1892 / 31 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 04 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

legenheit wird Herr Meyder mehrere Compositionen aus der neuen Strauß’schen Oper „Ritter Pázmán“” zum ersten Mal in Berlin zur Aufführung bringen.

Das Programm des am nächsten Montag stattfindenden VIT. Pbilharmonishen Concerts unter Leitung Hans von Bülow 's und solistisher Mitwirkung der Claviervirtuosin Fräulein Sophie von Poznanski fowie des Tenoristen Herrn Raimund von Zur-Mühlen bringt die Ouverture zu Berlioz? komisher Oper „Beatrice und Benedict“, das IV. Clavier-Concert von Rubinstein, eine Arie aus Rubinstein's „Sulamith“, eine Reihe von Claviersoli, eine Arie aus Delibes? „Lakmé“ und Schubert's C-dur-Symphonie. Dienstag, den 9. Februar, giebt Alice Barbi in der Sin g- Akademie ihren zweiten Liederabend mit neucm Programm. Der II]. Quartettaben d der Herren Professor Josef Joachim und Genossen findet Dienstag, den 16. Februar, in der Sing- Akademie statt. Der Kartenverkauf für alle drei Concerte ift bei Bote u. Bock eröffnet. e

In der „Freien musikalishen Vereinigung“, welche sich beute Abend 8 Uhr im Sulzer’shen Musiksaale, Potsdamer- straße 27, versammelt, werden Lieder von Mar Loewengard, Mar Puchat, Johann S. Svendsen, Gräfin Schlieffen und Hedwig Nosen- feld und Violoncellstücke von Otto Dorn und. Wilhelm Popver zum

Vortrage gelangen.

Mannigfaltiges.

In der gestrigen Magistratssißung wurde die Berathung des Stadthaushalts-Etats fortgeseßt. Der Etat der Bau- waltung, Straßen- und Brückenbau, schließt, wie wir der „Voss. Ztg.“ entnehmen, in Einnahme ab mit 4653 795 A und in Ausgabe mit 12126 431 #4, der erforderlihe Zuschuß beträgt somit 7472636 ÆÆ Der Etat der Hochbau-Verwaltung ließt ab in Einnahme mit 3600000 s und in Ausgabe mit 8099 008 #Æ, der Zuschuß beträgt mithin 4 499 008 M. In Einnahme gestellt sind für den Neubau einer Irrenanstalt bei Lichtenberg und zum Neubau der Pflege-Anstalt auf der Feldmark Biesdorf 1 400000 bezw. 2 000 000 #, zum Ausbau der beiden Dammmühlen und ihre Vereinigung dur einen Vorbau am Mühlendamm zu einem einheit- lichen Gebaude 124 500 A In Ausgabe eten sind außer beträcht- lichen Summen für Schulbauten die Rest-Baurate für die Erbauung einer Volks-Badeanstalt mit 118 000 A Der Etat der Verwaltung der städtishen Wasserwerke für das Betriebsjahr 1892/93 {chliezt ab in Einnahme im Ordinarium mit 6746 316 4, im Ertraordinarium mit 4 820 869 4, zusaminen also mit 11567 135 4. In Ausgabe gestellt find an Verwaltungskosten 182 788 X, Betriebskosten 1 397 627 1, Amortisation und Zinsen 2 892 659 Æ, Dae 175 000 M, für die Werkstatt 83539 #, für das Bauamt 34 440 #, Pensionen und Unterstüßungen 11 000 4, zum Reserve- und Erneuerungsfonds 100000 Æ. u. f. w.; der an die Stadthauptkasse zu zahlende Uebershuß zur Verwendung für allgemeine Communalzwecke beträgt 1 893 703 A Der Etat, betreffend die Ge- meindeshulen, {ließt ab in Einnahme mit 87 077 Æ, in Ausgabe mit 9297 997 Æ, der von der Stadthauptkasse zu leistende Zuschuß beträgt also 9210 920 4.

Die Ausstellung lebender Blumen in der japanischen Aus- stellung im Kunstgewerbe-Museum hat an Glanz noch zugenommen. Die älteren Gewinde werden durh neue erseßt, weitere Aussteller sind hinzugetreten. Commerzien-Rath Spi ndler hat eine besondere Merkwürdigkeit eingeshickt : drei Zwergbäume, einer Cypressenart angehörig, gegen 200 Jahre alt. Der Besuch der Ausstellung ist ein glänzender. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Albreht haben sie gestern besuht; die Hofgesellschaft, Künstler- und

t vom 4. Februar, Morgens.

_—

Georges. fang 7 Uhr.

c

fius 4%.

Wetter.

Stationen. Wind.

fang 7 Uhr.

Temperatur in 9 Cel

99%,

E einstudirt : 9 Regen 2\wolfig 3'Schnee 3 'bedeckt 2 halb bed.

\till|bedeckt 1 Nebel N bedeckt

Mullaghmore Aberdeen Christiansund Kopenhagen . Stockholm . e ¿

t.Petersbg. Moskau. .. | Cork, Queens-

town | Cherburg .. 2 |bedeckt E s 5 5 2 halb bed. M... 46 |9 2wolki mburg ) 1/Nebe winemünde 1/Dunst Neufahrwasser | 1Nebel Memel C 2 Nebel

Maris S 2 Regen ünster

e 3\bedeckt Karlsruhe . . 4 bedeckt Wiesbaden . 3|Schnee München 6'Regen Chemniy 3 [wolkig Berlin .…. 2\wolkig Wien .…..

3\bedeckt | Breslau. WNW 1|bedeckt | Nizza .…

NW 6\wolkenlos | Triest E stillhalb bed. |

Uebersicht der Witterung.

Das barometrische Minimum, welches gestern über der Nordsee lag, ist mit rasch abnehmender Tiefe ostwärts nah der Odermündung fortgeschritten; ein anderes Minimum liegt über Galizien, eine neue Depression naht vom Ocean, nordwestlich von Schottland und veranlaßt auf den Hebriden \tür- mishe Südwestwinde. Am höchsten ist der Luft- druck über Südwest-Eurova. In Deutschland ist das Wetter vorwiegend trübe und durchschnittlich etwas fälter; vielfa sind daselbst Niederschläge ge- fallen. Im Innern Rußlands herrsht verhältniß- mäßig milde Witterung. Regen. : in 4

Deutsche Seewarte. | fang 4 Uhr.

No

Frauen.

Mar Grube.

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4 At Crampton.

|

Po Io MRMRROOCOoMROUWNSO

Vorstellung.

Sonntag : besißer.

menceau. Sonnabend:

Robert Misch.

Sonntag: pfeil. sechste Sinn.

von Wolzogen.

Theater - Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Freitag: haus. 33: Vorstellung. Cavalleria rusti- : cana (Bauern - Ehre). Oper in 1 Aufzug Fripsche. von Pietro Mascagni. ext nach dem gleih- namigen Volks\tück von Berga. In Scene geseßt vom Ober - Regisseur Teblaff. Dirigent: Musik- director Wegener. Vorber: Die Tochter des Regiments. Komische Oper in 2 Acten von G.

fang 7 Uhr,

Donizetti. Tert nach dem Französishen des St. Dirigent: Musikdirector Wegener. An-

_ Schauspielhaus. 36. Vorstellung. Zriny. Trauer- spiel in 5 Aufzügen von Theodor Körner. In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Max Grube. An-

Sonnabend: Opernhaus. : Merlin. A Nüfer.

allet von Emil Graeb.

Schauspielhaus. Lustspiel in 4 Aufzügen von Adolph Scene geseßt vom Ober-Regisseur

L'Arronge. In S : Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater.

Sonnabend: Don Carlos.

Sonntag: College Crampton.

Die nächste Aufführung von „Das Käthchen von Seilbronu“/ findet am Montag statt.

Berliner Theater. Freitag : 21. Abonnements3- Der Hüttenbesißer. Anfang 7 Uhr. Sonnabend: Esther. Der Geizige. (Ludw. Barnay, Agnes Sorma.) Nachmittags 2x Uhr: Abends 7x Uhr: Kean.

Lessing-Theater. Freitag: Der Fall Clé-

Zum 1. Male: und Der sechste Sinn von Gustav von Moser und

Nachmittags 24 Uhr: Abends 7 Uhr: Fräulein Frau und Der

Wallner-Theater. Lumpengesindel. Komödie in 4 Acten von Ernst S 74x Uhr. Sonnabend u. folg. a Sonntag: Nachmittags - Vorstellung zu bedeutend Biarriß meldet 26 mm ermäsgien Preisen. Ein toller Einfall. Schwank i cten von Carl Laufs.

Friedrich - Wilhelmstädtisches Theater. Freitag: Mit neuer Ausstattung zum 16. Male: as Sountagsfind. Operette in 3 Acten von Opern- ugo Wittmann und Julius Bauer. Musik von rl Millöter. Dirigent: Kapellmeister ecorationen aus dem Atelier von Costume vom Garderoben-Inspector Ventky. An-

Sonnabend: Das Sonntagskind.

Gelehrtenkreise bilden einen festen Stamm der Besucher, deren Liste jeßt täglih auf über 1200 steigt.

Rosenberg, 1. Februar. Aus Forsthaus Sobisch bei Sausen- berg im hiesigen Kreise wird dem „Oberschlesischen Anzeiger“ be- richtet: Am 31. Januar Mittags entlud fih über unserem Forst- hae ein arges Hagelwetter mit Sturm, Bliß und Donner- lägen.

Helgoland. Die Befestigungsarbeiten auf der Insel schreiten rüstig vorwärts. Der Bau eines Conversationshauses und einer Badeanstalt is vorbereitet. Die Kirchengemeinde hat den Anschluß der Insel an die evangelish-lutherische Kirhe der Provinz Schleswig- Holstein beschlossen.

Siklos (Ungarn). Am 27. Januar traf Ober-Licutenant Franz Kozma vom Husaren-Regiment Friedrih Wilhelm 111. König von Preußen Nr. 10 mit einer aus fünf Mann bestehenden Parole des vorgenannten Regiments in Sarajevo ein. Diese Patrouille hat den Weg von Siklos bis Sarajevo (etwa 400 km) in fünf Tagen zurückgelegt, was als eine außerordentlihe Leistung- betrachtet werden muß, umsomehr, da während des ganzen Rittes eine durhschnittlihe Temperatur von zehn bis zwölf Grad Kälte herrschte, die Straßen mit tiefem Schnee bedeckt waren und die Reiter wiederholt mit heftigen Schneestürmen zu kämpfen hatten. Wenn man bedenkt, daß diese Patrouille fünf Tage hinter- einander durchschnittlich 80 km täglih zurückgelegt hat, muß der Zu- stand, in dem sämmtliche Pferde in Sarajevo angekommen sind, ein vorzüglicher genannt werden. Die Reiter sind, wie die „Bosn. Post“ berichtet, sämmtlih vollkommen gesund und in bester Stimmung angelangt. Der commandirende General Baron Appel hat die Patrouille ges nach ihrem Eintreffen besichtigt und sih sehr lobend über den Zustand von Mann und Pferd ausgesprochen. Da der Hufbeschlag erneuert werden mußte, konnte nicht, wie beabsichtigt war, die Rückkehr am Tage nach der Ankunft also ohne Nasttag angetreten werden, sondern Ober- Lieutenant Kozma ritt, begleitet von allen Kameraden seiner Waffe, bei denen er während feines Aufenthaltes die herzlichste Aufnahme ge- funden hatte, am 29. SFanuar um §8 Uhr früh wieder ab.

London, 2. Februar. Nach London hat jeßt au Liverpool eine Marine-Ausstellung. Seit einigen Monaten unter Bei- hilfe der städtischen Behörden vorbereitet, wurde sie von dem Ersten Lord der Admiralität, Lord George Hamilton gestern formell eröffnet. Die weiten Räumlichkeiten der Walker’shen Kunstgalerie umfassen, der „A. C.“ zufolge, die gesammten Ausstellungs3objecte, ein Umstand, welcher die Besucher zwar der Annehmlichkeit einer Promenade im Freien beraubt, sie auf der] andern Seite jedoch auch vor den Unbilden ‘der Witterung s{chüßt. Die Sammlung der Kriegs- \chifffsmodelle, welche im vergangenen Sommer so lebhafte Bewunde- rung in Chelsea erregte, Modelle der zahlreichen Liverpooler Schnell- dampfer, Erinnerungen an die großen britischen Seesiege, Marine- bilder und zahllose andere Gegenstände, u. a. auch zwei Statuetten „Middie“ und „Eddien“, Schöpfungen des verstorbenen Prinzen Victor von Hohenlohe-Langenburg, sind ausgestellt.

London, 3. Februar. Während eincs heftigen Süd- Weststurmes wurde der große englishe Dampfer ,Meath“ aus Sunderland auf die niht weit von Holyhead befindlichen Clepart- felsen getrieben und daselbst allmählih von der wüthenden See zer- trümmert. Zum Glück hatte die Küstenwahe den Unfall bemerkt und ein MRettungsboot entsandt, dem es unter großen Schwierigkeiten gelang, die Mannschaft des Dampfers in Sicherheit zu bringen. Unter dem Sturm hatte au der bei MRuncorn in der Ausführung begriffene

burg. Freitag: Zum 8. Male:

Modebazar Violet.

Anfang 7# Uhr. 34. Borstellung. Neu Mng e 18 Große Oper in 3 Acten Hon Tert von Dr. Ludwig Hoffmann. Anfang 7 Uhr.

37. Vorstellung. Wohlthätige

‘von Ammergau.

Freitag: College

Anfang 74 Uhr

anz“. ; Anfang 7 Uhr. Sonnabend: 37. Ensemble-Gastspiel der Münchener. Der Herrgottschnißer von Ammergau.

Adolph Ernst-Theater. 43. Male: Der Tanzteufel.

Gustav Steffens. Ernst. Anfang 7# Uhr.

Der Hütten-

Direction: Emil Thomas. Heinemann. Anfang 74 Uhr.

Fräulein Frau | " Sonnabend:

Der Probe- | Musik von Richard Genée.

Residenz-Theater. Direction : Sigmund Lauten- Musotte. Sitten- bild in 3 Acten von Guy de Maupassant. In Scene geseßt von Sigmund Lautenburg. Schwank in 1 i: Benno Jacobson. In Scene gesetzt von Emil Lessing.

Die Aufführung von „Musotte“ beginnt um 8 Uhr. Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Belle-Alliance-Theater. Freitag: 36. En- | arra semble - Gastspiel der Münchener unter Leitung des e E Königlich bayerischen Hofschauspielers Herrn Mar | drelf Hofpauer. Zum 8. Male: Der Herrgottschnitzer Oberbayerisches Volks\tück mit Gesang und Tanz in 5 Aufzügen von Ludwig Gang- bofer und Hans Neuert. Im 3. Act: „Schuhplattl-

Gangpolie in 4 Acten von Ed. Jacobson und W.

Couplets theilweise von Gustav Görß. Musik von In Scene geseßt von Adolph

Sonnabend: Der Tanzteufel.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Freitag: Frau Doctor. Schwank in 4 Acten von Heinrich

Znm 1. Male: (Novität!) Roth- köpfchen. Vaudeville-Posse in 3 Acten von Meilhac und Halévy, frei bearbeitet von Richard Genée. Dr. Mauve (Berlin). Hrn. Prem.-Lieut. von

Sch iffskanal zu leiden. Eine mächtige Springwelle durchbrach am Sonntag Nachmittag den Schußwall und s{chuf eine 200 Fuß breite Bresche, durch welche sich die Fluthen mit wildèm Ungéstüm ergossen. Dreißig bis vierzig O die sih niht rechtzeitig in Sicherheit zu bringen vermochten, mußten ein unfreiwilliges faltes Bad nehmen und zufrieden sein, daß sie mit dem Leben davoukamen. Es heißt, daß drei Männer ertrunken sind. Der angerichtete Schaden beläuft sich auf 4000 bis 6000 Pfd. Sterl.

London, 3. Februar. Von dem Ober-Befehlshaber des britischen Mittelmeer-Geschwaders, Sir George Tryon, traf, der „A. C.“ zu- folge, gestern die telegraphishe Mittheilung ein, daß der Admiral nicht eher den Versuh machen werde, das bei Plataea gestrandete britishe Panzershiff „Victoria“ abzubringen, bis die Pumpen in Ordnung wären und der größte Theil der Ladung heraus-

geschafft sei.

Paris, 3. Februar. Wegen Veröffentlichung anstößiger A rtikel wurden, wie der „Frkf. Z.“ telegraphirt wird, der Gerant und ein Mitarbeiter des „Echo de Paris“ zu je 3000, und der Gerant des * „Gil Bas“ zu 1000 Fr. Geld strafe verurtheilt.

Marseille, 30. Januar. Auf dem Mittelmeere herrscten, wie der „N. Pr. Z.“ berichtet wird, die ganze Woche hindur \chreck- lihe Stürme. Der Dampfer „Languedoc“ der Compagnie Transports Maritimes war von Algier nah Marseille, welhe Fahrt er in dreißig Stunden auszuführen pflegt, fünf Tage und fünf Nächte unterwegs, troßdem das Schiff in jeder Beziehung in bestem Zustande sih befindet. Nach den Erzählungen der Reisenden war die Schiffs- mannschaft entschlossen, infolge der S Anstrengungen den Dampfer seinem Schiksal zu überlassen und lieber mit ihm unterzu- gehen al8 eine weitere Nacht durchzuarbeiten, wenn Marseille nicht erreiht würde.

Epinal, 3: F Hi ‘iner l: T. B.“, gestern \echs Personen gelegentlich einer Ueberfahrt

H „A 2 über die Mofjel ertrunken. 1

Mailand, 1. Februar. Telegramme der „Mgdb. Z.“ aus Turin melden, daß gestern Nachmittag in dem Dorfe Sambuco eine gewaltige Feuersbrunst vierzig Häuser in Asche gelegt habe. Sambuco liegt im Thal des Alpenflusses Stura und zählt etwa 1000 Einwohner. Der Herd des Feuers war das Armenhaus. Ein heftig wehender Sturm übertrug Flammen auf die Nachbarhäuser und fette binnen wenigen Minuten alle Gebäude in Brand, die in der Richtung des Sturmes lagen. An ein Netten war nicht zu denken. Alles Hausgeräth und viel Vieh ist mitverbrannt. Ob auch der Verlust von Menschenleben zu beklagen ist, ließ sih noch nicht feststellen. Der angerichtete Schaden ist aber jedenfalls außerordentli) groß und viele Familien sind mitten im Winter ihres Obdaches beraubt worden.

Februar. Hier find, nach einer Meldung des

Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.

St. Petersburg, 3. Februar. (W. T. B.) Jn unter- richteten Kreisen wird der frühere Militär - Oberprocureor, General-Adjutant Fürst Jmeritinsky als der wahrschein: ba Nachfolger des Verkehrs - Ministers von Hübbenet be- zeichnet.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Pásmán“. Eva - Walzer aus „Ritter Pásmán“. Große Phantasie aus „Ritter Pásmán“.

Vorher : ; j E Act N Circus Renz. Karlstraße. Freitag, Abends 74 Uhr: Auf Helgoland oder: Ebbe und S Große hydrol. Ausstattungs - Pantomime in 2 Ab- theilungen mit Nationaltänzen (60 Damen), Auf- ¿züugen. Neue Einlage: „Die Garde - Husaren“ und „Wscherkejjen“. Dampfschiff- u. Bootfahrten, Wasser- fälle, Riesenfontänen mit allerlei Lichteffecten 2, arrangirt und inscenirt vom Director E. Renz. 6 Trakehner Rapphengste, znsammen irt und vorgeführt von Herrn Frauz Renz. Eine Schulquadrille, geritten von 8 Herren. „Elimar“ (Strickspringer), vorgeführt von Frl. Oceana Renz. „Solon“, geritten von Frl. Clotilde Hager. Sisters Lawrence am fliegenden Trapez. 4 Gebrüter Briatore, Akrobaten. Auftreten der vorzüglichsten 9eitkünstlerinnen und Reitkünstler. Komische Entrées und Intermezzos von sämmtlichen Clowns 2c.

Täglich: Auf Helgoland.

Sonntag: 2 Borstellungen. Nachmittags 4 Uhr (1 Kind frei). Aschenbrödel. (Ballet - Einlage: Frühlingsreigen - Walzer.) Abends 74 Uhr: Auf Helgoland.

E T T E Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Marie Kattner mit Hrn. Gerichts- Assessor Anton Croce (Mogwitß—Breslau).

Verehelicht: Hr. Oberförster Wilde mit Frl. Marie Duttenhofer (Carlsruhe i. Schl.). Hr. Prediger Ernst Nauck mit Frl. Johanna Jffland (Berlin).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Regierungs-A}essor

Zum

Freitag:

annstädt.

Herr und

Kalckreuth (Rawitsch). u Pastor M. Hart- mann (Hermersdorf b. Trebniß, M.). Eine

Freitag: Zum 6. : Bueciaa: u ois Geöffnet von 12—11 Uhr.

wissenschaftlihen Theater.

age: Lumpengesindel. zettel. Anfang 7x Uhr.

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes - Auss\tellungs - Park (Lehrter Bahnhof). Täglich Vorstellung im

Näheres die Anshl

Tochter: Hrn. Stabsarzt Dr. Schian (Glaß). Hrn. Prem.-Lieut. Graf Conrad Moltke

(Berlin). - Gestorben: Hr. Memung Bais Carl Raake

(Oels). Hr. Major z. D. Robert Schneider ag- (Wohlau). Hrn. Regierungs - Baumeister Fricdrih Maillard Sohn Friy (Rathenow). Hr. Hauptmann Johannes Busse (Zwickau).

Parquet 1 4 2c. An-

geseßt von Julius | Concert-Haus. Concert. 7 Uhr.

Zum 1. Male in Berlin:

In Scene edermann. Die alf. Die neuen

aus „Nitter Pásmán“”.

Concerte.

E Saal der Gesellschaft der Freunde. Frei- tag, Anfang 7 Uhr: Populärer Liederabend von Frau Elisabeth Feininger unter Mitwirkung der Pianistin Frl. Doris Kretshmann.

Freitag : Strauß-Suppé-ODffenbach-Abend.

„Ritter Pásmán“ von Strauß. Czardas aus „Rittec Pásmán“. 1 Pásmán-Polka aus „Ritter

Hr. Pastor em. Fr. Nichter (Stettin).

O

Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin:

Verlag der Erpedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlag#- Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sechs Beilagen (einshließlich Börsen-Beilage),

sowie das Sachregister des Deutschen Reih? nzeigers nud Königlich Preußischen Staat? Anzeigers für 1891,

Karl Meyder-

Anfang

Pásmán-Walzer

Deutscher Reichstag. 162. Sißung vom Mittwoch, 3. Februar. 1 Uhr.

Am Tische des Bundesraths die Staatssecretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Marschall und Dr. Bosse.

Ohne Debatte genehmigt der Reichstag in erster und weiter Berathung die Declaration, betreffend die theilweise Verlängerung des zwischen dem Deutschen Reih und Spanien unter dem 12. Juli 1883 abgeschlossenen Handel s- vertrags und tritt alsdann in die erste Berathung des von den Abgg. Grafen Dönhoff, Douglas, Gehlert, Luß, Menzer und dem verstorbenen Grafen Moltke eingebrahten Entwurfs eines Heimstättengeseßes.

Nach dem Antrage hat jeder Angehörige des Reichs nach vollendetem 24. Lebensjahre das Reht zur Errichtung ciner Heimstätte. Die Größe derselben darf die eines Bauernhofes niht übersteigen und muß wenigstens einer Arbeiter- oder Bauernfamilie Wohnung und Production der nothwendigen Nahrungsmittel gewähren. Der zur Heimstätte festzulegende Besig darf nur bis zur Roe des Ertragswerthes mit amor- tisirbaren Renten verschuldet sein. Schulden dürfen auf Heim- stätten niht eingetragen werden. Die Heimstätte ist un- theilbar.

Abg. Graf von Dönhoff (conf.): Er gebe zunähst dem Gefühle der Trauer Ausdruck, daß es dem von Allen so hoch ver- ehrten Grafen und Feldmarschall Moltke niht mehr vergönnt gewefen sei, diesen Geseßentwurf zu befürroorten, wie es seine Absicht gewesen. Dieser große Mann, welcher in der Erhaltung des Bauernstandes im Interesse der nationalen Wehrkraft die erste und wichtigste Aufgabe des Patrioten erkannt habe, sei au der Erste gewesen, der mit banger Sorge die Entwikelung verfolgt habe, daß die Majorität der ländlichen Bevölkerung sih aus den ländlichen Be- zirken in die industriellen und städtishen zurückgezogen habe. Er habe au die Einbuße an Selbstvertrauen und Zuversicht erkannt, welche sih des Bauernstandes bemächtigt habe. Man begegne in der Bauern- [haft mehr und mehr dem Gefühl der R Der Bauer könne us auf seiner Scholle niht mehr erhalten. Keiner Partei, mit Ausnahme der socialdemokratischen, könne es gleichgültig sein, ob dieser Zustand fortdauere, und darum habe seine Partei es für ihre Pflicht gehalten, in dieser Richtung Vorschläge zu machen, welche neben dem Höferecht und Rentenrecht gut hergingen. Andere Länder seien auf diesem Wege vorangegangen; cs handele sich darum, ihre Vorzüge sih anzueignen und ihre Mißgriffe zu vermeiden. Zu den leßteren zäble feine Partei, wenn die Heimstätten nicht von vorn- herein gesichert und A ausgestaltet würden. Das werde der Landesgeseßzgebung vorbehalten bleiben müssen, damit locale, klimatische und geographishe Verhältnisse gebührende Berücksichtigung fänden. Deêwegen habe seine Partei auch nur ein Rechtssystem geschaffen, und man werde dem Entwurf vielleiht mit Necht den Vorwurf machen, daß er etwas mager ausgefallen sei. Das Nähere werde man in der Commission besprechen können , welche er hiermit beantrage. Die Bedürfnißfrage stehe außer Zweifel. Wenn einmal das Reichsgeseß erlassen fein werde, so würden sicher die Landesgeseßgebungen niht die Hânde in den Schoß legen, um einen zu- sriedenen, stabilen Bauernstand zu schaffen. Das sei nicht nur für den Staat, sondern auch für die Gemeinden von Wichtigkeit. Im Osten wenigstens fehlten für die zahlreihen Verwaltungsehrenstellen der neuen Geseße die Elemente, welhe dieses Gefeß vermöge der Stetigkeit, welhe es in die Verhältnisse bringe, mit sih bringen werde. Wenn Deutschland mit einem Neß solcher Heimstätten über- zogen werde, werde es unbesiegbar für scine inneren und äußeren Seinde werden und bleiben. Man sprehe von einem freien Spiel der Kräfte; der Bauer sei aber diesem freien Spiel, von dem nur der Stärkere Vortheil habe, niht gewachsen, er sei dabei zu kurz gekommen, und es müsse etwas für ihn gesehen. Die leßten Jahr- zehnte hätten in Bezug auf die politische Gesetzgebung sehr viel für Tagelöhner, Handarbeiter und andere Klassen gethan ; frühere Decennien hâtten viel, vielleicht viel zu viel, für die Kapitalkräfte gethan; es sei hobe Zeit, auh für die mittleren Eristenzen, speciell für den Bauer, etwas zu thun. Alle, welche für die Bedeutung des Bauern- standes im Staat ein Verständniß hätten, sollten auch durch Rath und That dazu mitwirken, daß in der Commission etwas gutes und brauchbares zu stande komme.

__ Abg. Dr. von Bar (dfr.): Es sei e daß dieser Antrag viele Sympathie gefunden habe. Wer wollte niht der Familie eine gesicherte Heimstätte gönnen, in der sie eine „gesättigte Existenz“ habe? Der Antragsteller habe nur in entfernter Weise die Glüseligkeiten gestreift, welhe nah der Schilderung gewisser im Lande verbreiteter Broschüren über das Deutsche Reich kommen würden, wenn dieser Entwurf Gesetz werden sollte. Man sehe da die Familie des Armen vor der Thür in einem Garten sißen, die Saubstau gebe der Samilie das Abendbrot, ein leiser Wind umfächele die rosigen Wangen der Kinder, und die untergehende Sonne vergolde das Ganze. Menschen, die so gestellt seien, heiße es dann, würden niht Social- demokraten. Andererseits werde das Elend der Arbeiter geschildert : die blassen Wangen der Kinder, der Executor führe das nothwendige Hausgeräth fort, und da wundere man si nicht, wenn solche Arbeiter die Beute der Sccialdemokratie würden. Diese und «ähn- lihe Vortrefflihkeiten, welhe man dem Entwurf nachrühme, fönnten seine Partei doch nicht hindern, das Ganze einer forgfältigen und nüchternen Prüfung zu unterwerfen. Lese man den § 1: Feder Angehörige des Deutschen Reichs hat nach vollendetem +4. Lebensjahre das Recht zur Errichtung einer Heimstätte“, so sollte man meinen, es handle sih um eine Art von Bodenvertheilung. Eine Bodenvertheilung scheine hier aber nicht angedeutet zu sein. Juristish solle der Saß nur besagen, daß jeder Grundbesißer unter den Be- dingungen des Geseßentwurfs seinen Besiß in eine Heimstätte verwandeln onne, Wenn das so ausgedrückt wäre, würde allerdings der agita- torishe Werth erheblih gesunken und der Erfolg jener Broschüren entsprechend geringer sein. Wenn bemerkt werde, man habe es hier zu thun mit einer Einrichtung der Deutschen, das deutsche Recht sei von jeher viel mehr geneigt gewesen, den d a t zu hüten, ais das bôse rômishe Recht, welches der Herrschaft des Capitals und damit der Sklaverei der Shwachen Vorschub leiste, S sei es ihm eigentlich ganz neu, daß das deutshe Recht zum der Shwachen gewirkt habe. Nein, es sei sehr hart gewesen, wie überhaupt das alte Recht immer sehr hart gegen die Shwachen gewesen fei. Das böse römische Recht sei seiner Zeit “en ein noth- chen iges Culturelement gewesen, welches wesentli dazu geholfen habe, dee ie Schwachen zu emancipiren. Das deutsche Recht habe mit tejem Antrag viel weniger zu thun, als das amerikanishe. Nach amerikanishem Recht sei das eimstättengut dem Angriff der ge- e ohnli en, niht der Hypothekengläubiger, entzogen, über gese ut könne der Mann nur verfügen mit Zustimmung be Srau. Nun fehle es dem Geseß niht an Lobrednern. Es fei Wer nicht verborgen geblieben, daß das Geseß die Zerstörung der armen nicht habe verhindern können. Die Verschuldung der Q in Nord-Amerika gehe anscheinend viel weiter, als die in b eutshland. Das Geseß habe auh die Sicherung des Uebergangs es rundeigenthums vom Vater auf den Sohn nicht erzielt.

: Erste Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Slaats-Anzeiger.

M 31.

Berlin, Donnerstag, den 4. Februar

Umsomehr müsse man Bedenken tragen, ein Rechtsinstitut, welches auf ganz anderen Grundlagen beruhe, auf Deutschland zu übertragen. Wenn es im § 4 heiße, daß mit Bewilligung der Heimstättenbehörde bis zur Hälfte des Er- tragswerthes Rentenshulden mit einer dem Zweck entsprechenden Amortisationsperiode eingetragen werden könnten , so heiße das nichts Anderes , als der Eigenthümer werde unter die- Vormundschaft der Behörde gele Nur unkündbare Hypotheken sollten bestellt werden ; eine Subhastation der Heimstätte könne nit stattfinden, sondern nur eine Zwangsverwaltung. Diese und andere Bestimmungen erschienen juristisch in hohem Grade bedenklih, denn sie kämen in Conflict mit anderen Rechtsvorschriften. Die Vebertragung eines folhen auf ganz anderen Grundlagen beruhenden Instituts nah Deutschland sei sehr bedenklih. Mit Bewilligung der Heimstätten- behörde sollten allerdings bis zur Hälfte des Werths amortisable NRentenschulden eingetragen werden können im Falle einer Mißernte, zu nothwendigen Meliorationen und zur Abfindung von Miterben. Die Aus\cließlihkeit der Amortisationshypotheken würde aber nur den Zinsfuß steigern, denn ohne höhere nas werde man kaum fein Capital auf Nimmerwiederschen hergeben wollen. Früher habe man die Sequestration im großen und ganzen sowohl vom juristishen wie vom national-öconomishen Standpunkt immer für ein Unglück gehalten. Hier werde sie auf einmal als eine Panacee bingestellt. Liefere _das Gut keinen Uebershuß, dann werde es von Staatswegen sequestrirt, und auf diese Weise, wie Schaeffle sage, die Indolenz groß gezogen. Das erinnere an die Fideicommiß- verwaltung, wenn der Besitzer seine Schulden nicht bezahlen könne. Am bedenklichsten sei, daß für alle übrigen Fragen, auch für das Erbrecht, die Landesgeseßgebung competent sein solle. Solche bäuer- lichen Fideicommisse würden der socialistishen: Propaganda, die man doh damit hauptsählih bekämpfen wolle, {chwerlich wirksam ent- gegenarbeiten. Die gute Absicht der Antragsteller sei auf diesem Wege also nicht zu verwirklichen. Der Ausdehnung des kleinen Bauernstandes stehe in weiten Gegenden des Deutschen Reiches am meisten die Geschlossenheit des Großgrundbesites und des Besitzes der todten Hand entgegen. n ¿ : Abg. Graf von Ballestrem (Centr.): Er habe nicht die Absicht, sich fo- eingehend mit dem Entwurf zu beschäftigen, wie der Vorredner, sondern wolle nur im Namen seiner politischen Freunde erklären, daß sie der Idee sympathisch gegenüberständen, und sie fahgemäß geseßgeberish ausgeführt für geeignet hielten, nit nur den Bauernstand, sondern auch alle mit Land angesessenen Arbeiter, sei es in der Landwirthschaft, sei es in der Industrie, zu sichern und zu stärken in ihrem gefellschaftlichen und Erwerbsleben. Deshalb wünschten und beantragten sie, daß die Idee des Gesetzentwurfs weiter ausgeführt und berathen werde in einer Commission von 21 Mitgliedern. Ihre Arbeit würde ein shägbares Material geben für die Commission, welche gegenwärtig das deutsche Civilgeseßbuch ausarbeite. __ Abg. Gamp (Rp.): Das amerikanishe Gese stehe nur in einem fehr losen Zusammenhang mit dem vorliegenden Entwurf, dessen Grundgedanken, den Bauernstand zu erhalten und den indu- striellen wie landwirthschaftlichen Arbeitern den Besiß eines kleinen Anwesens zu ermöglichen, feine politischen Freunde theilten. Aber sie hielten es nicht für richtig, beide Ziele in demselben Gesetz er- reichen zu wollen, da die Verhältnisse des Bauernstandes und der Arbeiter viel zu verschieden seien. Die Seßhaftmachung der Arbeiter sei ein Ziel von hoher socialpolitisher Bedeutung, das alle Parteien mit Ausnahme der Socialdemokratie stets im Auge haben sollten; nur auf diesem Wege werde man zu einer Ver- söhnung der socialen Gegensäße kommen. Die Ansprüche der Arbeiter durch Lohnerhöhung zu befriedigen, wie die Socialdemokratie wolle, sei unmöglich. Eine dauernde Befriedigung sei weder mit einer partiellen noch mit einer allgemeinen Lohnerhöhung zu er- reihen. Die Jllusion des Theilens werde in dem Gros der Socialdemokratie immer das Beliebtere sein. Wie hoh würde si denn das Durchschnittseinkommen in Preußen stellen nah den Steuerlisten? Auf 750 und es erhöhe sih auf 890 M, wenn man annehme, daß alle Steuerpflichtigen nur mit der Hälfte ihres Einkommens herangezogen würden. Unter den heutigen Verhältnissen sei in vielen Gegenden dem Arbeiter die Seßhaft- machung sehr ershwert. Im rheinish - westfälishen Kohlenrevier, ¿. B. in der Dortmunder Gegend, steige der Preis der Pacht für einen Morgen bis auf 120 A Ebenso würden die Bestrebungen, in den Großstädten das Elend der Wohnungsnoth zu bekämpfen, so lobens- und anerkennswerth sie seien, doch feinen Erfolg haben, {hon weil der Boden der Großstädte und ihrer Umgebung viel zu theuer sei und weil an Stelle der Arbeiter, für welhe man soeben Wohnung geschaffen habe, fofort hunderttausend Andere träten. Bei den Vorschlägen, die Arbeiter in einiger Entfernung von den Industrie- centren Srautiedeln: berüsichtige man den Zeitverlust niht, der sich z. B. zwischen Berlin und Erkner des Morgens und Abends auf je eine Stunde stelle. Gegen die im Entwurf vor- geschlagenen Heimstätten werde eingewendet, daß sie den Arbeiter an die Scholle fesselten und die Gelegenheit zur Ver- werthung seiner Arbeitskraft auf einen geringen Bezirk beschränkten. Die Industriellen wünschten es deshalb vielfah nicht, weil sie dann auf diese bestimmten, angesiedelten Arbeiter angewiesen seien. Beide Befürchtungen seien grundlos. Die Ansiedelung um die Fabrik herum werde in beiden Theilen die Ueberzeugung festigen, daß fie nur dur einträhtiges Zusammenleben ihre gemeinsamen Zwecke am besten verfolgen könnten. Er habe es persönlich beobachtet, daß die mit Wohnung und Aer angesessenen Arbeiter gegen die Lockungen zum Ausstand viel länger Widerstand geleistet hätten, als die anderen. Im übrigen werde dieses Geseß allein niht dazu führen, den Bauern- stand zu erhalten und die Arbeiter seßhaft zu machen. Andere Maß- regeln müßten hinzukommen. Vor allen Dingen müsse der Staat als Arbeitgeber eine e Initiative ergreifen, z. B. als Besißer der großen Eisenbahnwerkstätten einen Versuch der Kolonisation seiner Arbeiter auf diesem Wege in größerem Umfange machen. Dem ständen freilih vielfahe Ershwerungen entgegen, }o der |chwerfällige Geschäftsgang der Behörden, die Ansprüche der Ge- meinden bezüglih der Verpflichtung zu Schulbauten an die neuen Ansiedler u. \. w. Das von conservativer Seite vorgeshlagene Ein- zugsgeld halte er nicht für angebraht. Dagegen könnte man den Minderjährigen sehr wohl den Zuzug in eine (ree Stadt folange verwehren, bis sie nahwiesen, daß fie eine Arbeitsstätte bereits ge- nden hätten. Das Wesentlichste aber e eine Aenderung der Ver- icherungsgeseßgebung nah der Richtung hin, daß man den Renten- erechtigten gestatte, den ut f P YPER Betrag ihrer Rente zu beanspruchen, damit sie für denselben unter Mitwirkung der Behörden eine Heimstätte erwerben könnten. Ein ähnliches Verfahren müßte bei Pensionen der Soldaten u. \. w. gestattet werden. Er habe schon früher den Gedanken angeregt. Es sei ihm aber immer erwidert: ja aber; und doch wäre, wenn irgendwo, hier der Ort ewesen, zu sagen: ja also. Er beschränke sih auf diese Aus- üihrungen und gehe auf das Detail niht näher ein, gegen das er zum Theil die erheblihsten Bedenken habe. Abg. Dr. von ennigsen (nl.): Im Namen seiner poli- tischen Senne erkläre er, daß sie dem Gedanken und den Absichten des Entwurfs sympathish gegenüberständen und gern damit einver- standen seien, daß er in einer Commission einer näheren Prüfung unterzogen werde. Das sei um so nothwendiger, da er eine ein- seitige Gestalt habe. Er sei noch gar nicht fertig. Würde er Gefeß,

solches i

1892.

so wäre damit die Ausführung in den einzelnen deutshen Staaten noch nicht gesichert. Wichtige Einzelheiten, wirthschaftliße und recht- liche, seien in den Grundzügen noch nicht gegeben. Die juristischen Bedenken des Abg. Dr. von Bar fömítten leiht beseitigt werden. Wenn er davon ausgegangen sei, daß der Akt der Errichtung einer Heimstätte ein freier Entshluß sei, daß die einmal errichtete einen fideicommissarishen Charaftèr “haben würde, so überlasse es ja der Gntwurf ganz der Einzelgesetgebung, was sie über die Erbfolge fest- stellen wolle, wie es ja bei dem Höfereht auch feien set. Der Gegensaß zwischen dem deutshen und römischen Recht durziehe vielfah diese Verhältnisse; dabei sei aber nicht zu ver- kennen, daß vielfah für die besseren Besißrehte des Bauern- standes das rômishe Recht seiner Zeit von dem größten Vortheil gewesen sei. Im 16. Jahrhundert hätten die rômisch- rechtlich gebildeten Kanzler der braunshweigish-lüneburgischen Fürsten dafür gelorgt, daß ersterer unter der Form der Ekwhütense und des Colonats wieder ein wirkliches, dinglihes, erbliches Recht an seinem Grundstü erhalten habe, welhes vorher so weit ver- loren gegangen sei, daß die Bauern nur noch als Zeitpächter auf ihren ütern gesessen hätten. Den Bauernstand erhalten und die Ansässigmachung von Bauern und Arbeitern nah Möglichkeit fördern wer im Rei ae wäre nicht gern bereit, das zu unterstützen, wenn er bedenke, wie viel Werth für den deutshen Staat nach der ganzen Natur des Deutschen und seinem Charakter die Erhaltung und Be- festigung des Grundbesißes in seinen mittleren und unteren Klaffen habe? Wenn irgendwo, so sei sie in Deutschland wichtig, dessen Eristenz auf die Wehrhaftmachung des ganzen Volkes begründet sei. Und eben nur in der Landwirthschaft könne man sih das kräftige Material erhalten, das man brauche. Daher sei seit vielen Jahren die geseßgeberishe und private Thätigkeit dahin gerichtet, niht nur einen besseren hypothekarischen und persönlichen Credit für den tleinen Grundbesiß zu beschaffen, sondern es feien bereits ähnliche directe Versuche mit den Höferollen und den Rentengütern gemaht worden. Dabei sei nicht ausgeschlossen, daß dieses Geseß in den ver- schiedenen Ländern und Provinzen in verschiedener Weise wirken werde, daher denn auch die Verfasser des Entwurfs die Ausführung des- selben in die Landesgeseßgebung verlegen wollten. Im ganzen würde mit diesem Gesetz den ungünstigen wirthschaftlißen und volitischen Erscheinungen N entgegengearbeitet werden fönnen, besonders der Strömung, welche jeßt vom platten Lande in die großen Städte, die Industriebezirke und über das Meer dränge. Wenn man es den Arbeitern ermögliche, Grundbesiß zu erwerben, so werde dieser Zun zum großen Theil seine Kraft verlieren. Der Heißhunger nah einem eigenen Vesiß sei in der Brust der Deutschen von uralten Zeiten fo groß, daß die Berücksihtigung desselben große Gefahren abwenden werde. Man brauche gar nicht zurückzugehen bis in die Zeiten der Völkerwanderung, wo die deutshen Stämme an den Grenzen des Römerreichs keine weitere Forderung erhoben hätten als die nah Ackerland für sie und nah Weiden für ihr Vieh. Es genüge, sich in der Gegenwart umzusehen. Jeder, der von wirthschaftlichen Verhältnissen etwas Cen habe, der wisse, welhen Werth der Arbeiter darauf lege, Grundbesiß zu erwerben und ihn sih und den Seinigen zu sichern. Leider würden aber, um Grundbesiß zu erwerben, oft ganz unvernünftige Preise “gezahlt, sodaß es dann gar nicht mög- lih sei, eine Verzinsung herauszubringen. Wenn es in dieser Richtung dur dieses und andere E und durh das Zusammen- wirken von Verwaltungs- und privater Thätigkeit gelinge, diese wirth- schaftlichen Bedingungen und diese Neigungen der Menschen zu er- füllen, fo sei viel gewonnen. Auch die Staatsverwaltung könne auf diesem Gebiet erheblih viel thun. Er halte es für wünschenswerth, daß die Staatsverwaltung dafür forge, daß ihre Arbeiter nicht nur zur Miethe untergebraht würden, sondern daß sie es ebenso wie Pri- vate als ihr nobile officium auffasse, eine größere Zahl ihrer Ar- beiter und Angestellten seßhaft zu machen. Man brauche ja nicht in der unmittelbarsten Nähe der Industriecentren die Arbeiter anzusiedeln. Bei weiterer Ausbildung des Tramway- und Tertiärbahnwesens wäre es sehr wohl denkbar, daß ein größerer Theil der Arbeiter in einiger Entfernung von den Centralpunkten auf dem Lande angesiedelt werde. ür den Staat wäre es ja fehr leiht, wenn er einen Theil der Dominial-Grundstücke dazu zur Verfügung stellen wollte. Der Ent- wurf sei noch sehr unfertig, das Verhältniß zur Landesgeseßgebung be- dürfe einer genaueren Festseßung. Er könne dazu beitragen, daß hier und da in einzelnen Theilen von Deutschland in der Richtung der Sicherung des kleineren und mittleren Besißes und in der Ansässig- machung von Bauern und Arbeitern etwas geschehe. -

Abg. Me n zer (cons.): Seine Partei habe diese Vorlage, die, zum Geseß geworden, dem focialen Frieden dienen folle, als ein theueres Grbe des Grafen Moltke übernommen, das sie treu verwalten wolle. Er selbst habe gegen die Vorlage den Einwand zu erheben, daß sie die Mindestgröße der Heimstätte so hoch firxrire. Von Juristen seien dagegen shwerwiegende Cinwendungen erhoben worden, ¿. B. daß sie Eingriffe in das bestehende römische Recht enthalte, und daß das darin Gewollte rehtlich nicht erreihbar fei; aber andere Juristen hätten diametral entgegengeseßte Gutachten ver- öfentliht. „Es erben sich Geseß und Rechte wie eine ew'ge Krankheit fort“, und „Vernunft wird Unsinn, Wohlthat Plage !“ Welches Recht sei dem Menschen mehr angeboren als das Anrecht auf die Mutter Erde, als der Anspruh auf Luft, Licht und Sonne? Hier wolle die Vorlage berechtigten Ansprüchen entgegenkommen, fie stehe ganz auf dem Boden der Kaiser- lihen Botschaft von 1881, ja sei eigentlich ihr Abschluß, die Krönung des Gebäudes. Man habe in den bisher er- lassenen socialpolitishen Geseßen fo viel zum Ausgleich der wirthschaftlihen Gegensäße gethan, daß man sagen dürfe: keine Nation hat mehr guten Willen an den Tag gelegt, den wirth- \chaftlich Schwächeren zu helfen, als die deutshe. Der Gedanke der Heimstätten habe nah mehreren Richtungen hin eine ganz bedeutende wirthschaftlihe Kraft. Wenn er zur Reichstags\efsion nah Berlin komme, sage er sih immer: wie viel Elend verbirgt sich in den langen Rethen dieser fünfstöckigen Häuser! Die Entwickelung der rofe Städte fei eine ungesunde, und das Bedürfniß nah Aenderung dieser Verhältnisse werde in den weitesten Kreisen anerkannt ; schon hätten ja private Bestrebungen zur Schaffung eigener Heimstätten fleiner Leute viele und s{ôöne Erfolge gezeitigt, aber noch müsse für viele Hunderttausende gesorgt werden ; denn jeßt müßten die Leute ihre Kinder in Hinterhäusern aufwachsen lassen, wo ihnen Luft und Licht fehle. Man müsse den Gemeinden, in denen sih fkreuzspinnenartig die er gund vollziehe, das Expropriationsrecht geben zu Gunsten der Be chaffung kleiner Heim- stätten; jeßt seien die Verhältnisse so, daß die Socialdemokraten in diesen Kreisen große Verbreitung gewönnen. Der Entwurf sei in seinen wesentlihen Bestimmungen durchaus nicht undurchführbar, wenn man das Großcapital in die Wege leite, den wirthschaftli Schwächeren die Schaffung eigener Heimstätten im Wege der Amortisation zu er- möglichen. “Dhne den Amortisationszwang werde freilich ein aus- reihender Credit niht gewährt werden können. Schon jeßt seien von den 74 Millionen deutscher Haushaltungen 4 Millionen in der Lage, sih eigene Heimstätten zu erwerben. Dies wolle seine Partei ver- allgemeinern ohne gewaltsamen Umsturz, ohne große Schwankungen, aber sie wolle auch dem Bauernstand die Erlösung von seiner Schulden- last R und ihm etwas von der Abundanz des Be zukommen lassen. Den Uebelständen in den großen Städten könne der Geseßentwurf Abhilfe bringen, anderen

tationen ein Vorbild