1892 / 16 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 19 Jan 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Die gene Seele dabei nicht zu: verlieren, dies if un}ere oberbirtliche Aufgabe.

Der Wille des heiligen Vaters gilt uns -aber als Gottes Stimme. Das erhabene Beispiel, das Leo XII1. der ganzen Welt von den Höhen des Felsens Petri dadur bictet, daß er sein großes Kreuz im Glanze folher Tugenden durch so große Weisheit in feinem fo ehrwürdigen Greisenalter leuchten läßt, feine segnende Hand flößen vg den Aengsten und Schwierigkeiten unseres Amtes Muth und

aft ein.

Eine andere Quelle unserer Zuverficht finden wir in dem großunliihigen Herzen unseres Allergnädigsten Kaiserlichen Herrn, der seine Negierung mit großen gesetzgeberishen, aus dem Grunde der Nächstenliebe er- wachsenden Werken kennzeichnet, und der auch in dieser Wahl, die fo unerwartet unsere Person getroffen, bekundet, daß fein“ Herz alle Unterthanen seines Reichs fue Unterschied der Nationalität umfaßt. Es äußert sih aber darin auch sein volles Königliches Vertrauen, daß wir es verstehen werden, mit der Lieb? und Treue cines Jeden für seine Nationalität, die Anhänglichkeit und Treue für den Kêmig- lichen Thron zu verbinden. N A L

Die edle Auffassung unferes Allergnädigsten Kaiserlichen Herrn von einer höheren Aufgabe der Religion und der Kirche, als bloß cines Mittels der jeweiligen politishen Richtung, ftüßt unfer Ver- trauen, daß das kirhlihe Leben unter seinem Scepter sich ruhig ent- wideln wird, und daß Alles, was für die af e und Förderung diefes Lebens nothwendig erscheinen sollte, sowohl Tine Anerkennung, als auch seinen hohen Schuß finden wird. : :

Troßdem wollen wir weder vor uns felbst, noch vor Euch die Schwierigkeiten verhehlen, die unser in der Leitung Eurer Seelen harren. Wir wollen sie Euch vor die Augen stellen, um bei Euch Hilfe und Mitwirkung zu finden. : /

Die Zeit, in der wir leben, bringt große Gefahren für unseren Glauben mit sih. Wenn auch die Zahl der Feinde des Glaubens in unseren ' Diözesen, Gott sei es gedankt, . bisher nicht groß ist, fo haben wir dennoh bei uns leider eine Abnahme der früheren, fo warmen Anhänglichkeit an den Glauben zu beweinen, niht minder eine Geringshäßung desfelben und Gleichgültigkeit, die Viele. als ihre s{limmste Krankheit der Seele aus den beklagenswerthen Wanderschaften in die Fremde, aus - lästernden und spöttischen Unter- haltungen mit glaubenslofen Menschen, als traurige Frucht gott- losen Beispiels in die heimathlihen Hütten mitbringen. Dieselbe S in Glaubensfachen greift bei Anderen Plaß durch den Mangel des Nachdenkens über das Ziel des irdischen Lebens, durch Sorglosigkeit in der Wahl von Büchern und Schriften, durch Leichtgläubigkeit angesichts jeder religionsfeindlichen Lehre, wenn sie in anziehender Form geboten wird, \{lickchlich durch Nachlässigkeit und Abneigung, sh im Glauben der Väter dur Lesen ernster Werke zu unterrichten und zu befestigen. s

Wo aber Christus Mittclpunkt des Lebens zu fein aufhört, wo in den Herzen die Liebe zu ihm erlischt, da lodert cin anderes Feuer auf, das Feuer der Leidenschaften, da trägt Fleisch und Sinnlichkeit einen leiden Sieg über den Geist davon. Und immer lauter und fühner will man den unsterblihen Menschen zum Thiere herab- würdigen. Die Folgen dieser Lehren verseßen beim Anblick der Verbrechen, die von Tag zu Tag an Zahl und Grausamkeit zu- nebmen, aile um die Zukunft Besorgten in Schrecken, zumal da die e Zügellosigkeit jeßt {hon selbst der Jugend sih be- mächtigt.

r verschiedenen Gestalten zieht auch {hon vom Westen und Osten der Socialismus ein. Schon suchen seine Boten die leicht- gläubigen Massen in ihre Neße einzufangen, indem fie die Genußsucht durch übertriebene Hoffnungen s{hwärmerish reizen und zugleich Haß gegen diejenigen shüren, welde von Gott mit irdischen Gütern gesegnet sind. Es is tief betrübend, daß die Apostel des Umsturzes es selbst wagen, den Glauben als das vermeintliche Hinderniß des irdischen Glücks zu untergraben...

Gleichzeitig dringt in die Welt die stetig wachsende Verachtung alles dessen, was Christus von den Pflichten gegenüber der weltlichen Obrigkeit lehrt. Immer kühner rütteln falshe Propheten an den Grund- festen des gesammten Staatswesens und der Autorität auf Erden, um die bestehende Ordnung, Sicherheit und ruhige Entwidtelung der menshlihen Gesellschaft zu zerstören. A

Neben den vorgeführten Schwierigkeiten, die überall mehr oder weniger die Arbeit der kirhlihen Oberhirten erschweren, bringen die besonderen Verhältnisse unserer Diözesen noch besondere Schwicrig- Ffeiten mit sich. i a

Es ist in erster Neihe der Umstand, daß unfere Bevölkerung nicht in einem ‘confessionell einigen Lande lebt. Tägliche Beziehungen führen üns zusammen mit Mitmenfchen anderer Ueberzeugungen, Mit- gliedern anderer Confessionen. D , :

In diesem Verhältnisse verlangt die Pflicht der Nächstenliebe von uns, daß wir die religiösen Gefühle Andersgläubiger nie reizen, ihre Neberzeugungen, wenn wir sie auch nicht theilen, nie beleidigen, in Friede und Eintracht mit ihnen zu leben uns bemühen. Die Liebe zum cigenen Seelenheil aber verpflichtet uns, unseren Glauben als das fostbarste, göttliche Kleinod zu bewahren, denselben stets ent- schieden zu vertheidigen, Gelegenheit zur gebotenen Uebung des- jelben zu suchen, weder in Wort noch in That jemals denfelben zu verleugnen; im Gegentheil durh ein musterhaftes Leben und durch inbrünstiges Gebet Gott für die Gnade der Berufung zu unserer heiligen Kirche, für die Mittel zu me. Heil in derfelben zu danken.

Unser Hirtenamt findet auch Schwierigkeiten in dem Umstand, daß unsere Gläubigen zwei Nationalitäten angehören. /

Wenn aber Alle beherzigen, daß Christus alle Menschen, nicht _ bloß ein Volk liebevoll an sein Herz drückt, daß er der Mittelpunkt

der gesammten Menschheit ist; wenn wir uns pflihtgetreu in seiner Liebe befestigen werden, die weder Freie noch Sklaven, weder Scythen noch Griechen, sondern in Jesus Christus unserem Herrn (Coloss. TI1, 11; Röm. X, 12) Geliebte in Gott und wegen Gott kennt, dann wird sih unser As ‘erweitern, es wird niemanden ausschließen, die heiligen und theuren Gefühle der Liebe zur eigenen Nationalität vor der heidnishen Beimishung des Hasses gegen Andere bewahren. Nur gegenseitige Liebe um Jesu willen wird alle möglichen Schwierigkeiten unseres oberhirtlichen Amts, die in diesen Verhältnissen liegen, beseitigen. „Da Gott uns fo geliebt, so müssen auch wir einander lieben.“ (1. Joan. 1V, 11.) Meine Hirtenpflicht, alle Seelen zu V zu führen, werden deshalb auch diejenigen meiner geliebten Nationalitätsgenossen mir erleichtern, welde dessen eingedenk bleiben, daß auf meine Seele nich? allein ihre geistlihen Angelegenheiten gebunden sind, und daß ih ide der Oberhirt aus]chließlich ‘einer Nationalität bin. Die ristliche Klugheit wird sie au lehren, alles zu meiden, wodurch aus der ge- rechten Anhänglichkeit an das theure Erbe unserer Väter, an die heiß-

eltebte Muttersprache, an die ruhmeeichen Erinnerungen unferer Ge-

schichte Intentionen hergeleitet und Absichten untergelegt werden Fönnten, welche, den dur den Glauben gebotenen Unterthan- und Bürgerpflichten zuwider wären. / :

Die Katholiken deutsher Zunge aber können als gleichberechtigte Kinder unserem väterlichen Herzen ihr volles Vertrauen schenken, ae wir nichts versäumen, was für ihr Seelenheil möglich und er- forderlich ist, in dem vollen Bewußtsein, daß wir vor Gott für jede durch unsere Schuld verlorene Seele Rechenschaft ablegen müssen. Christus der Herr ist das gemeinsame Band, das \tärker ilt als Alles, was die Menschen e In Christo vereinigt, werden wir vor Gott und der Welt beweisen, daß wir nicht mo in Worten, sondern auch im Leben Bekenner des katholischen, also alle Völker um- fassenden Glaubens sind. . «

Bayern.

München, 18. Januar. Jhre Kaiserlihe und Königliche oheit die verwittwete Kronprinzessin von Desterreih-Ungarn, rzherzogin Stephanie E wie die „Allg. Zig.“ mit:

theilt, gestern Abend von Regensburg hier ein und wurde am Bahnhofe von Seiner Königlichen Dei dem Prinzen und Jhrer Kaiserlihen und Königlichen Hoheit der

' genommen.

Prinzessin Leopold empfangen. Zu Ehren der Kron- prinzessin fand heute Nachmittag bei Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz-Regenten eine größere Tafel statt. Am Geburtstag Seiner Majestät des Kaisers ist wie alljährlih in der Residenz Hosftafel, zu der die Minister und die Mitglieder der preußishen Gesandtschaft Einladungen er- halten haben.

Sachsen.

Dresden, 18. Januar. Mit Genehmigung Seiner Majestät des Königs wird, wie das „Dr. J,“ meldet, Seine Königliche Hoheit der Eins Friedrih August behufs Orientirung auf dem Gebiete der inneren Verwaltung bei der hiesigen Kreishauptmannschaft zeitweilig Beschäftigung nehmen.

Jn der heutigen Sizung der Ersten Kammer wurden auf Antrag der zweiten Deputation die Titel 4, 14, 16, 19, 22, 24, 26, 32, 36, 38, 39 und 40 des außerordentlichen Staatshaushalts-Etats für 1892/93, nachdem bei Titel 40 Frei- herr von Burgk seiner Befriedigung über die Vorlage und mehre- ren Wünschen hinsichtlich Erhöhung der Sicherheit auf der Eisen- bahnstrecke Dresden—Tharandt Ausdru verliehen hatte, be- willigt. Die Zweite Kammer nahm auf Antrag der Finanz-Deputation B die unter den Titeln 10, 15, 20, 27, 31 und 41 des außerordentlihen Staatshaushalts-Etats für Er- weiterung der Station Radeberg, Grunderwerb für Anlage eines neuen P as für Chemnig, Verbesserung der Bahn- hofsanlagen in Döbeln, Herstellung eines zweiten Kreuzungsgelecises auf Station Miltiß, Ausbau des zweiten Geleijes auf der Strecke Freiberg—Lichtenberg und Grunderwerb für eine künftige Verlegung des Baltepuriktes Nikolaivorstadt in Chemniß geforderten Summen von 442000, 250000, 130 000, 45 000, 412 000 und 183 000 F an.

Württemberg.

Stuttgart, 18. Januar. Seine Königliche Hoheit der Herzog Albreht von Württemberg isstt nach dem „St.-A. f. W.“ gestern Nachmittag nah London abgereist, um als Vertreter Seiner Majestät des Königs an der Beisezunc Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs von Clarence theil: zunehmen.

Baden.

Karlsruhe, 18, Januar. Die Zweite Kammer hat, wie „W. T. B.“ meldet, heute ihre Sißungen wieder auf- Die Wahl ‘des nationalliberalen Candidaten, Bürgermeisters Burger in Waldkirh wurde für gültig erklärt. Die Regierung legîe mehrere Geseßentwürfe vor, darunter einen solhen wegen Besteuerung des Kunstweins.

Hefsen.

Darmstadt, 18. Januar. Seine Königliche Hoheit der Großherzog bleibt auf den Rath der Aerzte der Beisezungs- feier in Windsor fern, auh Seine Königliche Hoheit der Erb- großherzog ist durch eine Erkältung in Potsdam zurüdck- gehalten. Zur Vertretung des Großherzogs bei der Beisezung des Herzogs von Clarence is} deshalb der Oberst-Hof-Marschall von Westerweller nah Windsor abgereist.

Zu Anfang des nächsten Monats 1wwird hier ein hessi- scher Städtetag zum Zwecke der Berathung der den Ständen ugegangenen fünf Verwaltungsg eseßentwürfe zu- Rmeniteten, Jn dem von der Zweiten Kammer be- stellten Sonderaus\chuß, bestchend aus je drei Abgeord- neten aus jeder Provinz, hat eine erste Durchberathung bereits staitgefunden.

Oesterreich-Ungarn.

Der Erzherzog Carl Salvator, dessen Erkrankung an der Jusluenza und hinzugetretener Lungenentzündung in

der gestrigen Nummer des „R.- u. St.-A.“ unter den nah '

Schluß der Redaction eingetroffenen Telegrammen mitgetheilt wurde, ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern Nachmittag um 31/4 Uhr gestorben. Erzherzog Caxl Salvator, der jüngere Bruder des Erzherzogs Ferdinand, Großherzogs von Toscana, war am 30. April 1839 zu Florenz geboren und haite “ich am 19. September 1861 mit der Prinzessin Maria Jmmacu- luta Clementine von Bourbon und beider Sicilien vermählt. Der zweite Sohn des Verstorbenen, der Erzherzog Franz Sal- vator, ist bekanntlich seit dem 31. Juli 1890 mit der Erz- herzogin Marie Valerie, zweiten Toczter des Kaisers Franz Zoseph, vermählt.

Bei der gestern im Abgeordnetenhause fortgeseßten Generaldebatte über die Handelsverträge sprah der Abg. Pattei die Hoffnung aus, Deutschland werde bei dem wirth- chaftlichen Verhältnisse mit Rußland nicht einseitig, ‘sondern tets nur in Verbindung mit Oesterreih-Ungarn vorgehen, und wünschte ein wirthschaftlihes Zusammenschliezen Europas, jedoch nicht unter Beitritt Rußlands, sondern Frankreihs. Redner trat fecaer für Erwerbung des Orientmarkts ein , befürwortete die Eisenbahnlinien Serajewo—Mitrowiga und erklärte sich für das Bündniß mit Deutschland behufs Sicherung des Friedens und aus Gründen der Nationalität sowie der österreichishen Staatsraison. Für die Verträge sprahen noch die Abgg. Jedrzejowicz, Hofmann von Wellenhof und Meznik, gegen sie die Abgg. Zallinker und Lan i Hofmann von Wellenh of wümschie gemeinsame Maßregeln mit Deutschland, betreffend die Specu- lationsringe und Cartelle. Meznik bezeichnete den Vertrags- [Guß mit Deutschland als ein ebenjo weises Werk wie en politishen Anschluß. Die Politik der freien Hand würde ur Jsolirung führen. Der Bund mit Deutschland bilde feine Gefahr für das czechische Volk, im Gegentheil habe Böhmen in aan Conflicte mit Norddeutschland Kriegs- drangsale erleiden und die Kriegskosten tragen müssen. Jedrzejowicz sprah sih dagegen aus, die Grenze nah Rumänien hin zu öffnen. Die Verträge seien zwär kein Jdeal, aber sie seien cin Schritt zum bessern, eine Consequenz der politishen Bündnisse und entsprächen den Traditionen Oestecreihs. Zallinger wandte A haupt- sächlich gegen den italicnishen Vertrag wegen des Weinzolls und sprach die Ueberzeugung aus, daß neue Verhandlungen ünstigere Bedingungen ergeben würden. Hierauf wurde der Schlu der Debatte angenommen; zum Generalredner gegen die Verträge rourde Kaizl, zum Generalredner für die Ber- träge Ruß gewählt, ;

Die serbischen Delegirten für die Handelsver- tragsverbandlungen stellten sih gestern dem Handels- Minister Marquis de Bacquehem vor, wobei die freund- lichsten Erklärungen von beiden Seiten ausgetauscht wurden.

Grofßbritaunien und JFrland.

Die ju den Beisezungsfeierlihkeiten in Windsor nah Es cntsendete Deputation des Husaren-Regiments Fürst Blücher von Wahlstatt (Pommersches) Nr. 5, à la suite dessen der verstorbene Prinz Albert Victor, Herzog von Clarence gestanden hat, ist gestern in Dover angekommen und von dem Genèral Duplat Taylor im Austrage der Fonigin empfangen worden. Jm Buckingham-Palast zu London sind der Herzog Albrecht von Württemberg, der Ober-Hofmeister ‘der Kaiserin Friedrih, Graf von Seckendorf, und der Oberst-Hof-Marschall des Großherzogs von Hessen, General Westerweller von Anthoni, eingetroitas, nachdem sie auf dem Bahnhofe von dem Herzog von Edinburg empfangen worden 1waren.

Jn der gestrigen Jahresversammlung der afrikanischen Section der Handelskammer zu Liverpool wurde ein Schreiben des Marquis von Salisbury verlesen, in welchem dieser in Beantwortung der von der Section ange- nommenen Resolutionen wegen Abtretung der Jnsel Ma- facong an Frankreich und des franzöosishen Protectorats über; Samado, sowie der Ausdehnung des französischen Ein- flusses an der Kru-Küste zwischen Liberia und Groß-Lahou darauf hinweist, daß die Regierung dabei einfa früher er- worbene Rechte und die Hinterlands-Doctrin respectirt habe.

Frankreich.

In der gestrigen Sizung der Deputirtenkammer richtete,

wie „W. T. B.“ berichtet, der Deputirte Dreyfus eine Jnterpellation an die Regierung über die Unruhen in Marokïo und fragte, welche Jnstructionen der dortige Ver- treter Frankreichs erhalten habe. Der Minister des . Aus- wärtigen Nibot erwiderte, mehrere Mächte hätten nach dem Hafen von Tanger Kriegsschiffe gesandt. Der französische Vertreter habe Befehl erhalten, die französishen Schiffsmannschaften landen zu lassen, wenn die in Tanger befindlichen Europäer in Gefahr gerathen oder wenn die Kriegsschiffe der anderen Mächte Truppen ans Land sezen sollten. (Beifall.) Er hoffe jedoch, daß die Ordnung in Tanger alsbald wiedérberactelli sein werde und daß. die dorthin entsandten Kriegsschiffe die Gewässer von Tanger verlassen könnten. (Beifall) Damit war der Zwischenfall erledigt. ___ Nach dem von dem Minister der Justiz in der Deputirten- kammer eingebrachten Gesezentwurf über die Vereine (stehe die gestrige Nummer des „R.- u. St.-A.“) sind, wie die „Fr. C.“ mittheilt, alle Verbindungen, die niht gegen die Sittlichkeit, die Gesetze oder die öffentliche Ordnung verstoßen, erlaubt. Die Gründer eines Vereins haben cine Erklärung und ein Exemplar ihrer Statuten bei der Staatsanwaltschaft abzu- geben, welche den Empfang bestätigt. Die Auflösung von Ver- einen kann nur durch ein gerichtlihes Urtheil angeordnet werden; allein se darf auch im Decretwege erfolgen : 1) wenn der Verein neben französischen Mitgliedern auch fremde besißt, welche die Mehrheit bilden; 2) wenn sih unter den Vertretern oder Leitern des Vereins einer oder mehrere L befinden; 3) wenn die Gesellschaft, die ihren Siß in «Frankreih hat, mit ausländischen Vereinen verbündet ist. Uebertretungen des D A R werden mit Gefängniß von sechs Monaten bis zu zwei Jahren bestraft. Die Vereine I in dem Maße Güter - befißen, als deren Zweck es zuläßt. Schenkungen dürfen " nicht den Vereinen als solchen, sondern nur einem ihrer Mitglieder O werden. Die Eigenschaft einer Civilperson. kann den Vereinen nur durch ein Geseh verliehen werden. Jedes Mit- glied kann jederzeit aus dem Verein scheiden und dic gemachten Einzahlungen zurücfordern. Die Verwaltung wird übrigens ermächtigt, ein Aufsichtsreht zu üben und den Siy der Ver- cine zu betreten. :

Die Zollverwaltung macht bekannt, daß die Zoll- bureaus am 31. Januar troß -des Sonntags den ganzen Ta hindurch Zolldeclarationen noch nah dem gegenwärtigen Tarif annehmen.

Rußland und Polen. ;

Der Großsürst Alexis ist zur Theilnahme an der a A für den Herzog von Clarence nach England ab- ereist. ) Wie man dem „W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, bereite die Regierung ein Geseh zur Regelung des russi- schen Getreidehandels vor. Die russishen und“ aus- ländishen Preise und Frachtsäße für Steinkohlen, Holz, Naptha-Rückstände, Eisen und Gußeisen werden vom Fe- bruar d. J. ab durch das Eisenbahn-Departement des Finanz- Ministeriums veröffentliht werden. Jm Zusammenhange damit sollen auch Daten über die Bedürfnisse der wichtigsten Verbrauchspläße Rußlands in Bezug auf die genannten Artikel publicirt werden. :

Die Mittheilung der „St. Pet. Ztg.“, daß die lutherisch- E Facultät in Dorpat verbleibe, wird dem „W. T. B.“ bestätigt: Die Verlegung dieser Facultät nach

einer anderen Stadt oder 2A N in eine Akademie a

sei, wie von unterrichteter Seite verlaute, thatsählih beantragt eve und auch wiederholt eingehend im Minijter-Comité erathen worden; die Mehrzahl der Mitglieder des Minister- Comités habé sih jedoh gegen den Antrag ausgesprochen, und das Project sei nunmehr als aufgegeben anzusehen. 4

ie erste Sißung des Reichsraths im neuen Jahre ist auf den 25, Januar angeseßt.

- Jtalien.

Jn der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer verlas der Präsident ein Schreiben des großbritannischen Botschafters, welcher darin im Namen der Königin Victoria der italienishen Kammer den Dank ausspricht für. die Kundgebung der Sympathie für England und das englische Königshaus anläßlich des Todes des Herzogs von Clarence.

Jm weiteren Verlauf der Sißung kündigte der Präsident | an, daß der Deputirte Barzilai eine JFnterpellation / betreffs der italienishen Politik im Orient und betreffs |

des Verhaltens der Großmächte gegenüber der Lage in Bu l- arien eingebracht habe. Bei Fortse ung der Debatte über die andelsverträge erklärte der Berichterstatter El lena,

die Commission erfülle ihre Pflicht, ohne sich die Mängel

und Lücken der Verträge zu verhehlen. Gegenüber dem De- putirten Pantano bemerkte er : der Tarif von 1887 sei derzeit der am wenigsten illiberale Tarif der großen Continental-Staaten.

Der Redner verlangte, die Regierung möge erklären, daß sie den

von dec französischen Regierung den BYüchtern pon Seidenraupen

ewährten Prämien italienische Beovuan entgegenstellen werde, | Production. bedrohen sollten. | Die beiden großen Zweige der Ausfuhr, Seidenwaaren. |

Falls erstere die italienische

Und Wein, könnien nicht ungestraft ange riffen werden. Der - Vertrag mit Oesterreih-Ungarn könnte f

ér sein; er verdiene jedoch nicht den herben Tadel einzelner Redner. Wenn der Austaush von Handelsproducten mit Oesterreih-Ungarn nicht so gut vor sich gehe wie derjenige mit Deutschland, so liege dies auh in den natürlichen Verhältnissen. Der Redner gab u, daß von Jtalien Deutschland große Opfer gebraht worden ien, die italienishe Ausfuhr nach eutschland sei aber auch eine bedeutende. Ellena forderte shließlih die Kammer auf, die Verträge zu genehmigen, ohne die Annahme aufkommen zu lassen, daß die Wünsche Ztaliens vollständig er- füllt seien, oder daß eine sofortige, erhebliche Besserung der wirthschaftlihen Lage zu erwarten sei. Der Handels-Minister Chimirri trat ebenfalls für die Verträge ein und führte, dem „W. T. B.“ zufolge, in seiner Rede unter lebhaftem Beifall des Hauses aus, die Verträge begründeten für die italienishe Volkswirthschaft nüglihe Erfolge und Vortheile. Der Handelsvertrag mit Oesterreih bringe eine wesentliche Verbesserung des Leinenzolles. Die Weinzollclausel habe schon in dem bisherigen Vertrage bestanden. Hierauf wurde die Generaldebatte geschlossen. /

Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ haben Jtalien und Spanien den gegenwärtig zwischen diesen Mächten bestehenden Handelsvertra g bis zum 30. Juni verlängert; die Bestimmungen über Verzollung des Alko- hols sind von der Verlängerung ausgeschlossen. :

Der Papst empfing gestern den PrinzenCarl Michael von Mecklenburg-Streliß in besonderer Audienz.

Die Sizungen der internationalen Sanitäts- conferenz in Venedig sind auf mehrere Tage unterbrochen worden, da die englishen Delegirten nothwendig gewordene ausführlihe Jnstructionen der englischen Regierung auf dem Postwege einholen mußten ; ¿us das Ableben des Herzogs von Clarence hat die Arbeiten der Conferenz verzögert.

Portugal.

Das neue Ministerium hat gestern den Cortes sein Programm dargelegt. Laut einer Drahtmeldung des Wolff- schen Bureaus aus Lissabon betonte der Minister-Präsident, daß zur Reorganisation der Finanzen sich Alle Opfer auferlegen müßten, und “erklärte ferner, die Regie- rung werde genöthigt sein, an die Gläubiger des Staates zu appelliren. Nach den bisherigen, noch der Bestätigung bedürfenden Telegrammen des „W. T. B.“ ist das neue Cabinet, wie folgt, zusammengeseßt: Dias Ferreira Präsidium und Jnneres; Oliveira Martins, Finanzen: Bischof Ayres Gouveia, Justiz; Vicomte Chancelleiros, öffentliche Arbeiten ; Costa Lobo, Auswärtiges ; Genera! Pinheiro-Turtado, Krieg; Admiral Ferreia, Marine.

Schweiz.

Jn Bern ist gestern die außerordentlihe Session der Bundesversammlung, welche hauptsächlih zur Berathung der E S einberufen wurde, eroffnet worden. Der Nationalrath -hat in der ersten Sizung die für Zwecke der Kriegsbereitshaft geforderten Credite im Betrage von 71/4 Millionen Francs cinstimmig bewilligt.

Türkei.

Bei der Pforte eingegangene Depeschen der Militär- und Civilbehörden in Yemen (Süd-Arabien) berichten, daß dort völlige Ruhe herrshe. Die Gerüchte von einer neuen Erhebung in Arabien werden dem „W. T. B.“ zufolge auch von Vertretern der auswärtigen Mächte in Konstantinopel für

unbegründet erklärt.

Bulgarien.

Sofia, 18. Januar. Anläßlich des Festes der Wasserweihe fand, wie „W. T. B.“ berichtet, heute vor dem Palais des Prinzen Ferdinand ein Tedeum statt, dem der Prinz Ferdinand, die Minister sowie die Spißen der Civil: und Militärbehörden beiwohnten. Nach dem Ceremontiell hielt der Prinz eine Truppenrevue ab.

Der „Pol. Corresp.“ zufolge hätten Stambuloff und Grekoff den Vertretern der Mächte in Sofia erklärt, daß der von Griechenland angefohtene Schulgeseß- Artikel niht zur Anwendung kommen und durh eine neue Vorlage an die Sobranzje abgeändert werden würde.

Schweden und Norwegen.

(F) Stockholm, 16. Januar. Der Kronprinz ist zum General-Lieutenant in der Armee, und der Erbfürst Herzog von Westgothland, Oscar Carl Wilhelm, ist zum Ober- Adjutanten und Major im Generalstabe sowie zum Major in der E zu Pferde und im Westgöta-Regiment ernannt worden. ;

Beide Kammern des Reichstages traten heute unter Vorsig ihrer Alters-Präsidenten zusammen. Jn der Ansprache, die der Álters-Präsident der ersten Kammer, Hofmarschall

-Reutersvärd, an Me richtete, hob er hervor, daß dieser

Reichstag nah allen Anzeichen ein arbeitsvoller und be- deutungsvoller zu werden verspreche :

: „Viele und wichtige Fragen stehen auf der Tagesordnung, was ih aber vor allem - hoffe, das ist, daß auf cinem Blatte unserer Reichstagsgeschichte geschrieben wird, der Reichstag des Jahres 1892 war sih darüber einig, unsere Vertheidigungskräfte auf der traditionellen Grundlage zu entwieln, zu ordnen und so zu verbessern, daß wir mit Ruhe und Sicherheit der R entgegensehen können. Meine Herren ! Bei Ihrem erleuchteten Urtheil und Ihrer Vaterlandsliebe brauche ih die Wichtigkeit nicht anzudeuten, daß wir uns bei Zeiten mit dieser Frage beschäftigen müssen, denn mit jedem ablaufenden Jahre, ja mit jedem Tage kommen wir der Stunde näher, wo die Kricgsfackel angezündet werden und ihre Verheerungen über unseren ganzen Welttheil verbreiten wird. Möchten wir dann niht so ver- theidigungslos wie jeßt dastehen, und möge der Vorwurf niemals gegen die geehrte Kammer gerichtet werden, daß sie ihre Pflicht versäumt habe. Möge deshalb jeder Reichstags-Abgeordnete und jeder wahre Patriot die Wichtigkeit und die Nothwendigkeit einer lülihen Lösung dieser Fra e einsehen und nicht denjenigen ihr Ohr cihen, - die weder ihren Inhalt noch ihre Bedeutung für ein Volk begreifen wollen - odcr können, das seit uralter Zeit in einem freien und unabhängigen Lande zu leben gewohnt gewesen ist. Bei Beginn des Jahreswechsels i es wohl zu unserer Kenntniß gelangt, daß viele Monarchen Europas die Ansicht ausgesprochen haben, im Laufe des O 1892 habe man keine Friedens\törung zu befürhten, aber weiter haben [e die Friedenshoffnungen nicht erstreckt. Möchten wir deshalb nicht die Zeit versäumen, so lange es noh heute heißt, damit es nicht heißen möge: zu spät. Wir müssen uns auch erinnern, daß eine Armeeorganisation idt mit dem Augenblick fertig ist, wo sie von dem Oa beschlossen wird. Dazu gehört Zeit, ange Zeit, und Geld, viel Geld, das auf mehrere Jahre vertheilt die Bee theidigungslasten weniger {wer machen kann und muß. Viele große und wichtige Fragen, welche sih auf die inneren ngelegen- heiten beziehen, werden auch Gegenstand unserer Berathungen in ih betone aber vor allem die Lösung der Vertheidigungsfrage. Kann

diese Frage auf befriedigende Weife gelöst werden, fo hat jeder, der dazu beigetragen hat, fich um den Dank des Vaterlandes wohlver- dient gemacht.“ L J i:

Der Alters-Präsident der zweiten Kammer, Freiherr Fock, erinnerte in seiner Anrede daran, daß jezt gerade 25 Jahre seit Einführung der gegenwärtigen Repräsentations- form vergangen seien. Er sprach die Hoffnung aus, daß die gemeinsame Liebe zum Vaterlande und das Streben Aller nah einer glücklihen Zukunft hoch über allen Meinungsver- schiedenheiten stehen möge. Von beiden Kammern wurden alsdann Deputationen an den König entsandt, welhe um die Ernennung der Präsidenten und E L ersuchen sollten. (Die Namen der Ernannten find bereits gestern gemeldet worden.)

Die zwishen Shweden-Norwegen und Frankrei ch abgeschlossene Konvention lautet :

Art. 1. Der in Paris am 30. Dezember 1881 zwischen Frank- reih und den vereinigten Reihen Schweden und Norwegen abge- \{lossene Handelstractat wird mit Ausnahme der Art. 2, 3, 4, 8, 9, 18, 19, 20, Art. 12, drittes und viertes Stück sowie die Schluß- erklärung fernerweit verlängert. Art. 2. Der in aris am 30. Dezember 1881 abgeschlossene Schiffahrtstractat zwishen Frankreih wvnd den vereinigten Reichen Schweden und Norwegen wird mit Ausnahme der Art. 13 und 14 fernerweit verlängert. Art. 3. Diese Convention foll am 1. Februar 1892 in Kraft treten und bis zum Ablauf einer Frist von zwölf Monaten geltend bleiben, nahdem eine der contrahirenden Parteien ihre Absicht mitgetheilt hat, dieselbe in Kraft treten zu lassen. Art. 4. Die Convention soll spätestens am 30. Januar 1892 unter Vorbehalt der Genehmigung der National-Versammlungen in Schweden und Norwegen ratificirt und die Ratificationen alsdann aus- gewechselt werden.

Amerika.

Aus Ecuador erhält der „H. C.“ die Mittheilung, daß durch die am 14. Januar beendeten Neuwahlen an Stelle des bisherigen Präsidenten A. Flores, dessen Amts- periode am 30. Juni d. J. abläuft, mit großer Majorität zum künftigen Staatsoberhaupt Dr. Luis Cordero ernannt worden sei. Die Wahlhandlung habe sich mit absoluter Ruhe vollzogen.

Afrika.

Bei dem Khedive Abbas hat gestern im Abdin-Palast zu Kairo feierliher Empfang stattgefunden, der äußerst zahl- reich besuht war. Jm Namen des diplomatischen Corps hielt der spanische General-Konsul Ortega Morejon cine Be- grüßungs-Ansprache. Der Khedive gedachte nah dem „W. T. B.“ in der Erwiderung in bewegten Worten feines Vaters und sprah sodann dem diplomatischen Corps für dessen wohl- wollende Erklärung seinen Dank aus, indem er hinzufügte: er werde, dem Beispiele seines Vaters folgend, alles für das Glück und Wohlergehen des Landes thun und hoffe, hierbei pl die Unterstüßung der Vertreter der Mächte rehnen zu dürfen.

Der offizielle Ferman, durch welchen der Sultan den Prinzen Abbas Pascha zum Khedive von Egypten exr- nannte, hat nah der Uebersezung des „Hamb. Corr.“ folgenden Wortlaut :

„Gott erhalte Seine Majestät den Sultan, unseren erhabenen Herrn, auf dem Throne seiner glorreichen Vorfahren! Durch zwei Telegramme, das eine gesendet von Seiner Excellenz dem Präsidenten des N Ministerraths, das andere gesendet von Seiner Cxcellenz Ghazi Mukhtar Pascha, ift festgestellt worden, daß Seine Hoheit Tewfik Pascha, ter an Pneumonie gelitten, nah einer Krankheit von etlichen Tagen um 2 Uhr, nach türkischer Zeit, in der Nacht vom leßten Donnerstag auf Freitag gestorben ist. Seine Seele ruhe bei Gott! Der tiefbeklagte Khedive hat vom Tage seiner Ernennung für das egyptishe Khediviat fi stets durch die unbegrenzte Anhänglichkeit und Ergebenheit für den Kaiserlihen Thron des Khalifats ausgezeihnet und hat troß der großen Schwierigkeiten feiner Lage das Land gut verwalret. Sein Verlust wird daher von Seiner Majestät dem Sultan tief empfunden und verursacht aUge- mein großen Kummer. Seine Majestät der Sultan hat in seiner unbegrenzten Güte geruht, für das dur den Tod vacant gewordene Khediviat in Gemäßheit des von dem Khalifat als der souveränen Macht verliehenen Fermans Seine Hoheit Abbas Pascha, den ältesten Sohn des verst Investitionsferman wird gegenwärtig vorbereitet und wird binnen kurzem dem egyptischen Hofe übermittelt werden, wo erx mit der üblichen Feierlichkeit zur Verlesung gelangen wird.“

Parlamentarische Nachrichten.

Jn der heutigen (151.) Sitzung des Reichstags, welcher die Staatssecretäre erar von Malgyahn und Freiherr von Marschall, sowie der Königlih preußishe Staats- Minister von Heyden beiwohnten, stand auf derzTagesord- nung die erste Berathung des Entwurfs eines Geseßes, be- treffend die Anwendung der Ren Zoll- säße auf das am 1. Februar 1892 in O vorbandene unverzollte ausländishe Getreide.

Staatssecretär Freiherr von Malygahn nahm zunächst das Wort zur Begründung der Vorlage. Die vertragsmäßigen Zollsäße fänden bezüglih aller in den Handelsverträgen be- rührten Artikel vom 1. Februar ab auch für die von meist- begünstigten Staaten eingehenden Artikel Anwendung. Die am entscheidenden Tage noch unverzollt, aber zum Eingange fertig in deutschen Zolllägern lagernden Waaren Tönnten also nur dann die vertra mäßigen Zollsäßte genießen, wenn ihr Ursprung aus meist- begünstigten Ländern nachgewiesen werde. Ein solher Nach- weis führe aber zu Verzögerungen der Einfuhr. Um angesihts der hohen Getreidepreise eine solche Verzögerung beim Getreide zu vermeiden, empfchle es sich, alles. am 1. Februar in Zolllägern befindliche Getreide ohne Nachweis des-Ursprungs zu den vertragsmäßigen Zollsäßen hereinzulassen. Die glei

e cgünstigung solle das in deut)chen Zollausschlüssen befindliche.

Getreide erfahren. :

Abg. Riert führte aus, daß die Vorlage seine Er- wartungen nicht erfüllt habe; es sei ungereht, wenn niht auch andere Consequenzen aus den Handelsverträgen gezogen würden. Dieselben Begünsti ungen müßten auch die Vorräthe erhalten, die im Besiße solher Geschästsleute seien, denen man keine Transitläger gestattet habe, wie es in den westlichen Landestheilen der Fall sei; die Vorräthe, - welche unterwegs nach. Deutschland vorläusig in Holland aufgestapelt eh und ferner die in Mühlen lagernden Getreidevorräthe, ür die der Zoll noch nicht gezahlt sei. Ebenso wie das Ge- treide müsse auch das Holz behandelt werden. Um die Vorlage in diesen Punkten abändern zu können, beantrage er die Ueberweisung an eine Commission von 21 Mitgliedern.

Staatssecretär Freiherr von Malzahn erklärte, auf die vom Vorredner berührten Einzelheiten in der Commission oder in der zweiten Berathung eingehen zu wollen. Nur fei es

orbenen Khedive, zu ernennen. Der Kaiserliche.

niht rihtig, daß im Westen feine Transitläger bewilligt würden; erst kürzlih sei Duisburg ein solches bewilligt worden, und dieselbe Bewilligung würde au anderen Städten auf ihren Antrag zu Theil werden. Die Mühlen- läger könnten nicht ebenso behandeli werden, wie die Transit- läger, infolge des Regulativs über die Fogenonnien, A conten. Der Staatssecretär seßte eingehend auseinander, aus welchen Gründen infolge dieses Negulativs eine andere Be- handlung der Müh enläger feine ngerechtigkeit sei. Be- schließe der Reichstag die commissarish& Berathung, so . bitte er die Commission um möglichst shleunige Arbeii, damit die Interessenten rechtzeitig in Kenntniß über ihre Lage am 1. Februar geseßt werden könnten.

Abg. Dr. Buhl wünschte A SjaIs eine Begünstigung des auf dem Transport nah Deutschland shwimmenden Ge- treides sowie der Creditläger und {loß sich dem Antrage auf Commissionsberathung an. Die Commission werde den Wunsch nah \hleuniger Arbeit erfüllen.

Bei Schluß des Blattes nahm der Staatssecretär Frei- herr von Malzahn nohmals das Wort.

In der Sonnabend-Sigung des Reichstags hatte der Abg. Lieber bei der Berathung der Position für die Erforschung des römischen Grenzwalls erklärt, daß Theodor Mommsen sich die Forshungen des Obersten von Cohausen (die in dem Buche: „Der römische Grenz- wall“ niedergelegt sind) angeeignet habe, ohne dessen Namen zu nennen. Mit Bezug hierauf wird der „Nat.-Ztg.“ berich- tigend mitgetheilt :

In Mommsen's Nöm. Gesch. Bd. V, p. 140 Anm. 1 lesen wir: „Dies Maß gilt für die Castell-Linie von Rheinbrohl bis Lorch (Cohausfen, der röôm. Grenzwall S. 7 f.).“ Ebenda p. 142 Anm. 1 „Die übrigen Trupper. vertheilen sih auf den limes, dessen Castelle nach Cobaus en’s (rôm. Grenzwall S. 335) Schäßung durch- \chnittlih 8 km von einander entfernt sind 2c.“ Ebenda p. 143: „Cohausen a. a. O. S. 340 rehnet auf ein mittelgroßes Castell einschließlich der Reserve 720 Mann.“ -

Die Budget - Commission des Reichstags berieth heute den Etat der Eisenbahn-Verwaltung und ge- nehmigte die Einnahmen des Etats nah. den Ansäßen der Vorlage.

Dem Hause der Abgeordneten ist die Nahweisung über die Ergebnisse der im Jahre 1891 pachtlos ge- wordenen Domänen-Vorwerke zugegangen.

Haudel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Nuhr und in Oberschlesien. An der Nuhr sind am 18. d. M. gestellt 10031, niht rechtzeitig gestellt keine Wagen:

Verdingungen im Auslande.

/ Dänemark. 30. Januar, 12 Uhr. Generaldirectoratet for Stabsbanedriften, Kopenhagen, Helgolandsgade 12.

Lieferung von ca. 2000 t Stahlschienen und ca. 1020 t Ver- bindungstheilen.

Bedingungen und Zeichnungen an Ort und Stelle auf schriftliche MNeguisition des betreffenden Fabrikanten.

Verkehrs-Anstalten.

Vremen, 18. Januar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Dampfer, Berlin“ hat am 14. d. Cap Palmas passirt. Der Dampfer „Aller ist geftern Nachmittag von Southampton ab- gegangen. Der Dampfer „Frankfurt“ is gestern von Ant- werven abgegangen. Die Dampfer „München“ und „Köln“ sind gestern in Dover, und der Dampfer „Neckar“ ist heute in Genua angekommen. Der Dampfer „Preußen“ ‘hat von Genua heute die Fahrt fortgeseßt. Der Dampfer „Hohenstaufen" ist atn in Aden, und die Dampfer „Werra“ und „Saale“ sind heute in New - Y ork angekommen.

_ Hamburg, 1s. Januar. (W. T. B.) Hamburg-Ame- rifanische Padcetfahrt - Actiengesellshaft. Der Post« dampfer „Flandria“ is, von Hamburg kommend, gestern in St. Thomas eingetroffen. ;

London, 18. Januar. (W. T. B.) Der Castle - Dampfer „Norham Castle“ is am Sonnabend auf der Ausreise von Southampton abgegangen. Der Castle-Dampfer „Dunottar- Castle“ is am Sonnabend auf der Heimreise in London an- gekommen. Der Castle-Dampfer „Pembroke Castle“ hat gestern auf der Ausreise die Canarischen Juf eln passirt.

Theater und Musik.

_____ Sing-Akademie.

__ Der Componist Herr Alessandro ta aus Nom, der hier gestern zum ersten Mal mit seinen Werken hervortrat, brachte zwei Quintette und vier Lieder zu Gehör, in denen, bei aller Anerkennung der Driginalität der Erfindung, doch überall eine größere Beherrschung der (Besialtungsweise und der formellen Behandlung seiner Gedanken zu wün- schen blieb. Das erste noh nit herausgegebene Quintett für zwei Violinen, zwei Bratschen und Cello beginnt mit drei Andantesäßen, von denen ver zweite am meisten dem Gefühl der Ruhe eines Andantesates ent- spricht, während die beiden andern mit ihren Zusätßen „energico“ und „appassionato“, die als einc contradictio in adjecto erscheinen, einen zu unruhigen Eindruck machen. Das Finale ist ein Allegro, das sih am meisten durch s{chwungvolle Motive und geschickte Durchführung auszeichnet. Das zweite Quintett für Clavier, zwei Violinen, Bratsche und Cello (op. 1) wird eingeleitet mit einein „Grave“, das fehr edel gehalten und fast durchweg von den Geigern allein ausgeführt wird, da has Clavier erst im Allegrosaße mit einem frischen und rhythmisch fesseln- den Motiv eingreift. Diesem leidenschaftlich bewegten Saße (E-moll) folgt ein Andante (G-dur), das einen sanft beruhigenden Effect macht, während der leßte Allegrosaß den Totaleindruck des Werks abshwädt, da die vielen meist nebeneinander ge- stellten Motive eine innere Zusammiengehörigkeit nicht er- kennen lassen. Das Klavier s in dem ganzen Quintett keine sehr dankbare Rolle. Unter den Liedern, deren von dem Componisten felbst verfaßte Texte die zarten Gefühle der Liebe ausdrücken, die jedoch nach dem Vorbilde Wagner's wie dramatishe Recitative musikalisch behandelt sind, gefiel das dritte „An einem Spring- brunnen“ am meisten; es wurde wiederholt. Frau Lieban- Globig trug diefe Lieder mit klangvoller Stimme und warmer Empfindung _ vor. Auh die mitwirkenden rrèn des Kruse*’schen Streichquartetts, sowie die 1 (F. Wolff (Clavier) und Herr Briggs (Bratsche) leisteten sehr Lobenswerthes und hatten fih mit künjtlerisher Hingebung -an der Ausführung der Werke betheiligt. Das zweite Concert des Herrn Costa findet am 25. März mit dem Philharmonischen Orchester und dem Mohr'’schen Gesangverein statt.

__ Am Donnerstag gelangt im Königlichen Opernhause nach längerer Pause Verdi's „Othello“ mit den Damen Sucher und Nothauser, den Herren Sa, Bulß, Lieban, Stammer und Ernst zu erneuter Darstellung. Am Freitag geht „Mignon“ in Scene.

dem Werke sind dié Damen Rothaufer und Dietrich, die Herren Bet, Philipp, Schmidt und Lieban beschäftigt. ; |