1911 / 147 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 24 Jun 1911 18:00:01 GMT) scan diff

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Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 94. Sißgung vom 23. Juni 1911, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Interpellation der Abgg. Ahrens (Klein-Flöthe) und Genossen, betreffend die Weiterverbreitung der Maul- und Klauenseuche durch die Abhaltung von Manövern.

Nach der Begründung der Interpellation durch den Abg. Dr. Busse (kons.) ergreift das Wort der

Minisler für Landwirtschaft, Domänen und Forsten

Freiherr von Schorlemer:

Meine Herren! Ih muß leider dem Herrn Vorredner darin reht geben, daß ein wesentliher Rücktgang der Maul- und Klauen- seuche au heute noch im allgemeinen nit zu verzeihnen ist, wenn- glei in cinzelnen Bezirken die Seuche erheblich nachgelassen hat und andere Bezirke schon jeßt als seuchenfrei zu bezeihnen sind.

Was nun die Verhreitung der Maul- und Klauenseuche dur Truppenmärsche und insbesondere durch Manöver angeht, so liefert die seitherige Statistik keinen strikten Beweis dafür, daß in einzelnen Fällen durch die Truppen die Maul- und Klauenseuche weiter ver- breitet worden ist. Es ist aber troßdem ohne weiteres zuzugeben, daß schon mit Rücksicht darauf, daß der Ansteckungsstof nach den gemachten Erfahrungen sehr oft durch Menschen übertragen wird, auch größere Truppenbewegungen in den Gebieten, in denen die Maul- und Klauenseuche herrscht, zur Weiterverbreitung dieser Seuche in erheblichem Maße beitragen können.

Als mir die Interpellation des Herrn Abgeordneten Ahrens vor- gelegt wurde, bin ich sofort mit dem Herrn Kriegsminister ins Be- nehmen getreten. Es haben Verhandlungen unserer Kommissare stattgefunden, und ich kann auf Grund dieser Verhandlungen folgende Mitteilungen machen. Es erscheint aus militäris&en, nahe liegenden Nücksichten autgeschlossen, wegen der Maul- und Klauenseuche die Manöver ganz ausfallen zu lassen. Es kann auch mit Rücksicht auf die inzwishen {on getroffenen weitgehenden Vorkehrungen cine wesentlihe Verschiebung des Manövergeländes kaum eintreten. Dagegen wird eine Reihe von Maßnahmen in Betracht gezogen werden, durch welche die Ansteckungëgefahr nachß Möglichkeit verringert werden soll. Hierzu gehört zunächst die Anordnung, daß der Trané- port der Truppen ins Manövergelände und aus diesem zurück möglichst durch die Eisenbahn erfolgen soll. Bisher ist die Infanterie {on regelmäßig mit der Eisenbahn transportiert worden: es wird nuntnebhr auch der Tranévort der Kavallerie und der Artillerie mittels der Eisenbahn in Ausficht genommen werden.

Sodann soll das Belegen von Seucßengehöften ganz und ebenso das Belegen von verseuchten Ortschaften, soweit es möglich ist, die Truppen anderweitig unterzubringen, ebenfalls unterbleiben. Zu diesem Zwecke soll auf ein vermehrtes Biwakieren der Truppen, soweit es die Witterungs- und örtliche Verhältnisse gestatten, hingewirkt werden.

Es werden ferner Kuh- und Schweineställe nicht mit Pferden belegt werden; man wird dafür forgen, daß die Pferde entweder in Scheunen oder in den vorhandenen Pferdeställen Unterkunft finden: soweit es möglich ist, sollen Pferde selbst im Freien untergebracht werden.

Ich gebe ja zu, daß diese leßtgenannte Maßnabme nit ver- hindern fann, daß die Manrschaften mit Personen in Berührung kommen, die von verseuchten Tieren den Ansteckungsstof aufgenommen haben. Da aber e Belehrung der Offiziere wie der Mannschaften über d

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1 onnotahr C+ s ed ord o 5 uchengefahr stattfinden und außerdem den

sagt werden wird, so wird auch! diese Maßnahme dazu beitragen, die Ansteckung8gefahr erbeblich berabzusetzer

Eine weitere Gefahr der Arsteckung quirierung von Gespannen aus Ortschaf in Beobachtungsbezirken liegen. Auch mieden werden, ebenso auch der Bezuc Stroh aus solchen Ortschaften.

Die landwirts{aftlide Verwaltung ministerium regelmäßig eine Uebersidht seuchten Bezirke vorlegen. auch in einige Auf diefer Karte k zirke, i väbrend Sir blaue (Fin

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Wahlrecht stimmen müssen, haben \sich auch hier wieder als in höchstem Maße unzuverlässig gezeigt, wo es sich um Volksrechte handelt. Sie hätten es in der Hand gehabt, das geheime Wahlrecht durchzudrücken ; aber es is ihnen ncht ernst mit ihren liberalen Forderungen. Wir werden aber draußen im Lande dafür sorgen, daß diese Unzuverlässigkeit bekannt wird. Bei den vorliegenden Anträgen werden wir für diejenigen stimmen, die eine größere Demokratie in den Mheinlanden herbeiführen wollen. Der nationalliberalen Resolution, die die allgemeine Beseitigung der Arreststrafe für Gemeindebeamte fordert, werden wir zustimmen; aber wenn die Nationalliberalen so energish für die Beseitigung der Arreststrafe eintreten, dann hätten fie die beste Gelegenheit gehabt, hier bei diesem Gesetz dem Paragraphen zuzustimmen, der die Arreststrafe aufhebt. Die fon- servative Nefolution, die eine Beseitigung der „von den beteiligten Bevölkerungskreisen mißliebig empfundenen vielfahen Mängel“ der rheinisljen Landgemeindeordnung fordert, iff nur aus taftischen Gründen gestellt worden. Diese Resolution bedeutet nihts. Ebenso- gut könnte die konfervative Partei cine folhe Resolution bezüglich

des preußischen Landtagswahlrechts beantragen. Wird der Antrag |

auf geheime Stimmabgabe angenommen, dann werden wir dem Geseßentwurfe zustimmen; nicht weil wir ibn dann für gut balten, sondern weil wir den größten Wert darauf legen, in dieser Beziehung einen Fortschritt zu erreichen.

Abg. von Gescher (kons.): Sie werden es nit von mir erwarten, daß ih bei der gegenwärtigen Geschäftslage die Ausführungen des Vorredners widerlege. Aber die Ausführungen des Vorredners baben mir die dankenswerte Veranlassung gegeben, für unscre Nesolution ein kurzes allgemeines Wort zu sagen. Wir denken gar nit daran, alle Anregungen, die in diesem Hause gegeben sind, wie z. B. die von fozialdemokratischer Seite, der Negierung als Material für eine Neform der rheinischen Landgemeindeordnung zu überweisen. Der wesentlihe Zweck des Gesetzentwurfs ist der, der Industrie eine bessere Stellung zu gewähren. Die berechtigte Stellung des Grund- besißes in den Gemeinden müssen wir allerdings aufrecht erhalten, wenn wir es auch als eine Forderung der Billigkeit ansehen, der Industrie entgegenzukommen. Von diesem Standpunkt werden wir bei der Stellungnahme zu den vorliegenden Anträgen ausgehen. Der größte Teil meiner Freunde wird auch für die nationalliberale Resolution auf Beseitigung der Arreststrafe stimmen. Der weiteren nationalliberalen Resolution, die die Verselbständigung des Gemeinde budgetrechts und die Hebung der Gemeindevorsteber fordert, können meine Freunde nicht zustimmen, da diese Resolution nur die Hebung der Stellung der Gemeindevorsteher in einzelnen Punkten fordert. Wir aber wollen die Stellung der Gemeindevorsteber wirkli erhöhen. Weiter halten wir auch eine geseßliche Negelung der Anstellung der rheinisWen Landbürgermeister und der westfälishen Landamtmänner für nötig. Wir wollen keines- vegs eine Wählbarkeit, wie sie von links gefordert wird:

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wobl aber sind wir“ der Meinung, daß die Stellung der

Bürgermeister und Amtmänner einer grundsätlihen Regelung bedarf.

Ob unsere Resolution, die eine allemeine Reform der rheinischen

Landgemeindeordnung fordert, angenommen wird, ist mir aller-

dings zweifelhaft nah den Erklärungen, die die Regierung. in

der zweiten Lesung abgegeben hat. Der Vertreter des Staats-

minifteriums sprach davon, daß die Negierung in eine näbere Prüfung

eintreten werde. Das ift doch aber etwas Selbstverständlibes, was

soll sonst die Negierung mit ciner Resolution des Hauses machen ?

Wir wollen aber hoffen, daß die Negierung zunächst Erhebungen

in der Rheinprovinz darüber anstellt, welWe Reformen dort dringend

gefordert werden. und dann einen Gesetzentwurf vorlegt.

Abg. Fleuster (Zentr): Durch die Bestimmung, daß bei der Fest-

seßung der Meistbegüterten die am Orte wohnenden den auswärtigen

eben sollen, bat die Kommission an der Vorlage eine Ver-

mg herbeigeführt. Ein Fortschritt ist auch die Aufhebung der

r die Unterbeamten und die Bestimmung, wonach § 6

emeindeordnung über die Vereinigung von Gemeinden verbessert

en foll. Wir baben unsere Antcäge der zweiten Lesung, soweit

ie nicht angenommen wurden, wiedetbolt, sie betreffen die anderweite

Regelung des Meistbegütertenrechts, die Bürgermeisterwahl, die geheime

Stimmabgabe und die Kontingentierung der obne Wahl zum Gemeinde-

A ürgermeistereiversammlung. Von den

deckt sih im großen und ganze!

n über die bei der Verleihung des

e Personen beranzuziebende Ein-

¿Falls der § 46 nicht nach unserem

n follte, baben wir bereits weitere

tische Personen das Erfordernis

chaftlihen Grundbesitzes aufgef

nträgen cine Einschränkun

fesamtzabl der juristishen Personen auf ein Sechstel der gewäh Gemeinde l } isber ein Viertel gefordert.

NResolutio ie von den Konservativen und Nationalliberalen

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{on erkennen wird. Wir haben uns unserseits darauf beschränkt,

die in der Praxis besonders hervorgetretenen Mängel hervorzuheben: wir wollen nicht, daß einfah der Hobel angeseßt und danach gearbeitet wird, fondern wir wollen, daß lediglih besondere Mängel, die sich da gezeigt haben, für wert erahtet werden, in der Resolution Aufz nahme zu finden.

Geheimer Oberregierunigsrat Dr. Freund: Die Erklärungen, die Sie von der Staatsregierung zu den einzelnen Anträgen erwarten werde ih der Kürze halber bei der Spezialberatung abgeben. h

Abg. Freiherr von Zedliy und Neukirch. (frkons.): Jch werde wirkli furz sein. Die Zentrumsanträge, die bereits in der zweiten Lesung abgelehnt und jeßt wieder, zum Teil in abges{chwächter Form, eingebraht worden sind, werden wir ab- lehnen. Was die Resolutionen anlangt, so empfiehlt es sich niht, dem nationalliberalcn Antrag in der von ihm beantragten spezialisierten Form zuzustimmen. Wir ziehen“ den konservativen An- trag vor. Ich möchte abec ganz besonders hervorheben, daß wir grundsäßlih an der Ernennung der Landbürgermeister festbalten. Wir bitten die Staatéëregierung, von ihtem Standpunkt nicht ab- zuweihen. Gewiß sind wir bereit, der Selbstverwaltung weitere Hechte einzuräumen, als sie jeßt hat, aber an der Ernennung der Landbürgermeister balten wir fest.

Abg. Dr. Eickhoff (fortshr. Volksp.) : Namens meiner Freunde habe ih zu erklären, daß wir diesem Geseße in der Cndabstimmung unsere Zustimmung geben werden. Von einer wirklihen Reform der rheinischen Landgemeindeordnung kann allerdings niht die Nede sein. Wir begrüßen aber in dieser Novelle insofern einen Fort- schritt, als nunmehr auch der Industrie, wenn auch nur ein kleiner Einfluß im Gemeinderat gewährt werden soll, der In- dustrie, die s{ließlich die größten Lasten zu tragen bat. Von einer wirflihen MNeform kann chon deshalb -nicht die Rede \ein, weil nach den Beschlüssen zweiter Lesung die Wabl der Mit- glieder des Gemeinderars nach wie vor eine öffentliche sein soll. Nur dur die geheime Wahl is auch in den Kommunen- wie im Staat und Neich die völlige Freiheit der Wahl gewährleistêt, und wir begrüßen es mit Genugtuung, daß das Zentrum \i{h unserem Ver- langen angeschlossen hat. Daß der Antrag, der die Wahl der Land- bürgermeister bezweckte, keine Mehrbeit in diefem Haufe gefunden bat, bedauern wir. Wir werden für den Antrag des Zentrums stimmen. Wir bedauern ferner, daß die nationalliberale Partei ih in dritter Lesung auf eine Resolution zugunsten der Aufhebung der Arreststrafen für die Unterbeamten gestellt hat. Wir werden natürli dieser Resolution zustimmen, da sie einen Wuns enthält, den wir wiederholt ausgesprochen haben. Einverstanden sind wir mit der Resolution Gottschalk - die eine größere Selbständigkeit der Gemeinden bezweckt und die Stellung der Gemeindevorsteher beben will. Nach unserer Meinung bedarf nicht nur die Bürgermeister- versammlung, sondern auch'der Gemeinderat einer Geschäft8ordnung, die die Verhandlungen“ erlte:chtert. ‘Die industriefeindlihen Anträge des Zentrums lehnen wir ab. Wir hoffen namentli, daß der Antrag, der die Vertretung der Industrie von ein Viertel auf ein Sechstel reduzieren will, im Hause keine Zustimmung finden wird, und ih bin ganz erstaunt, daß der Vertreter der Sozialdemokratie sich für diesen Antrag erklärt hat. Ich kann ‘nur- annehmen, daß er es deshalb getan bat, weil er die rbeinis{en Verbältnisse nicht kennt. Durch diesen Antrag wird tatsächlich der bescheidene Einfluß, -den die Ne- gierungsvorlage der Industrie ‘gewähren will, wieder beseitigt. Jm großen und ganzen entbält“ dieser Gesetzentwurf nur Flickwerk, mir werden aber für ihn stimmen, weil er der Industrie einen gewissen Einfluß gewährt.

Abg. Leinert (Soz.):- Wenn der Abg. Gottschalk gesagt hat, wir mit unserem Votum für die Resolution der Konservativen der Negierung Vertrauen entgegenbringen, fo - befindet er fich im Jrrtum. Wenn er dann weiter gesagt hat : wir Nationalliberalen steuern auf das Ziel Aos, das uns die Negierung gesteckt hat, und beachten niht dasjenige, was uns am Wege gezeigt wird so ist das auch nicht richtig; ‘die Nationalliberalen beben wohl auf, was am Wege liegt, aber nur, was in ihren Parteikram paßt. Deshalb haben fie au den Antrag über- die Arreststrafen auf- genommen, weil sie die Stimmen der Unterbeamten bei den Wahlen nicht verlieren! wollen. Der Abg. Eickhoff bat gemeint, daß wir nit in liberalem Sinne handelten, wenn wir für den Zentrums- antrag binsihtlich- der Vertretung der Industrie mit einem Sechstel stimmten. Uns ist - es vollständig gleichgültig, ob das Kapital in industrieller Form auftritt, die Hauptsache ist für uns, daß wir diesen Einfluß der privilegierten Kapitalisten herabdrücken, er _das geschieht, wenn wir nur den sechsten Teil der Vertreter zulassen.

Abg. Eickhoff (foris{r. Volksp.): Ih möchte dem Vorredner nur bemerken, daß ih von einer Verstärkung des libéralen Ein- flusses in meiner Rede mit keiner Silbe gesprochen habe.

Abg. Leinert (Soz.): Ich habe dies angenommen, weil er es mir per)önlih gesagt hat. Hätte ih gewußt, daß er es öffentlich nicht gesagt hat, so würde ih diese Mitteilung natürli nicht vorgebracht aben.

Damit schließt die Generaldisfkussion.

Jn der zweiten Lesung hat der §8 6 der geltenden Ge- meindeordnung auf Antrag des Abg. Dr. Bell (Zentr.) eine Abänderung durch eine Reihe von Bestimmungen erhalten, wonach) behufs Beseitigung der sogenannten Zwergbildungen die Zusammenlegung von Landgemeinden untereinander oder von Gutsbezirken mit Landgemeinden durch Königliche Ge- nehmigung vorgesehen ist. Das mangelnde Einverständnis der Veteiligten kann durch den Kreisausschuß erseßt werden; gegen

ie Entscheidung des Kreisausschusses wird die Beschwerde an

Bezirksaus\{huß und weiter an den Provinzialrat zugelassen.

Der Abg. Dr. Bell (Zentr.) beantragt nunmehr, diese

zestimmung wieder dahin zu ändern, daß die Bestimmungen | ie Beschwerdeinstagnzen gestrichen werden, sowie ferner

Bestimmung, daß den bisherigen Einzelgemeinden eine Ver- tretung im (Gemeinderat der neuen Geméinde zu sichern ist.

__ Ein Regierungskommissar: Die Staatsregierung hat bereiks in der zweiten Lesung erklärt, daß sie diesem Autrage im wesentlichen zustimmend gegenübersteht.

S 6 mird in der Form der neuen Anträge des Abg. Bell angenommen.

Zu S 46, der Bestimmungen über die sogenannten ge- borenen Gemeindevertreter, die Rechte der Meistbegüterten, der industriellen Gesellshaften und des Fiskus enthält, hat der Abg. Dr. Bell (Zentr.) seine in der zweiten Lesung abgelehnten An- träge wieder eingebracht. Danach sollen die außerhalb wohnenden meistbegüterten Grundeigentümer nicht überhaupt Vertreter stellen können, sondern- 1ch nur durch Pächter, Verwalter oder Söhne, die innerhalb der Gemeinde berechtigten Grundbe}16 dauernd in Pacht oder Verwaltung haben, vertreten lassen fónnen. Das Gemeindevertreterrecht der juristishen Personen (der ZFndustriegesellshaften) und des Fiskus foll ganz gestrichen werden, dafür sollen die Haus- und Grundbesigzer, die seit zehn Jahren in der (Gemeinde wohnen und seit 5 Jahren mit 10 Grund- und (Gebäudestener veranlagt sind, das Ge- meindevertreterrecht erhalten. i

Die Zahl der meistbegüterten Grundeigentümer darf nah dem Beschluß der zweiten Lesung die Hälfte, die Zahl der Vertreter der juristishen Personen und des Fiskus ein Viertel der acmáhlien Verordneten niht überschreiten. Der Abg. Dr. Bell beantragt, statt „ein Viertel“ „ein Sechstel“ zu sagen und hinzuzufügen, daß sh die Reihenfolge der leb! jenannten Vertreter nah der Höhe der Gesamtgrund- und (Gebäudesteuer bestimmt.

Für den Fall der Ablehnung dieser seiner Anträge

antragt der Abg. Bell (Zettr.), daß die juristischen Personen zu mindestens 32 /6 Grundsteuer von Grundbesiß im Gemeinde- bezirk veranlagt sein müssen und daß der Fiskus im Gemeinde- bezirk Grundstüce in bestimmtem Umfange besitzen muß:

Der Staatsfiskus soll nah den Beschlüssen der zweiten Lesung das Geméindevertreterrecht nur haben, wenn er zu den direkten Gemeindesteuern mit einem höheren Betrage heran- gezogen wird als der höchstbesteuerte Gemeindeangehörige an dirs S und Gemeindesteuern, beide zusammengerechnet, entrichtet.

Der Abg. Dr. Bell (Zentr.) beantragt die Einschaltung: Hierbei sind die direkten Staatssteuern nur zu demjenigen Be- trage zu berücksihtigen, der sih bei der Veranlagung nach dem in der Gemeinde steuerpflichtigen Einkommen ergibt.

Ferner stellt der Abg. Dr. Bell (Zentr.) auch den Eventual- antrag, das Wort „Viertel“ durch „Sechstel“ zu erseßen.

Der Abg. Dr. Gottschalk (nl.) beantragt, daß bei der Be- stimmung oder Vorausseßung einer gewissen Steuerleistung für die juristischen Personen die direkten Staatssteuern zu dem Betrage zu berücksichtigen sind, der ih bei der Veranlagung nah dem in der Gemeinde steuerpflihtigen Gesamteinkommen ergeben würde.

Geheimer Oberregierungsrat Dr. Freund: Die Negierung würde den Grundgedanken dieses Antrages Gottschalk für disfutierbar erachten. Der Antrag ist aber technisch nit durchfübrbar. Jch möchte also bitten, diesen Antrag abzulehnen, ebenso den Antrag Bell, der sich auf die Veranlagung des Staatsfiskus bezieht.

Jn der Abstimmung wird der Prinzipalantrag des Zentrums gegen die Stimmen des Zentrums und der Polen abgelehnt, desgleichen die Eventualanträge derselben Fraktionen.

S 46 wird nach den Beschlüssen zweiter Lesung unverändert angenommen.

Jm § 55 hat die zweite Lesung in Uebereinstimmung mit dem Herrenhause beschlossen, daß die Wahlen durch mündliche Stimmabgabe zu Protokoll erfolgen.

Die Abgg. Aronsohn (fortshr. Volksp.) und Gen. be- antragen die Stimmabgabe mittels verdeckter Stimmzettel, und zwar nach den für das Reichstagswahlrecht geltende Vor: schriften.

Dasselbe beantragen die Abgg. Dr. Bell (Zentr.) und (Gen.

J 99 wird unter Ablehnung dieses Antrags unverändert in der Fassung der zweiten Lesung angenommen. Das Resultat tann erst nah Probe und Gegenprobe und abermaliger Probe festgestellt werden und ergibt eine sehr gerinae Mehrheit gegen den Antrag, für den Zentrum, Volkspartei, Polen und Sozial- demokraten stimmen. Die Verkündigung des Resultats wird von der Linken mit lauten Rufen des Unwillens und des Zweifels begleitet.

Für den § 83 der geltenden Gemeindeordnung hat die zweite Lesung die Aufhebung der Arreststrafe für die Unter- beamten beschlossen. |

Die Abga. Dr. Gottschalk- Solingen (nl.) u. Gen. be- antragen, diese Aenderung wieder zu streichen und dafür folgende Resolution zu beschließen: „die Regierung wiederholt zu ersuchen, spätestèns in der nächsten Session cinen Geseßz- entwurf vorzulegen, durch den die Arreststrafen gegen alle unteren Beamten im ganzen Umfange der Monarchie auf- gehoben werden.

Ferner liegt eine {on am 2. Februar eingebrachte Re- \olution der Abgg. Eckert (frkons.) u. Gen. wegen Aufhebung der Arreststrafen gegen untere Beamte sowie eine Petition des Bundes der deutschen Militäranwärter, die den gleichen Wunsch enthält, vor. Die Petitionskommission beantragt, diese Petition der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen.

Unterstaats\ekretär, Wükliber Geheimer Oberregterungsrat Holtz erhebt Bedenken gegen die allgemeine Aufhebung der Arreststrafen es würde große Schwierigkeiten machen, wenn bi dieser Gelegenheit die Aufhebung beschlossen würde, dagegen sei die Negterung bereit, die Frage zu prüfen, ob die Arreststrafe auch für die militärisch organitierten Beamten abgeschafft werden könne.

Abg. Frit \ch{ (ul.) spridßt ih entschieden für die Beseitigung r Arrest\trafe aus.

__ Abg. Eckert (frkons.) tritt gleihfalls für die Aufhebung der Arrest- trafe ein und drückt seine Freude über die Erklärung der Negterung

1s, daß die Frage geprüft werden solle, ob die Arreststrafe au für die militärif{ch organisierten Beamten, also die Feuerwehr und die Schußmannschaft, aufgehoben werden- könne. Die Negierung habe si isher darauf berufen, daß beim Militär die Arreststrafe nicht als Sdrenstirafe ange?ehen werde; nun stelle man sich aber einmal vor, daz ein alter Polizeiwachtmeister, der verhgiratet sei und Kinder )abe, Pon in Arrest gehen müsse. Seine Ehre sei dadurch total adge]cyn1tten. : __ Abg. Kovs\ch (fortshr. Volksp.): Die Geschichte dieser Frage bietet ein typi\hes Beispiel dafür, wie die Staatsregierung und die Be- hörden Beschlüsse des Hauses, auch wenn sie fast einstimmig ge- sat wordén find, glauben bebandeln zu können. Obwohl \echsmal das Haus êinèn’ Beschluß auf Beseitigung gefaßt hat, ist nicht die Spur eines Entgegenfkommens bei der Negterung zu bemerken; der Unterstaats}ekretär erklärt es im Gegenteil für unmöglih für die Negterung, den Wünschen des Hauses entgegenzukommen. Der vor- hrige Bericht der Petitionskommission ergibt, daß eine Neibe von Nessorts solche Arreststrafen nicht mehr verhängen. Wenn die Auf- rechterhaltung der Arreststrafen notwendig sein soll zur Aufrecht- erhaltung der Disziplin, fo müßte dies doch besonders auf das Eisenbahn- tessort zutreffen ; dieses aber verhänge schon lange feine Arreststrafen mehr. Diesmal hat in der Petitionskommijsion nicht der Ministerpräsident, \ondern ein MNeaierungsassessor vom Ministerium des Innern die Regierung vertreten, und das arme Wurm kann ja nit anders, als die Meinung seines Chefs vortragen. Wir hören, daß die Arreststrafen un Bereich des Ministeriums des Innern als Disztiplinarstrafen «l den militärisch organisierten Beamtenkörpern nicht entbehrt (erden fönnen. Wie stimmt das zusammen mit dem Vorschlag der Fablrechtsvorlage, wonach die Schußleute, die Gendarmen usw. als Nulturträger ein Vorrecht vor dem gemeinen Urwähler haben sollten? At sinnt man uns an, unseren Beschluß zweiter Lesung, der in “1068 verroltete Unrecht Bresche legen wollte, wieder aufzuheben und uns mit einer Nefolution zu begnügen. Das machen wir nicht mit; vir werden an dem Beschluß zweiter Lesung festhalten.

Darauf wird ein Schlußantrag angenommen.

Abg. Bart scher (Zentr.) erklärt zur Geschäft8ordnung sein Be- auern, durch den Schluß der Diskussion verhindert worden zu sein, vIe Stellung des Zentrums in dieser Frage nohmals in aller Kürze j Vräzisieren, und beantragt bet dem Werte, den die Partei auf Muna lege, namentlihe Abstimmung über den Beschluß zweiter „„ Abg. Dr, Liebknecht (Soz); Daß man gerade dem Vertreter ¿ Sozialdemokratie das Wort absPneidet, beweist nicht nur, daß qm Dell, also- au fein Interesse für diese wichtige Frage bei der &edrbeit vorhanden ist, sondern auch, daß man Angst davor hat, Bette Sozialdemokratie ih dur) energl\{es Gintreten für die dèr United dieses S!lickes miktelalterlihen Preuszons die Sympathien er nterbeamten noch mehr erwlrbt, als sle sle hon besiut.

M on namen tlicher Absllmmmg wird dor Beschluß zweiter ing mit 132 gegen 110 Sllmmon abgelehnt; ein Mitglied

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enthält sich der Abstimmung. Die Resolution Gottschalk wird

hierauf gegen Zentrum und Polen angenommen, ebenso die Resolution Eckert. Auch der Antrag der Petitionskommission gelangt zur Annahme. j

Die Abgg. Dr. Bell (Zentr.) u. Gen. haben ihren An: trag wieder eingebracht, im S 1083 der geltenden Gemeinde- ordnung die Wahl der Bürgermeister dur die Bürgermeisterei- versammlung vorzuschreiben. «

Abg. Hoeveler (Zentr.) tritt kurz für diesen Antrag ein

und beantragt darüber namentliche Abstimmung.

Nachdem der Unterstaatssekretär H ol das Haus ersucht hat, den Antrag áus detiselben Gründen, die bereits in der zweiten Lesung vom Regierungstish angeführt worden seien, ab- zulehnen, wird zur namentlichen Abstimmung geschritten.

Die Abstimmung ergibt die Anwesenheit von nur 176 Mit- gliedern; das Haus ist also nicht beschlußfähig, die Verhandlung muß abgebrochen werden. .

Präsident von Kröcher beraumt die nächste Sizung an auf Montag 1 Uhr. Die Tagesordnung wird den Mitgliedern mitgeteilt werden. (Schluß 5 Uhr.)

Statistik und Volkswirtschaft.

ECin- und Ausfuhr von Zucker vom 11. bis 20. Funi 1911 und im Betriebsjahr 1910/11, beginnend mit 1. September.

Gattung des Zuckers

Verbrauhszucker, raffinierter und dem raffinierten glet gestellter E O A N E s UTSDHUNEG (O s a ots DADOHS e TEDeCTUNGSVErTehT, e ee

RNRübenzucker : NULLLEE (granulierter), (auch Sandzucker)

(176 b ; E

davon Veredelungsverkehr . .,..., Platten-, Sig und Würfelzucker (176 c) CEIGDIENCE Me (11G h davon Veredelungsverkehr . .. Stückèen- und Krümelzucker eo e) davon Veredelungsverkehr . . gemahlene Raffinade (176 f) .. davon Veredelungsyverkehr DLOBUTC (10) 4 4 Farin (176 h) a S e davon Verédelungsverkehr R O N davon Beredelungsverkehr anderer E D) R 2 Rohrzucker, roher, fester und flüssiger (176k) . NRübenzucker, roher, fester und flüssiger (1761) . DODEN ete DeLUNOSDereE e, anderer fester und flüssiger Zucker (flüssige Naffinade eins{lteßlih des Invertzuckersirups usw.) (176m)... ... L DaVOoNn. BetedaluUngsvertehr. 0 7 Füllmassen und Zukerabläufe (Sirup, Melasse), Melafsekraft- futter; Nübensaft, R O E e DODPI L CTCDELITUSDeT E e ee oe Zuckerhaltige Waren unter steueramtlicher Aufsicht: Gesamtgewiht . .. E N dl and et

Menge des darin enthaltenen Zudckers . L o E Berlin, den 24. Juni 1911.

Einfuhr Ausfuhr

im Speztalhandel im Spezialhandel l. Sept. | 1. Sept. 1. Sept. | 1. Sept. 1910 | 1909 11. bis 1910 1909

L114 Pt : s bis | bis bis bis

O 1910 1911 1910

| | |

20. Juni | 90. Juni | 20. Juni | 20. Juni | 99, uni | 20. Juni | |

dz rein dz rein

13 633 } 137 863 | 4084757 | 352925 S D | : 2 8 1141

90 | 112 |

465 30 595 4 605 726 | 2900 121

1 086 2 G 26 008 2 442 | 4568 133 22 475

1

14 728 13 646

Kaiserlihes Statistisbes Amt. van der Borght.

Handel und Gewerbe.

(Aus den im Neichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel und Industrie “.)

Frankrei ch.

Zolltarifänderung. Laut Gesetzes vom 7. Juni 1911 wird die Tabelle A zum Gesetze vom 11. Januar 1892, betreffend den allgemeinen Zolltarif, wie folgt ergänzt:

General- Mindest- tarif tarif für 100 kg Franken

Nummer Bezeichnung

292 bis Nikotin und nit alkobolhaltige Lö- sungen von Nikotin; Nikotinsalze und nicht alkoholhaltige Lösungen von Ni- Tot (Ier t 0 «0,50 0.95.

(1) Die Verwaltung kann, abweichend von den Bestimmungen in Nr. 109 des Zolltarifs, unter Bedingungen, die geeignet sind, Mißbräuchen vorzubeugen, durch Verordnung gestatten, daß Tabak- brübe (jus ou sauces de tabac) zu den dur den gegenwärtigen Artikel festgeseßten Zöllen eingeführt wird.

Die Einfuhr von Tabakbrühe (jus ou sauces de tabac), von Nikotin, von Nikatinsalzen sowie von ihren Lösungen für Rechnung der Monopolverwaltung wird gestattet unter Besreiung von jede Einfuhrabgabe. (Journal officiel de la République Francaize.

Zolltarifierung von Waren, Eine Bekanntmatun Generalzolldirektion im „Journal ofticiel de la République Fran caise“ vom 7. Suni 1911, &. 4446 bis 4452, entbält weitere En scheidungen über die Tarifierung einer Reibe von Waren, über deren Zollbehandlung weoer im Zolltarif selbs no% in den Notes expl catives und im Répertoire fgénéral Bejtimmung f | U. a. ist darin bestimmt worden, daß Eisschränke aus gewöbn lihem Holze, innen mit Zink oder Eisen- oder Stablblech au2gestatt wie Hauswirtschaftsgeräte (Tarifnr. 569) bebandelt werden folle Die vernicelten Teile, sofern ibr Gewicht 5. v. H. des Gesamtgen übersteigt, werden besonders verzollt.

Ferner sind die Zollämter ermächtigt, bei Lokomotiven getriebenen oder ohne S@Gwetiknabt bergestell [chmtedeceisernen oder stäbhlernen Röbren in solchen # wo kein Verdacht des Mißbraucs vorlieat, das angemeldete Gez der Verzollung zugrunde zu legen, wenn eine Einzelaufitellung gelegt wird, wotin das Gewicht und die Abmefsungen der Röd jowie die Stellen angegeben sind, wo sie in den Apparaten

bracht sind.

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Portugal und Jtalien.

Vorläufiges Handels8abkommen wisPen beiden Ländern. Zwischen dem portugiesis@en Minister der autwärtize Angelegenheiten und dem italienischen Gesandten în abon Notenaustausch vom 9. Mai d. J. vereinbart worden daß dis Ab!chluß eines Handelsvertrags zwischen Jtalien und Portugal deide Länder fi hinsichtlich der Ein- und Nusfubrzolle. des Zolirer adrons der Umladung und der Audübung von Handel und S@ifadet im allgemeinen die Behandlung als meistdegünstigzgte Nation wide: Aus den Bestimmungen des Abkommens kann indes in Rodt au! die Sondervergünstigungen abgeleitet werden 0 Spanien wnd Brasillen von Pcrtugal eingeräumt sind oder inger Sumt werder möchten, auch nicht auf die Vergünstigungen, welde Portags) wi Jtalien den angrenzenden Staaten eingeräumt baden odor ntt räumen werden in der Absicbt, den Grenwerkedr zu Jtalienishe Weine sollen in Portugal und portuale t Jkallen den in beiden Ländern bestehenden sten Zoll ge lgen, Audgonommen sind indes Marsalawein

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Wermut, die Weine und L Platze komm den anliegenden Bürgermeister (syndi

ist. Anderseits sollen Italien die ermäßigten - einem anderen Orte fommer (Gegend des Douro

gewonnen ist und

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