1891 / 272 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 18 Nov 1891 18:00:01 GMT) scan diff

A O I T E E T M

Er OSE E E E ID Tr dit

E

London, 174 November. Die Kavalleriekaserne zu Canterbury ift, wie „D. B. H.* meldet, durch Feuer zerstört, die Pferde wurden gerettet, die Vorräthe jedo in beträhtliher Menge vernihtet; der Schaden beläuft sich auf 8000 Pfd. Sterl.

London, 17. November. Das „R. B.* meldet aus St.Louis, daß die ausgedehnten Werkstätten der „Schuh- urd Kleider- Se sowie ein benahbartes Modehaus in Flammen

ehen.

Warschau, 17. November. Jn der Stadt W ysmierzyce {Gouvernement Radom) wurden, wie der „N. Pr. Z.* telegraphirt wird, durch eine große Feuersbrunst 160 Gebäude eingeäschert. Feld Schaden ift bedeutend. Hunderte von Familien lagern auf den

eldern.

__ Rom, 15. November. Der (s{on telegraphish gemeldete) Z u - sammenstoß zwischen einem Eilzug und einem Personenzug, der sich am Freitag Abend in der Nähe von Civita Veccia ercignete und vier Männern sowie sieben Pferden das Leben koftete, ist, wie der , Magdb. Z.* berihtet wird, dur die Pflichtvergessenheit eines Weichenstellers und des Lokomotivführers des Eilzuges herbei- geführt worden. Der Weichensteller hat es unterlassen, den Eilzug auf das für ihn bestimmte Geleis zu lenken, und der Lokomotivführer fuhr unbekümmwert darauf los, obgleich ihm vor der Station Ponte Galera ein Lichtsignal anzeigte, daß das Geleise nicht frei sei, Das Unglück wäre vermieden worden, wenn nit der Personenzug aus Pifa über eine Stunde Verspätung gehabt hätte Der Lokomotiv- führer des Eilzuges glaubte den Perfonenzug \chon länast in Rom und war der Ansicht, das Geleise sei irrthümlih als oh nit frei gemeldet. Der Zusammenstoß erfolgte in der Statton E Galera. Die Wagen des Eilzuges \tiegen aufeinander. Drei einer Fahrgäste blieben auf der Stelle todt, zehn andere wurden {wer verwundet. Der Loëomotivführer und ter Heizer waren rechbt- zeitig und ohne zu bremfen von dem Zuge abgesprungen Sie haben keine Verleßung davongetragen. Der Personenzug aus Pisa führte drei Viehwagen mit si, in denen siebzehn Kavallertepferde nah Rom trans- portirt wurden. Diese drei Wagen standen unmittelbar hinter der Maschine. Sie wurden vollständig zertrümmert. Sieben Pferde wurden durch den Zusammenstoß getödtet, drei andere waren so \{chwer verletzt, daß man ihnen den Gnatenstoß geben mußte. Von den act Scldaten, welhe die Pferde überwachen sollten, wurde einer getödtet und die sieben anderen {wer verwundet. Sonst kam von dem Per-

sonenzug Niemand zu Schaden, da sich auch hier Maschinenführer Und Heizer rechtzeitig zu retten wußten und die Personenwagen dur die drei Viehwagen vor der Gewalt des Zusammenstoßes

eschüßzt wurden. Die Verwirrung wurde durch den Um-

tand vermehrt, daß ein Schlafwagen des Schnellzuges in Brand ge- rieth. Doch konnten si alle seine Insassen aus den Flammen retten. Eine Französin, deren Koffer mit ihrem Brillantshmuck im Werthe von 300 000 Lire in dem Wagen zurückgeblieben war, erhielt das kost- bare Gepädckfstück heute Morgen unversehrt eingehändigt. Auch die Post des Eilzuges, die für vier Millionen Geld und Wertbpapiere enthielt, erlitt niht die geringste Einbuße. Alle Verwundeten sind außer Lebensgefahr. Der Kriegs-Minister stattete gestern den verleßten Soldaten im Hospital einen Besuch ab.

Palermo. Am 15. November wurde, wie {on gemeldet, die fünfte italienische Ausstellung eröffnet. Die Zahl der Aus- teller beträgt nach der „Magdb. Ztg.“ 8000, denen ein Flähenraum von 85 000 qm zur Verfügung steht. Hierzu kommen noch 22 000 qm Garten-

ebäude 2e., so daß s das felammnte Areal der Ausftellung auf 150000 qm eläuft. Die Gebäude sind in arabisch:normännishem Stile, mit Thürmen und Kuppeln, aufgeführt. Auch ein kleiner Eiffelthurm ist vorhanden, von dessen Spiße aus man das herrliche Panorama Palermos genießen kann. Die Ausstellung soll ein Bild von der gesammten nationalen Arbeit Jtaliens geben, soweit \sich ihre Er- zeugnisse überhaupt ausftellen lassen. Malerei und Skulptur, In- Ie und Landwirthschaft find in gleihem Maße berücksichtigt worden.

Madrid, 17. November. Jn der Kirhe San Sebastian zu Valencia exvlodirte, wie „H. T. B“ mittheilt, eine Petarde und richtete große Verwüstungen an.

__ Bukarest, 11, November. Das Schwarze Meer ist, wie die „Frkft. Z berichtet, in der vergangenen Woche der Schauplag fürhterliher Stürme gewesen, wie sie selbst in diesem {hon von jeher wegen seiner Unverläßlichkeit berüchtigten Meeresbecken zu den Seltenheiten gehören, So war der am 31. v. M. von Konstantinopel abgegangene Lloyddampfer „Apis*“ fünf Tage und fünf Nächte hindurch auf der sturmgepeitsÞten See den größten Gefahren aus- gesetzt. Stündlih mußte man befürchten, daß durch die den Schiffsbord überfluthenden Sturzwellen die Feuer im Heiü- raume ausgelö\cht und die vom Unwetter in die Kabinen zurück- getriebenen Reisenden ertränkt würden. Aehnliche Gefahren hatte der mit noch größerer Verspätung in der Donaumündung angelangte Dampfer „Courdji" zu bestehen; doch ist bisher kein Fall bekannt, in dem eines der zwischen Konstantinopel und Sulina verkehrenden Dampfschiffe ernstlihen Schaden genommen hätte. Viel s{limmer gestaltete sih freilih die Sahlage für die vom Sturm überraschten Segelschiffe, von denen nah den bisher eingelaufenen Meldungen mindestens fünfzehn Fahrzeuge dem furchtbaren Unwetter zum Opfer gefallen sind.

(F) Kopenhagen, 16. November. Das in Rönne auf Born- holm erscheinende Blatt „Bornh, Av.“ berihtet Folgendes: Am 11 d. kam bei Hammeren (Leuchtfeuer- und Signalftation) ein größeres Barkschiff vorbei, tas durch Signale eine Verbindung mit dem Lande wünschte. Von Sandvig ging sogleich ein Boot hinaus. das um die Aufnahme der aus drei Mann bestehenden Besatzung eines in der Naht vorher übersegelten Scbiffes ersu wurde. Die an das Land gesezten Leute, der Kapitän und zwer Matrosen eines kleinen, in Barth iw Pommern ortsangehörigen, mit Lein- kuchen beladenen S{ooners berihteten, daß fie eini.e Stunden vorher von dem größeren Schiffe übersegelt worden seie# und nur das Leben retten konnten, indem sie fogleih an dessen Bord hinüber- kÉletterten, da der Schooner ganz zertrümmert war. An Bord des fremden Schiffes habe man ste äußerst \{lecht behandeït, habe ihnen nit die geringste Erfrishung gegeben u1d sich geweigert, den Namen des Kapitäns oder des Schiffes sowie den Heimathsort anzugeben, ja man habe fogar den Namen des Schiffes sofort mit Theer überstricben. Der deutsche Kapitän glaubte jedoch den Namen des fremden Schiffes zu kennen und reiste soglei nach Kopenhagez, um seie Ansprüche geltend zu machen.

Alexandrien. Der „Times“ wird aus Alexandrien gemektdet, daf in Folge eines Dammbruches am Madmudieh -Kanal, der mit den Drainirungswerken der Abukirlandgest Uschaft verbunden ift, 30 000 Acres übershwemmt sind. Das Wasser ergoß sich in den unterirdischen Kanal der genannten Gesellschaft und füllte den See Mareotis. In Alexandrien wird Wassermangel herrschen, bis O vollendet sid. Der Schaden wird auf 10/000 ge\ckchäht.

anlagen und 43 000 qm an Wegen, Plätzen und Terrain für Wirthschafts -

Nach S@luß der Redaktion eingegangétié Depeschen.

Hamburg, 18. November. (W. T. B.) Beim Bau des Fischerhafens explodirte gestern Abend in Folge SLUGEIan eines Auswaschpfropfens der Kessel einer

okomotive. Zwei Maschinisten und ein Heizer wurden are verbrüht und sind im Laufe der Naht im Hospital gestorben.

Prag, 18. November. (W. T. B.) Heute Vormittag fand unter dem Vorsiß des Präsideaten Fürsten Lobkowiß die tonstituirende Sitzung der czehishen Sektion des Landeskulturraths bei Anwesenheit fast sämmtlicher Delegirten statt. Die jungczehishen Delegirten brachten eine Erklärung ein, daß sie im Jnteresse ihrer Mandatare an den volkswirthscha\tlihen Berathungen mitwirken wollten.

St. ‘Petersburg, 18. November. (W. T. B.) Die „Börsenzeitung“ meldet gerüchhtweise, es solle cine aus hoch- stehenden Persönlichkeiten bestehende Regierungskom- mission gebildet werden, welhe die gesammte Volks- verpflegung in den Nothstandsgegenden leiten, Korn einkaufen und v:rtheilen bezw. versenden folle.

Konstantinopel, 18. November. (W. T. B.) Die Abreife des General-Adjutanten des Sultans, Marschalls Fuad Pascha und des Geheim-Sekretärs des Sultans, Kiasim Bey nah Livadia, um den Kaiser von Ruß- [land im Namen des Sultans zu begrüßen, ist auf nächsten Sonnabend festgeseßt worden.

Bukarest, 18, November. (W. T. B.) Die Ratifi- kationen der Konvention über den Ansh'uß der rumä - nishen Staatsbahnen an die ungarischen Bahnen sind geslern im Ministerium des Aeußern ausgewechselt worden. Auf Grund eines Votums der Kommission für die Heeres - bewaffnung, welhe die Einführung des Manlicher-“ oder Mauser-Gewehrs empfohlen hatte, war vom Kriegs-Minifterium die Lieferung von 100 000 Gewehren ausgeschrieben worden ; hierauf ist jegt Seitens der Manlicher Gewehrfabrik das vortheilhafteste Angebot gemacht worden.

New: York, 18. November. (W. T. B.) Der „New- York Herald“ läßt fich vom Territorium Formosa aus Buenos-Aires melden, von den Aufständischen in Paraguay sei die Residenz des Gouverneurs Delgado geplündert worden. Gerüchtwcise verlautet, Delgado sei verwundet, mehrere seiner Offiziere seien getödtet, von Buenos-Aires seien Truppen nah Formosa gesandt worden. Das Land fcheine am Vor- abend einer neuen Revolution zu stehen, da sich zwei Kandidaten, der Doktor Pizarro und der Beneral Mitre, um die Präsidentschaft streiten. Die Garnison von Rosario in der Provinz Santa habe gemeutert. Ein weiteres Telegramm desselben Blattes meldet aus Buenos- Aires, der Präsident Fonfeca habe drei Generale nah Rio Grande do Sul gesandt, um mit den Auffständi- schen zu verhandeln.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

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Wetterbericht vom 18. November, Morgens 8 Uhr.

; | Wetter.

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red. in Millim S S Celsius

Stationen.

Temperatur

in 9

Bar. auf 0 Gr u. d. M

Mullaghmore | 749 |SO 6|bebedt Aberdeen .. | 757 |SW 1 wolkig Christiansund | 758 |S 2 halb bed. Kopenhagen . | 760 |NW 1 beiter Stockholm . | 7566 |WNW 1|Schnee Haparanda . | 765 |ONO 5'bedeckt St.Petersburg| 763 \/SO 1/Nebel Moskau . | 766 ¡NO 1 wolkenlos

7 Ühr.

Cork, Queens- town... | 754 |SSW 6 Regen Cherbourg . | 762 |S 4 Regen elder... 763 |W 2 roolkenlos S 762 \till|wolkenlos Hamburg . . | 762 |N 1/bedeckt Swinemünde | 759 |N 3 bededt Neufahrwasser 7566 |NW 1Nebel Memel . .. | 756 |SO __2Nebel __ aris... 76 |SSO 2wolkig Münster Eee 8 2 \bedeckt Karlsruhe. . | 765 |NW 2'heiter Wiesbaden . | 765 |NW 2 |\woitta München .. | 764 |W 7\bededckt Chemniy .. | 761 |W 1/halb bed. Berlin ... | 75988 WNW 2bedeckt Wien | 7609 |W 1\Regen Breslau. . . |_7ò8 |SW 1\Regen Sle d’Aix . . | 764 |W 3\Nebel Nizza .….. | 764 |SO 1wolkig S LEGE | still|bededcki

Uebersicht der Witterung.

In Scene gesetzt Anfang 7 Uhr.

E 2 | 00 O00 Q 000

der Excellenz.

MON— I D

5 Aufzügen.

7 Ubr.

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ant OOWMNMTNP-I l

Durchlaucht.

Ein Hochdruckgebiet von mäßiger Höhe liegt über wanzigste Aufführung von: Die Hrofistadtluft. e : ; é i t v Scar umenthal un der mittleren Ostsee. Im Allgemeinen ist die Luft- Guftav Kadelbur, ufan 7 A

x 7 reitag: atisfafktiou. au}piel în en s{hwach, über Central-Curopa | on Alexander Baron von Roberts.

Sonnabend : Die Groß ftadtluft.

Sonntag; Satisfaktion.

Frankrei, Depressionen westlich von Jrland über

druckvertheilung ziemlih gleihmäßig und daher die

Luftbewegung meist ; ( aus vorwiegend nördlicher bis westliher Richtung.

Das Wetter ist in Deutschland mild, nicht trübe, im Nordosten neblig, nur im nordwestdeutschen Küstengebiet liegt die Temperatur theilweise unter dem Mittelwerthe. Das Aufklaren, welches an der

nächst auch ostwärts ausbreiten E Soibinal

Theater-Anzeigen. Königliche Schauspiele. Donnerstag: Opern-

Friedrich -

Ehre). Oper in 1 Aufzug, nach | Polnische Wirthschaft. Operette in 3 Akten von Ln uin ri von Verga Musik | H. West und Rich. Genée. Musik von Hermann

ietro Mascagni. Scene geseßt vom Ober- | Lumpe (Komponist d.s „Farinelli“*). Für das n T E O biet! Kabels Friedrich - Wilhelinsiädtishe Theater bearbeitet von

B : 9 ied. Komise | Louis Herrmann. In Scene geseßt von Jul. Frißscbe. l Boer is 3 ften An Alba Lorving Dirigent Dirigent: Kapellmeister Federmann. Anfang 74 Uhr, | wissenschaftlicen Theater. Näheres die Anschlag»

Freitag: Die Basoche. zettel,

Regisseur Tetlaff. Dirigent: Kapellmeister Wein-

Musik- Direktor Wegener. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 251. Vorstellung. Wohlthätige |: Frauen. Lustspiel in 4 Aufzügen von Adolph

5 burg. Donnerstag: Dr. Jojo. Schwank in 3 Akten o LArronge. In Scene gefeßt vom Ober-Regisseur } National - Panorama; von Albert Carré. Deut\ich von Karl Lindau. Herwartbstraße 4 am Königsplab.

Schausptel haus. frau von Orleans. Eine romantishe Tragödie | von Ernst Niedt. Musik vom Kapellmeister G. R. | grraugirt und infcenirt vom Dir, E. Renz. Kunst-

in 1 Vorspiel und 5 Aufzügen von Friedrich v. Schiller. | Krufe. Anfang 7# Uhr. I L u ufagen von Ene Freitag: Jung-Deutschlaud zur See.

Boranzeige. Sonnabend, Nachmittags 35 Uhr: | Fontai d z : Auf vielseitiges Berlangen: Kinder D Os ie R n e E R O R D Fuß N di E ? Ie einzel | cin mittelalterli&es Caroufsel, geritten v

Deutsches Theater. Donnerstag: Die Kinder | männchen. Märwen-Komädie mit Gesang u. Tânz. | und: Herren, e Ott E “Der À Vorverkauf von heute ab an der Tageskasse. Freitag: Goecthe-Cyclus. I1YŸ. Abend. Zum 1, Male: Torguato Tasso. Ein Schauspiel in

Sonnabend: Der Pfarrer von Feldkirch.

Sonntag (außerhalb des Abonnements): Stella. Hierauf ; Die Mitschuldigen.

Berliner Theater. Donnerstag: Zum 1. Male: Die Komödie Seiuer Durchlaucht. Anfang

Freitag: 12. Abonn. Vorst. Die Komödie Seineu Sonnabend : Esther. Der Geiziga.

) cen, we Wallner-Theater. Donnerstag: Zum 3. Male: westdeutshen Grínze eingetreten ist, dürfte ch dem- Jmmer zerstreut! Posse in 3 Akten von Barridre

E ü Neu bearbeitet von Franz Wallner | Deutsche Seewarte. | Norher, zum 3. Male: Nur drei Worte. Lustspiel | eigenen Kompositionen von Albert Werkeutbin.

enm i T T T I in 1 Akt von Leopold Adler Anfana 74 Uhr. Freitag u. die folg. Tage: Dieselbe Vorftellung.

Max Grube. Anfang 7 Uhr. Neaiet Cmil L G : f gie: m essing. Vorher: Freitag: Opernhaus, 241. Vorftellung. C3- | von 1 bis 3 Uhr Nachuttags (Ae 1 h. à 3). valleria rusticana (Bauern-Ehre). Oper | Lustspiel in 1 Akt von Abraham Dreyfuß. Deuts in 1 Aufzug, nah dem gleihnamigen Volksftück von | yon Schelher. Anfang 7# Uhr. Verga. Musik von Pietro Mascagni. In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Teglaff. Dirigent : Kapell- meister Weingartner. Vorher: Doktor und Apo- theker. Komishe Oper in 2 Akten von Carl

Freitag : Dieselbe Vorstellung.

Residenz-Theater. Direktion : Sigmund Lauten- | [436611

Nur noch kurze Zeit.

Sprechstunde „Das alte Rom‘‘’

mit dem Triumphzuge Kaiser Conftantins. v: Morg. 9 Uhr bis zur Dunkelheit. Eintr. tägl. 50 H. Soldaten u. Kinder 25...

Belle-Alliance-Theater. Donnerstag: Zum | Circus Venz. Karlstraße. Donnerstag, Abends

Ditters von Dittersdorf. Text nah dem Französischen | 112 Male: Mit durhweg neuer glämender Aus- | 71 Uhr: „A ï d j ä von Stephani. In Scene gefeßt vom Ober-Regisseur | stattung von Dekorationen, Koftumen, Ballets, s A i ta Abri gers 9 Telaff. Dirigent: Kapellmeister Kahl. Anfang | Waffen, Requisit-n, Beleuchtungseffekten 2c. Jungs | Abtheilungen mit National-Tänzen (60 Damen),

Deutschland zur See. Großes Ausstattungs-Zeit- | Aufzügen 2c., Dampfschis{- und Bootfahrten, Wasser-

252, Vorstellung. Die Junge | bild mit Gesang und Lanz in 4 Akten (6 Bildern) | fällen, Riefenfontänen mit allerlei Lihtefekten 2c.,

vom Ober- Regisseur Max Grube.

bedeutend ermäßiuten Preifen,

Anfang 74 Uhr. Freitag: Dieselbe Veoexftellung.

Freitag: Dieselbe Vorstellung.

Thomas-Theatec. Alte Jakobstraße 30. | ———.

Direktion: Emil Thomas. Sensationserfolg dieser —— Stilon, ZPonmerliag: Zu 14, DAe! Der O i i ität! Posse in 4 Akten von Rudol Lessing - Theater. Donnerstag: Fünfuad- Vneisel In S dess : G d j Z efeßt vom Ober- Regisseur Adolf : Kurz. (Idelfisch: Emil Thomas.) Anufeng 74 Uhr. Verlobt: Frl. Margarethe Dane mit Hrn. Ge

\{chwimmerinnen drei Geschwister Jobnson. Schluß- Taktíeau: Grande Fontaine Lamineuse, Miesen-

Gastronom oder das Fieisch fcessende Pferd, dresfirt und vorgeführt von Herrn Franz Renz. Elimar

Adolph Ernft-Theatex. Donnerstag: Zum | (Stricsuringer), vorgeführt von Frl Oceana Renz. 80: Male: Der große Prophet. Gesangspcfe in | Galgenstrick, geritten von Frl. Clotilde Hager. 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav | Sisters Lawrence am fl, Trapez, Gine Ver- Gärß. Musik von Gustav Steffens. Mit voll- | anügungsfahrt mit Hindernissen von der Eltons ständig neuen Kostümen. Die neuen Dekorationen | Troupe. %Austreten der vorzüglichsten Reitkünftle- find aus dem Atelier der Herren Wagner und | !innen und Reitkünstler 2c. Komische Entrées von

Bukacz. In Scene gefegt von Adolph Ernst. | sämmtt. Clowns.

Täglich: „Auf Helgoland“ Sonntag (Todtenfest): Nur eine Vorstellung. Abends Uhr.

Familieu-Nacehrichten.

rihts-Afessor Max Bathe (Breslan) Verehelicht: Hu. Regierungs - Assessor Halke mit

Concerte.

Wilhelmftädtishes Theater.

Philharmonie. Donnerstag, Anfang §8 Uhr: Concert der Berliner Liedertafel (Direktiow: Herr

A. Zander) unter gütiger Mitwirkung der Königl. Öofopernsängerin Fr. Emilie Herzog.

Hotel de Rome. Donnerstag:

Mitwirkende: Frau Pfaender-Trühe, Herr Th. Hauptstein, Herr F Rehfeld, Königl. Concertmeister.

Concert-Haus. Donnerstag:

/ , | Concert. Gesellshafts-Abend. A haus. 240 Vorstellung. Cavalleria rusti- Donnerstag : Mit neuer Ausftattung: Zum 1. Male: Neu! R B Sa200 Reif

Frl. Elisabet Geblig (Steitin).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. W. Pessina von Branconi (Domäne Günzerode). —— Hrn. Haupt- mann von Geldern - Grispendorf (Berlin). Eine Tochter: Hrn. Oberlehrer Dr. Em. Glagzel (Breslau).

Gestorben: Hr. Kandidat der Theologie Karl Hoffmann (Breélau). Fr. Baurath Mathilde Wronka, geb Grunenberg (Ostrowo). Verw. Fr. Pastor Anna Richter, geb. Seifart (Dresden). Verw. Fr. Kanzlei-Rath Louise Fornfeist, geb. Heinze (Goldberg i. Schl.).

Covcert mit

Karl Mevyder- Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz).

Urania, Anftalt für volkstbümli&te Naturkunde, | Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags

Am Landes - Ausftellungs - Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—-11 Uhr. Täglich

Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Fünf Beilagen (einschließli4 Börsen - Beilage).

Vorstellung im

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

M 22.

Deutscher Reichstag.

120. Sigzung vom Dienstag, 17. November 1891, 2 Uhr.

Am Tische des Bundesraths die Staatssekretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Malgzahn und Freiherr von Marschall, sowie der Staats-Minister von Heyden. E i

Der Präsident von Leveßow eröffnet die Sizung mit einem Willkommengruß an die seit langer Zeit nicht versam- melt gewesenen Mitglieder und hält dann folgende Ansprache, die sämmtliche Mitglieder des Hauses stehend anhören:

Meine Herren! Während der Vertagung des Reichs- tages ist am 6. Oktober dieses Jahres ein Mitbegründer des Deutschen Reihs, ein treuer Bundesgenosse unseres Kaisers, der Landesvater unserer s{wäbishen Lands- leute, König Karl von Württemberg, nah 27jäh- riger Regierung verstorben. Der Reichstag theilt niht nur die innige Theilnahme, welche der Verlust des Königs in Würltemberg gefunden hat, er beklagt au selber den Heim- gang eines deutschen Fürsten, der immer treu zu Kaiser und Reih gestanden und hiermit die Wahrung der besonderen Interessen seines Landes zu vereinigen gewußt hat. Dadurch, daß Sie sich von Fhren Pläßen erhoben haben, nehme ih an, T Sie diesen meinen Worten Jhre Zustimmung ertheilen wouen.

Das Andenken der seit der leßten Sißzung ver- storbenen Abgg. von Schlieckmann, von Hake und von Feustel ehrt das Haus in der üblihen Weise.

Die Abgg. von Puttkamer, Leemann und Udo Graf zu Stolberg: Wernigerode haben ihr Mandat niedergelegt.

Neu gewählt sind die Abgg. Brandenburg, von Reibnit, Dau, Dr. Endemann und Schlick. L

Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Berathung des Gesezentwurfs, betreffend die Bestrafung des Sklaven- handels. (Den Worilaut des Entwurfs haben wir in Nr. 262 des „R.- u. St.-A,“ mitgetheilt.) :

Abg. Prinz Arenberg: Es werde mehrfach geklagt, daß im deutschen Togogebiet der Sklavenhandel von deutshen Beamten ge- duldet, ja geradezu begünstigt werde. Die „Kreuzzeitung“ habe am 10. September d. F. den Bericht des Afrikareisenden Krause, der diese Anklagen wiederum vorbringe, veröffentliht. In der „Kölnischen“ hätten ähnlihe Berichte gestanden ; Aufklärung darüber werde präjudi- zirlih sein für den Werth der Vorlage, und es liege im Interesse E selbst, diese Berichte ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen,

Wirklicher Geheimer Legations-Rath Dr. Kayser: Er hoffe, durch seine Antwort auf diese Frage solWe Gerüchte ein für alle Mal bescitigen zu können. Die Reichsregierung werde in ihren Anstrengungen für die Beseitigung der Sklaverei von keiner aaderen Regierung und von keiner Partei dieses Hauses übertroffen. Andererseits möge man von der Regierung des Deutschen Reichs, das erst vor sieben Jahren in eine Kolonial- bewegung eingetreten sei, niht allzuviel in dieser Beziehung verlangen. Brafilien und Nord-Amerika hätten erst nach jahrhundertelangem Kolonialbesiß die Sklaverei beseitigen können und die Zustände in den deutshen Kolonien scien keine \{lechteren als in den englischen. Die Regierung fei niht erst dur Zeitungsberichte veranlaßt worden, der Sklavereifrage näher zu treten, sondern von Hause aus habe sie von den Gouverneuren Berichte über diesen Gegenstand eingefordert und erhalten. Alle diese Berichte jeien gleich- lautend und alle ganz verschieden von den Berichten, die zu feinem Bedauern in öffentlihen Blättern ständen. Er gehe hier auf die Südseegebiete so wenig wie auf die )üdwestafrikanishen ein, weil dort überhaupt feine Sklaverei bestehe. Im Togogebiete nun, wo si die Verhältnisse ebenso verhielten, wie in Kamerun, bestehe eine alteingeführte Sklaverei, aber nicht etwa mit dem Charakter der alten rômishen Sklaverei und grausamer Behandlung, sondern in höchst milder Form, sodaß es {wer halte, den Freien von dem Sklaven zu unterscheiden. Der einzige Unterschied liege in der Rasse, denn alle aus dem Innern nah der Küste Gekommenen seien Sklaven. Aber ents{ieden bestreite er, daß irgendwo in den deutshen Schußgebieten ein Sklavenmarkt stattfinde. Der südlihste Sklavenmarkt liege erheblich nördlih von den Schuß- gebieten. Es kämen freilih aus dem Innern Hunderte von Skiaven in Karawanen nach der Küste, aber mit diesen Sklaven, die als Träger dienten, werde kein Handel getrieben. Der Sklave werde von seinem Herrn, zu dessen Familie er förmlich gehöre, mit Unter- halt, Nahrung, Kleidung, ja sogar mit Beweibung versorgt. Es handele sich nur um eine Art von Gesinde, das z¿. B. in Bezug auf Mord, Todtschlag und andere Rechtéfragen ganz ebenso dastebe, wie die Freien; der einzige Zwang, dem die Sklaven unterlägen, sei der Arbeitszwang. Im Togogebiet bewohnten die Sklaven mit den Herren gemeinsam die Dörfer, in Kamcrun gebe es besondere Sklaven- dörfer, und {on darin liege der Keim ciner natürlihen Emanzipation. Mit der plöylihen Freigebung würde man den Skiaven keine Wohlthat erweisen, sondern ihnen nur Sorgen aufbürcden. Ein Sklavenhandel sei dort au gar nit nöthig, weil genügend Skiaven vorhanden seien und geboren würden. Auch das Institut der Schuld- \klaverei sei so mit den Gewohnheiten der Leute verwahsen, daß es mißlih sei, daran zu rütteln. Ebenso wie in den deutschen Kolonial- gebieten lägen diese Dinge in den benahbarten französi] hen und englishen. Dort beständen ganz strenge Geseße gegen die Sklaverei, aber sie ständen nur auf dem‘ Papier, daraus könne aber den Beamten kein Vorwurf gemacht werden, denn die Verhältnisse seien stärker als die Gescze. Für Deutschland in Togo und Kamerun genüge es, daß die Leute wüßten, daß die Re- gierung die Sklaverei nicht als RegHtsinstitut anerkenne und jede ‘Mitwirkung daran verweigere. Was nun Ost-Afrika an- lange, so habe auch hier der Gouverneur die Sklaverei ins Auge gefaßt. Hier sei dies \{chwerer, weil das arabische Element dazwischen komme, das selbst Haussklaverei und einen s{wunghaften Sklavenhandel seit Jahrhunderten nach Sansibar und weiteren Ge- bieten treibe, Seit dem deutsch-englischen Abkommen und seit dem Araberaufstande in Ost-Ofrika seien viele Dhaus mit Sklaven sowohl von den deutschen Kriegs- als auch Zollschiffen abgefangen, und seit Monaten sei nah den leßten Berichten keine solhe Dhau mehr aus- gelaufen. Die Haussklaverei, wie sie si historisch dort entwickeit habe, fei ein segensreihes Institut, das ohne Schaden nicht aufgehoben werden kTônne. Auch hier, wie im Westen, bewahre die Regierung eine abwartende Haltung. Sie wirke einfa vei der Sklaverei in keiner Weise mit. Aus ein- zelnen Erlassen dortiger Gouverneure wüßten die Eingeborenen, daß die deutshe Regierung bei keinem Rechtsgeschäft, das auf Sklaverei beruhe, mitwirke und diese ganze Sklaverei Überhaupt nur dulde. Eine Ausfuhr von Sklaven gebe es also niht mehr, ebenso verboten sei aber au der Aufkauf von fremden Sklaven. Nur das Eine müsse er aber hervorheben, daß man sich über alle diese Fragen sehr vor- sihtig bei den Verhandlungen äußern müsse, denn alle diese Verhand- Gel gingen auch nach Ost-Afrika und nit immer in der richtigen Gestalt. Der dortige Gouverneur habe erst am leßten Septem- der einen Erlaß veröffentlicht, daß jeder Sklave, der einem Eingebo-

Berlin, Mittwoch, den 18. November

renen von einem Nichteingeborenen verkauft werde, frei werde, und

ebenso sei darin der Selbstloskauf dec Sklaven \tatuirt. Man wende

nit ein, daß ein solher Loskauf nur na& langen Jahren stattfinden

könne, denn da der Preis der Sklaven dort nur 100—150 Æ betrage,

so sei bei den relativ hohen Arbeitslöhnen ein Loskauf in nicht gar zu

langer Zeit ermöglicht. Was nun die Glaubwürdigkeit des Bericht-

ersiatters der vom Abg. Prinz Arenberg hervorgehobenen „Kölnischen

Zeitung“ anlange, so werde sie dur seine Nachricht beleuchtet, daß in

Folge der Togosteuer eine wahre Flucht der deutshen Firmen aus Togo

stattgefunden habe; in der That sei keine der im Togogebiet angesiedelten Firmen von dort weggegangen, sondern es hätten fi drei neue Firmen

angesiedelt. Was den Afrikareisenden Krause anlange, so habe si mit seiner Person der Reichstag {hon einmal beschäftigt. Herr Krause kabe gewünsht, mit der Leitung einer Expedition in das Hinterland des Togogebiets betraut zu werden. Die Reichsregierung habe sich um Auskunst an die damals gebildete Afrikanische Gesell- schaft gewandt, diese aber habe von der Verwendung des Herrn Krause abgerathen, weil er unzuverlässige Berichte geliefert habe, Er (Redner) hoffe, daß das Haus nunmehr sich niht mehr mit den Beschuldigungen des Herrn Krause befassen werde. Er (Redner) habe die zufällig in Berlin anwesenden Herren Zimmerer und von Puttkamer, von denen Ersterer bis zum Herbst vorigen Jahres Gouverneur im Togogebiet gewesen, Leßterer seit dieser Zeit es sei, zu einer verantwortlihen Aeußerung über diese Verhältnisse aufgefordert, und diese vom 12. und 15. November dieses Jahres ergangenen Berichte enthielten genau dasselbe, was er (Redner) vorgetragen habe; die afrikanishen Sklavenmärkte befänden sih weit nördlih von den deutschen Schußgebieten, sodaß; eine Ein- wirkung durch die Regierung aus pekuniären und politishen Gründen unmöglich ersheine. Die Berichte des Herrn Krause, der die dortigen Ver- hältnisse kenne, seien danach absihtliche, tendenziôöse Entstellungen der Wahrheit, böswillige Erfindungen. Er (Redner) wisse ja wohl, daß die deutschen Zeitungen sch nicht mit ihren Berichterstatt ern identi- fizirten und diese Berichte nur veröffentlihten, um die Wahrheit an den Tag zu bringen, weil im Volk ein lebhaftes Interesse an allen kolonialen Bestrebungen bestehe, aber er möchte für die Kolonialbeamten doch dasselbe in Anspruch nehmen, was der englische Kolonial-Minister für seine Beamten in Anspru nehme, daß nämlich bei folchen An- klagen gegen die Kolonialverwaltung die Glaubwürdigkeit und die bona fides des Berichterstatters immer nachgewiesen werden möge. Der Schwerpunkt der Sache liege nicht innerhalb, sondern außerhalb der deutschen Interessensphäre, denn die eigentlihen Sklavenjagden fänden an den Seen statt. Um ihnen ein Ende zu machen, habe ja in Brüfsel die Antisklaverei-Konferenz getagt, und man dürfe hoffen, durch internationales Vorgehen diese Mißstände zu beseitigen, und unter den Staaten, die sh an diesem Werk betheiligten, stehe Deutschland nicht an leßter Stelle. Hier hülfen überhaupt nicht geseßlihe Vereinbarungen, hier müsse die fortschreitende Kultur wirken, und eine große Mitwirkung auf diesem Gebiete er- wacbse den Missionsgesell]haften. Nie sei Seitens einer Missions- aefellschaft eine Klage laut geworden wegen des Verhaltens der Regierung in der Sklavenfrage. Kardinal Lavigerie und Pater Scynse hätten sch übereinstimmend dahin ausgesprohen, daß die Sklaverei mit dem Charakter des Negers so verwachsen sei, daß es Wahnsinn wäre, dies in einem Tage mit Bajonetten ändern zu wollen ; es müßte hier die christlihe Moral eintreten und die Missionen seien zu unterstüßen, Die deutshe Regierung unterstüßte die Missions- thâtigkeit nah Kräften, wie dies auch von den Missionsgesellshaften beider Konfessionen dankbar anerkannt werde. Sie gehe langsam, aber zielbewußt vor und hoffe, daß ihr Vorgehen wirksam sein werde. Er bitte die Mitglieder des Hauses, ihre bisherigen Sympathien für die Bestrebungen der Regierung gegen die Sklaverei auch fernerhin zu bethätigen. bt

Abg. Rintelen: Der Vortrag des Regierungskommissars be- weise, daß von Seiten der Kolonialverwaltung das Mögliche gethan sei. Die Mittheilungen der Beamten in Afrika könne man nur mit Befriedigung vernehmen. Aber er (Redner) wünsche, daß die Haus- und Sculdfklaverei ebenfalls beseitigt werde, wenn es auch in einem oder zwei Jahren nicht möglich sei, denn auch diese Art der Sklaverei widerspreche christlihen Grundsäßen. Was die Vorlage betreffe, so müsse der Reichstag einstimmig der Ansicht sein, daß Alles geschehen müsse, um dem Sklavenhandel und der Sklavenjagd abzuhelfen. Eins der Mittel dazu sei auch die Ergänzung des Straf- geseßbuhs. Die in dieser Beziehung bestehende Lücke fülle die Vor- lage im Großen und Ganzen zweckmäßig aus. Er empfehle daher ihre Annahme; da es sich aber um ein Strafgeseß handle, sei eine gründliche Prüfung nöthig, und er beantrage deshalb die Ueberweisung des Entwurfs an eine Kommission von vierzehn Mitgliedern,

Das Haus beschließt nah diesem Antrage.

Es folgt die Berathung von Petitionen.

Der Kreisgerichts-Rath Dr. Hilse wünscht die Aus- dehnung der Kranken- und Unfallversiherung auf die JZnsassen der Gefangenen-, Besserungs-, Armen- und Krankenanstalten. Die Petitionskommission beantragt, die Petition dem Reichskanzler als Material zu der in Aussicht gestellten Geseßesvorlage zu überweisen.

Abg. von Bredow beantragt, über die Petition zur Tages- ordnung überzugehen. Seine Gesinnungsgenossen meinten, daß die Strafvollstreckung bei den Gefangenen eines der größten bürgerlihen Rechte beschränke: die bürgerlihe Freiheit. Der Gefangene sei Gefangener und weiter nihts, und es sei gleichgültig, ob ihm Arbeiten zugewiesen würden, zu deren Verrihtung er zweckmäßiger Weise angehalten werden könne, Er könne niemals Gefangener und zugleich Arbeiter sein im Sinne der sozialpolitishen Gesetzgebung. Wollte man die Petition logisch konsequent durhführen, so müßte man den Strafgefangenen auch die Wohlthaten der Alters- und Invaliditätsversicherung zusprehen, und man würde \{ch{ließlich die Gefangenenhäuser zu MRentenempfängeranstalten umstempeln. Nach seiner Ansicht geshehe für den Gefangenen {on jeßt genug, und nah der Ansicht Vieler im Lande, die zwar ehrlih, aber tärglih bâtten, viel zu viel.

Abg. Singer: Diese Anschauungen seien um so wunderbarer, als gerade auf ter Seite des Vorredners immer eine ganz besondere Neigung für die Erweiterung der sozialpolitishen Geseße ausge- \prohen werde. Es handele sich hier gar niht um den theoretischen Unterschied zwishen Gefangenen und freien Arbeitern. Die Petition berühre gar nicht das Verhältniß des Gefangenen zum Staat, sondern sie sprehe das berehtigte Verlangen aus, daß der Staat, der die Gefangenen einer Unfallgefahr aussetze, dafür sorge, daß auch den Gefangenen eine Unfallentshädigung gegeben werde. Es gebe Gefängnisse, in denen sehr gefährlihe Arbeiten geleistet würden. Er erinnere nur an die Tischlereien mit Kreissägen und Maschinen. Der Getangene sei oft noch größeren Gefahren ausgeseßt als der freie Arbeiter, denn er dürfe sich die Arbeit nicht nach feinen individuellen Fähigkeiten aus\suchen, sondern er msse arbeiten, was ihm zugewiesen werde. Man könne doch unmöglich einen ver- unglückten Gefangenen auf die Straße werfen und ihm sagen, nun siehe zu, wie Du weiter kommst. Seine Partei wünsche also, daß diese Petition dem Reichskanzler zur Berücksichtigung überwie}en werde.

Abg. von Jagow: In Uebereinstimmung mit dem Reichs- Versicherungsamt sei er der Ansidht, daß der B Angen kein Arbeiter sei und deshalb auc keine Unfallentshädigung zu beanspruchen habe.

18914.

Nach einer Entscheidung des Reihs-Versicherungsamts vom Jahre 1888 folle die Inhaftsezung eines Rentenbezugsberechtigten während der Dauer seiner Strafhaft nit den Verlust der Rente nach sid ziehen. In Folge dessen habe der Strafgefangene nah seiner Entlassung eine ganz hübshe Summe zu beanspruchen, die er dann, anstatt zu arbeiten, in Wirthshäusern verbringe. Der Müßiagang führe ihn {ließli zu neuen Verbrechen. Er (Redner) bitte die verbündeten Regierungen, dahin zu wirken, daß diese Entscheidung von 1888 aufgehoben oder daß das Geseg dahin revidirt werde, daß das Bezugsrecht der Rente während der Strafe ruhe. Selbst- verständlih würde für die Familienangehörigen des Inhaftirten eine Ausnahme gema@cht werden müfsen. x

__ Abg. Rösicke: Der leßte Verufsgenossenshaftstag habe sich mit übergroßer Majorität dafür ausgesprochen, daß die Strafgefan- genen in den Kreis der Unfallversicherten hineinzuziehen seien, weil der Gesetzgeber unmöglich eine Strafvershärfung habe beabsichtigen wollen durch Entziehung dieser Wohlthat. Der Gefangene dürfe nicht \{lechter gestellt werden, als der freie Arbeiter, denn er unterliege den- selben Gefahren, wie dieser. Verweigere man ibm diese Wohlthat, so drânge man ihn erst recht auf den Weg des Verbrechens. Außer- dem käme es einer Prämie auf die Verwendung der Straf- gefangenen in den freien Gewerbebetrieben glei, wenn man die Laster, die der Arbeitgeber für die freien Arbeiter tragen müsse, niht den- jenigen auferlegen wollte, die Strafgefangene beschäftigten. Uebrigens habe sih das Reich8-Versicherung8amt nachträglih auf den Standpunkt der Kommission des Reichstages gestellt.

Abg. Schmidt (Elberfeld): Die von dem Abg. von Jagow angezogene frühere Entscheidung des Reichs-Versicherungsamts habe sich lediglich darauf bezogen, daß ein Gefangener nicht als Arbeiter im Sinne des geltenden Unfallgeseßes anzusehen sei. Wenn die Wohl- fahrtseinrihtungen der Sozialgeseße nicht auf die in Gefängnissen und Korrektionsanstalten Sißenden ausgedehnt würden, so liege darin eine Verschärfung der Strafe. Er (Redner) stehe nicht auf dem Standpunkt, daß {hon viel zu viel für die Gefangenen geschehe, er hoffe vielmehr, daß das Strafvollzugsgeseß, wenn es endlih einmal an den Reichstag gelange, in anderem Sinne ausgearbeitet sein und beschlossen werde. Die Gefängnißarbeit sei namentli in Preußen eine zwangsweise, man verwende in den Gefängnissen Motoren, und der Arbeitsbetrieb charafkterisire \sich vollständig als Fabrikbetrieb im Sinne des Unfallgeseßes; außerdem seien gerade die \{chwersten Arbeiten und die gefährlichsten Maschinen in den Gefäng- nissen zu finden. Und das Alles niht unter Staatsaufsicht, nicht unter Verantwortung von Staatêwerkmeistern, sondern unter derjenigen der Werkmeister der Privaten, welche die Gefangenen gepachtet hätten. Das sei der große Fehler in den preußischen Gefängnissen, daß dort ein unkontrolirtes und unkontrolirbares Element ein- und ausgehe; die s{limmsten Dur@stechereien seien auf diesem Wege ermöglicht worden. Diesen Leuten gegenüber müßten die Gefangenen sicher ge- stellt werden. Die Konsequenz des entgegengeseßten Standpunktes sei, daß auch sonstige Schußmaßregeln nur für den freien Arbeiter, nit für den Gefangenen nothwendig seien, wozu dann z, B. Feuer- lôöscheinrihtungen in den Gefängnissen? Er bitte hiernach, den Üebec- gang zur Tagesordnung nicht zu beschließen.

Abg. Hitze: Nach dem Kommissionsantrag solle die Petition dem Reichskanzler als Material für die demnächstige Revision des Unfall- versiherung8geseßes Überwiesen werden. Diese Revision sei hon lange in Aussicht gestellt, und er möchte hier die Bitte um ihre recht baldige Vorlegung nohmals aussprechen. Weiter zu gehen als der Kom- missionsantrag wolle, möchte er niht empfehlen. Die Ueberweisung zur Berücksichtigung sei auch deshalb bedenklich, weil die Frage wegen der Unfall- und der Krankenversiherung niht parallel liege. Dem Wunsche bezüglich der ersteren stimme er bei, für den Krankheitsfall sei ja aber in anderer Weise gesorgt; es müßte hier also eine Modifikation vorgenommen werden, ¿

Abg. Bebel: Die Gefangenen seien Arbeiter, und zwar Zwangs- arbeiter im Gegensaß zum freien Arbeiter, sie könnten ihre Arbeit nicht wählen; wenn die Gefängnißbehörden den Wünschen der Ge- fangenen Rechnung trügen, so fei es ihr freier Wille. Soweit Ge- fängnißstrafe verhängt fei, bestehe ja eine gewisse Vorschrift, wonach der Gefangene möglichst seinen Fähigkeiten entsprehend beschäftigt werden solle; im Einzelnen aber hänge Alles von den Beamten ab. Die größte Mehrzahl müsse die Arbeit übernehmen, die ihnen zu- gewiesen werde und die oft mit ganz besonderer Gefahr für Leib und Leben verknüpft sei, Wie man in diesem Fall die Unfallgeseßgebung nit gelten lassen wolle, könne er vom menshlichen Standpunkt nicht be- greifen. Die Abgeordneten von der rechten Seite müßten übrigens merk- würdige Begriffe von dem Maß der Entschädigung haben, was einem Ge- fangenen auf Grund des Unfallgeseßes zugebilligt werden könne, daß er als „Kapitalist“ das Gefängniß verlasse. Diese Entschädigung werde nach dem bemessen, was dem Gefangenen Arbeitsverdiens\t innerhalb der Anstalt angerechnet werde, und der Betrag sei ganz außerordentli} minimal. Andererseits mache die Gefängnißarbeit doch großen Kreisen der kleinen Gewerbetreibenden eine nahezu vernihtende Konkurrenz, Wenn man auf der reten Seite sonst immer für die Beseitigung dieser Konkurrenz eintrete, so seße man fh hier mit dieser Haltung in Widerspruch, indem man dem Privatunternehmer erst recht ermögliche, diese Konkurrenz in noch höherem Grade durchzuführen Die Behandlung in den Gefängnissen folle zu menschlich sein, eine förmlihe Veran- lassung zu Verbrechen bilden, damit die Verbrecher nur in das Ge- fängniß gelangen könnten. Er könne dagegen aus praktischer Er- fahrung bestätige, daß die übergroße Mehrheit der Gefangenen mit Sehnsuht dem Moment entgegensehe, wo sie das Gefängniß hinter ih ließen; und drei Viertel der Rückfällígen würden nicht zurück- tommen, wenn den Männern und Frauen die Möglichkeit zu einem ehrlihen Gewerbe geboten würde. Die Statistik von 1890 weise nah, daß die Zahl der Eigenthumsvergehen um 28000 gegen 1889 zugenommen habe; die Statistiker gäben die Schuld daran den schlechter gewordenen Erwerbsverbhältnissen, der Vertheuerung der Lebenémittel, und das Jahr 1891 werde noch s{chlimmere Resultate aufweisen. Man habe also alle Ursache, diesen falschen Standpunkt aufzugeben. i

Abg. von Jagow: Im Unfallversicherungsgeseß handele es ih nur um Betriebsunfälle. Würde man ein Geseß machen, nach dem überhaupt jeder Unfall vergütet werde, so würde man dieses auch auf die Gefangenen ausdehnen, Wenn man meine, er gönnte einem Gefangenen seine Rente nicht, so habe er folgende praftishe Er- fahrung gemacht. Ein Inhasftirter, der eine Unfallrente bezogen, habe bei der Rüdkehr in seine Heimath vom Ortsshulzen die während der vier oder fünf Monate seiner Haft aufgelaufene Rente von 70 oder 80 M bekommen. Auf die Frage, ob er schon Arbeit habe, habe der aus der Haft Entlassene geantwortet: „Nein, ich muß erst einmal die benahbarten Wirthshäuser besuchen,“ z

Darauf wird die Petition gemäß dem Antrage der Petitionskommission dem Reichskanzler als Material zu der in Aussicht gestellten Vorlage überwiesen. : /

Sodann wird die früher A TGRene Diskusfion über die Petitionen um Revision des Wuchergeseßes, für welche die Petitionskommission Ueberweisung an den Reichskanzler als Material für eine etwaige Aenderung der betreffenden Ge-

seßgebung beantragt, fortgeseßt.

Abg. von Strombeck beantragt, die Petitionen dem Reihs-