1892 / 36 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 10 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Heute traten die vereinigten Ausschüsse des Bundes- raths für Zoll: und Steuerwesen und für Rechnungswesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr zu Sizungen zusammen.

Das „Armece-Verordnungs-Blatt“ veröffentlicht folgende Allerhöchste Cabinetsordre wegen Anlegung von Trauer für den verewigten Großfürsten Constantin Niko- lajewitsch von Rußland, Kaiserliche Hoheit:

Um das Andenken des verewigten Großfürsten Constantin Nikolajewitsch von Rußland, Kaiferlice Hoheit bisher Chef Des 2. Rheinischen Husaren-Regiments Nr. 9 zu ehren, bestimme s hierdurch, daß die Offiziere dieses Regiments 8 Tage Trauer dur Tragen des Flors am linken Oberarm anlegen. Außerdem hat eine Abordnung des Regiments, bestehend aus dem Negiments-Commandeur, 1 Rittmeister, 1 Lieutenant, an den Beiseßzungs-Feierlichkeiten theil- zunehmen. Ich beauftrage Sie, Vorstehendes der Armee bekannt zu machen. Berlin, den 26. Januar 1892. Wilhelm. An den Kriegs-Minister.

Das „Armee-Verordnungsblatt“ veröffentlicht eine Aller- höchste Cabinetsordre über die Rekrutirung des Heeres für das E A Hiernah sind zum Dienst mit der Waffe einzustellen : O p Bei S Sein der Infanterie mit hohem Etat je 244, bei den Bataillonen der Infanterie mit mittlerem Etat je 228, bei den Bataillonen der Infanterie mit niedrigen Etat je 209, bei den Jäger-Bataillonen mit hohem Etat je 232, bei dem Jäger-Bataillon mit mittlerem Etat 216, bei den Bataillonen der Jäger und Schüßen mit niedrigem Etat je 199, bei jedem Cavallerie - Regiment mit hohem Etat _mindestens 160, bei jedem Cavallerie-Regiment mit mittlerem und niedrigem Etat mindestens 150, bei jeder reilenden Batterie mit hobem Etat min- estens 35, bei jeder reitenden Batterie mit mittlerem Etat mindestens 32, bei jeder reitenden Batterie mit medrigem Gtat mindestens 29, bei jeder fahrenden Batterie mit hohem Etat mindestens 38, bei jeder fahrenden Batterie mit mittlerem Etat mindestens 55, bei jeder fahrenden Batterie mit niedrigem Etat mindestens 30, bei den Bataillonen der Fuß-Artillerie mit hohem Etat je 210, bei den Bataillonen der Fuß-Artillerie mit niedrigem Etat je 168, bei dem Garde-Pionier-Bataillon 225, bei den übrigen Pionier-Bataillonen je 176, bei dem Bataillon der Eisenbahn-Regimenter mindestens 135, bei der Luftschiffer - Abtheilung mindestens 15, bei jeder Compagnie des Badischen LTrain-Bataillons Ar 14 und des Train-Bataillons Nr. 15: zu dreijähriger activer Dienstzeit mindestens 18, zu Oger activer Dienstzeit im Herbst 1892 und im Frühjahr 1893 je 38, bei jeder Compagnie der übrigen Train- Bataillone: zu dreijähriger activer Dienstzeit mindestens 15, zu halb- jähriger activer Dienstzeit im Herbst 1892 und im Frühjahr 1893 je 38 Rekruten. Soweit Abgaben an gedienten Mannschaften als Krankenwärter oder Bäcker erfolgen, sind Rekruten in entsprechender Höbe über die vorstehend genannten Zahlen hinaus einzustellen. “An Ocekfonomie-Handwerkern baben sämmtliche Truppentheile 2c. mindestens ein Drittel der etatsmäßigen Zahl einzustellen. H

Die Einstellung der Rekruten zum Dienst mit der Waffe hat nach näherer Anordnung der General-Commandos bei der Cavallerie baldmöglichst nah dem 2. Oktober 1892, jedoch grundfäßlih erst nach dem Wiedereintreffen in den Standorten von den Herbstübungen, bei den übrigen Truppentheilen in der Zeit vom 3. bis 9. November 1892 zu erfolgen. Die Rekruten für das Fuß-Artillerie-Regiment von Hinderfin (Pommersches) Jir: 2 Und Die Unteroffizierschulen, ferner die als Octonomie-Handwerker ausgehobenen Jtetruten sind am 1. Oktober 1892 und die Trainsoldaten für den Früßjahrstermin am 9, Mai 1893 einzustellen.

Das durch Einberufung der außerordentlichen Mitglieder erweiterte Collegium der Königlichen Wissenschaftlichen Deputation für das Medizinalwesen hat in Verhandlungen vom 29. Oktober bis 1. November 1890 gewisse Grundsäße für die Beurtheilung der Projecte zur Anlage oder Erweite- rung von Begräbnißpläßen, sowie der Begräbnißplag- ordnungs-Entwürfe vom Standpunkt der öffentlichen Gesundheitspflege festgestellt. Behufs gleichmäßiger und voll- ständiger Beurtheilung solcher Projecte und Entwürfe hat der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten jeßt bestimmt, daß diese durhweg unter Beachtung der Beschlüsse der genannten Deputation jtattfinden soll. Jnsbesondere soll fortan zur Prüfung in jedem Falle der zuständige Medizinalbeamte (Kreisphysikus 2c.) hinzugezogen werden und die Mitwirkung desselben soll in der Negel unter eigner örtlichen Prüfung der Verhältnisse erfolgen. Die Königlichen Regierungs-Präsidenten find ersucht worden, für die Beachtung der von der Wissen- schaftlichen Deputation aufgestellten Grundsäße Sorge zu tragen.

Diese Grundsäge lassen sich in Folgendem zusammenfassen:

1) Zu Begräbnißzwecken dürfen nur Pläße benußt werden, deren Boden zur Leichenzerseßung durch Verwesung geeignet und fähig ist, die Zerseßungéproducte bis zum völligen Zerfall in anorganifche Ver- bindungen zurückzuhalten. Die dazu erforderlichen Eigenschaften sind Troenheit und eine gewisse Porosität von der Erdoberfläche bis zur unteren Grenzebene der Verwesungszone. Diefelben müjjen auch der nächsten Uingebung des Platzes eigen fein. Ein Plat, welcher von Natur aus nicht geeignet ist, kann es in manchen Fallen durch Er- böbung oder durch Drainirung werden. :

2) Der Betrieb jedes Begräbnißplaßes muß geregelt sein und der Regelung entsprechen. Dieselbe hat ih_ auf die Tiefe und den Flächenraum, die Trennung, die Belegung, Zufüllung und Behügelung, Erkennung, Wiedereröffnung und Wiederbelegung der Gräber zu ri n. ,

E N Grüfte sind thunlichst zu vermeiden. Die Einrichtung und der Betrieb derselben, wie auch von Leichenhallen, ift derart zu regeln, daß aus ihnen Fäulnißgestank sich nicht verbreiten und Keime von Infec- tionsfrankheiten nicht vershleppt werden können. Der Eintritt in Grüfte, wie auch in geöffnete Gräber ist nur zulässig, nahdem fest- gestellt worden ist, daß in denselben eine Anhäufung von Kohlensäure in gefährlichem Grade zur Zeit nicht besteht. i E

Für die Prüfung der Begräbniß-Anlageprojecte und Begräbniß- ordnungsentwürfe soll unter Mitwirkung eines medizinishen Sach- verständigen E

: t) festgestellt werden die Lage des Platzes, insbesondere auch der zu errichtenden Grüfte, fowie der Leichenhalle, zu den nächsten mensh- lichen Aufenthaltsräumen, der etwaige Zusammenhang des Grund- wassers mit Wasserentnahmestellen, die Beschaffenheit des Bodens be- ¿üglih der Verwesungs- und der Filtrationskraft und die Art der etwaigen Trockenlegung der Verwesungszone, sowie dic Einrichtung der Leichenhalle; ferner follan . 7 S

2) in den Ordnungsentwurf Aufnahme finden Bestimmungen über die Dimensionirung, Trennung und R E der Gräber, die Einrichrung und Benuzung der Grüfte und die Benußung der Leichen-

halle, sowie über die Frist, vor welcher zunächst eine Wiederbelegung der Gräber nicht erfolgen darf. Die Festseßung des definitiven Be- _gräbnißturnus foll erst nach Ablauf dieser Frist stattfinden.

Heute Vormittag fand in der St. Hedwigs-Kirche ein feierliches Requiem für den verstorbenen Königli italienischen Botschafter Grafen de Launay statt. Der Feierlichkeit wohnten Seine Majestät der Kaiser und König, Jhre Königlichen Hoheiten die Prinzen Heinrich und Friedri Leopold und der Erbgroßherzog von Baden, Jhre Poren der Herzog Ernst Günther zu Schleswig - Holstein und der Erbprinz von Sachsen-Meiningen sowie Seine Durchlaucht der Erbprinz von Hohenzollern bei. Ferner waren zugegen der Reichskanzler Graf von Caprivi, der Staatssecretär des Auswärtigen Amts Freiherr Marschall von Bieberstein, die hier accreditirten Bot- shafier und Gesandten, die Staats-Minister von Schelling, reiherr von Berlepsh, von Heyden und Thielen, der General- Feldmarschall Graf von Blumenthal, der General-Oberst von Pape, der Minister des Königlichen Hauses von Wedell und der Oberst-Kämmerer Fürst zu Stolberg-Wernigerode. Das Requiem celebrirte der Propst Jahnel. Nach der feierlichen Einsegnung wurde die Leiche nach dem Friedhof in der Liesenstraße gebracht, wo die Beiseßung erfolgte.

Der General-Lieutenant von dem Knesebeck, Com- mandant von Königsberg i. Pr., der General-Lieutenant von Kayser, Commandeur der 33. Division, und der General: Lieutenant Freiherr von Röfsing, Commandeur der 3. Jn- fanterie-Brigade, haben nah Abstattung persönlicher Meldungen Berlin wieder verlassen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich reußische Geheime Regierungs-Rath von Geldern-Crispendorf ist hier angekommen.

Sigmaringen, 9. Februar. Jhre Königlichen Hoheiten der Fürst und die Fürstin von Hohenzollern find, nah einer Meldung des „W. T. B.“, zu längerem Aufenthalt nah San Remo abgereist.

Vayern.

Februar. Die Kammer der Ab- geordneten nahm in ihrer gestrigen Sigung, wie der „Köln. Ztg.“ berichtet wird, die Novelle zum Heimaths- esete mit der von der Kammer der Reichsräthe beschlossenen Ubandezunag mit allen gegen eine Stimme an. O Der bayerische Gener alstab begeht morgen das Fe st seines hundertjährigen Bestehens. Der ständige Generalstaz wurde 1792 auf Antrag des Gencral-Adzutanten Grafen Rumford von dem Kurfürsten Karl Theodor errichtet. Neuformationen traten ein in den ersten Jahren der Regierung des Kurfürsten Max Joseph IV., sodann 1822 unter eben diesem als König Max Joseph I., 1826, 1829, 1849 und 1851 unter Ludwig I. und Maximilian I[., bis er 1868 unter König Ludwig T1. in einer der Armee-Eintheilung angemessenen Weise eingerichtet wurde. 1872 erhielt er an Stelle des bisherigen Namens „General-Quartiermeisterstab“ den Titel Generalstab, sechs Jahre später dessen Chef an Stelle der Bezeichnun; „General- Quartiermeister“ den Titel „Generalstabs-Chef der Armee“. Jm Jahre 1875 wurde eine Liniencommission in München, 1881 eine weitere Liniencontmission in Würzburg aufgestellt: leßtere wurde im Oktober 1888 nach Ludwinshafen a. Rh. verlegt. Der Generalstab besteh gewöhnlich aus 1 General als Chef, 2 Obersten, 2 Oberst-Lieutenants, 10 Majors und 8 Haupt- leuten sowie aus mehreren à la suite gestellten oder ihm zur Dienstleistung zugetheilten Offizieren.

Sachsen.

Dresden, 9. Februar. Seine Königliche Hoheit der Kronprinz von Schweden und Norwegen traf nach der „Leipz. Ztg.“, von St. Petersburg kommend, heute Nachmittag zum Besuche Jhrer Königlichen Majestäten hier ein.

In der heutigen Sißung der Ersten Kammer ge- langte, wie das „Dr. J.“ berichtet, als erster Gegenstand der mündliche Bericht der zweiten Deputation über den zweiten Nachtrag zu Cap. 63, 73 und 75 des ordentlichen Staatshaushalts-Etats für 1890/91 zur Berathung. Die Deputation beantragte, sämmtliche Capitel t bewilligen. Nach kurzer Debatte, an welcher der Wirkliche Geheime Rath von Zehmen und Graf Rer theilnahmen, und nachdem der Finanz - Minister von Thümmel den Standpunkt der Re- gierung in Bezug auf den Grundstüserwerb zur Erweiterung des Großen Gartens dargelegt hatte, beschloß die Kammer dem Deputationsantrage entsprechend. Die Zweite Kammer berieth die Cap. 1 bis und (1a des Staatshaushalts-Etats: Forsten, Domänen, Kalkwerke, Weinberge, Hofapotheke , Leipziger Zeitung und Dresdner Journal, die fämmtlich nah den Anträgen der Regie- rung bewilligt wurden. Eine längere Debatte erhob sich nur bei dem Etat der beiden Zeitungen. Der Abg. Starke gab der Staatsregierung zur Erwägung, das „Dresdner Journal“ in einen Staats - Anzeiger um- zuwandeln, während der Abg. Bön isch Ausstellungen gegen die Ausdruc{3weise der „Leipziger E und ihre Haltung zum Antisemitismus erhob, und der Abg. Stolle (Gesau) im Namen der socialdemokratischen Partei erklärte, daß diese gegen die Etats der beiden Zeitungen stimmen müsse. Der Staats-Minister von Mezsch und der Abg. Uhlemann (Görliß) wiesen die gegen die „Leipziger Zeitung“ erhobenen Vorwürfe zurück; ersterer gab zwar zu, daß der Ton mitunter scharf sei, entshuldigte dies aber mit der Eile, in der die be- treffenden Artikel hergestellt werden müßten.

Deutsche Colonien.

Nach einer Mittheilung der „Nat.-Ztg.“ aus Tanga ist Dr. Baumann am 17. v. M. mit seiner Expedition nah dem Kilimandscharo und dem Victoria Nyansfa aufge- brochen. Die Expedition wird im Auftrage des Ausschufses der Antisklaverei-Lotterie und der Deutsh-Östafrikanischen Ge- sellschaft ausgeführt und besteht aus 50 Soldaten und 200 Trägern. Sie ist auf etwa ein Jahr berechnet und hat u. a. den Zweck, auf die Möglichkeit der Herstellung von Karawanen- wegen vom Kilimandsharo nah dem Victoria Nyansa zu

achten. i Dem „Hannov. Courier“ wird aus Berlin berichtet: Vom Kilimandscharo sollen Nachrichten angekommen sein, wonach Dr. Karl Peters gewaltige Salpeterlager zwischen dem Kilimandscharo und dem Vulkan Donjo Ngai (am sogenannten Natron-See) und zu gleiher Zeit auch

München, 9.

Natron bicarbonicum avifiri sein. Das ganze weite Gebiet zwischen Kilimandsharo und Donjo Ngai soll ein einziges großes Salpeterlager darstellen.

Oesfterreih-Ungarn.

Der Commandant der Cavallerie-Division in Jaroslaw, Feldmarschall-Lieutenant Freiherr von Gagern isst, wie „W. T. B.“ meldet, zum General - Jnspector der Cavallerie ernannt worden.

Eine Offiziers-Deputation des 4. Württem- bergischen Jnfanterie-Regiments ist geri Abend in Wien eingetroffen, um sih dem Kaiser, als dem neuen Jyn- haber des Regiments, vorzustellen.

Der Handels-Minister Marquis de Bacquehem legie gestern dem Abgeordnetenhause den am 4. Juli 1891 at: geschlossenen Weltpost-Vertrag mit dem dazu gehörenden Schlußprotofoll vor. Hierauf wurde die Generaldebatte über die der Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft zu gewährende Staatssubvention fortgeseßt. Der Abg. Lueger griff die Gesellschaft auf das heftigste an und wurde vom Präsidenten nach vorangegangener Ermahnung, die Würde des e zu wahren, wegen eines ungebührlihen Ausdruckes zur Bezeichnung der erwähnten Gesellschaft zur Ordnung gerufen. Der Handels-Minister Marguis de Bacquc hem trat den Angriffen Lueger's auf Ungarn energisch entgegen, wies entrüstet unter stürmishem Beifall des Hauses die persönlichen Ausfälle Lueger's zurück und {loß mit der Bemerkung, er werde das Verdict Lueger's über die Vorlage ruhig zu tragen wissen. (Erneuter, demonstrativer Beifall. Der Handels - Minister wurde von vielen Seiten beglücwünscht.) Der Abg. Lueger hielt alsdann seine früheren Ausführungen in einer pte G die sih gegen den Handels-Minister persönlih zuspißte, «uf: recht und wurde deshalb vom Präsidenten zweimal zur Ordnung gerufen. Hierauf wurde das Eingehen in die Specialdebatte mit 167 gegen 59 Stimmen beschlossen.

In einer gestern abgehaltenen Versammlung der deutsch-böhmischen Reichsraths-Abgeordneten mate der Abg. Shmeykal Mittheilungen über die Besprechungen, welche der Abg. von Plener und er mit der Regierung ge- pflogen hätten. Danach würde die Regierung zum Beginn der böhmischen Lantagssession ein Curiengeseß, einen Entwurf zur Wahlreform desGroßgrundbesißes und einGesez über die Minoritäts\hulen von neuem vorlegen sowie die bis dahin fertig gestellten Abgrenzungsvorlagen ein- bringen. Die Mittheilungen Schmeyfal's wurden nah längerer Debatte einstimmig zur Kenntniß genommen und die weiteren Schritte der Partei der Beschlußfassung des Clubs der deutshen Landtags-Abgeordneten in Prag vorbehalten.

Großbritannien und Frland.

Ueber die dem Hauptinhalt na bereits aus der gestrigen vorläufigen Mittheilung bekannte Thronrede zur Eröff- nung des Parlaments meldet ein gestern Abend ein- getroffenes Telegramm des „Wolff schen Bureaus“ noch Fol- endes: Zunächst giebt die Königin ihrem Schmerz über den Tod des Herzogs von Clarence Ausdruck, in welchem ihr nur durch die rüh __ Theilnahme der Bevölkerung des ganzen Reichs Linderung ge- währt worden sei. Die Beziehungen Großbritan- niens zu den auswärtigen Mächten seien fortgeseßt freund- schaftlihe. Die Königin habe in dem Vice-König von Egypten Tewfik einen loyalen Bundesgenossen verloren, dessen weise Regierung binnen weniger Jahre wesentlih zur Wiederherstellung des Wohlstandes und des Friedens seines Landes beigetragen habe. Die Königin habe jedo das volle Vertrauen, daß der auf Grund älterer Firmane vom Sultan ernannte Nachfolger Tewsik's dieselbe kluge Politik befolgen werde wie sein Vorgänger. Mit Einwilli- gung der Königin sei Sansibar zum afi flärt worden. Die Königin hoffe, daß diese Maßnahme zur Entwickelung des dem Sultan von Sansibar gehörigen Gebietes und zur Förderung des englischen Handels an der ostafrifanischen Küste beitragen werde. Als Vorlagen wer- den angekündigt außer der schon erwähnten Bill wegen Ein- führung i l : regierung in Jrland u. a. eine Bill wegen Abänderung des bestehenden Abkommens zwishen der Regierung und der Bank von England und eine Bill zur Reform des Gesetzes über die Hastbarkeit der Arbeitgeber für Verlezungen, welche die Arbeiter im Dienste erleiden.

Beide Häuser des Parlaments beschäftigten sich in ihren gestrigen ersten Sißungen mit der Berathung der Adressen zur Beantwortung der Os Das Oberhaus nahm nah längerer Debatte den Adreßentwur| einstimmig an. Jm Laufe der Debatte erklärte der Premier; Minister Marquis von Salisbury, wie „W. T. D“ berihtet, daß Englands Bestrebungen in Egypten nit fallen gelassen werden würden; der Zweck Englands |ci hierbei, daß Egypten auf eigener Kraft stehe und stark genug sei, um inneren Unordnungen und auswärtigen Jntriguen Widerstand leisten zu können. Die Regierung werde Egypten nie der Suprematic einer anderen Macht, noch der inneren Anarchie überliefern. Hinsichtlich Neufundlands erwarie Frankreich jeßt das Resultat der von Neufundland versprochenen! Geseze. Bevor diese niht vorlägen, lasse sih über die Ar- elegenheit nichts sagen. / : ' u U nterk dul beantragte bei der Adreßberathung der Abgeordnete Lowther (cons.) ein Amendement zu Gunjten der Aufhebung der Handelsverträge, weil diese England VeH hinderten, bevorzugte Handelsbeziehungen zu den Colonien her- ustellen. Der Präsident des Handelsamts Hicks-Bea h bekämpfte jedoch dieses Amendement und erklärte, die Regierung e sich nicht verpflichten, jene Verträge aufzuheben; fie G N übrigens keine Verträge abschließen, welche die Colonien L rührten, ohne leßtere vorher zu befragen. Das Amendemnes wurde shliezlich ohne besondere Abstimmung abgelehnt U die Adreßzdebatte hierauf vertagt.

Frankreich. f ,

Der schweizerishe Bundesrath hat, wie der „Köln. B aus Paris gemeldet wird, dem französischen Gesandte in Bern mitgetheilt, er sei bereit, über die Punkte des I zösischen Minimaltarifs, die er für niht annehmbar halte, Verhandlung zu treten. E Ä Zu der Frage des Verhältnisses des Papstes zu de Frankreich bestehenden Regierungsform wird von Li

ariser Blättern eine Predigt veröffentliht, welche

rührende

Quellen mit Brom, Chlor und Schwefelwas]jerstoff- gas entdeckt hat. Es soll hier auch eine Sendung von

Dominicanerpater Maumus am vergangenen Sonntag in ?&

Freihafen er--

einer dem englischen System ähnlichen Local--

die Kammern

Kirche Saint-Sulpice halten hat; es wird zuglei versichert, der Wortlaut der Predigt Ln dem päpstlihen Nuntius zur Genehmigung vorgelegen. És heißt darin: :

Das Land scheint entschlossen der Republik anzuhängen. Man muß fie annehmen. Auf die Widersprüche, die man erheben könnte, habe ich zwei Antworten. Als das römische Kaiserreich vor seinem Jusammensturz stand, hielt die Kirche sich an die göttliche Seite ihrer Sendung, und obne sich um die politische Frage zu kümmern, streckte fe den Barbaren die Arme ads. Heute besteht eine neue Kraft, darüber darf man sich niht täushen. Wie ehemals, als die Barbaren über das römishe Reich berfielen, erhebt fih jeßt diese neue Kraft und fordert ibren Plaß an der Sonne. Diese Kraft, mit der man rehuen muß und die der heutigen Gesittung das Leben oder den Tod bringen muß, ist die Demokratie. Der. Papst Leo XIIT.

hat in einer glänzenden Encyclica folgendermaßen für die Demokratie Partei ergriffen: Er sagte - den Bischöfen und den Priestern : Hier sind neue Barbaren: gehet zu ibnen bin: ibr werdet mit ihnen den Tempel der Zukunft gründen.“ Die Kirche wird demoftratisch werden, und darin wird sie den Lehren ihres Vaters, ihres Gründers und des heiligen Paulus folgen. Die Demokratie bat eine Form, und ih zaudere niht, ihren Namen zu nennen: es ist die Republik. Ich stehe auf einem brennenden Boden, und i bitte euch, nit zu vergessen, daß i, wie ih anfangs sagte, iur das Heil der girde im Auge habe. Wenn nun aber die Kirche sich zur Demo- fratie hinneigt, um sie zu taufen und zu Gott zu führen, wie muß dann die Kirche fich verhalten, wenn es fic um die demokratische Form unseres Landes handelt ? Hier befinden wir uns zweien Mei- nungen gegenüber. Die eine behauptet, daß die Kirche die Barbaren ¡urüdweisen und zur Monarchie halten muß: die andere, und ihre Stimme ist das Echo des heiligen Vaters, sagt, daß die Kirche nicht hinter der Demokratie zurücbleiben kann. Ihr Plaß ist in erster Reibe, sie muß diesen neuen Barbaren von Gott, von dem fie nichts wissen, Kenntniß geben. Nah dem Wort des fouveränen Pontifex, zach den Erftlärungen der Cardinäle giebt cs fein Zaudern mebr. Die Kirhe muß fich aufrichtig, ohne Hintergedanken der Regicrungs- form anschließen, die sich die Demokratie gegeben hat. Die Politik is eine Frage untergeordneten Ranges für die Kirche, die bereit ift, alle Regterungsformen anzunehmen. Warum sollen die Katholiken niht Republikaner fein? Die Revublifk ift die vollkommenste Ver- wirklihung der Lehren der großen Theologen, wie Thomas von Yquino, Bellarmin und Suarez. Man glaubt, die Fretheit datire von 1789. Lange vor dieser Zeit hatten die Theologen unsere Väter gelehrt, daß fie das Recht hätten, ibr Oberhauxt zu wählen, den Eingriffen der Gewalt zu widerstehen und selbst ihr Oberhaupt abzuseßen. So sagt Thomas von Aquino: Ad populum pertinet electio principum. Der nationale Wille also it der fouveräne Herr. Nichts verhindert euch, Katholiken, der Republik zuzustimmen, und ihr müßt es thun; denn man muß unseren Gegnern jene Bewcisführung entreißen, die darin besteht, zu sagen, daß wir Feinde der Republik jeien und die Geseße, die man erläßt, niht gegen die Religion, fondern gegen die Feinde der Negierungsform gerichtet seien.

Rußland und Polen. :

Das Marine-Ministerium hatte im Frühjahr 1891 beschlossen, in der neuen Admiralität und auf der Galeeren- insel großartige Schiffs werfte zu schaffen, die zum Bau der größten Panzerschiffe geeignet wären. Dieser Tage sind nun, wie man der „Köln. Ztg.“ aus St. Petersburg reibt, die neuerbauten Werfte von einer Regierungscommission be- sichtigt und die mechanischen Theile von der Krone über- nommen worden.

Wie der „Pol. Corr.“ aus Warschau gemeldet wird, beginnt der Nothstand, der bisher nur die inneren Pro- vinzen Rußlands heimgesucht hatte, nunmehr auch im König- reih Polen fühlbar zu werden. Die Zahl der Arbeitslosen infolge der leßthin dort in mehreren Etablissements eingetretenen Geschäftsstockœung, sowie infolge der Heranziehung von Arbeitern aus dem Jnnern des Landes zu ärarishen Bauten sei im Zunehmen.

Spanien.

Ueber das den spanischen Cortes vorgelegte Budget auf das Zahr 1892/93 haben wir bereits in Nr. 34 d. Bl. kurz berichtet; jezt erhalten wir darüber noch folgende näheren Mit- theilungen: Das Budget stellt die Ausgaben mit 750 263 077 Pesetas und die Einnahmen mit 748 750 070 Pesctas fest, \o- daß sich als Deficit 1513 007 Pesetas ergeben. Die einzu- führenden Ersparnisse werden mit 6 910 201 Pesetas ausgewiesen, (mehrere Zeitungen haben diese Ziffer mit jener des Deficits verwechselt). Während dreier Monate sollen 10 Proc. auf alle persöônlichen Ausgaben erhoben werden; der Ertrag der neuen Steuern is mit 26250 000 Pesetas veranschlagt, und zwar mit ses Millionen auf Zucker, fremden sowohl als einheimischen, und auf sieben Millionen beziffern sich die Erträgnisse der Steuer von 1 Proc. auf alle Zahlungen durch den Staat, die Pro- vinzen oder die Municipalität mit Ausnahme der Zahlungen, velhe von Auswärtigen gemacht werden. Die Regierung ut ferner die Autorisation behufs Verpachtung der Steuern auf persönliche E und der Salinen von Torrevieja, \0wie auf außergewöhnlihen Verkauf von altem Marine- und «rlegsmaterial nah. Die Einschränkung weiterer Ausgaben soll durch Ersparnisse bei 25 Gerichtshöfen und allen Steuer- thebungs-Burcaux erzielt werden, und alle diese Ad- Mnitrationszweige sollen auf der einfahsten Basis organisirt werden. Bei der Bergwerksbesteuerung ist 1 Proc. mehr in Aussicht genommen.

Schweiz.

Das cidgenössishe Departement des Auswärtigen vat sich, wie man dem „W. T. B.“ aus Bern meldet, zu der Erklärung veranlaßt gesehen, daß das französische Gelb- quUO) über die Handelsbezichungen Frankreichs (vgl. Nr. 33 d. Bl.) verschiedene Ungenauigfkeiten enthalte, die gegen- Über der französischen Regierung rectificirt werden müßten. Außerdem enthalte es Lücken, wie jedenfalls in ciner Bot- \haft an die Bundesversammlung werde dargelegt werden.

H Belgien. “ine gestern in Brüssel abgehaltene Versammlung der Mit: lieder der Rechten beider Kammern hat sich mit Voßer Majorität gegen das Referendum ausgesprochen. eber das sogenannte Königliche Referendum wird dem b. Corr.“ geschrieben: Der König will damit das Recht ên, um die Macht der Krone der Allmacht der herrschen- stärk artei und ihrer Parlamentsmehrheit gegenüber zu befr, die Wählerschaft direct nah zwei Richtungen hin zu ; [ragen über das rincip eines erst einzubringenden Geseßes, den ger den persönlichen Militärdienst, oder über ein von d Kammern, d. h. von der jeweiligen herrshenden Partei meiommenes Geseß, sodaß, falls sich die Mehrheit der a; ler bei der Befragung gegen das Gesetz ausspricht, der i ied in der Lage ist, im Einklang mit der Mehrheit der edler die Vollziehung und damit das Inkrafttreten des cleves abzuweisen. Der König besteht darauf, und das Mi-

artifels dem Wunsche des Königs gemäß genehmigen und die Entscheidung den L Pn Kammern überlasjen.

Das zum Montag angesagte Straßenmeeting der Socialisten wurde, der „Frankf. Ztg.“ zufolge, in dem Augenblick, wo Volders das Wort nahm, volizeilih verboten. Volders erklärte hierauf, er würde das Meeting in geshlossenem Saale halten. Die Zuhörer folgten ihm dorthin unter dem Gesang der Marseillaise und anarchistishen Rufen.

Schweden und Norwegen.

Christiania, 9. Februar. Die diesjährige Scssion des Storthing ist heute eröffnet worden. Jn der Thronrede wer- den, dem „W. T. B.“ zufolge, die Beziehungen zu den fremden Mächten als unverändert bezeihnet. Angekündigt werden sodann Gesezesvorlagen zum Schuße des Autorenrehts und des künst- lerishen Eigenthums, ein neues Seegeseß, ein Hafengeseß, ein Geseß, wegen der Aufficht über die Arbeit in den Fabriken, ein Unfall: und Altersversicherungsgeseg für Seeleute, ferner Vorlagen zur Reform der directen Steuer und zur Auf- hebung bezw. Herabsezung der Zollsäße für mehrere der noth- wendigsten Consumartikel sowie wegen Erhöhung einiger

anderer Zollsäße. Die Finanzverwaltung für 1890/91 ergiebt, wie in der Thronrede mitgetheilt wird, einen niht unerheb- lihen Ueberschuß.

Amerika.

Die Finanz-Commission des Senats der Ver- einigten Staaten hat, laut Kabeltelegramm aus Washington, den von Stewart eingebrahten Geseßzentwurf wegen Ein- führung der freien Silberprägung abgelehnt. __ Die Londoner „Times“ läßt sih aus Santiago melden, daß die von den Vereinigten Staaten gegen Chile an- genommene Haltung einen tiefen Eindruck auf alle spanisch und portugiesish \prehenden Republiken Süd- Amerikas gemacht habe. Die Handlungsweise der Vereinigten Staaten abe die Zllusionen über die große Republik des Nordens völlig s{hwinden lassen. Die central- und südamerikanischen Republiken würden in Zukunft sowohl in politisher wie com- mercieller Hinsicht Shuß und gegenseitige Förderung ihrer Interessen nur bei sih selbst suchen. Der ungeheuere Um- shwung, welcher sich derzeit in der öffentlichen Meinung wider die Vereinigten Staaten vollziche, bezeichne den Anfang einer neuen Epoche in der Geschichte der beiden Amerika.

Parlamentarische Nachrichten.

on der heutigen (168.) Sißzung des Reichstags, der die Staatssecretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Malgzahr. und Freiherr von Marschall, sowie der Präsident des Reichsbank-Directoriums Dr. Koch beiwohnten, wurde der Gesetzentwurf, betreffend die Vereinsthaler österreihishen Gepräges, in zweiter Berathung nach einem kurzen Bericht des Abg. Pr. Bachem (Centr.) einstimmig angenommen und sodann die zweite Berathung des Reichshaushalts-Etats für 1892/93 fortgeseßt. Abg. Dr. Hammacher (nl.) berichtete im Namen der Budgetcommisston über den Etat der Verwaltung der Eisenbahnen in ausführliher Weise. (Schluß des Blattes.)

In der heutigen (15.) Sizung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Justiz - Minister Dr. von Schelling beiwohnte, stand auf der Tagesordnung die Fortsezung der zweiten Berathung des Entwurfs des Staatshaushalt3-Etats für 1892/93, und zwar der Special-Etat der Justizverwaltung.

Bei den Befoldungen für die Gerichtsschreiber wünschten die Abgg. Dr. Lotichius (b. k. F.) und Nadbyl (Centr.) eine Beseitigung der Ungleichheit, daß Beamte gleicher Klasse verschiedenen Gehaltsverbänden zugewiesen werden.

Der Berichterstatter der Budgetcommission Abg Bödiker und der Geheime Justiz-Rath Vierhaus wiesen darauf hin, daß diese Mißstände durch die Einführung der Alterss\tufen beseitigt werden würden.

Für persönliche Zulagen für Richter deutscher Abkunft, die der polnischen Sprache mündlih und schriftlich mächtig und im Ober-Landesgerichtsbezirk Posen angestellt sind, werden 9000 6 gefordert.

Die Abgg. von Czarlinsfi (Pole), Brandenburg (Centr.), Dr. Lieber (Centr.) und Dr. von Jazdewski (Pole) traten im Jnteresse der des ? Deutschen nicht ge- nügend mächtigen Bevölkerung für eine Erhöhung dieses Fonds ein, dessen Ausdehnung auf Oberschlesien der Abg. Szmula (Centr.) wünshte, während der Abg. Dr. Gerlich (freicons.) eher eine Verminderung als eine Ver- mehrung des Fonds empfahl, da die Kenntniß der deutschen Sprache unter den Polen immer weitere Fortschritte mache und die Nücksihtnahme auf die Polen aufhören müsse: in der Schule lernten die Kinder der Polen ganz gut Deutsch, aber die Eltern und die polnischen Zeitungen staczelten sie auf, sich des Deutschen nicht zu bedienen.

Abg. Czwalina (dfr.) befürwortete die Anstellung besserer Dolmetscher in den polnischen Landestheilen, wogegen der Abg. Graf zu Limburg-Stirum (cons.) meinte, daß sih bei einer verständigen Verwaltung diese Sache, die nicht politische Dinge, sondern lediglih cine ordentlihe Rechtspflege betreffe, leiht regeln lassen werde.

_ Nachdem Abg. Mott y (Pole) die behauptete Aufreizung seitens der polnischen Zeitungen bestritten hatte, wurde der Titel bewilligt. ;

Bei den Ausgaben für die Staatsanwälte wünschte Abg. Eberhard (cons.) die Umwandlung der diâtarishen Stellen für Assessoren bei der Staatsanwaltschaft in etatsmäßige Stellen sowie eine andere Regelung der Vertretung der Staatsanwälte.

Geheimer Ober-Justiz-Rath Dr. Lucas sagte bezüglich des ersten Wunsches eine Erfüllung im nächsten Etatsjahre zu, g eine Erfüllung des leßteren jedoch noch nicht für möglich.

Abg. von Bülow- Wandsbek (cons.) wünschte eine Besser- stellung der Bureaubeamten in den Vororten Pas, namentlich Wandsbek, wegen der dortigen besonderen heuerung. Geheimer Justiz-Rath Vierhaus widersprah diesem

Wunsche. ie Abgg. Lerche (dfr.) und Dr. Friedberg (nl.) be- fürworteten eine Aufbesserung der Gerichts\chreibergehilfen. Bierhaus sagte zu, daß bei der

Geheimer B Bed y neuen Regelung der Verhältnisse der Subalternbeamten auch

nisterium ijt entschlossen, seine Entlassung cinzureichen, wenn nicht die Revision des belréfenden Verfassungs-

Bei den sachlichen Ausgaben Puttkamer-Treblin (cons.) wegen dehnung des Amitsgerichtsbezirfks Pommern die Abhaltung von Gerichtstagen vielleicht in Treblin, und Abg. Brandenburg (Centr.) den Neubau eines Amtsgerichtsgebäudes in Quakenbrück, worauf die Geheimen Ober - Justiz - Räthe Eichholt und Starcke wohlwollende Erwägungen zusagten.

Die ordentlihen Ausgaben wurden bewilligt. Bei dem einmaligen Ausgaben sprachen nur die Abga. Eberhard eel us Grimm (nl.) und der Geheime Öber-Justiz-Nath Starcke.

Schluß 21/5 Uhr.

_— Beim Reichstage ist folgender Antrag der Abgg. Möller, Roesicke und Genossen eingegangen:

Der Reichstag wolle beschließen : dem nachstehenden Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Genehmigung zu ertheilen : Einziger Paragraph. Der § 87 des Unfallversicheruagsgeseßes-vom 6. Juli 1884 wird dabin erweitert, daß der Bundesrath befugt ist, die Zabl der Stellvertreter der nihtständigen Mitglieder des Neichs-Versicherungsamts aus dem Stande der Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf je ses zu erhöhen.

V

Die Wahlprüfungscommission des Reichstages beantragt, die Wahl des Abg. Grumbt im 8. Wahlkreise des König- reichs Sachsen für gültig zu erklären.

wünschte Abg. vont der großen Aus- Rummelsburg in

Nächste Sißung Sonnabend 12 Uhr.

Die Volksschulgeseß-Commission des Hauses der Abgeordneten discutirte gestern Abend, wie wir dên Morgen- blättern entnehmen, zunähst den vom Abg. Rickert neubeantragten §_1 a, welcher lautet : „Neben der Volksschule dürfen auf Kosten des Siaates oder der Gemeinde Klassen für den Elementarunterrict weder selbständig errichtet, nech mit anderen Lehranstalten verbunden werden“. Auß Anregung des Abg. Rickert erklärte ih der Minister Graf Zedliy bereit, über die Statistik der Vorschulen baldigst das Material vorzulegen. Er theilte zugleich mit, daß “iw Baden ‘im Gegensaß zur Auffassung des Abg. Rickert vielleicht thatsächlich aber nicht geseßlich die Beseitigung der Vorschulen herbeigeführt sei. Die Abgg. Ritter, Freiherr von Zedliß und Hansen (freicons.), Dr. Enneccerus und Grimm (nl.), Dr. Kropatscheck (conf.), Freiherr von Ouene und Dr. Brüel (Centr.) befämvften übereinstimmend den aus Kreisen der Elecmentarlebrer hervorgegangenen Wunsch, welcher im Antrag Nikert zum Ausdruck komme, der eine Beeinträchtigung bezw. Vernichtung der bestehenden Mittelschulen und Borschulen an böberen Lehranstalten, sowie an höheren Töchtershulen, und in vielen Fällen eine erbebliche Belastung der Commune und vieler Eltern bedeute. Die Beseitigung der Standesunterschiede könne dadur nicht herbei-

er fei auf cinen folchen Wider-

geführt werden. Abg. Rickert bemerkte,

|pruch gefaßt gewesen, er müsse aber die Nothwendigkeit einer ein- heitlihen nationalen Erziehung unseres Volkes betonen. Nicht er allein, fondern auch viele hervorragende Shulmänner erachteten die Vorschulen an den höheren Unterrichts8anstalten als ein Unglück und Verderben für diese. Bei der Abstimmung wurde der Antrag Nickert gegen die Stimmen des Antragstellers und des Abg. Dr. Virchow abgelehnt. Die §8 2 und 3 der Rec icrungsvorlage (Zahl und räumliche Vertheilung der Volksschulen) wurden nach kurzer Debatte unverändert einstimmig angenommen. § 4 lautet: „Einklassige Volksschulen sollen im allgemeinen nit über achtzig Kinder zählen. Bei mehrklassigen Volksschulen ist in der Negel auf je fiebzig Kinder eine vollbeschäftigte Lehrkraft anzustellen.“ Hierzu lagen folgende Anträge vor: 1) Vom Centrum: Im Abs. 1 ftatt „im allgemeinen“ zu seen „in der Regel“. Der Minister Graf Zedlig erklärte sich damit einverstanden. 2) Von Seiten der National» liberalen: Den zweiten- Absatz folgendermaßen zu fassen: „Bei mehrklassigen Volksschulen is in der Negel auf je 70 Kinder, in Städten über 10 000 Einwohner auf je 60 Kinder eine vollbeschäftigte Lehrkraft anzustellen.“ Diesen Antrag bekämpfte der Minister Graf Zedliß. Er halte es überhaupt für bedenklih, den Städten folcbe Schranken zu seßen. Seine Wünsche als Unterrihts-Minister gingen ja viel weiter, als Staats-Minister müsse er sich im Interesse der ¿Finanzen sowohl des Staats als der Communen Beschränkungen auferlegen. Der Finanz - Minister werde einer folhen Bestimmung widerstreben. Die Antragsteller vertheidigten ihren Antrag, der - ein ideales Ziel für die Volksschule erstrebe. Der Antrag, der die Zahl der Kinder in ciner Klasse festlegen solle, würde einen Antrieb geben zu einer Verbesserung des Schulweïens: der Finanz-Minister werde schon zustimmen, wenn der Unterrichts-Minister sih auf ihre Seite stelle. Abg. Rickert unterstützte den Antrag der National- liberalen; er beantragte, noch weiter zu gehen und in Alinea 2 der Regierungsvorlage statt „je 70 Kinder“ zu sagen „je 60 Kinder“. Die Anträge der Nationalliberalen und des Abg. Rickert wur- den von den Rednern der anderen Fractionen bekämvft. Abg. Hansen (freicons.) wies. dem Antrage des Abg. Rickert gegenüber namentlich auf die Belastung hin, die den Eltern auf dem Lande und in den kleineren Städten erwachsen würde, wenn sie dazu gezwungen würden, eintretenden Falles für ihre Kinder Privatunterriht zu beschaffen, falls fie diese nicht in die Volksschule shicken wollten. Der Antrag des Centrums wurde darauf mit Unterstüßung der Stimmen der Conservativen angenommen : * die Anträge der Nationalliberalen und des Abg. Rickert gegen die Stimmen der Nationalliberalen und der Deutschfreisinnigen ab- gelehnt. Schließlich wurde § 4 der Regierungsvorlage mit der Um- anderung der Worte im Absay 1 „im allgemeinen“ in die Worte „in der Regel“ angenommen. Die nächste Sitzung is auf Donners- tag, Vormittag 10 Uhr, anberaumt worden.

Die Commission des Hauses der Abgeordneten zur Borberathung des Gefetßentwurfs über die Kosten Königlicher Polizeiverwaltungen in Stadtgemeinden besteht aus folgenden Mitgliedern: Barth, Vorsißender: Greiß, Stellvertreter des Vorsißenden; Dr. Graf von Bassewiß-Levetzow, Schrift- führer; Wenders, Schriftführer: Dr. Krause, Schriftführer ; Althaus, Hoevpner , von IBenpliß, von? Kölichen, von Werdeck, von Pilgrim, von Voß, von Eynern, Knauer, Megler (Frankfurt), Olzem, Gößmann, Oster, Theissing, von Sczaniecki und Eberty.

Kunft und Wissenschaft.

Der Deutsche Reichstag faßte bekanntlich im Vorjabre den Beschluß, die große Wandelhalle des neuen Neichstags- hauses, für die der Architekt des Hauses eine Ausführung in Werkstein in Ausficht genommen hatte, niht in sfolhem, son- dern in einem billigeren Ersaßmaterial man dahte damals an Stuckmarmor und Gips ausführen zu lassen. Unter diesem Zwange ist es das Bestreben der Bauleitung gewesen, einen Baustoff ausfindig zu machen, der für den edlen natürlichen Stein, von dessen Anwendung bei der Aufstellung des Entwurfs aus- egangen war, doch wenigstens einigen Ersatz bietet. Einen solchen rsaß glaubt man nach dem „Centr.-Bl. d. Bauv.“ in dem „JIncrustat-Stein“ der Firma Shmülling, Baumert u. Co. in Berlin (früher Matsheko u. Schrödl in Wien) gefunden zu haben. Dieser Incrustat-Stein ist eine Nachahmung natürlicher Steinarten. Seine Herstellung erfolgt derart, daß Bruch- und Ab- raumstücke des nahzuahmenden Gesteins in zerkleinertem, mehr oder minder feinkörnigem Zustande mit einem Bindemittel gemisht wer- den. In dem Bindemittel liegt das Geheimniß der Fabrikation : die Verfertiger geben an, es bestehe aus einem festen, feingemahlenen Mineral und einem in Wasser löslihen Salze: der die Bindung berbeiführende chemische Prozeß fei sehr einfacher und unveränderlicher Art, er trete stets ein, verlaufe innerhalb weniger Tage und ergebe ein sehr hartes, volumenbeständiges, also au nit risfiges und dabei

dieser Wunsch erfüllt werden solle.

¿âhes Material. Der Incrustat-Stein wird entweder in Form eines Pußtauftrages in beliebiger Stärke auf das Mauerwerk ge-