministerium der Len Ben und Unterrichts- angelegenheiten.

An der Technischen Hochschule zu Danzig ist der Geheime

Regierungsrat, Professor Dr. Matthaei zum Rektor für die Amtsdauer vom 1. Juli 1911 bis dahin 1913 ernannt.

Ex L MtUnN g Ur und

Mit Genehmigung des Herrn Ministers der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten und des Evangelischen Ober- kirchenrats sowie nah Anhörung der Beteiligten wird von den unterzeichneten Behörden folgendes festgeseßt :

S 1,

Jn der evangelischen Kirchengemeinde Schöneberg bei Berlin, Diözese Friedrihswerder 11, wird eine ahte Pfarr- stelle errichtet. s

Diese Urkunde tritt mit dem 1. Juli 1911 in Kraft. Berlin, den 3. Juni 1911. Berlin, den 12. Juni 1911. (L, D) (1,8)

Königliches Konsistorium Der der Provinz Brandenburg, Königliche Abteilung Berlin. Polizeipräsident. D. Faber. von Jagow.

NigGlamlliches. Deutsches Reich.

Preuften. Berlin, 22. Juni.

Der Bundesrat versammelte sih heute zu einer Plenar- sißung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für das See- wesen und für Handel und Verkehr, die vereinigten Ausschüsse für Justizwesen und für Handel und Verkehr, die vereinigten Ausschüsse für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für das Landheer und die Festungen, sowie die vereinigten Ausshüfse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr Sizungen.

Der Regierungsrat Müller-Baudiß aus Aurich ift der Königlichen Regierung in Breslau zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.

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Laut Meldung des „W. T. B.“ sind vorgestern S. M. S. „Hertha“ in Stockholm und S. M. S. „Jltis“ in Hankau, estern S. M. S. „Vaterland“ in Tschingkiang und S. M. S. „Geier“ in Aden und am 19. Juni S. M. S. „v. d. Tann“ in Port Victoria angekommen.

Kiel, 22. Juni. Die Jacht „Hohenzollern“ mit Seiner Majestät dem Kaiser und König an Bord ist unter dem Salut der gesamten Flotte und der hier liegenden ameri- kanischen Linienschiffsdivision gesten nahmittag in den hiesigen Hafen eingelaufen. Wie „W. T. B.“ meldet, empfing Seine Majestät der Kaiser nach den Meldungen der in Jmmediat- stellungen befindlihen ortsanwesenden Admirale, des Stadt- tommandanten und des Oberpräsidenten von Bülow den ameri- kanischen Botschafter David J. Hill, der ihm den ameri- kanishen Konteradmiral Badger vorstellte.

Württemberg.

Die Zweite Kammer hat na einer Meldung des „W. T. B.“ gestern eine Geseßvorlage, betreffend die Neuordnung der Bezüge der Geistlichen, gegen die Stimmen der Sozial- demokraten angenommen.

Oesterreich-Ungarn.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ hat der Handels- minister Dr. Weis kirch ner seine Entlassung erbeten.

Die Bilanz der bisherigen Wahlen ergibt folgendes Resultat: Die Deutschfreiheitlihen gewinnen 31 und verlieren 6 Mandate; die Christlih - Sozialen gewinnen 4 und verlieren 24; die zentralistishen Sozialdemo- kraten gewinnen 15 und verlieren 22; die ts{heci- [yen Sozialdemokraten gewinnen 8 und verlieren 5; ie bürgerlichen Tschehen gewinnen 6 und verlieren 8; die Polen gewinnen 4 und verlieren 38. Bei den Süd- slawen ist keine Veränderung. Die galizishen Ruthenen ver- lieren ein Mandat; die Bukowinaer Ruthenen und die Rumänen erhalten ihren früheren Besißstand von 5 Mandaten;: die Jtaliener und Alldeutshen gewinnen je ein Mandat: die Tschechisch-Nationalen verlieren zwei Mandate; die Parteilosen gewinnen zwei Mandate. Der Deutschnationale Verband, der früher 79 Abgeordnete zählte, seßt sih jezt aus 104 Mit- gliedern ra Diese teilen sich in 56 Deutschfreiheitliche einschließli des Abgeordneten Kuranda, 21 Radikale, 24 Agrarier und drei Mitglieder der neuen Deutschen Arbeiter-

partei. Großbritannien und Frland.

Der Herzog und die Herzogin von Connaught haben gestern im Auftrage des Königs im Saint James-Palast allen Fürstlichkeiten, die zu den Krönungsfestlichkeiten in London eingetroffen sind, ein Festm ahl gegeben.

Italien.

Jm Senat stand gestern die Beratung des Budgets des Ministeriums des Aeußern auf der Tagesordnung.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ führte der Minister des Aeußern Marquis di San Giuliano aus, daß die großen Linien der auswärtigen Politik Italiens eine notwendige, logishe Folge der Lage der Dinge seien und sich nicht änderten, wenn sih die Re- ierungen änderten. Italien bleibe bei seiner festen Politik der Vlindiiatrens: die vervollständigt werde durh seine Freund- schaften mit anderen Mächten. In Betreff der Behauptung Guicciardinis in der Kammer, daß Italien tatsächlich isoliert sei, erkläre er im vollen Bewußtsein - seiner Verantwort- lichkeit, er teile diese Ansicht nicht; Guicciardini könne keine einzige Tatsache zur Bekräftigung sciner Behauptung anführen. In bezug auf die Tripolisfrage könnten seine Erklärungen niht von denen seiner Vorgänger abweichen. Die italienisck{e N berube auf der Integrität des Osmanischen Reichs, und die Interessen Italiens im Mittelmeer fänden in dem bestehenden Abkommen mit den europäischen Mächten befriedigende Garantien. Im weiteren Verlaufe seiner Rede dankte di San Giuliano dem Senator Carafa für die Anerkennung, die ihm dieser dafür gezollt habe, daß er dem Botschafter in Kon- stantinopel und den Konsuln in der Türkei die unbedingte Achtung der Kapitulationen zur Pfliht gemaht habe. Ucbrigens seien nur wenig Versuche gemacht worden, die Kapitulationen zum Schaden Italiens zu umgehen; Italiens gutes Recht sei immer anerkannt worden. Auch set es im Interesse der Türkei, daß die Kapitulationen gehalten würden, weil dadur Zwishenfälle vermieden und es den Großmächten leiht gemacht würde, Beweise weitgehender Nach- sicht gegenüber der Türkei zu geben, um die ersten Schritte des neuen Regimes zu erleihtern. Was Albanien betreffe, so freue er sich, erklären zu können, daß Oesterreiß-Ungarn und Italien in dieser Frage dieselbe Haltung einnehmen ; ei beiden Regierungen herrsche in dieser Beztehung vollkommene Uebereinstimmung. Es finde ein täglicher Meinungsaustausch .statt, und die beiden Üdéalécuiien arbeiteten zusammen an dem gemeinsamen Ziele der Schaffung fried- liher Zustände, dem auh die andèren Großmächte zustrebten. Obne sih in die inneren Angelegenheiten eines fremden Staates mischen zu wollen, müsse man doch theoretis anerkennen, daß Reformen in jedem Lande, befonders in einem folchen mit nicht gleihartiger Bevölkerung, nur schrittweise durchgeführt werden könnten. Er glaube aber, daß durch die leßten Maßnahmen eine Versöhnungspolitik in Albanien angebahnt worden sei. Die Beziehungen zwishen Italien und Griechenland seien ausgezeihnet Italien habe zur Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwishen Griechenland und Numänien beigetragen. Im Interesse Italiens liege es, daß das Osmanische Reich sich konfolidiere und von Dauer sei, und von diesem Gesichts- punkt wie von dem des europäischen Gleihgewichts und des Friedens aus lasse sich die italienische Politik leiten. Was Tripolis anlange, so habe er die Absicht, die wirtschaftlihe Tätigkeit der Italiener zu unterstützen, und wünsche, daß das vermittels der herzlichen Beziehungen zur Türkei möglich fein werde. Jedoh wäre es illoyal gegen die Türkei, wenn er niht ofen erklärte, daß er bei seinem Vorg?hen beharren wolle und fih nicht von den lokalen Behörden binhalten und durh Aus- flüchte beirren lassen werde.

Die Debatte wurde sodann geschlossen und alle Kapitel des Budgets angenommen.

In der gestrigen Sißung der Deputiertenkammer erklärte der Unterstaatssekretär des Aeußern Fürst di Scalea in Beantwortung einer Anfrage des Abg. Chiesa, daß die Mitteilung über die Amnestie und die Reformen für Albanien dem Minister des Aeußern von dem türkischen Botschafter in Rom gemacht worden sei. Der Unterstaatssekretär äußerte sich sodann über die den Albanesen gemachten Zugeständ- nisse und sagte, „W. T. B.“ zufolge:

Die türkishe Regierung hoffe, daß dies die Niederlegung der Waffen bes{leunigen werde, die sie von den Muselmanen sowobl wie von den Christen fordere. Ueberdies beabsichtige der Sultan, den Wünschen der Albanesen in der Schulfrage Rechnung zu tragen, und habe bereits die Ermächtigung zum Gebrauch des lateinishen Alphabe!s gegeben. Diese Zugeständnisse sollen sich nach den gemachten Mit- teilungen auf die Wilajets Kossowo und Skutari erstrecken. Dagegen verlaute nichts von einer Aufhebung des Belagerungszustandes in Skutari. Man glaube jedo hierfür die Frist von zehn Tagen ab- warten zu dürfen, die den Insurgenten gewährt worden fei.

Portugal.

In der gestrigen Sißung der Konstituierenden Ver- sammlung verlas der Ministerpräsident Theophil Braga unter lautloser Stille die bereits gestern mitgeteilte Botschaft und beantragte, der Regierung unbegrenztes Vertrauen auszu- sprechen und deren Vollmachten endgültig, zu bestätigen. Die Kammer faßte darauf, wie „W. T. B.“ meldet, durch Akkla- mation ein Vertrauensvotum für die Regierung und bestätigte deren Vollmachten. Sodann wurde die Sißzung

geshlo}sen. Schweiz.

Ein neuer Handels- und Niederlassungsvertrag mit Japan ist nah einer Meldung des „W. T. B.“ gestern in Bern dur den Chef des Handelsdépartements, Bundesrat Deucher und den in Bern als Gesandten beglaubigten japanischen Botschafter in Wien unterzeihnet worden. Der Vertrag sezt hinfichtlich der Zölle für beide Länder die Meist-

begünstigung fest. Niederlande.

Der Ministerpräsident hat an die Kammer eine Bot- schaft gerichtet, in der er, „W. T. B.“ zufolge, verlangt, daß das Wehrgesez sofort nah dem Wiederzusammentritt der Kammer im Herbst beraten werde. Ein weiterer Aufshub wäre mit den

Interessen des Landes unvereinbar, und die Regierung m1; jede Verantwortung ablehnen. gierung müßte

Türkei.

Infolge der Amnestie sind nah einer Meldun „W. T. B.“ in Uesküb 107 Mohammedaner und 134 Chris freigelassen worden. Weitere Freilassungen werden in Prischting und Prizrend erfolgen.

Afrika. ;

Wie „W. T. B.“ aus Wender meldet, hat der in Elksax E spanische Oberst S ylvestre dem Gouverneur mit- geteilt, daß er nunmehr die gesamte Verwaltung der Stadt die Leitung des Gesundheitswesens und die Au rechterhaltung der Ordnung übernehme. Dieselbe Mitteilung hat der Oberst dem französischen Pn Moreau gemacht, der sih in Budena bei Elksar befindet.

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Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Herren- hauses und des Hauses der Abgeordneten befinden si in der Ersten und Zweiten Beilage.

Jn der heutigen (16.) Sigzung des Herrenhauses, welcher der Minister der öffentlichen Arbeiten von Breiten- bah und der Finanzminister Dr. Lenze bei wohnten, wurde zunächst in einmaliger Schlußberatung der vom Abgeordnetenhause angenommene Gesetzentwurf, betreffend die Shulversäumnisse in dem ehemaligen Kurfürstentum Hessen und in den zum Regierungsbezirk Cassel gehörenden ehemals bayerischen Gebietsteilen, nah dem Referat des Fürsten zu Ysenburg-Büdingen-Wächtersba ch unverändert ohne Debatte genehmigt.

Es folgte der mündliche Bericht der Eisenbahnkommission über den vom anderen Hause unverändert angenommenen Ent- wurf eines Eisenbahnanleihegeseßes (Sekundärbahn- vorlage). Die Kommission empfahl dur ihren Berichterstatter Dr. von Burgsdorff die unveränderte Annahme des Geseßz- entwurfs und die Ueberweisung der dazu eingegangenen Petitionen an die Staatsregierung als Material.

Graf von Mirbach - Sorquitten: Ich bin der erste ges wesen, der die Frage der Elektrisierung der Bahnen angeregt hat, allerdings in dem Sinne, daß zur Ergänzung unseres Kanalnetzes große elefktrishe Güterbahnen gebaut werden möchten. Meine Anregung, und beantragte Nefolution fand damals den \{ärfsten Widerspruch des CEisenbahnministers von Budde; die Saße mußte damals mit Wasser gemaht werden, natürlich niht aus politishen Gründen. Ich glaubte mit meinem Vorschlage ganz wesentliche Ersparnisse und also eine Erhöhung der Uebershüsse zu erreihen. Eine we entli freundlihere Stellung hat der jeßige Eisenbahnminister zu der Frage eingenommen; die Vorlage enthält zwei dahingebende Vor- unge: Bei der Etatsberatung ist leider die Beratung des Eisen- ahnetats erheblich zu kurz gekommen ; was bet der Gelegenheit der Finanz- minister über die Frage der Neinerträge der Staatébahnen ausführte, konnte ih damals nicht mehr ausreihend richtig stellen. Wenn er mir zu meiner niedrigen Steuereinshäßung gratulierte, so sind diese Be- merkungen durch die ganze gegnerishe Presse gegangen, die unzweifelhaft “dabei vielfah dem Wibundfaß folgte: semper aliquid haeret. Die heutige Staatseisenbahnshuld beträgt etwa 7 Milliarden, der der Wert unsere] Bahnen von etwa 15 Milliarden gegenüber- steht; 3 Milliarden sind amortisiert und 5 Milliarden thesauriert. J} es nun notwendig, im Interesse einer geordneten Finanzverwaltung an dem Saße von 2,10 9/9 des statistishen Anlage- apitals festzuhalten? Herr v. Gwinner hat eine Gegenrechnung im Sinne ciner Erhöhung dieses Satzes aufgemacht, die ih durchaus billigen kann; der Finanzminister wollte aber an die Nichtigkeit dieser Gegenrehnung niht glauben. Bei der günstigen Entwicklung unserer Finanzen ist von einem Defizit gar keine Nede, eher von einem Uebershuß; die Gefahr, daß man die provisorislhen Steuer- zuschläge in das neue Einkommensteuergesctz hineinarbeitet, tritt darum in den Hintergrund. Hat Herr Gwinner mit seinen Zahlen recht, dann vershwindet diese Gefahr vollständig, und ih bin thm dankbar, daß er diese Frage angeregt hat. Der Finanzminister hat das Verdienst, auf die Bedeutung der kommunalen Steuern für Staat und Reich hingewiesen zu haben. Wenn die Finanzen der Kommunen zugrunde. gehen, dann können aub Staat und Reich nicht gedeihen. Mäßige kommunale Lasten sind eine wesentlihe Vorautsezung des Gedeihens beider. Darüber sollten alle Landesteile und alle politishen Parteien einer Meinung sein. Die kommunalen Lasten sind bei uns im Osten besonders ho, und es besteht nidt nur eine Landfluht, sondern auch eine Stadtflucht. In der Vermehrung der direkten Steuern liegt im Osten eine eminente Gefahr. Ich {ließe mit einem Dank an den Eisenbahn- minister, daß er durch sein System der vollendeten Technik die Leistungsfähigkeit und Rentabilität der Staatsbahnen wesentli ge- stärkt und erhöht hat. S

Hierauf nimmt der Finanzminister Dr. Lenße das Wort, dessen Rede morgen im Wortlaut mitgeteilt werden wird.

(Schluß des Blattes.)

In der heutigen (93.) Sißung des Hauses der Abgeordneten stand zunächst die wiederholte Beratung des vom Herrenhause in abgeänderter Fassung zurückgelangten Ent- wurfs eines Zwecverbandsgeseßes für Groß-Berlin auf der Tagesordnung. ;

Der Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (kons.) beantragte zur Geschäftsordnung, die Vorlage an dieselbe Kom- mission zu überweisen, die sie bereits früher beraten hat.

Das Haus beschloß ohne Debatte demgemäß. /

Jn dritter Beratung wurde sodann der Gesetzentwurf, betreffend die Umlegung von Grundstücken in Cöln, ohne Debatte angenommen. /

Es folgte die zweite Beratung des Geseßentwurfs über die Reinigung öffentliher Wege auf Grund des Berichts der verstärkten Gemeindekommission; Pre ist der Abg. von Bonin-Stormarn (freikons.). ie Vorlage hat bereits das Herrenhaus passiert. Ó

Nach § 1 liegt die polizeimäßige Reinigung öffentlicher Wege als eine von der Ortspolizeibehörde erzwingbare öffent- liche Last der Gemeinde ob, zu deren Bezirk der Weg gehört. Die polizeimäßige Reinigung beschränkt fich auf Wege, die überwiegend dem inneren Verkehr der Ortschaft dienen. Welche Wege außerhalb der geschlossenen Ortslage dem inneren See dienen, bestimmt der Kreisaushuß bezw. Bezirks- aus\chuß.

Die Kommission hat den folgenden § 1 a hinzugefügt:

Die Ortépolizeibehörde hat sich hinsichtlih der Art des Maßes und der räumlihen Auédehnung der polizeimäßigen Reini- gung mit ibren Anforderungen innerhalb der Grenze des unter Berücksichtigung der örtlihen Verhältnisse Notwendigen zu halten-

Die Abgg. Aronsohn (fortshr. Volksp.) u. Gen. be- antragten folgenden Zusaß zu § 1:

Der Umfang der polizeimäßigen Neinigung kann durch Ortê- statut bestimmt werden. Vor der Bestätigung eines solchen Orté-

statuts hat die Kommunalaufsihtsbehörde die Ortépolizeibehörde iV-

hören, / und die Streichung des 8 1a.

Nah § 2 werden die örtlichen - Geseßesvorschriften, e und besondere öffentlihrehtlihe Titel über die polizeimäßige Reinigung öffentliher Wege M Die Entstehung neuer, dem § 1 zuwiderlaufender Observanzen oder besonderer öffentlichrehtliher Titel ist ausgeschlossen. Die Kommission hat hinzugefügt: Oertliche Geseßesvorschriften, Observanzen find innerhalb dreier Jahre durch ein Ortsstatut zu erseßen; kommt dieses nicht zustande, so verlieren sie ihre

irksamkeit. ) W Der Abg. Aronsohn (fortshr. Volksp.) beantragte die Streichung des M Saa qusades j Der Abg. Boisly (nl.) beantragte, den Kommissions- durch folgende Vorschriften zu erseßen: zusaß ; : Oertliche Gesetesvorscyristen und Observanzen erlöschen drei Jahre nah dem Inkrafttreten dieses Geseßes. Bis dahin sind sie, sofern ein Bedürfnis hierzu vorliegt, durch ein Ortsstatut zu er- seßen. Im Falle einer Meinungsverschiedenheit zwishem dem Ge- meindevorstande und der Gemeindevertretung über das Bedürfnis entscheidet auf Antrag eines Teils die für die Genehmigung des Ortsstatuts zuständige Behörde; diese hat das Ortsstatut nah An- hôrung der Ortspolizeibehörde felbst zu erlassen, wenn es ihr nickt in bestimmter Frist zur Genehmigung vorgelegt wird.

Abg. Freiherr von Gamp (freikons.) beantragte, den 81 nur pn Städte mit mehr als 10000 Einwohnern und auf Landgemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern anzuwenden und folgende Resolution zu beschließen: „Die Re-

gierung zu ersuchen, dem Landtag baldmöglichst einen Ge- segentwurf vorzulegen, durh den für die Städte unter 10000 Einwohner und die Landgemeinden unter 20 000 Ein- wohner die Reinigungspfliht der öffentlihen Wege unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse dieser Städte und Ortschaften geregelt wird.“

Abg. Braemer (kons.): Die Befürchtung, als ob dieser Gesetz- entwurf neues Recht igafe und die Wegereinigungspflicht auf dem Lande, au wo sie noh nit besteht, neu eingeführt werden foll, ift unbegründet; {hon jeßt kann die Polizeibehörde nötigenfalls die polizeimäßige Netnigung der Ortsstraßen anordnen, und dagegen sind die gewöhnlihen Rechtsmittel der Beshwerde und der Klage im Verwaltungsstreitverfahren gegeben. Auch bezüglich des Maßes und Umfanges der Neinigung bleibt es beim alten. Allerdings könnte dieses Geseß die Polizeibehörden zu einer neuen Prüfung der Frage veranlassen, wir würden es aber sehr bedauern, wenn sie mehr als bisher verlangen sollten. Die run will durch Nunderlaß die Behörden davon abhalten, ohne Grund die Neinigungs- pfliht neu einzuführen, wo sie noch nit besteht. Die Kommission hat außerdem den Zusaß gemacht, daß die Polizei nur das unbe- dingt Notwendige verlangen kann, und wir stimmen diesem Zusatz zu. Der Hauptzweck des Gesetzes ist nur, den -bestehenden Re(tszustand zu kodifizieren und die Rechtsunsicherheit zu beseitigen, die durch widersprechende Gerichtsurteile entstanden ist. Nah dem Gese haben die Gemeinden die Reinigungspfliht, das wird aber bard die ortsgeseßlihen Vorschriften und die Observanzen durhbrochen. Deshalb beseitigt man die Observanzen am besten ganz, sonst werden die Prozesse zwischen Anliegern und Gemeinde fortdauern. Deshalb stimmen wir für die Beseitigung der Observanzen. Nur dann kann die Gemeinde durch Ortsstatut die Reinigungslast ordnen. Der Selbstverwaltung muß auf diesem Gebiet möglihst Spielraum ge- lassen werden. an fann zweifelhaft sein, ob man den Gemeinden das Recht verleihen soll, die Kosten der Reinigung auf die Haus- besißer gu übertragen; meine Freunde meinen, daß den Gemeinden dieses Recht teilweise verliehen werden M da die Hausbesißzer das meiste Interesse an den Straßen haben ; aber sie haben es nicht allein, besonders nicht an dem Fahrdamm. Wir halten es deshalb in Ueber- einstimmung mit der Kommission für angebracht, daß die Gemeinden die Kosten nur zur Hälfte durch Gebühren wieder einziehen dürfen.

ir stimmen für das Geseß in der Fassung der Kommission mit dem Antrag Boisly. Dagegen stimmen wir gegen den Antra Aronsohn; wir wundern uns, daß gerade von diejer Seite der Selbstverwaltune Zügel angelegt werden sollen.

Abg. Bois ly (nl.) sieht in der Vorlage eine große Belastung der kleinen Gemeinden, denen außerordentliße Kosten entstehen, wenn sie die Reinigung übernehmen müßten. In vielen Fällen würde eine Erhöhung der kommunalen Steuern dadur nötig sein. Daß neue geseßlihe Vorschriften nötig seien, werde allgemein anerkannt, denn es gâbe Polizeiverordnungen über die Reinigung öffentlicher Wege, die vor 200 Jahren erlassen worden seien. Mit dem Grundgedanken des Geseßzes, daß die Neinigungspfliht der Ge- meinde obliege, könne man sih einverstanden erklären. Früher habe man nicht so sebr den Anforderungen der Hygiene Rechnung getragen, die Verpflichtung der Anlieger habe sch im wesent- lihen darauf beschränkt, den Unrat von der Straße zu beseitigen. Um die Bedenken gegen die Observanzen zu beseitigen, die auch durch den Kommissionszusaß zu § 2 nicht beboben seien, bâtten seine Freunde den Antrag eingebraht, daß über Meinungéverschiedenheiten zwishen dem Gemeindevorstand und der Gemeindevertretung, ob Observanzen durch etn Ortsstatut zu ersetzen seien, die für Er- teilung der Genehmigung von Ortsstatuten zuständige Behörde ent- heiden solle. 5

Abg. Freiherr von Gamp (freikons.) befürwortete seinen Antrag, der die Härte gegen die kleineren Gemeinden beseitigen solle. Um den Verhältnissen der kleineren Gemeinden und Städte gerecht zu werden, müsse, wie seine Resolution es fordere, ein besonderer Geseßz- entwurf vorgelegt werden. In Berlin seien z. B. die Verhältnijje doh ganz andere als in den kleineren Orten des Westerwalds. Die in dem Entwurf vorgesehene Regelung verstoße gegen das bis- herige Ret, nah dem die Verpflichtung der Reinigung die Anlieger hätten. Observanzen feien \{chwer nachzuweisen, die früheren Polizei- berordnungen seien aber den Geseßen gleih zu erahten. Die Städte seien garniht in der Lage, die gesamte Straßenreinigung und auch le Neinigung der Bürgersteige zu übernebmen, das könnten auch die größten Städte wie Berlin nicht dur{chführen. Den Ausführungen der Vorredner könne er zustimmen. Einen weiteren Antrag des Abg. Voisly, der die Haftung auch denjenigen Personen auferlegt, denen le Reinigung übertragen worden ist, müsse er ablehnen. Es sei un-

*gerecht, den Arbeitern eine solhe Haftpflicht aufzuerlegen.

Unterstaats\ekretär Freiherr von Coels van der Brügghen: In Zukunft soll bei den Provinzialstraßen das Recht nicht geändert werden; die Provinz ist auch heute noch zur Neini ung der Straßen

verpflichtet, soweit fie niht innerhalb ges{chlofsener Ortschaften

liegen. Die Entscheidung darüber, ob ein Weg im Innern finer geshlossenen Ortschaft liegt, soll nicht von der Polizei getroffen werden, sondern is abhängig von der Entscheidung des Kreisaus\husses. Das Gesey sieht also eine Erweiterung der einigungspfliht der Gemeinden gar nicht vor. Es kann noch durch einen Runderlaß an die Behörden ausgesprohen werden, daß das Geseß feinen Anlaß geben soll, in Gemeinden, in denen- bisher ne Straßenreinigung nit bestanden hat, die Neinigungspflicht dur) die Gemeinde einzuführen, wenn nicht ein zwingendes Be- parfnis dafür vorhanden ist. In manchen Fällen wird allerdings e wirtshaftlihe Entwicklung die Einführung der Reinigungs- clit durch die Gemeinden nang machen. Neue Lasten legt das seß niht auf. Jch hoffe, daß durch diese Erklärung eine Reihe wedenken aegen die Vorlage beseitigt sind. Die Polizeibehörden hegen {on niht unverständig vorgehen und wenn das einmal ge- Sen sollte, dann ist immer noch die Aufsichtsbehörde da. Dem el bstbestimmungsreht der Gemeinden ist der D Spielraum gelassen. Jh möte also bitten, den Antrag Gamp abzulehnen.

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirtschaft.

Die deutschen Gesellschaften mit beschränkt t R oto rankter Hastung

Das Kaiserliche Statistishe Amt hat seit einiger Zeit auch die Statistik der Gesellshaften mit beschränkter Haftung in h Arbeits- gebiet einbezogen. Am 31. Dezember 1909 gab es in Deutschland 17 077 tätige Gesellshaften m. b. H. mit 3611,49 Millionen Mark Stammkapital. Außerdem waren Ende 1909 in deutschen Handels- registern 2584 nicht tätige Gesellschaften eingetragen, nämli 2068 Gesellschaften in Liquidation mit 313,27 Millionen Mark und L ellshaften in Konkurs mit 72,82 Millionen Mark Stamm- apital.

Die Gründungstätigkeit im Jahre 1910 war sehr rege, denn 3872 Gesellshaften m. b. H. mit 33553 Millionen Mark Kapital wurden neu eingetragen. Von diesem Betrage wurden 91,95 Millionen Mark durch Sacheinlagen gedeckt, die auf 1900 von jenen 3872 Ge- sellschaften entfielen.

Bet 894 bereits bestehenden tätigen Gesellshaften m. b. H. er-

folgten im Jahre 1910 Erhöhungen des Stammkapitals um 87,62

illtonen Mark. Bei 57 Gesellschaften fanden Kapitalherabsezungen um 11 Millionen Mark statt.

946 Gesellschaften m. b. H. mit 107,90 Millionen Mark Stammkapital traten 1910 in Liquidation. Bei 922 Gesellschaften m H Millionen Mark Kapital wurde das Konkursverfahren eröffnet.

Am 31. Dezember 1910 waren vorhanden : Zahl Stammkapital u Millionen Mark tätige Gesellschaften m. b. H... . . 19650 3880,68 Gesellschaften m. b. H, in Liquidation . 2437 340,14 Gesellschaften m. b. H. in Konkurs . . 574 80,74.

Zur Arbeiterbewegung.

Bei der Norddeutschen Jutespinnerei und Weberei in Hamburg haben, wie der „Frkf. Bg telegraphiert wird, auf dem Werk in Schiffbeck 137 Spinnerinnen am Montag gekündigt, weil ibnen die 20 prozentige Lohnerhöhung nicht bewilligt worden war. Da ohne diese Spinnerinnen der Betrieb nicht aufre{hterhalten werden kann, hat nunmehr die Direktion heute sämtlichen in der Fabrik beschäftigten Arbeitern einshließlich der Aufseher ge - kündigt. Wenn es im Laufe dieser Woche niht zu einer Ver- ständigung zwishen der Verwaltung und den Spinnerinnen kommt, werden am Sonnabend etwa 1400 Arbeiter entlassen und der Betrieb ganz eingestellt werden.

Die Arbeiter der Offenbaher Gummiwerke legten, der „Frkf. Ztg.“ zufolge, gestern vormittag die Arbeit nieder, weil die Direktion threr Forderung, \ofort in eine Tarifverhandlung ein- zutreten, nicht stattgab, sondern die Verhandlung auf Dienstag ver-

„schieben wollte.

Eine Abordnung der ausständigen englishen See- leute hat, wie ,W. T. B.“ aus Southampton meldet, die Neise nah London angetreten, um mit den Reedern zu verhandeln. (Vgl. Nr. 144 d. Bl.)

Aus Rotterdam wird dem „W. T. B.“ gemeldet, daß in einer gelernt abgehaltenen Mng der ausständigen See-

eute (vgl. Nr. 144 d. Bl.) der Vorsißende erklärte, daß der Ver- band bereit sei, über eine Lohnerhöhung unter Beiseitelassung aller anderen Forderungen zu verhandeln. Die Holland - Amerika-Linie hat soviel Dienstanerbietungen von See- leuten sowohl aus Holland wte aus dem Auslande, besonders aus Deutschland, erhalten, daß die Dampfer „Potsdam“ und „Zyldyk“ am Sonnabend auslaufen werden. Der Dampfer ,Tabanan“ vom Notterdamer Lloyd sollte heute mit voller Mannschaft und einer großen Zahl von Reisenden zur Flottenparade vor Spithead in See gee In Amsterdam trafen in vergangener Naht mit der

ahn etwa dreißig deutsche Seeleute ein und begaben sich nach dem Bureau der Compagnie Noyale Maritime. Die Polizei hatte einen strengen Ordnungsdienst eingerichtet, um Belästigungen der See- leute dur die Ausständigen zu verhindern. Bei ihrer Ankunft auf dem Bahnhof wurden die Deutschen von den Aus ständigen ausge pfiffen. Die Polizei machte von der Waffe Gebrau. Einige Personen wurden verleßt. Auf dem Bahnhof wurde eine Verhaftung vorgenommen.

(Wettere „Statistishe Nachrichten* \. i. d. Zweiten Beilage.)

Kunft und Wissenschaft.

A. F. In der ordentlihen Junisizung der Gesellschaft für Anthropologie hielt als erster Dr. Hubert Schmidt einen Vortrag über die von ihm in den Sommern 1909 und 1910 geleiteten gra bungen in Cucuteni (Numänien). Der Redner gedacate zunächst dankend der ausgezeichneten Unterstüßung, die er in

umänten an höchster Stelle, durch das Ministerium, die Kaiserlich deutshe Gesandtschaft, in Jassy im besonderen durh die dortigen Behörden und am Ort der Ausgrabungen selbst dur den Besißer von Grund und Boden und seine beiden Söhne erfahren hatte. Auch die wissen- schaftliche Beihilfe, die 1909 durch planmäßige Vorbereitung der Arbeiten und Ausarbeitung eines Planes durch Jassyer Freunde und 1910 durch einen jungen rumänishen Arhäologen geleistet wurde, fand dankende Anerkennung. Der Fundort selbs Cetazuia bei Cucuteni nicht zu verwechseln mit einem anderen gleidnamigen Orte der Moldau liegt im nördlichen Teil dieser Provinz, in der Nähe der Stadt und Elfenbabnstation Botuschani, inmitten eines anmutigen Hügellandes, das dur langgestreckte Hügel und entsprehende Taleinschnitte ge- kennzeichet ist. Der Ort hat seit lange einen populären Klang dur hier gemachte Funde einer hervorragend \{önen, bemalten Keramik. Schon 1889 auf dem Pariser aréäblogisVen Kongreß verursachten diese Funde ein gewisses Aufsehen. Sie waren nicht {wer zu bewerkstelligen gewesen ; denn, wo immer man an dieser Stelle mit dem Spaten in den Boden sticht, hat man Aussicht, ähnlihen Dingen zu begegnen. Aber, soviel man auch ohne rechten Plan {hon in dem Boden gewühlt batte, cine geordnete, gründlihe Untersuhung war bisher nit angestellt worden. Sie war der Zweck der Ausgrabungen von 1909 und 1910 und Dr. Schmidt hofft, daß diesem Zweck mit tunlichster Umsicht und Gründlichkeit genügt worden ist. Zunächst ist festzustellen, daß es sich hier keine8wezs um

effnung und Untersuhung von Gräbern handelt. Cetazuia stellt vielmehr die Reste einer ausgedehnten Wohnstätte vor, deren wahr- s{einlich aus Holz erbaut gewesene Hütten vollständig vers{wunden a und, da sie auf dem ziemlih flach im Boden liegenden Sandstein- elfen errichtet waren, auh nit die verglei(sweisen siheren Spuren zurückgelassen haben, wie auf \andigem Boden errichtete Hütten dur die Pfostenlöher. Wahrscheinlih standen diese Hütten entsprehend der noch heute in der Gegend beliebten Bau- weise auf hölzernen Rahmen, die im Laufe von vier Jahr- taufenden spurlos vershwunden sind. Es ist pelfenungeaGet gelungen, die Umrisse dieser Wohnstätten dur ihren bäu ß Cs sresen Inhalt an Unvernihtbarem und an noch erkennbaren Herd- tellen annähernd als vierseitig zu bestimmen, jedoch nur da, wo dieser Inhalt noch nicht durchwühlt war. An solGhen Stellen, die Spuren erfolgter Ausgrabung zeigen, war natürli nur ganz ungefähr zu er- mitteln, daß auch hier eine Hütte gestanden haben mne te Boden- untersuchung hatte folgendes Ergebnis: Bis 0,3—0,5 m \{hwarzer Humusboden, bis 1,1 m eine obere Erdshiht mit Brandschutt, bis 1,5 1n_ eine Aschenshiht mit Brandshutt, bis 1,9 m eine graugelbe Schiht, aufliegend p festen Sandsteinfelsplatten mit wenig gelber Erde, ‘Die interessanten Einshlüsse finden

sih natürlih nur in der zweiten und dritten Schicht, also bis böchstens 1,7 m unter der Oberfläche, und zwar bezüglih der keramishen Funde etwa in einer Reihenfolge, die zu oberst \{chwarz- bemalte Gefäße zeigt, vermischt mit wenigen E emplaren der hierauf folgenden Gruppe von mehrfarbig bemalten Gefäßen, nämlih \{chwarz, weiß, rot und rotbraun bemalten, und darunter eine Gruppe ehr ursprüngliher Topfwaren mit eingerißten Ornamenten. Bezeichnet man diese dret Gruppen mit x, y und z, so liegt tiefer als 1m noch eine vierte dur ebung bon Strichbändern als Ornament gekennzei- nete und mit Gefäßen der Gruppe y gemischte Gruppe u und unter dieser wieder eine Schicht, in der y lleta vorherrsht, x und z ganz ver- \chwunden find. Es scheint hieraus hervorzugehen, daß y und u älter sind als x und z; aber es dünkt dem Nedner doch mißlich, hieraus Schlüsse auf das Alter, es sei denn auf das relative Alter, zu ziehen. Wie durch vorsihtige Ausgrabungen Ziehen von Gräben diese Ergebnisse gewonnen worden (nd, erläuterten mehrere Lihtbilder. Wunderbar is der überaus reihe Inhalt von Hütten, die auf mehr als äußerst \{lichte Daseinsbedingungen ihrer Bewohner kaum zu i d erlauben. Diese Erwägung legte die Vermutung nahe, daß Cetazuia doch als Wohnplay von ere Bedeutung, als bisher angenommen, gewesen sein muß, und hieran reihte sich der Wunsch einer Untersuchung, ob es etwa ein befestigter Das gewesen ist, in dem zuzeiten viele Menschen mit ihrer Habe Zuflucht suchten und fanden. Die in dieser Nichtung an- gestellte Nachforshung hat in der Tat das Ergebnis gehabt, daß fest- gestellt wurde, der am Abhange eines Hügels gelegene Plaß besaß im NW., W. und SW., in welcher Nichtung das Gelände um 1 bis 1} m abfällt, niht bloß cinen, sondern zwei einander parallele Festungs- gräben, die künstlich in den Sandsteinfelsen eingehauen worden waren und ein gleihbleibendes Profil sehr \chräger Wände mit in eine Spiße auslaufender Sohle zeigen. Nah den Meevan vorgeführten Lichtbildern besteht kein Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung. Ob die anderen Seiten des Platzes auch etwa durch Palisaden oder Mauern eet waren, dafür ließen \sih keine Beweise augenfälliger Art mehr beibringen. Aber in hohem Grade wahrscheinlih wird dies dur folgenden Umstand: Beide Gräben {ind natürlich verfallen, dur Crde, Schutt, Steintrümmer ausgefüllt ; aber der innere Graben enthält von leßteren so auffallend mehr als der e daß ih der Gedanke niht abweisen läßt, dies seien die Reste eines am inneren Nande des Grabens aufgeführt gewesenen Steinwalles. Erwähnt sei noch, daß die Nachforschungen nach Toren ergebnislos blieben. Die auf diese Nachweise folgende Vorführung în zahl- reihen Lichtbildern von den reichen in Cetazuia gemachten Funden zeigten die Früchte der zweijährigen Ausgrabungen im günstigsten Lichte. Obenan stehen die Zeugen einer hochentwickelten Keramik, darunter eine große Zahl Bib Gefäße, zum größten Teil wohlerhalten, die ausnahmslos in einem die gerade Linie vollständig verbannenden Stil bemalt sind, der in seiner kühnen, ges{wungenen, bâufig spiraligen Linie manGmal s\tilisierten Blättern bhochwachsende Grases oder Schilfes ähnli sieht, aber im Grunde doch nichts weniger als ftilisierten Natur zeigt, sondern etwas ganz Ungewöhn- lies, ganz Apartes ist. Auch die Formen der Gefäße sind durd,weg edel. Die große Fülle dieser a Funde aber scheint sich außer den {hon zur Erklärung angeführten wahrsheinlihen Ursachen daraus zu ergeben, daß am Plate selbst eine keramishe Industrie bestand. Dafür sprehen eine Anzahl angefangener, in verschiedenen Stadien der Bearbeitung begriffener Arbeiten. Sie lassen zugleich vermuten, daß Cetazuia Vernichtung in einem großen elementaren Greignis, vielleiht auch in einer die Eroberung begleitenden gewaltigen Feuersbrunst gefunden hat, die alles Retten von Habe vereitelte.

Nächst der überaus vielseitigen Keramik find von ungeheurer Zahk Steingeräte aus Feuerstein und anderem Steinmaterial gefunden worden. Ihr Vorkommen entspricht aber nur dem im allgemeinen häufigen Auffinden folcher V vervollkommneter Steingeräte und und -waffen tn der Moldau. Man glaubt in den Tälern des Sereth und Pruth die Spuren etner ähnlihen Industrie entdeckt zu haben. Dann gehören zu den wertvollsten Funden Artefakte aus Knochen, tim besonderen aus Hirschgeweih, darunter kunstvolle Arbeiten und seltene Stücke, außerdem Dolche, Harpunen, Pfriemen, Griffe. Nicht gering ist die Zahl der Shmucksachen aus vershiedenem Material, auch folche von Ton, Wfel, ein Miniatur- beil und andere seltsame Stücke, die man sich nur als Amulette oder Tätowiermuster erklären kann. Mißlungen erscheinen hter überall die Nachbildungen des menschlichen und tierishen Körpers. Das Aller- merkwürdigste unter den Funden aber sind in nicht sehr großer Anzahl gefundenen Metallsachen, Dolche, Nasiermesser, Fibeln zu- meist aus Kupfer, aber au aus einer Bronze der ältesten Bronzezeit, die nur 7% Zinn enthält. Diese Metallfunde bieten dem Archäologen den Vorteil, die E Zeit zu bestimmen, der die Blüte von Cetazuta angehört. weifellos würde man ohne die Metallfunde si für das neolithische Zeitalter entscheiden müssen, mit den Metallfunden gehört sie ganz an den Schluß des neolithishen Zeitalters, in jene nicht lange währende Uebergangszeit, in der die Menschen nach Bekanntwerden des Kupfers dies wohl verwandten, nah kurzer Frist aber es in R auf shneidende Geräte durch die Bronze erseßten. Schwieriger als diese ungefähre Bestimmung ist die Einreihung der Cetazuia-keramischen Technik in die verwandten oder benachbarten Kulturkreise. Dr. Schmidt laubt bei aller Eigenart dieser bemalten Keramik, die sid ganz ahnlih nur in Südrußland findet, Verwandtes im südlichen ägäischen Kulturkreise entdeckt zu haben. Es wird weiteren Studiums be- dürfen, diese Spur zu verfolgen. Spuren leiten auch hinüber na Thessalien, und eine eigenartige BeobaGtung will Dr. Schmidt in folgendem gemacht haben: Gewisse bronzene Artformen in Kreta baben leine Vorstufe. Diese fand man in den Fabrikationszentren von Cetazuia. i: ,

Den zweiten Vortrag hielt Dr. Erich von Hornbostel über „ein akustisches Kriterium für Kulturzusammenhänge“*. Der Redner knüpfte seine Betrahtungen an zwei Musikinstrumente, von denen das eine, die Panpfeife, zum ältesten Kulturbesitz der Menschheit gehört, denn die „Syrinx“ i als von den Griehen im Altertum gekannt und benußt unzweifelhaft be- alaubigt, während das andere, das Xyplovhbon, au Holz- oder Strohinstrument oder Strobfiedel, Gigetyra, genannt erst vom 15. Jahrhundert in Europa bekannt geworden zu sein scheint. Das an erster Stelle genannte Instrument bestebt in seiner einfadsten Form aus mebreren meistens mit Shnüren, seltener mit einem Klebe- mittel an-, genauer nebeneinander befestigten, wie Orgelpfeifen all- mähblih länger werdenden Pfeifenrohren, aus festem Schilfrobr oder ähnlihem hergestellt, die, der Reibe nah mit dem Munde angeblasen, gewöhnlich eine Tonleiter ergeben. Ueber die Stimmung der Pan- pfeife in der kla\sishen Antike nissen wir nichts, es ist alîo durdaus zweifelhaft, ob sie si auf eine Quarte bes{ränkte oder später viel- leiht unter Anwendung von 7 bis 8 fol{er verschieden langer Pfeifen auf eine Oktave au8gedebnt wurde. Das oben an zweiter Stelle genannte Instrument ist abweichend biervon ein Schlaginstrument. Die nach der Tonleiter abgestimmten Tasten, Stäben aus trockenem Holz, deren Zabl beim europäisen Xvlopbon von 16 bis 34, beim außereuropäischen von 2 bis 24 weselt, sind nah ibrer Größe mit wei gedrebten Strod- oder Bastsaiten befestigt und werden mit zwei dôlzernen Schlegeln ges{lagen, äbnli dem aus der Zigeunermusik bekannten Hackedrett, Cymbal oder Cymbel, dem Vorläufer des Klaviers. Wie das Xvlophon zur oben angegebenen Zeit in Europa bekannt geworden, ist mit Sicherbeit nicht zu destimmen, es bat dann aber als ein leiht bersftelldares und leit zu banddabendes Musßikinstrument an manhen Stellen, zum Beispiel in Tirol, eine gewisse Beliedtbeit gewonnen und ift neuerdings veredelt und als „Holzbarmonika“ sogar bei Konzertveranstaltungen benußt worden. Jn jedem Falle gehören beide Instrumente mit ibrer beschränkten Ausdruckfädigkeit zu den unvollkommenen ihrer Gattungen und bei der Einfahbeit ibrer Herstellung und Anwendung zu dem es. ¿stande der Naturvölker; aber es ist do in dobem Grade unwahrscheinlich, daß se, weil an entferntesten Stellen der Erde im Besiß der verschiedensten Naturvölker gefunden, deshald versDitdene ganz unabddängig voeninander nichts wißfende Erfinder gedadt daden.

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