Der Königlihe Gesandte am V S A Hofe, Geheime Legations-Rath Freiherr von Saurma-Jelt\ch “pr Stuttgart verlassen und sih anläßlih des bevorstehenden
Zesuchs Jhrer Majestäten“ des Königs und der Königin von Württemberg nah Berlin begeben.
Der Königliche Gesandte in Oldenburg Graf von der Bs ag einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreien.
Das Kreuzer-Geschwader, bestchend aus S. M. Schiffen „Leipzig/ (Flag chi), „Sophie“ und „Alexandrinc“, Geschwader- bef: Contre-Admiral Valois, 1st am 19. Januar in Sao Francisco (Brasilien) angekommen und beabsichtigt, am 25. Januar nach Capstadt in See zu gehen.
Sachsen.
Dresden, 21. Januar. Seine Majetät der König sowie Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prin- zessin Friedrih August von Sachsen werden sih am nächsten Dienstag, den 26. d. M. aus Anlaß des Geburts- tags Seiner Majestät des Kaisers nah Berlin begeben. Baden.
Karlsruhe, 22. Januar. Die Zweite Kammer hat laut Meldung des „W. T. B.“ die Wahl des klerikalen Ab- geordneten Kieser für ungültig crklärt.
Hessen.
Darmstadt, 21. Januar. Die Regierung hat an die Stände cine für die Forst: und Landwirthschaft bedeutsame Vorlage gelangen lassen. Mit Rücksiht auf den schweren Schaden, welcher der Forstwirthschaft durh ausgedechate Ent- nahme von Waldstreu zugefügt wird, soll nämlich die Ver- wendbarkeit der in Hessen bisher wenig benußten Torfstreu als Ersaß für Stroh für die landwirthschaftlihen Be- triebe während dreier Jahre geprüft werden. Es handelt sich namentlich darum festzustellen, ob und zu welchen Preissäßen der Bezug der Torfstreu räthlih ist und welche Streu fortan in Betracht zu zichen wäre, weiter zu ermitteln, für welche Vieharten Torfeinstreu sich eigne und in welcher Weise die Torfstreu vorzunehmen sein würde, endlich darum, die Wirkungen des unter Benußung von Torfstreu ge- wonnenen Düngers auf die verschiedenen Bodenarten zu untersuchen. Es sollen dazu 4000 6 fürs Jahr bewilligt wérden. i:
Sachsen-Coburg-Gotha.
__ Gotha, 22. Januar. Der gemeinschaftlihe Landta für die Herzogthümer Coburg und Cha "ift nah et „Goth. Ztg.“ auf den 1. Februar cr. einberufen worden.
Waldeck und Pyrmont.
Arolsen, 21. Januar. Seine Durchlaucht der Fürst und S die Fürstin und die Ruirzessin Elisbbeth werden sih aus Anlaß des Geburtstags Seiner Majestät des Kaisers nach Berlin begeben. 4
Oesterreich-Ungarn. Die feierliche Beisezung der Leiche des Erzherzogs
Carl Salvator fand, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern Nachmittag in Gegenwart des Kaisers, des Bona C pold und der Prinzessin Gisela von Bayern, sowie der i O und Erzherzoginnen stat. Vor der Hauptpforte der Kapuziner-Kirhe wurde der Sarg von dem Cardinal Gruscha an der Spiße der Geistlichkeit empfangen und in die Gruft hinabgetragen.
Der Erttlmt Bl a Ferdinand ist in Oedenburg an einer Erkältung leiht erkrankt und dürfte mehrere Tage das rag hüten. ; ie die „Presse“ meldet, wird die Conferenz des österreichischen und des ungarishenFinanz-Ministers heute fortgeseßt werden. Gestern hatte der Minister Wekerle A is E Aus e O eine längere Unter-
i orgen end dürfte der Minister juriehren. g f nister nah Budapest
as Abgeordnetenhaus berieth gestern über die Ne- solution zu den S VelEve ri rien, worin die beschleunigte Vorlegung eines Gesehentwurfs über die Aus- rottung der Lungenseuche beantragt wird. Der Abg. Lien- bacher stellte einen Zusagantrag wegen eines, die nöt igen Garantien bietenden Uebereinkommens mit Deutschland dahin, daß Beschränkungen und Verbote der Thier- einfuhr aus Oesterreich - Ungarn nach Deutschland oder umgekehrt niht willkürlih, sondern nur nah Maßgabe der Nothwendigkeit verfügt werden sollen. Der Abg. Brenner beantragte die Vorlegung eines Gesetzentwurfs über Ausrottung der Lungenseuche no ) im Laufe dieser Sesston. Der Vertreter der Regierung führte aus, daß Ver- handlungen mit Deutschland im Zuge seien, damit die deutsche Regierung die öôsterreichischerseits geplante Ausrottungs- Ee e gegen die Lungenseuhe mit den Bestimmungen des uen Viehseuchengeseges für gleihwerthig halte. Die : egierung werde einen einschlägigen Geseßentwurf so- ald wie möglih vorlegen. _ Darauf wurde die Resolution sammt den Zusazanträgen Lienbacher's und Brenner's ange- nommen. odann wurde die Resolution, in der die Regierung aufgefordert wird, mit den anderen vertrag- shließenden Staaten eine Vereinb arung zu treffen, damit
Us den trägen ei ing Streitigkeiten durh ein Schi n Lb L OO werden, 4 N Im weiteren Verlau der Sizung nahm das Haus die Resolution des Zollaus\husses an, in der die Regierung aufgefordert wird, alsbald mit der italienischen Negierung in directe Verhandlungen zu treten, damit der in e Des Schlußprotocol ls des Handelsvertrags festgestellte Vorbehalt revidirt und in einer den bezüglichen Interessen thunlichst ent- sprehenden Weise E und für die italienishen Weine bei der Einfuhr nah Oesterreih ein entsprehender fester Zollsaß vereinbart werde. Gleichzeitig wurde die Regierung aufgefordert, den österreichischen ein bei dem Con- cu rrenzkampfe zu unterstüßzen, insbesondere dur Fracht- begünstigungen bei der Ausfuhr und durch Prveung des Ver-
-
über die R N ciner Vank für Mere und Rhederei und ebenso die Resolution des Abg. Exner über den Anschluß Oesterreih-Ungarns an die internatio- nale Staatenunion zum E egen Schutße der C uligen, Marken und Muster angenommen. Die legthin unerledigt gelassene Resolution über die künftigen Ha n- delsvertragsverhandlungen mit Serbien und Rumänien wurde dem Zollausshuß überwiesen. Die Staatsanwaltschaft hat die Untersuchung, die gegen den Redacteur des „Wiener Tagblattes“ wegen der am 14. November v. J. dur cine Mittheilung des Leßteren hervorgerufenen Börsenpanik eingeleitet war, eingestellt. Nach den in Budapest eingelangten - amtlichen Daten werden die Wahlen zum Reichstag an folgenden Tagen vorgenommen werden: Am 28. d. M. werden- 345 Wahlen, am 29. d. 30 Wahlen, am 30. d. 12 und am 31. d. 2 Wahlen vorgenommen werden. Am 1. Februar werden 13, am 2. Fe- bruar 6, am 4. Februar 4 Abgeordnete und am 6. Februar 1 Abgeordneter gewählt werden.
Großbritannien und Frland.
Aus London wird amtlich gemeldet, Sir Morier werde auf dem Botschafterposten in S. Petersburg ver-
bleiben, da seine Gesundheit sih wieder gebessert habe. Die Königin habe infolgedessen Lord Livivh zum Botschafter in Rom ernannt.
E BVlättermeldungen zufolge
i. | würde sich die Ai sin von Wales demnächst mit dem Prinzen eorge zur völligen Wiederherstellung der Gesundheit des Leßteren nah dem Continent begeben. Das „British Medical Journal“ erklärt, daß cs günstige Nachrichten über das Befinden der -Königlihen Familie habe. Dem Prinzen George habe u Theilnahme an dem Leichenbegäng- nisse seines Bruders nicht geshadet. Die Familie des Prinzen von Wales werde nicht länger in Sandringham bleiben, doch seien die Neisedispositionen noch nicht festgestellt. Dr. Broadbent, der Hauptarzt des Herzogs von Clarence, hat sich nach Osborne A E N A über die Krankheit des verstorbenen Prinzen zu erstatten. Auch Dr. Laking i Osborne berufen Vorlin i E
Frankrei. __ Der Senat nahm, wie „W. T. B.“ berichtet, in feiner gestrigen Sißung die Regierungsvorlage wegen Bewilligung eines Credits für die Verlängerung der Bahnlinie Ain— A an. Der Conseil-Präsident de Freycinet äußerte in der Motivirung ‘der Vorlage, man befände sih in jenen Gegenden gegenüber einer Art von Agitation: die dortigen Nachbarn Frankreihs ständen unter gerissen Einflüssen und folgten einer ausgegebenen Parole, er glaube jedoch, über diese Verhältnisse sich niht näher auslassen zu sollen. Die jeßige Feststellung der Bahnarbeiten solle aber klar erkennen lassen, daß Frankreich fest entschlossen sei, seine Autorität bis zur algerishen Landesgrenze zur Geltung zu bringen. Jm übrigen werde der zunächst geforderte Credit wesentli h für Vorarbeiten Verwendung finden. Jm weiteren Verlaufe der Sigung beschäftigte sih der Senat mit dem von der Deputirtenkammer Mage anglen Budget und nahm noch mehrere Aenderungen daran vor. : Der Deputirte Hu bbar d, der vor einigen Wochen die Regie- rung wegen der Haltung des Klerus interpellirte, hatte gestern Vormittag mit dem Conseil-:Präsidenten de Fre ycinet und dem Justiz-Minister F allières Unterredungen über die vorgestern veröffentlichte Kundgebung der Erzbischöfe. Hubbard erklärte, er sehe in dieser cinen Beweis dafür, daß der Klerus die Waffen nicht abgelegt habe, und forderte die Minister auf, von der Kammer |für dea kürzlich eingebrachten Gesey- entwurf über die Affsociationen, der als Vorläufer der Auf- hebung des Concordats betrahtet werde, die Dringlichkeit zu verlangen. Die bêiden Minister beschränkten sih in ihren Erwidprungen auf die Exlärung, daß sie die Frage heute be Ministerrathe unterbreiten würden. /
Liner “vfficiösen Mittheilung zufolge dürfte der diplo- matishe Agent Frankreichs in Sofia Lanel ermächtigt werden, den Zwischenfall anläßlih der Affäre Chadourne zu schließen, da die Regierung die Er- flärungen der bulgarishen Note als eine hinreichende Satisfaction für Frankreih erachte. Indessen werde der Agent nicht autorisirt werden, eine Discussion über die Be- fugniß zu eröffnen, welche sich Bulgarien im allgemeinen vorbehalten will, nämlih auf eigene Hand eine Ausweisung vorzunehmen, jalls die betreffende incriminirte Person nit innerhalb einer bestimmten Frist das bulgarische Landesgebiet verlassen haben würde.
G Rußland nud Polen.
m den Transport, den Empfang, die Aufbewahrun und Vertheiluno des Getreides zu leiten, Via e gestern mitgetheili, durh das vom Kaiser nah den östlichen Gouvernements entsandte Moskauer Stadthaupt Alexecjew angekauft werden soll, sind, wie dem „W. T. B.“ weiter ge- meldet wird, 25 Garde-Offiziere nah Ufa, Orenburg und anderen Orten commandirt worden. :
Ftalien. Ueber das Befinden des Papstes brachte der „Ofer-
vatore Romano“ in Kas gestrigen Nummer ein Communiqué, welches besagt: der Papst habe sih in Folge der Neujahrs- empfange ein wenig ermüdet gefühlt: die Aerzte hätten Seiner Heiligkeit daher vorsichtshalber etwas Ruhe angerathen. Der Papst sei stets ohne Fieber geen und habe h andauernd mit den Geschäften befaßt, er habe sogar mehrere Personen empfangen, um die laufenden Angelegenheiten zu erledigen. Jn der italienischen Deputirten kammer gab gestern auch der Minister des Innern Nicotera auf eine Anfrage Campo- reale's beruhigende Auskunft. Nach dem Drahtbericht des „Wolff schen Bureaus“ crîtlärte der Minister, die Nach- richten über das Befinden des Papstes hätten seit einigen Tagen nit günstig elautet, augenblicklih sei indessen keine Gefahr vorhanden. as die in dieser Hinsicht in italienischen wie in ausländischen Blättern verbreiteten Nachrichten angehe o beruhten dieselben niht auf Wahrheit. Er habe des alb ie Telegraphenverwaltung angewiesen, derartige Nachrichten nicht zu befördern. Die Berichterstatier der Blätter könnten im Ministerium des Jnnern zuverlässige Nachrichten über die Gesundheit des Papstes erhalten. — Wie dem ge- nannten Bureau aus Rom weiter gemeldet wird, hat gestern Vormittag im Vaticau eine Versammlung der Cardinäle s nden. Jn vaticanischen Kreisen werde
__ faufs öôsterreichisher Weine auf ausländischen St Ä S obann wurde eine von dem Abg. S ta liß Reartrate Rehau
Eg E M: 9B; Mar odr evy 1 ex reenrew s „ern
i efu versichert, es habe fsih um die gewöhnliche Versammlung zur
delt. Wie es heiße, werde der Papst auch seine gewöhnli öffentlichen Audienzen wieder abhalten E u habe d E verlassen und gestern den Cardinal Monaco sowie den Msgr. Gracelli und den Msgr. Mocenni empfangen und die laufenden Berichte e aegE genommen,
._vN Der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer cer- klärte der Minister-Prösident Marchese di Rudini in Beant- wortung einer Fnterpellation des Deputirten Diligenti: die ferung jei einem Tarifkriege abgeneigt; sie werde die wirthschaftlichen Jnteressen des Landes wahren und nah erfolgtem Abschluß des Handelsvertrags mit der Schwe1z entsprechende Anträge stellen. Er (der Minister) habe keinerlei politische noch wirthschaftlihe Animosität gegen. Frankreich, er müsse Ja die Würde des Landes und dessen Stellung aufrechterhalten.
In der Universität zu Neapel sind am Donnerstag unter den Studenten Unruhen ausgebrochen," welche au gestern noch foridauerten. Die Studenten verhinderten, wie dem „W. T. B.“ gemeldet wird, die Vorlesungen und zogen vor die Wohnung des Professors Scaduto, um ihn aus- zupfeifen. Der Professor war indeß bereits nach Nom ab- gereist. Die Polizei zerstreute die Zusammenrottungen und nahm zwei Verhaftungen vor.
Spanien.
24 Aus Madrid von gestern wird der Tod des Generals Daban, General-Juspectors der Civilgarde, gemeldet.
Portugal.
__ Das amtliche „Diario do Governo“ vom 20. d. M. ver- öffentliht Decrete, welche die Erzielung von Erspar- nissen bezwecken. An den leßteren wird sih, wie man der „Frkf. Ztg.“ aus Lissabon meldet, auh der Hof be- theiligen. oobald der König davon gehört habe, daß die Regierung es für nöthig halte, alle Gehalie der Staats- beamten zu kürzen, habe er verlangt, daß die Ersparnißpolitik a auf ibn und das ganze Königliche Haus angewendet
Nah den Finanzvorlagen, welhe der Minister Martins am Montag oder Dienstag den E ortes midi wird, sollen, wie „W. T. B.“ aus Lissabon erfährt, auch die en Gläubiger von dem Arrangement in Bezug auf ie Zinseneinbußen nicht ausgeshlo}en sein.
F Schweiz.
Die der Bundesversammlung angehörenden Ver- treter der Cantone St. Gallen, Tad Glarus uad Appenzell (Außerrhoden) haben in einer gestern in Bern abge- haltenen Versammlung beschlossen, en französischen Minimaltarif entschieden abzulehnen, weil er für einen grozen Theil des s{chweizerishen Exports prohibitiv wirken
würde. Belgien.
; Der Deputirte Desmet hat in der gestrigen Sißung der Kammer seinen schon erwähnten Antrag wegen Erseßung der specifis en Zölle durh Werthzölle für die Artikel der Dextil- und Bekleidungsindustrie begründet; dic Debatte darüber, ob der Antrag in Erwägung gezogen werden soll, wurde jedo bis Dienstag nächster Woche vertagt.
Griechenland.
Die Commission der Deputirtenkammer, welche damit beauftragt wär, zu untersuchen, ob der frühere Minister- Präsident Trikupis in den Anklagezustand verseßt werden solle, hat sih nunmehr aufgelöst, da die während der Kammer- vacanz der Commission bewilligte Frist abgelaufen war, ohne daß sie ihren Bericht beendigt hätte.
Serbien. Belgrad, 22. Januar. Die Meldung, daß der Köni die Regentschaft und die Regierung anläßlich des griechischen Neujahrstages an den Prinzen Ferdinand und die bulgarische Regierung C lückwunsh-Telegramme gesandt hätten (siehe Nr. 17 des „N- u. St.-A.“ vom 20. 0. M. unter den nah Schluß der Redaction-eingetroffenen Depeschen), wird jeßt, wie „W. T. B.“ meldet, von unter- ridteter Seite als völli unglaubwürdig bezeichnet.
Wie n Cg t hat, wie Wiener Blättern gemeldet wird, den Skupschtina - O wegen provisorischer Budgetbewilligung in den Monaten Januar und Februar bis zu einem Sechstel der für 1891 genehmigten E ausgabe sanctionirt. — Jn der Skupschtina wurde die E E n. der Liberalen über die
usweljung der Mutter des Königs Alexander Verlesung gebracht. ! 4 M
Schweden und Norwegen. (F) &todckholm, 21. Januar. Jn dem Staatshaus- haltsetat-Entwurf, der dem Reichstage vorgelegt worden ist, sind die ordentlihen Einnahmen zu 19716 Kronen berechnet ; davon entfallen auf die Grundsteuer 3264 009 Kronen, Pachtgelder 2500 000 Kronen, Leuchtfeuer- und Vakenabgaben 1 200 000 Kronen, Telegraphenwesen 1 350 000 Kronen, Staatseisenbahnen 6 509 000 Kronen, Staatsforsten 2500 000 Kronen u. \. w. Die Einnahmen aus den Bewilli- gungen sind zu 72998 Kronen veranschlagt; davon entfallen auf die Zölle 41 000000 - Kronen, Post- verwaltung 7 800000 Kronen, besondere Vergünstigungen (Abgaben der ausländischen Handelsreisenden, Künstler 2c.) 393000 Kronen, Stempelsteuer 83500000 Kronen, Branntweinsteuer 13 700000 Kronen, Rübenzuckersteuer 1 800 000 Kronen, Besiß- undEinkommensteuer 4 860 000 Kronen. Hierzu tommen dieUeberschüsse der Stantsverwaltung aus dem Jahre 1892 und vorhergehenden Jahren mit5 818 000 Kronen und von dem Gewinn der Reichsbank im Jahre 1891 1 750 000 Kronen, so daß die gesammten Einnahmen auf 100 277 000 Kronen sih belaufen. Von den Ausgaben, die mit gleiher Summe ein- gestellt sind, entfallen auf die Civilliste und den Königlichen Hof 1 320 000 Kronen, Justiz-Departement 3 966 600 Kronen, Depar- tement des Aeußern 611 250 Kronen, Kriegs-Departement 25 819 200 Kronen, Marine - Departement 8 848 300 Kronen, Departement des Innern 7185 000 Kronen, Finanz-Departement 17 525 800 Kronen, Kultus-Departement 4 492 __ Kronen, Pensions - Verwaltun 5 200 000 Kronen (überall mit Einrechnung der außerordentlichen Ausgaben). Hierzu kommen noch die Kosten des Reichs- tags und der Staatsrevision mit 616 250 Kronen, Ver infung und Amortisation der Staatsschulden 12631 370 Kronen (wovon jedoch 2940 420 Kronèn Einnahmen des Reichs- Schuldencomptoirs abzuziehen sind), ferner zum Fonds des.
Erledigung geistlichec außerordentlicher Angelegenheiten gehan-
ti E Di s ets
Reichstagsgebäudes 250 000 Kronen, für die Zwecke der Unfall
…, für Wasserwirthschaft, sowie eine Untersuhung über die bei
versicherung der Arbeiter und zur Bildung von Krankenkassen 100 000 Kronen und zur Verstärkung des Verwaltungsfonds der Staatskasse 215 800 Kronen. :
Der ordentliche Etat des Kriegs-Departements zeigt gegen das laufende Jahr eine Erhöhung um 2976 400 Kronen. Für Norrland soll ein neues Trainbataillon gebildet und drei Batterien Artillerie, theilweise neu gebildet, dorthin verlegt werden. Die Festung Karlsborg soll ein besonderes Artillerie-Corps und die Seefestung Karls- krona ein besonderes gee s - Artillerie - Corps erhalten. Auf der Insel Gothland soll bei Tingstäde eine Festung angelegt werden, deren Kosten zu 21/2 Millionen Kronen ver- anschlagt sind; zu den vorbereitenden Arbeiten werden 100 000 Kronen gefordert. Die Kosten der Uebungen der Dienstpflich- tigen werden, wenn der Reichstag die Ausdehnung derselben auf neunzig Tage bewilligt, um 798 000 Kronen größer sein oder 2270 009 Kronen betragen.
Amerika.
Der Gesandte der Vereinigten Staaten in London Lincoln ist, wie dem „New-York Herald“ aus Washington berichtet wird, beauftragt worden, England zu einer inter- nationalen Conferenz über die Silberfrage einzu- laden, wenn er die Stimmung der englischen Regierung hierfür als günstig erachte. Auch mit den anderen europäischen Groß- mächten beabsichtigt die Unionsregierung, dem „W. T. B.“ zufolge, Besprehungen zu diesem Zweckck einzuleiten.
Die brasilianishen Kammern sind, laut telegra- phisher Meldung aus Rio de Janeiro, gestern bis zum Mai vertagt worden. Die Minorität des Senats habe dur Fernbleiben von der Sigung die Abstimmung über den Geseß- entwurf wegen der Staatsbank und der Emission von Papiergeld, der die Regierung ermächtigen sollte, die Ver- antwortung für das bisher emittirte Papiergeld zu über- nehmen, verhindert.
Afrika.
Die Ernennung des Gouverneurs von Oujda zum Nachfolger seines Vetters- Hadji Mohammed Ben Abdissadak, des 0) chas von Tanger, wird einem Telegramm des „N. B.“ zufolge, jeßt amtlih bestätigt. Der Leßtere hat Befehl erhalten, sih ungesäumt nah Fez an das Hoflager des Sultans zu begeben und ist am 20. d. Abends dahin abgereist.
Parlamentarische Nachrichten.
Jn der heutigen (155.) Sißung des Reichstags, welcher die Staatssecretäre S Ag von Malgyahn und Freiherr von Marschall, sowie der Königlich preußishe Staats- Minister Freiherr von Berlepsch beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die Fortsezung der ersten Berathung und eventuell die zweite Berathung des Handels- und Zoll- vertrages zwischen dem Reiche und der Schweiz nebst Schlußprotokoll. ;
Abg. Winterer erklärte sh gegen den Vertrag, weil er durch Ermäßigung der Feingarnzölle die elsässishe Feingarn- spinnerei schädige. Dieser seit 1871 sehr zurückgegangenen Industrie habe die i A von 1879 wenigstens so viel Schuß“ gewährt, daß sie lebensfähig geblieben sei. Dazu sei gegenüber der ershwerten deutschen Ausfuhr nach der Schweiz die Einfuhr von dort durch den Vertrag erleichtert. Die elsässishe Baumwollindustrie werde durch den Vertrag dem schweizerishen und auch dem englishen Wettbewerb aus- geliefert. Die dadurch bedingte Verminderung des Absaß- gebietes werde die Auswanderung steigern.
Unterstaatssecretär von Schraut hielt die Befürchtungen für die elsässishe Feingarnspinnerei, deren Vertreter übrigens bei den Unterhandlungen über den Vertrag gehört seien, nicht für gerechtfertigt. Die Jnteressen dieser Jndustrie hätten aber \hließlih zu gunsten der Gesammtheit hinter den entgegen- stehendèn Interessen der Weberindustrie des Niederrheins zurück- treten müssen. N
Abg. Graf Udo zu Stolberg führte aus, daß es sih jeßt niht um die Frage, ob Schußzoll oder Freihandel, handle ; die Zandelsverträge scien angesichts der jezigen wirth- schaftlihen Lage nothwendig. Die Darlegung des speciellen ella scgen Standpunkts könne für die Gesammtheit nicht maßgebend sein. Er stimme also für den Vertrag.
Abg. Schippel sprach bei Schluß des Blattes für den Vertrag.
__— Die Budgetcommission des Reichstags berieth gestern Abend den ihr überwiesenen Gesehentwurf über die Unterstüßung von Familien der zu Friedensübungen einberufenen Mannschaften. Diese sollen nah der Vorlage betragen für die Chefrau 20 bis 30 S täglih, für jede der sonst unter- stützungsberechtigten Personen 10 „. Auf Antrag des Abg. Dr. Buhl wurde die Unterstüßung einstimmig beschlossen für die Chefrau auf 30 9/0, für die anderen Perfonen auf 100% des ortsüblihen Tagelohns; im Ganzen sollen aber niht mehr als 60 9/9 gezahlt werden. Die Entscheidung über die beiden andern Para- graphen der Vorlage, welche über die Art der Zahlungen und die Aufbringung der erforderlichen Gelder bestimmen, wurde für die zweite Lesung des Entwurfs vorbehalten.
— Dem Herrenhause ist die Uebersicht der von der Staatsregierung gefaßten Entschließungen auf Anträge und Nesblütionèn des Herrenhauses aus der Session von 1890/91 zugegangen. Jn Bezug auf den Antrag des Grafen von Frankenberg wegen Bildung einer Behörde zur Wahrnehmung der Interessen der Wasser- wirthschaft wird darin bemerkt, daß Verhandlungen ein- geleitet seien, die eine anderweite Organisation der Behörden
den Flußregulirungen beobachtete Methode bezweckten. Die Verhandlungen hätten indessen noch nicht zum Ab\chluß; gebracht wérden können.
— Dem Hause der Abgeordneten ist der Bericht über die Ausführung des § 6 des Gesehes vom 9. Mai 1890, be- treffend den weiteren Erwerb von Privateisenbahnen für den Staat, zugegangen.
Nr. 3 der Agen des Kaiserlichen Ge- sundheitsamts vom 9. Januar hat folgenden Inhalt: Gesund- heits\tand. Mittheilungen über Volkskrankheiten, Influenza. —- Sterbefälle in deutschen Städten mit 40000- und mehr Ein- wohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. — Desgl. in deutschen
in Berlin und München, Dezembec. — -Sanitätsverwaltung in Bayern 1887 und 1888. — Sterblichkeit in Sachsen 1890. — Erkrankungen in Kopenhagen 1890. — Zeitweilige Masregein gegen Volkskrankheiten. (Niederlande, Türkei, Egypten, Ostindien.) — Thierseuchen in Oesterrei, 3. Vierteljahr. — Veterinär-polizeilihe R oe (Oldenburg, Schweden.) Gesetzgebung u. \. w. (Deutsches Reich.) Abgabe stark wirkender Arzneimittel 2. — (Deutsch- Ost-Afrika.) Verkauf von Opium 2c. — (Preußen.) Morphium und Salze desselben. — (Reg.-Bez. Breslau.) Krankenwärter. — (Sachsen-Meiningen.) Geisteskranke. — (Schwarzburg-Rudolstadt.) Apotheker-Ordnung. — (Oesterreih.) Desinfection. — Entbindungen in den Wohnungen der Hebeammen. — (Dänemark.) Vivisection. — Verhandlungen von geseßgebenden Körperschaften. (Deutsches Reich.) Etat des Gesundheitsamts 1892/93. — Influenza. — (Nie- derlande). Ansteckende Krankheiten. — Vermischtes. (Preußen. Reg.-Bez. Schleswig.) Schwindsuht. — Geschen*liste. — Beilage. Gerichtlihe Entscheidungen zum Nahrungsmittelgeseß. (Verdorbenes Fleis, insbesondere Eiterungen und Geshwüre, Hülsenwürmer, Leberegel, Knochenbrüchigkeit, Wassersucht.)
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Die reichsgeseßlihe Anerkennung der Prozeßfähigfkeit der Ghefrauen (8 51 Abs. 2 der Civilprozeßordnung: „Die Prozeß- fähigkeit einer Frau wird dadurch, daß fie Ehefrau ift, nicht be- E bewirkt, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 1V. Civil- enats, vom 28. September 1391, im Gebiete des Preußischen Allg. Landrechts nur bei vermögensrehtlihen Klagen gegen eine Ghefrau auf eine Leistung hinsichtlich ihres vorbehaltenen Vermögens, mit welhem ih der Gläubiger ein Pfand- oder Hypothekenrecht hatte bestellen laffen, daß die Ehefrau ohne Zuziehung ihres Che- manns verklagt werden kann. Bei vermögensrehtli®zen Klagen aber gegen eine Chefrau auf eine Leistung hinsichtlich ihres einge- rahten Vermögens ist die Zuziehung des Ehemanns erforderlich.
—— Die Bestimmung des § 223 der Strafprozeßordnung, daß von den zum Zwecke der Vernehmung weit entfernt wohnender Zeugen an ihrem Wohnorte anberaumten Terminen die Staats- anwaltshaft, der Angeklagte und der Vertheidiger vorher zu benah- richtigen sind, findet, nah einem Urtheile des Neichsgerichts, 111. Straf- senats, vom 22. Oktober 1891, ke:ne Anwendung, wenn Angeklagter und Vertheidiger auf die Benachrichtigung des Termins verzichten und die Staatsanwaltschaft die unterbliebene Benachrichtigung sich gefallen läßt.
— Jedes demZwangsvergleich vorangehende Abkommen des Gemeinschuldners oder anderer Personen mit einzelnen Gläubigern, durch welches diese bevorzugt werden follen, ist nah einem Urtheil bes Neich8gerichts, T. Civilsenats, vom 7. November 1891, auch dann nichtig, wenn das Abkommen die Bevorzugung des Gläubigers ebenso für den Fall der Concursordnung durch Ausschüttung der Masse, wie für den Fall des Zwangsvergleichs bestimmt und somit ein materielles Interesse dieses Gläubigers für das Zu- standekommen des Zwangévergleichs fehlt.
Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts.
- In einer Wegebausachhe aus dem Negtierungsbezirk Posen waren vor dem ViertenSenate des Königlichen Ober-Ver- waltungsgerihts Zweifel darüber angeregt, ob in dem genannten Gebiete die Districtscommissare für die selbständigen Gutsbezirke an sih die zuständigen Wegepolizeibehörden feien. Für die Polizei- verfassung der Provinz Posen — so wird in dem betr. Erkenntnisse vom 27. Oktober 1891 (1V 986) ausgeführt — ift auch heute noch die in von Kampy? Annalen. Band XX S. 943 abgedruckte Aller- höchste Cabinetêordre vom 10. Dezember 1836 die Grundlage. Nach derselben (pos. 5) find die Besißer der selbständigen Gutsbezirke innerhalb derselben zur Ausübung der Furctionen der Ortspelize i in vollem Umfange befugt; da jedo, wo dieselben von diefer Be- fugniß keinen Gebrauch machen wollen, foll die Verwaltung der Ortspolizei innerhalb des Gutsbezirks durch den Land- rath auf den Districtscommissar übertragen werden. Ist dieses — wie in dem vorliegenden Falle — geschehen, so ist der Districtscommissar au die zuständige Wege polizeibehörde ; denn daß die polizeiliche Thätigkeit betreffs ter Unterhaltung und des Schutes der n im allgemeinen ein Theil ortspolizeilicher Thätig- keit ist, liegt im Begriffe der Ortspolizei ; nirgends ift diese Thätigkeit der Polizei — der Wegepolizei —- grundsäßlich aus dem Bereiche der Ortspolizei ausgeschlossen, und für die Provinz Posen wird der so aus-
edehnte Umfang der ortspolizeilichen Thätigkeit noch ausdrücklich be-
stätigt durch die „vorläufige Anroeisung des Ober-Präsidenten hinsicht- lih der Unterhaltung der Wege, Dämme und Brücken “ vom 16. Oktober 1834, durch den § 24 der Instruction für die Distriets- commissare vom 21. Mai 1837 und den § 30 ‘der Dienstinstruction für die Schulzen vom 214. Oktober 1837.
— Steht ein Weg unzweifelhaft im Privateigenthum, \o spricht — § 181 Tit. 7 Th. 1, § 23 Tit. 8 Th. 1, § 14 Tit. 19 Th. 1 des Allg. Landrehts — die Vermuthung für die Unbeschränkt- heit und Freiheit des Cigenthums, und es liegt in diesem Falle — wie der Vierte Senat des Königlichen Ober-Verwaltungs- je richts in dem A E vom 27. Dktober 1891 (IV 986) auê- spricht -— der Wegepolizeibehörde, wenn sie bezüglich des Weges wege- polizeilihe Anordnungen auf Grund des § 56 des Zuständigkeits- s trifft, im Bestreitungsfalle der Beweis dafür ob, daß der Weg fir en allgemeinen Gebrauch bestimmt fei und demselben kraft Pri- vatrechts nicht entzogen werden könne. Lediglich darin, daß der Weg bisher ungestört benutt sei und die kürzeste Verbindung zwischen zwei Ortschaften bilde, kann ein folher Beweis nicht gefunden twerden. Wenn der Eigenthümer eines Privatweges nit verhindert, daß dieser auch von anderen Personcn benußt wird, so licgt darin allein no keine stillschweigende Widmung für den öffentlichen Verkehr, und dur die zeitwei)e Freigabe eines Privatweges verltert der Eigenthümer nicht ohne Weiteres die Befugniß, den öffentlihen Verkehr wieder auszuschließen.
— Auch wenn eine streitige Wegesache bereits vor Inkràft- treten des S Le des Zuständigkeitsgeseßzes dur ein Resolut der Königlichen Regierung bezw. dur dasselbe be- stätigenden Bescheid des zuständigen Ministers endgültig entschieden war, so steht den Betheiligten — nach dem Erkenntnisse des Vierten Senats des Königlichen Dber-Verwaltungs8-
erichts vom 6. November 1891 (1IV 1011) — doch die Klage im 3erwaltungsstreitverfahren auf Grund des Abfay 5 oder 6 des § 96 des Zuständigkeitsgeseßes zu und niht der nach dem früheren Recht allein zulässige Rechtsweg bei den ordentlichen Gerichten, da von einer Anhängigkeit der Sache im Sinne des § 154 Absay 3 des Landes- Verwaltun aiees nicht die Rede sein kann. . Denn auch nach dem frühe- ren Recht handelte es sih niht um ein einheitlihes Verfahren, fondern um ztvei selbständige Proceduren, welche von verschiedenen Behörden s den für jede maßgebenden Gef 4 durchzuführen waren. Wenn nun dur das Zuständigkeitsgeseß ohne Einschränkung bestimmt ist, daß Streitig- keiten der Betheiligten darüber, wem von ihnen die fen z-rechtlide Verpflichtung zur Anlegung und Unterhaltung eines öffentlidhhen Weges obliegt, im Verwaltungsstreitverfahren zu entscheiden seien, ?o_ist dem R Richter die Befugniß genommen, eine derartige Streitig- keit nach_Inkrafttreten des Zuständigkeitsgeseßes vor sein Forum zu ziehen. Ob einer derartigen Klage die Regulirung eines Interimisti- cums durh Resolut der Regierung vorangegangen odér nicht, ist ohne Bedeutung.
Land- und Forstwirthschaft.
St. Petersburg, 22. Januar. (W. T. B.) Nach den neuesten dem S inänz- Ministerin zugegangenen, bis Mitte Januar reichenden Berichten der Steuer-In}pectoren foll sih der Saaten- stand bedeutend gebessert haben und ungleich günstiger fein als im Iahre vorher.
Gesundheit3wesen, Thierkrankheiten und Absperrungs - Maßregeln.
Aus Sachsen, 21. Januar. Die Influenza greift, wie der ggf, 2tg. geschrieben wird, in Sachsen immer weiter um sich.
ie die heutigen Localblätter melden, sind jeßt auch das Schul!ehrer- Seminar zu Dresden-Friedrihstadt und das Fürstlih {önburgische Seminar zu Waldenburg vorläufig geschlossen worden. In Dresden- Friedrichstadt sind von 250 Schülern 160 an der Influenza erkrankt.
Wie der „Voss. Z.“ gemeldet wird, find aus die Schul - lehrer-Seminare zu Grimma und Oschatz bis auf weiteres geschlossen worden. In Grimma ift die Mehrzahl der Schüler erkrankt.
Belgrad, 19. Januar. Wegen herrschender Diphtheritis sind, wie der „Voss. Z.“ mitgetheilt wird, hier sämmtliche Schulen geschlossen.
Theater und Musik.
Königliches Schauspielhaus. Am gestrigen Gedenktage der Geburt G. E. Lessing's wurde das philanthropishe dramatishe Gedicht „Nathan der Weise“ in sebr würdiger Darstellung aufgeführt. Der Dichter war sich, wie die Charakterisirung seiner Arbeit als „Gedicht“ zeigt, wohlbewußt, daß die Wirksamkeit des Stückes bei einer Wiedergabe von der Schau- bühne herab weniger in der Entwickelung der Handlung liegen würde, als in dem sittlih-religiösen Geist, der in den Personen lebt und aus ihnen spriht; und doch hat sich der „Nathan“ auf allen Bühnen Deutschlands eingebürgert, weil sich stets der Hörer genug finden, die dem Wort Gocthe's entsprechen, daß das deutsche Publikum nicht nur berufen wird, anzuschauen, sondern auch um zu hören und zu vernehmen. Dem schauenden Auge geschieht heut mehr als je sein Recht, dur die sorgfältige Auswahl und die Harmonie der Decorationen und Kostüme, die den lihten Glanz, das heitere Farbenspiel des Orients ausftrahlen. Dem laus{henden Ohr, dem zur Erfassung des Gedanken- inhalts bereiten Geist und dem zum Nachempfinden geneigten Gemüth muß in erster Reihe der Darsteller des Nathan gerecht werden, denn durch seinen Mund werden die feinen und klugen Offenbarungen des Geistes und der Seele zumeist laut. Eine klare O ist das erste Erforderniß, das an thn gestellt werden muß, und obgleih Herr Krause, dem gestern die Rolle des Nathan zugetheilt war, dur sein etwas hartes und sprôdes Organ zur Wiedergabe des Nathan nit gerade prâdestinirt erscheint, so löste er doh seine Aufgabe über- rashend glücklich. Die kluge, verständige Nede, der auch zu Zeiten eine heitere Naivität nicht fremd 1, wurde in jeder Regung zart abgetönt. Die Erzählung von den drei Ringen ergriff dur die bescheidene Zurückhaltung, die natürlihe Schlichtheit der Rede; der weise und der gute Nathan leuchteten zuglei daraus hervor. Herr Arndt als Derwisch betonte mehx die philosophische als die humoristishe Ader dieses fröhlichen Dieners Gottes und raubtie dadur der Gestalt etwas von ihrer Wesenheit. Im übrigen war die Beseßung unverändert wie bei früheren Aufführungen, und man fonnte sich von neuem an der fraftvollen, frischen Darstellung des Tempelherrn durch Herrn Matkowsky, an der feinsinnigen, gutherzigen Schelmerei Sittah?s wie sie Fräulein Poppe in die (Erscheinung treten ließ, und an dem markigen Saladin des Herrn Ludwig erfreuen. Frau von Hochenburger als Recha sah lieb- lih aus und Frau Seebach fand für die Dajah zumeist den rechten Ausdruck. Thomas-Theater.
Eine neue Posse „Cacao“ von Fri Berend, Komiker am Stadttheater zu Bremen, kam gestern Abend zur ersten Aufführung und hatte zahlreiche Freunde des Thomas-Theaters angelockt. Es wurde viel gelaht und auch viel Beifall gespendet, allerdings mehr den Darstellern der Hauptrollen als dem Verfasser, der in seiner neuen Posse die alte Geschichte von den unter dem Druck energischer Gattinnen seuszenden Ehemännern behandelt und eine mehr drastish - fomishe als humoristische As dur das Auftreten eines Negers „Cacao“ aus H§uinea erzielt, welcher mit seiner weißen Frau, einer Wittwe, nah Berlin kommt und nun allerlei wüste Streiche ausführt. Er stellt jedem weiblichen Wesen nach, betrinkt si in den verschiedensten Gesellschaften, u. A. mit Bauernfängern, die ihm im Kartenspiel sein Geld und seine Uhr abnehmen, und findet im Panopticum eine seiner e schwarzen Frauen wieder. Herr Anton Grün feld gab mit bewährtem Geschik den Neger Cacao und wußte dur Maske wie Mienenspiel in täuschendster Weise fih den Anschein eines geborenen Schwarzen zu geben Einen geknehteten (hemann spielte Herr Emil Thomas, der, wie shwer es auch [elbst für einen fo geübten Darsteller sein mag, der so oft gegebenen Rolle neue Seiten abzugewinnen, doch wieder in erheiterndster Weise auf die Zu- börer zu wirken verstand. Unter den übrigen Darstellern is mit Anerkennung zu erwähnen Anna Hocke, die als Stieftohter des Negers mit liebenswürdigem Humor den vergeblichen Versuch, den Abscheu gegen ihren {warzen Vater zu überwinden und sich ihm zärtlih zu nähern, immer wieder erneuert; um den Erfolg: machten ih ferner noch Herr Kurz, Fräulein Wagen und Fräulein Gallus verdient.
Sing-Akademie.
Zu dem gestrigen Clavierabend des Herrn Eugen d'Albert batte si ein außerordentlich zahlreiches Publicum eingefunden. Bach's Präludium und Fuge für Orgel (D-dur), von d'Albert bearbeitet, und Beethoven's große C-dur-Sonate op. 953 eröffneten den Abend. Die große Kraft des Anschlags und die Klarheit in der Darstellung des Inhalts seßten die Schönheiten beider Werke ins glänzendste Licht. Eine selten gehörte, sehr geistvolle Phantasie (0p. 56) von Kiel, deren wundervolles Hauptthema der Spieler mit bezaubernder Zartheit vor- trug, folgte hierauf. Die darin enthaltenen sehr bedeutenden technischen Schwierigkeiten wurden noch übertroffen s Naff's Suite (op. 91). Daß d’Albert den dur contrapunttische Lebendigkeit fs auszeichnenden Fugensaß sowie den Schlußsaß dieser Suite mit einen imponirenden Octavengängen mit Leichtigkeit über- wand, bedarf kaum der Bestätigung. Mit unnachahm- liber Grazie des Ausdruck8 und mit der diesem Spieler bejonders eigenen Art, die Melodietöne g auszuspinnen, trug er noch zum Schluß des Abends Chopin’'s Nocturne, op. 9, dessen Scherzo, op. 20, und drei fehr brillante Clavierstücke von Liszt vor. Die wahrhaft Len Beifallsbezeugungen erinnert-n an die Zeit Franz Liszt's und dessen erstes Erscheinen in Berlin. Der unermüdlihe Künstler dankte hierauf A durch Vinzufügung eines Impromptus von Schubert und einer Barcarole von Rubinstein. Der zweite Clavierabend findet am 28. Januar in der Phil- harmonie statt.
_Am Montag geht im Königlichen Opernhause „Der fliegende Holländer“ mit den Damen Pierson, Beß und Lieban in Scene. In der von Herrn Kapellmeister Weingartner geleiteten Baue wird die ven Richard Wagner selbst vervollständigte und erneute Orchestration zu Gehör gelangen. Der Dienstag bringt das mythologische Tanzpoëm „Prometheus“ und die Oper „Das gokldene Kreuz“, in welcher die Damen Herzog und Weiß, die Herren hilipy, Schmidt und Stammer beschäftigt find. Am Mittwoch, 27. d. M., findet auf Allerhöchsten
Stadt- und Landbezirken. — Grundwasserstand und Bodenwärme
Befehl eine Festvorstellun g statt, zu welcher Eintrittskarten nicht verkauft werden.