1892 / 41 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Feb 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Künstler nah dem Actshluß auch einmal durchbrochen werden könnte, minutenlangen lauten Beifall spendete. Mag es auch hier und da wie eine g und Enttäuschung empfunden werden, wenn dem Beifallsrufe nicht entsprohen wird, jo trägt doch das Verbot einer hohen Auffassung der Kunst volle Reh- nung; denn es muß den wahren Kun genu stören, wenn die ausubenden Künstler gewissermaßen als Personen aus dem Rahmen des Kunstwerks heraustreten und sich durhch das Erscheinen vor dem Vorhang in persönlihe Beziehung zu den Zuhörern und Zuschauern peR. Das Opfer, welches Den Künstlern durch das Verbot und andrerseits dem Publikum dadurch zugemuthet wird, daß auf ihren Beifall nicht durch das persönliche Erscheinen reagirt wird, ist ein Opfer, das v der Kunst bringen und auch mit vollem Recht bringen müssen.

Die zweite festlihe Veranstaltung zum Andenken an Richard Wagner's Todestag fand gestern Abend in der Phi l- harmonie statt und ging von den beiden Wagner- vereinen Berlin und Berlin-Potsdam aus. Das Con- cert, welches von Karl Klindworth geleitet, von der ver- stärften Philharmonischen Kapelle und Frau Sucher, Albert Niemann und Herrn Krasa ausgeführt wurde, brachte den Kaisermarsch, den ersten Act der „Walküre“ und drei Scenen aus der „Götterdämmerung“. Das Auftreten Niemann's im Concertsaal E die Erwartungen auf das höchste gespannt, und der große Sänger wurde denn auch von dem Publikum in einer Weise geehrt, wie dies selten vorkommen. mag: die Kränze und Beifalls- spenden legten beredtes Zeugniß von der Dankbarkeit ab, welche das Publikum noch immer für seine großen künstleri- chen Schöpfungen der Vergangenheit empfindet, aber auch von der Wirkung, die sein Gesang auch heute noch auszuüben vermag. Freilich konnte man sich üs

o wie früher in der Gewalt hat, aber auch daß er in jeden Ton seine ganze Seele hineinlegt und den Gesang zu einem hochdramatishen und wirkungsvollen zu ge- stalten weiß; in dieser Eng ist er ein noch immer un- Übertroffener Meister. o bot der Abend einen A Éünstlerishen Genuß, umsomehr als auch Frau Sucher wieder Großes und Unübertreffliches leistete.

Seine Majestät der Kaiser beehrte das Concert mit Allerhöchstseiner Gegenwart.

Am Donnerstag geht im Königlichen Opernhause „Das oldene Kreuz“ mit den Damen E und Weiß, den Herren P bilipp, Schmidt und Stammer in Scene. In der darauf folgenden per „Cavalleria rusticana“ find die Damen Sucher, Rothauser und Lammert, die Herren Sylva und Fränkel beschäftigt.

Im Wallner-Theater wird voraussichtlih Ende dieser Woche eine Burleske in Scene gehen, welhe die Herren Carl Laufs und Marimilian Kraemer zu Verfassern und Victor Holländer zum musikalischen Jllustrator hat. Bis dahin bleiben „Ein berühmter Mitbürger“ und „Der Bärenführer“ auf dem Spielplan.

überzeugen, daß . Niemann seine Stimme in den hohen Lagen niht mehr

Die Direction des Residenz-Theaters bereitet zwei Neu- heiten vor: zunächst „Riquette“ („Ma Cousine“), ein dreiactiges Lust- spiel von Ppenry eilhac, welches am Sonnabend, 27. d. M., zum ersten Male aufgeführt wird; vorher soll zu wohlthätigem Zweck, und zwar in einer Matinée am Sonntag, 21. d. M., eine größere deutsche Arbeit, das vieractige Schauspiel „Ein Vorurtheil“ von Conrad Alberti, in Scene gehen.

In dem Programm des Liederabends, den der Kammersänger Benno Koebke morgen in der Sing-Akademie veranstaltet, ist Beethoven mit den Liedern „An die Hoffnung“ und „Der Kuß“, Brahms mit „Mainacht“ und „Ständchen“, Schubert mit mehreren Gesängen aus dem Cyclus „Die {öne Müllerin“, Alban Ps mit „Geheimniß“, „Flog ein bunter Falter“ vertreten; außerdem singt der Concertgeber eine ganze Reihe Cornelius’scher, Liszt- |her, Hans Sommer’sher und Tappert’scher Lieder. Der Baritonist Herr Ernst Brodmann wird in seinem morgen im Höôtel de Rome stattfindenden Liederabend u. a. Schumann's „Ballade des Harfners“, dessen ,Hidalgo“ und Löwe’'s Ballade „Archibald Douglas“ fingen. Die Jjugendlihe Violinvirtuosin Betty Schwabe wird in ihrem am Donnerstag in der Sing- Akademie stattfindenden Concert u. a. Joachim's Violin-Concert in G-dur und Mendelsfohn's Violin-Concert zum Vortrag bringen; den orchestralen Theil übernimmt das Philharmonishe Orchester unter Leitung des Herrn Professors Dr. Jos. Joachim. Sigismund Stojowski, ein junger Musiker polnischer Herkunft, der seine Studien in Paris Ld giebt am Freitag in der Sing- Akademie ein Concert, worin er als Componist und Clavier- virtuose auftritt. In diesem Concert wirken das Philharmonische Ee und das Streichquartett der Herren Johann Kruse und Ge- nojjen mit.

Im Concerthause wird der K. und K. Kapellmeister Herr M. Fall aus Wien morgen mehrere eigene Compositionen und zwar: Duvertüre zur Oper „Mirolan“, „Polonaise“, „Poesie und Prosa“, „Desterreiher Mars“ und zwei Streichquartette: „Lola Beeth“- Gavotte und „Tändelei“ mit dem Karl Meyder'’shen Orchester zur Aufführung bringen.

Mannigfaltiges.

Die sogenannte Theuerungs-Commission hielt gestern unter dem Vorsiß des Ober-Bürgermeisters Dr. von Forckenbeck wieder eine Ss ab, worin verschiedenen wohlthätigen Bereinen und Anstalten Geldbeträge bewilligt wurden. Der JIsraelitishe Miethe-Hilfsverein erhielt 500 4, die Goßner’schen Kleinkinder-Bewahranstalten 500 , das Mariannenhaus (zur Rettung gefährdeter oder gefallener Mädchen) 1500 Æ, der Berliner Krippenverein 500 4, der Verein zur Speisung armer Kinder und Nothleidender 3000, die deutsche Gesellschaft zur Versor- gung vershämter Armen mit freiem Brennmaterial 3000 , die kirchliche

rmenpflegeschaft der Golgatha-Gemeinde 300 #4, der Verein für Volkskindergärten im Osten Berlins 1000 , der Frauen-Verein zur Unterstüßung verschämter Armen in Berlin 1000 4, Prediger Koester ür die Nothleidenden der Markus-Parochie 400 4, die kirchlihe rmenpflege in der Dankeskirh-Gemeinde 500 4, der Verein für Volkserziehung 2000 #, der Verein Kinderhort 1200 Æ und der Centralverein Mädchenhort 1200 4

Der von der städtischen Kanalisationsverwaltung vor einiger Zeit angestellte Versuch, tie Drainwässer mit Fischbrut zu beseßen, hat nah dem der „N. A. Z.“ vorliegenden Bericht darüber ganz

gute Erfolge gehabt. Es wurden im Frühjahr 1890 am

600 bis 800 qm große

ande des zum Riesel, t Bli How ischtei lediglih durch n große Fi erfolgt.

hörigen Sees sechs, Fe angelegt, deren Bon diesen Teichen wurden

Mai 1890 der eine mit Felchenbrut, ein anderer mit Badhforellen,

ein dritter mit Zandern, der vierte mit

ünfte mit Karpfen und der E mit Seßtkarpfen, die rutanstalten erbrütet warcn,

‘1890 abgelassen und abgefischt wurden, fanden \sich vor: im ersten

Re a O en, der pfen, ammtlich i eseut. Als die Teiche im Noverc

Teiche 280 Stück einsommerige, 18 bis 20 ecm lange Felchen, im

zweiten 250 Stück einsommerige, 15 bis 16 cm lange

aforellen,

im dritten 160 Stück einsommerige Zander, im vierten 380 Stüé Regenbogenforellen, im fünften 170 Stück einsommerige Karpfen und im sechsten 55 Stück durchschnittlich 1 kg schwere Karpfen. Dur dieses Ergebniß, das vom Ausschuß des Hy Fischereivereins

preisgekrönt worden ist, sieht die Verwaltung den

eweis für erbraht,

daß die Drainwasser der Rieselfelder keineswegs die Zucht von Edel: fischen, zu deren Lebeusfähigfeit gerade reines Wasser die Bedingung ist, geshweige denn die gewöhnliche Fischerei in den öffentlichen Fluß- lâufen, denen die Drainwässer zugeführt werden, nachtheilig beein.

fluffen.

- Wien, renden der

15. Februar. L hiesigen Universität behufs Gründung - eines Unter:

In einer Versammlung der Studi.

Pau a verens der Mediziner kam es laut Meldung des ,W. T. Y“ zu heftigen Conflicten zwischen den antisemitishen und fortschritt. lihen Studirenden. Der Rector und der Decan wurden von den

Antisemiten mit Pereatrufen empfangen.

Der Tumult pflanzte sich

auf die Straße fort ; zwei Studenten wurden verhaftet, nah An von Namen und Herkunft jedoh wieder freigelassen. Y Angabe

Nah Schluß der Redaction eingegangene

Depeschen.

London, 16. Februar, früh. (W. T. B.) Das Unter- haus hat bei Fortsezung der Adreßdebatte das von dem Deputirten Sexton beantragte Amendement, welches he- sagte, die Mehrzahl aller Jren sei von der Unfähigkeit des Reichsparlaments, für Jrland Gesege zu erlassen, überzeu t, mit 179 gegen 158 Stimmen verworfen. Hierauf wurde die Adresse an die Königin angenommen.

St. Petersburg, 16. Februar.

(W. T. B.) Wie die

Blätter melden, sind aus den hiesigen Garde- Regimentern

eine Anzahl Offiziere und Untermilitärs

bestimmt

worden, um die Gaben des Hilfscomités unter dem Präsidium des Großfürsten-Thronfolgers unter die Noth: leidenden an Ort und Stelle zu vertheilen.

Bukarest, 16. Februar. . Wahlcollegien sind insgesammt 141 Konservative und 23 Oppositionelle gewählt.

forderlich.

(W. T. B) Jun allen drei

19 Stichwahlen sind cr-

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten, Zweiten und

Dritten Beilage.)

E C S E S E I D C N E

t vom 16. Februar, orgens.

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Temperatur 59.

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beiter halb bed. Schnee wolkenlos wolkenlos bedeckt

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Schnee bedeckt wolkig wolkenlos bedeckt

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Mullaghmore Aberdeen | Ghristiansund NNW Kopenhagen . [NNO Stocktholm . ¡W aranda . ¡O t.Petersbg. NO Mosfau . [NNW Cork, Queens- | town |ONO Cberburg |ONO TODEL ONO B [ONO mburg .. 56 |NO winemünde 5 ¡NNO Neufahrwasser [SSO Memel 54 |NO E NO ünster .. 3 |NNO Karlsruhe . . NO Wiesbaden . NO München .. SW Chemniy o. O | Berlin N 3/halb bed. Wien .... O 1|Schnee Breslau. S 2bedeckt le d’Aix 15) 4Negen Ia .... O 1heiter e 40 still bedeckt

Uebersicht der Witterung. an: _Barometrische Depressionen liegen über dem Bott- aus ag: nishen Busen, der Biscayasee und dem südlichen ; Rußland, während der Luftdruck über Nordwest- Curopa am höchsten ist. Im nördlichen Deutsch- land weben ziemlich lebhafte nordöstlihe Winde bei theilweise heiterer Witterung, im Süden meist {wache Winde aus variabler Nichtung mit trübem etter und Schneefällen ; die Fs erstreckt sih nah Süden hin bis zum Nordfuße der Alpen, nah Westen hin bis zum mittleren Frankreich, in Deutschland, außer im äußersten Süden, herrscht strenge Kälte. Schneehöhe: Hamburg 1, Swine-

münde und Karlsruhe 9, Wiesbaden 12 cm.

Deutsche Seewarte.

E E M E E N Theater - Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern- | lischen haus. 44. Vorstellung. Auf Allerhöchsten Befehl, | Kraemer, Dritter Gesellschafts - Abend. Oberon, König der Elfen. Romantische Oper in 3 Aufzügen. Musik von C. M. von Weber. Die Recitative von F. Wüllner. Ballet von Emil Graeb. Jun Scene gesept vom Ober - Negisseur Tetlaff. Diri- gent : Kapellmeister Sucher. Anfang 74 Uhr. j

Der Zutritt zum T. Rang und zum Parquet ift nur im eo guge gestattet (Herren im Frack und weißer Bin

Schauspielhaus. 48. Vorstellung. Wohlthätige Frauen. Lustspiel in 4 Aufzügen von Adolph

¡ONO NW von Paul

Wegener.

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von Wildenbru

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Crampton.

Freitag :

abend ftatt.

befitzer. Donnerstag:

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Augen.

geld täglich.

Holländer. Schwank in 3 Teuscher.

jen Idee)

in 4 Anfang 4 Uhr.

L'Arronge. In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Anfang 7 Uhr.

Donnerstag: Opernhaus. 45. Vorstellung. Caval- leria rusti cana ietro ascagni. olksftück von E In Scene eseßt vom Ober - Regisseur Tetlaff. apellmeister Weingartner. Vorher: Das E Kreuz. Oper in 2 Acten von Ignatz Brüll. dem Französischen von H. S. von Mosenthal. Tanz

Taglioni.

. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. l Lachen. E E in 6 Bildern von Ernst . Musik von Ferdinand Hummel. Tanz von Emil Ober-Regisseur Max Grube. Musikalische Direc- tion: Herr Steinmann. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Anfang 7 Uhr. DORtag: Faust.

‘eitag: College Crampton.

Die erste Aufführung 2on „Glü“, Lustspiel in 3 Aufzügen von Karl Jaenicke, findet am Sonn-

Berliner Theater. Mittwoch: Der Hütten- Anfan

Bute, Ludw. Barnay, Ludw. Stahl.) Freitag: 13. Abonnements-Vorstellung. Schlimme

Lessing-Theater. Fräulein Frau. Der sechste Sinn. Donnerstag: Die Grof stadtluft. Unter vier Augen. Der sechste Sinn.

Sonnabend: Zum 1. Male: Heute und Schauspiel in 4 Acten von Oscar Blumenthal.

Nächste Nachmittags-Vorstellung zu volksthümlichen Preisen: Sodoms E

Wallnec-Theater. Mittwoch: Zum 8. Male: Ein berühmter Mitbürger. von C. Laufs und W. Jacobi. um 8. Male: Der Bärenführer. cten von Franz Wallner und Oscar Anfang 7# Uhr.

Donnerstag und Freitag: Der Bärenführer. Ein berühmter Mitbürger.

Sonnabend: Zum 1. Male: Yvette. Carnevals- posse in 3 Acten mit Gesang (nach einer franzô- von Carl Musik von Victor Holländer.

Sonntag: Nachmittags-Vorstellung zu bedeutend ermäßigten Preisen. Eiu toller Einfall. Schwank cten von Carl Laufs.

Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. Mittwoch: Mit neuer Ausstattung zum 28. Male: Das Sountagskiud. inde). Qugo Wittmann und Julius Bauer. Musik von

Sarl Millöter. Frißshe. Dirigent: Kapellmeister

fang 7 Uhr. :

Baueru-Ehre). Oper in ert nach dem

Dirigent : ext nach Musikdirector | Modebazar Violet.

Das heilige

Dirigent :

49. Vorstellung. Anfang 74 Uhr.

raeb. In Scene geseßt vom

Königlich bayerischen Mittwoch: College | Hofpauer. um 6 von Amand Kolbe.

1. Aufzuge: „Schuhplattl-Tanz“.

Der Nothhelfer.

Adolph Ernst-Theater. 55, Male: Der Tanztenfel.

7 Uhr. 4 Acten von Ed. Jacobson und

thello. (Agnes -Sorina, Nuscha

Gustav Steffens. Ernst. Anfang 74 Uhr. Donnerstag: Der Tauzteufel.

Mittwoch: Unter vier

Fräulein | G. v. Moser.

August Kurz. Anfang 74 Uhr.

estern.

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Decorationen aus dem Atelier von Falk. Die neuen Costume vom Garderoben-Inspector Venßky. An-

onnerstag: Das Sonnutagskind.

Residenz-Theater. Direction : Sigmund Lauten- burg. Mittwoch: Zum 20. Male: Musotte. Sitten- bild in 3 Acten von Guy de Maupassant. Scene geseßt von Sigmund Lautenburg. Schwank in 1 Act von Benno Jacobson. In Scene geseßt von Emil Lessing.

Die Aufführung von „Musotte“ beginnt um 8 Uhr. Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Belle-Alliance-Theater. Mittwoh: 47. En- semble - Gastspiel der Münchener unter Leitung des

of\chauspielers Herrn Marx ofpa Male: Der Nothhelfer. Ländlicher Schwank mit Gesang und Tanz in 4 Acten Musik von Josef Krügel. Jm Anfang 7F Uhr. Donnerstag : 48. Ensemble-Gastspiel der Münchener.

Mittwoch: Zum Gesangsposse W. Mannstädt.

Couplets theilweise von Gustav Görß. Musik von In Scene geseßt von

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Direction: Emil Thomas. Mittwoh: Zum 5. Male: Reif - Reiflingen. Schwank in 5 Aufzügen von

In Scene irsept vom Ober-Regisseur

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A Geöffnet von 12—11 Uhr.

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Burleske in 1 Act

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes - Ausstellungs - Park (Lehrter Bahnhof). j Täglich Vorstellung im wissenschaftlichen y i Näheres die Anschlag-

Musik von Victor Concerte.

Kammerfänger, unter Herrn Hans Brüning.

Laufs und Marimilian

Parquet 1 M 2. | berg.

Concert-Haus.

Operette in 3 Acten von

In Scene geseßt von Julius

edermann. Die

Sing-Akademie. Mittwoch, Anfang 72 Uhr:

Liederabend ron Benno Koebke, Herzogl. Sächsischer Mitwirkung des Pianisten

Hotel de Rome, Mittwoch, Anfang 8 Uhr: Liederabend von Ernst Brodmann, unter gefälliger Mitwirkung des Pianisten Herrn Günther Freuden-

Mittwoch: Karl Meyder- Concert unter gütiger Mitwirkung des K. u. K. Kapell- meisters Herrn M. Fall aus Wien. Dienstag, 1. März (Fastnacht), letztes Familien-VBallfest. 5 Billets à 3 # im Bureau des Hauses.

Anfang 7 Uhr.

Circus Renz. Karlstraße. Mittwoch, Abends 7+ Uhr: Gala - Vorstellung. Zum 150. Male: E Auf Helgoland “g oder: Ebbe und Fluth. Gr. hydrol. Ausstattungs-Pantomime in 2 Abtheilungen mit Nationaltänzen (60 Damen), Aufzügen. Neue Einlage: „Die Garde - Husaren und Ulanen“. Dampfschiff- und Bootfahrten, Wasser- fâlle, Riesenfontänen mit allerlei Lichteffecten und neuen UÜeberrashungen 2c., arrangirt und inscenirt vom Director E. Renz. B „Colmar“, geritten von der Schulreiterin Frl. Clotilde Hager. „Horaz“ und „Mercur“, zusammen vor- geführt von Herrn Ernst Renz (Enkel). Auf- treten der Amerikaner 3 Nixfords. 6 Gladiatoren, plastishe Gruppirungen. Sisters Lawrence am fliegenden Trapez. 3 Gebrüder Briatore, gym- nastishe Clowns. Auftreten der Reitkünstlerinnen Frls. Natalie und Adèle, sowie der Néeitkünstler erren Alex. Briatore, Jules und Giovanni 2. Komische Entróes und Intermezzos von sämmtlichen Clowns.

Töglich : Auf Helgoland. : y

Sonnabend: Benefiz für die Schulreiterin Fräul. Clotilde Hager.

Sonntag : 2 Vorstellungen. Nachmittags 4 Ukr (1 Kind frei). Mazeppa’s Verbannung. Abends 74 Ubr: Auf Helgoland.

E E E C C T E I Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Amelie von Dziembowska mil Hrn. Rittergutsbesißer Kurt von Tempelhoff- Dombrowka (Schloß Meseriß). Frl. Käthe Danneil mit Hrn. AÄssistenzarzt 1. Kl. Dr. Ernst

Hüttig (Stendal—Berlin). Frl. Hedwig Piper

mit Den, Hauptmann Max Piper (Schönwalde,

Kr. Stolp—Breslau). Frl. Margaretha von Koenen mit Hrn. Lieut. Otto von Heise-Roten- burg (Brandenburg—Colmar i. E.). Fl. Gertrud von Goldfus mit Hrn. Oberst Synold von Schüz (Breslau). Frl. Meta von Putl- kamer mit Hrn. Rittergutsbesißer Oskar Volprecht (Bedmarken b. Doehlau, Ostpr.—Gr. Poebdor! b. Neichenau, Ostpr. ). s

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Pastor A. Börner (Hilbersdorf). : a

Gestorben: Fr. Bürgermeister Mathilde von Schell, geb. Thüre (Dahme, Mark). Hr. Appellattons- gerichts-Nath a. D. J. B. Jacobsen (Hamburg). Hr. Geh. Hofrath im Auswärtigen Amt Gustav Schul (Berlin). Hr. Professor a. 2 Wilhelm von Kaukelwiß (Kößschenbroda). Fr. Gymnajsiallehrer Dr. Helene Piper, geb. ling (Berlin). Fr. Hauptmann Emma Neu geb. König (Rawitsch). Hr. Prem.-Lieuk. u rid Schroeter (Freistadt). Fr. Gräfin Anna Bernstorff, geb. Gräfin Luckner (Plön). F. Geh. Commerzien-Rath Eduard Joest (Köln a. K-)

Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz).

Drudck der Norddeutschen Buchdruerei und Verlag Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Acht Beilagen

(einshließlich Börsen-Beilage), : sowie Juhaltsangabe zu Nr. 6 des öffent, licheu Anzeigers Commanditgesellschafte ibe

Actien und Actiengesellschafteu) für dic vom Ss, bis 13, Februar 1892.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

7 41 s 34 0

Deutscher Reichstag. 172. Sißung vom Montag, 15. Februar. 1 Uhr.

Am Tische des Bundesraths der Reichskanzler Graf von Caprivi sowie die Staatsfecretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Marschall.

Auf der Tagesordnung steht die Specialberathung des Militär-Etats für 1892/93. E

Bei Titel 1 der Ausgaben: Gehalt des Kriegs- Ministers 36000 F wird folgender Antrag Richter und Genossen berathu: é

Einjährig-Freiwillige, welchen über das vollendete 93. Lebensjahr hinaus von den Ersaßbehörden in Gemäßheit des & 14 des Neichs-Militärgesezes Aufschub für den Dienstantritt bewilligt worden ist, sind niht denjenigen Dienftpflichtigen gleich zu erachten, welhe im Sinne des § 4 des Controlgesezes vom 15. Februar 1875 „infolge cigenen Verschuldens verspätet in den activen Dienst eingetreten sind“. Demgemäß verstößt eine Ein- berufung solcher früheren Einjährig-Freiwilligen nach Ueberschreitung des 32. Lebensjahres zu Landwehrübungen, wie solche in der letzten Zeit mehrfah vorgekommen ist, gegen die Bestimmung in § 4 des Tontrolgeseßes vom 15. Februar 1875, wonach solche Cinberufungen nur ausnahmsweise auf Grund besonderer Kaiserlicher Verordnung gestattet sind.

Außerdem beantragt die Budgetcommisson:

Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstag einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher diejenigen Fälle regelt und nâher begrenzt, in denen die Civilverwaltungen berechtigt sind, die daucrnde Gestellung von militärishen Wachtposten zu polizeiliben Sicherheitszwecken zu verlangen : auf eine thunlichite Einschränkung der Militärvosten , insbesondere in verkehrsreichen Gegenden, hinzuwirken sowie eine den veränderten Verhältniffen entsprechende Revision der Bestimmungen über den Gebrau ch der Schieß waffen seitens der Militärposten herbeizuführen.

Referent Abg. von Keudell (Np.): Die Frage, in welchen Maße durch die Militärverwaltung den Civilverwaltungen der erfor- derlihe Schuß gewährt werden folle, sowie in welchem Maße die Militärwachtposten von ihren Schußwaffen Gebrauh zu machen hätten, habe in der Conmuuission zu eingehenden Erörterungen geführt. Die Commission habe sich in ihrer Mehrheit auf den Standpunkt gestellt, daß der erforderliche Schuß für Civilverwaltungen ebenso gut dur Civilwächter bewirkt werden könne und daß der Gebrauch der Schußwaffen settens der Militärvosten in belebten Gegenden für die ganze Bürgerschaft so gefährlich sei, daß es sih empfehle, für diefen Zweck das Bajonett woteder einzuführen. Der Negierungsvertreter in der Commission habe erklärt, daß etne Einschränkung der Zahl der für die Civisverwaltungen gestellten Posten in den Wünschen der Militärverwaltung felbst liege, daß die Civilverwaltungen jedoch besonderen Werth auf die Beibehaltung der Militärposten legten. Namens der Commission empfehle er die Annahme der vorgeschlagenen Resolution.

Abg. Richter (dfr.): Wenn die Nefolution auch den Anlaß genommen habe ven einzelnen Borfällen, so sei ihre Begründung doch eine tiefere. Seine Partei habe ftets danach gestrebt, die Dienstzeit zu verfürzen auf das nothwendige Maß der Ausbildung zum Kriege. Sie wolle deshalb das Militär entlasten von folchen Functionen,

lche nit unmittelbar mit der Ausbildung zum Kriege zusammen- hingen. Dahin gehöre au der Wachtdienst, und zwar zunächst

dicienigen Wachtposten, welche im sicherheitspolizeilihen Interesse der

Civilbehörden aufgestellt würden. Die Verfassung gebe den einzelnen Kegterungen das Recht, Truppen zu requiriren im ficherheitspolizei- lichen Interesse: es sei aber niemals im einzelnen formulirt worden, in welchem Umfange folche Neqguisitionen statthaft erschienen. Das Maß dieser Reguisitionen richte sich nach den Gewohnheiten in den einzelnen Staaten vor der Begründung des Neichs. Seine Partei meine, daß eine erhebliche Verminderung dicser Art Posten möglich sei. Man unterschäßze vielfach die Last, welche die Stellung des Wachtpostens für die Militärverwaltung zur Folge habe. Jeder Wachtposten ver- lange zur Erledigung der Ablösung die Bestellung von drei Mann, ja eigentlich sechs Mann, weil die Mannschaften durh den Wachtdienft v crmüdet feien, daß fie nach demselben einen Tag frei haben müßten. Nebme man an, daß für civile und militärishe Zwecke nur 2000 Wachtposten nothwendig feien, fo könnte man 12000 Maun ersvaren, sei es im Interesse einer Verminderung der Präsenzstärke, sei es zur Durchführung der Verkürzung der Dienstzeit. Die Militär- wachtposten hätten im gegebenen {Falle weder eine besondere Lokal- noch eine besondere Personalkenntniß an der Stelle, wo sie den Wachtdienst zu verrichten hätten. Die Schießwaffen seien au) nütz- licher auf größere Entfernungen als im Handgemenge, und die ver- vollfommneten mechanischen Vorkehrungen schüßten die Kassen besser als Posten. Seine Partei habe eine Verminderung nit bloß der mülitärischen Sicherbeitsposten, sondern auch der Ehrenposten im Auge. Die bisherige Praxis stamme noch aus der Zeit, wo das Militär noch viel mehr freie Zeit gehabt habe als jeßt. Sei es niht möglich, die Ehrenposten ganz abzuschaffen, so be- [ranke man sie auf einen Ehrenposten für den Höchstcommandirenden. &erner glaube feine Partci, auf Grund der leßten Vorfälle, daß cine Revision der in Preußen geltenden geseßlichen Bestimmungen über den Gebrauch der Schießwaffen feitens der Militärposten dringend nothwendig sei. Diese geseßlichen Bestimmungen datirten aus dem Jadre 1837, alfo aus einer Zeit, wo noch die Vorderlader im Ge- vrauch gewesen seien und das Laden viel mehr Zeit gekostet habe als jet. Angesichts dieser Manipulationen seien gewissermaßen die Ercedenten con verwarnt worden, bevor das Militar von der Scußwaffe selbst Gebrauch gemacht habe. Jett folge das Schießen und Laden unmittelbar auf einander. Das Geschoß felbst wirke auf eine Entfernung hin, bei der an dem Exceß ganz Unbetheiligte in 21e großte Lebensgefahr gerathen könnten. Die große Durchschlags- sahigkeit der neuen Geschosse gefährde außer den Excedenten auch uo Dritte. Die Excesse seien meist auch nicht von folcher Bedeu- ung, daß die Abwehr durch Schußwaffen in einem richtigen Ver- ame zu denselben stehe. Daß auch Posten ohne Schußwaffen glich leiten, bewiesen die Cavallerieposten, welche mit gezogenem Säbel auch ihren Zweck erfüllten. Indessen sei es cine vorwiegend milifärisch-tehnische Frage, wie man die Bewaffnung der Posten zu bewerkstelligen habe, um die Gefahren zu vermindern, die namentlih in verfehréreichen Straßen und Pläßen durch den Webrauch von Schußwaffen entständen. Eine Nevision der einschlagenden —ellmmungen dürfe angesichts der leßten Vorkommnisse nicht länger aufgeschoben werden. Ï

General-Major von Goßler: Der Beschluß der Budget- commifsion sei gefaßt worden unter dem Eindruck zweier Vorgänge. 2s [el geschossen worden hier in Berlin in der Oranienstraße, ferner in Wiesbaden. In beiden Fällen hätten die Posten innerhalb der Lrenzen der gesetzlichen Befugnisse gehandelt, und es sei niemand verleßt worden. Er glaube also, daß er es sih ersparen könne, auf diese &ûlle nâher einzugehen. Die Resolution, die von der Budget- Mamilfion vorgelegt sei, wünsche zunächst eine Cinschräukung der Lachtposten, welche seitens der Armee für die Civilbehörden zu stellen Ar und wünsche diefen Gegenstand geseßlih zu E Der

g. Richter habe: ganz rihtig ausgeführt, daß die Militärverwal-

Berlin, Dienstag, den 16. Februar

tung dauernd bestrebt sei, die Zahl der Posten zu verringern, die für die Civilbehörden gestellt würden; er irre aber darin, daß 2000 Wachtposten innerhalb des Deutschen Neichs gestellt würden. Damit der Reichstag für seine Entschlüsse eine Unterlage habe, möchte er Zahlen anführen. Er könne diese jedoch nur anführen für den vreußischen Bereich. Es würden gestellt innerhalb des preußischen Be- reis zur Bewachung von Kassen resp. von Gebäuden, in denen er- heblihe Werthgegenstände vorhanden scien, 199 Köpfe täglih. Damit der Reichstag nun näher sche, welhe Gebäude in Betracht kämen, !o werde in Berlin gestellt: ein Tagesposten vor dem Postgebäude in der Spandauerstraße, es würden Nachtposten gestellt zur Bewachung der Münze, des Lagerhauses, des Museums, des NReichsbankgebäudes, der General-Staatsfasse und der Kasse der Hauptverwaltung der Staats- schulden. Anders verhalte es sih allerdings mit der Leistung der Armee für die Strafanstalten. Sie stelle an Wachtcommandos für die Strafanstalten innerhalb des preußischen Bereichs 22 Offiziere, 149 Unteroffiziere, 39 Spiellecute, 1835 Mann, in Summa 2045 Köpfe. Die Leiftung der Armce für Civilbehörden innerhalb des preußischen Bereichs sei in Summa 2244 Köpfe. Der Pafsus 2 der Resolution wolle im allgemeinen Einschränkung der Militärposten auf den Straßen haben. Es twverde diese Einschränkung obne weiteres erfolgen, wenn die Posten für Civilbehörden beschränkt würden. Der Abg. Richter gehe darin noch weiter. Er wolle auch eventuell die Chrenposten beschränken und die Posten, die aus militärishem Interesse resp. im Interesse der Disciplin aufgestellt würden. Das fei Sache der Commandogewalten. Jn der Hinsicht seien die verbündeten Regierungen kaum in der Lage, Seiner Majestät dem Kaiser und den Allerhöchsten Contingentsherren bestimmte Be- {lüsse aufzuerlegen. Der dritte Passus beschäftige sich mit der Ne- vision der Bestimmungen über den Gebrauch der Schießwaffen. Es sei richtig angeführt worden, daß feine militärischen Bestimmungen darüber beständen, sondern nur ge}seßlihe Bestimmungen. Das Gesetz bestimme, daß von Waffen Gebrauh gemacht werden könne in vier einfachen Fällen: erstens gegen Angriffe und Widerstand durch Thâtlichkeiten oder gefährliche Drohungen, zweitens wegen Un- gehorsams bei Aufforderung zur Ablegung der Waffen oder sonst gefährlicher Werkzeuge, drittens bei Arrestationen zur Verhinderung von Fluchtversuchen, viertens zum Schutze der den Schildwachen anver- trauten Perfonen oder Sachen. § 7 gebe an: Das Militär hat von seinen Waffen nur insoweit Gebrauch zu machen, als es zur Erreichung der angegebenen Zwecke erforderlich is. Der Gebrauch der Schieß- waffe tritt nur ein, wenn entweder ein besonderer Befehl dazu ertheilt ist oder wenn die anderen Waffen unzureichend erscheinen. Es sei irrthümlich, wenn angenommen werde, daß alle Posten mit Munition ausgerüstet seien, sondern es finde cine Ausrüstung mit Munition nur insoweit statt, als es der Gouverneur oder Garnisonälteste nah seinem pflihtmäßigen Ermessen für erforderli balte. Es bestehe in dieser Hinsicht ein Unterschied zwischen früheren und jetzigen Bestimmungen. Früher habe eine Reihe von PY mit geladenem Gewehr gestanden. Das geschehe jeßt nicht mehr. Es sei obne weiteres zuzugestehen, daß es möglich fei, beim Gebrauh der Schußwaffen auch Unbe- theiligte zu verleßen. Dann gebe es noch einen anderen Weg. Man fönnte doch denjenigen, der den Posten zwinge, von der Schußwaffe Gebrauch zu machen, und dadur das Leben seiner Mitbürger ge- fährde, mit noch s{chwererer Strafe belegen. Er. möchte sich dahin resumiren, daß sih vom rein militärischen Standpunkte aus bie Bestimmungen über den Waffengebrauch, die seit 55 Jahren be- ständen, bewährt hätten.

Abg. Singer (Soc.) bringt die Frage der Absperrung der Straßen und Plätze durch Militär bei besonderen Veranlafssungen zu Sprache. Er bitte die Militärverwaltung, Sorge zu tragen, daß der Verkehr bei solchen Gelegenheiten nicht in derartiger Weise gehindert uud geschädigt werde, wie es thatsächlih der Fall set. Der dritte Punkt der Resolution sei der weitaus wichtigste. Er könne nicht annehmen, daß der Reichstag mit der Er- klärung des General-Majors von Goßler zufrieden scin könne. Allerdings zeichne sich diese Erklärung vortheilhaft aus vor derjenigen, mit der er sich in Bezug auf diese Frage in der Budgetcommission geäußert habe. Der Zustand, der infolge der jeßigen Instruction für die Wachtposten sich in Berlin entwickelt habe, sei unerträglich. Es gehe absolut nicht länger, daß aus der geringfügigsten Veranlassung dem ersten besten Posten die Möglichkeit gegeben werde, Menschen auf belebten Straßen der Stadt zu erschießen. Es handele sich in allen diesen Fällen um ganz minime Vergehen, die im Wege des Poslizei- mandats mit 10 bis 15 4, im allerschlimmsten Falle mit einer gering- fügigen Haftstrafe geahndet würden. Und wegen solcher Vergehen lollten Wachtposten befähigt werden, das Todesurtheil über Mitbürger mcht bloß zu verhängen, sondern auch gleichzeitig zu vollstrecken! Dazu komme, daß diese Fälle durchaus nicht ver- einzelt seien. Man habe in Berlin gerade in dem leßten Jahre eine Anzahl solcher Fälle erlebt, und auch in Wiesbaden sei fürzlich in verkehrsreicher Gegend seitens eiues Wachtpostens von der Schußwaffe Gebrauch gemacht worden. Die Thatsache, daß dabei vorübergehende Passanten in Lebensgefahr geriethen, sollte mit zwingender Nothwendigkeit die Militärverwaltung dahin führen, die Instruction für Wachtposten in entsprechender Weise abzuändern oder dieselben in verkehrsreichen Straßen nicht mit scharfen Patronen auszurüsten. Der NRegierungsvertreter habe gemeint, ob _man die Sache nicht derartig regeln - könnc, daß man die Schuldigen möglichst streng bestrafe; aber demjenigen Unbetheiligten, der todtgeschofsen sei, werde kaum Genugthuung gegeben, wenn der Ver- anlasser seines Todes mit einer stärkeren Strafe belegt werde. Jn der Commission habe der Vertreter der verbündeten MNegierungen die Frage in anderer Weise behandelt, wogegen er auch hier im Plenum auf das allershärfste Protest erheben müsse. Er habe gemeint, die bestehende Instruction für die Militärposten sei nothwendig, weil man dieselben gerade vor der alleruntersten Volksklasse {hüten müsse; nan könne die Posten niht schändlihen Angriffen derselben ausgeseßt lassen. Aber wem in aller Welt sei es eingefallen, irgendwie zu ver- langen, daß der Wachtpoften wehrlos etwaigen Angriffen ausgeseßt set? Das heiße die Dinge so verschieben, daß man nicht mehr verstehe, was weiß und was {warz sei. Es handele ih hier niht um den Schuß der Posten, fondern um den Schutz der webrlosen Bürger gegen übershäumendes Temperament oder sonstige Unbesonnenheiten der Wachtposten, es handele sich um den Schutz der Bürgerschaft, von der das Militär lebe. Warum folge man nicht dem Beispiel ODesterreilhs, wo der Gebrauch der Waffe seitens der Posten nur dann gestattet sei, wenn sie angegriffen würden ? In derartigen Fällen werde niemand dem Posten verdenkten, daß er sich seiner Haut wehre, obwohl es dann auch noch nicht noth- wendig sei, cine folche Waffe zu gebrauchen, wie sie das Militär jeßt habe. Zur Vertheidigung könnte auch immer noch das Seiten- gewehr benußt werden. Der Gebrauch der Schußwaffe seitens der Posten fei ein Ausfluß des Militarismus, ein Ausfluß derjenigen Stellung, die nun einmal das Militär in Deutschland einnehme.

Abg. Nichter (dfr.): Er könne nur bestätigen, daß die Ab- sperrungen von Straßen beim Empfange auswärtiger Fürstlichkciten in der Bürgerschaft sehr viel Unzufriedenheit und Unwillen hervor- riefen: man sage sich allgemein: das sei doch früher nicht gewesen ; warum denn jeßt? Die Schaulustigen mögen sih ja folhe Be- lästigungen gefallen lassen; ganz anders sei es aber bei denen, welche die Nothwendigkeit, ihren bürgerlichen Geschäften nachzugehen, zwinge, die betreffenden Straßen, die meist die verkehrsreicbsten seien, zu passiren :

1892.

für diese sei cine folhe Absperrung eine Unzuträglichkeit der \{chwersten Art. In der Frage der Wachtpesten halte er eine Verständigung zwischen der Militärverwaltung und den bürgerlihen Kreisen für möglih. Die Interessen seien ja identisch. Wenn er von einer Zahl von 2000 Wachtposten gesprochen habe, so habe er gemeint sowohl diejenigen militärischen Charakters als die, für Civilbebörden : es wäre interessant, die beiden einzelnen Zahlen zu erfabren. Der General- Major von Goßler habe gesagt, welche Posten man aufstellen folle, sei Sache des Commandos. Es me freilich verkehrt, wollte der Neichstag im einzelnen“ Bestimmung darüber treffen, welche Posten hier oder dort aufzustellen seien; aber bei Abmessung der Gefamntzahl der Posten finde die Comtnandogewalt eine natur- gemäße Grenze an der Frage der Kostenaufbringung, wie überhaupt die Commandogewalt durch das Geldbewilligungsreht dieses Hauses eingeshränkt sei. Auch viele militärische Posten seien übrigens nicht der Disciplin, sondern der Sicherheit wegen aufgestellt, z. B. vor Magazinen. Der Vertreter der Regierung erkläre si mit dem Gefeß von 1837 ganz zufrieden das würde genügen, wenn die Militärverwaltung allein auf der Welt wäre, oder mw es fi um Posten auf ganz abgelegenen Stellen, wie etwa Artillerie-Schieß- pläßen, handelte; wo aber verkehrsreihe Straßen in Frage tamen, müsse das bürgerliche Interesse den militärischen gegenüber abgewogen werden. Zu der Höhe der Anschauung, daß, wenn ein Unschuldiger verlegt werde, derjenige, der dur ein Vergehen den Anlaß dazu geboten habe, schärfer bestraft werden möge, fönne weder er, noch auch wohl irgend ein Jurist ihm folgen. In NRech- nung müsse man auch ziehen, daß die, welche einen Posten angriffen, meist unzurechnungsfähig feien, entweder Betrunkene oder Kinder, wie in dem Fall an der Invalidensäule. Man solle also erwägen, ob das unter ganz anderen Verhältnissen des Verkehrs und der Waffen- wirkung gegebene Geseß heut noch in dem Umfang durchgeführt werden Tönne, wie bisher, oder ob nicht in der That cine Revifion nöthig set.

___ Abg. Dr. von Frege (cons.): Es wäre für die Resolution gün stiger gewesen, bätte Abg. Richter allein sie motivirt, denn ent- sprechend seinen Ausführungen habe sich die ganze Commission dvahbin geeinigt, daß Vorkommuisse, wie die in Nede stehenden, sich nicht wiederholen sollten; darüber sei eine .opinio omnium“ vorhanden gewesen. Durch die Uebertreibungen des Abg. Singer werde der gute Kern der Sache geschädigt. General-Major von Goßler habe in der Commission sich nicht anders ausgesprochen als beute. Jeder Soldat sei ein Mann aus dem Volke und darum müßten Uebergriffe nah beiden Seiten vermieden werden. Vereinzelte Posten seien übrigens oft den Angriffen ganzer Notten ausgesetzt, die dürfe man auch nicht in der Vertheidigung hindern. Der zum Militär eingezogene Sohn einer Wittwe verdiene mindestens ebenso sehr die Fürsorge des Reichstags, wie der, der sih in einer Destillation zum Angriff gegen den Posten auimirt habe. Er hoffe also, daß durch Verord- nungen oder gefeßgeberische Maßregeln den gegenwärtigen Miß- standen werde abgeholfen werden können. Er bitte aber, mit dieser Angelegenheit nicht die Absperrungsmaßregeln zu verbinden : das sei eine geringfügige Sache, die in jeder Großstadt leicht einmal vor- fommen tönne. Was die Posten anlange, so licge ihre Verwendung nicht im Interesse der Civilverwaltung, ziehe man diese Posten ein, so gefährde man Neichseigenthum.

General-Major von Goßler: Er wolle sih nur gegen einzelne Ausführungen des Abg. Singer wenden. Es sei ja {on durch den Borredner festgestellt worden, daß er (Redner) die Grundlage, auf der er stehe, nicht verscheben habe. Er wisse nicht, worauf die Annahme des Abg. Singer in dieser Hinsicht beruhe. Dann habe er von den vertehrsreichen Gegenden in Wiesbaden gesprochen, in welchen der betreffende Schuß gefallen sei. Es habe sich-der Flüchtling in eine Gasse geflüchtet, die, 50 Schritte lang, in der Gegend der katholischen Kirche ganz menschenleer gewesen sei. Dann möchte er noch hervorheben, daß man genöthigt fei, z. B. in Elsaß-Lothringen, di Posten, die früher ohne Munition gestanden hätten, mit Munition zu verschen. Es sei seiner Zeit in Mey ein Wachtposten ermordet worden, und in diesem Jahre, am 12. Januar 1892, sei ein Posten in Mainz durch den Helm geschossen worden, ohne daß es gelungen sei, den Uebelthäter festzunehmen. Er möchte sich auf diese Erklärung beschränken.

Abg. Singer (Soc.) : Er verwahre sich dagegen, daß der Abg. Dr. von Frege die Ausführungen des Regierungsvertreters in der Com- mission und hier im Hause als gleihbedeutend bezeichne, und berufe sich dabei auf das Zeugniß der übrigen Commissions- mitglieder. Wenn es auch niht ins Protokoll aufgenommen worden sci, so sei die Sache damit niht aus der Welt geschafft. Der General - Major von Goßler habe in der Commission ge- sagt: Man dürfe die Posten nmht wehrlos den mörderishen An- griffen der untersten Klassen ausseßzen. Deuteten diese Worte auch nur mit einem Schein von Aehnlichkeit darauf hin, daß sie gletch- werthig seien mit den heutigen? Nein.

Nba, Dr Meyer- Berlin (dr): Bei der gegenwär- tigen Entwickelung der Waffen“ müsse die Instruction geändert werden. Er wolle die Posten niht wehrlos machen, aber ein kurzes Nesumé der vorgekommenen Fälle zeige, daß überall ein Mittel zur Abhilfe vorhanden gewesen wäre. In dem einen Fall fei ein unreifer Junge erschossen worden, der einen Posten geneckt habe; hier hâtte das Unglück vermieden werden können, wenn es dem Posten gestattet wäre, einen blinden Schuß abzufeuern, der zweifel- los auh seine Wirkung nicht verfehlt hätte. In dem zweiten Fall habe ein Transporteur auf einen flüchtigen Gefangenen geschossen und einen Dienstboten verwundet in diesem Falle wäre zu helfen gewesen, wenn der Transport nicht zu Fuß, sondern in einem Wagen erfolgt wäre. In dem dritten Fall habe der Posten auf einen Vaun geschossen, der fich eines unbedeutenden Polizeivergehens schuldig gemacht habe, und allerdings scin Ziel verfehlt; dicémal hätte die Sache vermieden werden können, wenn die Posten angewtesen wären, fih um solche Vergehen nicht zu kümmern, die man der Schutzmannschaft überlassen könne. Nach diesen Fällen glaube er, daß viel für die Sicherheit der Bevölkerung geschehen könnte, ohne daß man die Selbstvertheidigung und Sicherheit der Posten zu opfern nöthig hätte. A

AbgN ichter (dfr.): Es sei in der Budgetcoummission noch

t V A 1AN s ; Ft; Paf ; C Low dis: Trocid Vdb nicht mögli) gewesen, cine bestimmte Resolution über die Frage der Heranziehuntz später eingetretener Einjährig-Freiwilliger zu Landwehr- übungen nach dem 32. Lebensjahr zu formuliren. Jedoch habe die Militärverwaltung dort bereits cingeräumt, daß folhe Fälle mehr- fach vorgekommen seien. Das Gesetz über die Controle des Be- urlaubtenstandes gestatte, Personen nah dem 32. Lebensjahre zu Land- wehrübungen einzuziehen, nur dann, wenn sie infolge eigenen Verschul- dens verspätet in den Dienst eingetreten seien. In den vorgekom- menen Fällen könne aber von cinem Verschulden nicht die Rede sein. Die Militärverwaltung sei in Bezug auf die Auslegung des Gesetzes nicht ohne Zweifel. Die Frage habe eine nicht geringe Bedeutung, weil die Fälle zahlreih zu sein schienen. Daß sih der Neichstag damit beschäftige, sei schon deshalb angezeigt, weil es an jeder unab- hängigen, iy leßter Linie darüber entscheidenden Instanz fehle. Den Einjährig-Freiwilligen fei allgeinein zugelassen, daß die Erfüllung der Dienstpflicht bis zum 23. und 25. Lebensjahre hinausgeshoben werde, und zwar mit Genehmigung der Militärbchörde. Wenn man da von einem Verschulden spreche , so würde ja die Ersaßbehörde selbst mitschuldig fein , weil sie die Genehmigung ertheilt habe.