1911 / 147 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 24 Jun 1911 18:00:01 GMT) scan diff

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dem Geheimen Rechnungsrevisor bei der Oberrechnungs- kammer, Rechnungsrat Engelhardt den Charakter als Ge-

heimer Rechnungsrat und

den Geheimen Rechnungsrevisoren bei derselben Behörde Boedler, Liese und Buchalski den Charakter als Rech-

nungsrat zu verleihen sowie

infolge der von der Stadtverordnetenversammlung zu Nordhausen getroffenen Wahl den dortigen Ersten Bürger- meister, Oberbürgermeister Dr. Karl Contag in gleicher

Amtseigenschaft auf Lebenszeit und

infolge der von der Stadtverordnetenversammlung zu Graudenz getroffenen Wahl den Stadtrat Dr. Stolzenber daselbst als unbesoldeten Beigeordneten (Zweiten Bürgernaifiat) der Stadt Graudenz für die geseßzlihe Amtsdauer von ses

Jahren zu bestätigen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Regierungs- und Bauräten Künzel in Bonn und Hennings in Cassel den Charakter als Geheimer Baurat, dem Departementstierarzt, Veterinärrat Heyne in Posen den Charakter als Geheimer Veterinärrat, dem Kreistierarzt Kalteyer in Eschwege den Charakter

als Veterinärrat,

dem Generalkommissionssekretär Encke in Breslau den

Charakter als Rechnungsrat,

dem Rittergutsbesißer von Günther in Grzybno, Kreis Schrimm, und dem Rittergutsbesißer, Oekonomierat von Dippe in Quedlinburg den Charakter als Landesökonomierat sowie

dem Rittergutsbesißer Schiftan in Lindow, Kreis Ost- sternberg, dem Rittergutspächter Doelcke in Hohenselchow, Kreis Randow, dem Direktor der Provinzial-Moorkommission Oehme in Posen, dem Mitgliede der Landwirtschafts-

kammer für die Provinz Schlesien,

Rittergutsbesißer Conrad

in Klein - Zindel , Kreis Grottkau, den Mitgliedern der Landwirtschaftskammer für die Provinz Hannover, Gutsbesißer

Hine in Oißfelde, Kreis Uelzen,

und Hofbesißer Otte sen.

auf der Ziegelei Wohlenrode, Gemeinde Metingen, Landkreis Celle, dem Landwirt und Gutspächter Kemmann in Mett- mann und dem Winterschuldirektor Balster in Bassum, Kreis Syke, den Charakter als Oekonomierat zu verleihen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigft geruht: dem Fabrikbesißer Ernst Volckmar in Kettwig vor der Brücke den Charakter als Kommerzienrat zu verleihen.

Justizministerium.

Verseßt sind: der Landrichter Citron in Ratibor als Amtsrichter nah Herborn, die Amtsrichter Dee aus Osterode i. Ostpr. als Landrichter an das Landgericht T in Berlin, Dr. Glashoff in Gleiwiß nah Segeberg, Pawelcik in Lands-

berg i. Ostpr. nah Wehlau.

Jn der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht: die Rechts- anwälte Heinicke bei dem Oberlandesgericht in Frankfurt a. M,., Alexander Beer II. bei den Landgerichten I, Il und Ill in Berlin, Dr. Goudron bei dem Landgericht in Essen, Dr. Riehn bei dem Landgericht in Altona, Nickel bei dem Amts- geriht und dem Landgericht in Elberfeld sowie bei der Kammer für Handelssachen in Barmen, Siegfried Chodziesner bei dem Amtsgericht in Charlottenburg und dem Landgericht TIT in Berlin, Brin bei dem Amtsgericht in Magdeburg.

Jn die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: die Rechtsanwälte Dr. Noth aus Wiesbaden bei dem Landgericht in Frankfurt a. M., Manzke aus Bubliß bei dem Amtsgericht in Pollnow, Dr. Hugo Behrend und Dr. Ludwig Markus in Charlottenburg außer bei dem Landgericht 11] zugleich bei dem Amtsgericht in Charlottenburg, die Gerichtsasse\soren Paul Brasch bei dem Landgeriht T in Berlin, Dr.

Kassemeyer bei dem

Landgericht in Hechingen,

Schaper bei dem Landgericht in Magdeburg, Claren und Dr. Tiefen thal bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Cöln, Wertheim bei dem Amtsgericht und dem Landgericht

in Essen, Windel bei dem Amtsgericht in Rodenberg, Dr. Kut bei dem Amtsgericht in Mühlhausen i. Ostpr., Dr. Dinse bei dem Amtsgericht in Schwerin a. W., der frühere Gerichts assessor Hans Ehrlich bei dem Landgericht T in Berlin.

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Den Gerichtsassessoren Dr. Brandts, von Brehmer, Oskar Goecke, Karsen, Eduard Lehmann, Detlef Schmidt und Shmorl is die nachgesuchte Entlassung aus

dem Justizdienst erteilt.

Der Oberlandesgerichtsrat, Geheime Justizrat Reus in Cöln, der Erste Staatsanwalt Gre ffrath in Limburg a. d. L, die Rechtsanwälte und Notare, Justizräte Herz in Münster, Lohmann in Brilon und Dr. Hübner in Stade sowie der Rechtsanwalt Weingarten in Pößneck sind gestorben.

Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

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en NRegierungsbaumeistern des Wasser- und Straßenbau-

faches Nicol in Krempa und Lachtin in Konitz \ind etats- mäßige Stellen als Regierungsbaumeister verliehen worden.

Niczfamlklices. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 24. Juni.

Se vormittag in Kiel a

es Staatssekretärs des on Tirpitz entgegen.

i heute vo Vortrag d admirals v

ne Majestät der Kaiser und König nahmen r m Bord der „Hohenzollern“ den 2)

Reichsmarineamts, Groß-

Die vereinigten Ausschüsse des und Steuerwesen und für Justizw {üsse für Zoll- und Steuerwesen u sowie der Ausschuß für Zoll- und Sitzungen.

Geheime Rat zurücgetehrt.

Bundesrats für Zoll s die vereinigten Aus- für Handel und Verkehr teuerwesen hielten heute

Amts, Wirkliche

ist vom Urlaub

Die Nr. 6 der „Amtlichen Nachrichten des Reichs- versiherungsamts“ vom 15. Juni 1911 enthält im Amtlichen Teile unter A N TaTLDEN (EEURG) Ent- scheidungen der Senate in Unfallversicherungssahen über folgende Gegenstände: Die ordnungswidrige Benußung eines ive: auf einem Betriebswege durch einen im Betriebe eines Vaters als Arbeiter tätigen Schulknaben auf Geheiß seines mitfahrenden Vaters hebt den an \ih ene nen pu sammenhang mit dem Betriebe nicht auf; der dadur herbei- geführte Unfall des Knaben ist ein Betriebsunfall (2480). *)

Ein Unfall bei der Vorführung einer Kuh vor dem Kreis- tierarzte gelegentlih einer von der Ortsbehörde vermittelten Untersuhung des gesamten Rindviehbestandes der Gemeinde auf Scheidenkatarrh ist dem landwirtschaftlihen Betriebe zuzu- rechnen (2481).

Ueber die Voraussetzungen, unter denen eine infolge Alters und förperliher Shwäche nur beschränkt erwerbsfähige Aus- züglerin, die im landwirtschaftlihen Betrieb ihres Sohnes ver- unglückt ist, als „Arbeiterin“ im Sinne des 1 des Unfall- versicherungsgeseßes für Land- und Forstwirtschaft angesehen werden kann (2482).

Ein Unfall des Verleßten auf der Reise zu einer Sigzung des Feststellungsorgans, in der die Entschädigung für einen Vetriebsunfall festgestellt werden sollte, und in der zu erscheinen dem Verlezten anheimgegeben war, ist keine entschädigungs- pflihtige Folge des Betriebsunfalls (2483).

Die im 8 1 Abs. 6 des Unfallversicherungsgeseßes für Land- und Forstwirtschaft aufgeführten Gruppen von Fach- arbeitern find nur als Beispiele aufzufassen; die Berufsgenossen- schaften sind daher nicht gehindert, in ihrem Statut einzelne dieser Gruppen fortzulassen oder nur in beschränktem Umfange zu berüsichtigen (2484).

Wann ist in der Bewirtschaftung eines Gartens ein land- wirtschaftlicher Betrieb zu erblicken ? (2485).

Zur Anwendung des 8 2 des Infallversiherungsgesezes für Land- und Forstwirtschaft (2486).

Der § 17 Abs. 4 des Unfallversicherungsgeseßes für Land- und Forstwirtschaft 16 Abs. 4 des Gewerbeunfallversiche- rungsgeseßes) findet auf Kinder geschiedener Ehefrauen jeden- falls dann Anwendung, wenn die Sorge für ihre Person nah § 1635 des Bürgerlichen Geseßbuhs der Mutter zu- steht (2487).

Bei der Vorschrift des § 18 Abs. 1 des Unfallversiche- rungsgeseßes für Land- und Forstwirtshaft 17 Abs. 1 des Gewerbeunfallversicherungsgeseßes) kommt es niht darauf an, ob die verstorbene Ehefrau den Lebensunterhalt ihres Ehemanns, fondern darauf, ob sie den Lebensunterhalt der „Familie“ wenigstens überwiegend bestritten hat (2488).

Die persönliche Versicherung des Unternehmers wird bei Einheitsbeiträgen auf Grund des § 53 Abs. 4 des Unfallver- sicherungsgeseßes für Land- und Forstwirtschaft niht dadurch formell begründet, daß die Berufsgenossenschaft mangels einer statutarischen Vorschrift für seine Arbeitsleistung keinen Abzug von dem tarifmäßigen Arbeitsbedarf gemacht hat (2489).

Die Abteilung B (JInvalidenversicherung) bringt Nevisionsentscheidungen, in denen folgende Grundsäße aus- gesprochen werden : i;

Unter Umständen ift eine Erwerbsunfähigkeit, die durch ein Heilverfahren beseitigt werden kann, als dauernd an- zusehen (1550).

Das Ruhen der Rente tritt beim Bezug einer durch cine Privatbahngesellshafi bewilligten, später vom Staat über- nommenen Pension gemäß §8 48 Abs. 1 Ziffer 2 des JInvaliden- versicherungsgeseßes ohne Rücksicht darauf ein, ob der Pensions- bezieher mit feinem auf Grund des §8 6 U) E 0: a D!

c O +y P M Lal M „yCl; -PLY » 64 gestellten Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht durch die zuständige Behörde zu Unrecht abgewiesen worden it (1551).

Die Richtigkeit einer in gehöriger Form bewirkten Marken- übertragung kann im Rentenstreitverfahren nur durch 0es gründetes Besireiten“ angefochten werden (1552). |

Ein Rentenbewerber tann sich auf einen zurükgenommenen Jnvalidenrentenantirag ohne Rücksicht auf die Rechtsverbindlich- keit der Zurücknahmeerklärung dann niht mehr berufen, wenn er während 10 Jahre auf diesen Antrag nicht zurückgekommen it (1553).

Ein Urteil, das vom Schiedsgericht ohne Kenntnis von dem Tode des Rentenbewerbers erlassen ist, hat keine rechtliche Bedeutung (1554).

Die Berufsgenossenschaft ist durch ein Heilverfahren der Versicherungsanstalt entlastet, das zwar nicht den nochmaligen Eintritt der Erwerbsunfähigkeit verhindert, wohl aber den günstigen Erfolg eines späteren Heilverfahrens der Berufs- genossenschaft beeinflußt hat (1555).

Es folgt eine Nachweisung über die Rentenzahlungen und Beitragserstattungen der 31 Versicherungsanstalten im April 1911 sowie über den Erlös aus Beitragsmarken für den Monat Mai 1911.

Der Nichtamtliche Teil bringt den Abdruck einer Ent- scheidung des Reichsgerichts vom 1. Oktober 1910 darüber, ob ein Knappschaftsverein, der nach seinen Sazßungen ein erkranftes Mitglied in einem Krankenhaus untergebracht hat, für dort bei der ärztlichen Behandlung oder Pflege vorgekommene Versehen haftet. Dann folgt eine Mitteilung über die in Nr. 15 Des Preußischen Justiz-Ministerialblattes vom 15. April 1911 ver- öffentlihte Allgemeine Verfügung, betreffend die Verfolgung von Ansprüchen auf Entschädigung für Unfallfolgen. Hieran \hließen sich Anzeigen

a. über die Fürsorge für Lungenkranke im Bereiche der Königlich Preußischen Eisenbahnverwaltung, Í

h. über den Kursus für Unfallheilung und Gewerbefrank- heiten, der vom Jnstitut für Gewerbehygiene in Frankfurt a. M. in der Zeit vom 25. September bis zum 7. Oktober 1911 veranstaltet wird,

c. über die neue Auflage des bei der Postverwaltung herausgegebenen amtlichen Verzeichnisses der Ortschaften der Provinz Sachsen, des Großherzogtums Sachsen - Weimar- Eisena, der Herzogtümer Anhalt, Sachsen-Meiningen und Sachsen-Coburg-Gotha und der Fürstentümer Schwarzburg- Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Reuß ältere und Reuß jüngere Linie.

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s Die neben den einzelnen Entschzitungen slebenden cingelammerten

r b §.: D555 p + 9 o T ; ; Zablen geben die Ziffer an, unter welcher tiese in den „Amtlichen Nachrichten“ veröffentliht sind

Oesterreich-Ungarn. i

Der slavischen Korrespondenz zufolge hat der Eisenh minister Dr. Glombins fi estern de ini i oahn- sein Demissionsgesuch überreid 7 Ministerpräfibenten

Großbritannien und Frland,

Der gestrige Umzug des Königspaares, d Buckhingham Palast nah der City, Cn dort buri ide

industrielles Viertel des Südens und dann über die Westminster-

Brücke, durch Whitehall und die Mall wieder n Palaste ging, bot der gewaltigen Menge, die die van Ee des Weges erfüllte, einen Ueberblick über die militärische Macht des britischen Reiches. Jedes Regiment der englischen Armee war dur ein Detachement von 25 Mann und einen Offizier vertreten. Wie „W. T. B.“ berichtet, zerfiel der Zug in drei Teile; der erste vertrat die Kolonien der zweite Jndien, der dritte bildete den eigentlichen Königszug. Jn der Mitte des ersten Zuges fuhren die Wagen der anwesenden Premierminister der Kolonien, in dem indischen sah man eine Anzahl Maharajahs und Rajahs. Den Königszug führten die einzelnen Abteilungen der englischen Armee; ihm schlossen sih die fremden Militärattachés und die Abordnungen der ausländischen Regimenter, denen der König Georg attachiert ist, an. Das glänzende Schauspiel erweckte auf dem ganzen Wege die Begeisterung der Menge, die das Königspaar mit Jubel begrüßte.

Abends fand im Auswärtigen Amt ein Bankett statt, an dem die Königliche Familie sowie die fürstlichen und die anderen hohen ausländischen Gäste teilnahmen.

Frankreich.

Der Präsident Fallières ist gestern nachmittag nah Rouen abgereist, um der Tausendjahrfeier der Nor- mandie beizuwohnen.

In der gestrigen Sißung der Deputiertenkammer begründete der Abg. André Hesse eine Jnterpellation an den Kriegsminister über dessen Anschauungen von dem Ober- kommando im Kriegsfalle.

Noch dem Bericht des ,W. T. B.“ warf der Interpellant dem General Goiran vor, im Senat gesagt zu haben, daß es einen Generalissimus niht gebe und daß im Kriegsfalle die Leitung der Operationen der Regierung zustehen würde. In Kriegszeiten, erklärte der Redner, sei aber ein Oberbefehlshaber nôtig und die Politifer müßten {chweigen. Der Admiral Bienaimé fette auseinander, daß es notwendig sei, {hon von langer Hand einen Führer bereit zu stellen, der fähig sei, den Sieg zu organisieren, und wies auf das Beispiel Preußens und Moltkes hin. Der General Pédoya faßte die Hypothese eines Krieges mit dem Drei- bunde ins Auge und wies darauf hin, daß in diesem Falle die Armee in den Alpen, im Osten und im Norden geteilt sein würde, sodaß ein einziger Mann nicht alle diese Armeen würde [eiten können. Aber au er forderte, daß die Oberbefehlshaber, wie in Deutschland, bereits in Friedenszeiten ernannt würden. Der Kriegsminister General Goiran erklärte, man habe feinen Worten eine Bedeutung gegeben, die sie nicht bâtten. Er bätte im Senat nur seine persênlide Meinung ausgedrückt, die übrigens der Ansicht seines Vorgängers Berteaux entspräche. Er {loß mit den Worten: „Nichts ist geändert an der seit langem vorgesehenen Organisation und an dem Kommando, das allen Bedürfnissen genügt. Dem habe ih nichts hinzuzufügen“.

Nach den Erklärungen des Kriegsministers beantragte der Abg. André Hesse die einfache Tagesordnung. Der Justiz- minister Antoine Perrier erklärte, die Regierung könne diese Tagesordnung niht annehmen, sondern nur die Tages- ordnung Camille Picard, die besagt, daß die Kammer die Erklärungen der Regierung billige. Die Regierung lehne die einfache Tagesordnung ab. Die Kammer stimmte darauf über die einfache Tagesordnung ab und nahm sie mit 248 gegen 224 Stimmen an. Das Abstimmungsergebnis rief große Aufregung hervor, gleihwohl blieben die Minister ruhig auf ihren Plätzen, und ein sozialistischer Abgeordneter bestieg die Rednertribüne, um eine Jnterpellation über die Ländereikonzessionen in Tunis zu begründen, doh wurde von der Opposition ein folch an- haltender Lärm verursacht, daß der Vizepräsident Etienne sich genötigt sah, die Sizung zu unterbrehen. Nach ihrer Wieder aufnahme vertaate sih die Kammer bis Dienstag.

Wie „W. T. B.“ meldet, hat das Kabinett infolge der Annahme der von der Regierung nicht gebilligten Tages- ordnung André Hesse in der gestrigen Kammersißung seine Demission gegeben.

Spanien.

__ Der Ministerpräsident Canalejas hat laut Meldung des „W. T. B.“ gestern in der Deputiertenkammer ein Dekret ver- lesen, durch welches die Sißzungen des Parlaments auf unbestimmte Zeit vertagt werden.

Schweiz.

Der Ständerat beriet gestern den Niederlassungs- vertrag zwischen der Schweiz und Deutschland.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ beantragte die Kommission die Annahme tes Vertrages. Der Abg. Bochi- Thurgau und der Sozialist Scerrer - St. Gallen bekämpften den Antrag befonder® wegen des Artikels, betreffend die Lösung von Legitimationékarten für shweizeris{he Arbeiter in Sachsen und Preußen. Der Bundesrat Hoffmann erklärte, in dieser Hinsicht sei die Shweiz mit Oester- reih und Italien gleihgestelt. Im ganzen sei der Vertrag für die Schweiz mindestens ebenso günstig wie der bisherige.

Hierauf erfolgte mit 28 gegen 2 Stimmen die Ratifikation des Vertrages.

Türkei.

Der gestrige Selamlik in der Moschee Jshakie in Monastir verlief sehr feierlich und ohne Zwischenfall. Der Sultan wurde überall lebhaft begrüßt.

Von der türkish-bulgarischen Grenze wird, „W. T. B.“ zufolge, berichtet, daß eine 32 Mann \tarke bulgarische Bande unter Führung Tondjos, des Oberhauptes des maze- donischen Komitees in Sofia, die Grenze bei Osmanie über- schritten hat. Es sind Truppen abgesandt worden, um die

Bande abzufangen. Griechenland.

Die Deputierctenkammer hat nah einer Meldung des „W. T. B.“ gestern in zweiter Lesung den Geseßentwurf, betreffend Einrichtung einer Generalinspektion der Armee, angenommen.

Serbien.

Der neuernannte österreichisch- ungarishe Gesandte in Belgrad von Ugron hat vorgestern dem Könige sein Be- glaubigungsschreiben überreiht. Der König hieß den Ge- sandten herzlich willlommen und sprach, „W. T. B.“ zufolge,

¿

die Hoffnung aus, daß die Beziehungen zwischen den beiden

n sih recht gut gestalten möchten. Abends gab der Frs u Eren des Gesandten ein Mahl, wobei er auf die Gesundheit des Kaisers Franz Joseph und die österreichisch- ungarishe Monarchie ein Hoh ausbrachte. Der Gesandte von Ugron toastele auf das Wohl des Königs und das Auf- blühen Serbiens. ,

Bulgarien.

Jm Laufe der gestrigen Sizung der National- versammlung gab das Verhalten der Bauernbündler und Sozialisten wiederholt zu Zwischenfällen Anlaß. Wie

. T. B.“ meldet, verlangten sie, daß die National- versammlung eine neue Geschäftsordnung ausarbeite. Nach überaus stürmischer Debatte wurde beschlossen, die in der leßten Sobranje in Geltung gewesene Geschäftsordnung provisorisch anzuwenden. Sie soll abgeändert werden können, wenn ein Viertel der Deputierten einen solchen Antrag stellt.

Asien.

Wie dem „Reuterschen Bureau“ aus Hodeidah vom 17. Juni gemeldet wird, überraschte eine starke Abteilung Aufständi- her die Vorhut Mohammed Ali Pasqhas, die aus vier Bataillonen mit vier Kanonen bestand und drei Meilen von Djisan entfernt lagerte, tötete tausend und verwundete 500 Soldaten. Die Truppen flohen, von den Rebellen ver- olgt, in Unordnung nach Djisan. Jn der Verwirrung bom- bardierte ein türkishes Kanonenboot Djisan und tötete und ver- wundete einige hundert Soldaten. Die Araber erbeuteten vier Kanonen, zwei Maschinengewehre, zweitausend Gewehre, eine große Menge Munition und Vorräte und zogen sih dann zurü. Der Befehlshaber der Truppen war nicht anwesend.

Einer Meldung des „W. T. B.“ aus Peking zufolge hebt ein Erlaß das Ministerium für die Ernennung von Amts personen sowie die Kommission zur Vorbereitung fonstitutioneller Reformen auf und überträgt diese Angelegen- heiten dem Ministerkabinett. :

Der Vizekönig der Mandschurei hat, wie die St. Peters- burger Telegraphenagentur meldet, der Verwaltung von Zizikar und Kirin die Weisung erteilt, unverzüglih Straferped itionen gegen die Chunchusen zu entsenden und die Provinz voll- ständig von ihnen zu säubern. Falls die dortigen Truppen niht ausreichen, sollen sie durch zwei Divisionen aus dem eigentlichen China verstärkt werden.

Afrika. Nach einer Meldung der „Agence Havas“ sind weitere

Abteilungen Kavallerie und Artillerie in Larrasch gelandet worden, die in der Nacht nah Elksar abgehen sollen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sizung des Hauses der Abgeordneten befindet sih in der Ersten Beilage.

Statiftik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Eine Versammlung der ausständigen Arbeiter der Eisen- konstruktionswerkfstätten Berlins beschloß, wie hiesige Blätter melden, den Streik zu beenden. Die Arbeit wird am nächsten Montag in vielen Betrieben wieder aufgenommen werden.

Die Spengler und Installateure in Frankfurt a. M. beschlossen, der „Frkf. Ztg.“ zufolge, in einer stark besuchten Ver- sammlung, durch den Gesellenaus\{chuß der Innung einen Tarifentwurf überreichen zu lassen Es werden gefordert: Mindeststundenlöhne je nah dem Alter von 40 bis 62 4, Lohnzahlung am Freitag und neun- stündige Arbeitszeit, am Sonnabend aht Stunden. Üeberstunden sollen mit 250%, Naht- und Sonntagsarbeit mit 50 0%/ Aufschlag bezahlt werden. Der Tarif soll bis zum 1. Juli 1913 gelten.

Aus Greven (Westfalen) meldet ,W. T. B.*“, daß gestern die leßten Streitigkeiten in der Textilindustrie beigelegt worden sind’; damit ist der allgemeine Friede wiederhergestellt (val. Nr. 128 d. Bl.).

Auf dem Kaliwerk Günthersball entstanden, wie der „Köln. Ztg.“ aus Halle gemeldet wird, zwischen der Werkverwaltung und den Arbeitern über den Arbeitsvertrag Meinungsverschieden- heiten. Die Verwaltung entließ daraufhin 200 Arbeiter.

Zum Ausstand der englishen Seeleute (vgl. Nr. 146

d. Bl.) wird dem „W. T. B.* aus Liverpool telegraphiert, die großen Dampfer hätten gestern ohne jede Störung Mannschaften zu erhöhten Löhnen angeworben. Einer Meldung aus Southampton zufolge hat sih auch die White Star Company mit den aus- ständigen Seeleuten geeinigt. Dagegen wird der Auss\tand der Seeleute in Hull immer ernster. Die Mehrzahl der Dockarbeiter hat sich den Ausständigen angeschlossen ; auf zahlreihen Schiffen ruht der Betrieb gänzli. In einer gestern abend in Hull abgehaltenen Versammlung von Seeleuten und Hafenarbeitern, an der etwa 10000 Personen tetlnahmen, wurde beschlossen, daß keine einzelne Gruppe die Arbeit wteder aufnehmen solle, bevor eine vollständige Regelung der Streitfragen erzielt sei. Die Hafenarbeiter baben nunmehr auch ihre Forde- rungen in bezug auf Erhöhung der Löhne festgeseßt. Aus Nantes wird dem „W. T B." gemeldet, daß aus- ständige Arbeiter des Cisenwerkes in La Basse-Indre in der vergangenen Nacht die Fensterscheiben des Fabrikgebäudes zer- E D und die Nöhren des die Kessel speisenden Pumpwerkes urch'chnitten.

In Notterdam sind, „W. T. B.“ zufolge, gestern früh etwa 100 Mann eingetroffen, um die ausftändigen Seeleute zu ftleßen. Ein Teil hat sich an Bord des Dampfers „Batavier EY begeben, dessen Mannschaft die Arbeit eingestelt hat. Der Dampfer ivird Abends in See gehen. Polizei, mit Gewehren bewaffnet, be- wacht das Schiff. Zwei andere Dampfer sind mit voller Bemannung abgegangen. Das Angebot von Arbeitern aus dem Ausland ist jo groß, daß man schon jet vorausschen kann, daß die Sache der Aus- ändigen verloren ist (vgl. Nr. 146 d. Bl.). i i

Ver Maurerstreik in Genf wurde, wte die „Voss. Ztg.“ erfährt, nabdem die Lohnfrage der Handlanger durch Festseßung eines Mindest- tarifs von 52 Centimes für die Stunde geregelt worden ist, gestern beendet. Er währte volle aht Wochen. Der dadur entstandene Schaden wird, da auch andere Gewerbe in Mitleidenschaft gezogen wurden, auf mehrere hunderttausend Franken geschäßt.

(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.) Wohlfahrtspflege.

…. Auf der diesjährigen Hauptversammlung des Vereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke, die dieser Tage in Düsseldorf abge- Alten worden ist, wurde u. a. das Thema Alkohol u nd Leistun gs- Ihigkeit behandelt. Es wurden zu ihm drei Neferate erstattet. aer erste Nedner, Geheimer Medizinalrat, Professor Dr. Tuczek (Marburg) stellte sih dabei die Aufgabe, die auf phystiologischem U pathologishem Gebtet liegenden Ausgangöpunkte der deutersuhung über die Wirkung des All'oholgenusses auf den Organiomub, ie Wechselbeziehungen zwischen All'oholgenuß und den körperlichen und geistigen Funktionen und deren Störung sowie die Rückwirkung des Ges-

nusses a die Produktivität materieller und ideeller Werte darzulegen. Ausgehend von den si widersprehenden Urteilen über den Nähr- und Genußwert geistiger Getränke, besprah er Stoffwechselversuche, die zeigen, daß dem Alkohol als Nahrungsmittel eine yraktishe Be- deutung nicht zukommt. Beim Alkohol als Genußmittel liegt die Gefahr darin, daß er Lustempfindungen selbst dann noch lebhaft auélöst, wenn Giftwirkungen {on zweifellos nahweisbar sind; solhe deckt die täglihe Beobachtung erst bei höheren Graden der Vergiftung, beim Rausch, auf, während sie der physio- logishe Versuch in den ersten Anfängen kennen lehrt. Der Nedner \fkizziert dann den Hirnmechanismus, der dem Umsaß von Wahrnehmung in Bewegung, dem Ablauf geistiger Vorgänge dient, und berichtete über die Bauptergebnisie der experimentell-physio- logishen Forschung, betreffend Wirkung des Alkohols auf die Muskeltätigkeit und die psychischen Elementarleistungen. Die Muskelkraft wird durch Alkohol nur kurze Zeit und unbedeutend gesteigert, dann dauernd herabgeseßt; die Auslösung der Bewegung (der Antrieb) wird erleichtert, während auf allen Gebieten der Seelen- tätigkeit selbst nach Alkoholgaben, die keinerlei Nauschwirkungen erkennen lassen und in weitesten Kreisen für unschädlich elten, eine Verlangsamung und Grshwerung der Leistung Fiiuflélen ist. Je höher die Alkoholgabe, je größer die persönlibe Empfindlichkeit gegen das Gift, desto rascher und stärker macht #ich überall die lähmende Wirkung geltend. Die Störungen durch den Alkohol wachsen mit der Schwierigkeit der geprüften Arbeit; dabei besteht überall subjektiv das Gefühl der Mehrarbeit, der Arbeitserleihterung, troß objektiv nachweisbarer Abnahme der Leistung. Geheimrat Tuczek besprah sodann die praktishe Bedeutung dieser Tatsaden für die Arbeits- leistung. Besonders wichtig sind die Feststellungen über die Nachwirkung des einmaligen und des an sich mäßigen täglihen Alkoholgenusses. Sie besteht in Ueberdauern der Leistungëabnahme aller geprüften geistigen Funktionen noch auf viele Stunden; je höher die Funktion , desto langsamer die Wiederherstellung der alten Leistungsfähigkeit. Bei Wechsel zwishen Alkoholtagen und alkoholfreien Lagen erstreck sich die Wirkung der ersten Alkoholperiode noch_ über die folgenden alkoholfreien Tage. Hiernach ift jeder, der täglih bei der Arbeit und in den Arbeitspausen eine bestimmte Menge Alkohol trinkt, in seiner Leistungsfähigkeit gefährdet. Diese Feststellungen geben den Schlüssel für das Verständnis der Dauerwirkung bei länger lortgeleutem Alkoholgenuß, zu der allmählihen Umwandlung im psychischen Ver- halten, die mehr und mehr in das Krankheitsbild des chronischen Alkoholismus hinüberführt. Das Experiment zwingt aber auch zu der Annahme, daß durch jede Wiederholung des Alkoholgenusses neue Veränderungen im Körpergewebe geseßt werden, daß diese sich addieren, und daß endlich diejenigen Wirkungen zutage treten, die der ganzen Summe aller hinterlassenen Veränderungen entsprehen. Der Redner wandte sih weiter gegen die Einsprüche, welhe gegen die Schlüssig- keit und die praktishe Verwertbarkeit der Forshungsergebnisse cr- hoben werden, und zeigte, daß diese in voller Uebereinstimmung mit der täglihen Beobachtung stehen. Jm Rausch finden wir alle Züge des Experiments in vergröbertem Maße wieder; die Beobachtungen des täglichen Lebens bestätigen für die praktishe Arbeit die Ergeb- nisse der Wissenschaft. Unter Alkoholwirkung leidet sowohl die körperliche als auch besonders die geistige Arbeit; bei der körper- lichen vor allem die Genauigkeit, die Ausdauer, die Gewandtheit, die Schnelligkeit; aber auch diejenigen Eigenschaften, die dem geistigen Anteil jeder, auch der Muskelarbeit angehören. Si U 10 höherem Grade maht sih die Shädigung geltend, je mehr geistige Elemente die Arbeitoleistung enthält. Der Alkohol \hädigt deshalb ganz besonders den Kopfarbeiter. Es wurden die Tatsachen der all- gemeinen Erfahrung, bei Aufgaben aus dem bürgerlichen Leben, die Erfahrungen über den Wochenaufbau der Arbeitsleistung sowie die über dite Marimalleistung bei Alkoholenthaltung in Heer und Marine, bei Forschungsreisen, Bergtouren, Sportleistungen, in den Tropen herangezogen. In Berufskreisen, die \ich vorwiegend geistig beschäftigen, gelte Enthaltung auch von mäßtgem Alkohol- genuß bei der Arbeit heute als selbstverständlich: allgemeine Uebereinstimmung bestehe auch darüber, daß wissenschaftliche und künstlerishe Leistungen unter dem Einfluß des Alkohols nicht ge- winnen, fondern leiden. Der Referent ging dann auf den chront\ch{en Alkoholismus ein mit seinen leistungsmindernden Wükungen in- folge des körperliden, intellektuellen, sittlichen Verfalls der Trinker, ihrer Krankheitsfälligkeit, ihrer erböhten Sterblichkeit, ihrer Wider- standslosigkeit gegen Schädlichkeiten - aller Art, besonders auch gegen Infektionskrankheiten (namentlich Tuberkulose), ihrer Unfallhäufigfkeit. Sodann wies er auf die Folgen der Keimshädigung dur akute und chronische Alkoholvergiftung hin, die verschiedenen Formen der Degeneration bei Trinkernahkommen : Leistungsabnahme durch Minder- wertigkeit, Kränklichkeit, erhöhte Sterblichkeit v. a. Die Beziehungen zwischen Trunksuht der Eltern und Trunksucht, Nhachitis, Still- unfähigkeit der Nahkommen wurden besprochen, desgleichen die besondere Gefährdung der Leistungsfähigkeit jugendlicher Arbeiter durch den Alkohol- genuß. Der Redner faßte seine Ausführungen in folgenden Sh lu ß- ergebnissen zusammen: Die Leistungsfähigkeit bei geistiger wie bei körperlicher Arbeit ist dauernd größer bet Enthaltung von Alkohol als bei Alkoholgenuß. Der durh alle Schichten der Bevölkerung verbrettete Alkoholismus mit seinen unmittelbaren und mittelbaren RNückwirkungen auf die Gesamtleistungsfähigkeit bedeutet für die Nation eine Minderung der produktiven Kräfte und eine Mehrung der unprodukttven Ausgaben. Dabei gibt es Cinzelfälle zulässigen ausnahmsweifen Alkoholgenusses. Es muß für jede wirtschaftliche Arbeit die Forderung der Enthaltung von alkobolishen Getränken bei der Arbeit und in den Arbeitspausen, ferner das Unterlassen eines regelmäßigen täglihen Genusses auch kleiner Mengen aufgestellt werden. Wo dies heute noch nit gelingen will, gilt Stehrs Wort: Die Prophylaxe des Alkoholbedürfnisses ist die Theravie des Alkoholismus. , E

Das zweite Referat erstattet der Oberstabsarzt, Professor Dr. Bischoff- Berlin. Er behandelt das Thema aus dem Gesichtépunkt der militärischen Leistungsfähigkeit und führte etwa aus, daß die körperlihen Leistungen, die von der Truppe gefordert werden, im allgemeinen nicht als einmalige Höchstleistungen zu be- zeichnen sind, sondern als Dauerleistungen bei gleichzeitig bober Kraftentfaltung. Daneben verlangen wir vom Soldaten ein hoh- entwideltes Pflichtgefühl als Grundlage straffer Disziplin. Die in- tellektuellen und ethishen Anforderungen sind heute höber als je. Die Untersuchungen über die Wirkung des Alkohols auf diese militärischen Anforderungen führen zu dem Ergebnis, daß der Alkoholmißbrauch die körperlichen wie die tintellektuellen Leistüngen beeinträchtigt und zu einer Gefahr sür die Aufrechterhaltung der Disziplin wird. Bon einem erheblichen chronishen Alkoholgenuß ist in unserer Armee im allgemeinen niht die Rede. Mehr als bei aktiven Truppen kommt er bei den aus dem Dienst Entlassenen und bet den zu den Uebungen eingezogenen Meservisten und Landwehrleuten vor. ¿Der durch Aufklärung in Wort und Schrift, durch Förderung von Ersat- genüssen (namentlich Soldatenheime mit ihren Ünterhaltungsabenden), überhaupt durch die ganze erziehlihe Einwirkung des Militär- dienstes geführte Kampf gegen die Ausschreitungen im Alkobol- genuß hat gute Früchte gezeitigt; dies geht u. a. daraus bervor, daß die Lazarettzugänge wegen Alkoholvergiftung dauernd zurückgegangen sind; so betrug in den Berichtsjahren 1905/06 und 1906/07 der Zu- gang 0,07 9/00 der Kopfstärke, gegen 0,29 bis 0,420/94 in den Jahren 1873 bis 1887. Wieweit eine bet kleinen Alkobolgaben anzu- nehmende Gaus militärischer Leistungsfähigkeit die Forderung völliger Abstinenz erediiat erscheinen läßt, is eine ofene Frage. Als erwiesen ist anzunehmen, daß die Enthaltsamkeit das Ertragen von Strapazen und Witterungsunbilden sowie die Widerstandskraft gegen Erkrankungen nicht beeinträchtigt, sondern eber fördert. Bei der großen Bedeutung der Pflege kamerad\{haftliden Verkehrs für die Erziehung der Rana wobei nicht ein Zwang walten, sondern

} nur ent Erholung geboten werden soll, ist es geboten, den berrs{enden Sitten | aud Entelt goardeitet bat ¿e prakt

und das Beispiel der niht Alkohol trinkenden Kameraden von großem Werte sein. Dagegen ist sehr zu begrüßen, daß der Alkohol aus der planmäßigen Friedens- und Kriegsverpflegung beseitigt ist. Die För- derung der Industrie alkoholfreier Getränke ist neben der erziehlichen Einwirkung auf die Jugend das beste Mittel, den Alkoholgenuß mehr und mehr einzushränken zum Wohle der Armee.

Der dritte Redner, Königliher Gewerbeinspektor Dr.-Ing- Denker-Düsseldorf, behandelte den Einfluß des Alkohols auf die Leistungsfähigkeit der gewerblihen Arbeiter in Verbindung mit der eng damit verknüpften Frage der Betriebs\sicherheit. Er führte das Material größtenteils an der Hand statistischer Tabellen vor und unterzog es einer eingehenden fritishen Untersuhung. Wenn dadur in einzelnen Fällen die Beweiskraft älterer Angaben, denen man in der Antialkoholliteratur stets wieder begegnet, in etwas erschüttert werden, so treten andrerseits n au neue Ziffern über Beeinflussung der Leistungs- fähigkeit und der Unfallgröße dur den Alkohol und über das siegreihe Vordringen der Ersaßgetränke zutage, die geeignet sind, der Nüchternheits- bewegung neue kräftige Stüßen zu bieten. Am bedeutsamsten ist hierbei die R einer fürzlih im „Archiv für exakte Wirt- saftsforschung“ veröffentlihten Untersuhung, welhe die dur Alkohol verursachten Schädigungen in zwingenden, keinerlei Doppel- deutung zulafsenden Ziffern darlegt. Der Referent wollte mit feinen Ausführungen anregen, daß die Forshungen über den Alkoholismus, wie das auf medizinishem Gebiet bereits der Fall ift, auh auf dem Gebiet des produktiven Wirtschaftslebens in weiteren Aufbau der von Stehr geschaffenen wissenshaftlihen Grundlage so vertieft werden, daß sie auch auf den jeßt noch zweifelnd zur Seite stehenden Teil der Arbeitgeber und Arbeitnehmer über- zeugend wirken müssen, zu Nuß und Frommen der deutshen Industrie.

Kunft und Wissenschaft.

Die Königliche Akademie der Wissenschaften hält anm Donnerstag, den 29. Juni, um 5 Uhr Nachmittags, in ihrem zeit- weiligen Stvüngsfaal, Potsdamer Straße 120, ibre statutenmäßige öffentlihe Sitzung zur Feier des Jahrestages ihres Stifters Leibntz. Der Eintritt steht auch ohne besondere Einladung frei.

Literatur.

Veröffentlihungen des Vereins für Geschichte der Mark Brandenburg. Leipzig, Verlag von Duncker und Humblot. 1911. Fürstentum und Stände in der Mark Branden - burg unter der Regierung Joachims 1. Von Walther SMhotte. 114 S. 320 Christoph Enyzelts Alt- märkische Chronik. Neu hérausgegeben von Hermann Bohm. 259 S. 6,80 4. Die Untersuhung von Walther Schotte verfolgt den Zweck, die Beurteilung, die die Regierung Ioachims 1. von Brandenburg im Zusammenhang der brandenburgishen Ver- fassungsgeshichte erfahren hat, auf Grund der archivalishen Doku- mente kritisch zu prüfen. Der Verfasser geht zunächst die rechtlichen Beziehungen zwischen Fürstentum und Ständen in jenem Zeitalter dur und kommt zu dem Schluß, daß das Gesamtergebnis an ständischen Nechten für die Zeit Joachims 1. sehr gering set. Unter seinem Vorgänger erworbene Privilegien sind zum Teil verloren gegangen, so das Recht, das Schuldenwesen und die Verpfändungspolitik zu beraten. Die landesherrliche Nehtsprehung hat sich nit im ständischen Sinne beschränken lassen, die Rezeptton des römischen Rechts kam der Aus- bildung eines nur durch gelehrte Räte des Fürsten beseßten Ge- richts zugute. Jn Anerkennung blieb auch durch Joachim L. allein das Steuerbewilligungsreht und die Verpflichtung des Kurfürsten, bei Erhebung auch der grundsäßlich zugestandenen Steuern den Rat der Stände zu berücksihtigen; aus diesem Privileg ergab sich auch eine Bindung des Landesherrn in seinem Recht über Krieg und Frieden. Nach dieser Darlegung der beider- seitigen Nehtsverhältnisse werden in besonderen Betrachtungen die politisch wichtigsten Punkte aus dem tatsächlihen Verhältnis zwischen Fürstentum und Ständen in dieser Zeit erörtert. Zunächst wird untersuht, wie ih die Oberstände, Adel und Prälaten, zu der wichtigsten innerpolitishen Aufgabe Joachims, der Befriedung des Landes gestellt haben. Der Verfasser gelangt zu dem Ergebnis, daß die zurzeit herrschende Vorstellung, es habe fich um Kämpfe des Kur- fürsten gegen den Adel seines Landes gehandelt, unkbaltbar sei. Es handelte sich nur um adlige Wegelagerer und Räuber, gegen die der Kurfürst zwar streng, aber ohne Parteilichkeit und Adelshaß vorging Den Friedebrüchen an sich lag kein politisches Motiv zugrunde, und die Friedebreher gehörten im allgemeinen nit zu den vornehmsten und mächtigsten Geshlechtern des Adels, vielmehr standen deren Mitglieder auf Seite des Kurfürsten und waren als setne treuen Näte und Diener das Werkzeug seiner Arbeit. Die Belege dafür werden in einem Erxkurs beigebraht. Von einem Ningen um die Macht zwischen Fürst un Ständen ist nichts zu spüren, fondern gerade ihr Zusammenarbeiten zum Woble des Landes erscheint dem Verfasser für die Negierung Joachims I. kennzeihnend. In der auswärtigen Politik vermied der Kurfürst na Möglichkeit die Heranziehung der Stände, und den Städten gegenüber nahm er, wie aus den einzelnen Städteordnungen, den wichtigsten Quellen, na&- gewiesen wird, fast eine absolute Stellung ein. Zum S{hluß werder: die Herrentage von 1503 aus dem Geheimen Staatëarchiv mitgeteilt. Christoph Entgelt it der erste Geschichts\creiber des Stammlandes, der Mark Brandenburg, und so wenig Anspruch auf Glaubwürdigkeit sein weits{ichtiges Buch auch erbeben dar so ist es doch von Wert für die Geschichte der Chbronisti Wie der lange Titel seines Chronicons vom Jahr 1579 zib unterfängt \fich der würdige Pfarrherr zu Osterburg, einerscit berihten, welche Völker die Altmark und die Nacbbarlände der Sintflut bewohnt baben, andererseits den Ursprung der Brandenburg und die später mit ihr eingetretenen Veränderungen dar zustellen; endliÞh Namen und Abkunft aller is Markgrafen bis auf seine Zeit zu verzeilnen. Diesen \ckchickt der Verfasser noh eine geograpbis{e Beschreik als Einleitung voraus und läßt ibnen als Anbang einc stellung der Landeshauptleute der Altmark folgen. Von Enße ist wenig bekannt. Na seiner Grabschrift wurde er 1517 in Thüringen geboren. Als Wittenberger uden immatrikuliert, nennt er sich mit Stol:

Melanchthons. Als in Tangermünde,

visitation der Altma1k begonnen batte

berief man Christoph Enrtzelt zu ibrem

jährigem Aufentbalt in Rathenow gi

Osterburg und starb bier 1583.

Katharina von der Gehren, die

Tangermünde stammte, gestorben.

Enyelt eine lateinishe Schrift De roe metallics

von der Naturwissenschaft der Geschichte zugeführt

nahweisen. Wie er ein cifriger Sammler

war, fo könnte man denken, daß ibn zunä die Zusau Stammbäumen, also cin genealogis{es Interesse der Quellen war er durMaus wabllos alles aus, was ibu Hermann Bobm zählt

daß bei den meisten Angaben

ist. Zu den ni&t medr vorbandene eine Chronik von Crewese Osterburg gegründet batten) {riften für die Ges@ichte altmärkishe Quellwerke. C verlorenen Schriften nit gedruckt, die sodste Ausgade neue Ausgabe bezweckt dio Textes, wodei zu boacdten

das Manuskept Entelts jedenfa

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gegenüber eine gewisse Freiheit walten zu lassen. Etwaigen Aus- | des Tertes bieten zadlrei®de Anmerkungen ein Rog! Cr 4 V h / 3 N j Q L 5 » 7 v 2h n Pg Sve % x »] schreitungen gegenüber wird die Verabreihung guter Ersaßgetränke | dient als Wogwoiser durch den buntsde&igen Ii

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