1892 / 34 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 08 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

aupeos

"G

1s Cr ed "dag À °

A ta Li D s D F B BRdE L 7 1 a flit E

besten Kräfte, die “zum Theil {on in der ersten Dar- stellung beschäftigt waren, suhten der Oper mit Einsaß allen Könnens wieder zur Anerkennung zu verhelfen, was ihnen, soweit die ziemlich lang ausgesponnene, niht allzuviele wirklih dramatische Momente bietende Handlung dies ermöglicht, auch gelang. Großes Verdienst darum erwarb sich namentli Herr Rotbmübl, der, wie früher, die \chwierige und äußerst anstrengende Titelrolle gab; niht minder bei- fallswürdig war Fräulein Leis inger, welche die Viviane neu über- nommen und diese Partie gesanglich wie schauspielerisch vortreff- lih zur Geltung brachte. Frau Staudigl (Ginevra), die Herren Krol op (Teufel), Schmidt (König Artus), Sta m mer (Gawein) und Ern (Sänger Aleard) machten tg ebenfalls um das Gelingen der Vorstellung wohlverdient. Das Orchester bewältigte die niht leichte Aufgabe, welche die an kunstvoller Stimmungs- und Charaktermalerei fast überreiche Partitur bietet, mit anerkennenswerthester Hingebung und vielfach tiefgehender Wirkung. Das eigenartige symbolische Ballet „Glaube, Hoffnung, Liebe“ im zweiten Act mit seinen geschmackvollen Gruppirungen erregte wieder ein ganz besonderes Interesse. Der Componist wurde am Schluß gerufen. Deutsches Theater.

Die vorgestrige Don Carlos-Aufführung, die einige Neu- besctungen brachte, kann zu den rühmlichen Leistungen der Bühnen nicht gezählt werden ; aber der Grund lag mehr in äußeren mißlichen Umständen als in der bewährten Kunst der Hauptdarsteller. Herr Dr. Pohl, der den König spielte, war schon bei seinem ersten Erscheinen auf der Bühne sehr heiser und die Stimme wurde immer rauher, fo daß die Zuschauer ausdrücklih um Nachsicht gebeten werden mußten ; natürlih litten alle Philipp-Scenen unter diesem Mißgeschick; denn auch die mit dem Indisponirten gleichzeitig auf der Scene stehenden Personen werden durch Wort und Geberde weniger wirken, als wenn der Königliche Partner seine Würde auch in der Stimme zum Ausdruck bringen kann. Sehr unglücklich beseßt war ferner die Rolle des Alba durch Herrn Pategg, dem das rauhe Wesen des Kriegsmannes überhaupt, und nun erst eines Alba, völlig versagt scheint, aber auch, was an Alba Höfling ist, kam nicht zur Geltung; auch der Domingo des Herrn Merten war farblos und eindruckslos. Gut beseßt waren im übrigen die beiden männlichen und weiblichen Hauptrollen; der Marquis von Posa des Herrn Sommerstorff wurde an dieser Stelle früher {hon wieder- holt mit Anerkennung genannt ; vielleiht würde die große Scene vor dem König zu noch größerer Wirkung gebraht werden können, wenn der Darsteller seine Stimme nicht aale: Herr Barthel ist in Gestalt und stimmliher Beanlagung wie vorbestimmt für den Don Carlos und kann den Eindruck auf gefühlvolle Herzen gewiß niht verfehlen, aber der Künstler follte sich hüten, das rein poetishe Element seiner Worte allzu sehr zu betonen; die Schönheit des Wortes und Wesens kann natürlicher in die Erscheinung treten ; man follte nie die Absicht des Darstellers erkennen, das Schöne auch {sn zu \prehen und zu thun. Frau Teresina Geßner verlieh der Elisabeth die würdige Haltung der Königin und spielte die Scenen, in denen die Frauenseele zu ihrem Rechte kommen muß, \timmungsvoll und mit Wärme. Fräulein Frauendorfer gab die Eboli im ganzen mit s{önem Gelingen; namentlih erfreuten die Frishe der Darstellung in der großen Scene mit dem Prinzen und die feine Sprache und das echte grüblerische Wesen in dem sih anschließenden Monolog.

Lessing- Theater.

Zwei Werke heiterer Art „F räulein Frau“, ein Schwank in dret Acten, und „Der sechste Sinn, ein Schwank in einem Acte, von denselben Autoren, den Herren Gustav von Moser und Robert Misch gemeinschaftlich verfaßt, erlebten am Sonnabend ihre erste Aufführung und fanden beim Publikum eine sehr freundlihe Aufnahme. Es is merkwürdig, wie leicht die Zuschauer zu unterhalten und beinahe zufrieden zu stellen sind, wenn man ihnen eine alltägliche literarishe Kost bequem mundgerecht vorsetzt. Der zierlichhe Vortrag machte hier beinahe allein den Erfolg aus. Mit den fadenscheinigsten Kunstgriffen, den abge- brauchtesten Figuren und ältesten Motiven wird eine Wirkung hervorgebracht, die freilich von stürmischer ¡ begeisterter Aufnahme unendlich entfernt i, die aber auch mißtrauishe Ab- l-bnung oder heftigen Widerspruch nicht aufkommen läßt. Man fühlt fih beim Genuß sfolher leichten Sachen mit einem Ruck zurüverseßt in die Zeit, die dem mächtigen Einfluß der modernen französishen Bühne und der nordischen Dichtung auf die deutsche voranging. Die Vermuthung, daß hinter dem Titel „Fräulein Frau“ irgend ein sittlihes Problem abgehandelt werden könnte, muß man {on auf Grund der Namen der Verfasser von der Hand weisen; und man thut ret daran, eine dramatisch anregende Entwickelung des Stückes nicht zu erwarten, obwohl der Vorgang, der den Titel „Fräulein Frau“ begründet, zu einer starken dramatischen Scenenführung wohl Anlaß geben könnte.

Ein junges, im ersten heftigen Streit begriffenes Ehepaar erhält die Mittheilung, daß durh ein Verschen auf dem Standesamt die Ehe vorläufig ungültig sei, und die eigensinnige junge Dame Fräulein oder Frau? fehrt bis zur Aussöhnung zu ihrer Tante zurück. Bei Moser sind aber alle Menschen so gutmüthig, so be- quem und oberflächlih, daß sich alles ohne besondere Aufregung, ohne irgend eine tiefer liegende seelishe. Erörterung bald wieder in den alten ausgefahrenen Geleisen bewegt ; der in. dem Stoff liegende Conflict verläuft in der größten Gemüthlichkeit. Die Darstellung konnte zumeist befriedigen. Das \treitende junge Ehepaar stellten Fräulein Petri und Herr Brandt frisch und fröblih dar: Fräulein Reisen h ofer erschien in ihrem NRollenfach als leichtfertige junge Gattin in Begleitung ihres vertrauensseligen, ältlichen Ehemannes, dem Herr Waldow eine ganz unterhaltende Gestalt verlich. Die Nebenrollen waren durch die Herren Sch ön- feld und Höcker und durh Fräulein Marie Meyer gut beseßt ; besonders die leßtere wirkte als ältliche, zierlih abgemessene Jungfer Tante anregend auf das Publikum.

Das zweite Stück „Der sechste Sinn“ empfiehlt sich durch seine komischen Situationen, die in der Kürze des Shwanks gut zur Geltung fommen. Hinter dem angekündigten „sechsten Sinn“ möchte man am liebsten wieder irgend eine tiefsinnige Anspielung oder einen seltsamen, komischen Einfall wittern. Aber von alledem tritt nichts zu Tage: den sechsten Sinn nennen die Verfasser den Spürsinn, mit dem eine etwas vernachlässigte und {hon unruhig gewordene Frau ihres Gatten leihten Abweichungen vom rechten Wege auf die Spur kommt. Alle Erregungen, die dieser Vorfall hervorruft, bewegen sich in den Grenzen harmlosen Scherzes. Nicht einmal die Gattin fühlt sih irgendwie ernstlich ergriffen, sie faßt die Sache halb komisch, balb ¡nterbalfens auf: wahrscheinlich wußte sie vorher, daß die Mosfer’schen Conflicte nicht tief einschneiden in den alltäglichen Lebenslauf und die Behaglichkeit des Daseins, daß also ihr Gatte noch beim ersten sündhaften Versuh ertappt und reuig zu- rückgeführt werden würde. Der Erfolg dieses Einacters lag in der anmuthigen und schalkhaften Darstellung der feschen, verführerischen, aber gesitteten Putmacherin Pepi Schönegger durch Fräulein Jenny Groß. Sie sprah ihr Wienerisch graziöe, blieb immer decent, troß ihrer drolligen Kecheit, sodaß -man über der frischen und liebenswürdigen Darstellung dieser einen Rolle die Nichtig- keit des Schwanks vergaß. Herr Sauer drückte die ärgerlihe Ber- zweiflung des ertappten Gatten recht komisch aus, während die mit einem durchaus nicht ungewöhnlichen Spürsinn begabte junge Frau von Fräulein Reichenbach wohl etwas vornehmer hätte gespielt werden tönnen.

Die Verfasser erschienen mehrere Mal vor dem Publikum, das besonders nach dem leßten Stück reihlich Beifall spendete.

_Thomas- Theater.

„Nothköpfchen“, eine französishe Vaudeville-Posse mit Gefang von Meilhac und Halévy, von Nichard Genée frei bearbeitct und von Emil Thomas in Scene gesetzt, erfüllte am Sonn- abend bei der ersten Aufführung den Zweck,- die zahlreichen Zuhörer durh heitere und harmlose Scherze einige Stunden angenehm zu

einen aus Japan mit großen MReichthümern zurückgekehrten Grafen, der seine in Europa I, in ärmlichsten Verhältnissen und niederen Stellungen lebenden Zwillingskinder (einen Knaben und ein Mädchen) mit Hilfe eines Wucherers sucht und lücklih wiederfindet. Der nah der Hand des reihen Mädchens trebende Wucherer hat aber an Stelle des Sohnes mit den diesem entwendeten Papieren den Geliebten der Tochter, einen Zettelausträger, als den Grafensohn bezeihnet, um dadur die Verheirathung dieser beiden zu vereiteln. Natürlich fügt es jedoh das Schiksal so, daß ein glücklicher Zufall rehtzeitig den wirklichen Sohn des Grafen und damit eine befriedigende Lösung herbeiführt. Die Darstellung genügte allen Anforderungen. Die ewig jugendliche Frau Betty Damhofer gab die Zwillingstochter, das Rothköpfchen, mit der an ihr bekannten Beweg- lihkeit und Geschicklichkeit und hatte mit dem talentvollen Couplet- fänger Herrn Kayser, der den vorübergehend als ihren Zwillings- bruder geltenden Geliebten Medard darstellte, das Hauptverdienst an dem Erfolge des Stücks. Die Leistung des Herrn Emil Wirth als Graf Dubois-Toupet war lobenswerth, während Herr Emil Thomas als der abgefeimte Wucherer Gigonnet niht in seinem Element zu sein s{ien. Ihm steht die Maske des gutmüthigen Che- manns besser zu Gesicht, als die des berechnenden Schurken. Troßp- pen gelang es au ihm häufig genug, die Lahher auf seine Seite zu ringen.

In der Vorstellung des „Othello“ am Mittwoh im König- lihen Opernhause sind die Damen Sucher und Nothauser, die Herren Sylva, Bulß, Ernst, Lieban, Stammer und Schmidt beschäftigt. Am Donnerstag geht nach der mythologischen Tanzdichtung „Prometheus“ die Oper „Cavalleria rusticana“ mit den Damen Pierson, Nothauser und Lammert, den Herren Sylva und Fränkel in Scene. Die General-Intendantur der Königlichen Schauspiele macht bekannt, daß für den am 24. d. M. auf Allerhöchsten Befehl in den Räumen des Königlichen Opernhauses stattfindenden Subscriptions- ball sowohl die Theilnehmerkarten als auch die Billets für den Zuschauerraum vollständig vergriffen sind. Weitere Gesuche werden deshalb nicht mehr angenommen.

ImLessing- T h eater wird morgen, t den beiden Neuheiten „Fräulcin Frau“ und „Der sechste Sinn“ auch noch Ludwig Fulda's Einacter „Ünter vier Augen“ gegeben werden. Die Plauderei von Ludwig Fulda wird den Abend einleiten, dann folgt das dreiactige Lustspiel „Fräulein Frau“, und der Schwank „Der sechste Sinn“ bildet den Schluß. Wiederholungen dieser Lustspiel-Vorstellung werden auch für Donnerstag und Sonntag Abend angeseßt. s

Director Sigmund Lautenburg hat ein vieractiges Schauspiel „Lola“ von dem Schriftsteller Moritz Loebel, Verfasser des Lustspiels „Das kritische Alter“, mit Franziska Elmenreich in der Titelrolle zur Aufführung am Nesidenz-Theater angenommen.

Die Königliche Kapelle wird im Königlihen Dpern- hause an ihrem nächsten Symvphonie-Aben d, Dienstag den 9., unter Leitung des Herrn Kapellmeisters Sucher eine Gedächtnißfeier für Richard Wagner, dessen Sterbetag auf Sonnabend, den 13., fällt, begehen. Das Programm if} ein äußerst Od Nach der IV. Symphonie Beethoven's folgen auêerlesene Wagner'’sche Tondichtun- gen. Hervorzuheben ist namentlich das Vorspiel zu „Parfifal“, welches zum ersten Male im Theaterraum vom gesammten Orchester vorgeführt wird. Darauf folgt die Jugend-Symphonie Richard Wagner's, die vor nun gerade 60 Jahren componirt wurde. Frau Cosima Wagner, an welche sih Kapellmeister Sucher um Ueberlassung dieses Werkes gewendet, hat für dieses eine Mal ihre Zustimmung, sowie das Noten- material zugesagt, allerdings mit dem Bedeuten, daß diese jeßige Aufführung zugleich die überhaupt leßte desfelben sein soll. Interessant ist au, daß Herr Sucher vor vier Jahren die Jugend - Symphonie hier in Berlin in einem großen Wagner - Concerte zuerst vor- führte, welches damals durch die Anwesenheit des jeßigen Kaiserpaares ausgezeichnet wurde; auch gab dasselbe Concert den Anstoß zum hiesigen Engagements des Kapellmeisters Sucher. Der Jugend- Symphonie voraus gehen die „Träume“ von Richard Wagner in der Original-Instrumentirung des Meisters für kleines Dedbestex und Gesang, der von der Königlichen Kammersängerin Frau Rosa Sucher in bereitwilligster Weise ausgeführt wird. Die Tannhäuser-Ouvertüre bildet das Ende! der Gedächtuißfeier, und zwar in dem ursprüng- lichen Schluß, der bekanntlih seit Neueinrichtung des „Tannhäuser“ im Theater wegfällt. : s j i

Fräulein Alice Barbi hat für das Programm ihres morgigen 11. Liederabends in der Sing-Akademie auch eine Reihe eigen- artiger toscanischer Volksgesänge in der Bearbeitung von Gordigiani in Ausficht genommen. Emil Götze wird in feinem Concert am Mittwoch in der Sing-Akademie außer den bereits bekannt ge- gebenen Arien und Liedern älterer Meister auch eine Reihe neuerer Werke zum Vortrag bringen, darunter eine Nomanze von Gustav Kulenkampff. Pablo de Sarasate veranstaltet sein IIL. und letztes Concert in der Philharmonie am Donnerstag; in diefem Concert wird außer Frau Berthe Marx auch das Philharmonishe Orchester mit- wirken; Sarasate spielt dabei Compositionen von St. Saëns und Naff sowie seine eigene Phantasie über Bizet's Oper , Carmen.“ Das nächste Concert des S en Chors, am 22. Fe- bruar, bringt zwei Werke, deren Aufführung großes Interesse bean- \spruchen darf, nämlich den Liszt'schen „Prometheus“ sowie das herr- liche „Offertorium“ „Tantum ergó“ von Schubert. Beide Nummern gelangen bei dieser Gelegenheit in Berlin zum ersten Mal zur Auf- führung. Die Soli sind mit ersten Kräften beseßt, und das Phil- harmonishe Orchester wird für den Abend erheblich verstärkt werden. Der Kartenverkauf ist bei Bote u. Bock eröffnet.

Mannigfaltiges.

Die Japanishe Wohlthätigkeits- Ausstellung im Kunstgewerbe - Museum erhielt am Sonnahend den Besuh Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrih und Ihrer Königlichen Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Heinrich. Die Kaiserin erschien bald nah 10 Uhr in Begleitung der Gräfin Brühl und des Kammerherrn von Wedell und besichtigte unter Führung des Professors Dr. Lessing die Ausstellung eingehend in allen Theilen. Die Versuhe, Blumen in japanisher Art zu ordnen, erregten das besondere Interesse der hohen Frau, welche der von Frau Commerzien-Rath Heyl be- gründeten Gartenbauschule für Frauen stets eine Förderin gewesen ift. Bon der Leiterin dieser Schule und von Schülerinnen des Museums wurden Blumen überreiht. Prinz Heinrich hat die Ausstellung durch prachtvolle Vasen, ein Geschenk des Kaisers von Japan, sowie durch fleinere erlesene Kunstwerke seiner in Japan selbst angelegten Sammlung bereichert.

Hinsichtlich des namentlich von den Vororten angestrebten gänz- lichen Ausfalls des Nachmittagsunterrichts in den Berliner Schulen soll, wie die „N. Pr. Z.“ erfährt, das Provinzial - Schul- collegium sich dahin geäußert haben, daß man bereits bemüht fci, den Nachmittagsunterricht thunlichst einzuschränken ; für den technischen Unterricht aber würden die Nachmittags-Schulstunden doch nicht ganz vermicden werden können.

Ueber die Zahl und den Werth der im Zoologischen Garten gehaltenen Thiere entnehmen wir der kürzlich, gerade in der ungünstigsten Jahreszeit, aufgestellten Jnventur folgende intere}]}anten Angaben: Der Gesammtbestand der Säugethiere und Vögel belief sih am 1. Januar d. J. auf 2365 Individuen in 885 Arten. Unter den Säugethieren stellen die Wiederkäuer die größte Menge in Stärke von 156 Eremvlaren und 54 Arten, die einen Werth von 70015 M. haben. An Zahl der Arten werden sie noch von den Naubthieren übertroffen, die, in 55 Arten vorhanden, naturgemäß nicht so individuenreih, doch aber mit 97 Thieren auf einen Werth von 46 370 A. zu \{äßen sind. Die Dickhäuter (im weiteren Sinne) bilden die werthvollste Grupve, da die 19 Exemplare in 10 Arten

I

artige Papageiensammlung, 160 Stück in 100 Arten im Werthe yg 6886 M, zu erwähnen, der fich 402 SRINE in 162 Arten, vez anshlagt auf 5156 4, und die 31 Raubvogelarten mit ihren 47 Jy. dividuen von ähnlihem Werth anschließen. Hühner und Stelzvögel sind ebenfalls in schönen Sammlungen vorkbanden, jene in 123 Exem- plaren, die sih auf 54 Arten vertheilen, die Stelzvögel in 239 Jy. dividuen, die 61 Arten angehören und einen Werth von 10091 % ausmachen, während der Werth der wilden Hühnerarten auf 7037 %

angegeben wird.

Aus der Mark. Der zehnte Knabe ift, wie der „N. A. Z, mitgetheilt wird, dem Schmiedemeister Schmidt zu Brielow ge- boren; der siebente hatte den hochseligen Kais er Wilhelm I., der achte den hochseligen Kaiser Friedr ich TII. und der neunte Seine Majestät den Kaiser Wilhelm I]. zum Pathen.

Dirschau, 7. Februar. Seit heute Nachmittag 3 Uhr ift laut Meldung des „W. T. B.“ hier starker Eisgang auf der Weichsel, der normal verläuft. Wasserstand 4,50 m.

Breslau, 5. Februar. Der Königliche Polizei-Präsident Dr. Biento biecsébst ‘bat, wie wir ver „N. Vr. L? entnebüien. cite olizei-Verordnung mit folgenden Hauptbestimmungen erlassen: 81. In Gast- und Schankwirthschaften mit Kellnerinnen sind alle Einrichtungen verboten, durch welche Pläße versteckt, verhüllt oder in irgend einer Weise dem freien Einblick entzogen sind. § 2. Die Polizeistunde ist auf 11 Uhr Abends festgeseßt. § 8. Die Kellnerinnen dürfen nur so lange in unmittelbarer Nahe der Gäste verweilen, als es deren Be- dienung und die Bezahlung erfordert; das Zusammensitzen, sowie das gemeinschaftliche Essen und Trinken mit den Gästen ist ihnen unter- sagt. § 9. Die Kellnerinnen dürfen weder für sich noch für Andere Speisen oder Getränke von Gästen erbitten oder annehmen, noch Gäste zum Trinken auffordern oder bereden. Auch Bestimmungen über die Kleidung der Kellnerinnen werden getroffen. i Breslau, 7. Februar. Der „Schlesischen Zeitung“ zufolge hat gestern Nachmittag noch ein leßter chwerer Eisgang auf der Oder stattgefunden, der aber ohne neuen Unfall vorübergegangen ist. Gegenwärtig ist auf der Strecke bis Krossen keine Eisverseßung mehr vorhanden. Die Schiffahrt dürfte sofort wieder eröffnet werden. Der Geheime Baurath Keller aus dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten bereise im Allerhöchsten Auftrage den Strom.

Bremen, 6. Februar. Inspector Leist vom Lloyd telegravhirte dem „W. T. B.“ heute Vormittag, daß die Dampfer „Newa“ und „Belos“ fertig scien, um an die Längsseite der „Eider“ zu gehen; die Bergungsdampfer „Berthilde“ und „Hermes“ würden heute er- wartet; die Taucher hätten die Steuerbordseite des Dampfers unter sucht und keine Beschädigung gefunden. Die Backbordseite, sowie das Hintertheil des Schiffes seien bisher wegen Seeganges nicht zugäng- lih. Das Gepäck der Reisenden sei gestern Abend vollständig gelandet worden. Der Capitän Heinecke und sechs Personen blieben einst- weilen an Bord. Der Rest der Leute werde morgen mit der „Aller“ nah Bremerhaven zurückchren.

Barsinghausen a. D. (Prov. Hannover), 4. Februar. Heute früh wurden, wie der „Hann. Cour.“ mittheilt, die hiesigen Bewohner furz vor 3 Uhr durh das Alarmsignal der freiwilligen Turnerfeuer- wehr aus dem Schlafe geweckt. Es brannte das Anwesen des Fuhr- werksbesißers Busche, dessen Hab und Gut vor etwa einem Jahre schon einmal ein Raub der Flammen geworden war. Binnen kurzer Zeit war das Steigercorps der Wehr zur Stelle. Die Bewohner des brennenden Hauses, vier Familien, hatten voll- ständig die Geistesgegenwart verloren und standen rathlos vor dem Hause, anstatt die darin noch befindlichen Perfonen zu retten. Als die Steiger in die oberen Näume drangen, waren diese diht mit Rauchwolken angefüllt und machten ein Ein- dringen beinahe unmöglih. Als Fenster und Thüren eingeschlagen waren, sah man fünf Personen am Boden liegen, die bereits dem Erstickungstode verfallen waren. Sie wurden durch die Wehr in den nälhsten Häusern untergebracht. Aerztliche Hilfe war zur Stelle, doch blieben alle Wiederbelebungsversuche erfolglos. Die in den Flammen Utngekommenen find sämmtlich Glieder einer Familie, Schwiegermutter, Frau und drei Knaben im Alter von acht, \sechs und drei Jahren. Die Nebengebäude mit sämmtlihem Vieh (zwei Pferde, zwei Ziegen und Schweine) und vielen Erntevorräthen wurden zerstört. Die Mobilien sind fast alle gerettet. Gegen 11 Uhr Morgens war das Feuer gelöscht.

London, 6. Februar. Der gestern in Queenstown von Savannah eingetroffene Schiffer der Bark „Fooch o“, Capitän Igartson be- richtet nah der „A. C.“, daß er am 8. v. M. den Capitän und die Mannschaft des in Flammen stehenden amerikanishen Schoners „Ring Dove“ an Bord genommen und gerettet habe.

London, 6b. Februar. Dem „R. B.“ wird aus Scilly ge- meldet, daß der griechische Dampfer „Embiricos“, mit einer La- dung Koblen bon Cardiff nah Malta unterwegs, gestern Abend bei der St. Martins-Insel Schiffbruch erlitten hat. Fünfzehn Mann sind in dem Schiffsboot gelandet, dagegen wird der Rest der Ve- sazung, darunter der Capitän, der Steuermann und die Maschinisten,

vermißt.

London, 6. Februar. Das Schiff „Bessie H. Nose" ist, wie der „Köln. Z.“ gemeldet wird, an den Bahama-Inseln gescheitert, die ganze Mannschaft ist ertrunken.

Nom, 6. Februar. In der hiesigen Pastetenfabrik von Pantanella brach nah einer telegraphishen Mittheilung des „W. T. B.“ gegen Abend ein Feuer aus. Der Minister des Inner! und die militärishen Behörden fanden sich alsbald an der Brand- stätte ein; auch eine Truppen-Abtheilung war zur Stelle. Der Köntg,- der im Begriff war, sih zur Ballfestlichkeit in die deutsche Botschaft zu begeben, fuhr nah der unweit der leßteren belegenen brennendel Fabrif. Eine überaus zahlreiche Volksmenge umgab die Brandstätke. Der König wurde sowohl bei seinem Eintreffen, wie beim Verlajjen der Brandstätte, von der versammelten zahlreichen Menge mit leb- haften Kundgebungen begrüßt. Nachts 1 Uhr wurde man des Feucr? Herr. A

Messina, 6. Februar. Das italieni|che Schiff „Amerigo Vespucci ist nah einer Meldung des „W. T. B.“ an der hiesigen Küste gestrandet; die Mannschaft wurde mit Mühe gerettet.

Bilbao, 6. Februar. Ein heftiger Sturm richtete nach einer Meldung des „H. T. B.“ in ganz Nord-Spanien {were Verwüstunge! an. Ein norwegischer Dampfer und eine englische Schaluppe sind scheitert. Das Ebro - Thal ist zu Dreivierteln übershwemmt; der Tajo überfluthete das ganze untere Pyrenäcngebiet. Die Noth der von der Uebershwemmung Heimgesuchten nimmt besorgnißerregend® Ausdehnung an.

New-York, 7. Februar. Im Höôtel Royal brach, wi „W. T. B.“ meldet, heute früh gegen 3 Uhr ein Feuer aus, wel) es das Hotel binnen einer Stunde gänzlich zerstörte. Man befürchte, daß von den Gästen, obgleih man bemüht war, sie shnell zu warne dennoch eine größere Anzahl das Leben eingebüßt hat. Viele sprang! halbbefleidet aus den Fenstern: die Zahl der Verleßten ist eine jeyt beträchtlihe. (Vgl. die leßten Depeschen.)

Baltimore, 7. Februar. Der Allan-Dampfer „Polyne] 1a?’ von Liverpool nah Baltimore unterwegs, ist nah einer Meldung E „W.T. B.“ in der Nähe von Cap Henry gestrandet. Rettung” maßregeln für Fahrgäste und Mannschaften sind getroffen. Ma!

unterhalten, in vollstem Maße und wurde deshalb au ret freund- lih aufgenommen. Der Inhalt der Posse dreht #sch um

126 580 M. Werth baben. Unter den Vögeln ist befonders die groß-

hofft, mit der uächsten Fluth den Dampfer wieder flott zu mache!

Zw cite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Montag, den §. Februar

1892.

S

Vreußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 12. Sizgung vom Sonnabend, 6. Februar.

Der Sißung es der Minister des Jnnern Herr- uyrth, der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von

lep\ch und der Finanz-Minister Dr. Miquel bei. T u der Tagesordnung ese als erster SegennaS die

erste Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Kosten Königlicher Polizeiverwaltungen in den Stadtgemeinden.

Abg. Dr. Langerhans (dfr.): Eine anderweitige Ordnung dieser Materie habe sich schon langst als nothwendig herausgestellt, weil die Bestimmungen darüber in den zwishen Stadt und Staat abgeschlossenen Verträgen sehr verschieden seien und in sehr verschie- dener Weise ausgelegt werden könnten. So habe beispielsweise oft der'Staat die persönlichen und die Stadt die sächlichen Kosten zu tragen. Das habe zu Streitigkeiten geführt, weil nicht selten eine ganze Reihe von Personen unter den sälichen Ausgaben geführt worden seien. Er bedauere sehr, daß der Minister nicht auf die vielfahen Wünsche eingegangen sei, daß die Wohlfahrtspolizei von der Sicherheitspolizei etrennt und die erstere den Städten übertragen werde. Er finde die Stellung des Ministers nicht ganz entsprechend der Stellung , die ein Minister des Innern bei uns einzunchmen habe. Es handele sih do darum, eine zweckentsprehende Lösung der Frage zu finden. Warum solle die Bau-, ewerbe-, Markt-, Gesundheitspolizei nicht der Selbstverwaltung überlassen werden! Man meine allerdings, daß, wenn Me Entwurf Geseß werde, die klei- neren Städte ganz von felbst dazu kommen würden, den Antrag zu stellen, diese Zweige der Polizeiverwaltung selbs zu übernehmen. Es sei aber niht recht einzusehen, warum man diese l rds nicht von vornherein den Städten grundsäßlih übertragen wolle; denn jeßt liege die Sache fo, daß das Zugeständniß von Seiten der Regierung jederzeit widerrufen werden könne. Welche Gemeinde könne sich darauf einlassen, alle die Einrichtungen zu treffen auf die Gefahr hin, daß in kürzester Zeit der Vertrag von der Regiernng gekündigt werde ? Was habe es denn für einen Sinn und Zweck, bali die Regierung noch Einspruch erheben könne, nachdem eine Gemeinde in Beziehung auf Gesundheitsfragen allerlei Vorkehrungen getroffen habe, Des- infections- und andere Anstalten da doch alle diese Dinge, Abweh- rungen von Krankheiten u. dergl., die Interessen der Gemeinde am eiten berührten ; es würde also doch ganz natürlich sein, diese Dinge der Gemeinde selbständig zu überlassen. Mit den anderen Wohlfahrts- Polizeieinrihtungen sei es ebenso. Abgesehen von Berlin, wo vielleicht Seiner Majestät dem Kaiser, weil er hier residire, ein gewisser Vorbehalt gelassen werden müsse und eine Ausnahme gemacht werden könne, könnten diese Dinge doch wohl überall den Städten übertragen werden, z. B. die Schulpolizei. Die Strafen für die Eltern, deren Kinder die Volksschule versäumten, müßten mit einem gewissen väterlichen Sinne festgeseßt werden. Hier in Berlin würden sie erst gewarnt, und wenn das fruchtlos sei, nah den Umständen be- straft. Von manchen Städten wisse man überhaupt nicht, wie die mige fs Polizei-Direction dahin gekommen sei; es würde zweck- mäßig sein, wenn diese Städte von dieser Königlichen Polizei- verwaltung ganz befreit würden. Im Interesse der Selbstverwaltung würde es gut gewesen sein, wenn wenigstens ein Theil der Wohl- fahrtêpolizei den Städten übertragen worden wäre. Die Rege- lung der Polizeikostenfrage würde sich dann nur auf wenige Städte beschränkt haben. Wenn die Gemeinden in irgend einem Zweige der Wohlfahrtspolizei zu langsam vorgehen sollten, so könne die Staatsauffiht überall leiht ein- greifen. Jm ganzen würden bei solher Uebertragung an die Städte die Kosten sehr viel geringer werden. Wenn z. B. Berlin Markteinrichtun en habe und daneben eine Königlihe Marktpolizei bestehe, die Einfpeliche erheben könne, so werde dadurch eine bedeutend größere Summe von“ Mehrkosten verursacht, als wenn auch die ttädtislhe Verwaltung die Aufsicht ausübe. Man habe gesagt, daß eine ausgleihende Gerechtigkeit geübt werden müsse. Er könne eine solhe in dem Entwurf nicht finden. Wenn man dessen Be- gründung durhgehe, werde man finden, daß zwei Städte in ganz eigenthümlihem Verhältniß behandelt seien. Bei einer reichen Stadt werde gesagt, sie müsse deshalb weniger herangezogen werden, weil dort ein grager centraler Verkehr pee, Derselbe Grund werde dafür angeführt, daß man Berlin höher heranziehe. Ferner lei dort ein Polizeidienstgebäude errichtet, wodurch ebenfalls die Kosten niedriger berechnet würden. In Berlin habe man dagegen die Kosten für das Zol ensgeude auf 5 500000 #. berechnet, eine O _willkürlihe Annahme; der Grund und Boden sei {hon allein über aht Millionen Mark werth, die nicht int Betracht gezogen worden seien. Die Festseßung für Berlin entbehre einer sachlichen Begründung überhaupt. Der Minister habe ganz ohne jeden Grund eine geometrische Reihe nah der Größe der Städte an- genommen, und fo sei Berlin ganz natürlich an die höchste Stelle gerathen. Die großen Städte, die in ihren Vororten durh die Bevölkerung außerordentlich vergrößert würden, kämen überhaupt in jeder Beziehung s{chlecht weg. Berlin habe für Kanalisation 79 Millionen ausgegeben. Wenn die Vororte ein- Biogen würden, dann würden weitere 100 Millionen erforderlich sein. iese Vororte würden aber in F auf ihre Steuern nicht so ohne weiteres incommunalisirt, sodaß Berlin ganz außerordentlich hoh zu diesen Kosten herangezogen werden müsse. Außerdem müsse Berlin für das gane Land Polizeidienste thun. Wenn die Leute bett außerhalb Verbrechen begingen, und die dortigen Polizei- be örden könnten nit fertig werden, dann werde nah Berlin tele- raphirt um Commissarien. Ferner werde die Berliner Schußzmann- haft außerordentlich viel für Staatszwecke, Absperrungen bei militärischen Nebungen u. f. w. gebrauht. (Nuf: Anderswo auch!) Ja, aber hier in Berlin doch in besonders hohem Maße. Bei der dichteren Bevölkerung sei ja freilih eine größere Polizeiaufsicht nöthig. Die Verbrecher kämen aus der ganzen Welt hierher, um hier ernährt zu werden. Die Statistik über die Geburtsorte der hiesigen Berbreter sei in der Beziehung sehr interessant. Die meisten Verbrecher seien keine Berliner. Eine Ermäßigung des hohen Beitrags für Berlin würde also aus allen diesen Gründen dringend wünschenswerth sein. Auch die nationalliberale Partei habe sich ja schon früher in demselben Sinne ausgesprochen.

Abg. von Eynern (nl.): Im Gegensaß zum Abg. Langer- hans vertrete er weniger die Interessen der Stadt Berlin, als viel- mehr die der gefammten betroffenen 22 Städte. Nach den Aus- führungen des Vorredners könnte es so scheinen, als handle es sih

ler darum, für den Staat cine Vermehrung der Einnahmen zu schaffen. Davon könne aber keine Rede sein, vielmehr handele es ÂE nur um die Herbeiführung einer ausgleichenden Gerechtigkeit. er Standpunkt des Geseßes von 1850 sei durch eine Ober-Tribunals- entsheidung nach der ungünstigen Seite vershoben worden, und es handele sich nun darum, die frühere rihtige Anwendung dur Geseßgebung wieder herzustellen. Er bedauere nicht, . daß die vor zwei Jahren eingebrahte Vorlage im Herrenhause geschei- tert sei, denn diejetzige enthalte wesentliche Verbesserungen. Nach dem Geseß von 1850 habe die Polizei in den Städten auf deren Kosten ausgeübt werden sollen; nur die Mehrkosten für die Anstellung

der höheren Beamten habe der Staat selber tragen . sollen. Die jeßige Vorlage habe alle diejenigen Wünsche berücksihtigt, welche in den L ea Verhandlungen des Hauses in der Commission sowohl, als auch bei der bisherigen Berathung über die Resolution hier im Hause vorgebracht worden seien. Es sei ein wesentliher Fortschritt egen die frühere Vorlage, daß in den Städten mit Königlicher

olizeiverwaltung nunmehr auch der Nahtwachtdienst in die Hände der Königlichen Polizeiverwaltung gelegt werden solle. Die Gründe dafür seien allgemein anerkannt, in Berlin koste der ganze Sichér- heit8sdienst bei Nacht 462 000 Æ, der einzelne 6 ut: ter bekomme 600 A Gehalt. Die Commune Berlin lasse sich also hier Velen A Lon A R en leiten und habe ihre Pflicht, für die Sicherheit bei Nacht zu sorgen, weniger im Auge. Eine zweite Aenderung betreffe die Vertheilung der Beitragslast auf die einzelnen Städte; hiergegen habe der Abg. Langerhans erhebliche Einwendungen erhoben, und es werde Sache der Commission sein, zu prüfen, wehe Berechnung auf eine richtigere Basis gestellt sei: die des Abg.Langerhans oder die der Vorlage; ihm persönlich scheine der Beitrag nit zu boch be- messen, zumal wenn man bedenke, daß das Nachtwachtwesen auch in die Königlihe Verwaltung einbezogen werden solle. Die Stadt Berlin folle jeßt 2,2 Millionen mehr zahlen, die übrigen Städte 1,1 Million; nach Abzug der dem Staate erwachsenen Mehrleistungen erhalte er eine Mehreinnahme von 1 371 000 Æ Es würde wohl der ausgleihenden Gerechtigkeit am besten E dieses Geld den- enigen Städten zuzuwenden, welche keine Königliche Da ung ätten, damit sie es als Zuschuß zu den Kosten ihrer Polizeiverwaltung anwendeten. Er glaube aber, der Finanz-Minister, wenn er einmal dieses Geld in die Hände bekomme, werde es nit so leiht wieder herausgeben. Darum bescheide er sih dahin, daß die Staatsregierung dieses Geld empfange und es verwende im Interesse der allgemeinen Landessicherheit. Der in der Vorlage enthaltene Vorschlag, dieses Geld zu verwenden zur Vermehrung der Landgendarmerie erscheine ihm gerechtfertigt. In vielen Städten, wo die Polizeiverwaltung nicht ausreiche , R die Gendarmerie fubsidiär verwendet werden, und darum sei es richtig, dieser diese Mehreinnahmen zuzuwenden. Eine wesentlihe Aenderung der Vorlage gegen die vor zwei Jahren liege darin, daß jeßt die Dreitheilung der in rage kommenden Städte nach ihrer Einwohnerzahl an Stelle der Zwei- theilung treten solle; die Städte würden eingetheilt in solhe mit mehr als 75 000, zwischen 25 000 und 75 000, und unter 25 000 Ein- wohnern. Die früher beliebte Eintheilung sei damals wesentlih auf Veranlassung des Vertreters von Potsdam vorgenommen worden, wel- ches dabei sehr gut weggekommen sei. Nunmehr aber habe si Potsdam so vergrößert, daß es bald an 50000 Einwohner heran- gekommen sein und von der früheren Eintheilung feinen Vortheil mehr haben werde. Er halte die jeßige Eintheilung für ganz berechtigt. In der Commission würden noch die nöthigen Ga- rantien dafür festgestellt werden müssen, daß Städte, die einen Theil der Wohlfahrtspolizei auf ihre eigene Verwaltung übernähmen, cine entsprechende Erleichterung ihrer Beitragspflicht fia Im allge- meinen finde er, daß die Vorlage allen berehtigten Wünschen ent- spreche, und er hoffe, daß die Commission das Richtige nah allen Seiten hin treffen werde.

Abg. Ebert y (df.): Aus einer früheren Auslassung des da- maligen Ministers des Innern von Puttkamer gehe hervor, daß die Uebernahme der Polizeiverwaltung durch den Staat für 22 Städte der Monarchie niht eine besondere Wohlthat bedeute, die man diesen Städten habe zuwenden wollen, sondern daß dies im Interesse des Staats selbst und seiner Sicherheit geschehen sei. Wenn nunmehr der calculatorishe Gesichtspunkt der rein kaufmännischen Berechnung in der Vorlage vorwiege, so genüge das nicht. Berlin und die anderen 21 Städte seien die Hauptträger des Staatsgedankens, und dieser Gesichtspunkt hätte mehr in der Vor- lage berücksihtigt werden müssen. Diese Städte und namentlich Berlin hätten große Aufwendungen für Wohlfahrtszwecke und für die Erhaltung des socialen Friedens zu leisten, und es würde eine nicht S Erschütterung ihrer Finanzverhältnisse bedeuten, wenn namentlich Berlin die ihm hier aufgebürdete Last zufiele. Es sei ein Unterschied, ob man 1,50 oder 2,50 Æ pro Kopf Mehr- belastung zahlen solle. Die Mehrbelastung von 2 200 000 4, die! auf Berlin fallen solle, bedeute 11% des gesammten {Eingangs der Gemeindeeinkommensteuer. Diese Gesichtspunkte würde er auch betonen müssen, wenn er niht Beamter der Stadt Berlin wäre, sondern lediglich vom Gesichtspunkte des Abgeordneten aus spräche. Die Commission werde genau prüfen müssen, ob es der allgemeinen Sachlage entspreche, einen Sprung von 1,50 auf 250 # zu machen. Die großen und allergrößten Städte wüchsen in ihrer Bevölkerung nicht so wie die mittleren, und das Wachsthum der großen Städte finde sih wesentlich an der Weichbildgrenze und im Umkreise von einer Meile. Die Vororte von Berlin hätten ls im leßten Zählungsintervall um 64 9/6, Berlin um 20 9/9 vermehrt. Diese Erfahrung finde man bei allen Weltstädten wieder. Ebenso unvermeidlich wie die Uebernahme der Wohlfahrtspolizei durch die Städte sei au eine Einverleibung der Vorstädte in Berlin, welche eine Verdreifahung seines Areals und eine Vermehrung seiner Be- völkerung um 200 000 Einwohner zur Folge haben würde. Diese Verhältnisse würden eine Mehrbelastung von mehr als 80 Mil- lionen bringen, und unter diesen Umständen halte er es für ungerecht, Berlin und den anderen größeren Städten der Monarchie Mehr- lasten für die Sicherheit des ganzen Staats aufzulegen, denn das würde bedeuten, Mes 8 9/9 der Bevölkerung zu Gunsten von 92 9% belastet werden sollen. Hier werde die Commission genau die Sachlage prüfen müssen. Wenn behauptet werde, daß Berlin gar zu große Sparsamkeit walten lasse, so solle man doch bedenken, daß von den Gesammtkosten, die für die Sicherheit aufgebraht würden, Berlin allein F trage. Er zweifle niht daran, daß der Minister ausgleihende Gerechtigkeit walten lassen wolle, aber man dürfe das nicht gar zu sehr übertreiben, sonst werde es zur Ungerechtigkeit. Im einzelnen habe er sih noh dagegen zu wenden, daß der Stadt Berlin das Feuerlöshwesen niht völlig übertragen werde, während sie doch erhebliche Kosten hierfür und für die Pensionirung der Feuerwehrbeamten tragen müsse. Bei den jeßigen Verhältnissen sei gerade in dieser Beziehung ein Urwald von Competenzen vorhan- den, durch den sih in den einzelnen Fällen durhzushlagen sehr shwer sei. Im Namen einer höheren Gerechtigkeit, nicht der rein calculato- rishen, und mit Rücksicht darauf, daß die Bevölkerung in der nächsten Zeit erheblich mehr in Anspruch werde genommen werden, und daß Berlin für sociale Wohlfahrtsaufgaben im höchsten Maße angespannt sei er nenne nur die Krankenhäuser —, müsse die Commission die von dem größten Wohlwollen des Ministers dictirte Vorlage genau prüfen. Er könne darum nicht bloß für mildernde Umstände plâädiren für die betroffenen 22 Städte, sondern er müsse sih dahin ausfprehen : wenn die Vorlage Geseß werden solle, so müsse sie in Bezug auf die Belastung der Städte auf ganz andere Principien gestellt werden. Er sei gern bereit, ‘in dieser Richtung mitzuarbeiten, und wenn man auf allen Seiten ihn darin unterstüße, so werde etwas zu stande gebraht werden, wobei es sich nicht um Partei- kämpfe handele, fondern um wahre und wirklihe Gerechtigkeit. R: die Vorlage einer Commission von 21 Mitgliedern zu überweisen.

Minister des Jnnern H'errfurth:

minder heftigen Widerspruche von gewissen Seiten begegnen würde; denn die Vertreter derjenigen Städte, welche mit erheblich böberen Beträgen zu den Kosten der Polizeiverwaltung herangezogen werden sollen, sowie diejenigen, welche mit folchen Städten in mehr oder minder enger Verbindung stehen, haben ja gewissermaßen die Pflicht der Opposition gegen dieses „Attentat auf das Polizeikosten- privilegium einiger großer Städte“; andererseits habe ih aber doh das beruhigende-Gefühl, -daß die große Mehrheit des Hauses, welche den wesentlichsten Principien dieses Geseßes bereits im Jahre 1889 zugestimmt hat, als Theilnehmer an diesem Attentate anzu- sehen ist. Und der zweite Herr Vorredner gilt ja sogar als Anstifter desselben. (Heiterkeit.)

Der Herr Abg. Eberty hat mir eine Acußerung meines Herrn Amtsvorgängers entgegengehalten, um gewissermaßen im voraus dagegen Protest zu erheben, daß der jeßige Zustand als ein Privilegium der Städte mit Königlicher Polizeiverwaltung bezeichnet werde. Aber, meine Herren, die Aeußerungen meines Herrn Amtêsvorgängers gingen nur auf das Institut der Königlichen Polizeiverwaltung an si, niht auf die Vertheilung der Kosten. Daß mein Herr Amts- vorgänger in der leßteren Beziehung anderer Ansicht gewesen ist als der Herr Abg. Eberty, hat er, glaube ih, {chlagend dadur bewiesen, daß er im Winter 1887/88 einen Geseßentrourf vorgelegt hat, nah welchem die Städte mit Königlicher Polizeiverwaltung die Hälfte der Gesammtkosten übernehmen sollten. Darnach würde Berlin, nicht wie in dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgeschlagen ist, 3 300 000 in runder Summe zu zahlen haben, fondern über 5 000000 4

Meine Herren! Um den Einwendungen, die der erste und dritte Herr Vorredner gegen den Geseßentwurf erhoben haben, zu begegnen, glaube ih kurz diejenigen Punkte hervorheben zu follen, in welchen dieser Gefeßentwurf mit den früheren Beschlüssen dieses hohen Hauses absolut identisch ist, sowie diejenigen, in welchen er sih von diesen Beschlüssen unterscheidet.

Vollständige Uebereinstimmung zwischen den Beschlüssen des hohen Hauses vom Jahre 1889 und dem jeßigen Gesetzentwurf liegt vor:

zunächst in der einheitlichen, gleichmäßigen Regelung dieser Materie für den gesammten Staat unter Beseitigung der Ver- \chiedenheiten, welhe hier in diefer Beziehung zwischen den einzelnen Landestheilen bisher obwalteten ;

zweitens in der Uebertragung der Gesammtkosten der König- lichen Polizeiverwaltung auf den Staat unter Beseitigung der bis- herigen Unterscheidung zwischen persönlichen und sächlichen Kosten ;

drittens in einer stärkeren Heranziehung der Städte mit Königlicher Polizeiverwaltung zu den Kosten derselben :

viertens in der Bemessung des Beitrags nicht nach einer Quote der Gesammtkosten, sondern nah Kopfbeträgen nah Maß- gabe der ortsanwesenden Civilbevölkerung;

fünftens in der Bestimmung, welche mit den Beschlüssen des Hauses, niht aber mit der Vorlage von 1889 übereinstimmt, wonahch bei der Berehuung dieses Beitrags diejenigen Beträge abgezogen werden sollen, welhe der Staat durch die Uebertragung von Zweigen der Wohlfahrtspolizei erspart, und zwar sowohl derjenigen Zweige, welche zur Zeit bereits übertragen sind, als auch derjenigen, welche künftig werden übertragen werden.

Endlich ist vollständige Uebereinstimmung vorhanden in den Be- stimmungen über die Definition; was als Polizeikosten anzusehen ift, in den Vorschriften über die Verwendung der Gebäude, in den Be- stimmungen über dasjenige, was in den mit den cinzelnen Städten abgeschlossenen Verträgen bestehen bleibt oder verändert wird.

Dagegen sind allerdings in dem gegenwärtigen Entwurf einige principielle Aenderungen gegenüber dem früheren Entwurf und den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses von 1889 vorhanden, welche zu meiner Freude von dem zweiten Herrn Vorredner als Verbesse- rungen bezeichnet sind. Diese Verbesserungen bestehen darin, daß erstens die Uebertragung des Nahtwachtwesens in diesen Städten auf die Königliche Polizeiverwaltung ex lege allgemein vor- geschrieben werden wird ; zweitens, daß die Zweige der Wohlfa hrtspolizei in diesen Städten den Gemeinden auf ihren Antrag übertragen werden sollen ; drittens in den Vorschriften über die Verwendung der Bei- träge, welche die Städte zu leisten haben, und zwar dahin, daß nach Abzug der künftig dem Staat zur Last fallenden Kosten, welche bisher von den Städten an sächlihen Ausgaben und an Ausgaben für das Nachtwachtwesen bestritten werden mußten, der Ucbershuß verwendet werden foll zu einer Vermehrung der Landgendarmerie einer- seits behufs Ausdehnung der Thätigkeit derselben auf die Stadt- gemeinden der Landkreise, andererseits zum Zweck einer Verstärkung der Polizei-Executivkräfte in den Vororten der Stadtkreise, endli und das ist ja der Punkt, der die meisten Angriffe gefunden hat in einer anderweitigen Normirung der Beitragssäßze, welche von den einzelnen Städten zu leisten seten.

Nun ist [zunähst von dem Abgeordneten Herrn Langerhans der Einwand erhoben worden, die Bestimmungen über die Uebertragung des Nachtwachtwesens an den Staat einerseits und über die Ueber- tragung der Zweige der Wohlfahrtspolizei an die Stadtgemeinden andererseits, stimmten niht mit einander; es sei darin eine orga- nische Negelung diefer Materie enthalten; der Geseßentwurf ver- fahre inktonsequent, wenn er ex lege das Nachtwachtwesen als einen Theil der Sicherheitspolizei obligatorisch auf den Staat übertrage, dagegen bezüglih der Zweige der Wohlfahrtspolizei nur die fakul- tative und widerruflihe Uebertragung, nah gewissen Richtungen hin sogar nur unter bestimmten Kautelen, in Ausficht nimmt. Meine Herren, ih kann es nicht abweisen, daß diesein Einwand eine gewisse theoretishe Begründung zuzugestehen ist; und ih habe den Versuch gemacht, ob man nit den Gesetzentwurf anders konstruiren könne, ob man nicht obligatorisch das Nachtwachtwesen auf den Staat und ebenso obligatorish die Zweige der Wohlfahrtspolizei auf ‘die Stadt-

Ich mußte darauf gefaßt sein, daß diese Vorlage einem mehr oder

gemeinde übertragen könne. - Dieser Versuch is nicht geglückt