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Sachsen.
Dresden, 1. Februar. Die Zweite Kammer verwies nach dem Berichte des „Dr. J.“ in ihrer heutigen Sißung den Nachtrag zu demordentlichen Staatshaushalts-Etat auf die Jahre 1890/91 (Beihilfen an Gemeinden, die durhch MWassergeschädigt worden sind u. f. w.)nach kurzer Debatte, in welcher sich durchgängig Einverständniß mit den gestellten Forderungen zeigte und nur einzelne wcitergehende Wünsche ausgesprochen wurden, an die Finanz-Deputation A und erledigte }odann den Gesehentwurf wegen Abänderung des Brand- versicherungsgeseßes vom 2%. August 1876 durch Annahme der Anträge der Geseßgebungsdeputation, die in allen Hauptpunkten auf Annahme der Regierungsvorlage hinausliefen, über diese aber insoweit hinausgingen, als die von den Versficherungsanstalten an die Gemeinden und Fabriks- besißer, welhe Feuerwehren halten, zu zahlenden Beiträge zu den Feuerlösheinrihtungen, soweit diese zur Zeit die Höhe von 1 Proc. der Versicherungsbeiträge überschreiten, um 1 bis 2 Proc. erhöht werden sollen.
Württemberg.
Stuttgart, 1. Februar. Bei der am Sonnabend Abend um 9/, Uhr erfolgten Rückehr Jhrer Majestäten des Kon1gs und der Königin von der Reise nah Berlin und Weimar war auf dem Bahnhof jeder Empfang verbeten, und jo er: warteten nur die dienstthuenden Herren des Königlichen Hof- staates die Majestäten auf dem Perron. Dagegen harrten, wie der „St.-A. f. W.“ meldet, in der Bahnhofhalle hunderte von Personen, die in Hochrufe ausbrachen, als he Jhrer Majestäten ansihtig wurden, und das Hoch pflanzte ih auf die Straße vor dem Bahnhofe fort, wo sich wohl gegen zweitausend Personen angesammelt hatten. Jhre Majestäten dankten freundlich für den Empfang und fuhren sofort nách dem Wilhelmspalajt. /
Die von einigen Blättern verbreitete Nachricht, der Ministerrath habe sich fkürzlich mit der Frage der Zu- lassung der Männer-Orden in Württemberg be- schäftigt, ist nah dem „St.-A. f. W.“ eine durchaus un- begründete Erfindung.
Mecklenburg-Schweriu.
Schwerin, 1. Februar. Einer “den „Meckl. Nachr.“ aus Cannes zugegangenen Mittheilung zufolge ist das Be- finden Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs nach wie vor ein befriedigendes.
Sachsen-Coburg-Gotha.
Gotha, 1. Februar. Der Landtag für das Herzo g- thum Gotha wurde, wie die „Goth. Ztg.“ berichtet, heute Vormittag dur den Präsidenten Berlet eröffnet. An Vor- lagen sind eingegangen: 1) ein Gesehentwurf, betreffend Ein- führung einer Gebäudesteuer und Postulat von 18 000 6 zur Catastrirung und Veranlagung dieser Steuer; 9 die Abänderung einiger Theile des Volks- ihulgeseßes. Diese betreffen die Dauer der Schulpflicht, Ausbildung der Lehrer und Feststellung des Dienstalters, An- jtellung von Lehrerinnen, Besoldung der Lehrer und Rectoren, Bestreitung der Kosten; 3) die Uebernahme der dur das Volksschulgeseß veranlagten Mehrfosten auf die
Staatsfasje. DieStaatskasse fann diese Lasten übernehmen, da fie für das ablaufende Jahr 257 462 M Uebershuß aufzu-
weisen hat. Die Mehrausgaben belaufen sich auf: 1) für Aufbesserung der Lehrergehälter 74530 #:;- 2) ferner für die Besoldung der Lehrerinnen 8340 Æ; 3) zur Er- höhung der Directorengehälter 1500 M jährlich. Für Wittwen- fasenbeiträge sind 1492 Æ mehr einzusczen, und ferner ist eine Erhöhung der Pensionen in Aussicht zu nehmen. Dagegen fommt der mit 19000 4 in den Reservefonds eingestellte Dispositionsbetrag für Verbesserungen der Gehälter in Ab- gang. Die Gesammtausgabe beläuft ih demnach auf circa 72000 MÆ jährlih vom 1. April 1892 ab. Jn Bezug auf die Steuerreform wies der Staats-Minister Strenge darauf hin, daß sie sich auf dém Wege befinde, den der Landtag vorge- lagen habe. Die Reform der directen Steuer werde nch au im Herzogthum nicht aufschieben lassen, und die Regierung werde darauf eingehen. Der vorliegende Gefezentwurf über die Gebäudesteuer enthalte die unbedingt nöthigen Vorbedingungen. Die Finanzlage bedinge diese Steuer nicht, die daher au im Laufe der gegenwärtigen Finanzperiode niht in Kraft treten werde. Wie sich die Finanzen nah den neueren Steuergeseßen stellen würden, sei jeßt noch nicht zu sagen; er hofe aber, daß sie niht wesentlich gestört werden würden. Die Steuerreform müsse eine planmäßige Entlastung der Ge- meinden ermöglichen. Der vorgelegte Gesehentwurf wolle cine gerechte Vertheilung der Lasten bringen, sein Ertrag solle den Gemeinden zu gute fommen. Die Gemeinde-Besteuerung fei unbedingt zuerst in Angriff zu nehmen. Auch nach dieser Nichtung sei der Geseßentwurf von Wichtigkeit und präjudi- cierlih. Deutsche Colonien.
Vom 1. Juli bis 30. September wurden aus dem Kamerun-Gebiet Waaren im Werthe von 1185608 F (gegen 1 469 244 A im Vorquartal) ausgeführt, und zwar namentlih Palmöl, Palmkerne, Gummi-Elasticum, Elfenbein, Kofosnüsse, Ebenholz, Cacao und Gummikopal. Eingeführt wurden Waaren im Betrage von 1104236 A (gegen 1223211 4 im Vorquartal): unter diesen heben wir hervor Rum und Genever, Pulver, Salz, Feuerwaffen, Taback, Bier, Wein, Baummwollwaaren, Droguen, Eisen und Eisenwaaren, Glas- waaren, Bau- und Nußholz, Holzwaaren, Kleider und Pußt- waaren, Leder und Lederwaaren, Leinen und Seilerwaaren, Materialwaaren und Verzehrungsgegenstände, Seife und Par- fümcrien, Steinkohlen, Zinn und Zinkwaaren, Möbel, Haus- haltungsgegenstände, Schiffsinventar und Munition.
Nach Kaiser-Wilhelms-Land und dem Bismarck- Archipel (Neu-Guinea) betrug die Einfuhr im Jahre 1889: 499 847 M, 1890: 494442 M und 1891: 101702 Æ
Die Brutto-Einnahme der Zollverwaltung in Dît- Afrika betrug im Oktober 1891: 8941 4 Wie das „Colonialblatt“ mittheilt, hat ar von Wissmann am 19. Dezember eine mehrwöchige Erholungsreise nah Ober- Eaypten angetreten. Der Lieutenant Herrmann ist zum Stations-Chef von Bukoba (Victoria-Sce) ernannt. Von dem Gouverneur von Ost-Afrika ist mit der Firma Schülke und Mayer ein Postvertrag abgeschlossen worden, wonach sich diese verpflichtet, monatlih eine regelmäßige Post nah sämmtlichen Stationen des Innern abgehen zu lassen. Dem Lieutenant Herrmann is von dem Gouverneur für die Expe- dition nah Bukoba und für seine Thätigkeit dajelbst folgende
Instruction in Bezug auf sein Verhalten gegenüber den Ein- geborenen gegeben worden : :
Schon dur die Geringfügigkeit der zu Gebote stehenden pecu- niären und militärisGen Mittel is die Rolle, welhe Sie den Ein- geborenen gegenüber zu spielen haben, bis zu einem gewissen Grade vorgezeichnet; sie ist nothgedrungen Ne mebr eine diplomatisch- vermittelnde als eine militärisch-dictatorishe. Demgemäß empfiehlt es sich, niemals mehr zu verlangen, als nah Maßgabe der ver- fügbaren Kräfte nöthigenfalls au wirklich erzwungen werden fann, und dur per}önlihe Langmuth, Schonung berechtigter Eigenthümlichkeiten und sonstiges Entgegenkommen Verwite- lungen fernzuhalten. Im übrigen eint nah den aus Bufoba und Muanza vorliegenden Berichten das Verhältniß zu den dortigen Einwohnern zur Zeit ein derart freundschaftliches, daß au in Zukunft Verwickelungen sehr leicht zu vermeiden _sein dürften; id fann Euer Hochwoblgeboren nur empfeblen, in dieser Beziehung die von Ihrem Vorgänger, Herrn Premier-Lieutenant Langheld, beobachtete friedliche Politik au in Zukunft weiter zu befolgen und ‘hiervon nur aus ganz besonderen Gründen und bei unbedingter Sicherheit des Erfolges abzuweihen, denn eine nennenswerthe Erhöhung der dortigen Besaßung kann ih in absehbarer Zeit kaum zusichern ; jedenfalls wären etwa dahin gehende Wünsche, um Aus\iht auf Erfüllung zu haben, auf das allernothwendigste und unentbebrlichste zu beshränken. Zunächst dürfen Euer Ho zwohl- geboren somit Ihre Aufgabe als erfüllt betrachten, wenn es Ihnen gelingen sollte, alle militärischen und politischen Berwickelungen zu vermeiden oder doch auf einen geeigneteren Zeitpunft zu vertagen und dabei unser bisheriges Prestige sowobl auf dem See als auch in den benahbarten Landschaften aufrecht zu crhalten und insbefondere die Beziehungen des Handels nah unserer Küste zu fördern. In diesem Sinne sind auch die Ihnen unterstehenden Stationsvorsteher zu in- struiren und insbesondere vor aller voreiligen und unnöthigen Einmischung in die uns und unseren Interessen niht unmittelbar berührenden An- gelegenheiten Eingeborener zu warnen. íInwieweit eine Einmischung in die dortigen Skflavereiverbältnisse mit den obigen Gesichtspunkten vereinbar ist, muß ih Ihrem vorsihhtigen Ermeffen anheimstellen ; über diese fowie auch über den dortigen Handel im allgemeinen, zumal soweit er für die hiesige Ausfuhr in Betracht kommt, sehe ich seiner Zeit einer eingehenden Berichterstattung mit großem Interesse entgegen.
Ueber eine Regierungs\schule in Kamerun bringt das „Colonialblatt“ folgenden Bericht des Lehrers Beß: Die Zahl der Schüler beträgt 72, die der Klassen 4. Unterricht wird ertbeilt Vormittags von 8 bis 10x bezw. 11 (1. und 11. Klasse) und Nachmittags von 2 bis 5 Uhr (111. und [1V. Klasse, je 14 Stunden). Während des obigen Zeitraums wurde in den einzelnen Klassen Folgendes behandelt: S
1. (Oberste) Klasse: sechs Schüler. Bibl. Geschichte: Von Joseph in Egypten bis David und Absalom nach der Calwer Bibl. Geschichte, im Ganzen 13 Stücke. Rechnen: Mifchungs- rechnungen, Repetition der Brüche, Schlußrechnungen und leichtere Procentrechnungen. Lesen: Lesebuchstücke aus dem in Württemberg eingeführten I. Lesebuch, im ganzen 33 Stücke. (Im Schuldiarium die einzelnen aufgeführt.) Aufsaß: Duala- und deutshe Aufsäße, im ganzen neun Aufsätze, davon fünf ins Heft geschrieben, die anderen nur auf die Tafel und insbesondere zu Sprech- übungen benußt. Deutsch: Conjugationen. Verwandlungen der Beiten. Schreiben: Dictate aus Lesebuchstüken. Schön- schreiben: Lesebuhstücke in deutscher und lateinischer _Schrist. Realien: Naturkunde: als Stoff dienten die behandelten Lesebuch- stücke. Der Mensch. Heimathkunde: Mit Kamerun erit be- gonnen. Singen: Tonleiter, Treffübungen, Einübung der Noten, Canon, „Auf, ihr Brüder“, „Großer Gott, wir loben“, „Droben stebet die Kapelle“, „Stille Nacht“ 2c., alle Lieder zwei-, bezw. drei- stimmig. Turnen: Wendungen, Marsch, Lauf, Stabgriffe, Schach- stellung, Barren- und Reckübungen.
Il. Klasse: 12 Schüler. Bibl. Geschihte: Dasselbe wie T: Klasse. Rechnen: Das kleine Einmaleins; das große Einmaleins; Multivliciren mit ein- bis dreistelligen Zahlen: Dividiren mit ein- bis drei gem Divisor. Lesen: Dualastückle von Nr. 35 bis Nr. 46. Später Lesebuchstüke gemeinsam mit I. Klasse. Aufsaß: Als Aufsatzübung wurden Fragen über gelescne Lesebuchstüke gestellt, die von Schülern auf Duala auf der Tafel be- antwortet wurden. “ \ch: Declination und Conjugation. Aus den „Wörterheften“ wurden Dualawörter auf Deuts gelernt und deutsche Sâße da gebildet. Schreiben: Dictate aus der Duala- Fibel: Abscreiben von Lesebuchstücken. Schönschreiben: Kleines und großes lateinishes Alphabet. Realien: Die Il. Classe war nebr als Zuhörer wie als eigentlicher Theilnehmer bei dem in diesem Lehrzweige bei der I. Classe Vorgekommenen betheiligt. Singen: Daëéselbe wie I. Classe. Turnen: Gemeinsam mit der I. Cla}se.
IIT. Klasse: 24 Schüler (4 Mädchen). Les en: Duala-Fibel von Nr. 10 bis Nr. 46. Rechnen: Subtraction mit siebenstelligen Zahlen: das fleine Einmaleins; Musltiplication mit zweistelligem Multiplicator. Deutsch: Wörter aus den „Wörterbeften“ ; Con- jugation von „haben“ begonnen; Bilden einfacher deutsher Säße mit „haben“. Schreiben: Abschreiben aus der Duala-Ftbel; Dictate aus derselben. Schönschr eiben: fleines deutsches Alphabet; das große begonnen. Singen: Tonleiter; Repetition der gelernten Duala-Lieder; neu: .Moto a nimete* („Der Schiffer |ößt“), „Ich bab’ mich ergeben“, „.Sesa s0 Loba“ („Lobe den Herren“), „Bulu ba pi“ (Stille Naht). Anschauungsunterricht konnte bisher vom Lehrer wegen Unkenntniß der Sprache niht gegeben werden, da ibm auch bei dieser und der folgenden (IV.) Klase fein Schüler als Dolmetscher zur Verfügung stand, und diese beiden Klassen verstehen bloß Duala.
IV. Klasse: 30 Schüler (7 Mädchen): Lesen und Schreiben: Das fkleine lateinische Alphabet vollständig; vom großen 11 Buch- staben: Bilden von Wörtern und kleinen Säßen. Rechnen: Addiren und Subtrahiren innerbalb 100. Singen: Tonleiter auf die Silbe : „la“; Lieder: „Na ta na bene dikom“ (,JTch hatt’ einen Kame- raden“); „Loba lo ongise Kaiser asu Wilhelm“ („Seil unserem Kaiser, Heil“), „Son a Loba“ („Das walte Gott“), „Loba Ve o mony mony“ („Aus dem Himmel ferne“).
Bemerkungen: Während der ersten Zeit des Hierseins des Lehrers war die. Zahl der Schüler nicht vollständig, da verschiedene nach der Abreise des Herrn C hristaller Tndbliettn und erft nah und nah zurückfehrten. Hier und da mußten die Schüler während der Schulzeit Gartenarbeit verrihten. (Der Oberlehrer Christaller kehrt Anfang d. M. von seinem Urlaube nah Kamerun zurück). i
Großbritannien und JFrland.
Die Königin erfreut sich nach englischen Blättermeldungen fortgeseßt guter Gesundheit. Jhre Majestät wird, soweit bis jet bestimmt ist, bis zum 27. Februar in Osborne bleiben und dann nah Windsor übersiedeln. Mitte März soll dann die Neise nah Hyères angetreten werden.
Die Prinzessin von Wales, Prinz George und die Prinzessinnen Victoria und Maud werden sih zu ihrer Erholung nicht nah Cannes begeben, wie es ursprünglich hieß, sondern nah St. Raphael, wo die hohen Herrschaften in der Nähe der Küste eine Villa für die Zeit von sechs Wochen ge- miethet haben. Vor einigen Tagen haben sih der Prinz und die Brin eipn von Wales nach Eastbourne begeben, wo sie bis zur Abreise der Prinzessin nah Süd-Frankreich als (Gäste des
Herzogs von Devonshire in dessen Wohnung Compton Place weilen werden.
F
Prinz Christian zu Schleswig-Holstein hat si von dem Unfall, welcher ihm vor einiger cit auf der Jagd zustieß, indem er einen Streifshuß in das Auge. erhielt, jeßt völlig erholt. Am Donnerstag v. W. sfiedelte das Prinzliche Paar nach Cumberland Lodge im Schloßpark von Windsor über.
Das Ergebniß der neulichen Ersaßwahl in Rossen- dale, dem früheren Wahlkreise des Führers der liberalen Unionisten, des Marquis von Hartington, zu Gunsten der Gladstonianer, steht noch immer im Vordergrunde des politischen Interesscs. Auch die conservativen Wochenblätter „Saturday Re- view“ und „Spectator“ können niht umhin, ein ernstes Anzeichen für die Stimmung der Wähler in dem Ergebniß zu sehen. Das letztgenannte Blatt hält es sogar für nicht unwahrscheinlich, daß noch andere Wahlkreise dem Beispiele Nossendale's bald folgen würden. Bei den Liberalen ist das stürmische Verlangen nah sofortiger Auflösung des Parlaments, welches sih unter dem Jubel über den Sieg von NRossendale geltend machte, mittlerweile kühleren Erwägungen gewichen. Besonnene Liberale halten es gar nicht für möglich, eine Auflösung zu erzwingen.
Wie der „Standard“? erfährt, würde der Erste Lord des Schagzamts Balfour gleich nach dem Zusammentritt des Parlaments im Unterhause einen Entwurf zur Aenderung der irishen Localverwaltung einbringen.
Gladstone hat wegen der noch immer in England herrschenden Jnfluenza seine Rückkehr aus Biarriß um einige Wochen verschoben.
Der Minister für Landwirthschaft Chaplin cr- öffnete am Freitag in Ely die erste der Conferenzen land- wirthshaftliher Arbeiter, welhe als Gegengewicht gegen die kürzlih in London abgehaltene Farmerconferenz der Liberalen dienen sollen. Der „A. C.“ wird über den Verlauf der Conferenz berichtet :
Von den 242 Delegirten der Grafschaften Norfolk, Suffolk, Lincolnshire, Cambridgeshire und Huntingdonfshire waren 126 wirklich ländliche Arbeiter, die übrigen meistens fleine Stellenbesißer. Der Minister Chavlin stellte in feiner Eröffnungsrede als Thema der Be- rathungen die Frage hin: wie nah der Ansicht der Anwesenden der Noth der englischen Landwirthschaft abzuhelfen sei, oder wie sie wenigstens gemildert werden fönne. Der englische Farmer könne kaum mit dem Aus- lande concurriren: dauere aber der Strom des Zuzugs vom Lande in die Städte fort, so würden die Schwierigkeiten geradezu unbe- siegbar sein. Was könne den landwirtbschaftlihen Arbeiter auf dem Lande zurückhalten? Welche ländlichen Reformen ließen fih ein- führen? Zum Schluß versprach der Minister, der Regierung die ge- äußerten Vorschläge mittheilen zu wollen. Dann begannen die eigent- lien Verhandlungen mit der Berathung über Kleinstellen und Land zur eigenen Bebauung des Arbeiters. Dic meisten Delegirten waren der Meinung, daß der Arbeiter noch immer zu wenig Land für die eigene Benußung erhielte, obwohl der Landeigenthümer nicht zur Abtretung von Grund und Boden gezwungen werden solle. Zur Beschlußfassung über diesen Punkt kam es niht. Dann gelangte die geplante Landgemeindeordnung mit ihren Kreis- und Dorfämtern zur Sprache. Hierbei gingen die Ansichten weit ausein- ander: die Einen waren dafür, die Anderen dagegen. Bezüglich der Wobnungen der Arbeiter auf dem flachen Lande wurde anerkannt, daß diese zwar äußerlid nicht sehr ansehnlih, aber doch weit besser seien als die meisten städtishen Arbeiterwohnungen. Schließlich gab der Minister cin NResumé der Berathungen. Er erklärte, die Conservativen hâtten nichts gegen Kreisämter: was das Land zu eigener Bebauung betreffe, so sei es am besten, wenn der Arbeiter sih mit seinem Gutsherrn einigte. Dagegen wolle die Regierung eine Bill über Kleinstellen einbringen, damit die Kluf& zwischen Farmer und Arbeiter überbrückt würde. Was die Altersversicherung betreffe, fo sei es am gerathensten, dabei so wenig wie mögli die Hilfe des Staats in Anspruch zu nehmen. Das englische Arbeiterhaus, wie es jegt wäre, sei allerdings wohl nicht der geeignete Nuhebafen für alte und {wache Arbeiter.
In Blackwall lief am 31. v. M. der neue britische Kreuzer „Grafton“ vom Stapel. Die Taufe vollzog die Gemahlin des Marine-Ministers, Lady George Hamilton. Der „Grafton“ is ein doppelschraubiges „Barbette“-Schiff. Die Maschinen haben 11 000 Pferdekräfte, die Fahrgeshwindigkeit soll 20 Knoten stündlich sein: die Baukosten haben 750 000 Pfd. Sterl. betragen. Der Bau der „Empreß of Jndia“, des einen der aht Schlachtschiffe erster Klasse, welhe nah dem Flotten- vergrößerungsplan herzustellen sind, nähert sich der Vollendung. Diese Schiffe sollen 14000 t Wasserverdrängung haben und 171/54 Knoten in der Stunde zurücklegen. Vier von den acht Schiffen werden auf Privatwerften gebaut, die übrigen vier auf den Staatsschiffsbauhöfen.
Wie die „A. C.“ erfährt, haben die Verhandlungen, welche in Kalkutta und Darjeeling seit langer Zeit zwischen den Vertretern Indiens und Chinas über die Frage stattfinden, inwieweit Thibet dem britischen Handel eröffnet werden soll, nunmehr ihren Abschluß gefunden. Die Vertragsurkunde wird jeßt nah Lhassa, der Hauptstadt von Thibet, gebracht, damit die dortigen Machthaber sie genehmigen. Jn dem Vertrage sind niht nur Bestimmungen über Handel und Zölle getroffen, jondern auch über das Weidereht auf beiden Seiten der Grenze zwischen Sikkim und Thibet: der leztere Punkt joll pat meisten Schwierigkeiten bei den Verhandlungen verursacht
aben.
Frankrei.
Die am Sonntag von dem spanischen Botschafter Herzog von Mandas dem Minister des Auswärtigen Ribot über- reichte Note (siehe die gestrige Nr. des „R.- u. St.-A.“) giebt, wie „W. T. B.“ berichtet, cine geschichtlihe Darstellung der französish-\spanischen Handelsvertragsverhandlungen und schließt mit dem Wunsche, daß eine Verständigung zu stande kommen möge.
Der Deputirte Mahy hat an den Minister des Aus- wärtigen RNibot ein Schreiben gerichtet, in welchem er an- fragt, ob es wahr sei, daß die Regierung von Mada- gascar einer englishen Gesellshaft ausgedehnten Grundbesiß auf der Insel überlassen habe. Der Minister Nibot erneuerte in seiner Antwort auf dieses Schreiben die am 27. Oktober in der Deputirtenkammer abgegebenen Er- klärungen, worin er versicherte, daß die französishe Regierung sih weigern würde, derartige Concessionen anzuerkennen.
Ueber die in diesem Jahre stattfindenden Manöver sind nah dem „Journal des Débats“ folgende Bestimmungen getroffen worden: Jm August werden die 15., 16., 17. und 18. Kavallerie-Brigade während der Dauer von 12 Tagen gemein- same Uebungen abhalten, an denen je eine reitende Abtheilung der 17. und 18. Artillerie - Brigade Theil nehmen wird. Jm September werden das 9. und X11. Armee - Corps gegen cinander manóvriren. Beide Corps werden durch cine aus 4 gemischten Regimentern bestehende Division verstärkt, von denen die für das TX. Corps be- stimmte in der 5. Region, die für das XII. Corps bestimmte
im Bereih der 17. Region einberufen werden wird.
lichen Unter richt bestimmten Gelder niht zweckentsprehend
Divifionsübungen finden bei dem Ill. TV.,, XI. und XV1. Armee-Corps statt. Die Zeit der Corpsmanöver ist auf
20; die der Divistonsmanöver auf 14 Tage angeseßt. Rußland und Polen.
Der Kronprinz von Schweden und Norwegen dinirte, wie dem „W. T. B.“ aus St. Petersburg gemeldet wird, gestern nah der Rückkehr von scinem Jagdausfluge bei S l f : Das Souper nahm der Kronprinz bei dem Prinzen Alexander von Oldenburg ein.
Zum Director des Eisenbahn-Departements im Megebau-Ministerium ist der „Köln. Ztg.“ zufolge der General- : Das Tarifwesen der Kroneisenbahnen und der Privateisenbahnen soll, wie „W. T. B.“ vernimmt, nach dem jeßt erfvlgten Rücktritt des Ministers von Hübbenet an das Finanz-Ministerium übergehen.
U 1 j hen Arbeiten in den Nothstandsbezirken wird sich der General - Lieutenant Annenkow, wie die „St. Pet. Ztg.“ erfährt, binnen kurzem in das Innere des Reichs begeben. Scin Gehilfe, der Wirk- lihe Staatsrath Meschtsherinow, if zur Organisation der Arbeiten in den Gouvernements Nowgorod, Nijhni-Nowgorod abcom word dem General Domänen - Ministeriums zucommandirte Vice-
der Großfürstin Katharina Michailowna.
Lieutenant Petrow ernannt worden.
ur Organisation der öffentli
und Kasan abcommandirt worden. Der seitens des / Inspector Tichonow begiebt sich ebenfalls nah Nishni-Nowgorod.
Im Kasanschen Gouvernement werden die Arbeiten durch die itrenge Kälte sehr behindert, während die Leute sih zu den
Arbeiten drängen und die Lebensmittelpreise stark steigen. Am 28. v. M. hat man begonnen, von der Transkaspi-Bahn bestellte Holzshwellen und Pfosten fertig zu stellen. Gegen 1250 Bauern mit 650 Pferden haben trotz der starken Fröste standgehalten.
Jtalien.
_Die italienishe Kammer hat gestern die Berathung des Geseßentwurfs zum Schuze der Kunstgalerien begonnen. Der Deputirte Mariotti hatte dazu eine Jnterpellation an den Unterrichts-Minister- cingebraht, worin er über die Gründe für die Beschlagnahme der Galerie Sciarra (vergl. unten) Auskunft zu erhalten wünshte. Der Minister erwiderte dem „W. T. B.“ zufolge: Er und der General- Staatsanwalt seien der Ansicht, die Galerie Sciarra gehöre zu dem Familien-Fideicommiß; er habe ungefähreine Million für den Ankauf der Galerie geboten, die Verhandlungen seien jedoch resultatlos geblieben. Er habe E die Segucstrirung angeordnet, wobei sih herausgestellt habe, daß fünfzig der besten Kunstwerke fehlten. Hierdurch sei die Uebertretung des Edicts Pacca und die Verlegung des jezt zu berathenden Ge- seßes erwiesen. Wie der „Dixritto“ aus Rom mel- det, hat die Prinzessin Sciarra gegen die Be- s{hlagnahme Einspruch erhoben, indem sie erklärte, daß die Galerie niht zum Familien-Fideicommiß gehöre. Die fehlenden Gemälde seien hon zu der Zeit als die Com- mission der Kammer das Geseß wegen des Schußes der Galerie berieth, beiseite geshafffft worden. Die Deputirtenkammer hat noch in ihrer gestrigen Sißzung die ersten vier Artikel des Galeriegeseßzes angenommen. — Der Deputirte Damiani brachte cine Jnterpellation über die ostafrikanischen Angelegenheiten ein.
Einem Bericht der, Pol. Corr.“ aus Rom vom 30. v. M. entnehmen wir über die die Galerie Sciarra betreffende Angelegenheit noch Folgendes :
s Seit einigen Monaten processirte die italienishe Nec ierung gegen den Fürsten Sciarra, der den Catalog seiner Galerie vorzulegen ver- weigerte, weil diefe niht Fideicommiß sei. Mehrmals verlangte der Unterrichts-Minister persönlich die Galerie zu besichtigen. Die Mutter des ¿Fürsten wies thn ab und behauptete, die Schlüssel seien in den Händen ihres im Ausland befindlichen Sohnes. Am 29. v. M. ordnete das Ge- richt die provisorische Beschlagnabme der Galerie an. Am nächsten Tage ¡egte N bei der Inventaraufnahme, daß von zweihundert zur Galerie gehortgen Kunstwerken dreißig der hervorragendsten feblten, darunter Nafaecl’s „Violinspieler“, Tizian's „Bella“, Carravaggio's „Spieler“ und eine berühmte griehische Broncestatue. Man glaubt, Fürst Sciarra habe fie auf seinen beiden Auélandéreisen im verflossenen Sommer nach England geflüchtet, troß des Pacca-Edicts, das die Aus{ührung alter Kunstwerke verbietet. Es herrscht große Aufregung in der volitishen Welt, da Fürst Sciarra Abgeordneter ist. Wie ver- sichert wird, ist der König sehr besorgt wegen der heimlichen Aus- Tubrung der römischen Kunstsläte. Er hat das Ministerium er- sucht, möglichst bald alle Vorkehrungen gegen solhe Eventualität zu treffen, und hat ferner den Wunsch zu erkennen gegeben, eventuell durch persönlichen Ankauf von Kunstwerken zur Bildung einer National- Galerie beizutragen. Inzwischen is auch der Unterrichts-Minister Billari in der Kammer mit seinem Geseßentwurf über die Kegelung der Frage der römischen Kunstshäßze an die Deffentlichkeit- getreten und hat die Dringlichkeit der Berathung empfohlen. Nach diesem Gesegentwurf (dessen Berathung, wie oben mitgetheilt, in der Deputirtenkammer bereits begonnen hat) sollen jährlich 900 000 Lire für die Anschaffung von Kunstwerken aus- ge orfen werden. _Es sind ferner Strafen vorgesehen worden für den Fru iGen Berktauf von folchen Gegenständen. Schließlich werden Ver- welche bieslbe nit verkanser nsen Calid aber ibe Lie U cic it v ( 4 c y io Meitts ¡n ihrer Gcbbaie bu ollen, zugleih aber nit die Mittel
N , - S . wt Das Befinden des Papstes ist, nah einem Privat- Cegramm der „Germania“ aus Rom vom 1. Februar, seit E Seite Die E und Prälaten werden
S deiligkeit wieder zu ißi Audi empfangel g zu den regelmäßigen Audienzen os Wahl des neuen Generals des Jesuiten- della 0 Ves ege des „W. T. B.“ in Rom, im dor El A s E er im südamerifkanischen Collegium, nicht idre Ss h er d. Z. stattfinden, da fich die Jesuiten, so lange Le SQuien geöffnet sind, niht zu Provinzial-Capiteln zur
temennung der Wähler des Ordens-Generals versammeln
Schweiz. Is zj Bern ist gestern das Schiedsgericht in Sachen Sigu ie Delagoa-Bai betreffenden Streitfrage zu einer nabme zUj)ammengetreten, an der sämmtliche Mitglieder theil- ir “ap „Das Schiedsgericht stellte endgültig die Bestimmungen Beschlü einzuschlagende Proceßverfahren fest, und die gefaßten lüsse wurden sofort den Parteien übermittelt. Italie Handelsvertragsunterhandlungen mit len sind, nahdem die Delegirten aus Rom und Bern
neue Instructio stern in Zürich wi : nen erhalten haben, gestern in Züri ch wieder aufgenommen worden. ° ci d
D Türkei. Dschela General-Gouverneur von Kreta, Mahmud pk aleddin Pascha hat, der „P. C.“ zufolge, kürzlich értaien Unterrichtsbehörden der Jnsel ein Kundsret en rasen, worin er sih darüber bekiagt, daß die für den öffent-
verwendet würden. Namentlih wünsht der General-Gou- verneur eine unparteiüishe Berücksihtigung der beiden Haupt-
lichen. Das Rundschreiben weist darauf hin, daß im Interesse
Mächte in eine provisorishe Erhöhung der Ein ü ihrer Waaren eingewilligt hätten, airs wr Wes ge gedL ren den bezeichneten Zweck zu verwenden sei. Der General- Gouverneur fordert daher die maßgebenden Persönlichkeiten auf, in detaillirten Berichten an ihn die Bedürfnisse der Ge- meinden in Bezug auf das Schulwesen darzulegen. & Serbien. _ Belgrad, 1. Februar. Der bulgarische Emigrant R iz o1 E D: D O bis zu feiner demnächst beabiidd- Abreise nah Rußland heute in iesi Fes internirt worden. G y bang T6 a Bulgarien. Sofia, 1. Februar. Die bulgarische Note in d Angelegenheit Chadourne if nad gh Mittheilung des W__T.. B“ dem französishen Vertreter Lanel mit- getheilt worden. Dieser stattete heute dem Minister des Aeußern Grekow einen Besuch ab und erklärte den Zwischen- fall nunmehr für ges{chlossen und die Beziehungen für wieder aufgenommen. Grekow und Lanel tauschten bei dieser SEE eral Versicherungen aus. egenüber dem in Belgrader Telegram1 - hobenen Widerspru ch ehe Nr. 20 des D u. St-A - vom 23. Januar) wird von authentisher Seite versichert, daß am Neujahrstage der serbishe Minister des Ausnäârtigen thatfählih dem diplomatishen Agenten Bulgariens einen Besuch abgestattet und die Glückwünsche des Königs, der Regentschaft und der serbischen Regierung für den Prinzen Ferdinand und die bul- garishe Regieru ng ausge}prochen habe. Der Minister des Auswärtigen Grekow habe diese Glückwünsche dur den bul- garishen Agenten Dimitroff im Namen des Prinzen Fer- dinand und der bulgarischen Regierung mit dem Ausdrucke des Dankes erwidert. In der Nähe der türkischen Grenze bei Burgas fand ein Zusammenstoß von Gendarmerie, die von Landleuten unterstüßt war, mit der Bande eines bekannten, von den türkishen Behörden verfolgten Räuberanführers statt. Leßterer sowie zwei der Landleute wurden getödtet und zwei der Räuber gefangen genommen.
Amerika. Nach ciner in Paris eingegangenen telegraphishen Mel- dung aus Rio de Janeiro hat der brastlianlide Kriegs-Min ister demissionirt und der Marine-Minister einstweilen dessen Ressort mitübernommen. : Ueber Santiago, vom 29. Januar, wird der „Times“ ge- meldet, daß nah dort eingetroffenen Telegrammen aus Argentinien die Gerüchte über angeblihe Truppenaufstände und blutige Zusammenstöße unbegründet scten. |
Afrika. Aus Sansibar wird dem „Reuter shen Bureau“ ge- meldet, daß der britishe General-Konsul am 1. Februar unter zustimmenden Kundgebungen der Bevölkerung den dortigen Hafen zum Freihafen für alle Waaren, ausgenommen Waffen und Munition, erklärt hat. A
Parlamentarische Nachrichten.
___ Dem Herrenhause ist der nachstehende Geseßentwurf über die äußere Heilighaltung der Sonn- und Fest- tage in den Provinzen Schleswig-Holstein, Han- nover und Hessen-Nassau, sowie in den Hohen- zollernshen Landen zugegangen: /
e Einziger Paragraph. / e Ober-Präsidenten und Regierungs-Präsidenten sind ermächtigt, über die äußere Heilighaltung der Sonn- und Festtage Polizei- verordnungen auf Grund des Gefeßes über die allgemeine" Landes- verwaltung vom 30. Juli 1883 zu erlassen. Mit dem Inkrafttreten dieser Polizeiverordnungen treten die in den bestehenden Gesetzen, landesherrlichen und sonstigen Verordnungen enthaltenen Vorschriften über die äußere Heilighaltung der Sonn- und Festtage außer Kraft. Die Begründung des Entwurfs lautet: __ Die Gewerbeordnungs-Novelle vom 1. Juni 1891 regelt in den SS 105 bis 105i die Beschäftigung gewerblicher Arbeiter an Sonn- und Festtagen, läßt aber im § 105 h die weitergehenden landesgefet- lichen Beschränkungen der Arbeit an Sonn- und Festtagen unberührt. Diese reihsgeseßlihe Regelung greift so tief in die gewerbliche Arbeit und insbesondere in den Handeléverkehr an Sonn- und Festtagen ein, daß die bestehenden Vorschriften über die äußere Heilighaltung der E und Festtage einer völligen Umarbeitung zu unterziehen sein verden. In den neun alten Provinzen bietet diese Umarbeitung wenigstens feine formellen Schwierigkeiten, da die Allerhöchste Cabinetsordre vom 7. Februar 1837 (Geseß-Samml. S. 19) den Erlaß von Verord- nungen über die äußere Heilighaltung der Sonn- und Festtage den Regierungen übertragen hat, an deren Stelle nah dem Landesver- waltungsgeseß vom 30. Juli 1883 die Ober-Präsidenten und Re- o Trlibenten getreten find. In den drei neuen Provinzen estehen dagegen noch aus der Zeit vor ihrer Einverleibung in Preußen Gesetze oder landesherrlihe Verordnungen, welhe zum theil sehr weitgehende, wenn auch thatsählich wenig gehand- habte Beschränkungen des Sonntagsverkehrs enthalten. Es kommen bierbei namentlih in Betracht: 1) für die Provinz Hannover die landesherrliche Verordnung vom 25. Januar 1822, die Feter der Sonn- und Fest-, auch Buß- und Bettage betreffend, 2) für die Provinz Schleswig-Holstein (exclusive Lauenburg) die landesherrliche Sabbathordnung vom 10. März 1840, 3) für den Kreis Lauenburg die aus hbannoverscher Zeit stammende landesherrlihe Verordnung, betreffend die Feier der Sonn- und Festtage, vom 4. März 1803, 4) für die Provinz Hessen-Naffau: a. im alten Kurfürstenthum Hessen das Regierungsausscreiben vom 13. Mai 1801, die Sabbathsvergehen be- treffend, b. im Bezirk des früheren Bisthums Fulda die Sabbathsordnung vom 16. August 1770, der Regierungsbeshluß vom 21. September 1770 und das Regierungsausfchreiben vom 9. Dezember 1788, c. in den vor- mals baverishen Gebiectstheilen, dem Kreise Gersfeld und dem Amts- bezirk Orb die bayerische Verordnung vom 30. Juli 1862 und Art. 105 des bayerischen Polizei-Strafgeseßbuches, d. in den vormals Greßherzoglih bessishen Gebietstheilen das Großherzogli hessische Polizei-Strafgeseß vom 30. November 1855, e. für die Stadt asel eine auf landesherrlichen Befehl erlassene Polizeiverordnung vom 20. Dezember 1816 mit Nachträgen vom 10. Öktober 1825 und 11. Mai 1841, f. für das Gebiet der ehemaligen Freien Stadt Franfk- U a Sli Me a D eRS h A a g. für die vormals Land( ) en-homburgishen Gebiets i S Dee g stheile die Verordnung vom _ Der materielle Inhalt dieser Vorschriften is äußerst ver- schieden; manche derselben sind mit den heutigen Verkehrsbedürfnifsen
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elemente der Bevölkerung, des mohamedanischen und des christ- der Hebung des öffentlihen Unterrichts auf Kreta einige Mehrerträgniß für
hörden sic au nur theilweise zu handhaben versuchen. Dahin gehören beispielsweise das Kurhbessishe Regierungsauss{reiben vom 13. Mai 1801, welches das ösffentlihe Kaufen und Verkaufen außer von Speisen und Getränken s{lechtweg an Sonn- und Festtagen ver- bietet, und die Polizeiverordnung vom 20. Dezember 1816 für die Stadt Caffel, nach welcher an diesen Tagen alle Kaufmanns- lâden und Werkstätten ges{lossen bleiben follen. Die betheiligten Erwerbskreise haben seit Jahren und auch wieder neuerdings die Aufhebung dieser veralteten Vorschriften und Gleich- stellung des Handelsverkehrs ihres Bezirks mit denjenigen der übrigen preußischen Landestheile beantragt. Insbesondere hat der Vorstand des hessishen Städtetags in einer an das Gesammt-Staatsministerium gerichteten Eingabe vom 30. Juni 1891 im Hinblick auf die Gewerbe- novelle vom 1. Juni 1891 die baldmöglihste Aufhebung der Kur- bessischen Sabbatbordnung vom 13. Mai 1801 beantragt. Auch ohne die neue reihsgeseßlihe Regelung der Sonntagsarbeit würde diesem Ver- langen entsprochen werden müssen, da es nit länger angängig erscheint zwingende geseßliche Vorschriften, derén Gültigkeit zweifellos ist, unaus- geführt zu lassen oder ihre Handhabung in das Belieben der jeweiligen Polizeibehörden zu stellen. Der Entwurf stellt denselben Rechts- zustand für die neuen LandEtheile" her, welcher in den neun alten dur die Allerhöchste Cabinetsordre vom 7. Februar 1837 geschaffen ist. Er hebt nicht die gesammten alten Geseze und Verordnungen auf, sondern nur die in denselben enthaltenen Vorschriften über die äußere Heilighaltung der Sonn- und Festtage, und zwar nit sofort, jondern erst mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Polizei: verordnungen des Ober-Präfidenten oder der Regicrungs-Präsidenten. Der übrige Inhalt der alten Geseze und Verordnungen, soweit die- selben andere Gegenstände, z. B. die Festseßung der Bukß- und Bet- tage, betreffen, bleibt fomit in Kraft. — In den Hohenzollernschen Landen besteben Geseße oder landesberrlihe Verordnungen über die äußere Heilighaltung der Sonn- und Feiertage nicht. Vielmehr ist bier {on seither die Regelung dieses Gegenstandes im Wege der Polizeiverordnung erfolgt. Da jedo in den Hobenzollernshen Landen die Allerhöchste Cabinetsordre vom 7. Februar 1837 (Gesez-Samml. S. 19) nit zur Einführung gelangt ift, emvfieblt c die Ausdeb- nung des Geseßentwurfs auf diese Landestheile sowobl im Intereffe L Des N S A 0 i O „ZntereNe der Gleichförmigfkeit als auch zur Schaffung einer rechtlich zweifellesen Grundlage für die polizeiliche Rel.
Nr. 1 des Archivs für Post und Telegra phie (Beibeft zum Amtsblatt des Reichs-Postamts, herausgegeben im Auftrage des Reichs-Postamts) hat folgenden Inhalt: 1. Actenstücke und Aufsätze: Das Telegraphenwesen in Holland und Belgien. — Zur Geschichte der Postverbindungen von Koblenz. — Die belgische Staatssvarkasse im Jahre 1890. 11. Kleine Mittheilungen: Postwesen in China. — Preisausschreiben für ein neues elektrisdes Element. — Elektrisches Licht in Hammerfest. 111. Literatur des Verkehrswesens. A
Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts.
E L Ot C4 L (A i A ML Zwischen zwei Grundbesißern inSchleswig-Holstein war
Streit, ob dèr eine von ihnen gemäß §. 1 der Wasserlösungs- Drdnung für die Großdistricte des Herzogthums H olstein vom 16. Juli 1357 verpflichtet sei, das von dem Nachbargrundstück nach dem natürlichen Gefälle ibm zugeführte Wasser aufzunehmen und weiter zu leiten. Nachdem der Landrath eine Entscheidung (§8 10 a. a. D.) getroffen, wurde Klage beim Bezirksausschusse erhoben (S 82 des Zuständigkeitsgesezes). _Der Bezirksausshußz behandelte als Parteien. den Kläger und den Landrath. Erst auf Be- [chwerde des zweiten Grundbesißers wurde diefer zum Proceß zugezogen und ihm das bereits zwishen dem Kläger und dem Landrath ergangene Erkenntniß behändigt. Darauf legte er Berufung ein, welcher das Ober-Verwaltungégeriht in der Entscheidung vom 17. Dezember 1891 111 1135 aus folgenden Gründen stattgab: A E __ Der § 82 des Zust. Ges. giebt die Klage im - Verwaltungs- streitverfahren für den Geltungsbercich der Waßerlöfungsordnung für die Großdistricte des Herzogthums Holstein gegen zwet Arten von wasserpolizeilihen Entschließungen der Landräthe, nämlich 1) gegen folche Verfügungen, „durch welche die Betbeiligten zur Grfüllung der durch das Geseß oder die rechtlich bestehenden Negulative bestimmten Verpflichtungen angehalten werden“ (S 2 Abl 1 Ne 1), : : gegen Entscheidungen „über Streitigkeiten unter den Be- theiligten über die ihnen aus dem Gesetz oder aus den rechtlich bestehenden Regulativen entspringenden Rechte und Pflichten“ (§ 82 Abj. 1 Nr. 2). : ___In den Fällen zu 1 geht die Klage auf Aufhebung oder Ab- änderung der Verfügung, durch welche der Kläger sih beschwert fühlt. Sie kann nur gegen denjenigen, der die Verfügung erlaffen bat, also nur gegen den Landrath gerichtet werden. __ In denFâllen zu 2 ift vom Landrath keinerlei An er dnung getroffen, sondern in einem Streitezwischen Betheiligten, also zwi)chen zwet oder mehreren Parteien, ein Act administrativer Nechtsprechung geübt. Durch die Anstellung der gegen den Spruch des Landraths gegebenen Klage wird der zwischen den Parteien bestehende Streit der Ent- scheidung der Verwaltungsgerichte unterbreitet. Diese Klagen dürfen daher nicht gegen die Landräthe, sondern nur gegen die dem Kläger e dene, sich mit ihm streitende Partei — gegen den Mit- etheiligten — gerihtet werden. : - __ Das Ober-Verwaltungsgericht führt dann näher aus, daß hier ein Streit unter Betheiligten über die ihnen aus dem Gesetze ent- springenden Rechte und Pflichten bestehe und die Nichtzuziehung des zweiten Grundbesigers einen wesfentlihen Mangel des Verfahrens dar- stelle, welchem in der -Berufungsinstanz nicht mehr abgeholfen werden könne. Sowohl für die rechtlibe Beurtheilung des vorliegenden Rechtsstreits als für die thatsächlihe Würdigung des von beiden Seiten vorgebrachten Beweismaterials sei von erheblicher Bedeutung, ob dem Beklagten zwei Instanzen offen ständen oder nur eine. Es sei daber die Sache zur anderweitigen Verhandlung zwischen den eigentlichen Parteien an den Bezirksauss{huß zurückzuweisen. E
_ — Die Kirche zu H. hatte seit dem vergangenen Jabrhundert das Schulgeld für die armen Schulkinder aus der Kirchen kasse be- stritten, früher nah Köpfen derselben zu Händen der Lehrer, seit dem Jahre 1833 in dem firtrten Jahresbetrage von 120 zur Schulkasse. Sie_ weigerte sich, fernere Zahlung zu leisten, nachdem mit dem 1. Oktober 1890 infolge der Geseße über die Erleichterung der Volks\chullasten bei der Schule zu H. die Erhebung von Schulgeld in Fortfall kam. Jn dem dieserhalb zwischen der Schule und Kirce entstandenen Rechts\streite hat das O.-V.-G., Erster Senat, mittels Endurtheils vom 16./1. 1892 entschieden, daß die Kirche zur ferneren Zahlung des Schulgeldes für arme Kinder nicht verpflichtet sei, weil fte der Schule Zuwendungen nur zu einem bestimmten Zwecke gemacht habe, dieser Zweck fernerhin nicht erfüllt werde, und sonach die §§ 153 Th. 1. Tit. 4 u. 73 ff. Th. I]. Tit. 6 A.-L.-N. Plaß griffen, wonach jeder Anspru auf Fortgewährung der bisherigen Leistungen dann er- lôsche, wenn der Zweck nicht erfüllt werde, zu welchem sie ge- währt seien. Eine Erörterung der Frage, auf welhem Rechtsgrunde die Verpflihtung der Kirhe zur Zahlung des Schulgeldes für arme Kinder beruhe, wurde deshalb für entbehrlih erachtet.
Gesnudheitäwesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.
Auch in dieser Woche vom 17. bis 23. Januar hielt die Besse-
rung in den Gesundheitsverhältnissen in Berlin an und auch die Sterblichkeit wurde eine geringere (von je 1000 Lebenden starben 19,9
niht vereinbar und stoßen auf beftigen Widerspru, wenn die Be-
aufs Jahr berechnct). Zwar kamen auch in dieser Woche acute