1892 / 9 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 12 Jan 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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JFhre Majestät die Kaiserin hat auf die Glük- wunsStpresse des Magistrats der Haupt- und Residenzstadt Berlin anläßlich des Jahreswechsels mit folgendem Aller- höchsten Handschreiben geantwortet :

Dem Magistrat zu Berlin sprechße Ich für die Mir zum Jahres- wedsel dargebrahten Glückwünsche Meinen aufrihtigen Dank aus. Jh werde auch im neuen Jahre, soweit Ih es vermag, bestrebt fein, die für das Wohl unserer Reichsbauptstadt nothwendigen Liebeswerke jeglicher Art zu mehren und zu fördern. Ih bin dem Magistrat dankbar, daß er hierzu auch im kommenden Jahre Mir seine volle und treue Unterftüßung zusagt.

Berlin, den 9. Januar 18392.

Auguste Victoria, Kaiserin und Königin. An den Magistrat zu Berlin.

Nach der im Reichs-Eisenbahnamt aufgestellten, in der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ veröffentlichten Nachweisung der auf deutschen Eisenbahnen ausschließlich Bayerns im Monat November v. J. beim Eisenbahnbetriebe (mit Ausschluß der Werkstätten) vorgekommenen Unfälle waren im Ganzen zu verzeichnen: 5 Entgleisungen und 4 Zusammenstöoße auf freier Bahn, 23 Enigleisungen und 18 Zusammen- stöße in Stationen und 267 sonstige Unfälle (Ueberfahren von Fuhrwerken, Feuer im Zuge, Kessel - Explofionen und andere Ereignisse beim Eisenbahnbetriebe, sofern bei leßteren Personen getödtet oder verleßt worden sind). Bei diesen Unfällen sind im ganzen, und zwar größtentheils dur eigenes Verschulden, 280 Personen verunglüct, sowie 51 Eisen- bahnfahrzeuge erheblich und 125 unerheblih beschädigt. Von den beförderten Reisenden wurden 9 getödtet und 3 verleßt, und zwar entfallen: je zwei Toödtungen auf die Ver- waltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn-Directionen zu Köln (linksrheinisch) und zu Bromberg, je eine Tödtung auf die Königlih württembergischen Staatseisenbahnen, auf die Reichs-Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen und auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn-Directionen zu Breslau, zu Hannover und zu Magdeburg, je eine Verlegung auf die Verwaltungsbezirkfe der Königlichen Eisenbahn-Dircctionen u Frankfurt a. M., zu Köln (ünksrh.) und zu Magdeburg. Von Baÿhnbeamten und Arbeitern im Dienst wurden beim eigentlichen Eisenbahnbctriebe 49 getödtet und 173 verleßt, von Steuer- u. s. w. Beamten 1 getödtet und 6 verleßt, von fremden Personen (einshließlih der niht im Dienst befindlihen Bahn- beamten und Arbeiter) 15 getödtet und 24 verleßt. Außerdem wurden bei Nebenbeschäftigungen 1 Beamter getödtet und 37 Beamte verleßt. Von den jämmtilichen Unfällen beim Eisen- bahnbetriebe entfallen auf: A. Staatsbahnen und unter Staatsverwaltung stehende Bahnen (bei zusammen 33 73444 km Betriebslänge und 985 870 414 geförderten Achs- tilometern) 292 Fälle, davon find verhältnißmäßig, d. h. unter Berücksichtigung der geförderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Längen in den Verwaltungsbezirken der Königlichen Eisenbahn-Directionen zu Elberfeld, zu Koln (rehtsrheinish) und zu Erfurt die meisten Unfälle vorgekommen. B. Privatbahnen (bei zusammen 253153 km Betriebs- länge und 31 321 614 geförderten Achskilometern) 25 Fälle und zwar auf die Hessishe Ludwigs-Eisenbahn 24 Fälle und auf die Neustreliz-Warnemünder Eisenbahn 1 Fall.

Zu Ehren des Erzbischofs von Posen und Gnesen Dr. von Stablewski fand gestern Abend bei dem Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal - Angelegenheiten ein Festmahl statt.

Dem Negierungs-Assessor Bartels zu Liegniy ist die commissarishe Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Glaß, Regierungsbezirk Breslau, und dem Regierungs-Affsessor Grafen von lten zu Hallermund zu Wiesbaden -die commissarishe Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Segeberg, Regierungsbezirk Schleswig, übertragen worden.

__S. M. Kanonenboot „JZltis “, Kommandant Kapitän- Lieutenant Müller, ist am 10. Januar in Chinkiang ein- getroffen.

Bayern.

München, 11. Januar. Der Finanz-Ausschu þ Der Kammer der Abgeordneten begann heute mit der Bc- rathung des Cultus-Budgets. Das philosophishe Spezial- examen, das allseitig angefochten wurde, versprach der Cultus- Minister von Müller, wie die „Köln. 2tg.“ erfährt, zu ändern.

Sachsen.

Dresden, 11. Januar. Jn der heutigen Sißung der Zweiten Kammer fand die allgemeine Vorberathung des Entwurfs einer revidirten Gesindeordnung des Königreichs Sachsen statt. Ohne Vorbehalt sprachen ih, dem „Dr. J.“ gutolge, für den Entwurf der Vice-Präsident Streit und der

bg. Reißmann aus, mit Wünschen auf Aenderung einzelner Bestimmungen die Abgg. Euliß, Steiger und Niethammer, wogegen die Abgg. Schulze und Kaden die Ablehnun der Vorlage befürworteten. Der Staats-Minister von Met wies den leßteren gegenüber nach, daß das Gesindedienst- verhältniß weder der Gewerbeordnung, noch der Ge/indedienst- vertrag dem gemeinen bürgerlichen Recht unterstellt werden könne, da die erstere darüber niht ershöpfende Bestimmungen enthalte, die Unterstellung unter das gemeine bürgerliche Recht aber zur Abschließung von Specialverträgen zwingen würde. Die Vorlage wurde der Gesezgebungs-Deputation überwiesen.

Württemberg.

__ Stuttgart, 11. Januar. Wie der „Schw. Merk.“ ver- nimmt, werden Zhre Majestäten der König und die Königin am 2. Januar zum Besuch Jhrer Majestäten des Kaisers und der aiserin nah Berlin reisen, dort über den Geburtstag des Kaisers verweilen, dann die sächsischen Majestäten in Dresden, darauf die Großherzoglih sächsi)hen Herrschaften in Weimar besuchen und am 30. d. M. hierher Pre. Der Minister Dr. Freiherr von Mittnacht efindet sih niht im Gefolge Jhrer Majestäten, sondern reist [hon vorher nah Berlin.

Baden. Karlsruhe, 11. Januar. Die Budget-Commission

hat, dem „Schw. Merk.“ zufolge, die Verwendung von

243 000 M für die Dotirung ciner eigenen Münsterpfarrei in Freiburg (mit 100 000 F), außerdem für die Restauration des Münsters und für die Münsterfabrik nah den Anträgen der Regierung in Uebereinstimmung mit dem erzbishöflichen Stuhle einstimmig genehmigt. Es ist dies die Summe, die während der Erledigung des erzbishöflihen Stuhls in der Zeit vom 1. Dezember 1874 bis 2. Mai 1882 zurüdckbehalten wurde. Lebhafte Erörterung erregte dagegen das vom Centrum weiter gestellte Verlangen nach einer Erhöhung des Zuschusses für die fatholishe Geistlichkeit zur Pfründ- aufbesferung über die {hon in das Budget aufgenommenen Mittel hinaus. Mecklenburg-Schwerin.

Schwerin, 11. Januar. Seine Hoheit der Herzog von Sachsen-Altenburg hat sih, wie die „Meckl. Nachr.“ melden, von hier nah Kiel begeben.

Vraunfchweig.

Braunschweig, 11. Januar. Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzo g- thums Braunschweig, und Jhre Königliche Hoheit die Nr Rain Albrecht, welche seit einiger Zeit in Hannover Aufenthalt genommen haben, geben dort am 13. Januar einen Hofball, zu dem 300 Einladungen ergangen sind.

Anhalt.

Dessau, 11. Januar. Der „A. St.-A.“ meldet die-

vorgestern erfolgte Ankunft Jhrer Königlichen Hoheiten des Erbgroßherzogs und der Erbgroßherzogin von Meccklenburg-Streliß und Seiner Hoheit des Prinzen Friedrich Carl von Hessen.

Hamburg. Hamburg, 11. Januar. Der Senat hat nah der

„Wes.-Ztg.“ der Bürgerschaft eine Vorlage wegen völliger

Umgestaltung der Armenpflege gemacht. Die jetzige Armenpflege-Ordnung bestand in Hamburg ziemlich unverändert seit 1788 und functionirte auch bis in neuerer Zeit in bester Weise. Mit der Freizügigkeit, dem Unterstüßungswohnsißz und der Zunahme der Bevölkerung ist jedoch eine Reform längst als nothwendig erkannt worden, und es soll nun das sogenannte „Elberfelder System“ in modificirter Weise für Hamburg durchgeführt werden, das namentlih auf der Einrichtung beruht, die Armenpflege- bezirke jo klein wie möglich zu gestalten, um die wirkli Bedürftigen einerseits wirksam unterstüßen zu können, anderer- seits aber die Arbeitssheuen, Müßiggänger und Unwürdigen ¡hneller auszuscheiden. Jeßt sind 159 Pfleger vorhanden, deren Jedem durhschnittlih 150 Arme und Bedürftige zuge- wiesen sind. Nach dem neuen System werden 1393 Pfleger erwählt, deren Jedem 5 Arme überwiesen werden. Außerdem werden 76 Bezirtsvorsteher und 38 Armen-Aerzte ernannt.

Ste _____ DeutsGe Colonien. L Die Ausführungscommission des Deutschen Anti- sclaverei-Comités hat, wie die „Nat.-Ztg.“ mittheilt, in ihrer unter dem Vorfiß des Fürsten von Wied am 9. in Neù- wicd abgehaltenen Sißung beschlossen, daß der stellvertretende Vorsißende, Bergrath Dr. Busse sih sogleih nah Kairo be- geben solle, um mit dem Major von Wissmann darüber zu berathen, in_ welher Weise die Beförderung des zur Zeit in Saadani lagernden Wissmann - Dampfers nach dem Seengebiete thunlihst bald ins Werk geseßt werden fann. Außerdem wurde mitgetheilt, daß die Vorexpedition zur Erforshung des Victoria-Nyanza unter Führung des Barons Fischer bereits abmarschirt sei; daß ferner die Expe- dition Baumann zur Festlegung eines Weges durch das Kilima- Ndjaro-Gebiet nah dem Victoria-Nyanza in nächster Zeit auf- brechen und daß die Expedition Borchert zur Anlage einer Werft an dem See und zum Bau mehrerer Schiffe dajelbst in etwa vier Wochen von der Küste abmarschiren werde.

uis Le 4ER.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 12. Januar. Der Bronchialkatarrh der Königin

von Hannover is, wie „W. T. B.“ aus Gmunden meldet, im Abnehmen; die Besserung des Algemeinbefindens hält an. D einzelnen Clubs des Abgeordnetenhauses haben nah dem „Prag. Abdbl.“ bereits ihre Redner für die heute beginnende Generaldebatte über die Handelsverträge nominirt ; man glaubt, diese Debatte bis Ende der Woche zum Abschlusse bringen zu können. Eine größere Specialdebatte ist niht wahrscheinlich, da, wie bekannt, an den einzelnen ole positionen nihts geändert werden fann. Die Zoll- commission des Herrenhauses wird ihrerseits die Vor- berathung der Verträge beshleunigen, damit sie noch vor dem 1. Februar der Ratification zugeführt werden können.

Wegen der am 8. November vorigen Jahres, dem Jahrestage der Schlacht am Weißen Berge, in Smichow begangenen Excesse wurden, wie telegraphisch aus Prag berichtet wird, vier Studenten und eine Fabrikarbeiterin gestern von dem Strafgerichte zu strengem Arrest von 12 Tagen bis zu einem Monat verurtheilt.

Die Wahlbewegung in Ungarn hat nah einem Telegramm der „Magd. Ztg.“ bereits Ausschreitungen ver- ursaht und Opfer gekostet. Am Sonntag mußte in Zombor gegen Straßenauftritte seitens der Ba von der blanken Waffe Gebrauch gemachi werden. Jn Kaschau, wo Graf Apponyi am Le Rede gegen die Regierung hielt, war der Andrang der Menge ein gewaltiger.

Großbritannien und Jrland.

Das Befinden des Herzogs von Clarence bessert sih laut einer Londoner Depesche des „W. T. B.“ in erwünschter Weise; Bulletins werden daher nicht mehr ausgegeben.

Ueber die ländlichen Conferenzen, welche der Minister für pg hai ad Chaplin im Gegensaß zu der kürzlih von den Liberalen in London in Scene geseßten Con- ferenz. abzuhalten gedenkt, werden jeßt nähere Einzelheiten -be- kannt. Der Minister beabsichtigt, englischen Blättern zufolge, alle neun Districte, in welhe England zu conjervativen Partei-

wecken getheilt. ist, persönlih zu besuchen. Die Heiden Ei au ihm einerseits und den Männern des Landes andererseits stattfinden. Es scheint si 0 namentlih darum zu handeln, den landwirthschaftlichen Ar- beitern Gelegenheit zu geben, dem Minister persönli ihre Beschwerden mitzutheilen.

Frankreich.

Paris, 12. Januar. Jn der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer stelle der Deputirte V oude die Anfrage, welcher Tarif am 1. Februar auf die italienischen Producte zur Anwendung kommen werde. Der Handels- Minister Roche erwiderte, der fkürzlih genehmigte Generaltarif würde angewendet werden. Der Senat seßte die Berathung des Budgets ohne Zwischenfall fort. Die außerordentliche Session wurde darauf durch Verlesung eines Erlasses des Präsidenten geschlossen. Die ordent- lihe Session von 1892 beginnt heute.

Rußland und Polen.

Nach einer dem „Hamb. Corr.“ aus Sit. Petersburg zu- gehenden Meldung werde als weiterer Schritt zur Russificirung der Dorpater Universität die Umgestaltung der dortigen theologischen Facultät in eine Akademie und - ihre Verlegung nah St. Petersburg oder in eine andere Stadt des Reichs geplant. Auch die Rusfificirung des Polytechnikums in Niga joll beabsichtigt sein.

Jtalien.

Die internationale Sanitätsconferenz seßte, wie dem „W. T. B.“ aus Venedig gemeldet wird, in ihrer gestrigen Sizung die Generaldebatte über das Uebereinkommen wegen der Passirung des Suezcanals im Quarantänefalle fort. Die Delegirien Rußlands, Franfreihs, Spaniens und Belgiens äußerten verschiedenartige Meinungen. Bezugtis des österreichish-englishen Abkommens trat indessen uübera der lebhafte Wunsch nah Verständigung hervor.

Spanien.

Bei der gestrigen Wiedereröffnung der Cortes sprach, wie dem „W. T. B.“ aus Madrid berichtet wird, der Minister- Präsident Canovas del Castillo über die finanzielle Frage und forderte alle Parteien auf, zu ihrer Lösung im nationalen Jnteresse beizutragen. Der Deputirte Sagasta erwiderte im Namen der Liberaien, diese würden der Regie- rung in patriotischer Weise ihre Beihilfe leihen. Jm weiteren Verlaufe der Sißung äußerte sich der Minister - Präsident auch über die Zollfrage. Er betonte, Spanien habe diese Frage niht aufgeworfen, sei aber leider ge- zwungen, sh zu vertheidigen. Herr Canovas brate hierauf den Entwurf eines Gesezes ein, welches die Regierung ermächtigt, dié mit dem 1. Februar erlöschenden Handelsverträge bis zum 30. Juni d. J. zu verlängern und während dieser Zeit provisorisch handelspolitische Verein- barungen zu treffen. Jndessen sollen fremde Alkohole und Branntweine auf alle Fälle nah dem am 1. Januar ver- öffentlihten Tarif besteuert werden.

Ueber den Anarchisten-Aufruhr in Xeres wird der „Köln. Zig. noch Folgendes berichtet :

Die Behörden hatten schon vor einiger Zeit eine Bewegung unter der Arbeiterbevölkerung beobachtet, die auf außergewöhnliche Vorgänge bin- dentete. Gendarmen hatten in der vorigen Woche mehrere Anarchisten- versammlungen in Lebrija aufgelöst und Aufrufe mitBeschlag belegt, die den Aufruhr predigten. Am Donnerêtag wußte der Bürgermeister von Xeres, daß ein Handstreich auf die Stadt bevorstand. Infanterie und Cavallerie wurden in den Casernen bereit gehalten, Gendarmen und Scußleute erhielten die Weisung, sich im Falle eines überrashenden Angriffs auf das Rathhaus zurückzuziehen. Am Abend des 8., als eben im Theater die Vorstellung beendet war, drangen die ersten Anarchisten- haufen mit Flinten, Meffern, Knütteln, Heugabeln, Sicheln und der- gleichen bewaffnet, unter dem Nuf, „Es lebe die Anarchie!“ in die Stadt cin und fielen über die Bürger auf den Straßen her, von denen sie zwei tödteten ; dem einen wurde mit einer Senfec der Kopf abgehauen. Da am Tage etwa 60 Anarchisten in der Stadt hinter Schloß und Riegel geseßt worden waren, blieb die Unterstützung, auf welche die Aufrübrer gerechnet batten, aus: ihr. Angriff auf das Gesängniß und auf die Casernen wurde abgeschlagen, die Truppen rückten aus, machten etwa 70 Gefangene, verwundeten mehrere Rubestörer, und Cavallerie verfolgte die Fliebenden. Man {äßt die Angreifenden auf mebrere Hundert und hofft die zersprengten Haufen bald dingfest zu machen.

Telegraphishen Meldungen der „Magdb. Ztg.“ aus Madrid von gestern zufolge, hat die bereits angestellte Unter- suchung erhärtet, daß der Anarchisten-Putsh von langer Hand vorbereitet war. Die Anarchisten hatten sih in fünf Gruppen getheilt, von denen jede einen besonderen Stadttheil angreifen sollte. Sämmiliche Gruppen sollten sodann am Rathhaus zu- jammentreffen. Die Zahl der Getöodteten und Verwundeten 1st weit größer, als ur}prünglih gemeldet wurde; das Militär ho scharf. Militärpatrouillen durchziehen fortwährend die Stadt Xeres, um noch flüchtige und versteckte Anarchisten ausfindig zu machen. Der Polizeivorsteher in Xeres wurde seines Amts enthoben. Die verhafteten Anarchisten gestanden, daß sie die Ermordung und Beraubung der wohlhabenden Bürger der Stadt Xeres beabsichtigten. Der Ministerrath beshlo die Verhängung des Belagerungszustandes über Xeres und Umgebung. Ferner soll den Cortes ein Ausnahme- geseß gegen anarchistishe Umtriebe zugehen.

Schweiz.

Die Commission des Nationalraths hat gestern die Berathung der Handelsverträge mit Deutschland und Oesterreih-Ungarn begonnen. An den Berathungen nehmen der Bundesrath Droz und die shweizerishen Haudelsvertrags- Unterhändler theil. Außer mit den Handelsverträgen werden die am 18. d. M. wieder zusammentretenden beiden vir s der Bundesversammlung sich mit folgenden Vorlagen zu beschäftigen haben: Verwendun des Alkoholzehntels, Gesey wegen Auslieferung na dem Auslande, Tessiner Occupationskosten, Einführung des rauch- s{hwachen Pulvers bei der Artillerie, Kriegsbereitschaft der Armee, R oes Jagd- und Vogel)chußgeseß sowie zahlreihe Éisenbahnvorlagen, (darunter Concessionen für die Bahnen Biel—Leubringen, Murten—Sugier—Jns Römerhof—Dolder). i

Wie dem „W. T. B.“ aus Bellinzona im Canton des Tessin gemeldet wird, hätten die Staatsräthe Gianella und Soldati ihre Demission gegeben. |

Der bereits erwähnte von Bundesrath gefaßte Beschluß wegen Organisation der Vertheidigung und Ver- waltung der Gotthardbefestigung bestimmt im wesentlichen Folgendes : i

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4 § - Die Besaßung wird einem Commandanten "mit dem Range und den Bezügen eines Ober-Divifionärs unterstellt. Eu ind bei- gegeben: 1 S 2 Adjutanten, 1 A e-Chef und ein Genie-Chef nebst je 1 Adjutanten, 1 Offizier des Materials, 1 Ver- vflegungë-Chef, 1 Chefarzt und 1 Stabs-Pferdearzt. Im ganzen besteht der Commandostab aus 12 Offizieren mit 20 Reit- vferden; er fann jedoch über diefes Maß erweitert werden. Die Mannschaften, die in- erster Linie der Landwehr ent- ommen fein follen, werden zunächst als Sicherheitsbefaßung verwandt und werden ihre Uebungen hauvtfächlich in den ibnen zur Vertheidigung angewiesenen Stellungen abhalten. Dem Commando- stabe sind Ae zwei bis drei Fortverwalter unterstellt, die bei Aus- bruch eines Krieges die ersten Maßnahmen zur Gefechtsbereitschaft und Vertheidigung zu treffen Haben. Die ständige Bewachung für das Fort Airolo wird gebildet aus dem Fortverwalter, fünf Maschinisten und den Specialarbeitern, fowie einer Anzahl Unter- offiziere und Soldaten. Während der Zeit, in der keine Truppen im Fort Airolo im Dienst stehen, werden Freiwillige, die sih hierfür angemeldet baben, zur Bewachung commandirt.

Türkei.

Ein Telegramm der „Times“ aus Aden vom 11. d. M. meldet, daß in Arabien neuerdings aufständishe Be- wegungen ausgebrochen seien. Der Führer der Jnsurrection sei Ahmed Addin, ein Nachkomme der ehemaligen Regenten von Yemen. Den Rebellen, welche gegen Sana vorrüen, seien Regierungstruppen entgegengejandt worden.

Schweden und Norwegen.

(F) F, 9. Januar. Nach dem Bericht des Staatscomtoirs betrugen die Staatseinnahmen im Jahre 1891 «aus den Zöllen 38 009768 Kronen gegen 42675 131 Kronen, aus der Branntweinsteuer 14 498 991 Kronen gegen 16 300896 Kronen und aus den Staatseisenbahnen (ab- gelieferte Uebershüsse) 6500000 Kronen gegen 6 500 090 Kronen oder zusammen 59 008 759 Kronen gegen 65 476 027 Kronen im Jahre 1890. Da diese Einnahmen im Budget für 1891 zu 58 200 000 Kronen veranschlagt waren, so hat fich ein Ueberschuß von 808759 Kronen ergeben.

Amerika.

Im Senat der Vereinigten Staaten hat gestern der Republikaner Teller eine Resolution beantragt, welche den Präsidenten der Vereinigten Staaten ermächtigt, die anderen Staaten zur Theilnahme an der, wie schon gemeldet, in Ausficht genommenen Conferenz über die Festseßung eines gemeinsamen Werthverhältnisses A SeE Gold und Silber und die Einführung eines bimetallistishen Münz- systems in sämmtlichen Staaten einzuladen.

Afrika.

Das britishe Panzershiff „Agamemnon“ hat am Sonntag den Piräus verlassen. Wie das „W. T. B.“ aus Athen vernimmt, sollen sih die im ägäischen Meere stationirten britishen Kriegsschiffe vor Alexandrien vereinigen.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (145.) um 2 Uhr beginnenden Sißzung des MReich8tags, welcher der Reichskanzler Graf von Caprivi und die Staatssecretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Maltzahn beiwohnten, begrüßte der Präsident von Leveßow die Mitglieder des Hauses zum neuen Jahre.

Auf der Tagesordnung stand die zweite Berathung des Entwurfs eines G betreffend die Feststellung des Reichshaushalts-Etats für das Etatsjahr 1892/93, und zwar zunächst der Special-Etat des Reichstags, zu dem folgender Antrag der Abgg. Dr. Baumba ch (Berlin) und Genofjen vorlag:

Der Reichstag wolle beschließen: den Bundesrath zu ersuchen, eine Abänderung der Reichsverfassung, Art. 32, in dem Sinne herbeizuführen, daß die Mitglieder des Reichstags aus Reichsmitteln Diäten und Reisekosten erhalten. i

__ Bei Schluß des Blattes nahm der Abg. Dr. Baumbach das Wort zur Begründung des Antrags.

Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts.

Der Erste Senat des Ober-Verwaltungsgerihts hat am 7. d. M. unter Abänderung des ersten Urtheils eine Verfügung des biefigen Polizei - Präsidenten für geseßmäßig erklärt, durch welche der biefige, von dem Leiter der socialdemokratishen Ovpo- Non Dr. Wille gegründete Verein „Freie Volks- bühne“ gemäß § 2 des Vereinsgeseßes vom 11. März 1850 der polizeilichen Controle unterstellt ist, weil er eine Einwirkung auf ofentliche Angelegenheiten bezwecke. Der Verein veranstaltet bekanntlich Vorstellungen in den hiesigen Theatern, namentlich im Ostend-Theater, welchen die Mitglieder und deren Angebörige gegen geringe Beiträge anwohnen können, und für welche die Zuschauerplae nicht durch verschiedene Preissâße, fondern durch das Loos bestimmt werden. Wäbrend der Verein nah den Angaben des klagenden Dr. Wille nur die Ausbreitung der naturalistishen Richtung der Literatur unter der Arbeiterbevölkerung und eine „Revolution“ nur auf dem Gebiete der Kunst anstreben foll, lassen nach der Feststellung des Gerichtshofs die volitische Thätigkeit der Leiter und der meisten Mitglieder des Vereins, die tendenzióse Auswahl der vorgeführten Dramen (Ibsen?s „Stüßen der Gesellschaft“, Sudermann's „Ehre“, Schiller's „Kabale und Liebe“, Hauptmann's „Vor Sonnenaufgang“, Pissemski’'s „Der Leibeigene“) und insbesondere die zu diesen in den Vereinsversamm- lungen vorgetragenen Erläuterungen, worin auf die Unbaltbarkeit der dargestellten Verhältnisse im Gesellshafts- und Staats-Organismus und auf das Bevorstehen ähnlicher Kämpfe wie am Ausgange des vorigen Jahrhunderts bingewiesen wurde, keinen Zweifel über die wirkliche Tendenz des Vereins. Diese bestehe niht ledigli in der Be edigung des Kunstbedürfnisses und Läuterung des KunstgesGmacks, jondern die Organe des Vereins hâtten thatsächlih und bewußt die dramatishe Kunst bebufs Anregung von Gefühlen, Vorurtheilen und Leidenschaften weiter Schichten der Bevölkerung in den Dienst der arteiagitation gestellt, um auf Aenderung der bestehenden Gesell- [Maftéordnung hinzuwirken, und damit den Zweck der Einwirkung auf vffentlihe Angelegenheiten erkennbar gemacht.

Litezatur.

ffÆ. Historisches S in A von Wilhelm Geeure L breher. 6. Folge, 11. Jahrgang. Leipzig, Brockhaus U liegende Sabrüka dieser. Zeitschrift. Tia in behandelt Edu atb Anni daë Le der unter dem Namen „Liselotte“ be- tischen üdsichten A Ae daber die 8 E aa Ba

die er Fürstin mit ihrer Tante, der Ku Sopbie von Hannover, benußen können, und so ift es ibm möglich, ein treues und anschau liches Charafterbild zu geben. Wir erbalten, zum Theil mit den eigenen Worten der Herzogin, Auskunft über ihre Jugend und Er- zichung, ibre Vermäblung und ihren Religionswecsel, vor allem über ihr Leben in Frankreih und den Hof Ludwigs XI1V. Für den fran- zösischen König hegt ste troß mancher Kränkungen, die sie ven ibm erfuhr, eine aufrihtige Verehrung; um fo harter lauten aber die Urtheile über seine frivole und bigotte Umgebung, namentlich den Herzog von Orleans und die Frau von Maintenon. Unsere Kenntniß der politischen Geschichte Leccubera die von Bodemann veröffentlichten Briefe nicht, dagegen bilden sie eine reiche Quelle für die Cultur- und Hofgeschichte jener Zeit. Jn der zweiten Abhandlung be- schäftigt ih Heinrih Welzhofer mit dem Kriegszuge des Datis und der Schlacht bei Marathon. Wenn der Verfasser in der Ein- leitung sagt, die Perserkriege scien weder im Alterthum noch in der Neuzeit ciner eindringenden Kritik unterzogen, so können wir dieser Bemerkung angeihts der Unterfubungen von Duner, Curtius, Devair, Delbräck und anderen ebensowentg zustimmen wie seiner Behauptung, daß die Perser nit zur Bestrafung Athens und Unterwerfung Griechenlands fondern nur zur Züchtigung von Naros und Eretria ausgezogen seien. In der Landung in Attika sicht er nur einen von persischer Seite schwah unterstützten Versuch des Hippias, Athen den Pisiftratiden wiederzugewinnen, der dur die Schlacht von Marathon cin unbedeutendes Treffen vereitelt wurde. Daß diese Auffassung der Ueberlieferung diametral widerspricht, ist nicht nöthig bervorzubeben. Auch die specifisch militäriscen Auseinander- seßungen Welzhofer's können nicht gebilligt werden. Sie werden für jeden Kundigen genügend dadurch carafterifirt, daß er an dem unmöglichen 1500 m langen Sturmlaufe der athenischen Heopvlitenvbalanr festhält, eine Anschauung, die seit Delbrück's Darlegung für immer beseitiat sein follte, und durch die Annahme, daß die Landungsarmee in Attita weder Reiter noch Schützen mit si geführt habe, während bekanntli Bogenschütßen und Reiter gerade die Hauptwaffen der Perser waren. Die drei anderen Arbeiten bringen Beiträge zur Ge]chichte des 16. Jahbrbunderts. Ueber den bedeutendsten Gelehrten der Reformations- zeit, Grasmus von Notterdam, macht Karl Hartfelder interessante Mittheilungen, indem er seine Beziehungen zu den Päpsten seiner Zeit, welche den großen und ges{meidigen Schriftsteller mit Wohlthaten überschütteten, auf Grund feines Briefwechsels darstellt und die Gründe, daß Erasmus dem fatholischen Glauben treu blieb, entwickelt. Gustav Heide behandelt eine Episode aus dem Beginn der Gegenreformation, die Schicksale Nürnbergs im s{chmalkaldischen Kriege. Auf Grund bisber unbenußten arcivalischen Materials giebt der Verfasser eine genaue Darstellung von Nürnbergs Stellung zu dem s{hmalkaldischen Bunde und den Bemühungen der evangelischen und ftatbolischen Partei, die reiche, mächtige Neichsstadt auf ihre Seite zu ziehen. Nürnberg, das in dem Kriege neutral zu bleiben wünschte, unterstüßte seine Glaubens- genofien, die Shmalkaldner, nur lau, tonnte aber troßdem nah dem Siege der Katholischen einer Beseßung dur Kaiserliche Trupven nicht entgehen, die si große Ausschreitungen zu sc{ulden fommen ließen und der Stadi gewaltige Kosten verursachten. Die Unfähigkeit der fleinen Staaten, den Anforderungen einer volitisch bewegten Zeit gerecht zu werden, tritt uns in der fkurzfichtigen Politik Nürnbergs deutlih vor Augen. Ferner behandelt der Verfasser die Einführung des Augsburger Interims in Nürnberg, das der Stadtrath zwar zuerit entschieden ablebnte, aber nach längeren Verhandlungen mit dem Reichstag in etwas veränderter Form, troß des Widerspruchs mebrerer lutherischer Prediger unter Osiander's Führung, annehmen mußte. Wenn sich diese Studie mit den inneren deutschen Ange- legenheiten zur Zeit des wiedererftarkenden Katholizismus beschäftigte, so beleuchtet Benno Hilliger ein bohwichtiges Ereigniß der europäischen Politik aus derselben Periode: die Zusammenkunft der Königin von Frankreich mit der Königin von Spanien und dem Herzog Alba zu Bayonne im Jahre 1565. Da das von Religionsparteien zerrifsene Frankreih das ganze 16. Jahrbundert über in entshiedenem Gegensaße zu dem ftreng tatholishen Spanien gestanden hatte, so glaubten die Geschichts- forsher lange Zeit in dieser Zusammenkunft eine Annäherung Franfkreihs an Spanien erblicken zu müssen; man vermuthete, daß hier energische Maßregeln gegen die französisden Protestanten verabredet seien, daß sogar der Plan einer vlößlihen Ermordung aller Protestanten, der nachber in der Bluthochzeit auszuführen versuht wurde, bier zum ersten Mal in Erwägung gezogen worden sei. Dem gegenüber wiesen neuere na, daß kteineëwegs eine Ver- ständigung zwischen beiden Mächten stattfand, daß vielmehr Alba's Bemühungen, die Regentin von Frankreich, die Königin Katharina, zu Gewaltmaßregeln gegen die Hugenotten zu verleiten, vergeblich waren. Hilliger sucht nun die Gründe darzulegen, welche Katharina bewogen, die Entrevue hberbeizuführen. Nach seiner Meinung wollte sie mit König Philipp Il. persönlich einige politishe Angelegenheiten ordnen, vor allem aber erboffte fie von der Begegnung eine günstige Rückwirkung auf die NReligtionsparteien in Frankreich, wo ein Bürger- krieg nabe bevorzustehen sien. Sie glaubte, Philipy für ihre Absicht, dur ein französisches Nationalconcil die religiöse Spaltung zu be- enden, gewinnen und ibn von einem Eingreifen in den befürchteten französi!hen Bürgerkrieg abhalten zu können. Ferner gedachte sie, spanische Unterstüßung zur Wahl eines französis gesinnten Papstes zu erlangen, aber thre Hoffnungen waren vergeblih: Phbilipy erschien nicht zur Zufammenkunft, und in den Verhandlungen mit Alba und der Königin erreichte sie nichts: sie schieden, wie Nanke sagt, sehr falt von einander.

ff Mittheilungen der Geshihts- und Altertbhums- forshenden Gesellschaft des Osterlandes zu Altenburg. 1. Band, 2. Ausgabe. Altenburg, 1891. Die Geschichts- und Alter- thumsforschende Gesellschaft des Osfterlandes veröffentliht eine neue Ausgabe der in den ersten Jahren ihres Bestehens erschienenen Mit- theilungen. Der Band enthält zahlreiche Einzelforshungen zur Local- geschichte und Publication von Urkunden und alten Schriftstücken. Die Abhandlungen sind sämmtlih nur von localem Interesse; von den mitgetheilten Archivalien verdienen einige aus der Zeit der Reformation und des dreißzigjährigen Krieges Beachtung in weiteren Kreisen.

“von Orleans, ver:näßlt wurde. Der Verfasser bat den Briefwechsel

Handel und Gewerbe.

Ueber den Verlauf der gestrigen Sißung des Centräal- Ausschusses der Reichsbank tragen wir Folgendes nach: Der Vorsitzende, Präsident des Reichsbank-Directoriums Dr. Koch führte aus, daß die Mittel der Bank in der leßten Dezember -Woche weit weniger als in den beiden leßten Jahren in Anspruch genommen worden seien. Seitdem habe sich die Lage noch weiter erheblich gebessert. Der Metallvorrath (914 Millionen) sei noch nie- mals um diese Zeit so groß gewesen; er übersteige den des vorigen Jahres um 144, den von 1890 um 154 Millionen. Die Anlage (648 Millionen) fei um 76 Millionen kleiner als 1891, um 126 Millionen kleiner als 1890. Obschon, wie ge- O die fremven Gelder in der ersten Januar-Woche ge- L en, betrage die steuerfreie Notenreserve 151 Millionen,

. h. 119 Millionen mehr als 1891, N im Jahre 1890 sogar die Steuergrenze um 50 Millionen über- schritten worden sei. Am offenen Markte sei das Geld flüssig, der Börsendiscont in Berlin auf 2 Proc. ge: fallen. Obwohl die fremden Wechselcurse etwas gestiegen, G7 te ie Reichsbank noch immer Zufluß von Gold aus dem Aus- lande. Hiernach beabsichtige die Reichsbank-Verwaltung, mit der schon in der leßten Sißung in Aussicht genommenen Dis- conto-Ermäßigung vorzugehen, gegen welche aug Ine keine Um- stände sprächen, und zwar umein volles Procent. Die Versammlung

stimmte hiernach der Herabsezung des Disconts auf 3, deS Lombardzinsfußes auf 4 bezw. 31/2 Proc. ohne Discussion zu.

Verkehrs-Anstalten. nisde P 12. Januar. (W. T. B.) Hamburg-Ame-

acketfahrt - Actiengesellshaft. Der Post- ia“ ist, von n kommend, am 10. Januar ün Der Postdampfer „Slavonia* hat,

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riftanische

dampfer „Got Baltimore angekommen. npfer von New-York kommend, heute Morgen Lizard passirt.

Theater und Musik.

Philharmonie.

Das geftrige fünfte Concert des Herrn Dr. Hans von Bülow, das wieder sehr zablreih besucht war, brachte eine Symphonie in F-dur, op. 4, von Eugen d’Alb ert zu Gebör, die wobl den meisten der Zubörer noch nit bekannt-war. Das aus vier Säßen bestehende Werk läßt zwar in den beiden Hauptsäßen manche fesselnde Motive und eine gewandte Art ihrer Durchführung er- kennen, es feblt jedoch überall - an- einent energischen Auf - s{chwung der Phantasie, an einem Höbepunkt in der thematischen Entwickelung, der den Zubörer nachhaltig zu erwärmen und mit fort- zureißen im Stande wäre. Der Andantejaß macht einen günstigeren Eindruck, auch ist das Thema des Scherzofaßzes glülich gewäblt, nur treten in diefem anfänglich beiter und fris eingeführten Saße manche zu breit erscheinende Epifoden auf, die den Totaleindruck abschwächen. Von allen bisher bekannt gewordenen Werken des Com- vonisten ist sein in den Festtagen des deutschen Tonkünstlervereins bierfelbst auégefübrtes Streichquartett entschieden das bedeutendste. Während sich die Symphonie einen succès d’estime erwarb, wurde der Solist d’Albert nach dem in jeder Beziehung vollendeten Vortrag des Es-dur-Concerts von Beethoven mit allgemeinem Beifall und mehrmaligen Hervorrufen begrüßt. Das Philharmonishe Orchester, das sh bei Ausführung beider Werke wieder aufs trefflihste bewährte, führte außerdem noch Cherubini's „Anakreon-Ouvertüre“ und die durch die Tiefe ihrer Ge- danken fo fesselnde „Tragishe Ouverture“ von Brahms aus. Den Beschluß des Concerts mate Wagner's „Tannhäuser-Ouverture“, nah welcher -dem ausgezeichneten Dirigenten die lebhaftesten Ova- tionen zu theil wurden. Das feste Concert findet am 25. Januar statt und bringt Werke von Liszt, Joachim, Wagner und Beethoven ; Solistin Fräulein Gabriele Wietrowe#ß.

Ein Aushang im Königlichen Schausvielhause theilt den im „Zerbrochenen Krug“ und im „Eingebildeten Kranken“ beschäftigten Darstellern die Allerhöchste Anerkennung Seiner Majestat des Kaisers in Betreff dieser Auf- führung mit. Am Donnerstag geht, wie bereits ge- meldet, „Uriel Acosta“ neu einstudirt und, mit Ausnahme des Manasse Vanderstraten, der in den Händen des Herrn Oberländer, und des Afkiba, der bei Herrn Krause verblieben ist, in durchweg neuer Be- seßung in Scene. Den Uriel spielt Herr Matkowski, Herr Kahle den de Silva, die Judith Fräulein Lindner, Uriel's Mutter Frau Kahle, den Rabbi Santos Herr Plaschke, den Jochai Herr Purschian, den Akiba Herr Krause, den Spinoza Fräulein Conrad.

Infolge des Andranges zu den Aufführungen des „Tanzteufels“ ist im Adolph Ernft -Thbeater die Einrichtung getroffen, daß Billets zu einer bestimmten Vorstellung hon vier Tage vorher, nicht nur an der Tagesktasse, sondern auch nach 8 Uhr an der Abendkaste gelöst werden fönnen.

Die Direction des Thomas-Theaters bat eine neue Posse, betitelt „Cacao“, von Friß Berend, zur Aufführung angenommen.

Prof. Dr. Ernst Jedliczka wird in seinem biesigen Concert in der Sing-Akademie am Donnerstag außer den bereits be- kannt gegebenen Werken von Schumann, Chopin, Klindworth und Moszkowstki eine Reibe fleinerer Stücke von Godard Arensky, Ljadof und Rubinftein fpielen und ferner gemeinschaftliß mit den Herren Felix Meyer und Eugen Sandow das dem Grafen Hochberg gewidmete Trio in G-moll und R. Strauß? Sonate F-dur. op. 6 für Klavier und Cello, zur Aufführung bringen. Das Programm des I1. Kammermusik-Abends der Herren Joh. Kruse und Genoffen in der Sing-Akademie am Freitag, in welchem die Damen Frau Professor Anna Schulen von Asten und Fräulein Julie von Asten sowie Herr Robert von Mendelssohn mitwirken, bringt Friedr. E. Koch's neues (Manuskript) Streich-Trio op. 9, Schubert's Streich-Quintett in C-dur op. 163, und auf viel- seitigen Wunsch drei s{chwedische Lieder mit Tric-Begleitung.

Am Sonntag ift bierselbst der frübere Königliche Kapellmeister, Professor und Mitglied der Akademie der Künste Heinrich Dorn im Alter von 88 Jahren nach längerem Leiden verstorben. Ueber seinen Lebensgang entnehmen wir der „Voss. Z.“ Folgendes : Dorn war am 14. November 1804 in Königsberg geboren ; auf sétine musikalishe Auébildung übte sein Onkel Joh. Friedr. Dorn, ein ge- diegener Musiker, vorwiegenden Einfluß. Er studirte an der Universität seiner Vaterstadt die Nechtswissenschaft und ging 1825 nah Berlin, wo er seine musikalische Ausbildung unter Berger, Zelter und Klein weiter fortsetzte. Dorn fand fofort als Componist, Dirigent, Schriftsteller und Lebrer eine folde Beachtung, daß {on 1826 seine erste Over „Die RNRolandsktnappen“ tim Koönigstädter Tbeater, und zwar mniit gutem Erfolg, zur Aufführung gebracht wurde. Von nun an eginnen feine Wanderjabre. 1828 1829 wirkte er in Königs- berg als Theater - Kapellmeister, 1829—1832 in Leipzig, wo Robert Schumann fein Schüler in der Theorie der Musik und Compositionslehre wurde. Nachdem er kurze Zeit Vertreter von Krebs in Hamburg gewesen, war ihm eine längere und vielseitige Wirksamkeit als Theater-Kapellmeister, Kirhenmusik-Director und Lehrer 1832—44 in Riga beschieden, wo er eine Zeit lang mit Richard Wagner zusammenwirkte (1837—39). Hier war es denn auch, wo zwei svätere Overn von ibm „Der Schöffe von Paris“ (1838, spâter auch im Königlichen Overnhaufe zu Berlin, 1852, gegeben) und „Das Banner von England“ ihre erste Auf- führung fanden. Von 1843—49 wirkte Dorn in Köln, zuerst als stadtisher Kapellmeister, dann als Leiter der Abonnements- Concerte, zuleßt als Gründer der „Nheinishen Mufsikschule“, aus der das beutige , so blübende Kölner Conservatorium hervorgegangen ist. In den Jahren 1844 und 1847 [leitete er die Niederrheiniscben E, und es wird von {thm gerühmt, daß er als der Erste bei dieser Gelegenheit die Missa solemnis von Beethoven vollständig zur Aufführung gebracht habe. 1849 ward H. Dorn als Nachfolger Nicolai’s zum Kapellmeister an der Königlichen Over in Berlin ernannt, eine Stellung, in der er bis 1869 verblieb. Als Comvponist hat er \sich in Berlin durch sein Hauptwerk „Die Nibelungen“, in denen Johanna Wagner die Brunbilde gab, am bedeutsamsten eingeführt (1854); im Jahre 1856 kam noch „Ein Tag in Nußland“ von thm zur Auf- führung. Außerdem sind viele Instruméntal- und k eiter A Gesang-Compositionen von ihm während feines Berliner tha dem Publicum vorgeführt worden. Von seinen zahlreichen Liedern ist noch beute das beitere „Mond, baft du nicht gesehen“ ein Lieblings=- stück in Haus, Gesellschaft und Concert.

Preußische Klafsenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der heute angefangenen Fehung der 1. Klasse 186. Königlih preußisher Klajssenlotterie fielen in der Vormittags-Ziehung:

1 Gewinn von 30 000 # auf Nr. 145 998.

1 Gewinn von 15 000 4 auf Nr. 74 002.

2 Gewinne von 3000 6 auf Nr. 38589. 136 845.

4 Gewinne von 300 auf Nr. 138761. 140411. 159 881. 161 608.