1891 / 269 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 Nov 1891 18:00:01 GMT) scan diff

vom 3. bis 8. d. M. im K. K. Handels-Ministerium zu Wien zwischen Vertretern der betheiligten Reaierungen über dessen Shhlußredaktion verhandelt worden. Von deutscher Seite waren die vortragenden Räthe im Reichs Eisenbahnamt, im Reichs- Justizamt und im Königlich preußishen Ministerium der öffentlihen Arbeiten Dr. Gerstner, Dr. Hoffmann und Dr. von der Leyen, sowie der Königlih bayerishe Regierungs- Direktor von Böhm und der Ober-Jnspektor Wohlmuth, Mit- glied der General-Direktion der Königlich bayerischen Staats- eisenbahnen hierzu entsendet. Den Vorsiß führte der Se!tions- Chef im K. K. Handels-Ministerium, Geheime Rath Dr. Ritter von Wittek, an der Spiße der ungarischen Delegation stand der Ministerial-Rath und Sefktionsleiter im Königlich ungari- schen Handels-Ministeriuum von Kilenyi. :

Die Verhandlungen haben zu einer erfreulichen Ver- ständigung über alle wihtigen Punkte geführt. Für Deutsch- land wird der Entwurf der Beschlußfassung des Bundesraths unterbreitet werden.

Die gestern bereits erwähnte Konferenz des Reichs- Versiherungsamts mit Vertreten der Landes- Versicherungsämter und der Fnvaliditäts- und Altersversiherungsanstalten wurde von dem Prä- sidenten Dr. Bödiker mit begrüßenden Worten eröffnet, worauf der Direktor im Reichs- Versicherungsamt Gaebel einen kurzen Ueberblick über das zur Ausführung des Javaliditäts- und Altersversiherungsgescßes seit der lezten gleihen Kon- ferenz Geschehene gab. Er erwähnte dabei insbesondere die vom dem Reichs-Versiherungsamt erlassene Anweisung vom 31. Oktober 1890 über den Kreis der versicherten Personen, die Anweisung vom 29. Oktober 1890 über die Auszahlungen der Renten durch die Post, ferner die Rehnungsvorschriften vom 30. Oktober 1890, die sich bisher sämmtlich im Al- gemeinen bewährt hätten, und hob die Ausdeh- nung hervor, welhe die schwierige und verantwort- liche Thätigkeit des Reichs-Versicherungzamts als legte Instanz in Revisionssahen genommen habe. Es find bis zum 1. November 1891 bereits 961 Revisionen eingegangen, von denen bisher an 26 Sizungstagen 250 erledigt worden sind. Die meisten derselben stammen sowohl abfolut als auch relativ aus Ostpreußen, Thüringen und Hessen- Nassau, die wenigsten aus dem Königreih Sachsen. Uebrigens sind es bisher weniger die Arbeiter gewesen, die mit den Urtheilen der Schiedsgerichte niht zufrieden waren, als vielmehr die Anstaltövorstände und Staats- fommissare: auf jene entfallen 381, auf diese 472 —+ 108 = 580 Revisionen. Ueber die bisherige Thätig- feit des Rechnungs8bureaus theilte der Nedner mit, daß von demselben 63 000 Nenten erstmalig, 50 000 Renten endgültig vertheilt seien.

Es wurde darauf in die Berathung ver Tage?ordnung eingetreten.

Zu den von dem Reichs-Versicherungsamt ausgearbeiteten Vorschlägen für die zur Durchführung des FJnvaliditäts: und Altersversicherungsgeseßes erforderlichen statistishen und versiherungsiechnischen Vorshläge hob der Vor- sigende zunächst hervor, daß die Vorschläge nur die Bedeutung eines unmaßgeblichen, zur Einleitung der Er- örterung der Frage bestimmten Entwurfes haben follten, Demnächst erläuterte der Vorsteher des Nehnungsbureaus des

Reichs: Versiherungs8amts Dr. Beckmann die Bedeutung und Tracweite der Vorschläge des Reichs-Versicherungsamts und verbreitete sich vabei auch über die finanzielle Belastung, die den Versicherungsanstalten durch die in Vorschlag gebrachten statistishen Arb-iten erwachsen würde (der Rheinprovinz z. B.

etwa 30 000 M jährlich). Aus der Mitte der Versammlung wurden Bedenken gegen die Vorschläge laut. Diese wurden als zu weitgehend jedenfalls in der Richtung bekämpft, daß sie eine Berücksichtigung der einzelnen Berufe bei der Statistik in Aussicht nähmen. Nachdem die Vertreter des Reichs-Veisiche- rungzamts erklärt hatten, hierauf ein entsheidendes Gewicht nicht zu legen, wurde weiter erörtert, ob es sich nit empfehle, zunächst die Erfahrung der Zukunft abzuwarten und die Vor- schläge des Reihs-Versicherungsamts alsdann wic-derholt zu erörtern. Es wurde weiter als möglih bezeihnet, erst gegen Ende der ersten Beitragsperiode das bis dahin. angesammelte Kartenmatcrial zu verarbeiten, um sih über die Beibehaitung oder eventuelle Abänderung der bisherigen Beiträge zu entscheiden. Letztere Maßnahme wurde von verschiedener Seite, wenn nicht als unmöglich, so jedenfalls nur mit erheblihen Kosten und mit großer Mühewaltung ausführbar bezeihnet. Nachdem {ließlih darauf hingewiesen worden war, daß die Vorschläge des Neis: Versichert ungsamts wesentlih mathematisch-tehnish:n Inhalts find und hier vor Allem das Gutachten mathematischer Sachverständiger leitend sein müßte, beschloß die Versammlung, die Vorschläge zunächst in einer von elf näher bezeichneten Anstalten zu beschitenden Kommission mit dem Reichs- Versicherungsamt erörtern zu laffen.

Die Frage IT der Taçgeëordnung, ob die Arbeitgeber verpflichtet sind, für diejenigen Versicherten, die sih nicht im Besitz einer Quittungskarte befinden, eine solche zu be- schaffen, entspann sich eine lebhafte Debatte. Mehrfach wurde hervorgehoben, daß die Ausübung eines Zwanges nach der Richlung der Ausstellung und rechtzeitigen Vorlegung der Quittungskarte erforderlih fei, und da, wie allseitig an- erkannt, ein Zwang gegen den Versicherten im Gesetz nicht gegeben sei, die Durchführung der FFnvaliditäts- und Altersversicherung wesentlih werde erschwert werden, wenn eine durch Strafe erzwingbare Pflicht der Arbeitgeber niht anerkannt werde. Andererseits hielt man es für gerathen, zunächst weitere Erfahrungen abzuwarten. Bei der bevorstehenden allgemeinen Erneuerung der Quittungskarten werde es sih zeigen, ob thatsächlih hier Mißstände hervortreten oder nicht. Sollte sich später das Bedürfniß ergeben, Zwangsmaßregeln zu schaffen, so werde es nur im Wege der Geseßesänderung geschehen fónnen, und zwar derart, daß es den Versicherten bei Vermeidung von Strafen zur Pfliht gemaht wird, sich eine Quittunzékarte ausstellen zu lassen und dieselbe bei der Lohnzahlung dem Arbeitgeber vorzulegen.

Bei Erö1terung der Frage der Anwendbarkeit des 8. 142 des Fnvaliditäts- und Altersversiherungszeseßzes (Punkt I11 der Tagesordnung) auf die gemäß §. 161 a. a. O. ausgestellten Bescheinigungen der Arbeitgeber wurde die Zulässig- keit einer Strafbefugniß der Vorstände mit Rücksicht auf die vielfah zu Tage tretende Ungenauigkeit bei Ausstelung der gedachten Bescheinigungen von mehreren Seiten dringend be- fürwortet. Die Mehrheit der Versammlung war aber der Ansicht daß der Wortlaut des §. 142 diese Auslegung nicht wohl gefiatte. Die Vertreter der Landes: Versicherungsämter

von Bayern, Sachsen und Württemberg theilten mit, daß diese Ansicht auch in ihren Amtsbezirken getheilt werde.

Zu Punkt IV der Tagesordnung wurde von verschiedenen Seiten dem Wunsch Ausdruck gegeben, die Belastung, welche den Versicherungsanstalten durch eine langjähriae Aufbewahrung der Quittungskarten erwüchse, durh Einführung von Sammelkarten zu beseitigen. Von einer Seite wurde die Vernichtung der Quittungskarten und deren E seßung durch Sammelkarten nur auf Grund einer Gesegesänderung für zulässig erahtet. Von anderer Seite wurde es als unzweifelhaft bezeihnet, daß der Bundesrath ge- mäß §8. 107 Abs. 2 in dieser Angelegenheit Bestimmung treffen könnte. Zum Erlaß einer derartigen Novelle oder eines entsprehenden Bundesrathsbeschlu}ses sei aber der Zeitpunkt noch nicht gekommen. Es wurde aber von vielen Seiten empfohlen, die zur Ausbewahrung der Quittungskarten be- stimmten Räumlichkeiten zunächst nur für eine Zahl von etwa fünfzehn Karten für den einzelnen Versicherten einzurichten. Bis diese Zahl angesammelt sei, werde wohl der Geseßgeber oder der Bundesrath Abhülfe geschaffen haben. :

Zu Purkt V der Tagesordnung wurde gegen zwei Stimmepo, die unerheblihe Aenderungen der geltenden Quittungskarte befürworteten, beschlossen, nicht shon jeßt irgendwe!che Aenderungen zu beantragen. Eine Bemerkung, daß die Karte {hon für eine gewisse Zeit vor dem Tage der Ausstellung gelten solle, könne unbedenklich handschriftlic, etwa durch die Worte „gültig vom “, bei dem Datum der Ausstellung gemacht werden.

Zu Punkt V1 der Tage2ordnung wurde es allgemein als wünschentwerth bezeihnet, wenn die Quittungskarten Verstorbener (und Auswandernder) möglichst zahlreich an die Versiherungsanstalten abgegeben würden. Auch wenn die wiederholte Verwendung der auf diefen Quittungskarten befindlih:zn Marken durch anderweite Bestimmungen des Bundesraths über die Markenentwerthung im Wesentlichen verhindert werden wird, so liege es troßdem im Jnteresse der Versicherungsanstalten, in den Besiy der Karten zu gelangen (um zu wissen, wer aus dem Versicherungsverhältniß aus- geschieden sei). Es wurde aber das Bedürfniß nach einer geseßlichen Bestimmung im Sinne der zwangsweisen Abnahme dieser Karten von den Erben (Angehörigen) im Verwaltungswege zur Zeit niht anerkannt. Würden später zahlreihere Fälle einer Renitenz der Erben 2c. bekannt werden, so könne die Sache in wiederholte Erwägung gezogen werden.

Die Berathung zu Punkt VIT der Tagesordnung ergab die fast allseitiae Ansicht der Versammlung dahin, daß nach den bisher gemachten Erfahrungen und mit Rücksiht auf die Schädigung des öffentlichen Rechtsbewußtscins, welche durch die betrüglih erlangten Rentenbewilligungen herbei- geführt würde, bei dem Bundesrath der Erlaß einer Kaiser- lihen Verordnung, betreffend die Erweiterung der für die Wiederaufnahme des Verfahrens zugelassenen Gründe (8. 82 des Jnvaliditäts- und Altersversiherung2geseßes) in Antrag zu bringen sei. /

Zu Punkt VIIT der Tagesordnung erklärte sih die Ver- sammlung einstimmig dafür, daß die bestehenden Vorschriften über die Entwerthung der Beitrags8marken durch die Arbeitgeber und die Versicherten dem Bedürfniß nicht ge- nügten. Der vorgeschriebene s{chmale \{chwarze Strich sei eine halbe Maßregel. Die Praxis dränae mit Nothwendigkeit auf eine Entwerthung durch Datums- eintragung. Bei Erörterung der weiteren Frage, ob eine obligatorishe oder nur eine fakultative Datums-

eintragung zweckentsprehend sei, war die Versammlung ge-

theilter Ansicht. Die Mehrheit war nicht der Ansicht, eine obligatorishe Eintragung dem Bundesrath zu empfehlen (niht Jedermann habe bei der Lohnzahlung stets Feder und Dinte zur Hand, namentlich im Freien; es gebe schreibens- unkundige Azbeitsgeber 2c.), vielmehr entshied man sih für eine fakultative Eintragung, wobei erwogen wurde, bei dem Bundesrath anzuregen, die obligatorishe Eintragung auf Grund näherer Verfügung d.r Landes - Centralbehörden zuzulassen. Die Versammlung war aber einstimmig der Ansicht, daß die Eintragung des s{chmalea s{hwarzen Strihs in Zukunft wegfallen müsse, da sie einerseits zwecklos sei, indem sie die wiederholte Verwendung der Marken nicht verhüte, andererseits den Jnhalt der Marke unkenntliher mache, namentlih bei den Marken der Sou e L, Ferner war man der Meinung, daß für die Eintragung des Datums nicht ein bestimmter Raum auf der Marke vorzuschreiben, daß vielmehr das Datum über die ganze Varke hingeshrieben oder mittels Stempels ein- getragen werden könnte.

Zu Punkt IX der Tagesordnung war man im Allge- meinen der Ansicht, daß die Versicherungsanstalten nur in denjenigen Fällen von ihrer Strafbefugniß Gebrauch magen sollten, wo den Betreffenden böser Wille oder grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden könnte. Dagegen könne es nit gebilligt werden, wenn die Versiherungsanstalten auch in denjenigen Fällen von ihrer Strafbefugniß Gebrauch machen, wo die Frage der Versicherungëpflicht nicht unzweifel- haft ist.

Zu X gab die Frage der Versicherungspflicht der in ausländishen Transportb'etrieben im FJnlande be- scchäftiglen Arbeiter zu eingehender Debatte Anlaß, bei der die Versicherungspflicht dieser Arbeiter im Allgemeinen zwar angenommen, jedoch die praktishen Schwierigkeiten der Durch- führung des Geseßzes in diesen Fällen betont wurden,

Um 6 Uhr Nachmittags wurde die Berathung abgebrochen und heute Morgen um 91/4 Uhr fortgeseßt.

_ Der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten hat an sämmilihe Königlihe Provinzial - Shulkollegien folgenden

Erlaß gerichtet : . „Berlin, den 12. November 1891.

Jn den „Ergänzungen zu dem Seminar-Lese- buche“ sind die weiter unten berihtigten Druckfehler be- merft worden. Jh habe dafür Sorge getragen, daß dieselben in den neuen Auflagen verbessert werden, veranla}? aber das Königliche Provinzial-Schuikollegium zugleih, die Seminar- Direktoren auf dieselben aufmerksam zu machen, damit die Jrrthümer in den Büchern, welhe sich in den Händen der Seminaristen befinden, berichtigt werden können.

S. 71 am Ende des zweiten Absatzes sind die Worte aus Josua Kap. 24 V, 15 als Jnschrift der Kuppel der Schloß- fapelle bezeihnet ; die Jnschrift ist aber dem Briefe St. Pauli an die Philipper Kap. 2 V. 10 entnommen.

s S. 85 Z. 7 von oben ist zu lesen: „des christlihen Volks- ebens“;

ebenda Z. 7 ist stait „ruht“ zu lesen: „steht“. S. 96, Fußanmerkung Z. 9 von unten, ist statt: „Königin-

of“ zu lesen: „Kemperhof“. E ! Graf von Zedlitz.“

Jn der Mittheilung über die Bewährung der für die preußishen Staatseisenbahnen in der Zeit von 1884 bis 1891 gelieferten Schienen in der Nummer 265 des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ vom 10. November 1891 sind irrthümlich hinter den Worten „innerhalb dieses Lieferung®- umfanges“ die Worte „in jedem Fahre“ ausgelassen.

Während durchschnittlich von j: 10 000 Stück der über- haupt gelieferten Schienen in jedem Garantiejahre 1,8 StüÆ gebrochen und damit ersaßpflihtig geworden sind, sind durh- shnittlich von je 10000 Stück der vom Bochumer Verein gelieferten Schienen in jedem Garantiejahre nur 0,724 Stü gebrochen und ersaßpflihtig geworden.

Der Königlihe Gesandte in Darmstadt Freiherr von E hat einen ihm Allerhöhst bewilligten Urlaub an- getreten.

Hannover, 14. November. Das Königs-Ulanen- Regiment (1. Hannoversches) Nr. 13, dessen Chef Seine Majestät der Kaiser is, begeht heute die Feier seines 25 jährigen Bestehens. Wie der „Hann. Cour.“ mittheilt, findet heute Vormittag 11 Uhr Regiments-Appell auf dem Kasernenhofe statt, an dem außer dem Regiment die an- wesenden früheren aktiven Offiziere, die Reserve- Offiziere, die früheren Einjährigen, der Verein ehemaliger Königs-Ulanen und sonstige frühere Angehörige des Regiments Theil nehmen. Um 111/, Uhr ist Frühstück der Offiziere in der Offizier-Speiseanstalt, um 1211/4 Uyr findet Speisung der Maunschaften in der großen Reitbahn, die hierzu festlich geshmüdt ist, statt. Um 5 Uhr Festessen dec Offiziere in Kasten's Hotel. Abends Kommers und Festlichkeiten des Vereins ehemaliger Königs- Ulanen im Fest)aale des Arbeitervereins, unter Theilnahme des Offiziercorps, seiner Gäste und der ehemaligen Einjährig- Mae Als Gäste erscheinen u. A. die Generale Grafen Waldersee, der General von Bomsdorff, der General der Kavallerie von Heßbverg, der General von Wurmb, der General - Lieute- nant von Barby, der Oberst Fceiherr von Rosenberg. An Festgaben sind bereits eingetroffen : von den ehemaligen aftiven Offizieren ein Kolossalaemälde der Schlacht bei Mars la Tour und von den RNeserve--Offizieren des Regiments eine Stuben- einrihtung für die Speiseanstalt des Offizier-Corps.

Die hiesigen städtishen Kollegien bewilligten dem „W. T. B.“ zufolge einen Beitrag von 14 000 4 zu den Kosten dex Vorarbeiten für den Rhein-Weser-Elbe- Kanal.

Bayern.

_ Münthen, 13. November. Der Königlich preußische Ge- sandte am bayerischen Hofe, Graf zu Eulenburg ist, wie die „Allg. Ztg.“ mittheilt, nah seiner Rückkehr nah München von Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz-Regenten in Audienz empfangen worden. Er trug hierbei vor, wieSeine Majestöt der Kaiser ihn beauftragt habe, Seiner König!ichén Hoheit wiederholt die Allerhöchste Freude und Anerkennung über die Leistungen der bayerischen Truppen während der diesjährigen Könias-:Manöver zum Ausdruck zu bringen. Die Eindrücke, die Seine Majestät von der bayerishea Armee sowohl in ihrer Gesammtheit als in ihren einzelnen Gliedern gewonnen habe, seien äußerst günstig. Die hohe Stufe kriegerischer Ausbildung, auf der die Armee stehe, sèi nicht nur in der Haltung und Leistung des einzelnen Mannes hervorgetreten, sondern habe sich auch in der Gefehts8- thätigkeit der feineren und größeren Verbände bemerkbar

gemacht. Mit Rahe und Sicherheit geführt, häiten sie si

den höchsten militärishen Anforderungen gewachsen gezeigt. Wie die Truppe, so habe au die oberste Führung diz an sie herantretenden Aufgaben in hervorragender Weise zu erfüllen gewußt. Seine Majestät der Kaiser könne Seine Königliche Hoheit den Prinz-Negenten zu dem hohen Grad der Kriegs- tüchtigkeit und Leistungsfähigkeit, welche die bayerishe Armee unzweifelhaft besiße, nur beglückwünschen.

Seine Königlihe Hoheit der Prinz-Regent hat an den Sohn seines verschiedenen General-Adjutanten, den Lieutenant Freiherrn von Freyschlag, folgendes Hand- schreiben gerichtet:

e Vein lieber Lieutenant Baron Freyschlag von Freyenstein!! Tief erscchüttert dur das {were Verbängniß, das so unerwartet Ihren Vater den Reihen der Lebenden entriß, wende Ih Mich an Sie mit dem Ausdrucke Meines aufrichtiasten, innigsten Beileids. Sie wissen, wie theuer Mir der Verblichene war. Seit dreiundzwanzig Jahren ununterbrochen in Meinem un- mittelbaren Dienst thätig, hat er Mein Vertrauen jederzeit un- bedingt genossen und stets im vollsten Maße gereGtfertigt. Ich verliere mit ißm einen howgeshäßgten, vielerfaßrenen, reih- begabten Beratber, der, durch alle Tugenden des Mannes ausgezeichnet, im strengsten Pflichtgefühl, unermüdlicher Ausdauer und uneigennüßiger Gewissenhaftigkeit weithin ein glänzendes Vorbild war. Seine selbst- ofe Hingabe an Kroxe und Land, jeine treue Anbänglichkeit an Meine Person gaben ihm Kraft auch in den jüngsten Tagen noch, der An- zeichen s{chweren körperlichen Leidens nicht achtend, in der Wahr- nehmung feines anstrengenden und verantwortungsvollen Amts auszus harren bis zum leßten Athemzuge. Dem edlen "anne feit vielen Jahren zu unauslös{chlichem Danke verpflichtet, werde Ih ihm immcrdar ein lebhaftes ehrendes Andenken bewahren. Möge Ihnen, Miin lieber Ba:on, wie Ihrer S{@wester und sämmtlihen Ange- bôrigen ter Familie diese Versicherung in den Stund?n bitterer Heim- suhung einigen Trost gewähren, und möge Gott Sie stärken, dem Schmerze Stand zu halten, der Sie, wie I voll und ganz empfiade, so tief niederbeugeu muß. Mit den huldvollsten Gesinnungen verbleibe Ich, Mein lieber Baron,

/ Ihr wohlgeneigter

München, 12, Novembver 1891. Luitpold,

Prinz Regert von Bayern.“

Die Beerdigung des verstorbenen General-Adjutanten

Freiherrn Freyschlag von Freyenstein fand heute im ,

Beisein Fhrer Königlichen Hoheiten des Prinz-Regenten und der Prinzen Ludwig, Arnulph, Rupprecht, Ludwig Ferdinand

und Alphons in feierliher Weise auf dem Südfriedhofe statt.

Der Beisezung wohnten auch die fremden Gesandten, sämmt- liche Minister, die obersten Hofchargen, die Generalität, der Regierungs-Präsident, der Erzbischof, Vertreter des Landtages, der Behörden und zahlreicher Korporationen bei.

Die Kammer der Abgeordneten genehmigte ein-

stimmig ohne Debatte den Militärnachtrags - Etat im.

Betrage von 6298836 , sowie ferner nah lebhafter Debatte die geforderten Extrakredite für Telephon-, Telegraphen- und Postbauanlagen. Sachsen-Weimar-Eisenach. i

Freitag, den 13. November, ist, wie die „Th. C.“ meldet, in Jena eine Konferenz von Vertretern der an dem Jenaer Ober: Landesgericht betheiligten Staatsregierungen zu- fammengetreten. Für Sachsen-Weimar-Eisenah nimmt an den Verhandlungen Theil der Staats-Minister Dr. Freiherr von Groß. Preußen ist vertreten durch den Geheimen Justiz-Rath Planck aus Berlin, Sachsen - Meiningen durch den Geheimen Justiz - Rath Cronacher, Satfen- Altenburg durch den Geheimen Staatsrath Goepel, Sachsen- Coburg-Gotha dur den Staatsrath Strenge und den Geheimen Justiz-Rath Ana cker, Schwarzbur -Rudolstadt dur den Staatsrath Hauthal, Reuß ä. L. durch den Regierungs- Rath von Meding, Reuß j. .L. durch den Geheimen Rath Dr. Vollert. Zur Berathung stehen verschiedene die Justiz- gemeinschaft betreffende Angelegenheiten.

Oldenburg.

Oldenburg, 12. November. Das Großherzogliche Staats-Ministerium hat, nah der „Wes. Zig.“, darauf aufmerksam aemacht, daß die Bestimmung des §8. 1 der Kaiser- lichen Verordnung vom 3. September d. F, Über die Einfuhr von Schweinen, Schweinefleisch und Würsten amerikanishen Ursprungs die Vor- {riften einer Ministerial - Bekanntmahung vom 22. November 1883, betreffend die Untersuchung des Schweinefleishes, nicht aufhebe. Jusbesondere bleibe daher Derjenige, welcher Schweinefleish oder Präparate davon zum Wiederve1kauf im Kleinhandel oder zur weiteren Verarbeitung von Amerika bezieht, verpflichtet, die Waare dur den Fleishbeshauer mikroskopisch untersuchen zu lassen oder den Nachweis zu erbringen, daß eine solhe amtliche Untersuhung innerhalb des Deutschen Reichs bereits statt: gefunden hat.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 14. November. Jm Marineauss{chuß der ungarischen Delegation führte der Chef der Marine, Admiral Freiherr von Sterneck aus, Oesterreih Ungarn kfônne jeßt in der Weiterentwickelung der Flotte ein lang- fameres Tempo eintreten lassen, weéêhalb ein Bau neuer Schiffe in dem diesjährigen Voranschlage nit vorgesehen sei. Die Weiterentwickelung dcr österreichishen Flotte fei jedoch unabweislih, sowohl wegen der nothwendigen Ver- theidigung der Küste als auch wegen der erforderlihen gründ- lichen Reparirung-n mehrerer Kriegsschiffe. Auf eine Anfrage wegen der Beschädigung des größten Kriegsschiffes „Kronprinz Rudolph“ bei der dänischen Expedition erkiärte Admiral Sterneck, die Konstruktion wie die Krieg8tüchtigkeit dieses Schiffes sei tadello2, die Beschädigung geringfügig. Auf eine Anregung Betreffs Ersezung der gegenwärtig bei der österreichischen Marine verwandten englishen Kohle durch einheimische erklärte der Redner, es seien Verhandlungen in dieser Be- ziehung mit der ungarishen Regierung im Zuge. Hierauf nahm der Auss{huß das Marinebudget an, in welhem auch ein Posten als Mehrauswand zum Zwecke materieller Gleich- stellung der Marineoffiziere mit den Offizieren der Armee ein- gestellt ift.

Das Abgeordnetenhaus seßte gestern die Berathung des Unterrichtsbudgets fort. ‘Fm Laufe der Debatte er- klärte der Unterrichts-Minister Freiherr von Gautsch, die Kenntniß der deutshen Sprache gehöre in Oesterreich zu den unabweisbaren Nothwendigkeiten. (Stür- mischer Beifall und Händeklatschen links, Widerspruch und „Oho“-Rufe rechts. Als sich von der Rechten vereinzeltes Zischen vernehmen ließ, applaudirte die Linke nochmals leb- haft.) Der Minister fügte hinzu, die Kenntniß der deutschen Sprache sei das einzige Mittel, um das national entwickelte Schulwesen Oesterreichs vor geistiger Vereinsamung zu shüßen. Auch aus mwirthschaftlihen Gründen sei die Kenntniß der deutschen Sprache für die Bevölkerung unerläßlich.

Der Eisenbahnausschuß nahm in der General- und Spezialdebatie das Geseh wegen Erwerbung der galizischen Karl-Ludwigsbahn für den Staat an. Auf cine Anfrage erklärte der Handels-Minister Marquis Bacquehem, im Falle der Genehmigung der Verstaat- licung würden die Pzersonentarife der Staatsbahnen vom 1. Januar 1892 an auch auf der Karl-Ludwigsbahn eingeführt werden; die Einführung der Frachtentauife jedo fönne er wegen der nothwendigen Verhandlungen mit den anderen Bahnen e1 s vom 1. Juli 1892 an in Aussicht stellen.

Der Polenklub hat in einer gestern stattgehabten Zu- sammenkunft mit Einstimmigkeit folgenden Beschluß gefaßt: JFndem der Polenklub mit Vertrauen sich in den Willen des Monarchen fügt, nimmt er die Regierungs - Konzes- sionen, betreffend die Eisenbahnverwaltungen in Galizien, zur Kenntniß.

_ Nach einer Meldung der „Presse“ ist zwischen der öfter- reihischenund derungarishen Regierung Betreffs der Aufhebung des Einfuhrverbots für amerikanisches Schweinefleisch eine Einigung erzielt worden; es be- stehe die Absicht, die Verordnung in nächster Zeit, jedenfalls aber noch im Laufe dieses Jahres, in Wirksamkeit zu seßen.

Der Ausweis der ungarischen Staatskasse im dritten Quartal des laufenden Jahres ergiebt an Gesammt: einnahmen 105 086 301 Fl., gegen das Vorjahr ein Plus von 4 691 508 Fl., an Gesammtausgaben 100 458 416 Fl., gegen das Vorjahr ein Plus von 11 719944 Fl.; die Bilanz im dritten Quartal ist demnach gegen die gleihe Periode im Vorjahre um 7028 436 Fl. ungünstiger.

Großbritannien und Frland.

Als Nachfolger Sir Fohn Gorst's im Unter - Staats- jekretariat für Jndien wird in- den Londoner politishen Clubs der Parlaments - Abgeordnete G. N. Curzon, eines der jüngsten Mitglieder des Unterhauses, bezeihnet. Curzon hat sih durch längere Reisen in Asien besonders für einen der- artigen Posten ausgebildet.

Aus Kapstadt liegt ein Telegramm des „R. B.“ vor, welches meldet:

In Folge des Besuches des Premier-Ministers der Kapkolonie, Cecil Rhodes, find die Beschwerden der Arsiedler im Maschona- land befriedigt worden Mr. Rhodes hat 5000 Pfd. Sterl, als

wel&ckes 100 Leute ernähren kann. Lo:d Randolph Church{ill hat verschiedene Grundfücke im Maschonaland angekauft. Jn Kurzem wird er über Land nah der Kapstadt zurückehren. Lord Randolph bat seine Abit aufgegeben, das Manicaland zu besuchen. Er wird auf seiner Rückehr Trarsvaal nicht berühren.

Frankreich.

In Paris hat sih nach einer Meldung des „W. T. B.“ ein Comité zur Wahrung der französishen JFnter- essen im Auslande gebildet. Das Comité wird die Fnitiative von Privatleuten ermuthigen, sich jedoch der Ein- mischung in irgend welhe Geschäfte enthalten. An der Spiße des Comités steht der Deputirte von Marseille, Rou x. Unter den 75 Mitgliedern befinden sich mehrere Deputirte, Direktoren einiger großer Journale, lauter Anhänger des Freihandels. /

Nach Meldungen aus Rio de Janeiro befindet sih das französishe atilantishe Geshwader augenblicklih in den brasilianishen Gewä)sern. Es würde eventuell den Schuß der Jnteressen und der Sicherheit der französischen Staatsangehörigen in Brasilien übernehmen.

Der von Dauphin verfaßte Bericht des Zoll- ausschusses des Senats umfaßt zwei Bände und gipfelt nah der „Fr. C.“ in Folgendem: 1) Hohe Schugzölle für alle Ackerbauerzeugnisse und Rosinen (für Weinbereitung); 2) Freihandel für alle Roh- und Spinnstoffe, Dünger und Mineralien; 3) Schußzoll für Gewerbewaaren ; 4) Entschädi- gungen für die benahtheiligten Erwerbszweige. Hierzu sind allerlei fünstlihe Einrihtungen, Rückzölle, zeitweilige Zulassung gewiss:r Waaren, besondere Aufficht u. st. w. nothwendig, was die Durchführung erschwert.

Durch die Wahl Lafargue's ermuthigt, gedenken die Sozialisten, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, bei der Kammer- wahl in Roanne die Kandidatur des Agitators Caline aufzustellen, der wegen seiner Betheiligung an dem Aufruhr in Fouxrmies zu sechs Jahren Zuchthaus verurtheilt wurde.

Das VI, Armee-Corps (Nancy) wird nächster Tage getheilt. Das dadurch entstehende neue Corps dürfte sein Hauptquartier in Dijon und die Nummer RIX erhalten. Die Seetruppen bilden dann das XX,, die Truppen in Algier das XXI. Corps, /

Die Fremden-Legion zählt jeßt 10584 Mann, sodaß sie statt zwei sehr wohl vier Regimenter bilden könnte. Vor- läufig ist jeßt bei jedem Regiment ein viertes Bataillon und eine zweite Ersaß:Compagnie gebildit worden.

Rußland und Polen.

Nath einer amtlichen Veröffentlihung wird im Fahre 1892 ein Festungs- Artillerie-Bataillon für Zegrze formirt. Einer dem „Hamb. Corr.“ aus St. Petersburg zugehenden Meldung zufolge hat die Regierung ferner die Jnangriff- nahme technisher Vorarbeiten für eine neue Eisenbahn- linie angeordnet, die von Jablonna bis Zegrze am Narewfluß führen soll. Die neue Linie, die hauptsächlih strategische Bedeutung hat, soll durch den Ausbau der pro- jektirten Linie, die von Malkinie über Zegrze längs des Bug und des Narew zur Festung Nowogeorgiewsk führen wird, mit leßterer in Verbindung gebracht werden. Demselben Blatt berichtet man ferner, daß die Militär- behörden die Errichtung von Forts längs der russisch- chinesischen sowie der persischen Grenze beschlossen haben.

Der deutsche Adel Livlands und Kurlands hat der „N. Pr. Ztg.“ zufolge anläßlich dec Silberhochzeit des russischen Kaiserpaares 75 000 Rubel für die Opfer der Hungers- noth gespendet.

Die „Now. Wr.“ berichtet, daß auf Grund einer Vor- stellung des Landes-Chefs des Steppen-Generalgouvernements Barons Taube die Kreise Petropawlowtk und Koktschetawsk des Akmolinski- Gebiets ebenfalls in die Lijte der Nothstands - Gegenden, also in die Liste der besonderer Hülfsmaßnahmen bedürftigen Länderstrecken, eingetragen worden find. Desgleichen wäre jenes Verzeihniß demselben Blatt zufolge auch noch durch einige Theile von Taurien und des Uralgebiets zu vervollstädigen.

Ftalien.

Der sog. „internationaleFriedenskongreß“inRom verwarf, wie dem „W. T. B.“ berichtet wird, in seiner gestrigen Sißung den Antrag der Kommission auf „Er- jeßung der stehenden Heere durch die bewaffnete Nation“; vagegen wurden die Anträge auf vertragsmäßige Stipu- lirung eines permanenten Schiedsgerichts, Schlichtung aller Arbeiterkonflikte durch Schiedsgerichte, ausscließ- live Waht von solchen Mitgliedern zu den Parlamenten, welche die Doktrinen des Kongresses verfehten, und shließlih die Errichtuzg eines ständigen internationalen Friedensbureaus in Bern angenommen. Der Präsident Bonghi theilte ferner eine Depesche des Königs Humbert mit, worin der König für die ihm vom Kongreß gebrachte Huldigung dankte und den Wunsch aussprach, daß die humanitäre Aufgabe des Kongresses gelingen möge.

__ Die Erklärung, die der Minister-Präsident Marchese di Rudini in seiner Programmrede über die kirhlice Politik seines Ministeriums abgab, hatte nah der „Magdb. Ztg.“ folgenden Wortlaut:

_ „Gür die große Mehrheit der Italiener ift die Liebe zu unseren staatlihen Cinribtunaen ein gemeinsames Erbtheil. Die Regierung weiß, daß sie diese Mehrheit gegen jede Beschimpfung zu {hüten hat, und sie wird ihrer Aufgabe gerecht werden. Wir haben in unserem Hause tas Papstthum, das manchmal eine drohende Stellung ein- nimmt. Wir werden es indessen in den Grenzen seiner geistlichen Macht zu balten wissen, und zwar niht nur Kraft der Gesetze, die auch das Papstthum nicht ungestraft beleidigen darf, sondern unter der fast einwüthigen Zustimmung Derer, die noch glauben und beten. Die hergebrachte kirchliche Politik unseres Landes, Italiens Chre und Stärke, wird von uns gewissenhaft beibehalten werden.

Bedauernswerthe Zwischenfälle, die von einigen Geistigarmen hervor- gerufen worden sind, werden uns von diesem Beschlusse niht ab- bringen. Reden wir wegen sfolcher Kleinigkeit nicht von einer Aenderung der Verfassung! Rühren wir niht an das durch die Ver- fassung anerkannte und unabänderliche ¡S arantege len, das eine lange Erfahrung als zeitgemäß und nüßlich erwiesen hat. Ftalien wird Sorge tragen, daß Gewissensfreiheit und religisse Duldung, die in unserem Lande so glorreihe Bekenner gehabt haben, geachtet werden. Die Pilger aller Welttheile können unbesorat nah Rom kommen und dem Papst ihre Huldigung darbringen; sie dürfen auf den Schuß unscrer Geseze rechnen. Was den Oberbirten selber be- trifft, so find wir heute so stark und der Zukunft so sicher, daß wir ibm ohne Bangen die größte Freiheit gestatten uad selbs fürsiliche Ehren erweisen dürfen.“ : E, L D

Ueber on Prozeß Tag wird der „Ag. Stef.“ aus Massovah gemeldet: Die Anklage gegen Livraghi wegen

Belohnung ausgeseßt für den, der Alluvialland in Maschona entdeckt,

Veruntreuung ist fallen gelassen worden, da sämmtliche Aus-

sagen die Grundlosigkeit dieser Beschuldigung ergaben. Am Sonnabend (heute) wird der Staatsanwalt seine Anträge stellen, am Montag beginnen die Reden der Vertheidiger.

Spanien.

Das Befinden der Herzogin von Montpensier hat si, neueren Nachrichten aus Madrid zufolge, merklih gebessert, und die Gefahr scheint beseitigt. : Die „Assoziation der nationalen Arbeit“ in Barcelona beschästigte sich in einer am Freitag abgehaltenen Sitzung mit den Handelsverträgen und nahm, wie „W. T. B.“ meldet, eine Resolution an, welche die Einführung von Zöllen auf dem Prinzip der Gleichberehtigung für alle importirten Artikel, namentlich für den deutschen Alkohol, fordert.

Velgien. Auf Antrag des Finanz-Ministers und Minister-Präsi- denten Beernaert hat die Kammer in ihrer gestrigen Sitzung beschlossen, unmittelbar nah den Ferien, im Januar, in die Berathung der- Vorkage wegen Revision der Ver- fafsung einzutreten.

Türkei.

Aus Konstantinopel melden türkishe Blätter, Major Steffen, dem speziell die Fnfpektion der Forts an den Dardanellen und am Bosporus übertragen worden ist, habe einen Bericht an das Kriegs-Ministerium abgestattet, in welchem auf die Nothwendigkeit hingewiesen werde, die Be- festigungswerke zu vervolllommnen. Steffen empfehle die Ausrüstung der Werke mit mehr Kanonen und sonstigem Kriegsmaterial. Die Regierung habe mit der Firma Krupp in Essen Unterhandlungen wegen Beschaffung dieses Materials angeknüpft.

Schweden und Iètorwegen.

(F) Stodckholm, 11. November. Der König empfing gestern fünf Delegirte des „Vereins der Arbeits- losen“, welhe eine \shriftlihe Darstellung überreichten, in der auf die ungewöhnlih große Arbeitslosigkeit befonders in der Hauptstadt hingewiesen und um Ergreifung von Maßnahmen gebeten wird, die dem herrschen- den Arbeitemangel und der Noth wirklih abhelfen könnten. König Oscar empfing, nach der „Post. oh Jnr. Tidn.“ die Delegirten sehr wohlwollend un5 sagte zu, daß er in dem Maße, wie die Verhältnisse es gestatteten, Alles was er fönne, thun werde, um die beklagenswerthen Folgen der herrschenden Arbeitslosigkeit zu mi!dern.

Prinz Gustaf Adolf, Herzog von Schonen, feierte heute seinen neunten Geburtstag. Die öffentlihen Gebäude Degen aus diesem Anlaß, und die Schiffsholmbatterie gab

alut.

Nach dem Bericht des Staatscomptoirs haben die Staats- einnahmen während der ersten zehn Monate dieses Jahres betragen : Zölle 32 428 012 Kronen gegen 36 382 532 Kronen, Brauntweinsteuer 10 711 315 Kronen gegen 12 733 040 Kronen, Staatseisenbahnen (Uebershüsse) 5200 000 Kronen gegen 5 000 900 Kronen oder zusammen 48 339 327 Kronen gegen 54 115573 Kronen in der gleichen Zeit des Vorjahres.

(F) Christiania, 11. November. Der Kronprinz wird am Sonnabend, von Stockholm kommend, hier eintreffen. Anläßlich des neunten Geburtstages des Prinzen Gustaf Adolf gaben heute Mittag die Festung Akershus und das deutsche Geshwader Salut. Das deutsche Admiral- schi hißte gleichzeitig die norwegische Flagge am Großtiopp.

Amerika.

Vereinigte Staaten. Der Vertreter von Britis#ch- Guiaña und British-Westindien Mr. Neville Lubbock weilt gegenwärtig in Washington, um über einen gegenseitigen Handelsvertrag mit den Vereinigten Staaten zu unterhandeln, der sich seit dem Fnkrafttreten der McKinley Bill als nothwendig erwiesen hat. Mr. Lubbock hatte am 12. d,, begleitet vom britischen Gesandten Sir Julian Pauncefote, eine Unterredung zu diesem Zwet mit dem Staatssekretär Blaine. Die amerikanischen Be- hörden find jedoch laut Meldung des „R. B.“ nicht gewillt, den britiswen Kolonien Sondervortheile zu gewähren.

Das Beglaubigungsschreiben Señor WVontt's als chile- nishen Gesandten ist jeßt in Washington eingetroffen. Auf dem Staatsdepartement weiß man jedoch noch nit, wann der neue Gesandte dem Präsidenten vorgestellt werden wird.

In Chicago hat am Donnerstag Abend die angekündigte zweite Anarchisten-Versammlung stattgefunden, in der gleichfalls aufreizende Ansprahen gehalten wurden. Während der Verhandlungen drang, wie ein Kabeltelegramm berichtet, die Polizei in den Saal und verhaftete alle Per- sonen, die im Besiße von Waffen waren. Einige unter diesen drohten, auf die Polizei zu schießen, wurden aber über- wältigt. Fünfundzwanzig der Unruhestifter wurden verhaftet und in das Pokizeibureau gebracht, wobei sie erklärten, die Stadt werde demnächst durch ein ähnliches Attentat wie im Jahre 1886 überrascht werden.

Brasilien. Jn London eingetroffene neuere Meldungen aus Montevideo lassen die Unruhen im Staate Rio Grande do Sul als eine Echebung der angesehensten Mit- glieder der früheren imperialistischen Parteien gegen die bei den Wahlen in der Minorität gebliebene Regierung erscheinen. An der Spiße de: Agitation stehen danach der Marschall Camara, Vicomte von Pelotas, der Staatsrath Silveira Martins, der ehemalige Chef des liberalen Kabinets unter dem Kaiser- reich, und der Staatsrath Antunos Muciel, vormaliger Minister des Innern. Diese Persönlichkeiten besißen, wie es in der Depesche heißt, niht nur im Staate Rio Grande do Sul, sondern au außerhalb desselben ein sehr begründetes An- sehen. Man glaube daher, daß es nit leicht möglih sein werde, daß die Centralregierung ohne gütlichen Vergleich der Bewegung werde Ds werden. Dem „New-York Herald wird aus Valparaiso gemeldet : Der Aufstand in der brasiliani- schen Provinz Rio Grande do Sul fei im Zunehmen be- griffen. Die Ausständischen, unter Führung des Generals Fernandez, hätten die Stadt Santa Anna erobert und eine Anzahl Gefangene gemacht. Verluste an Todten und Verwundeten seien auf [einer Seite zu verzeihnen. Die Auf- ständishen verfügten über fünf Jnfanterie - Regimenter und ein Kavallerie-Regiment, welche von Fonseca abgefallen seien, und hätten außerdem eine beträchtlich Anzahl Freuvilliger aus- gehoben. Eine Depesche desselben Blattes aus Valparaiso über Buenos Aires bestätigt, daß die aufständishe Bewegung

in Rio Grande von Erfolg gekrönt worden sei. Geueral