1892 / 37 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 11 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

ob im Jahre 1891 noch landwirthschafilihe Anwesen wegen en Aus nahmen von Bestimmungen des Ge- L Ie Jah Voria vorgekommenen Zwangsveräußerunzen L is die amtlihe Geschäfts\sprache, vom Ankauf von Kornvorräthen beauftragt werden wird. außer Bewirthschaftung geblieben sind. 31. März 1872, außer Wirksamkeit geseßt. Der Reichsrath hat das Project der Errichtu Württemberg. Medizinishen Jnfstituts für Frauen S R D St.-A. f L Institut soll nah erfolgter Vereinbarung zwis __ Stuttgart, 10. Februar. Der Zoe “B B W.“ ver- Finanzen, der Volksauffklärung, des Innern und dem öffentlicht eine Königliche Verordnung bild T dée Organisation Reichs-Controleur eröffnei werden. Dem Ministerium der e S Me o. e Ums, fâr fie Verwaitins, ie E D IOUgrnng liegt es ob, den Kostenanschlag des Jnstituts, de 2 i t giu1 indixeclen Staatseuern, fewie. der 20 16 mit dem auch ein Internat verbunden sein \oll, auszuarbeiten.

steuern, und zerfällt in zwei Abtheilungen, eine i Ftalien. für die directen Steuern und eine für Zolle und indirecte Die Deputirtenkammer hat eid elnin vom: dam

Nach in Paris eingegangenen Meldungen aus Rio de Janeiro hat der Minister des Jnnern im Cabinet der Vereinigten Staaten von Brasilien seine Entlassung ge-

nommen. Afrika.

Der „Courrier de Bruxelles“ vom 10. Februar meldet einen blutigen Zusammenstoß zwishen Europäern und Eingeborenen in Matadi am unteren Congo. Vier Europäer seien dabei getödtet und zehn verwundet worden.

Statutenänderungen wurden für 19 Berufsgenofsenschafien

enehmigt. - 4 Mus dem Gebiete der Jnvaliditäts- und Alters- versicherung hat die hierfür im Reichs-Versicherungsamt bestehende besondere Abtheilung im Jahre 1891, als dem ersten Jahre nah dem Jnkrafttreten des eßes, eine umfang-

n iy : und v nen 2 waltungsbe 5 g: y stimmte Persónen oder Firmen für die von ihnen beraus- - saft A ax E R uu zugebenden Kalender ertheilt wird und von diesen auf Dritte nit übertragen werden fann, fo verstößt nit allein der Nach- druck aus den „Kalendermaterialien“ selbst gegen das Geseß vom 11. Juni 1870, sondern es ist auch der mittelbare Nachdruck aus solhen Druckschriften, deren Herauêëgeber oder Verleger ihrerseits

E E EES SEERAR S GROIES E E reihe Thätigkeit entfaltet. Außer zahlreichen Miragen über 5 .

Focberli iali i si i i i rkenent-

ie für die ci Jahre erforderlichen Kalendermaterialien | die Versicherungspfliht, Beitragsentrichtung, E

A gy Kbcialis prenßlidhen Sturitischen Bureau den Kalender- | werthung, Arbeiterhilfsgesuchen 2c. handelte es fih auch viel- verlegern auf deren Antrag zugleih mit der Nachdruckserlaubniß direct fah noch um den Abschluß organisatorisher Arbeiten.

überfandt. Die Zahl der im Jahre 1891 anhängig gewordenen

ng eines

enehmigt. Das

en den Ministern Oesterreich-Ungarn.

Seine Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Erzherzog

s He befindet h nach einer Meldung ‘des

B eulicher Besserung. a1 Se. Le shaftlihe Ausschuß des Abgeord-

ie Fertigstellung bezw. Ausgabe der „veränderlichen Tafeln“ «A Ende E rute (3. Z. sind diese für 1893 erschienen), die der übrigen Materialien je zu Anfang Mai des vorhergehenden Fabres; die „unveränderlihen Tafeln“ können jederzeit bezogen E R Baarpreis der Materialien stellt sh fr: 1) die unveränderlichen Tafeln des Ua eRe ul l 2) die veränderlihen Tafeln deéselben auf... 3) das Jahrmarkts-Verzeichniß auf . - 4) die genealogishen Nachrichten auf t 0. die Hefte 1 bis 4 zusammen auf. . 16 #4 950 Bei gleichzeitigem Bezuge aller vier Abtbeilungen findet eine Preiéermäßigung auf 15 Æ, bei gleichzeitiger Abnahme der Hefte 2 bis 4 eine solhe von 12 M 50 A auf 11 A 50 9 fat. Die vier Abtheilungen der Materialien find einzeln käuflich; ebenfo werden die am Schlusse der veränderlihen Tafeln befindlichen fog. „Populären Mittheilungen“ als Sonderabdruck zu einem, ihrem jeweiligen Umfange entsprechenden Preise verkauft. Diese populären Mittheilungen sollen fortlaufend nah und nach sämmtliche, den aftro- nomischen Theil der Materialien berührenden Fragen in gemeinver- ftändliher Darstellung für einen weiteren Leserkreis zugänglich machen und enthalten seit 1887 auch allgemeine statistische Beiträge. Dos Heft Il der Materialien wird bei erstmaligem Bezuge an die Kalenderverleger niht obne das Heft 1 abgegeben. Berlin, den 1. Februar 1892. Der. Diteclor L / des Königlich preußishen Statistishen Bureaus. Blenck.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 11. Februar.

Seine Königliche Hoheit der Kronprinz von Sweden ift heute Nahmittag um 1 Uhr 37 Minuten auf dem An- halter Bahnhof hier angekommen.

Heute Nachmittag trat der Bundesrath zu ciner Plenar- sizung zusammen. Vorher tagten die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Eisenbahnen, Post und Telegraphen.

Der dem Reichskanzler alle Jahre zu erstattende Geschäftsbericht des Reichs-Versicherungsamts liegt 1eßt für das Jahr 1891 vor. i i:

Hiernah wurden auf dem Gebiete der Unfall- versiherung in dem genannten Jahre 3378 Recurfe gegen Urtheile der ausshließlich vom Reichs - Versicherungs- amt ressortirenden 1239 Schiedsgerichte anhängig, 1188 Recurse sind als unerledigt aus den Jahren 1889 und 1890 übernommen, sodaß zusammen 4566 Recurssachen zu bearbeiten waren. Von diesen Ven O E p O Beschluß (Verwerfung wegen Unzulässigeit oder verspäteter E A E. int alias Art Zurücknahme, Ver- gleich 2c.) 444, zusammen 3332 erledigt, jodaß am Jahres- ihluß 1234 Recurssachen unerledigt blieben und zwar 18 aus dem Jahre 1890 und 1216 aus dem Jahre 1891. An 251 Sigzungstagen haben in 3152 Fällen mündliche Ver- handlungen stattgefunden, darunter wurden an 21 Sigungs- tagen 280 Recurse aus dem Gebiete der land- und forstrwirth- schaftlichen und an einem Tage 10 Recurse aus dem Gebiete der Seeunfallversiherung mte I Beweisaufnahme wurde in 591 Fällen beschlossen, d Urtheile wurden ohne vorgängige mündliche Verhandlung gefällt. ; s

Be den ) auss{chüetlich vom Reichs - Versicherungsamt ressortirenden Schiedsgerihten sind im Berichtsjahre 18 423 Berufungen anhängig geworden, gegenüber 106 423 Be- scheiden, durch welche Renten erstmalig bewilligt, abgelehnt oder abgeändert wurden. Die Zahl der zur Anmeldung gelangten Unfälle betrug nach einer vorläufigen ange i 224 028, die der entshädigten Unfälle 51 437. Nur etwa der sechste Theil der Rentenfeststellungsbesheide gegenüber ctwas weniger als einem Fünftel im Vorjahre ist durch Berufung und von den schiedsgerihtlihen Urtheilen in den recursfähigen Fällen etwa ein Viertel durch Recurs angegriffen worden.

Ueber die Aufnahme oder Ablehnung der Aufnahme von Betrieben in die Genossenschaftskataster (Unternehmerverzeichnisse) d. i. über die Versicherungspflichtigkeit an sich oder über die berufsgenofsenschaftliche Eingliederung war in 3490 Fällen einshließlich 743 aus dem Vorjahre stammender Fälle

zu verhandeln. 2886 Sachen wurden erledigt, 604 blieben üudcständig. e i E "Für 4 gewerbliche Berufsgenossenshaften wurde die Abänderung oder Neuaufstellung des Gefahrentarifs, für 4 die Beibehaltung des bestehenden Tarifs genehmigt. i E N Samverden waren 384 zu bearbeiten, „von denen 334 erledigt wurden, ferner Beschwerden gegen die Fest- seßung der Genofsenschaftsbeiträge 252, von denen 180 erledigt wurden. Außerdem waren 24 gemischte Tarifbeshwerden zu bearbeiten. Beschwerden gegen die Höhe der Prämien 2c. auf Grund des Bauunfallversicherungsgeseßes kamen im ganzen 205 zur Bearbeitung, dazu 8 landwirthschaftliche Abshäßungs- beshwerden. Hiervon wurden erledigt 145 + 6. _ Neben den vorstehend zergliederten 873 Tarif-, Umlage-, Prämien- und Abschäßungsbeschwerden gelangten 3344 darunter 1091 vorjährige Beschwerden gegen Straf- verfügungen der Berufsgenossenshafts-Vorstände und 1889 darunter 278 vorjährige sonstige Beschwerden aller Art zur Behandlung. Von den Strafbeschwerden blieben 711 und von den sonstigen Beschwerden aller Art 401 rüständig. Für 5 gewerbliche Berufsgenossenshaften wurden Unfal- verhütungsvorschriften und für 2 Genoffenschaften ein Nach-

Revisionen beträgt 1537 (1536 in Alters- und 1 in Jnvaliden- E on diesen wurden erledigt durch Urtheil nah mündlicher Verhandlung 472, auf andere Weise (Zurüver- weisung, Zurücknahme oder Vergleich 2c.) 121, zusammen 593, sodaß am Jahres\hluß 944 Revisionssachen unerledigt blieben. An 49 Sizungstagen haben in 486 Fällen mündliche Ver- lungen stattgefunden. 16 E S (681) auf Grund des Jnvoaliditäts- und Alters- versicherungsgeseßes errichteten Schiedsgerichten wurden im Berichtsjahre 16 581 Berufungen anhängig, während im Reich 173 668 Ansprüche auf Altersrente erhoben worden find, von denen 132 917 seitens der Versiherungsanstalten 2c. Anerkennung efunden haben. N : ms Die s Berichisjahre anerkannten 132917 Ansprüche auf Altersrente haben zur Folge eine jährlihe Ausgabe für die Versicherungsanstalien von rund 9755000 #, für die Kassen- einrihtungen von rund 225000 M, für das Reich als Zuschuß von rund 6645850 M, zusammen 16625850 (E Es beläuft sich daher im Durchschnitt der Jahresbetrag einer Alters- 16 625 850 s rente auf 27 125,08 M An Jnvalidenrenten wurden von den Versicherungs- anstalten 27 mit zusammen 3064,80 #4 Jahresrente bewilligt. Die im Jahre 1891 insgesammt zur E gekommene Summe an Renten ist übershläglich auf 15,45 Millionen M unehmen. | i E : inc der gesammten Rentenlast der Ver- siherungsanstalten berehnet jich nah versiherungstehnishen Grundsäßen auf rund 545 Millionen Mark. Wird gemäß S 21 des Jnvaliditäts- und Altersversiherungsgeseßes ein Reservefonds im Betrage von 0/2" 545 = 10,9 Millionen Mark zurüc{gelegt und an Verwaltungskosten der in der Denkschrift zum Gesezentwurf (Stenographische „Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags 7. Legis- laturperiode IV. Session 1888/89 4. Band Seite 122) an- gesezte Betrag von rund 11 Miklionen Mark (für den Kopf und das Jahr rund 1 #4) angenommen, so stellt sich die den Versicherungsanstalten d Jahre 1891 gemäß § 20 Abs. 2 ) sene Belastung au E D 4 109 E 112) 764 Millionen Mark. Dieser Belastung steht nach den übershläglichen Er- mittelungen der Postbehörden aus dem Erlöse für verkaufte Beitrags- und S L Gesammteinnahme von etwa Millionen Mark gegenüber. S. Gs Sbuiatea Mean Strafverfügun en der Vorstände der Versicherungsanstalten waren 273 zu bearbeiten, von denen 2 erledigt wurden. A : N Die obi einer E beschlossene Abänderung i Statuts is genehmigt worden. O een dem E a bis zum Jahress{luß mitgetheilten 115207 Renten gelangten 90347 zur Ver- theilung, was die Ertheilung von 175 285 Ausfertigungen zur Folge Die

SeaNn die Rentenvertheilungen des Rechnungsbureaus

wurde bei dem Reichs-Versiherungsamt in 65 Fällen Ein- spruch erhoben, wáte bis auf 30 Fälle, in denen das Ver- fahren am Jahress{luß noch schwebte, ihre Erledigung fanden. Jn den „Amtlichen Nachrichten des Reichs-Versicherungs- amts” wurden aus dem Gebiet der Unfallversicherung 145 Necursentscheidungen und Verwaltungsbescheide von grundsäß- liher Bedeutung, aus dem Gebiet der Jnvaliditäts- und Altersversiherung 84 Revisionsentscheidungen 2. und Ver- waltungsbescheide veröffentlicht. S - Die Zahl der Plenarsizungen belief sich auf 21. Die Ges ammtzahl der bearbeiteten Recurse, Revisionen und Beschwerden betrug, abgesehen von den Arbeiten des Nechnungsbureaus, 16 857, von denen 4225 unerledigt in das Jahr 1892 hinübergingen.

Nachdem der Königlich italienische Botschafter am hiesigen Allerhöchsten Hofe Graf de Launay am 7. d. M. verstorben, ist der Erste Botschafts - Secretär Marquis di Beccaria Incisa von seiner Regierung mit der Leitung der Bot- chaft als Geschäftsträger betraut worden.

S. M. Kanonenboot „Jltis“, Commandant Capitän-

Lieutenant Müller, wird heute (11. Februar) von Shanghai nah Hongkong in See gehen.

Vayern.

München, 10. Februar. Seine Königliche E Hoheit der Prinz-Regent hat, wie die „Allg. Ztg.“ mit- } theilt, heute aus Veranlassung der Feier des 100 jährigen Be- stehens des Generalstabs an den Chef des Generalstabs, General-Lieutenant von Staudt ein huldvolles Handschreiben erihtei, worin dem warmen Jnteresse Seiner König- ihen Hoheit an der ruhmreihen Vergangenheit des Generalstabs, der freudigen Anerkennung seiner gegen- wärtigen Entwickelung sowie dem festbegründeten Ver- trauen, daß auch die Zukunft den Generalstab stets gu der Höhe seiner so bedeutsamen Aufgabe finden werde, Ausdruck gegeben ist. Zugleich wurde dem General-Lieutenant von Staudt das Großfreuz des Militär-Verdienst-Ordens verliehen und für die Diensträume des Generalstabs ein Porträt Seiner Königlichen Hoheit in kostbarem Rahmen übersendet.

Das Ministerium des Jnnern hat auch in diesem Jahr eine Enquete über die landwirthshaftlihen Besitzverhältnisse angeordnet. Es haben sämmtliche Ge- meindebehörden Bericht darüber zu erstatten, ob im Jahre 1891 im Wege des Concurses “oder der fonstigen atr 8 vollstreckung landwirthschaftlihe Anwesen zur Zwangsveräuße-

Steuern. Der ersteren liegt die Verwaltung der directen Steuern, insbesondere der Grund-, Gebäude- und Gewerhbe- steuer, einschließzlich der Leitung und Aufficht über die Erhaltung und Fortführnng der Primärkataster und Flurkarten, sowie der Capital, Renten-, Dienst und Berufseinfkommensteuer, ferner die Verwaltun der Accise, der Hundeabgabe, der. Erbschafts- un Sdhenkungssteuer, sowie der Sporteln und Gerichtsgebühren, der zweiten die Verwaltung der Abgabe von Wein und Obstmost, der Malzsteuer, sowie der Zölle und Reichssteuern einshließlich der statistishen Gebühr ob. Baden.

Karlsruhe, 10. Februar. Jn der gestrigen Sißzung der Zweiten Kammer gab, wie die „Karlsr. Ztg.“ mittheilt, der Präsident zunächst Kenntniß von einer Zuschrift des A) Satte Dr. Ellstätter vom 5. Februar, womit eine Nachweisung über den Fortgang des Eisenbahnbaues in den Jahren 1890 und 1891 und des hierfür aus Mitteln der Eisen- bahnshuldentilgungskasse bestrittenen Aufwands mit dem Er- suchen um weitere ge|chäftlihe Veranlassung mitgetheilt wurde. Die im Budget der Eisenbahnschuldentilgungskasse vorzusehende Summe der aufrecht zu erhaltenden Baukredite beträgt hiernach, statt der schäßungsweise eingestellten 4 260 000 M, 4968 976 4 Das Schreiben wurde der Budgetkommission überwiesen, Hierauf begann die auf der Tagesordnung stehende Berathung der Berichte der Budgetcommission über das Budget des Finanz-Ministeriums für 1892 und 1893. Sämmt lihe Titel mit Ausnahme des außerordentlichen Etats von Tit. TX der Ausgabe, der wegen der Nothwendigkeit weiterer Erhebungen von der Tagesordnung abgeseßt wurde, fanden, und zwar fast alle ohne Debatte, nach dem Antrag der Commission Annahme. Der Mini sterial- Director Seubert erläuterte dabei in eingehender Weise die bisher durchaus Dee Thätigkeit der neuen Beamten-Centralgchaltskasse mit der damit in Verbin- dung stehenden einheitlihen Rehnungsprüfung dur die Ober- Rechnungskammer.

Hefseu. :

Darmstadt, 10. Februar. Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat nach der „Darmst. Ztg.“ den Oberft- Lieutenant à la suite der Artillerie A von Battenberg zum Obersten à la suite der Artillerie befordert. Seine Konigliche Ae der Erbgroßherzog wird Donners- tag oder Freitag früh von Potsdam hier eintreffen, bis Mitte nächster Woche hier verweilen und dann nah Nizza abreisen, wo ein längerer Aufenthalt in Aussicht genommen ist.

Elsaß-Lothringen.

Straßburg, 9. Februar. Die jüngste Nummer des „Geseßblattes für Elsaß-Lothringen“ enthält den nachstehenden Allerhöchsten Erlaß, betreffend die Bestimmung eines Wappenzeichens für Elsaß-Lothringen: N

Auf hren Bericht vom 10. November d. I. bestimme Ich bier- durch als Wappenzeichen für das Reichsland Elsaß-Lothringen den Reichsadler mit der s{webenden Kaiferkrone, belegt mit einem e- spaltenen Brustschilde, dessen rehte Hälfte die herkömmlichen Wappen des Ober- und Unter-Elsaß und dessen linke Hälfte das entsprechente Wappen von Lothringen nach der beifolgenden Farbenskizze enthält. Sie haben hbiernach das weitere zu veranlassen.

Neues Palais, den 29. Dezember 1891.

Wilhelm I. R. von Hohenlohe. An Meinen Statthalter in Elsaß-Lothringen. ( i

Die von Seiner Majestät dem Kaiser genehmigte Farbenskizze zeigt den deutshen Reichsadler mit der schwebenden Kaiserkrone nah dem im Reiche gebräuchlichen Muster —, auf der Brust den mit der Herzogskrone gekrönten hochgespaltenen Schild, dessen rehte Hälfte quer gespalten ist. Die rechte Schildeshälfte zeigt oben im rothen Felde einen goldenen, von je drei goldenen Kronen (2 und 1) begleiteten Schrägbalken (Seauoen der Landgrafschaft Ober-Elsaß), unten im rothen Felde einen silbernen, beiderseits mit gleichfarbigen Perlen und Dreiblättern abwechselnd besteckten Schrägbalken (Wappen der Landgrafschaft Unter-Elsaß). Jn der linfen Schildeshälfte erscheint im goldenen Felde ein rother mit dre! gestümmelten weißen, schräg gelegten kleinen Adlern (alérions) belegter Schrägbalken (Wappen des Herzogthums Lothringen). Die Herzogskrone entspriht dem üblichen Muster. Es aus x sich aus der Blasonnirung dieses Wappenzeichens, daß ie heraldishen Wappenfarben für das Reichsland Schwarz, Weib und Roth sind. p H .

Zu diesem Allerhöchsten Erlaß bringt das „Central: u79 Bezirks-Amtsblatt“ folgende Bekanntmachung des nisteriums: . ; Tran Bezugnahme auf den Allerhöchsten Erlaß vom 29. De- zember 1891, betreffend die Bef s eines Dn das Reichsland Elsaß-Lothringen, wird darauf aufmerksa ae daf H R D enst Ln der Behörden des Reichslandes, bisher, der Reichsadler zu gebrauchen i s

Der Landesaus\chuß erledigte in seiner heu Sizung den Gesezentwurf wegen Abänderung über die T reinigung des Katasters u. s. w. (Regelung der Gr und Gebäudesteuer , Neueinshäßung des Reinertrags L Grundstücke und des Nußungswerthes der Gebäude), jowic E Geseßentwurf wegen Ausführung des Reichsgeses! vom 6. Februar 1875 über die Beurkundung ng Personenstandes und der Eheschließung in erster Lesun0 Beide Entwürfe wurden Commijsionen S v9 Neu eingegangen ist ein Geseßentwurf über die 2e die verhältnisse der Lehrer. Das Gesez bezwe n Lehrer an Gemeindeshulen, für welhe im a ge igen das Reichsbeamtengesez vom 31. März 1873 gilt, in ps Punkten, bei denen dies noch nicht der Fall ist, demselben è unterwerfen. e,

Durch Verordnung vom 29. Januar hat das es sterium für eine Anzahl Gemeinden in den Kreijen Bolchen, Rappoltsweiler, Molsheim, Schlettstadt, Met (Land), dic Château-Salins, Diedenhofen, Forbach und Saa her

trag zu den leßteren beziehungsweise revidirte Vorschriften genehmigt.

rung gekommen find. Ferner foll darüber berihtet werden, |

durch Verordnung des Ober-Präsidenten vom 5.

auses beschloß, an die Regierung die Bitte zu rihten, R Ta bee March und der Oder schleunigst in Angriff zu nehmen und eine Geseßvorlage wegen Besteuerung der Getreidebörse einzubringen.

Gegenüber dem in der gestrigen Nummer des „R. u. St.-A.“ mitgetheilten Entschlusse der Regierun , dem böh- mischen Landtage die drer noch nicht erledigten A u s- gleihsvorlagen und die bisher fertiggestellten Abgren- zungsvorlagen zu unterbreiten, erklären die altczeisGen Prager Blätter, die czehishen Abgeordneten und die Großgrundbesißer hätten beschlossen, die Ausgleichs- bestimmungen nicht einzeln, sondern nur als Ganzes zur erathung im Landtage zuzulassen.

Großbritannien und Frland.

Nunmehr ee ie Thronrede, mit der das Parla- ment am 9. d. M. eröffnet worden is, im Wortlaute vor, dessen Uebersezung nachstehend folgt:

Mylords und Gentlemen! Jch bin überzeugt, daß Sie tief mit Mir gefühlt haben in der {weren Sorge, welde Mich und Meine Familie durch den Verluft Meines innig geliebten Enkels, des Prinzen Albert Victor, Herzogs von Clarence und Avondale, in dem Moment betroffen hat, in welhem die Aussichten seines Lebens die glücklichsten schienen. Es gereihte Uns in Unserem Kummer zum Trost, von allen Klafsen und Ständen Meiner Unterthanen, von allen Theilen Meines Neiches, wie au von allen auêwärtigen Ländern die rübrend- sten Versicherungen ihrer tiefen Sympathie mit Unserem Schmerz und den Ausdruck ihrer aufrihtigen Schäßung und Würdigung des theuren jungen Prinzen empfangen zu haben, welchen sie dur den barten Schiésaléschlag verloren.

Meine Bezichungen zu den anderen Mächten bleiben fortwährend freundshaftlih. Ich habe in dem Vice-König von Egypten einen lovalen Verbündeten verloren, dessen weise Regierung im Laufe weniger Jahre in hohem Grade zur Wiederberstellung des Wobl- standes und des Friedens in seinem Lande beitrug. Ih hege das volle Vertrauen, daß sein Sohn, welher im Einklang mit früheren Fermans von Seiner Kaiserlichen Majestät dem Sultan zu seinem Nafolger ernannt worden ist, dieselbe weise Politik befolgen wird.

Ein Abkommen ift mit den Vereinigten Staaten getroffen worden, weles den Modus bestimmt, nah welchem die Streitigkeiten über den Nobbenfang im Beringëmeere einem Schiedsgericht überwiesen werden sollen.

Sansibar is von Seiner Hobeit dem Sultan mit Meiner Zu- stimmung zum Freihafen erklärt worden. Ich hoffe, daß diese Maß- regel sowohl zu der Entwickelung der Besißungen des Sultans wie zur Förderung des britischen Handels an der ostafrikanischen Küste beitragen wird.

Gentlemen vom Hause der Gemeinen! Die Voranschläge für den Staatêdienst des nächsten Jahres werden Jhnen vorgelegt werden. Sie sind mit gebührender Nückicht auf Sparsamkeit in den Finanzen vorbereitet worden.

Mylords und Gentlemen! Es werden Ihnen Anträge vorgelegt werden, die allgemeinen Principien der Ortsverwaltung, welche in Großbritannien bereits eingeführt sind, auch auf Irland auszudebnen. Ich boffe zudem, daß es mögli sein wird, diejenigen Bestimmungen über englishe Ortsverwaltung in Erwägung zu ziehen, welche aus Manael an Zeit aus der bagen Bill ausgelassen werden mußten.

Eine Vorlage, die Zahl der Kleinstellen in den aéerbautreibenden Bezirken Großbritanniens zu vermehren, wird Ibrer Bestätigung unterbreitet werden.

Das Ersuchen wird an Sie ergehen, eine Bill zu erwägen, welche die Ausdehnung der Vortbeile staatlih unterstützter Erziehung auf Irland und andere Zwecke des Volksschulunterrihts in jenem Lande betrifft.

Ein Plan zur Meodificirung des derzeitigen Geschäftsganges für Privatbills wird Ihnen vorgelegt werden, soweit er Schottland und Irland berührt.

«__,Ès wird ein Antrag zur Verbesserung der Legiélaturconseils in Índien gestellt werden.

Eine Bill wird Ihnen vorgelegt werden, die staatlichen Volks- \ulen in England von dem gegenwärtigen Dru der Localsteuern zu efreien,

Des weiteren werden Vorschläge zur Hebung der Disciplin der staatlihen Kirche in Hinsicht auf moralische Vergehen, zur Ermög- libung des Verhörs angeklagter Personen bei ibrer Untersuchung, zur Revision der bestehenden Abkommen zwischen der Regierung und der Bank von England und zur Abänderung des Gesetzes über die Haft- pflicht von Arbeitgebern für in ihrem Dienste erlittene Verleßungen, Ihrer Aufmerksamkeit empfohlen werden.

_… Ich bete, daß der allmäthtige Gott Sie in der Erfüllung Ihrer [weren Pflichten leiten möge!

__ Das Unterhaus seßte gestern die Adreßdebatte fori. Im Laufe der Berathung erklärte der Parlaments-Secretär des Auswärtigen Amts J. W. Lowther: mit den Ver- einigten Staaten sei in Bezug auf das Schiedsgericht über die M go Wre r Frage ein Einverständniß erzielt worden : er glaube aber niht, daß Jtalien, Frankreih und Schweden bereits aufgefordert worden seien, Schiedsrichter zu Cnennen (vgl. auch „Amerika“). Ferner theilte er mit, die Brüsseler Acte zur Bekämpfung des Sklaven- handels sei thatsächlich ratificirt, da Frankreich mit gewissen

Modificationen zugestimmt habe: der Umstand, daß Portugal

die Acte noch nicht ratificirt habe, werde seiner Meinung nah nur einen kurzen Aufschub zur Folge haben.

Rußland und Polen.

Der neu ernannte Director des landwirthschaftlichen Departements im Ministerium des Jnnern, Geheime Rath Kalatschow, bisher Gouverneur von Kostroma, ist in St. Petersburg eingetroffen. Seine Ernennung begrüßt eines der dortigen Blätter mit den Worten: „Seine frühere Thätigkeit als Adels-Marschall und als Gouverneur, fowie der Umstand, daß W. W. Kalatschow Großgrundbesißer in den Gouvernements Zarosslaw und Kostroma und ein erfahrener Landwirth ift,

echtigen zu der Annahme, daß in dem allgemeinen Cha: rakter und in dem zukünftigen Programm des Departements für Landwirthschaft und Mas Gewerbe eine bedeutende Veränderung vor sih gehen wird.“ :

Der Wirkliche Staatsrath Kabat, der laut Vereinbarung der Ministerien des Jnnern und der Communicationen in den Südosten des Reichs abgesandt wurde, um dort die Abfertigung Mas Landschaftstransporte zu beaufsichtigen, ift nah St. Peters-

g zurückgekehrt. EA seine Jnitiative soll, wie die „St. Pet. Ztg.“ vernimmt, beim Ministerium des Jnnern eine

Abg. Ellena gestellten Antrag auf Besteuerung der [rommen Stiftungen in wiederholter Abstimmung mit 137 gegen 55 Stimmen abgelehnt. Jm Laufe der Discussion war der Antrag au von der Regierung bekämpft worden.

__ Die Commission der Kammer hat die zwischen Jta- lien und Deutschland abgeschlossene Convention zum Schutze des industriellen Eigenthums angenommen. Der darauf bezügliche Bericht ist bereits gestern dem Plenum der Kammer vorgelegt worden.

Spanien.

Die amtliche „Gaceta de Madrid“ macht in ihrer geftern ausgegebenen Nummer die Verlängerung des Handels- vertrags mit Oesterreich bis zum 30. Juni d. Î. bekannt.

In einer Correspondenz der „Köln. Ztg aus Valencia werden an die Verurtheilung der acht Anarchisten dur das Kriegsgericht in Xeres wegen des Putsches vom 9. Ja- nuar (vgl. Nr. 8 und 9 d. Bl.) folgende Bemerkungen geknüpft : _ Der Proceß hat erwiesen, daß die Absicht bestand, h der Ge- fäangnifse, des Stadthauses, des Gerichtêgebäudes und der Casernen zu bemächtigen und das Eigenthum der Bürger zu ver- theilen. Die Vershworenen wollen dabei auf die Unter- stüßung von einem Sergeanten und 50 Mann des in Xeres garnisonirenden Cavallerie-Regiments gerechnet haben und erflären jo den Ruf „Verrath“, der gebört wurde, als die Aufrührer saben, daß sih das Militär der Bewegung nicht ans{loß. Die Soldaten stellen jede Mitbetbeiligung in Abrede. Die Revolution follte gleichzeitig in Cadir, San Fernando, Puerto de Santa Maria, Puerto Neal, Bornos und Lebrija ausbrehen. Bis zu welhem Grade die wildesten Leidenschaften erregt waren, gebt aus dem als verbürgt berichteten Umstand hervor, daß verschiedene der Aufrührer geschworen hätten, das Blut von Bourgeois zu trinken, und daß lie diesen Schwur beim Hinschlahten der unglücklichen Opfer erfüllt haben sollen. Das Erfennun szeihen der Anarchisten war das Wort „Salud“. Die Polizei soll in den letzten Tagen, namentlih in Cadir, von wo augensceinlih die ganze Sache ge- [leitet wurde, einen witigen Fang gemacht baben, der den folgenden Kriegsgerihten neuen Stoff liefern dürfte.

Die vier in Xeres zum Tode verurtheilten Verschwörer sind, wie gestern unter den Telegrammen „nach Schluß der Redaction“ mitgetheilt wurde, am Mittwoch ohne Zwischenfall hingerichiet worden.

Belgien.

Die Mitglieder der Rechten beider Kammern haben gestern in Brüssel unter dem Vorsiße des Kammer- Prästdenten de Lantsheere abermals eine Versammlung abge- halten. Die Versammlung erklärte sich dem „W. T D zufolge damit einverstanden, daß das Referendum dur ein Specialgeset geregelt werde, in welchem die Fälle be- sonders zu bezeihnen Jein würden, in denen eine Berufung an das Volk zulässiÎ sei. Der Deputirte Woeste, welcher bisher dem Referendum entschiedene Opposition gemacht hatte, erklärte sich als Erster für das so abgeänderte Neferendum.

Serbien.

Auch die gestrige Debatte der Skupschtina über die Ausweisung der Königin Natalie trug einen sehr er- regten Charakter. Der Präsident Katic sprah sih, wie „W. T. B.“ meldet, gegen das Vorgehen der Regie- rung aus. Sließlih wurde der Uebergang zur Tagesord- nung mit 70 gegen 21 Stimmen angenommen: 20 Radicale verließen vor der Abstimmung den Saal, 9 Deputirte ent- hielten sih der Abstimmung. Der Präsident der Skupschtina stimmte unter dem Beifall der Galerien gegen den Uebergang zur Tagesordnung. :

Jn Abgeordnetenkreisen verlautet, Ka tic sei gesonnen, das Präsidium der Skupschtina niederzulegen und aus dem radicalen Club auszutreten. Ferner erhält fich das Gerücht, der Minister des Jnnern werde demissio- niren.

Schweden und Norwegen.

(F) Stoctholm, 9. Februar. Der Bewilligungs- ausschuß des Reichstags hat bezüglih des Getreide- und Mehlzolles mit 10 gegen 10 Stimmen, in Ueberein- stimmung mit der Ansicht der Mitglieder des Ausshu}es aus der Ersten Kammer, beschlossen, zu beantragen, daß der Zoll auf unvermahlenes Getreide von 250 Kronen auf 1,50 Kronen und der Zoll auf vermahlenes Ge- treide von 4,30 Kronen auf 2,70 Kronen für 100 Kilogramm herabgeseßt werde, von dem Zeitpunkt der Annahme des Ge- seßes bis zum 1. Juli 1893. Ferner hat der Ausschuß mit 10 gegen 10 Stimmen, in Uebereinstimmung mit der Ansicht der Mitglieder des Ausschusses aus der Zweiten Kammer, be- schlossen, die Aufhebung der in Frage stehenden Zölle von leßtgenanntem Zeitpunkte und bis zum Schlusse des Jahres 1893 zu beantragen.

Amerika.

Das Schiedsgericht zur Schlichtung der Berings- meer-Fischereifrage wird laut einer New-Yorker Kabel- meldung aus sieben Mitgliedern bestehen. Davon werden die Vereinigten Staaten zwei, Großbritannien zwei und nicht direct an dem Streit interessirte Länder die übrigen drei ernennen. Einer der britishen Vertreter wird ein geborener Canadier sein. Zu den amerikanischen Schiedsrichtern wird voraussihtlih der frühere amerikanishe Gesandte in England Mr. Phelps zählen. ie Erklärung Mr. Blaine's, daß er sich nicht um die Pr ä- sidentshaft bewerben werde, hat, wie man der „Times“ aus Philadelphia berichtet, in den weitesten Kreisen die Ueber- E O en, daß die republikanische Conven- tion Mr. Harrison aufs neue als ihren Candidaten auf- stellen werde. Es wurden jedoch auch die Aussichten anderer Bewerber erörtert, darunter die des amerikanishen Gesandten in London Mr. Robert Lincoln.

Die Bland’sheBill über die freie Silberprägung (L. die gestern n. Schl. d. Red. eingegangene Depesche aus ashington) ist, nahdem sih die Münzcommission zu Gunsten Vorlage mit 8 gegen 5 Stimmen ausgesprochen hat, gestern dem Bureau des Nepräsentantenhauses zu-

Commis on niedergeseßzt werden, die aus Vertretern der Land-

B

gegangen.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (169.) Sißung des Reichstags, der die Staatssecretäre Dr. von Boetticher und Dr. Bosse beiwohnten, stand zunächst auf der Tagesordnung die erste Berathung des. von -- dem Aba. Rintelen (Centr.) eingebrahten Gesegentwurfs , betreffend die Abänderung und Sun der Vorschriften der Straf- proceßordnung über die S borausaihwr des Ver= fahrens, sowie die Entschädigung für unschuldig er- littene Strafen, in Verbindung mit der ersten Berathung des von dem Abg. Träger (dfr.) eingebrachten Gesegz- entwurfs, betreffend die Entschädigung für unschuldig erlittene Strafen.

_ Abg. Rintelen (Centr.) begründete seinen Antrag unter Hinweis auf die über diesen Gegenstand hon seit Jahren gepflogenen Verhandlungen und einmüthig gefaßten Be- \hlüsse des Reichstags und bedauerte , daß die ver- bündeten Regierungen fih noch immer nit der Ansicht des Reichstags anschließen wollten. Die Nothwendigkeit einer Ab- änderung der Bestimmungen der Strafproceßordnung über die Wiederaufnahme des Verfahrens legte Redner durch Anführung einiger Beisviele aus der Gerichtspraxis dar. Der Antrag Trâger, der auch eine Entschädigung der Angeklagten in den Fâllen vorshlage, in denen das Gericht ein non liquet aus- spreche, gehe zu weit und könne wohl nicht auf Annahme im Reichstag rechnen. Einer neuen Commissionsberathung be- dürfe es niht mehr, da die Sache längst spruchreif sei.

Abg. Träger (dfr.) nahm gleichfalls Bezug auf die früheren Verhandlungen über diese Materie und meinte, der Reichstag könne sich trog der ablehnenden Haltung der Regierung seiner Pflicht der Oeffentlichkeit gegenüber, diese Goti rieubige Reform immer wieder zu verlangen , nicht entziehen. Dem Kaiser oder der Regierung einen Dispositions- fonds zu überweisen, aus dem unschuldig Verurtheilte zu ent- schädigen scien, sei die unheilvollste Lösung dieser Angelegenheit ; dann liefe die Entschädigung immer auf einen Gnadenact hinaus, die Fegigung sei zulässig gegenüber einem Verbrecher, die Entschädigung sei cin Recht des Unschuldigen. Dieser müsse daher einen Rehtsanspruch auf Entschädigung erhalten, und zwar dur Reichsgesez, niht dur Landesgeses, damit niht die Rechtseinheit wieder durchbrochen werde.

Bei Schluß des Blattes sprah der Redner weiter.

Die XVI. Commission des Reichstags in vierstündiger Siuung den ihr zum überwiesenen Geseßentwurf über das Telegraphenwesen des Deutschen Reichs. Der § 1 wurde in folgender Fassung angenommen: „Das Recht, Telegraphenanlagen für die Vermittelun von Nachrichten zu errihten und zu betreiben, steht aus\{ließlich dem Reich zu. Unter Telegrapbenanlagen sind die &ernsprechanlagen mit begriffen. Das Reich erlangt dur dieses Gesetz keinen rechtlichen Anspruch auf die Verfügung über fremden Grund und Boden, ins- besondere über die öffentlihen Wege und Straßen.“ § 2 (Verleihung des Ausübungsrechts an Privatunternehmer und an Gemeinden) wurde n der früberen Faffung der Commission bestätigt. -

Heute wurden die 88 3, 4, 4a, und 4b na Ablehnung mehrerer von den Deutschfreisinnigen und von den Socialdemokraten beantragten

Abänderungen in der früheren Fassung der Commission bestätigt.

i : berieth gestern zweiten Male vom Plenum

Die Volkss{chulgeseßcommission des Hauses der Abgeordneten berieth beute Vormittag § 5 der Vorlage, welcher lautet: „Unterrichtsgegenstände jeder Volfss{ule sind: Religion, deutshe Sprache (Sprechen, Lesen, Schreiben), Rebnen nebst den Anfängen der Raumlehre, vaterländishe Geschichte, Erdkunde, Natur- kunde, Zeichnen, Singen, Turnen, und für Mädchen: weibliche Hand- arbeiten. Die Aufnahme anderer Gegenstände in den Lehrplan der Volks- schule bedarf der Genebmigung des Unterrihts-Ministers.* Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole) beantragt die Anfügung folgenden Absatzes: „In denjenigen Landestheilen, wo neben der deutshen no eine andere Nationalität einheimis ift, soll der Religionsunterricht in der Mutter- sprache der Kinder ertheilt und dieselbe als Unterrichtsgegenstand in den Lehrplan aufgenommen werden.“ Dem gegenüber beantragen die Nationalliberalen, binzuzufügen zu & 5: „Der Unterricht wird in allen Unterrichtêgegenständen in deutsher Sprache ertheilt.“ Dr. von Jazdzewsfki berief \sich in der Begründung seines Antrags auf das den Polen von Friedrich Wilbelm II. ge- gebene Versprehen auf Pflege ihrer Muttersprache. Man müße die Nationalität berücksichtigen, wolle man nicht den Zweck des Religions- unterrihts verfehlen. Der Antrag wurde von Mitgliedern des Cen- trums warm befürwortet. Es sei ihnen nicht um das Polenthum zu thun, fondern darum, daß die Kinder Religion lernten, was nur der Unterricht in einer ihnen verständlihen Sprahe mögli mache. Die jüngste Verfügung des Ministers, welche die Ertbeilung des Religtonsunterrihts in der polnisGen Sprache gestatte, stebe auf dem Boden dieses Antrags. Der Minister Graf Zedliß bekämpfte diesen Antrag, den er für ganz un- durchführbar halte. In politischer Beziehung sei doch nur die Bestimmung der Verfassung maßgebend. Wenn der Antragsteller sich auf die Bekämpfung der Socialdemokratie berufe, so müfse er darauf hinweisen, daß er (der Minister) das Unterrichts eseß niemals als zur Bekämpfung derselben bestimmt hingestellt habe. In pädagogischer Beziehung müsse er darauf aufmerksam machen, daß Schüler der höheren Schulen nur in vers{windender Anzahl im stande seien, eine der fremden Sprachen beberrshen zu lernen. Sollten also die Kinder in der Volksschule die deutshe Sprache gründlich lernen, so könne das nur durch das System des Gebrauchs der Sprache als Lehbrsprache geschehen. Er könne versichern, daß ein tüchtiger Lebrer in Posen bei dem jeßigen System im stande sei, den Kindern ein enügendes Verständniß für die deutsbe Sprache beizubringen. barakteriftisch sei, daß, in gewissen Districten die evanñgeltiden polnischen Kinder in der Kenntniß der - deutschen Sprache mehr leisteten, als die katholischen volerifcben Kinder. Das liege nit an den Lehrern, sondern an dem Widerstreben der katholischen polnischen Bevölferung, die in der Conservirung der volnischen Sprache eine Befefsti- zung der katholischen Confefsion erblide. Die vierzehn verschiedenen Nationalitäten in Preußen feien doc alle Preußen. Pflicht des Staats und ein Recht der Bevölkerung sei, dahin zu wirken, daß alle Kinder deuts lernten und daß die Schule in diesem Sinne einbeitlich geleitet werde. Anders sei es mit der Verwaltungêpraris, da wünsche er die dh vas Varten zu vermeiden. Es set Uebertreibung, wenn man in der Erlernung der polnishen Sprache ein Unglück sehe. Allerdings müsse dem vorgebeugt werden, daß die Deutschen ezwungen würden, sch dem Polenthum zu unterwerfen. Nach feiner Ansiht gehe der nationalliberale Antrag zu weit,

er würde ihm .die bisher ‘ausgcübte Verwaltungspraris unmögli