1892 / 20 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 Jan 1892 18:00:01 GMT) scan diff

- diesen eigenen Beinen vorgehen, dann wird das Phantom der Polen- furt in diesen Provinzen verschwinden. (Sehr wahr!)

Glauben Sie mir, meine Herren, nichts kann uns Deutschen der Oft- provinzen verderblicher werden, als dieser ewige Hinweis und dieses ewige Bitten nah der Stüße der Regierung. Wir müssen auf die eigenen Füße fommen, und ih freue mich, daß dazu die Ansäte ‘gegeben find, und daß troß der außerordentli schwierigen Lage, in der die Deutschen in der Provinz Posen und überhaupt in den Ostprovinzen leben, do jeßt eine erheblihe Besserung gegen früher zu verspüren ist. Ein Kenner der dortigen Verhältnisse wird mir das nicht bestreiten.

Nun, meine Herren, gehe ih über auf die Bemängelungen des Schulgeseßzes. Meine Herren, diese rihten \ih eigentlich nach zwei Seiten. Es ist sehr \{hwer, so allgemein über die Sache zu sprechen, weil niemals von einem der Herren Redner ein specieller Paragraph genannt wird, an dem die Herren Anstoß nehmen, sondern immer bloß die allgemeine Richtung. (Zurufe: § 112!) § 112? Der behandelt das Veto des kirchlichen Commissars bei Ausstellung des L&hrerzeugnisses. Ja, meine Herren, es is mir wirkli peinlich, darauf einzugehen, denn Sie scheinen nit zu wissen, daß der geistliche Comnmissar jeßt das Veto gegen das Lehramtszeugniß überhaupt * hat (Heiterkeit), also der Entwurf restringirt. Jh muß überhaupt sagen, die Einwürfe, die hier gemacht werden, zeugen eben dafür, daß die Verwaltungsprarxis, die im Lande herrs{t, unter Ihnen, meine Herren, nicht bekannt is. (Widerspruh.) Ganz genau ? dann muß Ihnen doch auch ganz genau bekannt sein, daß die wesentlichen von Herrn Abg. Dr. Sattler angegriffenen Stellen des Geseßes wörtlih übernommen sind aus dem vorjährigen Geseße (Widerspru) ja, meine Herren, das wird ja nachher in der Specialdiscussion bewiesen werden.

Die ganze Reihe von den hauptsählich angegriffenen Stellen habe ih mir nit ausgedaht, sondern sie übernommen aus früheren Vorlagen und zwar merkwürdigerweise aus Vorlagen des Herrn Ministers Dr. Falk. (Hört!)

Hier steht zum Beispiel in § 6 Abs. 3:

Die Einführung neuer Lehrpläne und Schulbücher für den Religionsunterriht erfolgt im Einvernehmen mit den kirchlichen Oberbehörden beziehungsweise den zuständigen Organen der be- treffenden Religionsgesellschaft.

Nun sagt der Falk’she Entwurf:

Vor der Einführung fsolher Bücher für den Religions- unterricht ist dem Unterrrichts-Minister die Erklärung der für den Bezirk, in welchem die Einführung zuerst erfolgen soll, zuständigen kirhlidhen Organe beizubringen, daß gegen die Bücher nichts ein- zuwenden ift.

Und ein anderer Erlaß desselben Herrn Ministers aus dem Fahre 1873 i} noch viel merkwürdiger; er fordert sogar die Zu- stimmung der kirchlihen Behörden, wo ih nur das Einver- nehmen fordere. (Hört!)

Also, meine Herren, wo sind denn diese Vershhlechterungen ?

Das waren die beiden Punkte, die mir eben zugerufen wurden. Es wäre mir lieb, wenn Sie mir andere zuriefen, ih würde fie wahrscheinli ebenso aufklären können. (Heiterkeit.)

Nun, meine Herren, komme ih weiter auf die Frage des Privat- unterrichts, der ja in besonderem Maße Angriffe erfahren hat. Meine Herren, daß die Regelung des Privatunterrichtes verfassungsmäßig in Aussicht genommen ist, das kann kein Mensch leugnen, das steht mit flaren Worten in der Verfassungsurkunde. Es is also nur eine Frage der Zweckmäßigkeit, ob die Regelung jeßt geschehen foll oder später. Jch habe mi für das Jeßt entschieden, und zwar wesentlich aus Zweckmäßigkeitsgründen. Ich bin der Meinung, daß wir in einem der Autorität der Staatsregierung entsprehenden und die Inter- essen, welhe der Herr Abg. Sattler vertritt, wesentlih fördernden Maße viel leichter zu einer Verständigung über diese Bestimmungen bei dem Volks\chulgeseß kommen, wie bei der doch hoffentlich und von mir zweifellos angestrebten geseßlihen Regelung des höheren Schul- wesens.

Wenn ferner betont wird, die Confessionalität der Schule fei in meinem Entwurf übertrieben, so weiß ich wirklih niht, worin dies liegen soll. Der Entwurf organisirt anders nur den confessionellen Schulvorstand. Sonst ist er eigentli die Wiederholung dessen, was in dem vorigen drin steht, und was frühere Entwürfe gebracht haben. Und nun, meine Herren, die Einwürfe gegen die Confessionsshule überhaupt. Da giebt die Entwickelung der Dinge in Preußen alten und neuen Stils doch einen wunderbaren Einblick. Wir haben einen Landestheil, das ist die Provinz Nassau, dort besteht die Simultan- \chule geseßlich zu Reht. Troy dessen befinden ih in der ganzen Provinz nur 78 Sinmultanschulen, alle übrigen sind Con- fessions\hulen. Berlin hat 32 Simultanschulen, aber eine große Zahl Confessions\hulen. Die ganze Provinz Ostpreußen hat 14, Branden- burg keine, Pommern 4, Sachsen, Schleswig-Holstein, Hannover keine, Hohenzollern keine, die übrigen Provinzen nur eine verhälnißmäßig sehr unbedeutende Zahl von Simultanschulen. Kurz, der ganze Bestand an Simultanschulen im Lande i} 503. Und damit Sie nicht etwa denken, daß unter den beiden reactionären Cultus-Ministern der leßten Periode, Herrn von Goßler und mir, eine Verschlehterung des Zustandes eingetreten ist, die irgendwie ins Gewicht fällt, so gestatte ih mir zu bemerken, daß im Jahre 1882, also vor der Goßler'shen Periode, die Zahl der Simultanschulen 517 betrug, jeßt 503. Es sind dem- nah im ganzen 14 eingegangen. Es is also thatsählich au in dieser Beziehung, troydem die Simultanschulen niht verboten waren, troßdem wir eine lange Reihe von Jahren gehabt haben, wo die Unterrichtsverwaltung die Simultan- shulen wesentlih beförderte, ja, wo sie in ihnen bis zu einem gewissen Grade das Heil der Entwickelung sah, den- selben aus der Bevölkerung keine Förderung zu Theil geworden (sehr rihtig! im Centrum), und die Simultanschulen sind heute noch gegen- über der kolossalen Zahl anderer Schulen auf dem Gebiete des Volks- shulwesens die vershwindende Minorität.

Meine Herren, der Herr Abg. Sattler einem, glaube ih, an mich gerichteten Appell geschlossen nämlich dem Hinweis darauf, dieses Gesey sei nit conservatio. Das wage ih nit zu entscheiden. Jch bin in meinem ganzen Leben kein Partei- mann gewesen und passe dazu überhaupt niht. Jh bin immer ein Einspänner gewesen (Heiterkeit) und werde es wahrschein- lih au bleiben. Es hat mir ganz fern gelegen, dieses Geseß auf irgend eine Schablone zuzuschneiden. Ih habe es gemaht, wie ih es nach meiner Ueberzeugung glaubte.

maten zu müssen auf Grunh der bestehenden Geseye, auf Grund

' würden die Polen niht bekämpft. Seinen Freunden aus

| lese, so müsse man sagen, da

hat dann mit -

meiner Kenntniß der Verwaltungspraxis und auf Grund dessen, was ih in meinem Gewissen für recht und nöthig hielt. (Bravo im Centrum.) - Jch bin'aber kein eigenfinniger Mann, und deshalb habe ih niemals den Anspruch erhoben, zu glauben, daß jede einzelne Beftimmung dieses Geseges ein noli me tangere wäre. Jch bin der festen UVeber- zeugung, daß von rechts und links daran herumcorrigirt werden wird, und ih habe garnicht die Absicht, zu sagen: an diesem einen Punkte ist für mich eine unübersteiglihe Schranke gegeben. Also, wenn Sie die Güte haben wollen, worum ic dringend bitte, doch einmal das Geseß ohne die vorgefaßte Meinung, daß es ein absolut unmögliches Cultur- geseß sei, daß es uns zurücktreibe hinter die Fridericianische Periode, daß man das Juwel des preußischen Staats, die Schule, der Kirche und dem Klerikalismus ausliefere wenn Sie doch die Güte hätten, einmal dieses Gese zu lesen ohne diese Absicht, das darin zu finden, und wenn Sie es dann prüfen und vergleichen mit dem, was immer in Preußen gewesen i und Sie dann in der Commission Ihre Abänderungsvorshläge machen, fo werde ih sehr gern bereit sein, wenn ih mich überzeuge, daß ih mi geirrt habe, dies ehrlich zu bekennen. Ich bin, wie gesagt, nicht eigensinnig. (Bravo! im Centrum.)

Abg. Rickert (dfr.): Wenn der Cultus-Minister behaupte, daß er mit Mitgliedern der senden Partei verhandelt und Zustim- mung gefunden Is müsse er das bestreiten; er möchte ihn bitten, Namen zu nennen. Seine Freunde seien alle a der Verwerfung des Geseßes. So sehr er die Schulpolitik des Ministers bekämpfe, so sehr sei er bereit, seine Polenpolitik zu unterstüßen. Die natio- nalen Grundsäße, die jeßt so sehr in den Vordergrund träten, hätten in früheren Jahren überhaupt niht bestanden. Durch Miene

osen sei von der Beunruhigung der Deutschen dur die Polenpolitik nichts bekannt geworden. Der us von Zedliß habe seiner (des Redners) artei vorgeworfen, daß sie dem Centrum zu einer aus\chlaggebenden tellung verholfen habe. Auf dem Gebiet der Schule werde sie fets dem Centrum entgegentreten. Daß die Schulverwaltung seit hundert Jahren so E hate sei, wie das Schulgeseß sie jeßt codificire, sei eine kühne Behauptung. Wenn man den neuen Erlaß des jeßigen Ministers in Bezug auf den Religionsunterriht der Dissidentenkinder nan doch der frühere Minister von Beth- mann-Hollweg in dieser Beziehung auf einem ganz anderen Stand- punkt gestanden habe. Der Minister solle einmal die Lehrer fragen, was sie von dem Unterrichtsgeseße dächten. Wenn der Abg. von uene erkläre, der jeßige Entwurf entspreche erst der Verfassung, so ree das gegen den Cultus-Minister, der nur dasselbe bringen wolle, wie die früheren Entwürfe. Cardinal hätten sih die Verhältnisse im Cultus-Ministerium geändert. Was heiße es, daß seine Partei die Religion aus der Schule entfernen wolle? Die Staatsordnung werde eshüßt niht durch eine Confession, sondern durch die allgemeinen ittengeseße, welche alle Religionen enthielten. In dem religiösesten Lande der Welt, in Schottland, sei der Religionsunterriht aus der Schule entfernt. Der Reichskanzler habe thn mißverstanden. Er (Redner) habe hauptsächlich die Frage aufgeworfen: Wie sei es möglich, daß dasselbe Ministerium den Entwurf des R von Goßler vorlege und damit begründe, daß er das Aeußerste sei, was. der Kirche concedirt werden könne, und daß jept ein prinzipiell davon abweichen- der Entwurf vorgelegt werde? Diesen Widerspruch habe der Reichskanzler nihi gelöst. Eine gewisse Stetigkeit in den Anschauungen und Maßregeln der Regierung sei nothwendig, das sei die Grundlage für das Vertrauen, welches das Parlament der Regierung entgegenbringe. Heute mit dem Centrum, morgen mit den Conservativen und übermorgen mit den Nationalliberalen gehen, das habe Fürst Bismarck mit seinen Machtmitteln auch der Krone gegenüber gekonnt, das Miristecium Caprivi könne es nicht. Seine Partei hätte S daß eine Regierung gekommen wäre, welche durch die Stetigkeit, Klarheit und Durchsichti feit einer einfahen volksthümlichen Politik den Boden bereitet hätte zu einem vertrauensvollen Verhältniß zum Volke. Die Verhezung der Parteien habe aufgehört. Seine Partei habe keine Begünstigung von der Regierung verlangt, aber das Zeugniß verlange fie, daß fie frei und unabhängig nah ihrer Ueberzeugung und nah ihrer Vaterlandsliebe die Regierung A und sie be- kämpfe, wo sie es für nothwendig halte. Wenn der Cultus-Minister bei seinen (des Redners) Aeußerungen gelacht habe, so sage er, auch seine Freunde seien Patrioten, die es mit dem Wohl des Vaterlandes so ehrlich meinten wie der Minister. (Beifall links). 3 E der geistlihen 2c. Angelegenheiten Graf von eDLIB:

Meine Herren! Wenn ih den Vorzug hätte, von dem Herrn Abg. Rickert länger gekannt zu sein, so würde er den leßten an mih gerihteten Vorwurf niht gemaht haben. Jch glaube, es existirt kein Mensch, der mi kennt, und mir nachsagen wird, daß ih nickt die allerhöhste Achtung vor der Ueberzeugung des Andern hätte, und daß ich niht in allen meinen Handlungen und in allen meinen Aeußerungen stets auh diese Achtung bethätigte. Ich habe gestern gelaht, ich weiß nicht an welcher Stelle wahrscheinli weil andere auch lahten (Heiterkeit) und weil in der Discussion. irgend etwas vorhanden war, was die Sache nicht gerade tragish zu nehmen Anlaß bot. Aber daß ih damit dem Herrn Abg. Rickert oder irgend einem anderen Herrn gegenüber die Absicht hätte, eine Miß- achtung zu zeigen, das liegt mir so fern, wie nur irgend etwas. Meire Herren, der Herr Abgeordnete hat, während ih leider in Folge dierstliher Verhinderung einen Augenblick abwesend war, einige Behauptungen aufgestellt, die ih mir gestatten muß noch zu beleuchten. Er is, wenn ih recht berichtet bin, auf einen Erlaß eingegangen, den ich neuerdings an den Ober-Präsidenten von Schleswig-Holstein gerichtet habe wegen des Religionsunterrihts der Kinder der Dissidenten und hat dabei darauf hingewiesen, cin Cultus-Minister, wie Herr von Bethmann-Hollweg, würde einen solchen Erlaß nie unterzeihnet haben. Meine Herren, zufälliger Weise ist der Herr von Bethmann-Hollweg derjenige Herr Amtsvorgänger von mir, von dem ih abgeschrieben habe. (Große Heiterkeit.) Jch bitte Sie, mi zu controliren. In dem bekannten Werke von Schneider und von Bremen, Erster Theil Seite 135 steht der Erlaß vom 6. April 1859, unterzeihnet von Bethmann-Hollweg, der genau dasselbe enthält. Ja, meine Herren, ih will noch weiter gehen, ih will dem Herrn Abgeordneten mit- theilen, daß, als diese auch mir als ganz außerordentlich {wer er- scheinende Frage an mich herantrat, ich nicht nur meinem eigenen Urtheil in der Sache, nicht dem Urtheil meiner Herren Räthe, auf deren Urtheil ich ganz außerordentlich viel gebe, ich kann ver- sichern, ih bin kein Mann, der \sich eine Selbstherrlihkeit in seinem Ministerium construiri, sondern ih erkenne an, daß ih häufig beein- flußt werde von dem Urtheil dieser sachverständigen Herren, daß ih nit bloß auf deren Urtheil allein mi verließ, auch nit bloß auf das Urtheil einer ganzen Reihe von Provinzialbehörden über diese Grage hörte; ich fragte vielmehc auch meinen Herrn Collegen von der Justiz und bat ihn, mir mitzutheilen, wie er über diese Frage dâchte, und der Erlaß, den ih an den Herrn Ober-Präsidenten von

Schleswig-Holstein gerichtet habe, ist mit dem Herrn Justiz-Minister: gemeinsam verfaßt. Er i} also zweifellos juristish nach allen -

Richtungen hin geprüft und stellt das dar, was zur Zeit auf Grund alter Uebung, auf Grund des Ministerial-Erlasses vom 6. April 1859 in Preußen rechtens ist.

Dann hat der Herr Abgeordnete, wenn ih nit irre, bemängelt die Mitwirkung des kirchlichen Commissars bei Ausstellung des Zeug- nisses für die Religion bei den Seminarprüfungen, niht wahr? (Widerspruch.) Jch bitte um Entschuldigung! Es wurde mir gesagt, es sei angeführt, so etwas hätte der Minister Falk niemals gethan. Jch wollte nur darauf hinweisen, daß der Herr Minister Falk die- selbe Sache in der gleichen Weise in seinen Entwurf aufgenommen hat, wie sie in meinem steht. (Bravo! rechts.)

Abg. Szuman (Pole) spriht seine Verwunderung darüber aus, daß man über die Erlasse des Ministers Grafen von Zedliß fo großen Lärm machen könne. Die Verfügungen seien sachlich vollständig be- Haus: und von den Polen mit Genugthuung entgegengenommen worden.

Abg. Boediker ae A T Die Behauptung, daß die Centrums- partei Bewilligungen abgelehnt oder ausgesprochen habe, je nach dem kalten oder warmen Winde, der von der Regierung her wehe, müsse er als eine Beleidigung der Centrumspartei zurückweisen. Die Sparsamkeit des A tinisters gehe der Justizverwaltung fe Z über über das Geseß hinaus. Nach der Verfassung sollten die iter vom König auf Lebenszeit ernannt werden. Zur zeitweisen Wahr- nehmung riîichterliher Geschäfte sollten Affsessoren u. st. w. herangezogen werden können, die nicht vom König ernannt würden und nur vor- übergehend mit Diäten besoldet würden. Jn Berlin seien bei 146 Ab- theilungen nur 104 Richter vorhanden, drei würden neu verlangt, also 39 Abtheilungen seien -durch Hilfsrichter beseßt. Das seien fort- dauernde Verdbältnisse, nicht vorübergehende. Die Zahl der Richter habe von 1880 bis 1890 um 1,3 9/9 zugenommen, die Bevölkerun aber um etwa 10%. Die Zunahme der Geschäfte sei eine es viel grnece gewesen. Nur die Standhaftigkeit des Finanz-Ministers hindere hier eine Besserung.

Justiz-Minister Dr. von Schelling:

Ich kann dem Herrn Vorredner nur dankbar sein für die Wärme, mit welcher er für die Interessen der Justizverwaltung eingetreten ist. Ich bin weit entfernt, der allgemeinen Anschauung, die seinem Vor- trage zu Grunde gelegen hat, meinerseits entgegenzutreten. Jh habe bei Antritt meines Amts als Justiz-Minister die Wahrnehmung gemacht, daß bei der ersten Veranschlagung der nothwendigen etatsmäßigen Richter- stellen im Jahre 1879 eine zu geringe Abschäßung erfolgt ist. Jch habe mich auch weiter überzeugen müssen, daß späterhin im Laufe der Jahre eine Ergänzung der ungenügenden Richterzahl entsprechend der Zunahme der Bevölkerung nicht stattgefunden hat. Eine günstige Wandlung in diesen Verhältnissen ift seit dem Awmtsantritt des Herrn Finanz-Ministers eingetreten, dessen Beziehungen zu den Reichs-Justiz- geseßen ja so bekannt find, daß ih sie hier niht näher zu erörtern brauche.

Es sind, wie das sowohl von Herrn Abg. Nickert, als au soeben von dem Herrn Abg. Bödiker anerkannt worden ist, in den beiden leßten Etats erheblihe Vermehrungen der Richterstellen eingetreten. Ich bin der Ueberzeugung, daß der Herr Finanz - Minister auch ferner auf diesem Wege fortfahren wird. Den jeßigen Etat bitte ih niht als ein Zeichen anzusehen dafür, als ob in diesem Bestreben ein Nüdckschritt eintreten foll. Sie kennen die außerordentlichen Verhältnisse, welche für den gegenwärtigen Etat das äußerste Maß der Sparsamkeit zur Nothwendigkeit gemacht haben. Eine Schädigung der Justiz wird übrigens aus der geringen Zahl der neugeforderten NRichterstellen niht eintreten. Jch bin in der Lage, aus dem reichen Material, welches für Hilfsrihter vorhanden ist, die nöthigen Hilfskräfte überall da zur Disposition zu stellen, wo eia Bedürfniß dafür vorliegt. ì

Finanz-Minister Dr. Miquel: ;

Ich bin meinem Herrn Collegen, dem Herrn Justiz-Minister, fehr dankbar für die Aeußerungen, die wir soeben gehört haben. Jch stehe mit dem Herrn Abgeordneten, der einen Tadel gegen die über- mäßige Sparsamkeit des Finanz-Ministers gerade an dieser Stelle aus- gesprochen (Heiterkeit) und der der Meinung war, daß hier unter keinen Umständen gespart werden - dürfte, grundfäßlih durchaus auf einem Boden. Ich werde bestrebt sein, die Bedürfnisse definitiver Be- seßung der Richterstellen, soweit das irgend nah Lage der Sache möglih is und in der Weise, in welher es möglih i}, zu befriedigen. Aber, daß man solhe Dinge nicht auf einmal curiren kann, namentlich in Betracht der Finanzlage, in der wir uns heute befinden, daß man da Schritt um Schritt, nah und nach vorgehen muß, das wird mir der Herr Abg. Bödiker auch in keiner Weise bestreiten. Wenn er gemeint hat: die Bedürfnisse gerade bei der Justizverwaltung seien ‘so dringliche, so könnte ih ihm noch viel dringlihere Bedürfnisse aus anderen Gebieten, namentlich auf den Gebieten der Verwaltung, nennen, die wir absolut nicht in der Lage sind, augenblicklich in vollem Maße zu befriedigen.

Wir haben eine ganze Reihe von Regierungen, die meiner Meinung nach getheilt werden müßten, weil die Regierungen einen solhen Umfang angenommen haben, daß eine ganz correcte Verwaltung kaum noch möglich ist. Wir haben eine Reihe Kreise, die zu theilen ein dringendes Bedürfniß wäre, wo die Landräthe derartig überlastet sind, daß mehr oder weniger sie einen Theil der Geschäfte, die sie selbst übernehmen müßten, den Subalternen zu überlassen gezwungen sind. Ja, man wird Sorge treffen, soweit wie möglih diese Bedürfnisse zu be- friedigen. Aber derartig überkommene Schäden kann man nicht mit einem Schlage beseitigen. Jn der Sache selbst verfolge ih dasselbe Streben, welches der Herr Vorredner geltend gemacht hat. Wenn der nächste Etat es irgendwie gestattet, so wird noch mehr geschehen zu dem Zwecke, zu welchem in diesem Etat. bereits ein wirksamer Anfang gemacht ist.

Darauf wird die Debatte geschlossen. Der Antrag der Abgg. von Eynern und Dr. Sattler, den Eisenbahn-Etat einer besonderen Commission zu überweisen, wird gegen die Stimmen der Mehrheit der Nationalliberalen und einiger Freiconser- vativen abgelehnt. Angenommen. wird der Antrag: Die Budgetcommission zur Berathung des Eisenbahn-Etats um 7 Mitglieder zu verstärken. :

Darauf werden die bedeutenderen Etats an die Budget- '

commission verwiesen. - chluß 33/4 Uhr. Nächste Sizung Montag 11 Uhr. Tagesordnung: Erste Berathung des Entwurfs eines Volkss\schulgeseßes und erste Berathung des Gesezßent- wurfs, betreffend die E LNE Ie SS 18, 19, 20, 22, 28, 31 des nes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1888.

r —————

Dritte Veilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

„M 20.

Berlin, Sonnabend, den 23. Januar

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Nuhr und in Oberschlesien. An der Ruhr find am 22. d. M. gestellt 10 499, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien find am 21, d. M. gestellt 3528, nicht retzeitig gestellt Teine Wagen.

; „Zwangs-Versteigerungen.

Beim Königlichen Amt3geriht T Berlin standen am

22. Januar 1892 die nachverzeichneten Grundstücke zur Versteigerung :

Steinmeßstraße 39, dem Kaufmann Moriß Simoufohn zu Berlin

gehörig, Nußungswerth 13 300 4; das geringste Gebot wurde auf

63 200 M. festgesevt; ür das Meistgebot von 263 205 wurde

der Kaufmann Aurel Andersohn, Lessingstraße 14, Ersteher.

Kirchstraße 5, dem Maurermeister Heinrich Hennig, hier, gehörig ;

das geringste Gebot wurde auf 1400 M festgeseßt; für das Meistgebot

von 161 000 4 wurde der Zimmermeister Carl Geppert, Col- marerstraße 2, Ersteher.

Die Reichsbank hat den schon in früheren Jahren üblichen Ankauf von Disconten am offenen Markte zu einem Zinssaß, der sich unterhalb ihrer officiellen Rate bewegt, wieder aufgenommen. Die Veranlassung zu dieser Aiuirege: bildet die bei anhaltender starker Geldflüssigkeit entstehende große Differenz zwischen dem Reichsbankdiscont (dem officiellen Saße) und dem Discont am offenen Markte. Würde die

fenen in solchen Zeiten auf ihrem höheren officiellen Zinssaße bestehen, so könnte das dahin führen, daß die Bank mehr und mer aus dem Markte Q und ihr der erforderliche Ueberblick über die Ver- hältnisse ihrer Kunden und der Geschäftswelt überhaupt entzogen würde. Durch eine Reihe von Cautelen is dafür gesorgt, daß aus \solchen Ankäufen niht Mißbräuche entstehen, und daß namentlich der Geldpreis nicht gedrückt wird.

Berlin, 22. Januar. (Amtliche Preis “I A Butter, Käse-und Schmalz.) Butter: *) Hof- und Genosjen- schafts - Butter La. 120—122 M, ILa. 117—119 M, Illa. 113— 116 M, do. abfallende 107—-112 Æ, Land-, Preußische 90—93 M, Nebbrücher 88—93 H, Pommersche 88— 93 #, Polnische 90— 92 16, Bayerische Sennbutter 100—105 M, do. Landbutter 85— 90 4M, Schlesishe 90—95 s, Galizishe 75-—80 (6, Margarine 40—70 Æ. Käse: Schweizer, Emmenthaler 88—92 4, Bayerischer 60—70 4, Ost- und Westpreußischer Ta. 60—65 A, do. Ila. 50— 60 M, Holländer 80—90 4, Limburger 40—45 4, Quadrat-Mager- Éäse Ia..21—25 Æ, do. Ila. 13—15 Æ Schmalz: Prima Western 17/9/% Tara 42 4, reines, in Deutschland raffinirt 43,50— 44,50 46, Berliner Bratenshmalz 45,50—48,50 A Fett, in Amerika raffinirt 38,59 4, in Deutschland raffinirt 38,50—41,50 M (Alles pr. 50 kg). Tendenz: Butter: Bei mäßigem lokalen Bedarf und ausnahmsweise starkem Abzug nach außerhalb wurden Preise e Ueberpreise dürften hiernach ausgeschlossen sein. Schmalz: eigend.

*) Im Großhandel an Producenten franco Berlin bezahlte Abrelhnungspreise.

_— Vom oberschlesischen Eisen- und Metallmarkt berichtet die „Schl. Ztg.“ : Obwohl in den leßten Tagen die Speci- ficationen auf den einzelnen Werken etwas zahlreicher eingegangen find, fo ist doch die Tendenz im allgemeinen ret matt. Die Händler beginnen jeßt vereinzelt ihre Läger zu ergänzen, nachdem sie die Ueber- zeugung erlangt haben, daß der Verband an den bisherigen Preisen für das I. Quartal d. I. festzuhalten gedenkt. Der Betrieb i} mit wenigen Ausnahmen auf den Werken cingeshränkt worden und immer- hir geht wegen Mangels an Aufträgen ein großer Theil der Production aufs Lager, weil der Absaß ün Inlande ein sehr geringer ist und der Urt der Concurrenz. wegen sich auch recht unbedeutend gestaltet.

‘an hofft allgemein, daß die Grubenverwaltungen angesichts der mißlichen Lage des Kohlengeschäfts sich zu Preisermäßigungen für Be- tricbsfohlen verstehen werden, wodur der Export der Eisenhütten wesentli gefördert würde. Der Roheisenmarkt beschränkt sich bereits seit längerer Zeit hauptsächlich, nur auf den Absatz an die Werke, und da diese jeßt weniger aufnahmefähig sind, so fangen die Roheisenbestände zu wachsen an. Daß die Verarbeitung ausländischer Erze auch eine schwächere ist, steht hiermit in unmittelbarem Zu- sammenhange. Auf dem Walzeisenmarkt is die Nachfrage nad) Hiivöloeifeir etwas reger gewesen als in den Vorwochen, jedoch niht in dem De daß alle Strecken hätten beschäftigt werden FTönaen; alle übrigen Sorten waren mäßig ge- fragt, und Bestellungen gingen nur vereinzelt und zur sofortigen Lieferung ein. Die Lage des Blechmarkts hat sih nicht de man hört im Gegentheil von Ermäßigung der Preise be- onders für Feinbleche, die jeßt 164 4 kosten. Veranlassung hierzu bieten die niedrigen Preise ‘der westfälishen Werke, die ihre Producte in Polen billiger abseßen, als die s{hlesishen. Den Eisengießereien age es auch an Aufträgen. Dagegen sind die Maschinen- und Kesselfabriken noch. in vollem Betrieb. Draht-, Ketten- und Kefsjelfabriken arbeiten zum theil auf Lager, ebenso die Nöhrenwalz- werte, deren Preise dur die westlihe Concurrenz sehr gedrückt sind. ‘Auf dem Zinkmarkt ist für Walzzink ein Preisrückgang von 25 Z für 100 kg zu verzeichnen. L i

In den heutigen Aufsichtsrathssizungen der Bayerischen ypotheken- und Wechselbank und der BayerischenNoten- ank wurde beschlossen, die Dividende pro 1891 für die erstere mit

12,367 9/9 oder 106 4. per Actie gegen 12,017 9% oder 103 M per Actie im Vorjahre, für- die- zweite mit 9/09/0 wie im Vorjahre der Generalversammlung org nagen, /

Der Verloosungs-Anzeiger des „Merkur“, der alle

österreihishen und ausländischen Lotterie-Effecten, alle verloosbaren Staats- und Privat-Obligationen, Eisenbahn- und Industrie-Actien,

+ handel. La Plata.

Prioritäts-Obligationen und Mabelefe 2c. behandelt und nad, offi- ciellen Quellen von Dr. Ca.rl Rau ch bearbeitet wird, ist für das Jahr 1892 im Verlage der Ee u. Spener’\chen Buchhandlung (F. Weidling Berlin) erschienen. iese statistischen P FammE i senuages über Loose und verloosbare Werthpapiere sind gewiß jedem Effectenbesiter ein will- kommenes Hilfsmittel, um \ch vor Verlusten zu bewahren. Man findet in dem umfangreihen Nachfchlagebuch alle Ziehungs- und MRestantenlisten bis zum 31, Dezember 1891 regulirt, ferner Nach- weisungen über Couponeinlöfung, Dividendenzahlung 2c., sodaß eine vollständige Revision des Effectenbesißes ermöglicht ist. Der Preis ist auf 2 M. feslgesept. a

Das „Gewerbeblatt für das Großherzogthum Hes sen“, Zeitschrift des Landesgewerbvereins, hat in der Nr. 3 vom Januar 1892 folgenden Juhalt: Vom Verbande deutscher Gewerb- vereine. Hauen iets und stehendes Geschäft. Aus den Orts- ewerbvereinen. Alzey. Bingen. Groß-Gerau. Langen. Nidda. tüsselshecim. Wimpfen. Wöllstein. Verschiedene Mittheilungen. Aus[hmückung der Wohnräume. Schraubenschlüssek für Muttern ver- schiedener i e Zur Erhaltung der Denfmäler. Ausstellung für Mufik- und Theaterwesen in Wien. Ausstellung für Erzeugnisse und Bedarfsartikel der Bäckerei 2c. Verkehrswesen. Literatur. Die hessen-darmstädtischen Regenten. Der Amateur-Photograph.

Leipzig, 22. Januar. (W. T. B.) Kammzug-Termin Grundmuster B. per Januar 3,525 #, per Februar 3,524 4, per März 3,5925 Æ, per April 3,55 Æ, per Mai 3,977 M4, per Juni 3,577 4, per Juli 3,60 M, per August 3,60 , per September 3,60 46, per Oktober 3,60 4, per November 3,60 4, per Dezember 3,60 (4 Unmsay 40 000 kg.

London, 22. Januar. (W. T. B.) An der Küste 1 Weizen- ladung angeboten.

Manchester, 22. Janucr. (W. T. B.) 12r Water Taylor d, 30r Water Taylor 74, 20x Water A N +, 30r Water Clayton 7, 32r Mok Brooke 74, 40r Mayoll 74, 40r Medio Wilkinson et 32r Warpcops Lees 65, 36r Warpcops Rowland 7, 40r Double Weston 83, 60x Double courante Qualität 118, 32“ 116 yards 16 X 16 grey Printers aus 32r/46r 150. A /

Glasgow, 22. Januar. (W. T. B.) Die- Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sih auf 504771 Tons gegen 571 930 Tons im vorigen Jahre. Die Zahl der im Betriebe befind- lichen Hochöfen beträgt 77 gegen 6 im Eo JAhre

St. Petersburg, 22. Januar. (W. T. B.) Hiesige erste Privatbanken haben beschlossen, den Zinsfuß für Darlehen auf \pecielle laufende Rechnung vom 12. d. M. ab (a. St.) von acht auf sieben herabzusetzen.

23. Januar. (W. T. B.) Das Finanz-Ministerium hat beschlossen, für die nächste Zeit scine Goldguthaben im Aus- lande nicht zurückzuziehen. S

Florenz, 22. Januar. (W. T. B.) Die Dividende dex Actien der „Banca Nazionale“ für das zweite Semester 13891 ift auf 25 Lire, vom 3. Februar d. I. ab zahlbar, festgeseßt worden. :

Madrid, 23. Januar. (W. T. B.) Infolge des Beschlusses der Bank von Spanien, den Discont auf 55 9/6 zu erhöhen, ging der Curs der inneren Anleihe im Privatverkehx um 1 9% zurü.

Antwerpen, 22. Januar. (W. T. B.) Wollauction. An- geboten waren 1043 Ballen Buenos Aires, 196 B. Montevideo, 123 B. Bande Orientale, 425 B. Entre Nios, 192 B. Melbourne, 424 B. Sydney, 68 B. Rumänische, 201 B. diverse Wollen. Ver- kauft wurden 593 B. Buenos Aires, 172 B. Montevideo, 107 B. Bande Drientale, 435 B. (Entre Rios, 115 B. Melbourne, 26 B. Sydney, keine Numänische, 165 B. diverse. Preise unverändert.

Kopenhagen, 22. Januar. (W. T. B.) Die National- bank scßt von morgen ob den Wechfeldiscont und Lombard- Din auf 4 bezw. 42 9/% herab. :

(ew - York, 22. Januar. (W. T. B.) Bei durchweg ge- ringem Geschäft war die Haltung der B övse anfangs unentschieden, der Schluß lustlos aber fest. Der Umsaß in Actien betrug 368 000 Stück. Der Silkervorrath wird auf 3200 000 Unzen geschäßt. Die Silberver?äufe betrugen 45 000 Unzen. :

Baumwollen-Wochenbericht. Zufuhren in allen Unions- häfen 100 000 Ballen, Ausfuhr nah Großbritannien 50 000 Ballen, A nach dem Continent 191 000 Ballen. Vorrath 1 240 000 Ballen.

Nach dem Ausweise des amerikanishen Eisen- und Stahlvereins betrug das Erzeugniß des Landes an Noheisen im leßten Jahre 8 279 870 b Brutto gegen 9 202 703 t im Jahre 1890. Der Vorrath in den Händen der Fabrikanten und Agenten betrug ultimo Dezember 596 333 b gegen 608 921 t im Vorjahre. Die Production von Bessemer Stahlschienen belief sich im Iahre 1891 auf 1 218 874 t oder 577 315 t weniger als im Vorjahre.

Verkehrs-Anstalten.

Koblenz, 22. Januar. (W. T. B.) Das Eisenbahn-Betriebs- aint Kobleaz macht bekannt: Der Güter-Traject-Betrieb Bin je 24 rück-NRüdesheim ist heute Morgen wegen Eisganges eingestellt.

Altoaa, 22. Januar. (W. T. B.) Das Eisenbahn-Betriebsamt Altona nacht bekannt: Der Dampf|schiffverkehr n Wesster- land ist Eises halber eingestellt. Der Personenverkehr wird durch ein Eisboot vermittelt. Der Güterverkehr ist aufgehoben.

Bremen, 22. Januar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Dampfer „Straßburg“ hat vorgestern Las Palmas passirt. Der Dampfer „Karlsruhe“ ist gestern von Southampton ab- gefahren. Der Dampfer „Oldenburg“ ist gestern in Baltimore, der Dampfer „Weimar“ in Bremerhaven angekommen. Die Dee „München“ und „Köln“ sind heute von Antwerpen abgefahren. i ;

London, 22. Januar. (W. T. B.) Der Castle-Dampfer „Doune Castle" ist heute auf der Ausreise . von London, der Uniondampfer „Athenian" auf der Heimreise von Madeira, der Uniondampfer „Nubian“ auf der Ausreise von den Cana-

1892.

rishen Inseln und der Unionvampfer „Tartar“ auf der Heéni- reise gestern von Capetown abgegangen.

Mannigfaltiges.

__ Seine Maieftät der Kaiser hat, wie die: ,Nat.-Z." meldet,- für das Berliner Luther-Denkmal 44000 Æ angewiesen, die gleihe Summe hat der Berliner Magistozt gespeudet; die fehlenden 88 000 M. sind nunmehr gedeckt.

Der Magistrat beschäftigte sih, wie wir der „N. A. §" ent- nehmen, in feiner gestrigen Sißung zunähsk mit der Berathung von Speciak-Etats. Dem V-2rein der Künstlerinnen und Kunfst- freundinnen, dessen * ende Frau Minister Delbrück if hat der Magiftrat zur Unterhaltung feiner DE Dn hule, die sich gegen- wärtig im alten Gebäude ter Königlichen PorzAanmanxufactur ün der Leipzigerstraße unter Leiturg des Fräulein Gichler befindet; eine Bei= hilfe von 3000 6. zur Unteurbaltung der Schule" bewillig®. (

Auf der am Montag, 24. Januar, Abends 8 Uhr, im Architektzm- haus, Wilhelmstr. 92/93, stattfindenden Versammlung der Abtheilung Berlin der Deutschen Coloniáal-Gesellschaft wird Herx Capitän Jobst von Gundlach einen Vertrag über: „Das Deutschthum in China" halten. Herr von Gundlach istt bekannt durh seine weiten Reisen und feinen mehrjährigen Aufeathalt: in China und hat lange Zeit die Redaction des „Ost-Asiatischen Lloy#" geleitet. Zu dem dicsmaligem Vortrag ist auch Damen der gs gestattet, ebenso steht Gästen Damen und Herren derfelbe frei.

In der Urania hat Herr Carl Ei gegenwärtig ein: Instrus=, ment „ausgestellt, das als eine Lösung des Problems der: reinen: Stim= mung auf wissenschaftlicher Um angesehen werden muß... Die Ordnung der Tosten entspricht vollständig den Gesetzen. der Klang- verwandtschaft und Tonalität. Es ist auch erreicht, daß, wie auf der Janko-Claviatur, der Fingersaß für alle gleichartigen Vons=, verbindungen derselbe ist. Es bietet also die Claviatur, wie bis=- her feine Construction, eine klare Darstellung des. Sach-, verhalts. Außerdem is ein Tableau mit dem ÎInstrumenti verbundon, das während des Spiels die mufikalischen Vorgänge schematisch' ver- anschauliht. Diese Einrichtung, wird durch elektrische Uebertragung. in - Betrieb geseßzt. Von der nächsten Woche ab wird der Erfinder is Instrument am Montag, Mittwoch und Freitag von 6—6# Uhr ina Hörsaal der Urania den Besuchern des Instituts vorführen.

L a. M., 22. Januar. Gestern Abend um 8, Uhx 15 Minuten wurde nach einer Mittheilung der „Frkf. Z.“ am nörd= lichen Himmel ein glänzendes Meteor wahrgenommen, das aus denz Sternbild des Cepheus kam und von hellem gelben Licht: war. Die Flugbahn verlief in nordwestlicher Nichtung. Leider war es aud dieses Mal dem Beobachter nicht möglich, die genaue Länge dar Bahæ des Himmelsfkörpers festzustellen. Da eine folche Erscheinung immer nur innerhalb weniger Secunden oder sogar während etnes: Bruch- theils ciner Secunde vor sich geht, können die für die Berechnung dex Bewegung des Meteors u. s. w. erforderlihen Elemente nur shwex und s{äßungsweise ermittelt werden. Im vorliegenden Falle nahm die Zeitdauer der ganzen Erscheinung etwa 14 Secunden in: Auspruch. Die ige der Bahn erschien dem Beobachter unter einen Winkel ' von 35 Grad.

Paris, 21. Januar. Zu zwei Monaten Gefängmiß, und 2000 Fr. Strafe verurtheilte, wie der „Frkf. Z.“ mitgetheilt wird, die 9. Kammer des Pariser Zuchtpolizeigerihts einen Herrn Brandem- bourg, Verfasser einer Novelle „La Pieuvre“, der’ in den' mehr oder minder pornographishen Wochenschriften. „Pin de Siècle“, „Messager francais“ und „Courrier francais“ exfchienerm war. Die Directoren und Geranten dieser drei Blätter wurden ebenfalls in contumaciam zu einem Monat Gefängniß und 1000: Fr. Buße verurtheilt.

Rouen, 22. Januar. Im hiesigen Hafen bohrte' nah einer Meldung des „H. T. B.“ der eusolishe Dampfer „Sau.fy“ den \chwedischen Dampfer „Jehn " und den Dampfer „A don“ ia den . Grund. „Sansy“ und „Aden“ find verloren, für „Jehn“ ift Ausficht auf Rettung. i

Rom, 23. Januar. Heute Nacht gegen 115 Uhr muxde, wie „W. T. B.“ meldet, hier cin mehrere Minuten andauerndes Er d- beben wahrgenommen, das in den höher gelegenen Staùdtwvierteln - große Beunruhigung hervorrief, jedoh keinen Schaden veruxsachte. j

Bern, 20. Januar. Eine [eltene elektrishe Grscheinung verseßte, wie dem „Bund“ geschrieben wird, das Quartier du Bourg in Freiburg i. P. am leßten Montag Abend in Aufregung. Eine etra ! m Hohe, grünviolette Flammenzunge erhob fi über tem Haupte des Bronzestandbildes von P. Girard und erleuchtete den ganzen Plaß taghell. Die mit Schnee belasteten und vom Wind ewegten elektrishen Drähte, die über das Denkmal hinführen, be- wirkten diese (Fntladung. In der Brauerei Peier aber, deren Be- leuchtung diese Leitung. vermittelt, entsprach dieser Grscheimung am Girard - Denkmal ein fast vollständiges Erlöschen“ der elektrischen Lampen.

Brüssel, 23. Januar. Der Palast des Herzogs von * Arenberg an dem Plate „Petit Sablon“ steht laut Meldung des „W. T. B.“ seit heute früh 2 Uhr in Flammen. Das Schloß ent- | hält Gemälde und Kunstgegenstände von sehr hohem Wert europäishem Nuf.

Untersuchungs-Sachen.

agcvotE ustellungen u. dergl.

Unfall- und Invaliditäts- 2c. Versicherung. Bectooie Verpachtungen, Verdingungen 2c. Verloosung 2c. von Werthpapieren.

1. 2. 3, 4. 5.

Oeffentlicher Auzeiger.

6. S en aften auf Aktien u. Aktèen-Gesellfch. 7. Erwerbs-: und Wirths ae Ben enan. ; 8. Niederlassung 2c. ‘von Rechtsanwälten. -

9. Bank-Ausweise. 4

10. Verschiedene Bekanntmachungen.

1) Untersuchungs-Sahen.

162339} Steckbrief. ] i Gegen die unten beschriebene unverehelihte Anna Ea Louise B, geboret am n 1 zu Finsterwalde, Kreis Calau, welche flüchtig 7 ist, soll eine dur vollstreckbares Urtheil des König- brauen blond, 1891 erkannte Zuchthausstrafe von einem Jahre vollstreckt: werden. Es wird ersucht, dieselbe zu ver- haften und in das nächste Gerichtsgefängniß unter fofortiger Benachrichtigung hierher abzuliefern. Die Þ. Biebach ist am 15. September 1891 qus ihrer

[62341]

leßten Berliner Wohnung verzogen ünd fehlt seitdem

von derselben jede Berlin, den 16. Januar 1892.

__ Königliche Staatsanwaltschaft 1.

Beschreibung: Alter 31 Jahre, Größe 1,54 m, | zu ver

Statur stark, ge blond, Stirn gewölbt, Augen- | zu Alt- [ugen s 7 Nase groß, Mund

Í C roß, Zähne defect, Kinn [ichen Landgerichts 1 gu Berlin vom 20. Oktober fihtsfarbe gesund, Sprache deutsch.

\- Steckbrief. Gegen den unten - beshriebenen Kaufmannslehrlimg Hans Paul Nöhring, am 8. Oktober 1873 zu

Spur. Acten U. R. 11. 9.

ten ‘und in oabit 12 a. abzuliefern. Verlin, den 18. Januar 1892.

kunden afen 1 verhängt. a

reit, Gesicht breit, Ge-

Bart ‘kêinen, Augen

Der Untersuchungèrichter bei dem Königlichen Landgerichte 1. Beschreibung: Alter 18 Jahre i l Statur etwas gebückt, Haare blond, Stirn frei, 1__hellblau, Nase gewöhnlich, Mund gewöhnlich, Zähne gelblich, gesund, Kinn ge-

Größe 1,69 m,

Berlin geboren, welcher flüchtig ist, is in deut | wöhnlih, Gesicht rund, Gestchtsfanbe gefund, E5prache - 9.2. 92 die Untersuchungshaft wegen versuchter räuberisher Erpressung und Ur- Es wird ersucht, denselben as Untersuchungs-Gefängniß

deutsch. Kleidung: dunkelblauen Ueberzieher, ' grauen weichen Filzhut. Besoutere Kennzeichen \chielt etwas, hat einen sheuen. Blick.

[62351] Steckbrief&Erucuerung.

am 6. September 1850 in Gnesen eboren, wegen Unterschlagung in actis 84 6G. 1294. 82 J. IVa 356. 8L-untern 20, Mai 1882 erlc.sene und unterm“ ql Zone Ee erneuerte Steckb,xief wird hierdurh- noLmals erneuert. Verlin, 15. Januar 1892, | Königliches Amtsgericht, 1. Abtheilung 117.

und .

1 Í 5

Der hinter dem Kaufmann Carl L,iemkiewiez, :