1891 / 263 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 07 Nov 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Angekommen: Seine Excellenz der Staats-Minister und Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berleps\ch, von Oberschlesien.

Nicchtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 7. November.

Seine Majestät der Kaiser und König arbeiteten heute Vormittag im Neuen Palais von 10 bis 111/7 Uhr mit dem Chef des Generalstabs und empfingen um 12 Uhr den Präsidenten des Evangelischen Ober: Kirhenraths Dr. Bark- haufen zu lävgerem Vortrag. Um 12? Uhr nahmen Seine Majeftät die Meldung des Generals der Fnfanterie Lene und um 1 Uhr zahlreiche militärishe Meldungen entgegen.

Dem Magistrat und der Stadtverordneten-Versammlung von Potsdam ist auf die an Jhre Majestät die Kaiserin und Königin gerihtete Geburtstags: Glückwunsch-Adresse folgende Allerhöchste Antwort zugegangen :

„Der Magistrat und die Stadtverordneten von Potsdam haben Mich durch ihre freundlihen Glück- und Segenswünsche zu Meinem Geburtstage, welchen Ich in diesem JIahre hier wieder mit den Meinen in ungetrübtem Frohsinn und mit innigem Dank gegen Gott erleben durfte, herzlich erfreut. Wenn Sie voll Hoffnung auf die wichtigen Arbeiten christliher Näthstenlieke, bei welchen Ich auch Ihrer dankbar gedenke, in die Zukunft bliden, so ist Mir dies cin {öner Beweis, wie auch Sie mit Meinem geliebten Gemakble, dem Kaiser, und Mir überzeugt sind, daß die Wohlfahrt unseres Volks allein auf dem unerschütterlichen Grunde des Christenthums erblühen und bestehen kann.

Neues Palais, den 30. Oktober 1891.

Auguste Victoria Kaiserin und Königin.“

Heute tagten die vereinigten Aus\hüsse des Bundes- raths für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für Rehnungs- wesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Justizwesen und für Rechnungswesen.

Unter Abänderung der in der Cirkular:Verfügung vom 14, Juli 1890 enthaltenen Vorschrist hinsichtlih der Entnahme der für die Bibliotheken der Königlichen Regierungen er- forderlihen buchhändlerischen Werke von den am Siße derselben bestehenden Sortiments-Buchhandlungen haben der Minister des Jnnern und der Finanz-Minister bestimmt, daß fortan in den Fälen, in denen Seitens der ge- dachten Buchhandlungen bei Bücher- 2c. Bestellungen der früher üblich gewesene höhere Rabatt als 5 Proz. ab- gelehnt wird, die für die Regierungs-Bibliotheken erforderlichen Büch:r und Drulckshhristen 2c. von anderen Buchhandlungen als denjenigen am Orte der Regierungen zu beziehen sind, welche den höheren Rabatt bewilligen.

Jn §. 31 des Geseßes vom 8. März 1871 ist den Landarmen- verbänden die Befugniß beigelegt worden, die Kosten der öósfentlihen Armenpflege, welche die Fürsorge sür Geistes- kranke, Jdioten, Taubstumme, Siehe und Blinde verursacht, unmittelbar zu übernehmen. Diese Befugniß hat soweit es sich nicht um Sieche handelt der Artikel I. des Geseßes vom 11. Juli d. F., betreffend Abänderung der 88. 31, 65 und 68 des ersterwähnten Gesezes, in eine Verpflichtung umgewandelt. Nah dem neuen Ge- seze haben die Landarmenverbände vom 1. April 1893 ab unter Betheiligung der Kreise und Ortsarmenverbände an den erwachsenden Kosten für Bewachung, Kur und Pflege der bezeichneten Kategorien von Hülfsbedürftigen mit Ausnahme der Siechen soweit sie der Anstaltspflege bedürfen, in ge- eigneten Anstalten Fürsorge zu treffen. Die gleiche Verpflich: tung ist den Landarmenverbänden hinsihtlih der im §. 31 des Gesetzes vom 8. März 1871 nicht besonders aufgeführten hülfs- bedürftigen Epileptishen, für welche die Anstaltspflege unent- behrlih erscheint, auferlegt worden.

Um die rechtzeitige Durhführung des neuen Geseßes zu sichern, werden die Landarmenverbände s{hon jeßt Bedacht darauf zu nehmen haven, daß ihnen zum 1. April 1893 die erforderlichen Anstalten in ausreichender Anzahl und Größe zu Gebote stehen. Demgemäß hat der Minister des Znnern die Königlihen Ober - Präsidenten ersucht, die betreffenden Landarmenverbände hierauf mit dem Hin- weis ausmerksam zu machen, daß nah den Beslimmungen des Geseßes die Verpflichtung durch die Unterbringung des

Hülfsbedürstigen nicht nur in einer von dem Landarmen- verbande errichteten und geleiteten, sondern auch in einer ge- eigneten Privatanstalt Genüge geleistet werden kann. Ferner soll mit der Ausstellung der im §. 31b des neuen Gesetzes vorgesehenen Neglements baldigst vorgegangen werden.

Jn der Verfügung des Finanz-Ministers vom 20. Februar 1843 ist angenommen, daß eine stempelpflichtige Voll- macht nur dann vorliege, wenn der Beaustragte ermächtigt wird, für den Andern und als dessen Stellvertreter ein Rechts- geshäft vorzunehmen und demzufolge ein Rechtsverhältniß zwischen dem Auftragenden und dritten Personen zu begründen. Da diese Fassung zu Zweifeln Anlaß gegeben hat, ist die Versügung im Anschluß an das Reichsgerichts-Erkenntniß vom 11. November 1889 (Entscheidungen in Civilsachen Bd. 25 S. 222) von dem Finanz-Minister dahin abgeändert worden, daß als stempelpflihtige Vollmachten alle diejenigen Schrift- stüde anzusehen sind, durch die Jemand einen Andern ermächtigt, ihn Dritten gegenüber in An- gelegenheiten rechtliher Natur (im Gegensaß zu bloß thatjählichen Dienstleistungen) zu vertreten. Da diese Angelegenheiten auf dem privatrehtlihen Gebiete liegen, ist nicht erforderlih; dem Vollmachtstempel unterliegen im Gegen- theil z. B. auch Vollmachten in Strafprozessen, sowie in den vor den Verwaltungsgerichten shwebenden Streitigkeiten.

1 Ganzes fühlen ,

} Main - Kanals L auf 106 571

Nach einem Runderlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 30. Oktober ist jede Lokal-Bauinspektion mindestens alle zwei Jahre durch den betreffenden Regierungs- und Baurath einer Revision zu unterwerfen. Ferner find die Räthe des Ministeriums beauftragt, auch ihrer- seits derartige Revisionen unerwartet vorzunehmen, \ich auch bei gelegentliher Anwesenheit von dem Stande der Ge- shäste der Lokalbaubeamten und der Art ihrer Erledigung zu überzeugen. Der vorgeseßten Dienstbehörde wird davon, daß eine Geschäftsrevision vorgenommen werden soll, Mit: theilung gemacht werden.

Ueber die Erfolge der Ansiedelungskommission für Westpreußen und Posen schreibt die „Schle). Ztg.“: Die Ansiedelungskommisjsion hat ihre Thätigkeit auch in dem abgelaufenen Sommerhalbjahr mit \sihtlihem Er- folge fortgeseßt. Das bisher im Besiß der Ansiedelungs- fommission befindliche Areal, in runder Zahl etwa 50000 ha, is um ein fehr beträ&tlihes vermehrt worden. Die Neuerwerbungen innerhalb ves leßten Halb- jahres umfassen an zehn größere und kleinere Güter. Auch die Zahl der Ansiedler hat eine sehr erheblihe Vermehrung erfahren. Erst neuerdings trafen wieder drei Familien mit at- zehn Köpfen aus dem Württembergischen in Posen ein, um die ih“en im Kreise Znin angewiesenen Ansiedelungsgüter zu übernehmen. Wie bereits früher erwähnt, sind die Zniner Ansiedelungsgüter größtentheils mit Württembergern beseßt, die sih dort recht wohl befinden. Die diesjährige Ernte auf den Rentengütern der Ansiedler hat Ergebnisse ge- liefert, welhe dem verhältnißmäßig guten Kultur- zustande des Bodens und dem Fleiße der Leute durch: aus entsprechen. Ueberhaupt hat die wirthschaftliche Leistungs- fähigkeit der Ansiedler überall einen Grad erreiht, daß sie sih ohne besondere Unterstüßung Seitens der Ansiedelungs- kommission forthelfen können, Das in der leßten Zeit durch- geführte Prinzip, nur ausreichend kapitalk.äftige und wirth- shaftlih erfahrene Familien zur Ansiedelung zuzulassen, hat das Angebot nicht vermindert; dicses übersteigt vielmehr das Bedürfniß noch immer sehr erheblich, sodaß man bedeutend mehr Ansiedler ansässig mahen könnte, wenn man wollte. Einstweilen beobahtet man aber noch die Maxime des langsamen, sicheren Fortschreitens, wenngleich verschiedene Anzeichen dafür sprehen, daß man in Zukunft ein rascheres Tempo in der Bestedelung einzushlagen gedenkt. Zu dieser Annahme berechtigt außer dem stärkeren Güterankauf vor Allem die Thatsache, daß in dem Etat der Ansiedelungs- kommission für 1892/93 wieder mehrere erste tehnische Kräfte beantragt und von dem übergeordneten Ministerium bereits genehmigt worden sind. Ferner wird die kulturelle Jnstandsezung der angekausten Güter ungemein gefördert. Gegenwärtig ist die Drainage von etwa fünfzig Gütern im Gange oder doch eingeleitet. Man befolgt damit auch die Absicht, die Güter schon vor der Austheilung in einen möglichst hohen Kulturzustand zu verseßen, um die wirth: schastliche Grundlage der Ansiedler von vornherein zu sichern. Von Anfang an ist bei der Ansiedelung die Praxis verfolgt worden, die fremden Zuwanderer möglichst bald zu selbständi- gen politischen Gemeinden zusammenzuschließen und ihnen auch eigene Kirchen- und Schulverhältnisse zu hafen. Ab- gesehen davon, daß den Ansiedelungsgemeinden damit die un- umgänglih nothwendigen religiösen und geistigen Mittelpunkte gegeben werden, lernen sih die einzelnen Glieder auch als dessen Förderung wieder im FJnteresse jedes Einzelnen liegt. Der erfreulihste Erfolg in dieser Richtung ist die am Mittwoch erfolgte Einweihung der ersten evangelishen Kirche zu Lubowo-Lubowsko, Kreis Gnesen. Diese Kirche is ein würdiger Steindau mit Thurm und Glocken und kostet etwa 36 000 A Zur feierlichen Einweihung der Kirche hatten sich der Präsident der Ansiedelungskommission, Dr, von Wittenburg, der Baumeister Fischer, der den Bau der Kirche geleitet, und Regierungs-Rath Dr. Ecnst, sowie Mit- glieder des Königlichen Konsistoriums nah Lubowo begeben. Die Weihe des shöner Gotteshauses vollzog unter Theilnahme von etwa zwanzig evangelishen Geistlihen, der Gemeinde- mitglieder und der Schulkinder General - Superintendent Dr, Hesekiel aus Posen.

Der General-Lieutenant von der Armee von Lettow- Vorbeck T. ist zur Abstattung persönliher Meldungen hier eingetroffen. :

Bayern.

München, 6. November. Seine Königliche Hoheit der

Prinz Leopold und Jhre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Prinzessin Gisela haben sich gestern nah Gödöllö begeben. Die Prinzessin Gisela kehr! am 15. d. M. hierher zuzüd. N Jn der heutigen Sigung des Finanzaus schusses der Kammer der Abgeordneten wurde nah einer Meldung des „W. T. B.“ der Kanal-Etat genehmigt. Bei der Be- rathung hob der Minister-Präsident Freiherr von Crails- heim hervor, daß das Defizit des Ludwigs - Donau- A pro Jahr herab- gemindert habe. ieser Kanal sei für einzelne Gebiete die einzige Verkehrsstraße. Die Legung von Ketten würde den Verkehr auf dem Kanal kaum heben. Eine amt- lihe Anregung Seitens Württembergs, von Heilbronn ab den Neckar mit der Donau zu verbinden, sei der bayerischen Re- gierung bisher niht zugegangen. Auch betreffs der Verbindung des Donaugebiets mit der Elbe sei der Minister nicht in der Lage, amtliche Mittheilungen zu machen.

Sachsen.

Dresden, 6. November. Seine Majestät der König ertheilte dem „Dr. J.“ zufolge heute Nachmittag dem am hiesigen Königlichen Hofe neu beglaubigten Königlih württem- bergischen außerordentlihen Gesandten und bevollmächtigten Minister Freiherrn von Soden und dem in außerordentlicher Mission von Seiner Durchlaucht dem Fürsten Reuß ä. L. abgesandten Geheimen Kabinets-Rath von Geldern-Crispen-

dorf Audienzen. Vaden,

Karlsruhe, 6. November. Jhre Königliche Hoheit die Kronprinzessin von Shweden und Norwegen

Wi laut Meldung des „W. T. B.“ heute Nachmittag von aden-Baden aus die Reise nah Egypten angetreten.

Sachsen-Weimar-Eisenach.

Weimar, 5. November. Von den 31 Mitgliedern des Landtages, dessen erste Berufung für Februar in Aus- sicht steht, sind, wie die „Magd. Ztg.“ erfährt, 22, also über zwei Drittel wieder- und nur 9 neugewählt; das bisherige Landtags-Präsidium ist vollständig wiedergewählt. Nach der politishen Richtung hat der Landtag wieder eine Mehrheit: von Nationalliberalen, 5 bis 6 Konservative, 1 Ultra- montanen aus einem zumeist fkatholishen Bezirk des. eisenaher Oberlandes und 1 Sozialdemokraten aus Apolda.. Von den Deutschfreisinnigen is keiner in den Landtag ge- kommen. Vom bisherigen Landtage tritt nähsten Montag der Rehnungsausscchuß zur Prüfung der Staats- rechnungen vom Jahre 1889 hier zusammen.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Coburg, 5. November. Seine Hoheit der Herzog ist, wie die „Cob. Ztg meldet, heute von seinen Besitzungen in Oesterreich hier wieder eingetroffen.

Scchwarzburg-Sondershausen.

Sondershausen, 5. November. Der Entwurf des Finanzgeseßes für die Finanzperiode 1892—1895 stellt den Staatshauthalts: Etat im Ordinarium auf jährlih 2 763 955 6 und im Extraordinarium auf insgesammt 393822 in Einnahme und Ausgabe fest. Die aus Uebershüssen derx Finanzperioden 188487 und 1888/91 noch verbleibenden Bestände der Staatskass-n, soweit sie niht als Akiivkapitalien des Staats zinstrageno angelegt sind oder zur Vermehrung des Wirthschaftsfonds ver- wendet werden, sollen nach der „M. Z.“ zur Verstärkung des Reservefonds dienen. Die Ueberschüsse der Landes- kfredittasse können nah Bestreitung des Verwaltungsauf- wandes zur Deckung der laufenden Ausgaben der Staats- verwaliung herangezogen werden. Die hiernach zu verwendenden Summen sind für jede Finanzperiode in den Staatshaushalts- Voranschlag einzustellen. Jm Schlußparagraphen des Geseß- entwurfs wird das Fürstliche Ministerium ermächtigt, die Summen, die dem Kammerschulden-Tilgungsfonds übec den geseßlih festgelegten Betrag von 96 000 # hinaus in der Finanzperiode 1888/91 zugeflossen sind und aus dieser und der Finanzperiode 1892/95 noch zufließen werden, auch fernerhin zur Bestreitung der Kosten nothwendiger Bauten zu verwenden, deren Herrichtung dem Staat für Nechnung des Kammerguts obliegt.

Elsaß-Lothringen.

Straßburg, 6. November. Zu der gestern gemeldeten Au3weisung des Fabrikanten Gros und der Enthebung des: Fabrilanten Dreyer von seinem Ehrenamte als Erster Er- gänzungsrichter bei dem Amtsgerichte St. . Amarin schreibt die amilihe „Straßburger Correspondenz“:

Die Mittheilungen des „Temps* und anderer Vlätter über den Verlauf des Festes in Bussang, das gelegentlich der Eröffnung der Eisenbahnlinie St. Maurice Bussang stattfand, haben |ih in vollem Umfange bewahrheitet. Es ist amtlich festgestellt worden, daß die Fabrikanteu Theobaid Dreyer von St. Amarin und Eduard Gros aus Wesserling diesem Feste beigewohnt haben, ohne ihrer Pflichten eingedenk zu sein, welche sie, Ersterer als deutscher Reichsangehöriger, Leßterer als Gast im Elsaß, hatten. Seitens der Regierung ist daher der Fabrikant Theobald Dreyer (welher fäls{hlich als Bezirkstags- Mitglied bezeihnet wurde) feines Postens als Erster Ergänzungs- richter bei dem Amtsgericht St. Amarin enthoben und auf Grund des Gesetzes vom 3, Vezember 1849 die Ausweisung des \{chweizer Staatsangehöcigen Eduard Gros verfügt worden.

Bürgermeister Hug von Hüsseren-Wesserling, ein Angestellter des “auses Gros, Roman u. Cowp,, hat demissionirt und die Ent- {eidung über die Neubesczung dieses Postens teht noch bevor. Die Berufung eines besonderen Polizeikommifsars für den Kanton Str. Amarin hat sich als notbhroendig verausgestellt.

Im Kreise Molsheim ist, wie „W. T. B.“ meldet, der General-Major z. D. Freiherr Roeder von Diersburg mit 46 von 75 abgegebenen gültigen Stimmen in den Landes- ausshuß gewählt worden. Jn Met wurde der Kandidat der gemäßigten Einheimischen Lanique mit 22 von 28 Stimmen in den Gemeinderatz und Landesausshuß gewählt. Jn den übrigen Wahlbezirken des Bezirks-Präsidiums Met wurden die bisherigeu Landesausschuß-Abge- ordneten wiedergewählt. Fn Saarburg wurde der Notar Ditsch neugewählt,

Der Entwurf des Landeshaushalts-Etats für 1892/93 enthält, wie in den Vorjahren, wiederum einen nam- haften Zushuß für die Räumung und Regulirung der schiffbaren Fll vom Ladhof bei Colmar bis Straßburg. Derjenige Theil des Regulirungsprojekts an der ¡s{hiffbaren Jll, der speziell im landwirthschaftlichen Jnteresse ausgeführt wird, also namentlih die Korrektionen und Wehrbauten zu Be- und Entwäfserungszwecken, hat im Verlauf der Arbeiten allmählih dadurch eine erhebliche Er- weiterung etfahren, daß si die Neigung der Grundbesißer im Jllthale, Meliorationsgenossenschaften im Anshluß an die Fllregulirung zu bilden, in viel höherem Maße entwidckelt hat,

als dies seinerzeit hatte vorausgesehen werden können. Eine Reihe von Genossenschaften hat \sih gebildet und ist in Bildung begriffen, die den Zweck haben, durch große Bewässe- rungsanlagen die Vortheile der Jllregulirung auszunuyten.,. und durch die sich die Grundbesitzer zu diesem Zweck jehr bedeutende Kosten auferlegen. Die diesen Bedürfnissen ent- sprehende Erweiterung des Regulirungsprojekts am Fluß- bett selbst wird den Gesammtauswand um etwa 280 000 M erhöhen. Hierzu kommt, daß die Einheitspreise des gene- rellen Kosfienanschlags im Verlauf der 10 Jahre seit Auf- stellung desselben eine Steigerung von etwa 10 Proz. erfahren haben, Der Gesammikostenanshlag erhöht sich deshalb um etwa 357 500 M, d. h. von 775000 4 auf 1 132500 M

Es sind bis jeßt bewilligt 680 000 \ Für 1892/93 werden.

150 000 M als 11. Rate beantragt,

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 6. November. Die hier anwesenden deutschen:

Delegirten zur Revision des österreihish-unga-

rishen und deutshen Eisenbahnbetriebsreglements

gaben dem „W. T. B.“ zufolge heute Mittag ihren öster- reihishen Kongreßkollegen ein Dee N E | B sich die deutschen Delegirten auf ihre Posten zurück- egeven. i

Wie die Prager „Politik“ meldet, erhob der Magistrat von Reichenberg gegen den Herausgeber und ver-

antwortlihen Redacteur der „Politik“ sowie gegen: den böhmischen Volksschullehrer Fuks in Reienberg is

Am Sonnabend

rihtlihe Klage wegen Herabwürdigung dér Gemeinde- behörden und ersuchte um Delegirung des Reichenb erger Gerichts für die Verhandlung.

Großbritannien und Frland.

Die Königin hat an Stelle des verstorbenen ersten Lords des Schaßamtes W. H. Smith den Marquis von Dufferin und Ava zum Lord-Wardein der Cinque Ports und Constable des Schlosses Dover crnannt. Dem Lord- Provost von Edinburg John Boyd wurde der Baronsrang verliehen.

Wie amtlih gemeldet wird, hat der Sekretär des Schatz- amts Jackson den Posten eines Ober-Sekretärs für JFrland angenommen.

Der „Nationale Wachsamkeits-Verein“ hielt am 4. d. im Mansion House zu London seine 6. Jahresversammlung ab. Auf Antrag des Lordmayors nahm, wie die „Allg. Corr.“ berichtet, die Versammlung einstimmig einen Beschluß an, welcher dem Deutschen Kaiser den Dank dafür ausdrückt, daß er die Bestrebungen des Vereins zu würdigen wisse. Der Verein sei erfreut, daß Seine Majestät die Frage der öffentlichen Sittlichkeit jeßt so energisch aufgenommen habe.

Vom irischen Wahlagitations-Schauplag wird weiter berichtet :

In Cork herrshte am Mittwo® Ruhe, dafür aber war Water- ford der Schhauplay einer S{lägerei in großem iriscken Stil, In der Stadt war unter dem Vorsiß John Dillon?'s ein sogenannter Kongreß der Föderationisten, d. h. der Anti-Parnelliten, ab- gehalten worden Die Rede Dillon's beschränkte ih auf eine Vertheidigung gegen die Anklagen der Gegner, und die Ver- sammlung verli. f daher auch ohne Zwischenfall. Als aber Dillon am Abend nach dem Bahnhof fahren wollte, entstand ein reguläres Straßengefeßt zwis&en den beiden Parteien. Die Parnelliten, 2000 an der Zahl, wollten an Dillon blutige Rahe nehmen Swließlich rtethen die katholischen Priester, welwe der Versammlung beigewohnt hatten, die Delegirten folltin Dillon in die Mitte nehmen und ihm #0 sicheres Geleit bis zum Bahnbof geben. Die 100 Priester marschirten mit, wurden aber dafür au felbst nicht vershont. Die Polizei ging ta gesch!ossenen Reihen ein Mal un das ande:e aut die Angreifer los. Tie Schlägerei wurde so blutig, daß über 150 Personen verroundet D Dillon aber gelangte s{ließlich wohlbehalten aus Waterford erau‘

Die „Yorkshire Posi“ reibt: Jn Folge der allgemeinen Sywpathie, weihe sich in England dafür geltend matt, Uganda niht aufzugeben, hat die britische ostafrikanische Gesellschaft ten Kapitän Lugard telegraphisch angewiesen, dort zu bleiben. Es werden in England zur Zeit Samm- lungen veranstaltet, um der Gesellshaft die nöthigen Fonds zu verschaffen, um Uganda halten zu können.

Die chinesishe Regierung hat, wie die „A. C.“ meldet, dem britishen Auswärtigen Amt neue Mittheilungen über das angeblihe Vordringen der Russen in Pamir gemacht.

Frankreich.

__ Paris, 6. November. Der Deputirte Camille Drey- fuß hat, wie „W. T. B.“ berichtet, an den Minister Ro uvier geschrieben, erwürdeeine Anfrage an den Minister richten wegen der Baisse in russishen Fonds auf dem Pariser Markte, wenn der Minister auf die Berathung der Anfrage eingehe. Es heißt, Direysuß werde die Bestrafung der Urheber der Baisse verlangen.

Die Einnahmen aus den indirekten Steuern und Monopolen im Monat Oktober überstiegen den Vor- anshlag um 9 Millionen, die Einnahmen desselben Monats im vorigen Jahre um 9 900 000 Fr. Die Zölle allein brachten

61/2, Millionen mehr ein, als im Budget vorgeschen war. Rußland und Polen.

Zu dem neuen Ausfuhrverbot erfährt der „Revaler Beob.“, eine Deputation des dortigen Börsen: Comités gedenke nah St. Petersburg zu fahren, um womöglich auf Grund des leßten Passus des Ukases eine Erleichterung in der Ein- führung der Maßregel anzusireben und ih Behufs einiger Spezialfragen, die bereits aufgetaucht sind, die authentische Interpretation zu holen. Auch von anderen Hafenpläßen aus, ebenso wie voa den Vertretern des Kornhandels im Jnnern sollen ähnliche Schritte unternommen werden.

Aus Tiflis wird gemeldet, der Großfürst Georg Alexandrowitsch sei auf der Reise nah Livadia aus Abas Tuman in Bat um eingetroffen.

Spanien.

Der Marine-Minister Béranger hat, wie dem „W.T. B.“ aus Madrid gemeldet wird, in Folge einer Streitigkeit mit einem Journalisten seine Entlassung genommen. Der Minister- Präsident Canovas del Castillo wird einstweilen das Marine: Ministerium übernehmen. Gestern fand zwischen dem zurückgetretenen Marine-Minister und jenem Journalisten ein Duell statt, das jedo resultatlos verlief.

Ftalien. Jn der gestrigen Sißung der sogenannten inter- parlamentarishen Friedenskonferenz wurde die Be- rathung über die Resolutionen wegen Konstituirung eines

ia e Bureaus fortgesezt. An der Debatte betheiligte si nah dem Beriht des „W. T. B“ eine

große Anzahl Mitglieder verschiedener Parlamente. Der

Delegirte Gaillard entwickelte einen Abänderungs- antrag dahingehend, daß die Konferenz das Bureau als ein internationales parlamentarisches Comité ein- A Viele deutshe Deputirte widerstrebten, wie er aus- ührte, der Errichtung eines internationalen Bureaus aus dem Grunde, weil die Geseße ihres Vaterlandes diejenigen bestraften, die einer Vereinigung mit Verzweigungen im Auslande angehörten. Er sei jedoch der Meinung, daß die Mitglieder der interparlamentarischen Friedenskonferenz von solhen Gesezen niht betroffen würden. Der Delegirte Barth stellte es in Abrede, daß die deutschen Mitglieder ihrer heimishen Gesezge wegen eine inter- nationale Organisation zu fürchten hätten, er könne ih jedoch von einer solhen keinen Nuzen versprehen. Eine derartige Organisation sei nur eine äußere Form; das Hauptgewicht liege in der Arbeit eines jeden einzelnen Landes (Beifall). Gaillard bezeichnete einerseits die Furcht vor Allem, was international sei, andererseits die Besorgniß, daß Frank- reih in dem vorgeschlagenen Comité das Uebergewicht erlangen könnte, als Grund der ablehnenden Haltung Barth's. Hierauf wurde die Verhandlung geschlossen, die Abstimmung aber auf heute vershoben, Der Spanier Marcoarto wird in der heutigen Sißung einen Antrag ein- bringen, der auf die Freiheit und Neutralität der Land- und Meerengen abzielt.

_ Ueber die gestrige Sißung und die Stellung der ver- schiedenen Nationalitäten zu der Frage eines permanenten internationalen Bureaus entnehmen wir einem Telegramm der „Nat. Ztg.“ noch Folgendes: Jn der gestrigen Konferenz- sißung ereignete sih kein besonderer Zwischenfall. Wegen der unerträglihen Kälte waren die anwesenden Mitglieder noh weniger zahlreich als gestern, dagegen waren die Tribünen voll von Damen. Heute, wo die leßte Sißung stattfinden soll, wird die Abstimmung über die Frage eines permanenten internationalen Bureaus erfolgen. Zmbriani und Genossen verlangen Namenzsaufruf. Die Franzosen, Rumänier und Schweizer werden für die Bildung eines internationalen Comités stimmen, die Deutschen, die Oesterreicher und Ungarn, sowie die Engländer da egen. Die Ftaliener werden si spalten: die Radikalen mit Jmbriani an der Spige werden mit den Franzosen, die anderen, einige ausgenommen, werden mit den Deutschen stimmen.

Der „Frankf. Ztg.“ wird aus Rom telegraphirt: Das Gnteresse der politischen Kreise und der Presse für die Ver- handlungen der u nimmt sihtlich ab. Die ersteren betheiligen sih an ihnen auffallend shwach, und die Blätter berihten darüber in vielfah verstümmelter Weise, fast nur auf die Jmbriani’shen Tiraden sich beshränkend. Unter diesen Umjtänden ist es niht zu verwundern, wenn viele Mit: glieder die Wahl Roms als Ort der Konferenz bedauern und die Befürhtung äußern, daß ein unerfreulicher Verlauf der Konferenz einen empfindlichen Rückschlag auf die ganze Friedens- bewegung üben könne.

Luxemburg.

Luxemburg, 5. November. Der Staats- Minister Eyschen ist gestern Abend von seiner Reise nah Hohenburg zurücgekehrt. Ein von ihm ausgehendes Rundschreiben an die Deputirten theilt diesen mit, daß die Kammer am 10. November, 3 Uhr Nachmittags, zusammentreten werde und daß er von Seiner Königlichen Hoheit dem Groß- herzog zur Eröffaung der Session bevollmäthtigt sei. Die Eröffnung soll, der „Luxb. Ztg.“ zufolge, ohne großherzog- liche Botschaft erfolgen.

Griechenland.

Die Kammer isi auf den 28. Nooember (a. St.) ein- berufen. Wie dem „Dr. Journ.“ aus Athen geschrieben wird, gedenkt die Opposition, um ihre Zuverficht auszudrücken, ihrem von der Rundreise durch Europa zurückehrenden Führer Trikupis einen triumphalen Empfang zu bereiten. Es heißt, Trikupis werde selbst in der Kammer darauf dringen, daß die gegen ihn erhobeie Anklage niht fallen gelassen, sondern durchgeführt werde.

Schweden und Norwegen.

_(f) Christiania, 4, November. Nachdem das Panzer- {iff „Deutschland“ und der Aviso „Pfeil“ s{chon am Sonntag Vormittag hier angekommen waren, sind nunmehr heute Mittag auch die Panzershiffe „Friedrich Carl“, „Kronprinz“ und „Friedrih der Große“ in den hiesigen Hafen eingelaufen. Sobald die Schiffe zwischen der Festung Akers- hus undder Hauptinsel zu Anker gegangen waren, gaben sämmtliche neuangelommenen Schiffe Salut, während sie gleichzeitig Flaggenschmuck, mit der norwegischen Unionsflagge am Groß- topp, anlegten. Die Festung Akershus, auf deren Wällen sih zahlreihe Zuschauer versammelt hatten, beantwortete den Salut mit 21 Schüssen. Zu dem Ballfest für die Offiziere der deutshen Escadre werden, wie „Morgenbl.“ mittheilt, gegen 100 Offiziere und Kadetten einge- laden werden. Es ijt das erste Mal, daß die Haupt- stadt für die Offiziere einer deutshen Escadre einen Ball giebt. Als Seine Majestät der Kaiser Wilhelm hier war, begleitet von einer größeren deutschen Flottenabtheilung, wurde au ein Ballfest beabsichtigt; es kam aber niht zur Ausführung, weil die Festlichkeiten für den Kaiser die Zeit zu sehr in Anspruch nahmen. Deshalb be- nußen die Bewohner der Hauptstadt diesmal die Gelegenheit, um n deutshen Marine-Offizieren eine Aufmerksamkeit zu ecweisen.

l. November. Bei dem gestrigen Ball zu Ehren der Offiziere und Kadetten des deutschen Uebungs- Geschwaders war der Saal, wie „W. T. B.“ berichtet, mit deutschen und norwegischen Flaggen und Wappenschildern geschmüdckt. Um 10 Uhr fand ein Abendessen statt, bei dem der General-Arzt Thaulow auf Seine Majestät den König Oskar, dec Bürgermeister Cyristie auf Seine Majestät den Deutschen Kaiser und der Kommodore Lund auf das deutshe Geschwader toasteten. Der Contre-Admiral Köster, Chef des deutschen Uebungs-Geshwaders, antwortete mit einem Toast auf die Stadt Christiania, während der deutsche Konsul Baron von Oerßen einen Toast auf die norwegishen Damen autbrachte.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Die bis jezt vorliegenden Berichte über den Ausfall der Staatswahlen stellen ih im großen Ganzen zu Gunsten der Demokraten. Jn den Südstaaten Alabama, Georgia, Maryland und Süd-Carolina unterlag der „A. C.“ zufolge das Resultat von vornherein keinem Zweifel. Jn keinem diesex Staaten hatten die Republikaner auch nur die geringste Aussiht auf Erfolg. Es verdient jedoch Beachtung, daß der Gouverneur von Maryland die größte demokratishe Mehrheit seit Befreiung der Neger auf ih vereinigt hat, und auch in den Staaten New Jersey und Virginia ist der demokratishe Triumph nicht minder groß. Die wirklich maßgebenden Wahlen vollzogen sih indeß niht im Süden, sondern in den vier Nordstaaten New-York, Ohio, Jowa und Massachusetts, welche bei den vorjährigen Kongreßwahlen demokratish gestimmt hatten. Die Republikaner haben in diesem Zahr die Genugthuung, in Ohio bei der Gouverneurswah! den demokratischen Kandidaten geschlagen und den Urheber der bekannten Tarifbill MacKinley erwählt zu haben. Die demokrat:\he Presse erklärt freilich, daß sie diesen Triumph nicht der MacKinley-Bill, sondern der Auf- nahme der freien Münzprägung in das demokratishe Pro- N verdanken. Das Wahlresultat in den anderen drei Staaten ietet den Republikanern jedoch wenig Anlaß zur Freude, Die Demokraten waren siegreih in New-York mit der größten Mehrheit, über die sie seit 1882 verfügt haben, und behaupteten auch die erst im leßten Jahr gewonnenen Temperenzstaaten Massachusetts und Jowa. Dieses Resultat ist von hervorragender Bedeutung für die Tariffrage und die Präsidentenwahl des nächsten Jahres. Die Demokraten behaupteten und ver- arößerten ihre Stimmenzahl in allen Fällen, in denen der Tarif für das Wahlprogramm ausschlaggebend war, und zwar ungeachtet der phänomenalen Herbsternte. Die Aus-

sichten des republikanischen Präsidentschaftskandidaten erscheinen in dem Licht der diesjährigen Wahlen sehr trübe, dagegen die des demokratishen Bewerbers um so heller und günstiger.

Der Kriegs-Minister Proctor ist formell um seine Entlassung eingeks...men, weil er zum Bundes-Senator erwählt worden ist.

Brasilien. Der Berichterstatter des „New: York Herald“ meldet über die Wirren in Rio de Janeiro: Auf den Straßen der Stadt sei es an dem fkritishen Tage zu blutigen Kämpfen gekommen ; die Unruhestifter seien verhaftet worden. Die Spißen der Armee hätten den Marschall Deodoro da Fonseca ausdrücklih gebeten, die Diktatur zu übernehmen und die Kammer aufzulösen, weil sie verfassungs- widrige Geseße genehmigt habe. Nach dem betreffenden Dekret solle die Diktatur so lange dauern , bis die politishe Revolution am Ende sei. Das Ministerium erkläre am Schlusse des Erlasses, dies sei das Beste für das Lanb. Die Bewohner der Provinz Allegro seien nit Willens, die Diktatur des Präsidenten. anzuerkennen, Jn Rio Grande do Sul wollten die Republikaner bewaffneten Widerstand leisten; sie sagten, Marschall da Zonseca beabsichtige eine Wiederherstellung des Kaiserreiches. Die Marine habe fich für die Diktatur erklärt. Ju der Hauptstadt herrsche jeßt Ruhe. In Lissabon eingetroffene Depeschen aus Rio de Janeiro besagen, das Kongreßgebäude werde von Truppen bewacht, die Theater seien geschlossen, Militärabtheilungen hielten die Straßen beseßt. Dem „R B.“ wird aus Rio de Janeiro vom 6. d. ferner gemeldet: Die allgemeine Lage sei fast unverändert. Jn allen öffentlihen Angelegenheiten sei der Einfluß des Präsidenten der Bank der Republik Mayring der vorherrschende. Dieser gehe in der größten Strenge gegen seine persönlichen Gegner vor. Der Graf Figureido werde polizeilich überwacht, dem Redacteur eines Journals sei Deportation angedroht worden, die Mitglieder des Kongresses verließen die Hauptstadt. Aus den Provinzen liege nihts Neues vor.

Chile, Wie der „Times“ aus Santiage gemeldet wird, hat der Kapitän George Montt die Kandidatur für die Präsidentschaft angenommen.

Afrika.

Egypten. Die zwischen der egyptischen Regi-rung und Frankreich, Rußland und Griechenland über die Beau? fich- tigung der Apotheken und öffentlichen Lokale ent- standene Streitigkeit ist, wie „N. B.“ aus Kairo meldet, nunmehr thatsächlih beigelegt worden. Die Vorschriften seien ein wenig modificirt und in dieser Fassung den Regierungen von Paris, St. Petersburg und Athen vorgelegt worden. Sollten diese Regierungen ihre Genehmigung ertheilen, so würden die gemischten Gerichtshöfe gleihfalls ihre Zustimmung zu ertheilen haben.

Kunst und Wissenschaft.

Ueber das Kaiser Wilbelm-Denkmal auf dem Kyff - bäufer wird uns Folgendes mitgetheilt: Die Bewerbungsentwürfe für das Reiterstandbild des Kaiser-Denkmals auf dem Kyffhäuser nebst Nebenfiguren sind im Ausstellungsgebäude auf dem Cantianplatz in Berlin, in der Nähe der Museen, einzuliefern. Die Einlieferung kann vom 30, November bis spätestens zum 5. Dezember l. I., Abends 6 Uhr, erfolgen. Auswärtige Bewerber haben ihre Entwürfe mit entsprehender Bezeichnung an die Speditionsfirma Phalandt & Dictrich, Berlin, Oranienburgerstraße 13/14, zu adressiren. Der Aufbau kann vom 7. Dezember l. J. an erfolgen und muß spätestens am 12, Dezember, Abends, beendigt sein. Das Preisgerit tritt am 14. Dezember zusammen. Nah dem Spruch des Preisgerihts findet

eine öffentlihe Ausstellung der Entwürfe statt. Für die Rücksendung der niht preisgekrönten bezw niht angekauften Entwürfe bleiben die Bestimmungen des Preisausshreibens maßgebend, _ Um das Andenken Franz von Dingelstedt's, des ver- storbenen Dichters und Wiener Hofburg-Theater- Direktors, zu ehren, foll an dem Wohnhause in Rinteln, wo der Dithter seine Fugend- jahre verlebte, eine marmorne Gedenktafel mit dem Medaillon- bildniß Dingelstedt's angebracht werden,

Jn unserer Notiz über das Tempera-Malverfahren in Nr. 261 des „R. u. St.-A.“ muß es bei Mittheiluna über die Zu- sammensezunç der Temperafarbe heißen: „die statt des Oels Eiweiß (niht Firniß), Honig und Leimwasser verwendet“.

Theater und Musik.

Thomas-Theater.

Die Kneisel ¡he Posse , Der Kunstbacillus* fand gestern Abend bei der ersien Aufführung eine sehr günstige Aufnahme. Der Ha plvocug der neuen Posse besteht darin, daß sie eine wirksame

tolle für Herra Direktor Emil Thomas enthält; es ist dies ein

Rentier und Leiter eines Liebhaber-Theaters Namens Igelfish, der seine Theatershwärmereci aus der Zeit sei1es Wirkens als Theaterfcriseur in sein \pâteres Privatleben mit hinübergenommen hat. Verwirrungen und komische Verwicklungen, die dur den Eigensinn und die Phan' tasterei des Kunstshwärmers hervorgerufen werden, bilden den Inhal: einer Reihe komisher Scenen, deren Reiz in der humoristisen, oft grotesk-lächerlihen Darstellung des Helden durch Herrn Thomas ihren Gipfelpunkt erreiht. Eine vorzubereitende Hamlet- Auffüh- rung spukt durch das ganze Stük und gestattet Herrn Thomas al3 Geist des alten Königs von Dänemark zu erscheinen, eine Charaktermasfke, in der er niht minder erheiternd wirït, als in der Rolle des edlen Römers im „Raub der Sabinerinnen“. Die Hand- lung, die in erster Linie darauf zugeschnitten ist, einen starken Lachreiz auf die „Zuschauer auszuüben, entbehrt troßdem nicht einer gewissen Einheitlichkeit in der Durchführung des Haupt- gedankens:; der Kunstbacillus, der sich im Haupte des Helden ein- genistet hat, rihtet fürchterli&e Verheerungen an und kann nur dur sehr derbe prosaishe Mittel vertrieben werden.

Es wurde keck und fris gespielt, besonders in einzelnen Episoden- rollen. So riefen die beiden Theatereleven, durch die Herren Walden und Guthery in einer übermüthigen, grotesken Manier dargestellt, große Heiterkeit hervor; auch die ae des Herrn Wellhof als Malstein, geheimnißvol und s{chweigend über die Bühne zu schreiten, führte der Darsteller so ges{ickt und komisch dur, daß er viel zur Fröhlihkeit des Abends beitrug. Die Liebhaberrollen waren nah bewährtem Muster vertheilt; Herr Peters spiele den schüchternen, Herr

Kaiser den flotten und Herr Barthold den ver- Ra bien Ehbekandidaten. Von den Leistungen der Damen ist nur die des Fräulein Frida Wagen besonders hervorzuheben. Sie spielte mit Anmuth und Schelmerei und half durch ihre diskrete Darstellung besonders über die Fährlihkeiten der etwas gewagten

rinkscene hinweg. A e Gauen dat das Thomas- Theater einen neuen Heiterkeits- erfolg zu verzeihnen, zu dem der Verfasser wie die Darsteller gleih- mäßig- beitrugen ; ihnen galt der Beifall des Publikums demnach zu gleihen Theilen.

Seine Majestät der Kaiser, Seine Hoheit der Grks prinz und Ihre Königliche Hoheit die Erbprinzessin von Sachsenà