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Bevollmächtigten (§ 21), über die Genehmigung der vom Vorstande zu deriesonten Bas der Prokuristen und Handlungsbevoll- mächtigten (§ 22), über die mit ihnen einzugehenden Verträge und die ihnen zu erteilenden Vollmachten, dedgleumen über die Ge|chäfts- ordnung des Vorstandes, die von demselben vorzushlagenden Ver- waltungsgrundsäge bezüglih des ganzen Unternehmens und die den Handlungsbevollmächtigten in den überseeischen Niederlassungen zu erteilenden allgemeinen Vorschriften ;
4) über die Wahl der Bankverbindungen und den Abschluß von Verträgen, durch welche dauernde Rechte ober Verpflichtungen be- ründet werden; q 5) über die G nserderungen E Einzahlungen auf die Anteile bis zur Vollzahlung (§ 7, 4):
6) über Anträge an die Hauptversammlung, betreffend die Aus- gabe weiterer Anteilsheine nah aas der Vorschriften des § 8;
7) über die Grundsäße für die Aufstellung der Jahresbilanz so- wie deren Vorlegung an die Hauptversammlung und über die Vor- {läge bezüglih der Verwendung und Verteilung von Ueberschüfssen ;
8) über andere Vorlagen an die tung
9) über die Kraftloserklärung von Anteilscheinen (§ 7, Abs. 2);
10) A a Erwerb, die Belastung und Veräußerung von Ge-
äftsgrundstüen ;
s O über die Anlegung und endung des Reservefonds (§ 18).
Ueber die Verhandlungen und Beschlüsse des Verwaltungsrats {ft ein von dem Vorsißenden und mindestens einem zweiten Mitglied zu unterzeihnendes Protokoll zu führen. G De Hauptversammlung.
8 33. Die Hauptversammlung vertritt die Gesamtheit der Gesellschafts- mitglieder. Ihre Beschlüsse und Wahlen sind für alle Mitglieder verbindlich. Lad
Die Hauptversammlungen werden in Berlin abgehalten. - Sie werden von dem Verwaltungsrat oder von dem Vorsißenden desselben oder von dem Vorstande berufen. Die Einladung zur Hauptversamm- lung ge\hieht durch einmalige Einrückung in den „Deutschen Reichs- anzeiger“ und die etwaigen Gesellshaftsblätter (§ 6) unter Angabe der zu verhandelnden Gegenstände wenigstens 17 Tage vor dem anberaumten Tage. In diesen 17 Tagen sind die Tage der Ginladung und Haupt- versammlung einbegriffen. Jedes Mitglied, das einen Anteils\cein bei der Gesellschaft hinterlegt, oder im Anteilsbuche eingetragen steht, kann verlangen, daß ihm die Berufung der Hauptversammlung und die Tagesordnung, sobald deren öôffentlihe Bekanntmachung erfolgt, durch A CaeBriebeicón Brief besonders mitgeteilt werden. Die gleiche i blGA n Ie über die in der Hauptversammlung efaßten Beschlüsse verlangen. i 0e) Mi Mitglied kann, soweit nit geseßlihe Vertretung oder Ver- tretung durch einen Handlungsbevollmächtigten oder die Vertretung von Chefrauen durch ihre Chemänner und von Witwen durch ihre großjährigen Söhne in Frage kommt, nur durch ein anderes an der
ite tauttita teilnehmendes Mitglied vertreten werden. Die Vollmacht bedarf der sriftlichen Form. Sie ist spätestens am Tage vor der Hauptversammlung dem Vorstande zur Prüfung vorzulegen, welher eine amtlihe oder fonst ihm genügende Beglaubigung der Unterschrift zu verlangen berechtigt a :
S 35, : :
In der Hauptversammlung berechtigt jeder Anteil zu einer Stimme. \ S
Nach Vollzahlung der Anteile können nur folche Mitglieder in der Hauptversammlung das Stimmrecht ausüben, deren Anteile auf den Namen umgeschrieben und in die Stammbücher der Gesellschaft eingetragen sind (§ 12) oder welche ihre auf den Inhaber lautenden Anteile wenigstens fünf Tage vor dem Tage der Hauptversammlung bei dem Vorstande oder bei denjenigen Stellen, welche in der Bekannt- machung (S 34, Abs. 1) bezeichnet worden sind, gegen Bescheinigung hinterlegt haben und sie bis zur Beendigung der Hauptversammlung daselbst belassen.
8 36.
Den Vorsitz in der Hauptversammlung führt der Vorsitzende des Verwaltungsrats oder, im Falle seiner Verhinderung, sein Stell- vertreter oder, wenn auch dieser verhindert ift, ein anderes der an- wesenden Mitglieder des Verwaltungsrats, von denen immer das an Jahren älteste Mitglied vor den übrigen das Vorreht hat. Der Vorsitzende leitet die Verhandlungen, bestimmt die Reihenfolge der Gegenstände der Tagesordnung und ernennt die Stimmzähler.
Ueber Gegenstände, welhe nicht auf die Tagesordnung gesetzt worden sind, können Beschlüsse nicht gefaßt werden ; hiervon Io der Beschluß über den in einer Saupiverlammluig gestellten Antrag auf Berufung einer außerordentlichen Hauptversammlung ausgenommen.
Mitglieder, welche in der Hauptversammlung zusammen mindestens den zehnten Teil des Gesamtbetrages der Stimmen zu führen be- rechtigt sind, können in einer von ibnen unterzeihneten Eingabe ver- langen, daß Gegenstände, die zur Zuständigkeit der Hauptverfammlung gehören, zur Beschlußfassung angekündigt werden. Diese Gegenstände find auf die Tagesordnung der nächsten Hauptvecsammlung zu seten.
Wird das Verlangen nach erfolgter Einberufung der Haupt- versammlung gestellt, so müssen solhe Anträge auf Erweiterung der Tagesordnung mindestens eine Woche vor dem Versammlungstage bei dem Vorstand eingereicht sein. Sie sind alêdann nahträglich auf die Tagesordnung der anberaumten Hauptversammlung zu setzen, und es ist dies mindestens vier Tage vor dem Versammlungstage bekannt- zumachen.
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In jedem Jahre findet eine ordentliche Hauptversammlung vor Ablauf des Monats Juni statt. Eine außerordentliche Hauptverfamm- lung wird berufen, fo oft es im Interesse der Gesellschaft erforderlich ersheint, und außerdem: |
1) wenn von einer Hauptversammlung ein dahingehender Beschluß gefaßt ist (§ 36 Abs. 2): : l i d
2) wenn Mitglieder, welhe zusammen wenigstens ein Zwanzigstel des Gesamtbetrages der jeweilig ausgegebenen Anteile besißen, die Einberufung fordern und dem Vorstand zur Vorlage an die Haupt- versammlung einen \criftlihen Antrag einreichen, dessen Gegenstand innerhalb der Zuständigkeit der Hauptversammlung liegt ; L
3) wenn über die Auflösung der Gesellshaft oder deren Ver- \{chmelzung mit einer anderen Gesellshaft oder die Umwandlung ihrer rechtlihen Form zu bes{hließen ist.
8 38. In der ordertlihen Hauptversammlung (§ 37) werden der Ge- shäftsbericht des Vorstandes und die Bemerkungen des Verwaltungs- rats über den Abschluß des abgelaufenen Re nungsjahres zur Er- örterung gebracht und wird über die Genehmigung des Haupt- abs{lusses und über die hieran si knüpfenden Vorschläge (SS 16 und 17) Beschluß gefaßt. Sodann werden die fälligen Wahlen (S 24, Abs. 2) vollzogen. i Die Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung mit dem Ge- \häftsberichte des Vorstandes und den Bemerkungen des Verwaltungs- raíis müssen während zwet Wochen vor der Versammlung in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zur Einsicht eines jeden Ant-ilseigners ausgelegt sein. L i : : : Die Hauptversammlung ist berechtigt, wenn die Bilanz nicht sogleih genehmigt wird, einen TRNION zur Nachprüfung zu ernennen. I
Die Hauptversammlung beschließt ferner über Abänderungen und Ergänzungen der Satzungen einschließlich der Erhöhung und Herab- seßung des Grundkapitals. , A
Außerdem steht der ordentliben Hauptversammlung der Beschluß über jede Vorlage zu, welche nicht nach § 37, Ziffer 3 der außer- ordentslihen Hauptversammlung Eeriiesen ift.
Beschlüsse über einen der im § 37, Ziffer 3 bezeihneten Gegen- stände sowie über eine Herabseßung des Grundfapitals find nur gültig, wenn wenigstens drei Viertel der jeweilig ausgegebenen Anteile în der Versammlung vertreten find. Ist dies nicht der Fall, so kann zu
leihem Zwecke innerhalb der nähsten sechs Wochen abermals eine Zu e Bllihe, Hauptversammlung berufen werden, in welher gülti Beschluß gefaßt werden kann, auth wenn weniger als drei Vierte der ausgegebenen Anteile vertreten find.
ur Gültigkeit der Beschlüsse über einen der im § 37, Ziffer 3 bezeihneten Gegenstände ift erforderlih, daß sie mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der in der Versammlun vertretenen Stimmen angenommen werden. Dasselbe gilt von Beschlüssen über Abänderungen und Ergänzungen der Sagzungen eins{ließlich der Er- höhung und Herabsezung des Grundkapitals. «
Vorbehaltlich dieser Bestimmung werden die Beschlüsse der Haupt- versammlung mit einfaher Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Gleichheit der Stimmen gilt der Antrag als abgelehnt.
Die Wahlen finden, falls gegen einen anderen vorgeshlagenen Abstimmungsmodus Widerspru erhoben wird, durch bgabe von Stimmzetteln nah absoluter Stimmenmehrheit statt. Ist diese in der ersten Abstimmung nicht erreicht, so findet eine Stichwahl zwischen den beiden Mitgliedern statt, welhe die meisten Stimmen erhalten haben. Bei Stimmengleichheit entsheidet das Los.
Wer durch Beschlußfaffung entlastet oder von einer Verpflichtung befreit werden foll, hat hierbei kein Stimmreht und darf ein solches au nicht für andere ausüben; dasselbe gilt von einer Beschluß- fassung, welche die Vornahme eines Nechtsgeshäfts mit einem Mit-
liede oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen hm und der Gesellschaft betrifft. L
Das Protokoll - der Hauptversammlung wird von einem Notar aufgenommen und ist von dem Vorsitzenden und den Stimmzählern zu unterzeihnen. In dasselbe werden nur die Ergebnisse der Ver- handlungen aufgenommen. s 42
Die Ansprüche der Gesellschaft gegen die thr aus der Gründung haftbaren E oder aus der Geschäftsführung des Vorstandes oder Verwaltungsrats müssen geltend gemacht werden, wenn es in der Hauptversammlung mit einfaher Stimmenmehrheit bes{lofsen oder von einer Minderheit, die den zehnten Teil des Grund- kapitals erreicht, verlangt wird. Die Ansprüche pes gegen die aus der Gründung haftbaren Personen in ünf Jahren von der Verleihung der RNechtsfähigkeit an, gegen die Mitglieder des Vorstandes und des Verwaltungsrats in fünf Jahren von der den Anspruch begründenden Handlung oder Unterlassung an. Die Vor- schriften des § 268, E. in Verbindung mit § 247, des § 269 und des § 270 des H.-G.-B. finden entsprehende Anwendung mit der Maßgabe, daß an die Stelle des im § 268, Absatz 2 bezeichneten Gerichts die Aufsichtsbehörde tritt. M
Die Hauptversammlung kann mit einfacher Stimmenmehrheit die Bestellung von außerordentlichen Revisoren zur Prüfung der Bilanz oder von Vorgängen bei der Gründung oder der Geschäftsführung beschließen. ; j
V. Auflösung der Gesellschaft und Herabseßung
des S NIEaE
Ein Beschluß der Hauptver)ammlung auf Auflösung der Gesell-
schaft sowie auf Herabseßung des Grundkapitals bedarf der Genehmi-
ung des Reichskanzlers. Die Genehmigung eines Beschlusses auf Auflösung der Gesellsh:ft kann niht versagt werden, wenn das E der Gesellshaft sich durch Verluste um ein Drittel ver- ringert hat.
: Durch den Beschluß muß zuglei festgeseßt werden, zu welchem Zweck die Herabsetzung stattfindet, insbesondere ob fie zur teilweisen Rückzahlung des Grundkapitals an die Mitglieder erfolgt und in welcher Weise die Maßregel En ist.
Die Auflösung der Gefellshaft erfolgt : a. auf Beschluß der Hauptversammlung, L b. bei Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Ge-
sellschaft. a
S
Für die Liquidation gelten die Vorschriften der SS 48—952 des Burgerlichen Gefepbuhs. Der nah Tilgung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft verbleibende Betrag wird den Mitgliedern nah dem Ver- hältnisse der von ihnen geleisteten Einzahlungen ausbezahlt. /
Dié Verteilung darf niht eher vollzogen werden, als nah Ablauf eines Jahres, von dem Tage an gerehnet, an welhem die Auflösung der Gesellschaft. unter Aufforderung der Gläubiger, fih bei ihr zu melden, in den GBesellschaftsblättern zum dritten Male öffentlich be- kanntgemacht ist. Bekannte Gläubiger find auch dann zu befriedigen, wenn sie si nicht melden. 4
Auf Grund einer Herabseßung des Grundkapitals dürfen Zah- lungen an die Mitglieder der Gesellschaft niht eher erfolgen, als nah Ablauf eines Jahres, on dem Tage an gerechnet, an welchem der Beschluß auf Herabseßung des Grundkapitals unter Aufforderung der Gläubiger der Gesellschaft, -sich bei ihr zu melden, in den Gesell- schaftsblättern dreimal bekanntgemacht ist und nahdem die Gläubiger, die sich gemeldet haben, befriedigf-oder fichergestellt worden sind. Eine durh Herabseßung des Grundkapitals bezweckte Befreiung der Mit- glieder von der Verpflichtung zur Leistung von Einzahlungen auf die von ihnen übernommenen Anteile tritt niht vor dem bezeichneten Zeitpunkte in Wirksamkeit. .
VI. Aufsichtsbehörde. “¿C S 2
Die Aufsicht über die Gesellschaft ivird von dem Reichskanzler (Neichskolonialamt) geführt, der zu diesem Behufe einen oder mehrere Kommissare bestellen kann. Die Aufsicht beschränkt sich darauf, daß die Geschäftsführung im Einklang mit den geseßlichen Vorschriften und den Bestimmungen des Gesellshaftëvertrags erfolgt.
Zu allen Aenderungen des Gesellschaftsvertrags ist die Genehmi- gung der Aufsichtsbehörde erforderlich. ( E :
Jeder von dem Reidskanzler bestellte Kommissar ist berechtigt, auf Kosten der Gesellschaft an jeder Verhandlung des Verwaltungs- rats und jeder Hauptversammlung teilzunehmen, die Aufnahme be- stimmter Punkte auf die Tagesordnung zu verlangen, von dem Vor- stand oder Verwaltungsrate jederzeit Bericht über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu verlangen und die Bücher und Schriften derselben einzusehen oder durch einen Bevollmächtigten einsehen zu lassen, sowie auf Kosten der Gesellschaft, wenn dem Verlanger! der dazu Berechtigten nit entsprohen wird, oder aus sonstigen wihtigen Gründen etne außerordentliche Haupibersammiung oder Sißzung des Verwaltungsrats mit bestimmter Tagesordnung zu berufen.
MEReFgARgED T MUKCE s
Die sämtlichen zunächst ausgegebenen 6000 Anteile sind von den Gründern der Gesellschaft zu ihrem Nennwerte übernommen worden.
Auf die vorbezeihneten, von den Gründern übernommenen An- teile ist von ihnen eine Einzahlung von 50°/5 geleistet, und zwar auf jeden Anteil 250 M. a
Der erste Verwaltungsrat wird in der konstituierenden Haupt- versammlung aus den Mitgliedern der Gesellschaft gewählt. Er fungiert bis zur ersien Hauptversammlung nach Verleihung der in S 11 des Schußzgebietêëgesezes bezeichneten ete dur _den Bundesrat.
Auf den ersen Verwaltungsrat finden die Bestimmungen des S 24 Absatz 1, 3 der Satzungen Anwendung.
Der erste Verwaltungsrat wählt sofort nah Abbaltung der kon- stituierenden Hauptversammlung seinen Vorsitzenden! und dessen Stell- vertreter, er beshließt über die Zusammensezung tes Vorstandes und wählt dessen Mitglieder. Alles dieses geschieht ne 6 dur die in der Hauptversammlung anwesenden Mitglieder, ohne daß es der Zu- stimmung der abwesenden und der Erklärung über die Annahme der Wahl bedarf, und zwar auch dann, wenn weniger als die Hälfte der Mitglieder des M Ci sein sollten.
Der Vorsißende des Verwaltungsrats und sein Stellvertreter werden ermächtigt, die Genehmigung dieser Sazungern! bei dem Reichs-
kanzler und die Verleihung der im § 11 des Schußgebietsgese boenefäkenon Nechte nachzusuchen und die etwa von den Mrichöbe dene eforderten Ergänzungen und Aenderungen dieser Sagungen mit ver, bindlicher Kra f die Gesellshaft und die sämtlihen Gründer und Anteilseigner derselben zu beschließen.
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 95. Sizung vom 26. Juni 1911, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)
Auf der Tagesordnung steht zunächst die Fortseßung der dritten Beratung des Geseßentwurfs über die Reinigung öffentliher Wege. : S L
Veber den Anfang der Sizung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Abg. Liebknecht (Soz.) erklärt sich gegen den Antrag Herold. Bei der Bebauungsart, wie sie sfich in den Vororten der großen Städte, namentlich auch Berlins, vollziehe, würde dieser Antrag es unmöglih machen, daß die Straßen in den großen Verbindungs- flächen gereinigt würden. Dem Geseße liege ein gesunder Gedanke zugrunde, aber die Ausführung dieses Gedankens durch das Gesetz und die gestellten Anträge feien bedenklich.
Abg. Lippmann (fortshr. Volksp.): Wenn das Geseß nur den bisherigen Zustand festlegen sollte, wäre das ganze Geseß nicht nötig gewesen. In Wirklichkeit hat das Geseß aber niht nur Maßnahmen zur Verhütung von Uebelständen, sondern das wesentliche des Gesetzes ist die Verteilung der Lasten, durch die neue Lasten für den Grundbesiß und den Hausbesiß geschaffen werden. Auch diejenigen, die zunähst keinen Widerspruch erhoben haben suchen jeßt durch die Stellung von Anträgen die neue Last für Haus- und Grundbesiß abzushwächen. Insbesondere ist das der Fall mit dem Antrage Strachwiß; aber au der Antrag Herold verfolgt denselben Zweck. Die Anträge mögen ihre Berechtigung. haben; aber ihre Be- gründung ist noch nicht durch eine Kommissionsberatung geprüft worden. Geseße machen kann man sehr leiht, aber richtige Geseße kann man nit ohne eine durchgreifende Beratung machen. Es fol jeßt sogar ein Antrag in Vorbereitung sein, wonach die Gutsbezirke auch von dem Gefeß ausgenommen werden sollen, sodaß nur Landgemeinden über 10000 und Städte über 5000 Einwohner übrig bleiben. Ich stelle deshalb den Antrag, den Entwurf an die Kommission zurückzuverweisen.
Der Antrag auf Zurückverweisung an die Kommission wird gegen die Stimmen der Linken und eines Teils des
Zentrums abgelehnt. L M
Abg. Graf Strachwit (Zentr.) begründet seinen Antrag: Am liebsten wäre auch mir, wenn alles an die Kommission zurückginge. Da dieser Antrag aber abgelehnt ist, müssen wir in die Beratung der Anträge im leit eintreten. Unfer Antrag bezweckt, wenigstens einen Teil der Ortschaften von den s{hädlihen Wirkungen des Geseßes u befreien. i i Unterstaats\ekretär Dr. Freiherr von C oels van derBrügghen: Das Gese bringt nicht eine Vermehrung der Lasten, sondern nimmt nur eine anderweitige Verteilung unter den Beteiligten vor. Die jeßigen Verpflichtungen bleiben vollständig bestehen, eine Aenderung tritt nur ein, wenn andere wirtshaftlihe Verhältnisse vorliegen. Den Antrag Strachwiy bitte ih deshalb abzulehnen; der Antrag Braemer sagt nichts Neues. 4 N
y Abg. Ecker-Winsen (nl.): Nah dem Antrag Herold ist nit
klar, ob z. B. eine kleine Gärtnerei den Zusammenhang eines Ortes unterbricht, sodaß niht mehr eine „ges{lossene Ortslage" vorhanden ist. Den Antrag Strachwiß müssen wir ablehnen, weil er eine Differenzierung zwishen Grundbesigern in kleineren und größeren Ortschaften bringt. L
Abg. Herold (Zentr.): In der Vorlage fehlt die Erklärung, was eine geschlossene Ortschaft is. Das will nur mein An- trag nahholen. In zweiter Beratung hat ein Vertreter der Staatsregierung eine Definition des Begriffs gegeben. Wenn dafür ein Bedürfnis bestand, ist es besser, dieje Definition in das Geseß aufzunehmen; den entscheidenden Behörden ist dann wenigstens eine Direktive gegeben, wenn auch die Kritik des Vorredners an der Definition niht ganz unberechtigt ist. Gewiß kann es zweifelhaft sein, wie zu verfahren ist, wenn eine Bau- stelle gärtnerisch genußt wird, aber doch nur in dem Falle, wenn es fih um eine große Fläche handelt, und immerhin ist auch dann wenigstens eine Direktive gegeben. In den meisten Fällen wird jeder Zweifel ausgeschlossen sein. , E
Abg. Graf Strachw iß (Zentr.): Die Ausführungen des Unter- staatssekretärs haben mir von neuem die absolute Notwendigkeit der Zurückverweisung der Vorlage in die Kommission bewiesen. Die Worte des Unterstaatssekretärs in den höchsten Ehren, aber dafür, wie das Gesey später interpretiert werden wird, sind sie nit maßgebend. Was nicht in den Aften steht, ist niht in der Welt. Das heutige Versprechen des Unterstaatssekretärs nüßt mir gar nihts. Jch er- laube mir deshalb, den vorhin abgelehnten Antrag Lippmann wieder aufzunehmen. L
Der Antrag auf Zurückverweisung in die Kommission wird abermals abgelehnt. E
Abg. Lippmann (fortshr. Volksp.) : Der Antrag auf Zurückver- weisung ist tot ; er wird aber wieder lebendig werden, denn es fommen noch mehr Anträge, die nicht in der Kommission beraten worden sind, und ohne Prüfung können Sie diese doh niht annehmen. Die Kommission hat die erste und zweite Lesung in einer Sizung beendet, während die zweite Lesung dohch nicht unmittelbar auf die erste folgen soll. Die hier vorliegenden Anträge haben die Kommission nicht beschäftigt. Der Antrag Braemer birgt eine große Gefahr für die Wirksamkeit des Ge- seßes ; eine Direktive für die Beseitigung von Zweifeln über den Be- griff der ges{lofsenen Ortschaft soll er sein, noch viel mehr wird er eine Direktive für Umgehungen sein. Die Grundstükshändler werden jeßt wissen, wie man sih von den Wirkungen des Gesetzes befreien kann. Der Antrag Strahwiß ist, wie sein Urheber selbst zugesteht, nichts weiter als ein willfürlihes Sihentgegenslemmen gegen die schädlichen Wirkungen des Geseßes. Wenn, wie verlautet, auch & 7, der die Gutsbezirke dem Geseße unterwirft, wieder gestrihen werden soll, bleiben nur noch die Hausbesißer in den Städten über 5009 und in den Landgemeinden über 10000 Einwohner übrig, denen man eine ungerechte Neubelastung auferlegt. : i N
Abg. Dr. Liebkneht (Soz): Es ist sehr interessant, festzustellen, wie eifrig sih der Abg. Lippmann heute wie schon bei der zweiten Lesung für die Hausbesiterinteressen ins Zeug gelegt hat; es ist geradezu unfaßbar, wie er behaupten kann, das Gefeß belaste den Haus- besißerstand in unangemessener Weise. Ich bin begierig, ob seine Frafttionsfreunde das durchweg mitmachen, denn nah ihrer bisherigen Stellungnahme in diesen Fragen kann der sozialpolitische Su. des Aba. Lippmann nicht der ihrige sein. Der Antrag Herold gib keine Definition und keine Direktive. Die Art, wie Graf Strach- witz die Versprehungen des Unterstaatssekretärs ein|chäßt, grenzt 1a fast an die sozialdemofratische Non das in Preußen alle Gefseye durch ihre Ausführung in das Gegenteil verkehrt werden. blt
Abg. Freiherr von Zedlig und Neukirch (freikons.) empfie b ebenfalls den Antrag Herold und hält es für nit {wierig, au im Einzelfall eine richtige Würdigung der Verhältnisse eintreten zu lassen. E ¿Gt in Abg. Lippmann (fortschr. Volksp.): „Es kann der Beste nich Frieden Tia wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt. e Chi ganz friedlihe Natur, aber auf den derben Hieb des Abg. Liebfne P muß i eine ebenso derbe Antwort segen. Jch habe mig schon oft h : wundert, woher der Abg. Dr. Liebknecht die überlegenen enntnifse (es nehmen zu fönnen glaubt, mit denen er die Mitglieder des lo p belehren zu müssen glaubt. Eine folhe Stellung als Präzep
des Hauses kommt ihm niht zu. Der Abg. Liebknect hat meinen Eifer höhnisch gekennzeihnet. Wenn der Abg. Liebkneht niht nah dem Prinzip handelte, daß wir hier alle eifrig sein follen, würde er feine langen Reden niht halten. Jch nehme ihm seinen Eifer nicht übel, O Ser au, daß er den meinen nicht behohnlächelt. Der Me. Liebknecht begreift nicht, wie ih in dieser Frage gegen die fleinen Xeute sprechen kann, wie ich für die Hausbesiger eintreten kann. Der Abg. Liebkneht hat meine Reden in der zweiten Lesun nicht gelesen, nft würde er wissen, daß ih eine Lanze für die Haus esizer ebrohen habe, weil sie die kleinen Leute sind, weil sie in den kleinen Städten die finanziell Unkräftigsten sind. Das sozialpolitische Ver- ftändnis ist also auf meiner Seite. Ih habe selbstverständlich offiziell, im Auftrage meiner Fraktion gesprochen.
Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Ih habe von dem Gesagten nichts zurückzunehmen. Es war doch etwas sehr sonderbar, daß der Abg. Lipp- mann Veranlassung nahm, mi als Zensor des Hauses hinzustellen. Fch greife die Herren an, fo oft und so beftig i vermag; aber ih bin kein Lehrer. Seinen Eifer habe ich ihm nit vorgeworfen, fondern seinen Eifer für die Hausbesißerinteressen. Daß er mir meine langen Reden vorwirft, ist doch wirklich abgedroshen und na- erade fkindifch. Eine besondere sozialpolitishe Weisheit
abe i nit entfesseln wollen, was ih sagte, gehört zum A-B-C der Sozialpolitik. Der Abg. Lippmann stellt si, indem er die Haus- ads igs bird, wahrnimmt, zugleich als Schüßer der kleinen Leute vor. Der Abg. von Gamp kommt aus ganz anderen Motiven zu dem
leichen Ergebnis. Jch erwarte aus den Reiben der Partei des Abg.
Kippmann immer noch eine Desavouierung, denn von der alten Forte schrittspartei konnte man eine Stellungnahme wie die des Abg. Upp- mann gar nit erwarten.
Damit {ließt die Debatte.
enu bemerkt der
bg. Lippmann (fortshr. Volskp.): Au ih habe von meiner Abwehr gegen die Angriffe des Abg. Liebknecht nichts zurückzunehmen. Wenn er es si leistet, ih hier als agent provocateur auf die Tri- büne zu stellen, um meine Frafktionsgenossen zu Gegenäußerungen auf- zufordern . . . (Präsident von Kröcher: Das ift nicht persönlich ; Sie können nicht in persönliher Bemerkung für Ihre Fraktion sprechen ; dann hätten Sie das Wort i: der fahlihen Debatte nehmen müssen.) Dann verzichte ih und bebalte mir vor, später darauf ¡urückzukommen.
S 1 wird unter Ablehnung des Antrags Strachwit mit dem Antrag Herold angenommen.
Die S8 2 bis 4 werden ohne Debatte in der Fassung der aweiten Lesung angenommen.
Nach § 5 kann durch Ortsstatut die Reinigungspflicht den anliegenden Grundbesißern auferlegt werden.
Abg. Fleuster (Zentr.): In der Kommission wurde befürchtet, daß den Anliegern auch die Haftpflicht für ba Reinigung auf- geladen werden könnte, es hat si aber feine töglichkeit gefunden, dur das Gesetz diese Haftpflicht zu beseitigen. Das Resultat aller Beratungen in der Kommission war, daß die Gemeinden bei Ab- wälzung der Reinigungspflicht auf die Hausbesißer in der Weise für
e forgen möchten, daß sie Kollektivversicherungen für sie ab-
ließen. Die Negierung gab die Zusicherung, daß sie in den Aus- führungsanweisungen in dieser Weise auf die Gemeinden einwirken wolle. Jch bitte die Negierung, diese Erklärung aus der Kommission hier zu wiederholen.
Unterstaatsfekretär Dr. Freiherr vonCoels van der Brü gghen: Jh kann die Ausführungen des Vorredners bestätigen. Wir werden in den Ausführungsanweisungen den Gemeinden eine Anregung Cen zum Schuß der Hausbesißer Kollektivversicherungen abzu-
teen.
S 5 wird angenommen, desgleichen 8 6.
, Nah § 7 können die Gemeinden ihre Kosten aus der Reinigung bis zum Höchstbetrage der Hälfte durch Gebühren, Beiträge oder Mehrbelastungen decken.
Abg. Bois! y (nl.) erklärt sih gegen diese Erhebung von Ge- bühren usw. und bittet, den § 7 ganz Mairbiei
Unterstaatssekretär Dr. Freiherr von C oels van der Brügghen tritt für den Paragraphen ein.
99: Lippmann (fortshr. Volksp.) : Auch wir bitten, den § 7 ganz abzulehnen. Die Stellungnahme des Abg. Boisly widerspricht übrigens der Stellung des nationalliberalen Redners aus der zweiten sung. Ich will außerdem feststellen, daß der Abg. Liebknecht meine Fraktionsgenossen aufgefordert hat, dem zu widersprechen, was ih als graktionsredner hier ausgeführt habe. i
Abg. Hoffmann (Soz.): Der Abg. Liebknecht hat soeben den Saal verlassen, um ein leiblihes Bedürfnis zu befriedigen. Wenn der Abg. Liebknecht die Fraktionsgenossen des Abg. Lippmann auf- gefordert hat, gegen ihn Stellung zu nehmen, so Tonnte er glauben, daß sie fo viel Courage haben würden, denn daß sie mit ihm nicht einer Meinung sein können, geht aus ihrer Stellungnahme in anderen Körperschaften bezüglih der Hausbesitzer hervor ; dort haben sie die E nicht in der Form vertreten, wie der Abg. Lippmann es hier getan hat.
„Abg. Hausmann (nl.) hält an seinen Ausführungen in der ¡weiten Lesung fest. :
Abg. Liebknech t (Soz.) verwahrt sich gegen den Vorwurf, als agent, provocateur aufgetreten zu sein.
Abg. Lippmann (fortschr. Volksp.): Ich habe dem Abg. Lieb- fneht unrecht getan, als ih ihn einen Präzeptor nannte: ein Mann, der in einem solchen Tone spricht, will kein Lehrer sein.
S 7 und der Rest des Gesezes werden angenommen. Jn der Gesamtabstimmung wird das Geseß im ganzen gegen die Stimmen der Freisinnigen und eines Teils des R eitbitia an- genommen.
Es folgt die Beratung des \hleun igen Antrages der bgg. Engelsmann (nl.) u. Gen. : die Regierung zu ersuchen, schleunigst S gtin in Aussicht zu nehmen, durch welche den dur ein \{weres agelwetter in dem Weinbaugebiete der Nahe, hauptsählich in den Gemarkungen von Kreuznah, Winzenheim und Hargesheim, geschädigten Bewohnern staatliche Unterstüßung zuteil wird. … Abg. Dr. Röchling (nl.): Wie Sie aus den Zeitungen wissen, ift ein schweres Hagelwetter über die Kreuznacher Gegend nieder- gegangen ; der gesamte Schaden wird auf 2 Mill. Mark angenommen. Auf den Tisch des Hauses sind Zweige niedergelegt worden, die durch den Hagel abgeschlagen sind, woraus Sie die Wirkung des Hagel- welters ersehen können. Nicht allein die Weinberge find geschädigt, ndern auch die Felder haben \{chweren Schaden erlitten, und eine “teubestellung der Felder ist wegen der vorgerüdckten Jahreszeit nicht möglih. Deshalb ift der Antrag begründet, daß der Staat helfend eintritt. Das Hagelwetter ist ganz unerwartet gekommen, und zwar ¡u einer Zeit, als die Früchte bereits angeseßt hatten, nah dem Ab- lauf der Blütezeit. Der Hagelschlag ist als ein niht vorher- ¡usehendes und unabwendbares Ünglück anzusehen, und deshalb muß der Staat eintreten.
Minister des Jnnern von Dallwiß:
Meine Herren! Ueber das s{chwere Mißgeschick, welches Teile des Kreises Kreuznah infolge eines Unwetters von ganz ungewöhnlicher Stärke und Heftigkeit am 9. Juni d. I. betroffen hat, haben mir die Wkal- und Provinzialbehörden alsbald Bericht erstattet. Sie sind aber noh nicht in der Lage gewesen, die Höhe der Schäden genauer festzustellen, und au nit in der Laje ge- wesen, die erforderlihen Unterlagen für die Beurteilung der Frage beizubringen, inwieweit infolge der erlittenen Beschädigungen weitere Kreise der Bevölkerung in ihrem Nahrungs- und Hausstande
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Berichte eingegangen sein werden, wird eine Entscheidung darüber möglich sein, ob die Einleitung einer Hilfeaktion aus öffentlichen Mitteln angezeigt, notwendig und zulässig sein wird. Hierbei wird jedoch auch die Frage geprüft werden müssen, inwieweit von der Gewährung von Unterstüßungen nach den bestehenden Grundsätzen Hagelshäden werden ausges{chlo}sen werden müssen, gegen welche die Betroffenen durch Versicherung sich hätten \{üßen können. (Abg. Winkler: Sehr richtig!) Im übrigen darf ih eine sorgfältige Prüfung der eingehenden Anträge in Aussicht stellen. (Bravo !)
Abg. Kuhn - Ahrweiler (Zentr.): Der Oberpräsident hat den Schaden auf 2 Mill. Mark angegeben. Es sind 1500 Morgen Wein- berge betroffen. Ich hoffe, daß die Regierung bald die Unterlagen erhâlt, und die zur Verfügung gestellten Mittel fo reihlich sein werden, daß die Leute, deren Existenz völlig in Frage gestellt ist, die Möglich- keit erhalten, Viehzucht zu treiben.
Abg. Engelsmann (nl.): Das Unwetter, das am 13. Juni 1910
das Ahrtal heimgesuht hat, hat zwar auch Menschenleben gefordert. Wohl Hundert sind ihm zum Opfer gefallen. Die damaligen Schäden waren aber insofern nicht so tver, als fie hauptsählich Brüken- bauten, Uebershwemmung von Wiesen usw. betrafen. Die ältesten Leute entsinnen si, daß seit 1831 nit ein folher Hagelschlag in der Kreuznacher Gegend gewesen is wie der jeßige. Im großen und ganzen ist die Gegend durch die Berge im Westen gegen Hagelschlag geshüßt. Deswegen sind die Leute au alle nit versichert, fommen aber Gewitter aus der Richtung von Mainz und Wies- baden, so stoßen sie _sich an den Bergen und richten enormen Schaden an. Besonders sind diejenigen Weinberge ver- nihtet, die ohnehin über die Ungunst der Weinernte zu klagen hatten. Die Leute wären infolgedessen auch gar nit in der Lage gewesen, Versicherungsprämien zu zahlen, da der Heu- und Sauerwurm ihre Reben zerstôrt hatte. Sie werden für mindestens zwei Jahre auf keine Ernte rechnen fönnen. Jch bitte, den Antrag einstimmig an- zunehmen, und bitte die Staatsregierung, gegen die arme Bevölkerung das weitestgehende Entgegenkommen zu üben. __, Abg. Heckenroth (konf.): Wir können uns dem Antrage nur an- s{ließen. Schon seit Jahren herrscht ein Notstand infolge der un- heimlihen Verheerungen, die der Heu- und Sauerwurm angerichtet hat. Endlich konnten die Winzer mit einer gewissen Hoffnungs- freudigkeit in die Zukunft schauen, weil es den Anschein hatte, als ob es dieses Jahr eine gute Ernte geben würde. Nun sind alle Hoffnungen durch das Unwetter zu handen gemaht, und zwar niht nur für dieses Jahr. Es ist wirklich ein Notstand eingetreten. Geschäftsordnungs- mäßig ist der Antrag in der Budgetkommission zu beraten. Jch beantrage daher seine Verweisung an diese Kommission.
Abg. Fischbeck (fortshr. Volksp.) : Wir werden ebenfalls dem Antrag zustimmen. Auch bei anderen Katastrophen ist die Regierung eingetreten. Wir bitten um einstimmige Annahme.
Abg. Veltin (Zentr.): Auch wir bitten, den Antrag einstimmig anzunehmen.
Abg. Hoffmann (Soz.) : Wir werden den Antrag annehmen und sprechen nur den Wunsch aus, daß die Regierung mit Rücksicht auf die große Not ret reihlihe Mittel geben möge.
Der Antrag wird an die Budgetkommission verwiesen.
Zur Geschäftsordnung bittet der
ÄÂbg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (kons.), den nächsten Punkt der Tagesordnung — zweite Lesung des Eisen- bahnanliegergeseßes — zurückzustellen, da ih lange Debatten darüber entspinnen würden, und die Zweckverbandsgeseße vorwegzunehmen.
Da die Abgg. G yßling und E diesem Vorschlage wider- pee den der Abg. von Heydebrand nohmals rechtfertigt, erklärt der
Vizepräsident Dr. Krause: Da sih Widerspruch erhebt, bleibt es nah der Praxis des Hauses bei der Tagesordnung.
Das Haus tritt in die zweite Beratung der Novelle zum Geseß über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. November 1838 ein. ‘
Berichterstatter ist der Abg. Dr. Busse (kons.).
Nach § 4a der Regierungsvorlage sollte der Feststellung des Eisenbahnbauplans durch den Minister der öffentlichen Arbeiten, sofern durch den Plan öffentliche Interessen oder die nteressen der benahbarten Grundstücke berührt werden, ein Prüfungsverfahren vorausgehen. Die Kommission hat die Worte „sofern durh den Plan berührt werden“ gestrichen. Die Folge dieses Abstrihs ist, da nah der Meinung der Regierung selbst bei der kleinsten Veränderung in den Eisenbahnanlagen eine landespolizeiliche Prüfung durch den Bezirksausshuß stattfinden muß.
Minister der öffentlihen Arbeiten von Breitenbach :
Es will mir angezeigt erscheinen, bei Beginn der zweiten Lesung angesihts der grundsäßlihen Aenderungen, die die Gesetzeévorlage der Regierung in der Komnission gefunden hat, die Stellung der Königlichen Staatsregieruug zu diesen Aenderungen hier bekannt zu geben.
Wie der Kommissionsbericht ergibt, sind ja die großen grund- fäßlichen Fragen, die durch das Gesetz aufgerollt sind, in der Kom- mission sehr eingehend behandelt worden, baben aber zu meinem lebhaften Bedauern zu einem Ausgleich ¿wischen der Majorität der Kommission und den Kommissaren der Staatsregierung nit führen können.
Nach Auffassung der Staatsregierung dreht sich die Haupt- frage darum, ob der § 4 des Eisenbahngeseßes vom Jahre 1838, der dem Minister der öffentlihen Arbeiten die Genehmigung der Durch» führung der Bahnlinie in allen ihren Punkten vorbehält, eine wesent- liche Aenderung oder Abschwächung erfahren foll.
Als die Königliche Staatsregierung sich entschloß, den wiederholt in beiden Häusern des Landtags aufgetretenen Wünschen wegen Mit- beteiligung der Bezirksausshüsse an diesen Entscheidungen Rechnung zu tragen, hat sie dies in der ausdrücklihen Vorausseßung und mit dem Vorbehalt getan, daß die dem Minister der, öffentlihen Arbeiten dur den § 4 des erwähnten Eisenbahngeseßes vom Jahre 1838 vor- behaltene Befugnis zur aus\{ließlihen und alleinigen Feststellung der Eisenbahnbaupläne nicht beeinträchtigt werden soll. Nach Auffassung der Staatsregierung ist diese Vorausseßung in dem Geseßentwurf, wie er dur die Kommission gestaltet worden ist, nicht erfüllt worden; denn es wird der Bezirksaushuß auch in den Fragen des 8 4 als ent- \{eidende Instanz, als erste Instanz eingeshoben; der Minister wird Beschwerdeinstanz. Der Bezirksaus\huß soll befugt sein, über die Ge- staltung der Eisenbahnbaupläne, der Anlagen zu entscheiden, und zwar nit nur bei Neubauten, sondern au dann, wenn es fich um Aende- rungen bestehender, in Betrieb befindlicher Eisenbahnen handelt. Fa, noch mehr: er soll. im leßteren Fall auch darüber befinden, ob etne Aenderung notwendig ist.
Meine Herren, die dem Minister dur § 4 des Eisenbahngeseßzes gegebene Befugnis beruht nach Auffassung der Staatsregierung auf einer inneren Notwendigkeit. Bei Gestaltung der Eisenbahnunter- nehmungen muß der Minister stets die Zwede, die sie zu erfüllen haben, im Auge behalten, also die Zwecke im Interesse des allge- meinen Verkehrs, im Interesse der Landesverteidigung und im Inter-
als gefährdet anzusehen find. Erst wenn diese noch ausstehenden
esse der sicheren, gleichmäßigen und wirtshaftlihen Durchführung des
Betriebes. Nah unserer Auffassung ist diese einheitliße Ent- scheidung aber gefährdet, wenn an ihr eine Reihe von Organen des Staats. beteiligt sind. E müssen sich hieraus Gegens säße und Schwierigkeiten entwickeln; von den Verzögerungen will ich gar nicht sprehen. ODasjenige staatliße Organ, das berufen sein soll, diese Entsheidung zu treffen, muß in erster Linie sachverständig sein in den eisenbahnwirtschaftlihen, den eisen- bahnfinanziellen und insbesondere den eisenbahntehnishen Fragen, und es muß so bo gestellt sein, daß es alle diese Fragen von allgemeinen Gesichtspunkten aus beurteilen kann. So sehr die Tätigkeit der Be- zirk8aus\hüsse auf den ihnen zugewiesenen Gebieten anzuerkennen ist, so wenig sind wir der Auffassung, daß die Bezirksausshüsse in der Lage sein werden, über diese Fragen sahverständig zu urtetlen. Wir sind au der Meinung, daß sie den örtlichen Verhältnissen viel zu nahe stehen, um den eben erwähnten allgemeinen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen. In den vieljährigen Erörterungen haben wir \mmer wieder die Frage aufwerfen müssen: gibt es denn fein anderes Organ neben dem Minister der öffentliden Arbeiten, das in der Lage ist, in dieser Frage ¿wedmäßige, sahgemäße Ent- scheidungen zu treffen? Aber so sehr wir auch dieser Frage nach- gegangen sinb, so haben wir doch kein Organ finden können, das in gleiher Weise urteilen kann wie der berufene Fachminister.
Nun ist eingewendet worden, daß die Berufung der Bezirks» aus\chüsse zur erstiùstanzlihen Entscheidung {hon deshalb keine Aende- rung des Cisenbahngeseßes bedeuten könne, weil der Minister ja unter allen Umständen in zweiter Instanz zu entscheiden habe. Meine Herren, wenn man von der Auffassung ausgeht, daß der Bezirks- aus\chuß überhaupt niht in der Lage ist, in diesen Fragen sachgemäß zu urteilen, so müssen wir selbstverständlich eine Negelung bekämpfen, die ihn zur Entscheidung in erster Instanz beruft; denn wenn wir das nicht täten, so würden sich im Lande Gegensäße zwischen der Zentral- instanz und diesen bedeutsamen Organen, wie die Bezirksaus\{ü}se es sind, entwideln, die auf die Dauer nur lebhaft verstimmend wirken können, Gegens\äte, die immer wieder hervortreten würden. Ich erinnere Sie nur an den gewöhnlihsten Fall der Beseitigung ciner Plankreuzung, der allerorten im Lande hundertfältig vorkommt. Die Staatseisenbahn- verwaltung oder die Eisenbahnverwaltung — es brauht nit die Staatseisenbahnverwaltung zu sein — ist bereit, eine Plankreuzung dur eine Ueberführung des Weges über die Eisenbahn zu ersegen. Nach der ganzen Lage der Verhältnisse ist sie nit in der Lage, diese Veberführung im Zuge des alten Weges zu bewirken, sie nuß also den Weg ablenken und dur einen Umweg der alten Straße wieder zuführen. Solche Eingriffe begegnen ja in vielen Fällen bei den Interessenten lebhaftem Widerstand, die erstens die Steigung ungern hinnehmen, namentlich im platten Lande, die ferner sich auch den Umweg nicht gefallen lassen wollen, und daher eine andere Anlage, meist eine Wegeunterführung verlangen. Die Eisenbahnverwaltung ist aber genötigt, auf der Durchführung des Projektes, wie sie es geplant, zu bestehen, in erster Linie, weil sie die betrieblihen Ver- hältnisse der Eisenbahn nit verändern lassen will; denn der Wunsch der Interessenten führt dahin, daß man die Gefälleverhältnisse der Eisen- bahn verändert, daß man eine Steigung oder ein Gefäll hineinbringt. Außerdem führt der Wunsch der Interessenten in den meisten Fällen dahin, daß die durch die Beseitigung der Plankreuzung bewirkten Vorteile nicht so hoh einges{häßt werden können, daß es si rechtfertigen ließe, dem Staate oder Dritten, die nah dem Antrage der Interessenten bauen sollen, die schr hohen Opfer aufzuerlegen. Das ist ein Fall, der sih immer wiederholt, und man kann voraué schen, daß in der Mehrzahl folher Fälle der Minister der öffentlichen Arbeiten ge- nôtigt sein wird, gegen eine Entscheidung erster Instanz, die den An- trägen der Interessenten Nechnung tragen will, Stellung zu nehmen. Das würde meines Erachtens eine sehr große Verstimmung hervor- rufen müssen, die viel \{chwerer zu ertragen ist als etwa eine Ent- scheidung des Ministers auf Grund der heutigen geseßlihen Be- stimmungen, die den Wünschen des Bezirksaus\{husses oder der Inter- essenten nicht entspricht.
Es ist immer wieder darauf hingewiesen worden, daß die Be- seitigung des jeßigen Zustandes erforderli set, weil der Minister der öffentlichen Arbeiten Partei sei. Das trifft ja bedingt zu, soweit ex als Chef der Staatseisenbahnverwaltung in Frage kommt. Aber, meine Herren, es ist doch in der Kommission ganz ausdrücklich be- stätigt worden, daß die alleinige und aus\{hließlihe Entsheidungs- befugnis des Ministers niht mißbraucht worden ist, im Gegenteil, es it dort anerkannt worden, daß die Entscheidungen des Ministers auch dann, wenn sie den Interessenten nicht behagten, do objektive gewesen sind. Jch meine, das foll man ih gegenwärtig halten. Die Staatsregierung ist ja überhaupt nicht der Auffassung gewesen, daß ein dringliher Anlaß zur Aenderung der jeßigen Be- stimmungen vorliege; sie ist aber durchaus gewillt, angesichts der wiederholten Wünsche, die hier und im anderen Hause laut ge- worden sind, eine Aenderung eintreten zu lassen, die eine Mitwirkung der Bezirkgaus\hüsse ermöglicht. Die Gesetzesvorlage der Staats- regierung hat nach dieser Richtung nit gefallen. Es sind aber bereits in der Kommission Vermittlungsvorshläge gemacht worden, auf die einzugehen ih auch heute noch bereit sein würde, und die dahin gingen, dem Bezirksaus\huß die erstinstanzliche Entscheidung in all den Fragen zuzuweisen, in denen es ih um Nebenanlagen handelt, und ihm eine gutahtlihe Aeußerung zu gestatten in allen den Fällen, die unter den § 4 des Cisenbahngeseßes von 1838 fallen. Es ist au von den Kommissaren der Staatsregierung nicht beanstandet worden, daß dem Bezirksaus\{huß eine Entscheidungsbefugnis bezügli der Kostenverteilung zustehen solle.
Ich meine, meine Herren, es sollte doch versucht werden, auf der Grundlage diesec Vermittlungsvorschläge eine Verständigung herbeizuführen. Jch muß hier mit dürren Worten aussprechen, daß die Geseßzesvorlage, wie sie von der Kommission gestaltet worden ist, für die Staatsregierung niht annehmbar ersheint. Man muß fh do die Vorteile vergegenwärtigen, die das in den Kompromiß- anträgen niedergelegte Verfahren aud im Sinne derer bringt, die niht alles erreichen, was sie erstreben. Jch glaube, daß es vielleicht nicht mögli sein wird, sich im Plenum des Hauses zu verständigen, zumal bereits für die heutige Verhandlung eine Reibe von Anträgen gestellt ist.
Ich würde es daher von meinem Standpunkte aus nit für un- zweckmäßig, sondern für nüßlih halten, wenn die Geseßesvorlage an die Kommission zurückverwiesen würde. J darf bemerken, daß der Antrag der Freikonservativen mir die Wege zu einem \ol{en Vor-
gehen zu ebnen \{eint. Jh würde freili bei einem Eingehen auf