1891 / 292 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 Dec 1891 18:00:01 GMT) scan diff

R E R i Ta

E

A S E Zane E i E E

einiger Hauptrollen kam der Operette sehr zu statten; namentli überragt das treffliche Fräulein Ottilie Collin in der Partie des

igeunermädchens Saffi ihre Vorgängerin um ein ganz Bedeutendes.

ie faßte die vorwiegend ernst gehaltene Rolle ganz fünstlerisch auf und sang das s{wärmerisd sehnsüchtige Zigeunerlied im ersten Akt tief ergreifend; noch mebr gefiel die reizende Erzählung ihrer Hochzeit mit Sandor Barinkay, die sie mit dem als tüchtigem Dar- teller der legteren Rolle {on von früher vortheilhaft bekannten Herrn Steiner auf Verlangen wiederholen mußte gab Fiäulein Szilassy in Spiel und Gesang gefällig und an- muthig, und als Zigeunermutter Czipra batte Fräulein H Gelegenbeit, in dem sckchwierigen Lacliede im ersten Akt ihre Ge- sangsfunst wirksam zu entfalten. Die Herren Hanno in der komischen Rolle des reihen Shweirezüchters Zsupan und Steinberger in der Charge des Conte Carnero sind als gewandte, hôdblihst erbeiternde Darsteller dieser Partien ebenfalls längst bekannt, niht minder Frâu- lein Elise Schmidt, welce die Erzieherin Mirabelia sehr humo- ristisch verkörvert Neu waren dagegen Herr Klein, k Homonay würdevoll repräsertirte, und Herr Schulz, dessen gute ge!ang- liche Mittel und jugendlide Ecsheinung ihn für die Nolle des Ottokar woblgeeignet erscheinen laffen. Die zahlreichen großen Chorscenen und Ensembles waren unter der Lcitung des Kapellmeisters Feder - mann sorgfältig neu einstudirt und gelangen sehr präcis; die wirk- same, dur stimmung8volle Dekorationen géhobere Infc-:nirung hat Es ift wobl nit daran zu zweifeln, daß „Der Zigeunerbaron“ in dieser vortrefliden Neubesezung und aroßen- tbeils neuen Aut stattung wieder auf large Zeit den Spielplan des

Herr B inder besorgt

Theaters beherrschen wird. : Philharmonie.

Fünf Namen von gutem Klange: (Altiitin),

feinsinnige

Vortragswcise in Liedern von P. Scchbubert. Mozart, L

und zwei Salonstücke von Ondricek und Saraîate,

edler weier Ton, seine eminente technische Fertigkeit und seine stets interessante Art des Auêëdrucks mit Recht sid Anerkennung er- warben. Der Bassist Herr Fontaine tiuzg mit sehr klangvoller, au in der Höhe leiht anspreender Stimme ein Lied von Venoit „Min

Modersprak“ (Gedicht von Klaus Grotb) und eine „Nordstern®“ von Meyerbeer vor.

in den Händen des Herrn Brüning.

In den Versammlungszimmern des Königlichen Opern- hauses ist folgender Aushang zur Kenntniß gebrat worden: Seine Majestät der Kaiser und König haben Aller-

gnädigst geruht, mich zu beauftragen, den

Sängerinnen, dea Mitgliedern des Orchesters und des Opern-

des „Figaro“ thätig gewesen sind, sowie dem Kapellmeister Weingartner und Ober- regisseur Teylaff die Allerhöchste Anerkennung der im Einzelnen wie

ors, welhe in der Mittwochsvorstellung

Lillian Sanderfon Annette Cssipoff (Klaviervirtuosin), Cha Gregorowitsch (Violinvirtuos), Henry Fontaine (Bafsist) und Hans Brüning (Pianist) waren gestern in einem Concert ver- einiat, welches schr zahlrei besucht war. Die Sängerin brachte ibre nit starke, doch sehr woblflingende Stimme, owie hre

escetizky und Bungert vortrefli® zur Geltung | vnd gewährte, dur den Beifall ermunte1t, noch ver]chiedene Zu- ! gaben. Au Fräulein Essipoff, die dur ibr klares und geistvoll belebtes Spiel im Vortrag der sehr s{wieriagen Variationen von Brabms und einiger Stücke von Lesch:tißlv, Scarlatti und Chopin die Zuhörer bezauberte, fügte noch ein Klavierstück hinzu. Herr Gregorowits{ spielte zwei Säße aus dem 2. Concert von Wierxiawski

_Seiner sorgfältig auëgebildeten Stimme wäre nur etwas mehr Wärme des Ausdrucks zu wün!@en. Die sehr sicher und diskret ausgeführte Klavierbegleiturg befand fh

Kenntniß. Graf von Hochbe

personal der Köaiglihen Oper

Meisters mitwirken. -Frau Die Arfena

astert | der Elvira durhgefübrt.

ftatifizden.

Aufführung. der den Grafen führung

Stüdckes bleibt unverändert. Morgen Abend 74 Uhr findet ITI. Quartett-Soirée der Herren

M üblfeldt mitwirken.

op 47 von Beethoven. Charles musiker Heise (ODboe),

Mosfau veranstaltet am Montag

zu Eulenburg, | Concert mit dem Philharmonischen

der bisherige Direktor des Karl gewählt.

in denen fein

Arie aus dem Der Afrika-Reisende Conrad

bolen. Der bereiis angekündigte S

Mal in Scene geben.

Sängern und Die Zakbl der in diesem Jahre

im Ganzev wohlgelungenen und abgerundeten Leistung kundzugeben. Mit großer Freude bringe ih diesen Allerböchsten Befehl hier zur

rg.

In den Gruppen des der Vorstellung der „Zauberflöte" nach- folgenden Taubert'\chen Festspiels am Sonntag im Königlichen Opernhause wird das gesammte männliche und weibliwe Solo-

taudigl hat in der gestrigen Vor- stellung des „Don Juan* troß der allerstärkften Unpäßliä keit, um _die Ordnung des Mozart-Cyklus niht zu unterbrechen, die Partie

Die erste Aufführung des neuen Volksstückes „Der Väter Erbe“ | Theil von Richard Voß wird am Berliner Theater am Mittwoh

„Das vierte Gebot* von Ludwig Anzengruber gelangt morgen im Lessing-Theater in fast vollständiger Neubesezung wieder zur

Im Residenz-Theater tritt morgen Abend Kathi Fischer in Madame Mongodin als Clorinde de Monteplat auf, die bisher von Marie Güstinger gegeben wurde.

nossen statt, in der die Herren Dr. S. Brahms und Kammervirtuose

Das Programm der ersten populären Sonntags-Matinée von Sigismund Blumner, die am nähsten Sonntag in der Sing- Akademie stattfindet, lautet: Sonate für Klavier und Violine Symphonishe Etüden für Klavier von Schumann. Violin-Romanze von Beethoven. Quintett Es-dur von Mozart. Die Mitwirkung in dieser Matinée übernehmen die Herren Concertmeister Carl Halir aus Weimar jowie die Königlichen Kammer- Esbera:r (Klarinette), Littmann (Horn). Der Klaviervirtuole Nlbert Pestel axs

; Zum Direktor des Staditheaters in Karlsbad wurde laut | Meldung des „W. T. B.“ unter 21 Bewerbern JFosefi Ferency,

Jagd.

Morgen, Sonnabend, den 12. findet niglihe Parforce- jagd statt. Stelldichein: Mittags 1 Uhr Jagdschloß Grune- wald, 1/42 Uhr am Saugarten.

Manuigfaltiges.

träge über Südost-Afcika beute und morgen in der U rania wieder- ale chluß des Instituts it auf Montag festgesezt. Die Wiedereröffnung findet am 29. 1 Ausftattungöstüd „Das Antlig der Erde“ ftatt. Es wird somit Sonntag, den 13 d. M. „Die Geschichte der Urwelt“ zum leßten

für den beute begirnenden Weihnachtsmarkt beträgt, wie hi esige Blätter melden, 2500, also 500 mebr als im Vorjahre, An Pläyen für Händler von Weihnachtsbäumen sind 2650 vertheilt

zur Ehre des unsterblichen

geseßten wurden

Die übrige Beseßung des

in der Sing-Akademie die Prof. Jos. Joachim und Ge-

an Ihr braves,

Kunze (Fagott),

in der Sing-Akademie ein

Orchefier. Potsdam

Schulze - Theaters in Hamburg,

worden; die Aufstellung der Buden begann an der Sloßfreibeit und dem Arkonaplaß bereits gestern Abend um 10 Uhr. Die Buden- reiben vor dem rothen Schloß, vor der alten Börse sowie am Leipziger Play kommen jeßt in Fortfall, dagegen wird die Krausnick- straße mit Budenreihen beseßt werden.

Der Polizei-Wahtmeister Julius Uderstädt, der seit 27 Jahren im 3. Polizei-Revier in der Neuen Wilhelmstraße stationirt ift, feierte, wie der „Tägl. R.“ berichtet wird, dieser Tage sein fünfzig- jähriges Dienstiubiläum. e nerad dem Jabilar die ehrendîten Bzglückwünschungen zu Der Polizei: Präsident Freiherr von Richtkofen theilte ibm seine Ernennung zum Abtheilungs-Wacbtmeister mit und der General- Oberst von Pape, früber Regiments-Adjutant in dem Regiment des Jubilars, dem 2. e folgenden Inhalts: „Mein lieber Kamerad! Da ich leide! selbst kommen kann, Sie zu dem heutigen Tage zu beglückwünschen, so sbide ih hierbei eines Stellvertreter, der dies übernehmea foll. Mögen Sie noch lange kräftig Ihres Amtes walten! Das gebe Gott! In Erinnerung an fünfzigjährige treue Dienste und besonders

Von feinen Kameraden und Vor-

Garde-Regiment zu Fuß, übersandte ein Schreiben [eider nit

festes Verhalten in dem s{limmen und traurigen

Jahre 1848. Ihr alter Freurd General von Pape, Ober-Bífehls- haber in den Maiken, Gouverneur von Berlin, der Ihnen aber in der Dienstzeit um fal 11 Jahre voraus ist, Kommen Sie nach !“

Der in Bernou verstorbene F. Loren war, wie der „Volks-Z.* berichtet wird, nit der leßte Veteran (vergl. Nr. 239 d. Bl) der Befreiungékriege aus dem Kreise Nieder-Barnim. In der Kolonie Nezu-Holland lebt noch dec Altsißzer C. Bartel, in fehr guten Ver- bâltnissen. Ec it im Jahre 1796 geboren, hat die Feldzüge von 1:13, 14 und 15 mitgemacht und is noch sehr rüstig und geistesfrif, nuc etœas \{chwerhörig. Vor etwa vier Wowben war er in Lieber.walde auf dem Gerit, um einige Sachen zu regeln; den Weg, etwa 3 km, bat er zu Fuß zurüdckgelegt.

Der „Berl. Börs -Ztg.“ wird geschrieben: Der

Louisenplat in Potsdam am Eingang des Parks von Sanssouci vor dem Brandenburger Thor wird jet gärtaerisch umgestaltet. Die Inhéhe, auf welcher der Springbrurnen steht, erbält zum Frühjahr Blumenshmuck und schon jeßt werden die Gebüsche und Heckzn ge- li&tet und bescnitten.

Beyrich wird seine beiden Vor-

M. mit dem neuen

andere

zur Austheilung gelangten Stände

S A

t vom 11, Dezember, r Morgens.

&

Wetterberci / 8

= L

Stationen. Wind. Wetter.

in ® Celsius

u. d. Meeressp. red. in Millim. Temperatur Go pk O f R O S 59G. 49 R.

Bar. auf 0 Gr.

Mullaghmore | 749 |WNW Aberdeen . . | 739 WSW Christiansund | 722 |SW Kopenhagen . | 735 |SW Stodckholm . | 728 |SW aparanda . | 732 |SO t.Petersburg 738 |SSOD Mosfau . . . | 757 |S

Cork, Queens- | 755 |[WNW

|

|

On Cherbourg . | 758 ani 4 WSW

elder 743

625) Hamburg . . | 740 |SW Swinemünde | 741 |SSW Neufahrwasser| 749 |W Memel. 737 |SW

aris... .| 760 |WSW

|

| ünster .. | 745 |SW Karlsruhe. . | 756 SW | | |

wolkig wolkig beveckt Regen hededckt Schnee Schnee bededt

Þck 00 ck G5 00 M D

heiter Regen bedeckt halb bed. heiter!) wolkig?) heiter?) bededtt)

wolkenlos | bededt hededi®)

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Wiesbaden . | 754 |W heiter®) München .… | 757 |W 8 /bededi7) Chemniy . . | 750 |\SSW shheiter®) Berlin .…. | 745 |SW 4 heiter Wien .….. | 756 |[NO 1 wolkenlos Breslau... | 750 |WSW 6\bedeck__ Sle d'Aix . . | 765 |WNW 5 bedeckt act N | 764 2 heiter Pei e (04 still |bedeckt

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| 1 U

1) Gestern und Nawts Regen. 2) Na@ts Regen- bôen. ?) Nachts \türmish mit Regen 4) Nachts Regen. *) Nathts Regen. ©®) Nachts stürmisch und Sn. 7) Nachts Sturm und Regen. 8) Nachts

egen.

UVebersicht der Witterung.

Das barometrishe Minimum, wel hes gestern bei den Shetlands lag, ist ostnordoftwärts na der mittleren norwegishen Küste fortgeschritten, ein Theilminimum liegt am Eingange des Skageraks und veranlaßt \chwere, langsam rechtédrehende Südweiistürme an der westdeutshen Küste. In Hamburg ftieg in ein- zelnen Sturmböen die Windges{windigkeit auf etwa 40 m pro Sekunde. Auf den Britishen Inseln, sowie im deutshen Binnenlande berrscht stürmische Witterung. In Deuts{land ift das Wetter warm, trübe und regnerisch. An der Uxsterelbe ift Sturm- Auth eingetreten. Utrecht meldet 31 mm Regen,

Deutsche Seewarte.

Theater-Anzeigen.

Königlihe Schauspiele, Sonnabend : Opern- haus. 262. Vorstellung, Mozart-Cyclus. 6. Abend. Titus. Oper in 2 Akten von Mozart. Text frei nah „La Clemenza di Tito“. Ja Scene geseht

vom Ober-Regisseur Teplaff. Dirigent: Kapell- | meister Sucher. (Zum ersten Mal aufgeführt am National-Theater in Prag am 6b. September 1791, am Königl. Opernhause in Berlin den 16. Oktober 1801.) Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 274, Vorstellung. Wilhelm Tell. Schauspiel in 5 Aufzügen von Schiller. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 263. Vorstellung, Mozart-

Cycius. 7. Abend. Die Zauberflöte. Oper in 9 Âkten von W. A. Mozart Text von Schikaneder. In Scene gesezt vom Ober- Regisseur Teplaff. Diri- gent: Kapellmeister Weingartner. Scenisches Nach- spiel zum Mozart-Cyclus, verfaßt vom Professor E. Taubert. Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 275. Vorstellung. Die Vüste. Lustspiel in 2 Akten, nah der gleihnamigen Novelle von Edmond Abouts, von F. Zell. In Scene geseßt vom Regisseur A. Plashke. Am Fenster. Luit- spiel in 1 Aufzug von Felix Philippi. In Scene gesezt vom Regisseur Plaske. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Sonnabend: I1. Goethe-

Cyclus. 5. Abend. Egmont. Sonntag: Der Compaguon. Montag: Ux. Goethe - Cyclus. Jphigenie auf Tauris.

6, Abend

Berliner Theater. Sonnabend: Der Hütten-

besizer. (Nusha Buye, Agnes Sorma, Ludw. Barnay, Ludw. Stahl.) Anfang 7 Uhr. Sonntag: Nachmittags 224 Uhr: Maria Stuart.

(Alexandrine Malten a. G.) Abends 74 Uhr: Der Hütteubesigzer. Montag: Hamlet.

Lessing - Theater. Sonnabend: Neu ein- studirt: Das vierte Gebot. Voiks\hauspiel in 4 Akten von Ludwig Anzengruber., Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Die Grofstadtluft. Schwank in 4 Akten von Oscar Blumenthal und Gustav Kadel-

burg.

Die nächste Doppel - Vorstellung von „Caval- leria rusticana‘ und „Satisfaktion““ findet am Montag statt.

Wallner-Theater. Sonnabend : Zum 26. Male: Jmwumer zerftreut! Posse in 3 Akten von Barrière und Gondinet. Bearbeitet von Franz Wallner. Vorher , neu einstudirt: Die Hanui weint der Hanfi lacht. Komishes Singspiel in 1 Akt von Jacques Offenbach. Anfang 74 Uhr.

Sonntag; Dieselbe Vorstellung.

Friedrich - Wilhelmftädtishes Theater. Sonnabend: Neu einstudirt: Der Zigeuner- baron. Operctie in 3 Aften nah M. Jokai's Grzâhlung von V. Schnitßzer. Musik von Jobanrn Strauß. Regie: Herr Binder. Dirigent: Herr Kapelimeister Federmann. Anfang 7 Uhr.

Sonrtag: Dieselbe Vorstellung.

Residenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten- burg Sonnabend: Zum 14. Male: Madame Mon- godin. S@&wank in 3 Akten von Ernest Blum und Raoul To§é. Deutsch von Emil Neumann. In Scene geseßt von Sigmund Lautenburg. An-

fang 7é¿ Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Belle-Alliance-Theater. Sonnabend: Nah- mittags 34 Uhr: Vorleßte Kinder-Vorstellung zu bedeutend ermäßigten Preisen! Zum 12. (318.) Male: Der Rattenfäuger von Hameln. Phantastishes Volksftück mit Gesang in 12 Bildern. Na Sprenger's Geschichte und Ehrich's Chronik der Stadt Hameln, frei bearbeitet von C. A. Görner. Musik von Catenhbusen. :

Abends 74 Uhr: Ermäßigte Eintrittspreise Zum 13 (319.) Male: Der NRattenfäuger von Hameln.

Adolph Ernst-Theater. Vorleßte Wode. Sonnabend: Zum 103. Male : Der große Prophet. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Guftav Görß. Mußk von Gustav Steffens. Mit vollständig neuen Kosiümen. Die neuen Dekorationen sind aus dem Atelier der Herren Wagner und Bukacz. In Scene geseßt von Adolph Ernst. An- fang 74 Ubr.

Sonntag: Zum 104. Male: Der große Propÿhet.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße 30.

Direktion: Emil Thomas. Sonnabend: Z. 10. Male: Aliegone Blätter. Humorislis®e Bilder mit

esang in 3 Akten und einem Vor- und einem NaŸ- et arrangirt von Alfred S{chönfeld.

& Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Anfang

Concerte.

Sing - Akademie. Sonnabend, Anfang 7# Uhr: III. Quartett-Abend. Joachim, de Ahna, Wirth,

Hausmann. Sonntag, Mittags 12 Uhr: Siegismund Blumner's L. Populäre Sonntags : Matinée.

(Kammermußik.)

Concert-Haus. Sonnabend: Karl Meyder-

Concert unter gefälliger Mitwirkung der Hof- An a. D. Frl. Raphaëla Pattini. An- fang 7 Uhr.

Arie des Cherubin aus „Figaro's Howczeit“ von Mozart, gesungen von Frl. Pattini. Schmuck-Arie aus „Fauit* von Gounod, aesungen von Frl. Pattini. D aus „Carmen" von Bizet, gesungen von

cl. Pattini.

Donnerstag, 31. Dezember (Sylvester):

I. Familien - Ball - Fest.

St. Petersburg, 11. Dezember. A Kaiser empfing gestern den neuernannten französishen Bot- schafter Grafen von Montebello zur Entgegennahme seines Beglaubigungsschreibens in feierliher Audienz. Später wurde Graf von Montebello au von der Kaiserin empfangen.

Belgrad, : 4 Folg von dem Minister-Präsidenten Paf ic gewünschten Reduktionen des Heeresbudgets haben der Kriegs-Minister und seinen j : demissionirt. Die Regentschaft lehnte jedo die Annahme der Demissionen vor dem Zusammentritt der Skupschtina ab.

(Fortsezung des Nichtamtlicen in der Ersten und Zweiten

Nach SHluß der Redaktion eingegangene

Depeschen. (W. T. B.) Der

11. Dezember. (W. T. B.) Jn Folge der

Standpunkt unterstüßende Minister

Beilage.)

Urania, Anftalt für . volksthümlice Naturkunde.

Am Landes - Ausstellungs - Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglih Vorftellung iw P GE Theater. Näheres die Anscblag- zettel.

Circus Renz. Sonnabend, Abends 7} Uhr : Gala-

Vorstellung. Auf Helgoland, oder: Ebbe und Fluth“; große Hydrologische Aueéstattungs - Pantomime in 2 Abtheilungen mit National-Tänzen (60 Damen), Aufzügen 2c., Dampfschis{- und Bootfahrten, vVWafser- fällen, Riesenfontänen mit allerlei Lichteffekten 2c., arrangiri und inscenirt vom Dir. E. Renz. Kunît- \{chwimmerinnen drei Geschwister Jobnson. Swluß- Tableau: Grande Fontaine Lumineuse, Riesen- Fontaine, in einer Hôhe von mehr denn 80 Fufi ausstrablend. Außerdem: Hippol. Potpourri wit 40 der bestdressirten Freiheitspferde, arrangirt und vorgeführt von Herrn Franz Renz. A4fache Fahr- \hule, geritten von 4 Herren mit 8 Scwulxpferden. Élimar (Stricksprirger), vorgeführt von Frl. Oceana Renz. Schulpferd Solon, geritten von Frl. Clotilde Hager. Sisters Lawrence am flie- genden Trapez. Auftreten der neu engagirten Elton Troupe. Walküren-Manöver, geritten von 16 Damen. Auftreten der vorzüglichsten Reit- fünstlerinnen und Reitkünstler. Komische Entrées und Intermezzos von sämmtl. Clowns.

Sonntag: 2 Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr (1 Kind frei): Große Komiker- Vorstellung mit eigen3 für die Jugend gewähltem Programm. Auf viel- seitiges Verlangen: „Die lustigen Heidelberger“. Abends 74 Uhr: „Auf Helgoland“.

E

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Julie Nonweiler mit Hen. R2- gierungs-Baumeiîter Max Borgmann (Kirn, Nabe Berlin). Frl. Gufta Scherbening mit Hrn Cinatbanor A Friederici (Lipine, O.-S. Beuthen, O.-S.). j

Verehelicht: Hr. Prem -Lieut. Rudolf Rusche mit Frl. Gertrud Mokßner (Ulbersdorf).

Geboren: Eine Tochter: Hrn. Günther von So d Hru. Bauinspektor

tto Koppen wetß).

Gestorben: Hr. Landrath a. D. Adolf von Malgzan, Freiherr zu Wartenberg und Penzlin (Groß-Luckow). Hr. Predigtamts-Kandidat Werner Schmeling (Walchow bei Dammkcug). Hr. Oberst-Lieut. z. D. Wilhelm Otto von Preinitzer (Königsberg i. Pr.). Hr. Pastor Wilhelm Koeppen (Gr. SÖlöuwih). Fr. Rechnungs-Rath Katharina Tietz, geb. Weis (Nordhausen). Verw. Fr. Oberförster Josephine Knapp, aeb. Voelkel (Beu- then O.-S.). Hr. Polizei-Rath Max Wenzig (Danzig).

Redacteur: Dr. H. Klee, Direktor. Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags- Anftalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen

Billets à 3 # im Bureau des Hauses.

(einshließlich Börsen - Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Slaals-Anzeiger.

2 292.

ia eron Deutscher Reichstag.

137, Sißung vom Donnerstag, 10. Dezember, 1 Uhr.

Am Tische des Bundesraths der Reihskanzler von Caprivi, die Staatssekretäre Dr, von Boetticher, Frei- herr von Malzahn und Hollmann, die Königlich genen Staats-Minister Dr. Miquel, Freiherr von

erlepsch, von Heyden und Thielen und der Königlich bayzrishe Bundesrathsbevollmähtigte Graf von Lerchen- feld. Das Haus ist fiark beseßt, die Tribünen sind überfüllt.

Zur ersten Berathung stehen die Handel s- und Zoll- verträge des Reichs mit Oesterreich - Ungarn, Jtalien und Belgien, zuglei das Viehseuchen-Ueber- einkommen mit Desterreih-Ungarn.

Reichskanzler von Caprivi:

Die Zoll- und Handelsverträge, wel@e den Gegenstand der heu- tigen Tagesordnung bilden, werden, wie ich mit Beftimmtheit an- nehmen kann, zur Stunde um einen vierten, um den mit der Schiweiz, vermehrt worden sein. (Bravo !)

Ih darf voraussetzen, daß die diese Verträge begleitende Denk- {rift dem hohen Hause bekannt ist. Sie legt dar, wie die Zölle von 1879 entstanden waren, wie sie 1885 und 1887 erhöht worden sind und wie sie auf das Deutsche Reih und auf das Ausland wirkten; wie die Wirkung zuerst in Deuts(land eine nah allen Rich- tungen befriedigende war, wie aber allmählich in vem Maße, als andere Staaten dasselbe System annahmen, die Vortheile desselben ih für das Deutsche Reih in Nachtheile verkehrten,

Die autonome Feststellung von Zöllen, die Feststellung unseres Zollsystems nah unserem eigenen Bedürfniß, ohne fremde zu hören und zu berücksi(tigen, hat den großen Vortheil gehabt, daß die heimis®e Industrie erstarkte und fch in einer Weise entwickelte, be- günstigt von dem Ausschwung der Technik, yon dem Vorhandensein verfügbarer Kapitalien, wie sie cs bis dahin nicht gckannt hatte. Je mehr die Industrie aber auf den inneren Markt bes{chränkt wurde, desto mehr traten mit der Zeit auh Scattenseiten dieses Systems hervor, nämli, daß der Markt überfüllt wurde, daß eine Ueber- produktion eintrat, daß also diese hoc{gesteigerte Indusirie anfiag, wenn auch diese Anfänge bisher nur schwahe gewesen sind, in Ver- legenheit um den Absatz zu gerathen.

Neben den autonomen Zöllen war warakieristisG für das bis- herige Verfabren das Bestreben, das MeisibegünfiüigungsreWt von arderen Staaten zu erwerben. Art. 11 des Frankfurter Friedens gewährt Frankreih und Deutschland wehselseitiz in einem gewissen Umfange die Meistbegünstigung. Beide Länder {ienen Anfangs davon Vortheil zu ziehen, bis man dann auf der anderen Seite zu der Ansi6t kam, daß die ausgedehnte Meistbegünstigung, die dann in Folge von Verträgen, welhe mit dritten Staaten abges{chlossen wurden, au Denen zu Theil wurde, ißre Nattheile hätte, Und so fing au diese gute Seite des Systems an, sich in eine ungünstige Seite zu verkehren; aus der Meistbegünstigung wurde allmählich eine Gefsammt- beschâdigung.

Um ni@t einzelne Vortheile gewähren zu müssen, ents{loß si in erster Linie unser westliher Nahbar darin aber werden ihm voraus\ihtlich andere Staaten folgen dazu, auch Deutschland nichts mehr zu gewähren, und wir sehen im Augenblick in Frankrei einen Maximal-: und Minimaltarif entstehen, von denen selbft der Minimal- tarif einem Prohibitivzoll ziemli) gleihkommt.

Fn unseren Absaßmärkten beschränkt zu werden, ist für Deutsh- land im böchsten Grade empfindlich. Wir haben einen weit aus- gedehnten Handel; wir führen jährlich für etwas über 4000 Millionen Mark fremde Waaren ein und führen nur für etwas über 3000 Mil- lionen eigene Waaren aus. Es bleibt also zwisck&en Ausfuhr und Einfuhr cine Differenz, die 800 Millionen übersteigt. Was wir vom Auslande einführen, buchen wir; es sind zum großen Theil unentbehrlihe Nahrungsmittel, für unsere Industrie unentbehrliße Rohprodukte und Halbfabrikate. Wir müssen in der Lage sein, diese Dinge zu bezahlen, und um sie bezahlen zu können, kaben wir in der Hauptsahe nur ein Mittel, indem wir unsere Fazrikate dahin geben, woher wir diese Rohprodukte, diese Nahrungs- mittel empfangen haben. Wenn wir nun aber um 800 Millionen Mark jährlih weniger ausführen als wir einführen, so kommen wir mit dem, was man gemeinhina die Handelsbilanz nennt, in Ver- legenheit, wir sind auf die Dauer nicht im Stande, das zu bezahlen, was wir brauchen, um zu leben und um unsere Industrie in s{chwunghaftem Betriebe zu erhalten. Das ift ein Uebelstand, der si voraussihtlih von Jahr zu Jahr mehr geltend machen wird, weil unsere Bevölkerung steigt, wir haben mehr Men- \hen im Inlande zu ernähren, und wir müssen für mehr Hände Arbeit \chaffen. Es ist also die Abnahme oder die nicht mehr hin- reihende Zunahme, die niht mehr im Verhältniß zur Bevölkerungs- ziffer stehende Zunahme des Exports, eine Kalamität, der vorzubeugen wir bestrebt sein müssen. Schon in der Allerhöchsten Botschaft vom 4, Februar 1890 war gesagt worden :

Der Rückgang heimischer Betriebe durch Verlust ihres Absaßes im Auslande würde nicht nur die Unternehmer, sondern auch die Arbeiter brotlos machen.

Das trifft siherlih noch heute zu und nöthigte die verbündeten Regierungen, sich umzuseben, wie diesem Uebelstande abgeholfen werden könnte. Das erschien sehr bald zweifellos, daß auf dem bis- herigen Wege fortzugehen der Ruin niht nur unserer Industrie, unseres Arbeiterstandes, sondern auch vielleicht des Staates sein würde. Wir können die Frage nicht so stellen: wollen wir Freihandel treiben oder wollen wir S{ußzoll haben? Ich glaube, daß das doktriväre Begriffe sind, die durch die thatsähliche Entwidckelung über- holt worden sind. Es handelt \ih heutigen Tages darum, die Mittel zu finden, die für dies Land zur gegenwärtigen Zeit die geeignetsten sind, um seine Landwirthschaft lohnend - zu erhalten, seine Industrie im Betriebe zu wissen und seinen Arbeitern Arbeit zu geben, Auf dem bisherigen Wege würden wir nicht weiter gekommen sein, Bei der Tendenz, {ih abzuschließen, die, wie ja bekannt ift,

Berlin, Freitag, den 11. Dezember

Rußland, Amerika und Frankreich haben, wird, wenn wir ferner in der Abs(licßung verkarren, oder, was wahrscheinlich eine Felge dieses Verkarrens würde sein wüssen, noch weiter in der Abschließung gingen, die Folge sein ein Krieg Aller gegen Alle; alle europäisGen Staaten würden sh gegen einander abzushließen suchen. Das läft sich maten; aber wenn wir auH im Stande sind, uns ab- zushließen gegen Andere, so find wir nit im Stande, uns auf die Dauer selbst zu genügen, Wir sind auf den Austausch von Pro- dukten und Waaren mit andern Staaten dur die Naturgeseßze, durch unsere Auéëdehnung, unser Klima, unsern Boden unweigerlich ange- wiesen. Wenn wir den Versu machen wollten, bei dem bisherigen Verfahren zu bleiben, so würde bei dem immer erbitterter werdenden Kampfe ums Dasein zweifellos Deutschland in einiger Zeit in die Lage gerathen, einen Betrieb nah dem anderen einstellen zu müßen, Die verbündeten Regierungen konnten dah?zr nicht in Zweifel sein, daß, sowie die Dinge sih entwickelt hatten, eine weitere Fortsetzung des Weges, den wir eingeschlagen, unthunlichß war. Handelt es ch nun aber nicht um Freihandel und Schutzoll, so blieb nur ein Mittel übrig: den VersuG zu maten, Tarifverträge mit anderen Staaten abzus{hließen, auf diesem Wege unser Abfaßzgebiet zu erwei- tern, neue Märïte zu gewinnen und das, was unsere Industrie im In- lande nit mebr finden konnte, was fie im Auslande, welches sich, wie die vorgenannten Staaten, auf die Dauer gegen uns abschließen zu wollen scheint, verlor, das zu erseßen durch eine Vereinigung mit anderen nahecliegenden Nationen. Jch kann nicht zugeben, daß wir damit einen neuen Weg einges{lagen hätten, daß das etwas bis dahin nit Borkhergesehenes wäre. Als im Jahre 1878 die 204 sch um Varn- büler \@aarten und die erste Anregung zur Verstärkung nationaler Arbeit, wie man sich damals ausdrückte, gaben, baben fie in einer Denkschrift auszesprowen: „Die \{wierigen Fragen der deutschen Handelspolitik dürfen niht lediglih nah den S{lagworten von Freihandel und SHutzzoll gelöst werden; cs kommt vielmehr darauf an, die wirflihen unvermeidlichen Gegensäge der Interessen mit Sach- kenntniß, Umsiht und Vaterlandsliebe auszugleichen.“

Die jetzige Regierung adoptirt diesen Say vollkommen. Das ist es, wocauf es ankommt: auszugleißen zwischen den Interessen mit Vaterlandéliebe. Ebenso ist in den Motiven, die dem ersten Gese von 1879, dur das die Zölle erhöht wurden, beigegeben wurden, au8gesproGen worden, daß überall sorgsam in Erwägung ge- zogen werden müsse, daß die Exportfähigkeit der deutshen Industrie erhalten bleibe. Diese ersten und nach meiner Ueberzeugung klaren und noch heute ricGtigen Gesichtspunkte, die der bis zur Stunde geltenden Zollpolitik zu Grunde lagen, find mit der Zeit leider und vielfa durch Schlagworte verwisht und in den Hintergrund gedrängt worden. Wir wollen sie wieder voranstellen und wollen darauf au die künftige Politik aufbauen. Das ift nit anders mögli, als indem Konzessionen gemaht werden, Konzessionen zunähst im Innern. Wie aber diese Männer um Varn- büler sagen: die Vaterlandsliebe muß zuleßt das Entschcidende sein, so sind auch wir der Meinung, Handelsveriräge mit anderen Staaten sind nicht abzushlicßen so, daß in beiden Staaten alle Theile be- fciedigt find und si darübzr freuen. Das ist nicht mögli. Es müssen die Staaten einander Konzessionen machen, und ebenso müssen die Interessentengruppen im Innern eines Staats gegen einander Kon- zessionen maßen um des Staats, um des Ganzen willen.

Wir müssen wünschen, daß bei jeder Betrachtung dieser Verträge der Standpunkt festgehalten wird, daß cs auf das Ganze ankommt. Gegenüber dem gesteigerten Werih und dem gesteigerten Impuls der wirihschaftliGen Betriebe ist eine Regierung mehr vielleiht noch als früher genöthigt , in erster Linie immer das Ganze im Auge zu be- halten. Die verbündeten Regierungen werden keinen Augenblick ver- gessen, was sie den einzelnen Erwerbs8zweigen \{chuldig sind, was der Staat ihnen verdankt, wie eng scin Wohl mit ihrem Gedeihen ver- knüpft ist. Aber es ift ein alter Satz, daß jede Vereinigung, felbst die Familie, den Egoismus des Einzelnen verstärkt und zum verstärkten Ausdruck kommen läßt. Was ein Einzelner si nit gestatten würde, glaubt er für die Genossenschaft, in der er steht, verlangen zu können. So geht es auch mit den wirthshaftlihen Interessentengruppen, sie steigern den Egoismus3 und bringen ibn zu einem unverhohlenen Aus- druck. Das ift gut, dagegen ist nichts zu sagen, sie sind berechtigt, es zu thun, Aber je \chärfer sie das selbst thun, je \chärfer sie ihre eigenen Interessen zur Geltung bringen, um so mehr muß die Regierung darüber wachen, daß der Standpunkt des Ganzen nicht ges{hädigt wird,

Wir können von den vorliegenden Verträgen, wenn sie Ihre Zu- stimmung und die Zustimmung der Parlamente derjenigen Staaten, mit denen wir die Verträge abges{chlossen haben, finden werden, niht erwarten, daß die Wirkung eine plößlihe sei; das kann nur langsam gesehen; langsam nur werden die Konsumenten hier und da billiger kaufea, langsam nur wird die Industrie neue Wege finden, hier und da andere Maschinen erwerben, sich auf einen veränderten Betrich einrihten. Es ist eben sehr \{chwer, wenn ein Wagen zwölf Jahre in einem Geleise gegangen ist, in ein anderes Geleise zu kommen, selbst wenn das andere diht neben dem ersten liegt. Es ist deshalb für die tal pat der Verträge ein längerer Zeitraum ins Auge gefaßt worden. ¿

Noch ein anderes Motiv sprach dafür: der Wuns, den Be- trieben der Landwirthschaft und der Industrie diejenige Stetigkeit zu geben, deren sie unbedingt bedürfen. Darüber stimmt Alles, was über Industrie geschrieben hat, von den wissenschaftlichen Werken bis zu den Berichten der Handelekammern überein: die erste Forderung für jede Industrie ist, daß sie mit längeren Zeiten rechnen kann, daß sie weiß, worauf sie \sich einzurihten hat; werden ihr solche längere Zeiten gegeben, so findet sie Mittel und Wege, den Anforderungen gerecht zu werden.

Wenn au nicht in so hohem Grade, gilt das auch von der Landwirthschaft; einmal ist die Landwirtbschaft heutzutage selten ein ganz isolirtes Gewerbe, sie ist vielfach mit der Industrie verbunden, sie hat au die Schwierigkeit zu überwinden, daß sie in der Regel

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ihr Kapital jährlich nur einmal umseßt, während die Industrie an einen bäufigeren Umsaß gewöhnt ift. Aber auch die Landwirthschaft muß wissen, wie sie auf ihren Betrieb \sich einrichten kann; sie muß ungefähr auf eine Reihe von Jahren hinaus wi}sen können, wie sich die Preise, soweit sie überhaupt vorher zu überschen find, gestalten werden.

Das sind die Motive, die die verbündeten Regierungen veranlaßt baben, von dem bieberigen Wege abzugehen, zu dem Abschlusse von Tarifverträgen überzugehen und für diese Tarife eine ¿wölfjährige Dauer festzuseßen.

Es bleiben nun noch einige Wirkungen der Verträge zu er- wähnen und einige Bedenken zu berihtigen, die in der Presse bereits hervorgehoben sind. Es ift sehr natürli, daß man H fragt: wie wird denn die Wirkung dieser Verträge auf unsere Finanzzölle sein? Iedcr Mensch weiß, daß, wenn man die Zölle herabseßt, eine Ver- minderung der Einnahmen des Reichs , wenigstens zunächst, ent- stehen muß. Es sind Beilagen der Denkschrift angefügt, die es er- leichtern, sich eine Uebersicht darüber zu verschaffen, wie die vor- gescklagene Herabsezung auf die Finanzzölle wirken würde. Man wird im Allgemeinen annehmen können, daß, wenn man nur die Wir- kung, welche die Verträge, wie fie jeßt vorliegen, auf unsere Finanz- zôlle haben würden, ins Auge faßt, dann ein Ausfall von etwa 9 Millionen Mark jährlich in den Eirnahmen des Reichs entstehen würde. Geht man weiter und begreift man diejenigen Staaten mit ein, die dadur, daß sie das Ret der Meistbegünftigung haben, von diesen Maßregeln ohne Weiteres Vortheil baben würten, so würde der Betrag fic auf 17 bis 18 Millionen Mark stellen,

Man hat weiter an uns die Frage gerihtet: wie wird es denn mit der differentiellen Behandlung anderer Staaten? Es liegt auf der Hand, daß diejenigen Staaten, die das Recht der Meistbegünsti- gung noch über den 1. Februar näSsten Jahres binaus genießen, ohne Weiteres in die Meistbegünstigung auch den neuen Vereinbarungen gegenüber cintreten werden. Es kommt dann eine Reihe von Staaten, mit denen wir neue Verträge abs{ließen müssen; da wird das Be- streben der verbündeten Regierungen dahin gehen, nichts zu geben, ohne gleihwerthige Konzessionen zu bekommen,

Es bleiben dann übrig Amerika und Rußland. Ueber Rußland zu sprechen, {eint mir zur Zeit entbehclich, Der beklogenêwerthe Nothstand, der die russische Regierung genöthigt hat, eine Sperre für Getreide eintreten zu lassen, wird vorauëfiZtlich ni&t fo bald gehoben werden, und, so lange der Nothstand niht gehoben ist, hat es keinen Werth, si) die Frage vorzulegen, was dann Rußland gegenüber ges \chehen soll. Wir selbs sind nicht einmal im Stande, jeßt abzusehen, wie um die Zeit unsere eigene Lage, unsere künftigen Ernten, unsere Vorräthe fich gestalten werden,

Was aber die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika angeht, so werden Sie aus der Denkschrift oder aus dem Abdruck von Akten- stüdcken, der dem bohen Hause vorgelegt worden ist, erschen können, daß bei den Verhandlungen über die Einfuhr des Sch{weinefleishes au diese Frage zur Sprace gekommen ist, daß die verbündeten Re- gierungen, die im Jahre 1885 den Standpunkt eingenommen baben, daß Nord-Amerika zu den meistbegünstigten Staaten für uns gebört, keinen Anlaß hatten, die Frage jeßt anzuregen, ob die amerikanishe Auffassung der Meistbegünstigung, die in mancher Be- ziehung von der deutshen abweiht, hier zur Giltung kommen foll, Wir sind ohne Weiteres auf dem Standpunkt von 1885 stehen ge- blieben, haben Amerika das Reht der Meistbegünstigung in dieser Beziehung zugesprochen, und, wie Sie aus dem Abdruck ersehen werden, haben wir dafür die Zusiherung gewonnen, daß unser Zucker, dessen Export nach Amerika etwa 69 Millionen Mark jährli be- trägt, von den prohibitiven Gesetzen, die in Amerika gegeben worden find und eine diskretionäâre Gewalt in die Hand des Präsidenten legen, nit werde beiroffen werden.

Man hat dann geglaubt, bemängeln zu müssen, daß die verbün- deten Regierungen bei dem Abs&luß dieser Verträge vorgegangen seicn, ohne hiureiGend Sachverständige zu hören. Das ist nit der Fall. Im Reich und in Preußen sind drei Behörden verpflichtet, si unausgeseßt mit den Fragen der Handelspolitik zu beschäftigen : das Reichz8amt des Innern, die handelspolitishe Abtheilung des Aus- wärtigen Amis und das preußise Handels- Ministerium; in gleicher Weise geschieht das in den verbündeten deutschen Staaten für ihren Handel. Seit langen Jahren war das Material, das aus den Berichten der Handelskammern, aus der Literatur, der Presse, Petitionen her- vorgeht, so gesihtet worden, daß es, als wir die ersten Schritte zu diesen Verträgen thaten, bereit da lag; man brauchte nur auf- zuschlagen, so war abzusehen : wie haben sh die Interessen, wie hat sich die öffentliche Meinung über diese Dinge ausgesprohen. Damit aber niht genug: wo im Laufe der Verhandlungen Fragen auftraten, die \{chwierig, zweifelhaft sein konnten, sind Sachverständige gehört worden.

Es ift nun weiter gesagt: warum hat man denn die Verhand- lungen geheim betrieben? Es wäre do besser gewesen, öffentli zu verhandeln und der öffentlihen Meinung, den besser unterrichteten Interessenten Gelegenheit zu geben, au während der Verhandlungen ihr Swerflein dazu zu geben.

Ih muß gestehen, daß ih der Meinung bin, daß, wenn die ver- bündeten Regierungen so verfahren wären, günstigen Falls um Ablauf der zwölf Jahre, für die jeßt der Vertrag gelten soll, ein Vertrag zu Stande gekommen wäre. (Heiterkeit. Sehr richtig!) Es ist absolut unmögli, dergleichen bei offenen Thüren zu verhandeln,

JFch habe dann in der Presse gelesen, man hätte doch warten sollen, bis die Valuta bei uns anders geregelt wäre, oder bis sie in Oesterrei anders geregelt wäre, Ich weiß niht, welche Chancen bei uns die Regelung der Valuta hat. Aber ich glaube, daß im Ganzen, selbst wenn der Bimetallismus in der öffentlißen Meinung Fort- shritte machte, die Zahl der Menschen sehr gering sein wird, die die Behauptung aufstellen möchten, daß wir im gegenwärtigen Augenblick

ohne die Theilnahme von England im Stande wären, unsere Währung

zu ändern. Wann Oesterreih seine Währung einmal ändern wird,