1891 / 285 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 03 Dec 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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Am Sonnabend, dem bundertsten Todestage des Meisters, beginnt der Mozartcyclus. Neueinstudirt geht „Jdomeneus“ in Scene unter Leitung des Kapellmeiiters Kahl. Beschäftigt sind darin die Damen Leisinger, Hiedler, Staudigl, Hellmuth-Bräm und Pfund, die Herren Sylva, Beß, Schmidt, Ernft und Fränkel. Der Vorstellung gehen das Ave verum von Mozart mit untergelegten deutschen Textworten und ein von Fräulein Lindner gesprohener Prolog voraus. „Idomeneus* wurde zum ersten Mal im Neuen Opernhaus zu München am 29. Januar 1781 und im Königlichen National-Theater zu Berlin am 3, Auguft 1806 aufgeführt. :

„Der Väter Erbe,“ das neue Volksftück von Richard Voß, wird im Berliner Theater am 12, Dezember zur ersten Aufführurg kommen. ; :

Im Lessing- Theater hat der italienise Dichter Giovanni Verga, der au ein dreiaktiges Drama angekündigt hat, den leßten Proben seines sicilianishen Volks\{auspiels „Cavalleria rusticana“ beigewohnt. :

Auf vielseitigen Wunsh wird Kapellmeister Meyder morgen im Concerthause den fünften , Wagner- Abend* veranstalten Das Programm dieses Abends wird die Ouverturen „Der fliegende Hol- länder“ und „Tannhäuser“, Huldigungs- Mars, An den Abendstern aus „Tannbäuser“ für die Posaune (Herr Müller), Siegfried-Idvll, Träume, Stüdcke aus den Musik-Dramen „Die Walküre“, „Siegfried“ v. \, w. enthalten.

Morgen, 8 Uhr, findct in der Sing-Akademie dec Balladen- und Liederabend von Eugen Gura statt, in dem der Herzoglich \äbsishe Hofvianist, Herr Profeffor Hermann Tietz aus Gotha mitwirkt.

Iean Eérardy, der zwölfjährige Cellist, spielte am Montag mit bedeutendem Er'o- ge vor der Königin von England; augenblick: ih befindet si der junge Künstler auf der Reise nah Berlin, wo sein Concert mit dem Philharmonischen Orchester am 11. Dezember in der

Sing-Akademie ftat findet, Der zweite Musikalishe Abend der Klindworth'\chen Musikschule (Potsdamerstraße 20) findet am Sonnabend unter Mitwirkung der Damen Fräulein Helene Leubuscher (Klavier) und Hedwig Ribbeck (Gesang), sowie der Herren Concertmeister Grünberg und Krelle, Zimmermann (Bratsche) und Eépecnbahn (Cello) stati. Von Inftrumental-Kompositionen gelangen E. E. Tauber!'s Klavierquintett op. 31, Violinsoli von Wilhelm y und Rebfeldt, Klavierso.i von Mozart, Mendelssohn, Chopin, Lifzt und Procászka zum Vortrag, von Vocalwerken Lieder von Schumann, Nubinstein, d'Albert und Reinecke.

Heinri Hofmann's neuestes Chorwerk „Die Jungfrau von Orleans“ if vor Kurzem in Leipzig mit sehr günstigem Er- folge aufgeführt worden.

Manxaigfaltiges

Dem verstorbenen Kaiserlihen Regierungs-Rath von Lossow galt die Trauerfeier, die heute Vormittag in der Kapelle des Elisabetb- Krankenhauses stattfand. Das Kaiserliche Statistish: Amt, dem der Entschlafene angehört hatte, war dur den Direktor, Ge- beimen Regierungs-Rath Dr. von Scheel und die Mitglieder, sowie viele Beamten vertreten Die Rätbe, die Subalternbeamten und die Hülfsarbeiter batten präbtize Kränze gewidmet. Ferner waren. urter denAnwesenden der bayerische Bundesraths-Bevollmächtigte, Ministerial- Rath Freiherr von Stcngel, der Wirkliche Geheime Ober-Regierungs- Rath Bedcker, der Direktor des preußischen Statistishen Bureaus Ge- heime Ober-Regierungs-Rath Blenck und der Ober-Regierungs-Rath Friedheim vom Polizei - Präsidium. Die Gedenkrede hielt der Prediger Apel, die Leice wurde sodann nah Dresden übergeführt.

Die mit einem Kostenaufwand von 20 0€0 (4 vom Centralverein für Arbeitsnahweis am Alexanderplaß, in den Stadtbahnbögen 101 und 102 errichtete Wärmhalle ist heute in Gegenwart von Vertretern des Handels-Ministeriuums, des Ministeriums des Innern, des Polizei- Präsidiums und der städtishen Behörden eröffnet worden. Dr. Freund begrüßte Namens des Vorstandes die Erschienenen in einer kurzen Ansprache, in der er die Aufgaben der für Berlin neuen Einrichtung

\{ilderte. DerRedner appellirte zugleih warm an den Wohlthätigkeitsfinn der Berliner unter Hinweis auf Wien, wo cin Gönner 100 000 Fl. für die Wärmístuben gespendet babe. Nachdem der Redner mit einem Hoh auf Seine Majestät den Kaiser geschlossen, erfolgte ein Rundgang durch die Hallen, die für 590 Personen Sißpläge bieten und 800 bis 1000 Personen fassen können. Bogen find für Männer, # Bogen ift für | ima und Kinder bestimmt. Jn der angebauten Küche eht ein Dampfkowapparat von Becker und Uhl- mann mit zwei Kesseln zu je 450 1 Inhalt In ihnen werden täglich zwei Arten Suppe gekocht, die für den Napf mit Brot für 10 S verkauft wird. Außerdem giebt es Kaffee und Milh. Der Haus- ordnung zufolge is die Benußzung der Wärmhalle] Jedermann gestattet, doch kann, wenn es nöthig wird, eine Beschränkung der Dauer des Aufenthalts eintreten. Betrunkenen ift der Zutritt unter- sagt, Karten und Würfelspiel ift verboten.

Vom 95 bis 7. Dezember findet, im Gesellshaftshaus der „Equitable“, Leipzigerstraße 101, Ede der Friedrichstraße, der Bazar des Deutschen Frauenvereins für Krankenpflege in den Kolonien statt.

Die Jubiläums-Ausfstellung der ,Canaria* wird, wie die „N. A. Z.* mittheilt, morgen in den Räumen der Kaiser-Wil- helmstraße 12 T eröffnet und dauert bis 8. d. M. Neben vielen anderen Sachen wird ein Hoblroller-Apparat gezeigt werden, der dur ch einen Motor in Bewegung g?zseßt wird und gleichzeitig mit der Knarre versehen ist. Der Apparat soll genau den Gesang des Kanarienvogels wiedergeben.

Aus Teltow wird der „N. Pr. Z.* ges{hrieben: Den hoh- seligen Kaisern Wilhelm I. und Friedri IIl. will die Stadt Teltow nunmehr au cin Denkmal errihten. Der Bürgermeister Bevier ladet zur Bildung eines dahin zielenden Vereins die Bewohner Teltows zu einer Versammlung am 4, Dezember nah dem Mackensy- schen Saale ein.

Demmin, 30. November. In dem nahe gelegenen Leuschentin wurden, wie der „N. A. Z.“ gemeldet wird, acht Kinder in einer Sandgrube vershüttet. Das Ausbleiben der Kinder wurde bald bemerkt. Sofort wurde mit den Rettungsarbeiten begonnen, do war es für fünf Kinder, drei Knaben uad zwei Mädwen, bereits zu spät ; man fand nur noch ihre Leichen vor.

London, 1. Dezember. Eine der verheerendsten Gas-Erxplo- sionen, die in ten leßten Jahren in England vorgekommen sind, ereignete si, wie die „A C * berichtet, gestern Nachmittag auf dem Marktplat des Städthens Blackburn. Das Crown-Hotel und ein Laden wurden dem Erdboden gleiwgemacht und alle übrigen auf dem Marktsstehenden Häuser bis in die untersten Grundfesten er- \@üttert. Wie viele Menschenleben unter den Trümmern der beiden eingestürzten Häuser begraben liegen, läßt si zur Zeit noch nit feststellen. Die Rettungsarbeiten wurden fofort mit aller Enerzie begonnen. Nach einer Stunde stieß man auf den Hotelbesizer Hougbton, dann auf Mr. Ligbtbown und \{ließlich auf Virs, Wilkinson, die Jubaber des Ladens. Die Rettung Houghton's verursahte bedeutende S{wierigkeiten, und die Feuerwehr mußte ein Mal na dem andern vor den Flammen und dem Rauch zurückweihen. Es dauerte 45 Stunden, bis man Hougbton aus seiner gefährlichen Lage befreit hatte. Jn bewußtlosem Zustande, jedoch font unverleßt, wurde er ins Hospital geschafft. Auch Mr. Lightbown hatte rur gerixrge Verleßungen davongetragen, Dagegen fand man in den Trümmern des Lightbown's&en Hauses die Leiche ciner Frau, die zur Zeit des Unglücks gerade Einkäufe in dem Laden gemacht hatte. Acht Opfer des Brandes befinden sich in ärztliher Behandlung.

London, 2. Dezember. Jn der neuen Galerie in Bond Street wurde, wie die „A. C.* mittheilt, gestern die Victoria-Aus- stellung, die dem Besucher die Errungenschasten des Zeitalters der

Königin Victoria auf allen Gebieten vorzuführen bestimmt" ist, er- öffnet. Die Ausftellung enthält eine Fülle interessanter Gegenstände, von denen die Königin selbft eine große Anzahl leihweise beigesteuert hat. Unter anderen Gegenständen befindet sich hier au die erste Näh-

maschine, die vor fünfzig Jahren gebraubt wurde. Die Porträt- sammlung entbält die Bildnisse aller Berlihmtheiten aus der Re- gierungszeit Ihrer Majestät fast vollständig. Die Zahl der zur Shau gestellten Autographen ift eine besonders stattliche.

Lissabon, 1. De:ember. Der Dampfer ,Cidade da Pra ix“ ist einem Telegramm der „N. Pc. Z.* zufolge in der Nähe der Santa Lucia-Bai (an der Ostküste Süd-Afrika3) gestrandet und mit der gesammten Bemannung und Ladung gesunken.

Konftantinopel, 2. Dezember. Eine shreckliche Feuers- brunft zerstörte, wie das „D. B. H * meldet, in der vergangenen Na@ckt in Aidin (Klein: Asien) das ganze Judenviertel ; 200 Häuser und 2 Synagogen wurden eingeäschert; aht Personen kamen bei dem Brande um, uad mehrere erlitten Verwundurgen.

___ New-York, 2. Dezember, Während der gestrigen Vorstellung im städtischen Cirêus brach laut Meldung des „H. T B.* in der Akrobaten-Loge Feuer avs. Bei der hierdurch entstandenen Panik sind viele Zuschauer verleßt worden. Das Feuer wurde bald gelö\cht. Die Stadt Tracy (Minnesota) ist in Folge einer Brandstiftung vollständig niedergebrannt.

Chicago, 2. Dezember. (W. T. B.) Die Gerüchte von einer margelhaften Ausführung der Bauten für die bevorstehende Welt - ausftellung werden von „Worlds-Fair“ für durchaus unbegründet erflärt. Die Gebäude feien durch höhere Beamte geprüft und solid befunden worden.

Nach S(luß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Paris, 3. Dezember. (W. T. B.) Nah Meldungen aus Buenos: Aires hätte sih die zwischen der Vermittelungs- partei der nationalen Union civica und der autonomistishen National-Partei bestandene Verbindung, deren Führer General Roca war, vollständig gelöst; es sei daher ein sehr lebhafter Wablkampf zu erwarten.

St. Petersburg, 3. Dez-mber. (W. T. B.) Der orthodoxe Erzbishof von Warshau Leontius ist zum Metropoliten von Moskau ernannt worden an Stelle des Monsignore Foannicius, der zum Metropoliten von Kiew bestellt worden ist. Das Kaiserlihe Ernennungs- reskript an Monsignore Joannicius betont unter Anderem die Nothwendigkeit einer energishen Bekämpfung der Stundisten- Sekte, die den Glauben der Väter mehr und mehc schädige.

Rom, 3. Dezember. (W. T. B.) Jn der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer gelangten die Fnter- pellationen über die innere Kirchenpolitik noch niht zur Berathung, da die Berathung des ersten Gegen- standes der Tagesordnung die ganze Sißung ausfüllte. Aus vatikanishen Kreisen verlautet gerühhtweise, die Kurie und die russische Regierung seien übereingekommen, den gegenwärtigen Bischof vor Shitomir Koslowsky zum Erzbischof von Mohilew zu ernennen.

Palermo, 3. Dezember. (W. T. B.) Jn Corleone wurde heute Nacht 31/2 Uhr eine von unterirdishem Getöse begleitete Erdershütterung in der Rihtung von Nordwest nah Südost verspürt.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Wetterbericht vom 3. Dezember In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Max Grube. | Die neuen Dekorationen aus dem Atelier Falk. Die Urania, Anstalt für vol!sthümli%e Naturkunt , D H) riunZze er A s 255, Vorstellung. Mozart Anfang Tbe. S Geöffnet vi t 11 Ub / igl Bor tio n E ; t . 299, : 2 S eôffnet von 12— r. T Borstell és T elj"faliee Theater, Mlezes die Lelbiay bt met a I 1 x 9 E E E 5 Stationen. EZS Wind. | Wetter. [S [| | Jdomeueus, Köuig von Creta. Große heroisbe | Resitdenz-Theater. Direktion : Sigmund Lauten- - s 2E S S I t r See nescbt voc | burg, Freitag: Zux 5. Male: Madame Mon- | Circus Renz, Karlstraße. Freitag, Abends Qi E Obev-Regifséur Teblaff. añfang 7 Uhr. godin. Schwank in 3 Akten von Ernest Blum | 7} Uhr: Große Komiker- Vorstellung. Auftreten der E 730 1SGO 6 broedt T Schauspielhaus. 267. Vorstellung. Narziß und Raoul Toché. Deutsh von Emil Neumann. | Clorns C. Godlewsky, Hercmann, Misco, Velde- s lag more 780- [TSO 8 boi 7 | Sraucespiel in 5. Aufilarn: von A E Bracvocel, In Scene geseßt von Sigmund Lautenburg. An- | mann und Sohn, Rosche, 3 Gebrüder Briatore, Cheiftianfund 719 |SO 6 wolkig 7 | In Scene gesezt vom Öber-Regisseur Max Grube. fang Uhr. : Paul William, Gebrüder Dianta, Warne, Gebrüder SE oen. | 759 [SEV Ussegon 4 | Narziß: Herr Weiser, vom Hof-Theater in Mei- Sonnabend: Dieselbe Vorstellung. Kronemann 2c. in ihren komischen Entrées u. Jater- S tcttol 763 till bedeckt 1 | ningen, als’ Gaft) Anfang 7 Ubt ——— mezzos. Außerdem : Eine Vergnügungéfahrt mit ver- A E Belle-Alliance-Theater, Sreitag: Gr | denen Pinne r n Le tom se C S T- i 2 ; ' ; : Scene von der neu engagirten Elton Troupe. Auf- St Peteröburg e SW 1 \bededit 2 Deutsches Theater. Freitag: UL, Goethe- De) E t A treten einer Wierer Damenkapelle. Reiten und Ï T (d 2 [225 A 1. Abend. Stella. Hierauf: Die Mit- Der Nattenfänger von Hameln Phantastisches O s T, aus Freihetts- ork, Queen L | uldigen. f 5 pferde Auftreten der vorzüglichsten Künstlecinnen und D L T8 WSW £ (Negen Sonnabend: Doctor Klaus. : i: E O L Cbride Cet AA Künstler. Zum Schluß der Vorstellung: E" Auf 14A O 789 S 8 f 3 Sonntag: L. Goethe-Cyclus. 2. Abend. Göß | Stadt Hameln, frei bearbeitet von C. A. Görner. | Ltlgolan) “Fg oder: Ebbe und Flutb, Ne e O Sud arne z von Beg i 21a R T Musik von Catenbusen, Anfang 74 Ubr. : Grete: bydrologi!che Ausstattungs - Pantomime in Hamburg - - | 760 |SSO 2Nebel. 6 | Shawviel in 3 Aufücen vor Felix Philippi findet | Sonnabend, Nachmittags 34 Uhr : Kinder - Vor- theilungen mit National-Tänzen (60 Damen), Ia S ) auspiel in ufzügen von Felix Philippi, finde stellung zu bedeutend ermäßigten Preisen. Der Aufzügen 2c., Dampfs\chis{- und Bootfahrten, Wasser- O i L B ut Î Montag statt. Rattenfänger. P fällen O mit ar Lichteffekten 2c., i L ebe ———————- ; 5 arrangirt und inscenirt vom Dir. E. Renz. Kunst- Memel. 763 |OSO 2Mebel | 0 | Perliner Theater, Freitag: 14. Abonn.-Vorst. | jy Volkepreisen (alle Pläve 1%). Prectesa ® | [hwimmerinnen dret Geschwister Jobnfon. Séluß- Boris A | 763 |S 2 bede | 93 | Hamlet. Anfang 7 Uhr Billets zu beiden Vorstellungen sind von heute ab Tableau: Grande Fontaine Luminenuse, Riefen- E : A S S 4 „y Sonnabend: Der Hüttenbesiger. (Nuscha Bube, | an der Kasse zu haben, G O einer Hôhe von mehr denn 80 Fuß t e [99 linen 4 | M8 Sormz, Wm, Barnan, Bis Stab —— N: Auf Helgoland, Fie U u SO 4wolkig —2 | Orleans. Abends 72 Uhr: Esther. Der | Adolph Ernst-Theater. Freitag: Zum | Sonntag: 2 Vorstellungen. Nachmiitags 4 Uhr Ses . R S 2 wolkig 3 | Geizige. (Ludw. Barnay, Agnes Sorma.) 95, Male: Der große Prophet. Gesangsposse | (1 Kind frei): „Aschenbrödel“, Abends 74 Uhr: Wien N t E W Maa pee h i S in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von | - Auf Helgoland“. Breslau. . . | 763 | {till \wolkenlos —1 Tesfing - Theater. Freitag: Zum 1. Male: | Gustav Görß. Musik von Gustav Steffens. Mit mm a 6 E ETR ;¿- | Cavalleria rusticana. Sicilianishes Volks- uad enen Kostümen. Die neuen Dekorationen 7 S C0 E shauspiel in 1 Aft von Giovanni Verga. Vorher, | Butacz An Scene detevt von A R U Familien-Nachrichten. 1) Abends und Nachts Regen. 2) Reif, E vi Gharlts tve G Sa e E fang 7# Ubr. : Verehelicht: Hr. Landrath Richard Frhr. von E Uebersicht der Witterung. j Neu einstudirt: Ritterdienfte. Lustspiel in 1 Akt Sonnabend: Dieselbe Vorstellung. Rechenberg mit Frl. Freda von Meyerinck (Han- Ein fehr tiefes Minimum, welches demnä&ft au | von Eugen Labiche. Anfang 7 Uhr. L nover). | die Witterung an der westdeutshen Küste beeinflufsen Sonnabend: Cavälleria rusticana. Geboren: Gin Sohn: Hrn. Professor Dr. G. dürfte, is nordwestli& von S&ottland ersienen, | Die Bekehrung. Ritterdienfte. Thomas-Theater. Alte Jakobstraße 30. | Wissowa (Marburg i. H). Hrn. Hauptmann Südweststurm auf den Hebriden, ffftürmishe Südost- Sonntag: Die Grofßstadtluft. S{wank in | Direktion: Emil Thomas. Freitag : Jubiläums- Grid von Arnim (Lichkerfelde-Berlin), Hen. winde an der Ostküste Schottlands verursacend, | 4 Akten von Oscar Blumenthal und Gustav Kadelburg. Festvorstellung. Fest - Ouverture. Hierauf, zum Lieut. von Hutb (Rostock). Eine Tochker : Ueber Deutschland weben leite bis mäßige \üdöst: ria ati R 2. Male: Fliegende Blätter. Humoristishe | Hrn. Lieut. Ernst Graf Finck von Finckenstein liGe bis südwestlihe Winde bei milder vorwiegend | ygliner-Theate Bilder mit Gesang in 3 Akten und einem Vor- und | (Vetlin). Hrn. Prem.-Lieut. Mar von Zimmer- trüber Witterung; vielfah is Regen gefallen. Im allner-Theater. Freitag: Zum 18. Male: | einem Nawspiel, arrangirt von Alfred S{önfeld mann (Neisse). Hrn. Real-Gymnasiallehrer ostdeutshen Binnenlande fowie in Südbayern herrscht | Immer zerftreut! Posse in 3 Akten von Barrière | Anfang 7 Uhr. *| Dr. Hoeres (Köln). [leihter Frost. Die Erwärmung, welche an der west- | und Gondinet. Bearbeitet von Franz Wallner Gestorben: Hr. Generalarzi a. D. Dr. Alexander deutshen Grenze eingetreten ift, dürfte sich auch | Hierauf, neu einstudirt: Die Hanni weint der Ochwadt (Berlin). Hr. Regierungs-Affessor ostwärts über ganz Deutschland ausbreiten. Hanfi lacht. Komishes Singspiel in 1 Aft von Concerte Friedrih von Savigny (Merseburg) Hr Kreis- Deutsche Seewarte. | Iacques Offenba. Anfang 73 Uhr. i: t . gerihts-Rath a. D Theodor Neukirchner (Tar- s L Sonnabend : Dieselbe Vorstellung. E Freitag, Anfang 8 Uhr: | nowißt). ——————————————————————— E E —_ alladen- und Liederabend. Eugen Gura. Theater-Anzeigen. Friedrich - Wilhelmfstädtishes Theater. S M eus: Dr. H. Klee, Direktor. erlin:

Königliche Schauspiele, baus. Keine Vorstellung.

4. Symphonie : Abend der Königlichen Kapelle, | von Anfang 74 Uhr.

Swauspielhaus, 266, Borstelung. Der kommende Tag. Schauspiel in 4 Aufzügen von Hugo Lubliner.,

Freitag: Opern: | 9 Male:

Jul. Fritsche.

Freitag : Mit Polnische Wirthschaft.

neuer Ausftattung: Zum

Concert-Haus. Freitag: Karl Meyder- Concert.

Operette | x; in 3 Akten von H. West und Rich. Genée. Musik V. Wagner-Abend. Anfang 7 Uhr. n Hermann Zumpe (Komponist des „Farinelli“). Für das Friedrih - Wilhelmstädtische Theater be- arbeitet von Louis Herrmann. Jn Scene gesetzt von Dirigent: Kapellmeister Federmonn.

Donnerstag, 31. Dezember (Sylvester) ; x. Familieu - Ball - Fest. (Gesellschafts- Anzug). Billets à 3 4

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verl Anstalt,*Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. E

Fünf Beilagen (einschließli Börsen - Beilage).

Trr es

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

M 285.

Deutscher Reichstag. 132, Sizung vom Mittwoch, 2. Dezember, 1 Uhr.

Am Tische des Bundesraths der Staatssekretär Dr. von

Boetticher. N

Auf der Tagesordnung steht zunächst der von den Abgg. Dr. Hir\ch und Genossen eingebrahte Geseßentwurf, betreffend die eingetragenen Berufsvereine. Danach follen Ver- eine, die gewisse Bedingungen erfüllen, die Rechtsfähigkeit erhalten, die jezt nur von Staatswegen besonders ver- liehen wird.

Abg. Dr. Hir\ch: Sthulze - Deliß\ch's Anträge im _Nord- deutschen und Deutschen Reichstag, betc. die privatrechtliche Stellung der Vereine im Allgemeinen, seien leider an dem Widerspruch der Regierung gescheitert. Sie hätten der deutshen Nation viele innere Kämpfe auf dem Gebiete der Arbeiterfrage erspart. Zu derselben Zeit sei in England das Gesetz, betreffend die Gewerkvereine, ange- nommen, in Folge dessen die Arbeiterbewegung in England niemals den Grad von Leidenschaftlichkeit, Heftigkeit und Ver- bitterung erreiht habe, wie hier. Das segensreihe Wirken der freien Vereinigungen sei auch anerkannt worden bei der Berathung der Gewerbenovele durch den Antrag Hihe auf geseßli&e Anerkennung der Berufsvereine. Der preußische Handels-Minister habe diesem Antrag wohlwollend gegenüber gestanden, habe ihn aber für überflüssig gehalten, da der jeßt zur Berathung stehende Antrag damals bereits vorgelegen habe. Der Zug zum Zusammenschluß der Berufsgenossen sei ein recht germanisher. Er sehe in den Berufsvereinen nihts, was mit Gefahr bedrohe. Der Beruf sei der Centralpunkt der sozialen Gitederung, darum solle man diese Organisation geseßlich \{üßen und fördern, Die Berufsorganisation sei keine Kampforganisation, die sozialen Kämpfe würden im Gegentheil durch geseßlihe Normative dieser Art geregelt und gemäßigt. Der Wirklihe Geheime Ober- Justiz-Rath Professor Dr. von Gneist habe sich 1872 auf der Eisenaber Ver- fammlung der Kathedersozialisten in ähnlihem Sinne ausgespro§en. Mit Recht habe er daran erinnert, daß im Mittelalter au) die Innungen im Kampf gegen Druck und Mißbräuche aller Art groß geworden seien. Die Gewerkvereine, denen er (Redner) nahe stehe, verfolgten durchaus friedliche und geseßlihe Zwecke. In einer Arbeiterversamm- lung sei kürzlich behauptet worden, es ginge niht ohne Arbeits- einstellungen, das Kapital müßte ers mürbe gemacht werden, Darauf habe ein Klempnermeister geantwortet: Wir suchen freiwillig vor dem Strike den Ausgleich und Sie gezwungen nachher. So dächten die Gewerkvereine aller Länder. Diese Vereine dürften nicht meh: rechtlos dastehen, sondern müßten ein geseßlihes Obdach haben für ihre, den Arbeitern so heilsamen Bestrebungen. Die Berufsvereine seien nicht gegen das Kapital gerichtet, sie regelten nicht nur das Ver- bältniß zwischen Arbeitern und Arbeitgebern, sondern die Mitglicder verfolgten vor allen Dingen den brüderlihen Zweck, sich gegenseitig zu stüßen und zu fördern, sich materiell und moralisch zu heben. Unterstüßungen bei etwaigen unvermeidlichen Kämpfen bildeten in dem Budget der Gewerkoereine nur einen untergeordneten Posten. Jhre Hauptaufgaben seien die Gewährung eines wirksamen Rechtsshutzes und die Unterstüßung bei Arbeitslosigkeit, niht nur bei der Kranken- versiberung unterliegenden Erkrankungen, sondern namentlich auch bei Stellenlosigkeit, wenn das Geschäft \stocke; für diese Arbeits- losigkeit habe noch kein Staat Hülfe zu bringen versucht, da könne nur die freie Vereinsthätigkeit eintreten, wodur die Unterstützung nicht als Almosen, sondern als gutes Recht erscheine. Die Vereinsangehörigen wollten {on seit Jahren in geseßlich geordnete Verhältnisse kommen; daß dies noch nit geschehen, sei eine Ungerechtigkeit, da man den Kapitalsgesellshauften, den Attiengesell- schaften, das gleihe Recht gebe. Das Recht auf geseßlichen Schuß hätten die Gewerkvereine nahgewiesen durch ihre Leistungen ; das Bedürfniß geseßlihen Schutzes sei erwiesen durch die vielfahen und Jahre langen Maßregelungen von Seiten der Behörden und in Folge davon auch der Arbeitgeber. Man habe jeßt 6000 solcher Gewerk- vereine mit 400 000 Mitgliedern, ein Zeichen, wie groß das Be- dürfniß in diesen Kreisen sei, ih zu organisiren, wie es die ge- lehrten Aerzte und Juristen thâäten; da sei es denn die einzig richtige Politik, diese \{wellenden Wasser in die rich- tigen Kanäle zu leiten. Bisher seien ganz außerordentlibe Summen an Vereinsvermögen, die Ersparnisse aus mühseliger Arbeit, verloren gegangen, weil es den Vereinen als solhen niht möglih gewesen sei, Prozesse zu führen. Die öffentlich rechtlihe Seite der Frage werde dur diesen Geseßentwurf niht unmittelbar berührt ; die Lande8geseße follten maßgebend bleiben, bis auch diese Materie durch die Reichsgesey- gebung geregelt werde. Seine Partei strebe dahin, daß die öffent- lihe Stellung der Gewerkvereine eine bessere werde, daß au das Verhältniß zu den Arbeitgebern ein friedlicheres werde. Seit 1} Jahren sei der Gesegentwurf vorgelegt. Seine Partei habe sich bemüht, ihn nach den besten vorhandenen Mustern und auf Grund langjähriger Erfahrungen im Vereinsleben felbst zu gestalten, als geeignete Grundlage ciner kommifsarishen Berathung. Als Muster habe sie benußt das bayerishe Vereinsgeseß und das Genossenschaftsgeseß, freilih mit Berüksihtigung der Eigenarten der Berufsvereine, Der gesetßlihen Regelung der Stellung der Berufsvereine ständen fo viel Schwierigkeiten im Wege, daß es {hon an ih nihcht ungereht- fertigt sei, ein besonderes Geseg für ihre Anerkennung zu geben und nicht bis zur Fertigstellung des bürgerlihen Geseßbuches zu warten. Nun wende man ein, dieses Gese könnte der Sozialdemokratie in die Hände arbeiten und sie wiederum stärken. Einen solchen Einwand verstehe er nicht. Niemand sei ein so grundsäßliher Gegner der Sozialdemokratie wie er, aber es gebe au) sonst noch Geseye, bei denen sozialdemokratishe Arbeiter ebenso in Frage kämen, wie jeder andere Arbeiter, z. B. bei den Gewerbegerihten, bei den Kranken- kassen, sowohl in den freien als in den Zwangékassen. Außerdem ständen ja den Sozialdemokraten noch andere geseßlihe Mittel zur Verfügung, ihre Ansichten zu verbreiten und sich zu organisiren, Er wünsche gerade, daß auch die Sozialdemokraten dur dieses Geseß herange- zogen würden zur Mitarbeit an den öffentlihen Angelegenheiten, denn dadurch werde die praktishe Auffassung der Dinge befördert werden, und das werde mäßigend wirken, Die geseßlihe Regelung, die seine Partei verlange, jolle den Gewerkvereinen niht nur Rechte, son- dern au Pflichten geben. Das Gesey würde die Arbeitershußgesehe wesentlich ergänzen, namentlich würde hierdurch dem Mißbrauch der Koalitionsfreiheit, dem Kontraktbrub, energish gesteuert werden können. Er hoffe, daß man den Gesetzentwurf vorurtheilsfrei und wohlwollend aufnehmen und in kommissarisher Berathung genau prüfen werde; er bitte darum im Namen seiner Mitantragsteller, im Namen der Gerechtigkeit, der Wohlfahrt und der sozialen Liebe.

Abg. von Keudell : Wenn Vereinigungen als solche das Recht haben sollten, Prozesse zu führen, müßten sie den Charakter juristischer Meru besißen. Diesen Charakter hätten gewisse Vereinigungen, wie

niversitäten, Aktiengesell\haften, ex lege; andere Vereinigungen müßten ihre vermögensrehtlihe Lebensfahigkeit und ihre Gemein- nüglihkeit nahweisen, dann werde ihnen das Recht der juristishen Person verliehen, in Preußen durch Königlichen Erlaß, in den meisten anderen Bundesstaaten durch Ministerialverfügung. Die Verhältnisse dieser Vereine seien durch das Vereinsgeseß von 1867 geregelt worden, und D e EiA habe danach gestrebt, ihnen das Recht der juristishen Person zu vershaffen. Schulze-Delißsch habe verschiedene

Berlin, Donnerstag, den 3. Dezember

Gesetzentwürfe zu diesem Zweck in den Jahren 1869—72 dem Reihs- tag des Norddeutschen Bundes und dem Deutshen Reichstag vor- gelegt, die auch theilweise im Reichstag angenommen, aber von der Regierung abgelehnt worden seien. Lasker habe sh 1872 grund\äßlih mit der Ersegzung des weitläufigen Verleihungsverfahrens durch geseßlihe Normativbestimmungen einverstanden erklärt, habe aber rücksihtlih der Gewerkvereine weitgehende Kautelen für nothwendig gehalten, wenn die Verleihung der Korporationsrechte an sie nicht ge- fährlich werden solle, denn diese Vereine organisirten den Krieg zwishen den Arbeitern und Arbeitgebern. Redner schildert ein- gehend die Ersahrungen der großen Strikes der leßten Jahre und das Eingreifen der Gewerkvereine in die Strikebewegung und giebt sodann einen Ueberblick über die Entwicklunz des Gewerkvereinswesens in den leßten zwanzig Jahren. Vor dem fran- zösischen Kriege fei es mit dieser Entwickelung nicht recht vor- wärts gegangen, aber nach dem Kriege und besonders vielleiht in Folge des Sozialistengeseßes und einer regen Agitation sei die Mit- gliederzahl der Gewerkvereine erheolih gestiecen, Aus den Ver- handlungen der Vereinstage der Gewerkvereine habe er den Eindruck gewonnen, daß es diesen an freier Bewegung nicht fehle, und daß ihre finanzielle Lage durchaus nicht unsicher sei. Ihre volle freie Bewegung würden sie auch nach seinem Willen behalten, Unter- \{hlagungen durch Kassirer könnten die Gerichte auch heute {on verfolgen, wo die Vereine nicht juristische Personen seien. Der große Bergarbeiterstrike 1889 sei von dem Verbande der Gewerk- vereine wesentli durch Geld unterstüßt worden. Nach solhen Vor- gängen uad nach der Beschaffenheit der Verbandsstatuten könnten die Gewerkvereine Korporationsrehte niht erhalten; denn die Forderung der Gemeinnüßigkeit treffe für sie nicht zu, da der Kampf gegen die Arbeitgeber sie des Prädikats der Gemeinnügigkeit verlustig mache. Erhiclten sie eine größere Macht, so biete gerade das Gefühl davon einen Reiz zu solchen Kämpfen. Keine Regierung könve die Verant- wortung übernehmen, durch Verleihung der Korporationsrechte den Reiz zu Arbeitseinstellungen zu vergrößern. Darüber seien alle Regierungen der Welt sih einig, daß Arbeitseinstellungen nicht als eine dem Gemeinwohl förbderlihe Erscheinung betrabtet werden könnten. In der Vorlage erscheine als Zweck der Berufsvereine aub die Unterstüßung der Mitglieder bei Arbeitsftreitigkeiten und die Organisation für Strikefälle. Nachdem die Invalidenkasse des Ver- bandes dec deuisen Gewerkvereine in Liquidation habe treten müssen, erscheine es nit gerechtfertigt, die Unterstüßung in der Invalidität als Vereinszweck anzusehen, wie die Vorlage es thue. Und nit nur die einzelnen Vereine sollten Korporationsrechte erbalten, sondern au ganze Verbände von Vereinen. Sei es gere{tfertigt, eine solhe Macht ins Leben zu rufen und dadur die Arbeiter im Kampf gegen die Arbeitgeber zu stärken? Gegen die Vorlage sprehe aber hauptsächlich, daß Alles, was man hier den Berufs- und Gewerkvereinen gewähren würde, sofort auch der Sozialdemokratie unmittelbar zu Gute komme. Die 60 000 Mitglieder der Gewerkvereine deren Zahl er übrigens bedeutend höher \{chäßen möchte und die 300 000 Sozialdemokraten in den Fachvereinen seien die eigentlihen Benefiziaten der Vorlage, diese Arbeiterbataillone könne man niht unter dem Schuße eines Reichsprivilegiums marschiren lassen, ihnen könne man die \ch{chwarz- weiß-rothe Fahne nicht ausliefern. Schließlich würde die Industrie selbst unter dem Vorgehen der Arbeiter leiden, die Bessergestellten würden auswandern und eine massenhafte Verarmung unter den Arbeitern selb eintreten, Von einer Ueberweisung an etne Kom- mission könne er sih einen Nutzen nicht versprehen, da die Schäden der Vorlage unheilbar seien.

Abg. Molkenbuhr: So lange die Arbeiter oder Hand- werker în geringer Zahl dem einzelnen Arbeitgeber gegenüberständen, bâtten sie sich ohne ausgedehntes Koalitionërecht behelfen können. Heute, wo Tausende von Arbeitern in einer Fabrik arbeiteten und organisirten Arbeitgeberverbänden gegenüberständen, dürften fie min- destens dieselben Rechte für si beanspruchen, deren sich die Arbeitgeber erfreuten. Die Arbeitgeber seien in ihrer Vereinsbildung nit gehin- dert, Sie dürften Aktiengesellshaften gründen, in großen Gesfell- schaften durch Kartelle die Preise in die Höbe schrauben, sich persönliche Vermögensvortheile verschaffen; diese Vereinigungen seten niht einmal an die nationale Grenze gebunden, wie es die große internationale Vereinigung der Auswanderergesellshaften zeige, Die Arbeiter hätten nur ihre Arbeitskraft zu verkaufen, aber sobald sie den Preis ihrer Waare in derselben Weise steigern wollten wie die Arbeitgeber, so seien sie in ihrer Bewegungsfreiheit durch die Gesetze gehemmt. Die Arbeitgeber seßten die Lohnbedingungen fest, sie übten selbst auf die politishe Gesinnung der Ärbeiter einen Druck aus. Nach dem Bericht des Fabrikinspektors für Leipzig hätten fich viele dortige Arbeitgeber zu dauernden Verbänden ver- einigt, um ihre Mitglieder und die Arbeiter vor „sozialdemo- kratishen Uebergriffen“ zu {üen Auch für Altona und Umgegend bestehe cin derartiger Verband. Was würde man dazu sagen, wenn die Arbeiter einen derartiaen Verband gründen wollten, der die Arbeiter vor den Uebergriffen fkonservativer oder nationalliberaler M Een \{ütßen solle? Würde man niht über Tyrannei lagen ? Die Arbeitgeberverbände erfreuten fich sogar der Unterstützung der Behörden. Der Kriegs-Minister habe sih bekannt- lich dem Verband der Metallindustriellen angeshlossen. Bei einem reinen Privatstrike zroischen Arbeitgebern und Arbeitern hätten die Militärbehörden in Dresden und München si direkt auf die Seite der Arbeitgeber in dem Lohnkampf gestellt, indem sie Soldaten ab- kommandirt hätten für den Betrieb der Arbeitgeber. Niemals habe man gebört, daß die Militärbehörden die Strikenden unterstüßt hätten. In Bayern, Sachsen und Preußen beständen Gesetze, die bestimmten, daß organisirte Arbeitervereine niht mit einander in Verbindung treten dürften. In Folge dessen feien 1874 unter Tessendorf fast alle Gewerkschaften aufgelö#st worden. Derartige Vereine könn- ten aber die Diskussion öffentliher Fragen wie der Scuß- zollpolitik, des Arbeitershußzes u. |. w. niht ganz entbehren; deshalb müßten den Gewerkschaften diejenigen Freiheiten eingeräumt werden, die die Arbeiigeber {hon längst besäßen. In dieser Beziehang erscheine seiner Partei der von dem Abg. Dr. Hirsch ein- gebrahte Geseßentwurf als unzulänglih. Wunderbar sei es, daß ge- rade die Deutschfreisinnigen einen §. 27 hätten beantragen können, in dem es heiße, daß ein Verein aufgelöst werden könnê, wenn er sich geseßwidriger Handlungen s{uldig mache, durch die das Gemeinwohl gefährdet werde. Diese Bestimmung sei sehr kautschukartig. Was sei unter „gesetwidrig“ zu verstehen? Ueberdies könnten die Vereine selbst \{Gwerlich geseßwidrig handeln, nur einzelne Personen handelten geseßwidrig und seien gerihtlich haftbar. Danach würden in den meisten Fällen Leute bestraft werden, die gar niht angeklagt seien. Unter keinen Umständen dürfe man sih auf das Wohlwollen der Behörden veclassen, auf das dieser Paragraph verweise. Daß die Arbeiterorganisationen in England sih nit mit politischen Dingen be- \chäftigten, sei ein Jrrthum. Das Striken werde durh Gewerk- vereine niht gefördert. Wenn die Arbeiter organisirt seien, so rehneten sie bei einem etwaigen Strike_mit den vorhandenen Mitteln, die unorganisirten rechneten auf das Solidaritätsgefühl der übrigen Arbeiter, sie rechneten mit unbekannten Größen, Ferner sei ein Hinderniß des Strikes in derartigen Organisa- tionen vorhanden dadurch, daß namentlih diejenigen Leute mit- entschieden, die selbst nicht an dem Strike betheiligt seien. a würde die Erreihung höherer Arbeitslöhne für die Industrie nit \chädlich sein, die Arbeitgeber würden darum do nicht aus-

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wandern, denn sie könnten ihre hier erworbenen Kunden und Geschäfts- verbindungen niht mitnehmen, Es sei sogar nih!s s{limmec für den nationalen Wohlftand, als niedrige Arbeitslöhne. weil dann die Arbeiter, wie z. B. die s{lesishen Weber und die Leute aus dem Erzgebirge, kaum die dringendsten Lebensbedürfnifse befriedigen, aber keine Abnehmer für die Industrieprodukte sein könnten, und \{chließlich sei doH das Inland das erste und wichtigste Absatgebiet jeder Indultrie. Bei niedrigen Arbeitslöhnen wanderten gerade die besten Arbeiter aus, und dieser Auswanderung der geschickteïten Arbeiter nit zum Wenigsten habe Amerika das Aufblühen seiner JIn- dustrie zu danken. Beunruhigung durch die Organisation set niht zu fürchten, dagegen habe die Regierung Machtmittel genug, die ih ja sogar bis auf die-Unteroffiziersprämien erstreckten. In Amerika, wo die Behörden viel weniger Matt hätten, und wo die Arbeiterorganisationen ganz frei seien, entstehe aus ibnen keine Beunruhigung. Das S({limmste, was aus den Organisationen ent- steben könnte, würde eine Lohnerßöhung sein, und das würde nur \{limm für die Arbeitgeber, für die Allgemeinheit aber kein Un- glück sein. S

Abg. Dr. Hartmann: Die Klagen über die Militärverwaltung seten bereits im sächGsfischen Landtage vorgebraht worden, dort habe die Regierung völlig rechtfertigende Erklärungen abgegeben, Die Lage der deutschen Arbeiter sei gar nit so greuli®, wie se geschildert worden sei. Der Antragsteller finde den Schwerpunkt des Gesehz- entwurfs darin, daß den Berufsvereinigungen der Shuyz des Straf- rechtes und des Civilrehtes gesihert werde, Was den ersten Punkt betreffe, so irre er, wenn er glaube, daß die Untershlagungen der Kassirer gegenüber den Vereinen \traflos seien, weil die letzteren keine juristishen Personen seien. Wichtiger sei die Frage des Civilrechts. Aber ein Bedürfniß dafür habe der Antragsteller niht nachgewiesen, eher der sozialdemokratishe Abgeordnete. Die Verleihung der juristishen Persönlichkeit an die Berufêvereine habe die Folge, daß die Aufsicht der Polizeibehörden ihnen gegenüber fort- falle, daß die Beschränkungen des Vereinsgesetzes nicht gälten, namentlich in Bezug auf das Nichtinverbindungtreten mit einander. Das sei allerdings das Wichtigste und gebe Veranlassung zu einer sorgfältigen Prüfung. Dieser Gesetzentwurf, wenn er Gefe werde, komme nit allein den Berufsvereinen zugute, sondern auch den fozial- demokratishen Fachvereinen. Man werde fich ferner fragen müssen: könne man, wenn man diese Vergünstigungen den Berufsvereinigungen gewähren wolle, sich beshränken auf die Klassen von Vereinen, die hier auf- geführt würden? Seiner Meinung nah nit. Und endlich: Ist in diesem Gesetzentwurf die Gleihheit Aller vor dem Geseß genügend ge- wahrt, sowohl die Rechte der Arkeitervereine als diejenigen der Arbeitgeber? Auch müsse die Frage geprüft werden, inwieweit dieser Gesetzentwurf eingreifen werde in andere Rehtsmaterien. Es werde si fragen, ob jeßt der Augenblick gekommen sei, mit Art. 4 der Verfassung Ernst zu machen und ein Reichs-Vereinsgeseg zu geben, wodurch die Vereins8geseße der Einzelstaaten ihre Geltung verlören. Richtig sei ja, daß viele Bestimmungen dieser Gesetze veraltet seien, das preußishe und das \ächsishe ftammten aus dem Jahre 1850. Er \{lage vor, den Gesezentwurf einer Kommission zu überweisen, die ihn sorgfältig prüfen werde, und zwar {lage er eine Kommissux.. von nur vierzehn Mitgliedern vor, weil es sch hier um fehr viel technische Fragen handele.

Abg. Hitze: Die Verein®gesetze scien in der That veraltet, sie hätten nicht S{ritt gehalten mit der Entwickelung. Der Gedanke, daß die Berufe zusammenträten zur Förderung ihrer Interessen, set ein eht deutscher, der gefördert werden müsse. In diesem Sinne be- trahte er das Geseg. Es komme allen Kategorien zu Gute; Arbeit- geber wie auch Arbeiter sollten den Schutz dieses Geseßes genießen, sie Tönnten sich dann in ge Ger Form organisiren , wie es bisßer niht möglich gewesen sei. 8 handele sich aber niht allein um die Organisation der Arbeiter, sondern überhaupt der Berufsgenofsen, das Gees solle also auh auf Künsller, Aectzle U, |, 10. Anwendung finden können. G werde Pier leine neue Arbeiterorganisation geschaffen, fondern die habe man {on in Folge der Koalitionsfreiheit, hier sollten nur die \{on bestehenden Organisationen auf geseßlihen Boden gestellt werden. Die Schaffung solcher geseßlihen Formen sei sehr geeignet, auf die bisher stürmische Bewegung mäßigend einzuwirken und sie in die nach der historishen Entwickelung nothwendigen Formen zu leiten. Auf diesen Standpunkt müsse man sich in der Kommission stellen. Der Reichstag habe ja {on früher einmal einen Beschluß gefaßt, in dem die Regierung aufgefordert worden sei, Vorlagen über die geseßliche Regelung der Arbeciterorganisationen einzubringen. Arbeiterkammern müßten errihtet werden, damit die Arbeiter ein Organ bätten zum Ausdruck ihrer Wünsche, niht nur gegenüber dem einzelnen Arbeit- geber, sondern auch bezirkêsweise als Gr.ppe. Er svrehe seine Sym- pathie für diese Organisation aus und freue si, daß die Regierung S(britte in dieser Hinsicht in Ausficht gestellt habe.

Abg. Möller: Bei dieser Vorlage werde nicht viel heraus- fommen. Angesihts der Zeit, in der man lebe, stelle er die Opportunitätsfrage in den Vordergrund, die leßten Jahre seien niht ohne Lehre vorübergegangen. Die Mede des Abg. Dr. Hirsh würde er verstanden haben, wenn sie vor zwanzig Jahren gehalten worden wäre. Die Zeiten hätten sich aber geändert, In England sei das Gesetz über die trade’s unions gegenüber dem früheren rechtlosen Zus stande der dortigen Arbeiterorganisationen eine Nothwendigkeit ge- worden. Lägen hier die Verhältnisse ebenso, würde er für solche Vor- {läge eintreten. Aber in Deutschland seien die Arbeitervereine keineswegs rechtlos, und wenn einmal die polizeilihe Genehmigung auf Grund des Verein8geseßes auf Schwierigkeiten stoße, so seien das Ausnahmefälle. Lasker, dessen liberale Gesinnung allgemein anerkannt werden müsse, habe selbst zugegeben, daß es fich bei den Arbeiterorganisationen nur um Kampforganisationen handele; die trades unions Engs- lands seien das nicht, sondern sie seien in stch nothwendig. Mit einer Kommissionsberathung sei er einverstanden, vierzehn Mitglieder würden genügen, der Zahl von 21 widersprehe er nicht. Ernsthaft genug sei die Frage allerdings, und sie müsse den Reichstag früher oder später beschäftigen, aber der gegenwärtige Moment sei nicht geeignet, um eine geseßlihe Organisation zu schaffen, die den Kampf zwischen Arbeitern und Arbeitgebern noch hartnäckiger mae. Wenn die jeßigen Stürme si beruhigt hätten, werde man in Deutschland zum Standpunkt der englishen Verhältnisse kommen können.

Ein Schlußantrag wird abgelehnt.

Abg. Heine: Wie jeßt bei allen Geseßen, so frage man auch, wie dieses gegen die Sozialdemokratie wirken werde. Die politische Freiheit solle ein alter germanisher Zug sein. Das unterschreibe

iemand, der diese Freiheit kennen gelernt habe. Die Identität der S laeena der eie und der Arbeitgeber bestehe heute niht mehr. Der Abg. von Keudell habe unter keinen Umständen den Arbeiter» bataillonen die schwarz-weiß-rothe pne ausliefern wollen. Er (Redner) versichere, sie wollten die chwarz - weiß - rothe Fahne nit. Sie wollten unter keiner anderen weiter marschiren als unter ihrer rothen. Der Abg. von Keudell befürchte eine Auswanderung der besseren Elemente. Wohin sollten sie wandern? Etwa nach England, wo die trade's unions der Sozialdemokratie anheimgefallen seien, oder nach Frankreih, wo durch Gefeß von 1884 diese Materie wenigstens einigermaßen gut geregelt fet, oder gar nach der Schweiz? Die Schweiz thue eben den ersten Sritt zuïn Sozialismus, indem sie, weil die Phosphornekrose die

Arbeiter so stark dezimire, die Fabrikation der Zündhölzchen selbft